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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.09.1999
Aktenzeichen: 18 Sa 798/99
Rechtsgebiete: ZPO, BetrVG, BGB, TV Besch, TVG, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 526
BetrVG § 76
BetrVG § 102
BetrVG § 102 Abs. 6
BGB § 174
BGB § 180
BGB § 626
BGB § 180 Satz 1
TV Besch § 6
TVG § 2 Abs. 1
TVG § 3 Abs. 1
TVG § 4 Abs. 3
ArbGG § 97
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Wird zum Zwecke der Sanierung eines Unternehmens ein Unternehmenstarifvertrag abgeschlossen, durch den Ansprüche nach einem Verbandstarifvertrag gestundet werden und möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt ganz wegfallen, kann die Geschäftsgrundlage des Unternehmenstarifvertrags entfallen, wenn sich der Arbeitgeber während der Laufzeit des Unternehmenstarifvertrags zur Schließung des Betriebs entschließt. Ist die Geschäftsgrundlage eines Tarifvertrages weggefallen, müssen die Tarifvertragsparteien über eine Anpassung an die veränderten Umstände verhandeln.
Sachverhalt: Durch Unternehmenstarifvertrag wurde u. a. vereinbart, dass die betrieblichen Sonderzahlungen nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vorübergehend gestundet werden und der Anspruch nur bei Erwirtschaftung eines Gewinns entsteht. Während der Laufzeit des Unternehmenstarifvertrags entschloss sich der Arbeitgeber, das Sanierungskonzept nicht weiter durchzuführen sondern den Betrieb zu schließen.

LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 18 Sa 798/99

Verkündet am: 27.09.1999

In dem Rechtsstreit

hat die 18. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 27.09.1999 durch die Richterin am Arbeitsgericht Heinlein als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Kröselberg und den ehrenamtlichen Richter Bodenbenner für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999 ­ 8 Ca 8308/98 ­ wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung für das Jahr 1998.

Der Kläger, der seit Juni 1969 bei der Beklagten beschäftigt ist, ist Mitglied der Industriegewerkschaft Metall. Die Beklagte gehört dem Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung an. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass auf das Arbeitsverhältnis die Tarifverträge für die Arbeiter, Angestellten und Auszubildenden in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein- Westfalens Anwendung finden.

Nach dem zwischen dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein- Westfalen e. V. und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitungen Dortmund und Wuppertal geschlossenen Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens vom 11.12.1996 haben Arbeitnehmer und Auszubildende, die am Auszahlungstag in einem Arbeitsverhältnis bzw. Ausbildungsverhältnis stehen und zu diesem Zeitpunkt dem Betrieb ununterbrochen sechs Monate angehört haben, je Kalenderjahr Anspruch auf betriebliche Sonderzahlungen. Nach 36 Monaten Betriebszugehörigkeit beträgt die Sonderzahlung 50 % eines Monatsentgelts.

Am 07.10.1997 wurde zwischen dem Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen e. V. und der Industriegewerkschaft Metall, Bezirkleitung Nordrhein- Westfalen, ein Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1998 abgeschlossen, der zum 01.01.1998 in Kraft getreten und zum 31.12.1998 ausgelaufen ist (§ 7). § 2 dieses Tarifvertrages gestattet eine Absenkung der wöchentlichen Arbeitszeit durch Betriebsvereinbarung und regelt weitere, sich daraus ergebende Fragen.

In § 6 heißt es:

Die Tarifvertragsparteien werden sich, wie bisher, in besonders gravierenden Fällen, z. B. zur Abwendung einer Insolvenz, darum bemühen, für einzelne Unternehmen Sonderregelungen zu finden, um damit einen Beitrag zum Erhalt der Unternehmen und der Arbeitsplätze zu leisten."

Die Beklagte und der bei dieser gebildete Betriebsrat verhandelten seit April 1998 über einen Sanierungskonzept mit dem Ziel, jährlich 25 Mio. DM einzusparen.

