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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 11.06.2004
Aktenzeichen: 18 Sa 1605/03
Rechtsgebiete: BetrAVG


Vorschriften:

BetrAVG § 16
"Ungeachtet ihrer Auswirkungen auf den Fall der zu Recht unterbliebenen Anpassung i. S. d § 16 Abs. 4 BetrAVG n. F. gibt die mit dem Gesetz zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) zum 01.01.1999 in Kraft getretene Änderung des § 16 BetrAVG keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur sog. nachholenden Anpassung generell aufzugeben. Vielmehr kommt es auch für Anpassungsentscheidungen nach dem 31.12.1998 grundsätzlich auf die Entwicklung vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag an."
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

18 Sa 1605/03

Verkündet am 11. Juni 2004

In Sachen

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.2004 durch den Richter am Arbeitsgericht Mailänder als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Meißner und den ehrenamtlichen Richter Marciniak

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 10.07.2003 ­ Az.: 3 Ca 2171/02 ­ wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Anpassung von Betriebsrenten-Leistungen für die Zeit ab 01.07.1999.

Der Kläger war langjährig bei der Beklagten, die dem N.-Konzern angehört, als leitender Angestellter beschäftigt. Am 30.06.1992 trat er in den Ruhestand. Seither bezieht er eine betriebliche Altersversorgung, die sich ­ soweit für den vorliegenden Rechtsstreit von Relevanz ­ aus einem sog. "Ruhegeld" nach Maßgabe der "Bedingungen für die betriebliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 26.07.1999 für Führungskräfte in der N. Gruppe (AFK-Bedingungen1999)" sowie einer gesondert zugesagten sog. "Dienstzeitrente" zusammensetzt.

Innerhalb des N.-Gesamtkonzerns erfolgt die Anpassungsprüfung gemäß § 16 BetrAVG im dreijährigen Rhythmus gebündelt für alle Ruheständler zum 1. Juli des Prüfungsjahres, wobei die auf den Schluss des dem Prüfungsjahr jeweils vorangegangenen Kalenderjahres bezogenen Daten der Preis- und Lohnentwicklung herangezogen werden. Aufgrund dieser Handhabung fand die erste Anpassung für den Kläger bereits am 01.07.1993 statt. Weitere Anpassungen erfolgten jeweils zum 1. Juli der Jahre 1996, 1999 und 2002.

Der zum 01.07.1999 vorgenommenen Anpassung liegt die Entscheidung zugrunde, die Betriebsrenten konzernweit nur entsprechend der Nettolohnentwicklung im Kernkonzern um 2 % anzuheben.

Da der Kläger hiermit nicht einverstanden war, hat er am 05.09.2000 beim Arbeitsgericht Essen Klage erhoben und die Ansicht vertreten, die sogenannte reallohnbezogene Obergrenze gemäß § 16 Abs. 2 Ziffer 2 BetrAVG in der ab 01.01.1999 geltenden Fassung sei anhand der Nettolohnentwicklung aller vergleichbaren Arbeitnehmergruppen des Unternehmens, nicht aber des Kernkonzerns zu ermitteln. Da die Nettolöhne der aktiven Belegschaftsmitglieder der Beklagten im Anpassungszeitraum um 5,35 % gestiegen seien, habe die Beklagte ihre Leistungen der betrieblichen Altersversorgung ab 01.07.1999 entsprechend dieser Nettolohnsteigerung, zumindest jedoch um die Steigerung der Lebenshaltungskosten im Anpassungszeitraum vom 01.07.1996 bis 30.06.1999, d. h. um 4,34 % erhöhen müssen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 01.07.1999 eine monatliche Betriebsrente in Höhe von DM 4.346,74 brutto und eine monatliche Dienstzeitrente in Höhe von DM 143,76 brutto zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, es sei zulässig, der Anpassungsentscheidung die Reallohnentwicklung der gesamten aktiven Belegschaft des N.-Kernkonzerns zugrunde zu legen. Da sich im maßgebenden Anpassungszeitraum die Nettolöhne dieser Arbeitnehmergruppe im gewichteten Durchschnitt aller Belegschaftsgruppen um 1,865 % erhöht hätten, sei eine konzernweite Betriebsrentenanpassung von 2 % vorgenommen worden.