Am 24.06.1998 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan ab. In der Präambel zum Interessenausgleich heißt es u. a.:

Die Ertragslage des Unternehmens ist seit Jahren rückläufig. Der Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans im Jahr 1997 hat entgegen den Erwartungen der Betriebspartner die Trendwende nicht erbracht. ... Eine Neuausrichtung der Gesellschaft ist unerlässlich. Sie ergibt sich im Einzelnen aus einer Studie zur Verlustfreimachung der Gesellschaft, die allen Mitgliedern der Einigungsstelle vorgelegen hat. Die Neuausrichtung des Unternehmens macht eine erhebliche Personalreduzierung erneut unumgänglich. Hiervon betroffen sind ca. 200 Arbeitnehmer ... Ziel der Maßnahmen sind die Sanierung des Unternehmens und die Sicherung der verbleibenden ca. 300 Arbeitsplätze. Die Umsetzung der Maßnahmen wird voraussichtlich Ende 1999 abgeschlossen sein."

Nach Ziffer 1. des Abschnitts B des Interessenausgleichs haben die Betriebsparteien vereinbart, dass ein Firmentarifvertrag für die im Unternehmen verbleibenden Arbeitnehmer mit u. a. einem vorläufigen Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld abgeschlossen wird. Ziffer 2. des Abschnitts B betrifft den Abschluss und die Kündigung von Betriebsvereinbarungen. Ziffer 3. des Abschnitts B bestimmt, dass Eingruppierungen überprüft und Leistungsbeurteilungen neu vorgenommen werden.

Weiter ist im Abschnitt B des Interessenausgleichs vom 24.06.1998 u. a. Folgendes vereinbart:

4. AT-Angestellte

Das Unternehmen wird im Rahmen individual-rechtlicher Maßnahmen bezogen auf die nicht tarifgebundenen Vertragsverhältnisse entsprechende Kürzungen im Rahmen des Katalogs B 1 ­ 3 des Interessenausgleichs herbeiführen.

Die Festlegung dieser Maßnahmen hat bis zum 31. Juli 1998 zu erfolgen und wird mit dem Betriebsrat als Ergänzung zu diesem Interessenausgleich vereinbart werden. Die Umsetzung dieser Maßnahmen soll bis zum 30. September 1998 erfolgen, notfalls im Wege einer Änderungskündigung ...

5. Beschäftigungssicherung

Im Interesse der Beschäftigungssicherung verständigen sich die Betriebspartner auf eine Ausweitung der Mitbestimmung

- Gemäß § 102 Abs. 6 BetrVG wird vereinbart, dass bis zum 31. Dezember 2001 betriebsbedingte Kündigungen der Zustimmung des

Betriebsrats bedürfen. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung entscheidet die Einigungsstelle.

11. Schiedsklausel

Bei Meinungsverschiedenheiten über die Durchführung des Interessenausgleichs, die Umsetzung der Betriebsänderung, ist jede Partei berechtigt, binnen Wochenfrist die Einigungsstelle unter ihrem bisherigen Vorsitzenden und bei gleicher numerischer Besetzung anzurufen..."

Ebenfalls am 24.06.1998 schlossen die Beklagte und die Industriegewerkschaft Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, einen als Vereinbarung gemäß § 6 TV Besch. 1998" bezeichneten Tarifvertrag ab. Die IG Metall wurde durch den Bezirkssekretär K.ingl, der in Vollmacht des Bezirksleiters gehandelt hat, vertreten.

Folgende Regelungen des Tarifvertrags sind für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung:

Präambel

Im Hinblick auf die schwierige wirtschaftliche und finanzielle Situation, in der sich das Unternehmen befindet und zur Sicherung der Arbeitsplätze, schließen die Vertragsparteien auf der Grundlage des § 6 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung in der metallverarbeitenden Industrie Nordrhein- Westfalen die nachfolgende tarifliche Vereinbarung: § 1 Geltungsbereich

...

§ 2 Außertarifliche Angestellte, leitende Angestellte

Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass die außertariflichen Angestellten und die leitenden Angestellten des Unternehmens in einer Weise behandelt werden, die denjenigen Belastungen der übrigen gewerblichen Arbeitnehmer und Angestellten aus dieser Vereinbarung entspricht. Das Unternehmen wird den Betriebsrat über die getroffenen Regelungen unaufgefordert informieren.

§ 3 Zusätzliche Urlaubsvergütung Das Unternehmen zahlt den Beschäftigten in den Jahren 1999, 2000 und 2001 die jeweilige zusätzliche Urlaubsvergütung gemäß § 14 des MTV nicht aus.

§ 4 Teile des 13. Monatseinkommens Das Unternehmen zahlt an die Beschäftigten in den Jahren 1998, 1999, 2000 und 2001 die Teile eines 13. Monatseinkommens gemäß Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles des 13. Monatseinkommens nicht aus. § 5 Besserungsschein Ein Anspruch auf Auszahlung der zusätzlichen Urlaubsvergütung an die Beschäftigten für die Jahre 1999, 2000 und 2001 gemäß § 3 und die Teile des 13. Monatseinkommens für die Jahre 1998, 1999, 2000 und 2001 gemäß § 4 entsteht nur dann, wenn ein handelsrechtlicher Gewinn von mehr als 3 % der Umsatzerlöse in den Jahren 1999 bis 2006 oder in einem oder in mehreren dieser Jahre ausgewiesen wird... Eine Rückzahlung der vorstehend genannten zusätzlichen Urlaubsvergütungen und der Teile des 13. Monatseinkommens erfolgt nur in dem Umfang, dass 50 % des jeweiligen Jahresmehrüberschusses (vor Rückzahlung) für die Rückzahlung der offenen Beträge verwendet wird. Eine Rückzahlung entfällt, wenn die operative Tätigkeit in den bisherigen Geschäftsfeldern Kraftwerk, Industrie und Nuklear in Gänze untergegangen ist. (Mit dem vorstehend genannten Untergang ist nicht eine evtl. Liquidation gemeint).

Das Unternehmen wird dem Betriebsrat und der IG Metall jährlich ­ erstmals in 1999 ­ nach Erstellung der Unterlagen zur Überprüfung die jeweilige Bilanz, die jeweilige Gewinn- und Verlustrechnung, die entsprechenden Erläuterungen, den entsprechenden Lagebericht, den entsprechenden Anlagespiegel, den entsprechenden Beteiligungsspiegel und das entsprechende Testat des Wirtschaftsprüfers aushändigen.

Nach Vorlage der vorstehend genannten Unterlagen werden das Unternehmen, die IG Metall und der Betriebsrat in jedem Jahr unverzüglich in Verhandlungen darüber eintreten, inwieweit die Voraussetzungen für eine Rückzahlung der nicht ausgezahlten Beträge gegeben sind. Dabei wird zwischen den vorgenannten Parteien vereinbart, ob und in welcher Höhe Beträge an die Beschäftigten ausgezahlt werden.

...

§ 9 Insolvenzklausel / Leistungsbestimmungsrecht Im Falle der drohenden Insolvenz kann die IG Metall gegenüber dem Unternehmen für die Beschäftigten bezüglich der bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgezahlten Beträge der zusätzlichen Urlaubsvergütung und der Teile des 13. Monatseinkommens gem. der §§ 3 und 4 ein Leistungsbestimmungsrecht dergestalt ausüben, dass sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgezahlten Beträge in Folge der entsprechenden Geltendmachung unabhängig von den vorstehend beschriebenen Bedingungen dieser Vereinbarung unmittelbar auszuzahlen sind. Insoweit ist die Vereinbarung insgesamt als von Anfang an als unwirksam anzusehen. ...

§ 12 Beschäftigungssicherung Während der Laufzeit dieser Vereinbarung bedürfen Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats und bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung entscheidet die Einigungsstelle gem. §§ 76, 102 Abs. 6 BetrVG. § 13 Inkrafttreten / Laufzeit Dieser Tarifvertrag tritt mit Datum des 01.07.1998 in Kraft und endet mit Ausnahme der nachfolgenden Vorschriften ohne Nachwirkung am 31.12.2001. Die §§ 5 bis 9 enden ohne Nachwirkung am 31.12.2006..."

Nach Abschluss des Interessenausgleichs und Sozialplans und des Haustarifvertrages glich die Muttergesellschaft der Beklagten die bis dahin aufgelaufenen Verluste mit über 35 Mio. DM aus.

Am 19.11.1998 beschloss der Aufsichtsrat der Beklagten, dass die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat über eine Teilbetriebsstilllegung verhandelt, weil der vorgesehene Verlustabbau bis 2001 auf Grund der bisherigen Entwicklung nicht mehr gelingen könne. Am 23.11.1998 unterrichtete die Beklagte hierüber den Wirtschaftsausschuss und legte ihm ein Konzept Inhalt der Teilbetriebsschließung laut Durchrechnung 09.10.1998" vor. Danach war eine Einstellung der Geschäftsfelder LI, LK und LM und ein weiterer Personalabbau um mindestens 199 und maximal 245 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beabsichtigt. Der Geschäftsbereich Nuklear sollte verkauft oder ausgegliedert werden. Bei der Beklagten verbleiben sollte bis auf weiteres die Holding und der Bauhof.