Mit Urteil vom 10.07.2003 hat das Arbeitsgericht Essen die Klage abgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

Zum einen sei die Anpassung der Betriebsrenten um lediglich 2 % gemäß § 16 Abs. 2 Nr. 2 BetrAVG rechtmäßig, da die Nettolöhne vergleichbarer Arbeitsgruppen der Beklagten, nämlich der AT-Angestellten und leitenden Angestellten (sogenannter AFK-Kreis) im zu betrachtenden Zeitraum um weniger als 2 %, nämlich nur um 1,080 % gestiegen seien. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf im Pilotverfahren Pennig ./. G. AG (AZ: 3 Sa 367/01).

Zum anderen entspreche die Anpassungsentscheidung der Beklagten auch den Anforderungen des § 16 Abs. 1 BetrAVG. Die Beklagte habe auf die Reallohnentwicklung der gesamten aktiven Belegschaft des N.-Konzerns abstellen können, da auch deren Lohn lediglich um 1,865 % gestiegen sei. Mit seiner Entscheidung vom 27.08.1996 habe das Bundesarbeitsgericht nicht nur eine unternehmens-, sondern auch eine konzernübergreifende Betrachtung zugelassen, sofern einheitliche Versorgungsregelungen vorlägen. Da diese Voraussetzung im gegebenen Fall erfüllt sei, sei es rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte als konzernangehöriges Tochterunternehmen die im N.-Kernkonzern einheitlich getroffene Anpassungsentscheidung angewandt habe.

Gegen das am 07.10.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 30.10.2003 Berufung eingelegt und diese nach Fristverlängerung bis zum 22.12.2003 mit einem am 19.12.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein erstinstanzliches Begehren nur zum Teil weiter. Zugleich hat er die Klage erweitert.

Für den bisher umstrittenen Zeitraum vom 01.07.1999 bis 30.06.2002 begehrt der Kläger nach dem Inhalt der Berufungsbegründung lediglich noch eine Anpassung um 3,44 %. Er trägt hierzu vor, Nachberechnungen hätten ergeben, dass die maßgebliche Teuerungsrate nicht wie bisher vorgetragen 4,34 %, sondern nur 3,44 % betragen habe. Über sein ursprüngliches Begehren hinaus macht der Kläger mit der Berufung nun auch Ansprüche für den zwischenzeitlich erreichten Anpassungszeitraum vom 01.07.2002 bis 30.06.2005 geltend. Hilfsweise begehrt er die Feststellung von Schadensersatzansprüchen.

Die Klägerseite wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen bezüglich der Frage, auf welche Arbeitnehmergruppe sich die Ermittlung der Reallohnobergrenze zu beziehen habe. Wegen der Einzelheiten wird insoweit Bezug genommen auf den Inhalt des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 18.12.2003 (Bl. 124 ff. d. A.).

Über diesen Streitpunkt hinaus trägt die Klägerseite vor, es sei erstinstanzlich übersehen worden, den Teuerungsausgleich am Pensionierungszeitpunkt zum 01.07.1992 auszurichten. Insoweit bedürfe es zum Teil auch einer nachholenden Anpassung. Der Geldwert-Index für Vier-Personen-Haushalte mit mittlerem Einkommen sei vom Statistischen Bundesamt für den Pensionierungszeitpunkt des Klägers mit 92,6 veröffentlicht worden. Dieser Index habe sich über 101,7 zum 01.07.1996 (+ 9,83 %) und 105,2 zum 01.07.1999 (+ 13,61 %) auf 110,5 zum 01.07.2002 (+19,33 %) entwickelt.

Die betriebliche Altersversorgung des Klägers habe hingegen folgende Entwicklung genommen:

 DatumRuhegeld (DM)Dienstzeitrente (DM)
ab 01.07.19923.564,00124,99
ab 01.07.19933.671,00129,96
ab 01.07.19964.126,00136,46
ab 01.07.19994.210,00139,19
ab 01.07.20024.417,81146,02

Der Kläger errechnet sich demgegenüber für das sog. Ruhegeld einen aktuellen Betrag von DM 4.483,03 und für die von Dienstzeitrente DM 148,26. Wegen des nach Auffassung des Klägers insgesamt zugrunde zu legenden Zahlenwerkes wird Bezug genommen auf die Berechnungen auf Seite 6 ff. des Berufungsbegründungsschriftsatzes vom 18.12.2003 (Bl. 129 ff. d. A.).

Seinen Hilfsantrag auf Feststellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten bezüglich der Erstattung von Gerichts- und erstattungsfähigen Berufungskosten stützt der Kläger auf den Gesichtspunkt des Verzugs. Er vertritt die Auffassung, falls der Beklagten im Laufe des Verfahrens eine gesicherte Bezifferung der Reallohnobergrenze gelungen sein sollte, seien ihm die Kosten des Klageverfahrens nur deshalb entstanden, weil die Beklagte erst auf die Klage und damit verspätet ihren Darlegungspflichten nachgekommen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 10.07.2003, zugestellt am 07.10.2003, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1. für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.12.2003 zusätzliches Ruhegeld in Höhe von insgesamt brutto € 1.666,52 sowie zusätzliche Dienstzeitrente von insgesamt brutto € 56,69, insgesamt also brutto € 1.733,21 und

2. ab 01.01.2004 zusätzliches Ruhegeld in Höhe von monatlich brutto 33,34 € und zusätzliche Dienstzeitrente von brutto € 1,15 zu zahlen.

Hilfsweise beantragt er,

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, Schadensersatz in Höhe der erstinstanzlichen Gerichts- und der erstattungsfähigen Kosten der Berufung zu leisten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Die Zahlungsanträge seien auch in der in der Berufungsinstanz gestellten Fassung unbegründet. Für den Zeitraum ab 01.07.2002 sei die Altersversorgung entsprechend der Steigerung der Lebenshaltungskosten um 4,9 % erhöht worden. Soweit die Klägerseite für diesen Zeitraum von einer größeren Steigerung ausgehe, werde dies bestritten. Wegen der vom Vortrag der Klägerseite bezüglich der tatsächlich gezahlten Beträge geringfügig abweichenden Darstellung der Beklagtenseite zur Entwicklung der Altersversorgungsbeträge wird Bezug genommen auf die Übersicht auf Seite 2 des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 17.02.2004 (Bl. 151 d. A.).

Bezüglich der Anpassung für den Zeitraum 01.07.1999 bis 30.06.2002 vertieft auch die Beklagtenseite ihr erstinstanzliches Vorbringen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten zu diesem Thema wird Bezug genommen auf Seite 3 ff. des Berufungserwiderungsschriftsatzes vom 17.02.2004 (Bl. 152 ff. d. A.).

Den Hilfsantrag auf Feststellung ihrer Schadensersatzverpflichtung hält die Beklagte für sowohl unzulässig als auch unbegründet.

Mit Hinweisbeschluss vom 02.04.2004 (Bl. 182 ff. d. A.) ist darauf hingewiesen worden, dass es nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 21.08.2001 jedenfalls für die bis zum 31.12.1998 vorzunehmenden Anpassungen nach § 16 BetrAVG bezüglich der Feststellung sowohl des Anpassungsbedarfs aufgrund gestiegener Lebenshaltungskosten als auch der reallohnbezogenen Obergrenze auf die Entwicklung seit Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag und nicht nur während der letzten drei Jahre ankommt. Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass die Kammer dazu tendiere, diesen Grundsatz unverändert auch auf Anpassungen nach dem 31.12.1998 anzuwenden, was zur Folge habe, dass beim Ruhegeld kein und bei der Dienstzeitrente nur ein geringer Anpassungsbedarf bestehe.