Mit Schreiben vom 26.11.1998 kündigte die IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein- Westfalen, durch den Bezirkssekretär K.ingleden Tarifvertrag vom 24.06.1998 fristlos. Die Beklagte erklärte daraufhin der IG Metall, Bezirksleitung Nordrhein-Westfalen, mit Anwaltsschreiben vom 04.12.1998, sie weise die fristlose Kündigung gemäß § 174 BGB zurück, beanstande die Vorgehensweise gemäß § 180 BGB, auch halte die fristlose Kündigung in materieller Hinsicht einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Abschließend wird in dem Schreiben zum Ausdruck gebracht, dass die Beklagte grundsätzlich gesprächsbereit sei.

Am 03.12.1998 fand bei der Beklagten auf Antrag des Betriebsrats vom 04.11.1998 eine Einigungsstellensitzung u. a. zum Thema Anpassung der AT-Gehälter" statt. Zuvor hatte die Beklagte mit dem Betriebsrat über eine neue Gehaltsstruktur für AT- Angestellte verhandelt und diesem einen Vorschlag für die Anpassung der AT-Gehälter unterbreitet. Auf das Protokoll des Gesprächs vom 06.08.1998 (Blatt 89 ff d. A.) und den Vorschlag der Beklagten vom 22.10.1998 (Blatt 83 ff d. A.) wird Bezug genommen. In der Sitzung der Einigungsstelle erklärte der Geschäftsführer der Beklagten, eine Kürzung nach der Rasenmähermethode sei möglich, jedoch könnten dann ungleichmäßige Zuschläge gewährt werden. Daraufhin stellte die Arbeitnehmerseite zu diesem Streitpunkt keinen Antrag.

Am 17.02.1999 schlossen die Beklagte und der Betriebsrat einen weiteren Interessenausgleich und Sozialplan. Mit Zustimmung des Betriebsrats kündigte die Beklagte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit 184 Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen.

Inzwischen beabsichtigt die Beklagte die vollständige Einstellung ihrer Geschäftstätigkeit bis zum 30.06.2000.

Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe weder bei den außertariflichen noch bei den leitenden Angestellten Belastungen vorgenommen, die denjenigen entsprächen, die die übrigen Arbeitnehmer nach dem Tarifvertrag vom 24.06.1998 zu tragen hätten. Er hat die Auffassung vertreten, deshalb sei der Tarifvertrag nicht wirksam geworden. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung vom 26.11.1998 wirksam, weil die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags mit der Beschlussfassung des Aufsichtsrats vom 19.11.1998 weggefallen sei. Dadurch sei der Sinn der Vereinbarung, die Beschäftigung für 280 Arbeitnehmer für deren Laufzeit abzusichern, entfallen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 2.961,20 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag seit dem 04.01.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen;

vorsorglich, das Verfahren gemäß § 97 ArbGG auszusetzen.

Die Beklagte hat behauptet, es treffe nicht zu, dass die Parteien bei Abschluss des Tarifvertrags davon ausgegangen seien, spätestens im Jahr 2001 würden schwarze Zahlen" geschrieben. Eine Nachzahlung der gestundeten Beträge sei ausdrücklich als unrealistisch eingestuft worden. Nach intensiver Diskussion sei von der im Zusammenhang mit Zugeständnissen auf Arbeitnehmerseite durchaus üblichen Verknüpfung mit einer Arbeitsplatzgarantie gerade Abstand genommen worden. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für den Wegfall der Geschäftsgrundlage lägen nicht vor. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung schon deshalb unwirksam, weil die IG Metall nicht einmal ein Angebot zum Gespräch unterbreitet habe.

Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei derzeit unbegründet, weil der Kläger nur unter den Voraussetzungen des § 5 ( Besserungsschein") in der Zukunft eine Erfüllung der Klageforderung verlangen könne. Der Haustarifvertrag vom 24.06.1998 sei nach dem Grundsatz der Spezialität wirksam, die fristlose Kündigung vom 26.11.1998 unwirksam, weil der Tarifvertrag die Kündigung von Arbeitsverhältnissen nicht untersage. Falls die Beklagte ihre Pflichten aus § 2 des Haustarifvertrags verletzt habe, habe zunächst eine Abmahnung erfolgen müssen.

Gegen das ihm am 05.05.1999 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 07.06.1999 (Montag) bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 07.08.1999 mit einem am 03.08.1999 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger behauptet, Basis für die Vereinbarungen vom 24.06.1998 sei auch gewesen, dass die AT-Angestellten und leitenden Angestellten ihren Sanierungsbeitrag im gleichen Umfang leisteten wie die Tarifbeschäftigten. Die Beklagte habe jedoch zu keinem Zeitpunkt die Absicht gehabt, eine entsprechende Leistungspflicht für diesen Personenkreis festzulegen.

Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte verstoße dadurch gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, was zur Unwirksamkeit der getroffenen Regelung führe. Jedenfalls sei die fristlose Kündigung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage wirksam, da die Betriebsparteien davon ausgegangen seien, in einem Zeitraum von drei Jahren sei eine Verlustfreimachung und dauerhafte Sanierung möglich und die verbleibenden 300 Arbeitsplätze könnten mit dem Sanierungskonzept gesichert werden. Es sei Teil des Sanierungskonzepts gewesen, dass die Muttergesellschaft der Beklagten unter Umständen verpflichtet gewesen wäre, einen etwa entstehenden Verlust im Geschäftsjahr 1998 wiederum auszugleichen. Zumindest sei das Schreiben der IG Metall vom 26.11.1998 als Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts gemäß § 9 des Tarifvertrags anzusehen, da von einer drohenden Insolvenz der Beklagten auszugehen sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 17.03.1999 - 8 Ca 8308/98 ­ abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger DM 2.961,20 brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich ergebenden Nettobetrag ab Klagezustellung zu zahlen. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, in den Vereinbarungen fänden sich zahlreiche Hinweise darauf, dass gegebenenfalls auch von einem Scheitern der Sanierungsbemühungen ausgegangen werden müsse. Weil allen Beteiligten die Marktrisiken bekannt gewesen seien, habe sie, die Beklagte, sich gerade nicht zu einer Beschäftigungssicherung im Stande gesehen und sei nur zu einer Ausweitung der Mitbestimmung im Rahmen des § 102 BetrVG bereit gewesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG), frist- und formgerecht eingelegt und fristund formgerecht begründet (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 518, 222 Abs. 2, 519 ZPO).

II.

Die Berufung hat jedoch keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als zurzeit unbegründet abgewiesen, da die Beklagte zurzeit nicht verpflichtet ist, an den Kläger die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 nach dem Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens vom 11.12.1996 zu zahlen.

1. Der Tarifvertrag Vereinbarung gemäß § 6 TV Besch. 1998" vom 24.06.1998 findet auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien Anwendung. Nach § 2 Abs. 1 TVG sind Gewerkschaften, einzelne Arbeitgeber sowie Vereinigungen von Arbeitgebern Tarifvertragsparteien. Nach § 3 Abs. 1 TVG sind die Mitglieder der Tarifvertragsparteien und der Arbeitgeber, der selbst Partei des Tarifvertrags ist, tarifgebunden. Da der Kläger Mitglied der Industriegewerkschaft Metall ist, die den Tarifvertrag vom 24.06.1998 mit der Beklagten abgeschlossen hat, sind die Parteien auf Grund beiderseitiger Tarifgebundenheit an den Tarifvertrag gebunden.

2. Der Unternehmenstarifvertrag vom 24.06.1998 ist wirksam. Er gestattet nicht etwa unter Verzicht auf eine eigene inhaltliche Regelung den Betriebspartnern, von Regelungen anderer Tarifvertragsparteien abzuweichen, sondern regelt den Vertragsgegenstand selbst (vgl. BAG, Urteil vom 20.04.1999 ­ 1 AZR 631/98 -).

Aus § 6 des Tarifvertrags zur Beschäftigungssicherung 1998 ergibt sich nicht, dass der Unternehmenstarifvertrag unwirksam ist. Zwar ist hiernach vorgesehen, dass die Tarifvertragsparteien dieses Tarifvertrages, also der Verband der Metall- und Elektro- Industrie Nordrhein-Westfalen einerseits und die Industriegewerkschaft Metall andererseits, bemüht sein werden, in besonders gravierenden Fällen für einzelne Unternehmen Sonderregelungen zu finden. Es bestehen jedoch schon nach dem Wortlaut der Regelung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien Sonderregelungen durch Haustarifvertrag ausschließen wollten. Ob ein solcher Ausschluss zulässig wäre, kann somit dahingestellt bleiben.