Auf diesen Hinweis trägt die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 24.05.2004 vor, bei Ruhegeld und Dienstzeitrente handele es sich um einen einheitlichen Versorgungsbetrag, der dem Versorgungsziel "Alter" diene. Bezogen auf die inflationsbereinigte Werterhaltung dieser Gesamtversorgung spiele eine unterschiedliche Anpassungspraxis der Beklagten für die beiden Rechnungsbeträge in der Vergangenheit keine Rolle. Entscheidend sei, dass die Gesamtversorgung "Alter" dem inflationsbereinigten Werterhaltungsprinzip genüge. Dass ein Rechnungsbetrag als "Dienstzeitrente" bezeichnet werde, habe seinen Grund lediglich darin, dass der Anspruch auf diesen Baustein der Altersversorgung bei der Beklagten zeitlich später als das Ruhegeld eingeführt und auch nicht allen Versorgungsberechtigten zugesagt worden sei. Lege man die Steigerung der Lebenshaltungskosten nach dem Preisindex für einen Vier-Personen-Haushalt von Arbeitern und Angestellten mit mittlerem Einkommen seit Rentenbeginn zugrunde, so sei festzustellen, dass der Kläger in der Summe von Ruhegeld und Dienstzeitrente mehr bekomme, als die Beklagte von Gesetztes wegen leisten müsse.

Die Klägerseite erwidert mit Schriftsatz vom 03.06.2004, Dienstzeitrente und Ruhegeld könnten nicht zusammengerechnet werden. Beide Versorgungsbeträge beruhen nach ihrer Auffassung auf selbständigen, voneinander unabhängigen Verpflichtungen. Ausweislich der Mitteilung der Beklagten vom 10.06.1991 (Bl. 214 d. A.) werde die Dienstzeitrente zusätzlich zur normalen betrieblichen Altersversorgung gezahlt. Nach der Mitteilung vom 12.03.1993 (Bl. 215 d. A.) berühre die Dienstzeitrente die Betriebsrente weder dem Grunde noch der Höhe nach.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts sowie des widerstreitenden Sachvortrags und der unterschiedlichen Rechtsauffassung der Parteien wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätzen der Parteien nebst Anlagen sowie den übrigen Inhalt der Akte.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nach Maßgabe der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 520 ZPO form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. Sie ist auch statthaft im Sinne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

II.

In der Sache hingegen konnte die Berufung ­ auch hinsichtlich der Klageerweiterung ­ keinen Erfolg haben.

1. Der auf Zahlung gerichtete Hauptantrag ist zulässig aber unbegründet.

a) Soweit der Kläger mit der Berufungsbegründung die ursprünglich auf den Anpassungszeitraum vom 01.07.1999 bis 30.06.2002 abzielende Klage auf den sich ab dem 01.07.2002 anschließenden Anpassungszeitraum erweitert hat, begegnet dies keinen Zulässigkeitsbedenken. Die Beklagtenseite hat sich hierauf inhaltlich eingelassen und damit in die Klageerweiterung eingewilligt. Im Übrigen ist diese auch sachdienlich im Sinne des § 263 ZPO.

b) Der Hauptantrag ist unbegründet.

Der Kläger hat über die von der Beklagten aktuell und in der Vergangenheit gewährten Beträge hinaus keinen weitergehenden Anspruch auf Zahlung von Ruhegeld oder Dienstzeitrente.

Die von der Beklagten vorgenommene Anpassung der betrieblichen Altersversorgung des Klägers genügt sowohl für den Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 30.06.2002 in Höhe von insgesamt € 2.223,71 monatlich (DM 4.210,-Ruhegeld zuzüglich DM 139,19 Dienstzeitrente = DM 4.349,19) als auch für die Zeit ab 01.07.2002 in Höhe von 2.333,45 monatlich (DM 4.417,81 Ruhegeld zuzüglich DM 146,02 Dienstzeitrente = DM 4.563,83) den Anforderungen des § 16 BetrAVG.

Das über die gewährten Beträge hinausgehende Begehren des Klägers ist auf der Basis seines eigenen Rechenwerkes i. V. m. § 16 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG unschlüssig.

aa) In seiner grundlegenden Entscheidung zur sog. nachholenden Anpassung vom 28.04.1992 hat das Bundesarbeitsgericht darauf erkannt, dass bei der Anpassung von Betriebsrenten an die Kaufkraftentwicklung nach § 16 BetrAVG von einem Anpassungsbedarf in Höhe des Kaufkraftverlustes seit Rentenbeginn und nicht von einem Anpassungsbedarf lediglich der letzten drei Jahre auszugehen ist (BAG vom 28.04.1992 ­ 3 AZR 142/91 = EZA § 16 BetrAVG Nr. 24). In einer weiteren Entscheidung vom selben Tage hat das Bundesarbeitsgericht zudem klargestellt, dass der Anpassungsbedarf auch dann mit dem Kaufkraftverlust ab Rentenbeginn zu berechnen ist, wenn der Arbeitgeber die Betriebsrente zunächst stärker erhöht hatte, als er nach § 16 BetrAVG verpflichtet war. Der Arbeitnehmer könne nicht verlangen, dass die Teuerung auf der Grundlage einer überhöhten Rentenzahlung ausgeglichen werde (BAG vom 28.04.1992 ­ 3 AZR 356/91 = EZA § 16 BetrAVG Nr. 24).