Die Beklagte und die Industriegewerkschaft Metall haben mithin zwar in tatsächlicher Hinsicht keine Vereinbarung gemäß § 6 Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung 1998 abgeschlossen. Auf die Wirksamkeit der getroffenen Regelung hat dies jedoch keinen Einfluss.

3. Der Unternehmenstarifvertrag vom 24.06.1998 ist entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte möglicherweise ihre nach § 2 übernommene Verpflichtung, die außertariflichen und leitenden Angestellten in einer Weise zu behandeln, die den Belastungen der übrigen Arbeitnehmer aus dem Unternehmenstarifvertrag entspricht, nicht erfüllt hat. Denn die Verletzung vertraglicher Verpflichtungen führt nicht zur Unwirksamkeit des Vertrags. Selbst wenn eine Partei von vornherein nicht die Absicht hat, einen Vertrag zu erfüllen, ist dieser wirksam und hat der andere Teil die Möglichkeit, Ansprüche oder Rechte aus dem Vertrag herzuleiten (vgl. etwa § 286 BGB).

4. Nach dem Grundsatz der Spezialität in Fällen der Tarifkonkurrenz gilt für den Anspruch des Klägers auf die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 nicht der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens in der Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein-Westfalens, sondern der Unternehmenstarifvertrag.

Die Parteien haben nicht eigens vorgetragen, dass der Arbeitgeberverband Metall- und Elektroindustrie Düsseldorf und Umgebung, dessen Mitglied die Beklagte ist, dem Verband der Metall- und Elektro-Industrie Nordrhein-Westfalen angehört und die Tarifverträge für die Eisen-, Metall-, Elektro- und Zentralheizungsindustrie Nordrhein- Westfalens daher auf Grund beiderseitiger Mitgliedschaft (§§ 2 Abs. 3, 3 Abs. 1 TVG) Anwendung finden. Ist dies der Fall, sind die Parteien gleichzeitig gemäß § 3 Abs.1 TVG an den Unternehmenstarifvertrag und den Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens gebunden. Die damit vorliegende Tarifkonkurrenz ist nach dem Grundsatz der Spezialität dahingehend zu lösen, dass der Tarifvertrag gilt, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebs und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten Rechnung trägt. Firmentarifverträge stellen gegenüber Verbandstarifverträgen stets die speziellere Regelung dar (vgl. BAG, Urteil vom 20.03.1991, NZA 1991, Seite 736 ff m. w. N.; BAG, Urteil vom 20.04.1999 ­ 1 AZR 631/98 -).

Aber auch dann, wenn der Tarifvertrag über die tarifliche Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens auf Grund vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, verdrängt der Unternehmenstarifvertrag den Verbandstarifvertrag. Für das Günstigkeitsprinzip nach § 4 Abs. 3 TVG ist insoweit kein Raum, da dieses nicht für die Kollision gleichrangiger Regelungen gilt (vgl. BAG, Urteil vom 20.03.1991, a. a. 0., Seite 740).

III.

Die fristlose Kündigung des Unternehmenstarifvertrags durch die IG Metall ist unwirksam.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die durch den Bezirkssekretär K.ingleerklärte Kündigung mangels Vorlage einer Vollmachtsurkunde nach § 174 BGB oder mangels Vertretungsmacht nach § 180 Satz 1 BGB unwirksam ist. Für die Beurteilung der Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung eines Tarifvertrags kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts der Rechtsgedanke des § 626 BGB herangezogen werden. Damit ist ein Tarifvertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist kündbar, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Vertrags nicht zumutbar ist (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.1997, NZA 1997, Seite 1236 m. w. N.).

2. Zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung bestand kein Grund, den Tarifvertrag vom 24.06.1998 zu kündigen. Zu Recht hat der Kläger nicht geltend gemacht, die fristlose Kündigung sei wirksam, weil die Beklagte ihrer Verpflichtung nach § 2 nicht nachgekommen sei. Denn zum Zeitpunkt der fristlosen Kündigung waren die Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat über die Umsetzung der mit § 2 übereinstimmenden Verpflichtung nach Abschnitt B Ziffer 4 des Interessenausgleichs vom 24.06.1998 noch nicht abgeschlossen. Die Verhandlung vor der Einigungsstelle stand vielmehr noch bevor. Für eine vorherige Kündigung wegen dieses Streitpunkts hatte daher auch die tarifschließende Gewerkschaft keinen Anlass.