Die Anwendung dieser vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätze führt auf der Basis des Sachvortrags des Klägers zu folgendem Ergebnis:

Mit Eintritt in den Ruhestand zum 01.07.1992 erhielt der Kläger ein Ruhegeld in Höhe von DM 3.564,-- und eine Dienstzeitrente von DM 124,99. Der Preiskostenindex stand nach dem Vortrag des Klägers zu diesem Zeitpunkt bei 92,60. Zum Anpassungsstichtag 01.07.1999 hatte sich der Index auf 105,20 Punkte entwickelt. Dies entspricht nach dem Vortrag des Klägers einer Steigerung von 13,61 %. Hieraus resultiert rechnerisch ein Ruhegeld von DM 4.049,06 und eine Dienstzeitrente von DM 142,--, insgesamt also DM 4.191,06. Da der Kläger ab 01.07.1999 ein Ruhegeld von DM 4.210,-zuzüglich einer Dienstzeitrente von DM 139,19 erhielt, überstieg allein schon das ihm gewährte Ruhegeld den Betrag, den er auf der Basis eines reinen Teuerungsausgleiches nach § 16 BetrAVG für Ruhegeld und Dienstzeitrente zusammen verlangen konnte.

Zum Anpassungsstichtag 01.07.2002 hatte sich der Index nach dem Vortrag des Klägers auf 110,50 Punkte entwickelt. Dies entspricht nach seinem Vortrag einer kumulierten Steigerung seit Rentenbeginn von 19,33 %. Hieraus resultiert rechnerisch ein Ruhegeldanspruch von DM 4.252,92 und ein Anspruch auf Dienstzeitrente von DM 149,15, in der Summe also DM 4.402,07. Der Kläger hingegen erhält nach seinem eigenen Vortrag ein Ruhegeld von DM 4.417,81 und eine Dienstzeitrente von DM 146,02, in der Summe also DM 4.563,83. Damit bezieht er weiterhin in der Summe eine Altersversorgung, die deutlich über den nach § 16 BetrAVG zu fordernden Beträgen liegt.

bb) Entgegen der Auffassung der Klägerseite begegnet die zusammenfassende Betrachtung von Ruhegeld und Dienstzeitrente keinen rechtlichen Bedenken. Aus diesem Grunde besteht im Ergebnis auch bei der Dienstzeitrente kein Anpassungsbedarf, obgleich deren Entwicklung für sich betrachtet etwas hinter der Preisentwicklung seit Rentenbeginn zurückgeblieben ist.

Zwar ist es zutreffend, dass Ruhegeld und Dienstzeitrente verschiedenen Rechtsquellen entspringen. Auf diesen formalen Gesichtspunkt kann es aber nicht entscheidend ankommen. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes vielmehr, dass beide Leistungen ihrem Sinn und Zweck nach der Altersversorgung dienen (vgl. BAG vom 11.08.1981 ­ 3 AZR 395/80 = EZA § 16 BetrAVG Nr. 12 für den Fall der Einbeziehung einer Barabgeltung für ein Kohlebezugsrecht). So verhält es sich hier.

Unzweifelhaft dienen beide Leistungen der Altersversorgung des Klägers. Eine zusammenfassende Betrachtung dieser beiden Versorgungsleistungen bewirkt auch keine Verschlechterung des Lebensstandards des Klägers. Die Beklagte will nicht etwa die eine Alterversorgungsleistung (Ruhegeld) mit der anderen (Dienstzeitrente) verrechnen, sondern lediglich bei der nach § 16 BetrAVG vorzunehmenden Prüfung, ob und ggf. in welchem Umfang die Altersversorgung des Klägers der Anpassung bedarf, berücksichtigt wissen, dass sie das Ruhegeld in der Vergangenheit weit stärker angehoben hat, als es nach Maßgabe des Preisindexes zur Erhaltung der Werthaltigkeit erforderlich gewesen wäre. Dieses Vorgehen vermag die Kammer nicht als unbillig i. S. d. § 16 Abs. 1 BetrAVG zu werten, zumal der Kläger auf die Summe von Ruhegeld und Dienstzeitrente noch immer deutlich mehr erhält, als er auf der Basis von § 16 BetrAVG fordern könnte.

cc) Dem damit gefundenen Ergebnis steht schließlich auch nicht die zum 01.01.1999 in Kraft getretene Änderung des § 16 BetrAVG entgegen.

Mit seiner Entscheidung vom 21.08.2001 hat das Bundesarbeitsgericht seine Rechtsprechung zur sogenannten nachholenden Anpassung noch einmal bestätigt und zudem auf die sog. reallohnbezogene Obergrenze ausgeweitet, indem es darauf erkannt hat, dass es sowohl für den Anpassungsbedarf im Sinne des § 16 BetrAVG als auch für die reallohnbezogene Obergrenze auf die Entwicklung vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag ankomme (BAG vom 21.08.2001 ­ 3 AZR 589/00 = EZA § 16 BetrAVG Nr. 39). Zugleich hat das Bundesarbeitsgericht seinen Spruch jedoch dahingehend eingeschränkt, dass dies "jedenfalls für die Zeit bis zum 31.12.1998" gelte. Diese zeitliche Beschränkung beruht auf dem Umstand, dass der Gesetzgeber die in § 16 BetrAVG geregelte Pflicht des Arbeitgebers, eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen, gegenüber der bis dahin geltenden Regelung durch die mit dem Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (RRG 1999) zum 01.01.1999 angefügten Absätzen 2 bis 4 konkretisiert hat.

Nach Auffassung der Kammer hat diese Änderung des § 16 BetrAVG nicht zur Folge, dass bei der Bestimmung des Anpassungsbedarfs generell nicht mehr auf die Entwicklung seit Rentenbeginn, sondern ausnahmslos auf den jeweils zurückliegenden Dreijahreszeitraum abzustellen ist.

Die Kammer schließt sich der insbesondere von Höfer vertretenen Auffassung an, wonach auch unter der Geltung der nunmehrigen Fassung des § 16 BetrAVG grundsätzlich die Entwicklung seit Rentenbeginn maßgeblich bleibt (vgl. Höfer, Gesetz zur betrieblichen Altersversorgung, Loseblattsammlung, Stand September 2003, Rdn. 5200). Höfer weist zu Recht darauf hin, dass die sich in erster Linie auf den Wortlaut des § 16 Abs. 2 BetrAVG n. F. stützende Interpretation, es sei künftig allein auf den Dreijahreszeitraum abzustellen, der dem jeweiligen Prüfungsstichtag vorangeht, dem Gesetzestext des § 16 n. F. insgesamt und insbesondere dem Zweck der ebenfalls neu eingeführten Regelung des § 16 Abs. 4 BetrAVG n. F. nur unzureichend Rechnung tragen würde (Höfer a. a. O).