3. Die fristlose Kündigung ist auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags infolge des Beschlusses des Aufsichtsrats der Beklagten vom 19.11.1998 begründet. Auch wenn angenommen wird, dass die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags hierdurch weggefallen ist, folgt daraus nicht die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfordert der ultima-ratio-Grundsatz, der die außerordentliche Kündigung von Dauerrechtsverhältnissen prägt, dass die außerordentliche Kündigung eines Tarifvertrags nur wirksam ist, wenn keine andere Möglichkeit besteht, die Unzumutbarkeit zu beseitigen. Die durch den Tarifvertrag unzumutbar belastete Partei muss daher zunächst versuchen, die Möglichkeiten der tarifautonomen Anpassung als milderes Mittel auszuschöpfen. Sie hat auch ohne eine im Tarifvertrag ausdrücklich enthaltene Nachverhandlungsklausel die Obliegenheit, mit der anderen Seite Verhandlungen zur Anpassung des Tarifvertrags aufzunehmen (vgl. BAG, Urteil vom 18.06.1997, a. a. 0.). Ein entsprechendes Gesprächsangebot hat die IG Metall vor Erklärung der fristlosen Kündigung nicht abgegeben.

Entgegen der Ansicht des Klägers entfällt die Obliegenheit zu Anpassungsverhandlungen nicht deshalb, weil keine Anpassungsmöglichkeit besteht. Tatsächlich ist dies nicht der Fall, denn vorstellbar sind die unterschiedlichsten Regelungen zu den Anspruchsvoraussetzungen und dem Fälligkeitszeitpunkt der Sonderzahlung und der Urlaubsvergütung, mit denen der neuen Lage Rechnung getragen werden kann. Jedenfalls weil das ultima-ratio-Prinzip nicht beachtet wurde, hat die fristlose Kündigung mithin nicht zur Beendigung des Unternehmenstarifvertrags geführt. Danach gilt auch § 4, der den Anspruch des Klägers auf die betriebliche Sonderzahlung nach dem Tarifvertrag zur Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens für das Jahr 1998 ausschließt, über den Zeitpunkt der fristlosen Kündigung hinaus fort.

4. Der Kläger kann auch nicht deshalb die tarifliche Sonderzahlung verlangen, weil die Geschäftsgrundlage des Unternehmenstarifvertrags infolge der von der Beklagten nach Erklärung der fristlosen Kündigung des Tarifvertrags getroffenen Entscheidung, ihre Geschäftstätigkeit bis zum 30.06.2000 vollständig einzustellen, entfallen ist. Ob diese Entscheidung zum Wegfall der Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags geführt hat, kann an dieser Stelle wiederum dahinstehen, denn der Wegfall der Geschäftsgrundlage eines Einzelvertrags oder Kollektivvertrags führt grundsätzlich nicht zu seiner Beendigung sondern zu seiner Anpassung (vgl. BAG, Beschluss vom 10.08.1994, NZA 1995, Seite 318 zur Betriebsvereinbarung). Ist daher die Geschäftsgrundlage eines Tarifvertrags weggefallen, müssen die Tarifvertragsparteien über eine Anpassung an die veränderten Umstände verhandeln (vgl. Däubler, ZTR 1996, Seite 244). Anpassungsverhandlungen zwischen der IG Metall und der Beklagten haben aber auch nach der Entscheidung, den Betrieb stillzulegen, bislang nicht stattgefunden. Solange dies nicht geschehen ist, gilt der Unternehmenstarifvertrag mit seinem bisherigen Inhalt fort.

5. Selbst wenn die IG Metall das ihr nach § 9 des Unternehmenstarifvertrags eingeräumte Leistungsbestimmungsrecht ausgeübt hat, ist der Tarifvertrag schließlich nicht nach dieser Regelung unwirksam geworden. Deren Voraussetzungen sind nicht erfüllt, weil der Geschäftsführer der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat erklärt hat, die Insolvenz sei unvermeidlich, wenn der Betriebsrat der Betriebsschließung nicht zustimme. Denn unstreitig haben die Betriebsparteien am 17.02.1999 einen Interessenausgleich und Sozialplan abgeschlossen. Die Insolvenz soll damit nach dem Willen der Beklagten vermieden werden. Dass sie dennoch droht, ist nicht ersichtlich. Entsprechende Tatsachen hat der Kläger nicht vorgetragen.