Gemäß § 16 Abs. 4 BetrAVG n. F. ist der Arbeitgeber für den Fall, dass laufende Leistungen nach Absatz 1 nicht oder nicht in vollem Umfang anzupassen sind (zu Recht unterbliebene Anpassung), nicht verpflichtet, die Anpassung zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber lediglich eine konkrete Fallgestaltung aus dem Bündel möglicher Anpassungssituationen, nämlich die zu Recht unterbliebene Anpassung, gesetzlich geregelt. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn der Gesetzgeber mit der Novellierung des Betriebsrentengesetzes die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes entwickelte nachholende Anpassung insgesamt hätte abschaffen wollen. Für einen solch weitreichenden Willen finden sich keine Anhaltspunkte. Im Gegenteil: In der Gesetzesbegründung zu § 16 Abs. 4 Satz 2 BetrAVG n. F. findet sich für den Fall, dass die dort vorgesehene Mitteilung des Arbeitgebers über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens nicht erfolgt oder ihr widersprochen worden sein sollte, die ausdrückliche Feststellung, dass der Versorgungsempfänger die Entscheidung des Arbeitgebers gerichtlich - auch bei späteren Anpassungsentscheidungen - mit Wirkung für die Zukunft wie bisher überprüfen lassen könne (BT-Drucksache 13/8011, Besonderer Teil der Gesetzesbegründung zu Art. 8, Nr. 18, Buchstabe c.). "Auch bei späteren Anpassungsentscheidungen" kann eine frühere Anpassung jedoch nur gerichtlich überprüft werden, wenn der Prüfungsgegenstand nicht per se auf den Dreijahreszeitraum vor dem Prüfungsstichtag begrenzt ist, sondern sich auf einen größeren Zeitraum erstreckt. Sinnvoller Weise kann dies nur der Zeitraum seit Rentenbeginn sein. Insbesondere aufgrund des in der Gesetzesbegründung in Parenthese gesetzten Hinweises kann also kein Zweifel bestehen, dass der Gesetzgeber lediglich eine Modifikation für den Fall der zu Recht unterbliebenen Anpassung herbeiführen und es im übrigen bei der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes belassen wollte, wonach es grundsätzlich auf die Entwicklung seit Rentenbeginn ankommt.

Ungeachtet ihrer Auswirkungen auf den Fall der zu Recht unterbliebenen Anpassung und den damit einhergehenden Detailproblemen gibt die zum 01.01.1999 in Kraft getretenen Änderung des § 16 BetrAVG also jedenfalls keinen Anlass, die bisherige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes generell aufzugeben. Folglich kommt es für Anpassungsentscheidungen im Sinne des § 16 BetrAVG auch nach dem 31.12.1998 grundsätzlich auf die Entwicklung vom Rentenbeginn bis zum Anpassungsstichtag an.

Demgemäß durfte die Beklagte den Kläger auch für die hier relevanten Anpassungszeiträume ab 1999 darauf verweisen, die Altersversorgung in ihrer Summe aus Ruhegeld und Dienstzeitrente in der Vergangenheit weit stärker angehoben zu haben, als es allein zur Erhaltung ihrer Werthaltigkeit erforderlich gewesen wäre.

2. Der hilfsweise gestellten Antrag auf Festsstellung einer Schadensersatzverpflichtung der Beklagten ist bereits unzulässig.

Entgegen der Auffassung der Beklagtenseite ist der Antrag allerdings nicht schon deshalb unzulässig, weil nicht erkennbar wird, ob er für den Fall des Obsiegens oder Unterliegens gestellt wird. Im Falle des Obsiegens mit dem Hauptantrag hat der Kläger eine Belastung mit Gerichts- oder erstattungspflichtigen außergerichtlichen Kosten nicht zu fürchten. Der Antrag ist also offenkundig als echter Hilfsantrag für den - hier gegebenen - Fall des Unterliegens mit dem Hauptantrag gestellt.

Dem Hilfsantrag fehlt jedoch das allgemeine Rechtschutzbedürfnis. Der Kläger verfolgt mit diesem Antrag einen auf den Gesichtspunkt des Verzugs gestützten materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch hinsichtlich der Gerichtskosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie der erstattungsfähigen (gerichtlichen und außergerichtlichen) Kosten des Berufungsverfahrens. Für einen solchen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ist jedoch grundsätzlich kein Raum, soweit es um Kosten geht, die durch die Einleitung und Führung eines Prozesses ausgelöst werden; ihre Erstattung richtet sich nach prozessrechtlichen Grundsätzen (BGH vom 11.12.1986 ­ III ZR 268/85 = WM 1987, 247; Zöller/Schneider ZPO 23. Aufl. Vor § 91 Rn. 11 unter Hinweis auf: Schneider MDR 1981, 353, 358 und BGHZ 45, 251, 257 f.).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Revision an das Bundesarbeitsgericht war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen, da dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung im Hinblick auf die Frage beizumessen ist, ob es auch in der Zeit nach dem 31.12.1998 bei Anpassungsentscheidungen i. S. d. § 16 BetrAVG auf die Entwicklung seit Rentenbeginn und nicht lediglich während des dem Prüfungszeitpunkt vorangegangenen Dreijahreszeitraumes ankommt.

Ende der Entscheidung

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