6. Ebenso wenig wie der Kläger nach dem Tarifvertrag zur tariflichen Absicherung eines Teiles eines 13. Monatseinkommens zurzeit einen Anspruch auf die betriebliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 hat, ergibt sich der Zahlungsanspruch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Dies käme nur dann in Betracht, wenn die Beklagte anderen Arbeitnehmern, etwa den außertariflichen oder leitenden Angestellten, ein 13. Monatsgehalt für das Jahr 1998 ganz oder teilweise gezahlt hätte. Das wird aber selbst vom Kläger nicht behauptet.

IV.

Dem Arbeitsgericht ist auch darin zu folgen, dass es den Anspruch des Klägers lediglich als zurzeit unbegründet abgewiesen hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 21.04.1988, NJW 1988, Seite 1983) verstößt es nicht gegen § 526 ZPO, wenn das Berufungsgericht auf die alleinige Berufung des Klägers die Klage als endgültig unbegründet abweist, nachdem das angefochtene Urteil die Klage lediglich als zurzeit unbegründet abgewiesen hat. Ob dieser, im Schrifttum teilweise abgelehnten Auffassung (vgl. Nachweise im Urteil vom 21.04.1988) zu folgen ist, bedarf im vorliegenden Streitfall keine Entscheidung. Denn die Klage kann nicht als endgültig unbegründet abgewiesen werden, weil der Kläger möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung für das Jahr 1998 hat.

1. Der Anspruch ist nicht nach dem Unternehmenstarifvertrag dauerhaft auf Grund der beschlossenen Betriebsschließung ausgeschlossen, weil nach § 5 vereinbart ist, dass eine Rückzahlung entfällt, wenn die operative Tätigkeit in den bisherigen Geschäftsfeldern Kraftwerk, Industrie und Nuklear in Gänze untergegangen ist. Ob damit eine Betriebsschließung gemeint ist, ist nach dem Wortlaut fragwürdig. Weitere Feststellungen sind nicht möglich, weil selbst die Beklagte nicht geltend gemacht hat, sie sei nach dieser Tarifbestimmung auf Dauer nicht dazu verpflichtet, den Zahlungsanspruch zu erfüllen.

2. Der Anspruch entfällt auch nicht deshalb auf Dauer, weil er nach § 5 Unternehmenstarifvertrag die Erwirtschaftung eines Gewinns durch die Beklagte voraussetzt, womit nicht mehr zu rechnen ist. Dem steht schon entgegen, dass andererseits auch noch nicht feststeht, ob ein Fall der drohenden Insolvenz nach § 9 eintritt mit der Folge, dass die IG Metall von dem ihr eingeräumten Leistungsbestimmungsrecht Gebrauch machen kann.

3. Die Klage ist schließlich auch deshalb nicht als auf Dauer unbegründet abzuweisen, weil nach Auffassung der Kammer die Geschäftsgrundlage für den Unternehmenstarifvertrag tatsächlich weggefallen ist. Die Geschäftsgrundlage eines Vertrages wird gebildet durch die nicht zum Vertragsinhalt erhobenen, aber beim Vertragsschluss zu Tage getretenen, dem Geschäftsgegner erkennbaren und nicht von ihm beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragsteils oder durch entsprechende Vorstellungen beider Vertragspartner, auf denen der Geschäftswille aufbaut (vgl. BGH, Urteil vom 04.07.1996, NJW 1997, Seite 320 m. w. N.; BAG, Urteil vom 25.07.1990, NJW 1991, Seite 1563 m. w. N.; BAG, Beschluss vom 10.08.1994, a. a. 0.).

Enthält bereits der Vertrag nach seinem ggf. durch ergänzende Auslegung zu ermittelnden Inhalt Regeln für das Fehlen, den Wegfall oder die Veränderung bestimmter Umstände, kommt die Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage nicht zum Tragen. Selbst wenn die Behauptung des Klägers zutreffen sollte, die Beklagte habe von Anfang an nicht die Absicht gehabt, die außertariflichen und leitenden Angestellten entsprechend zu belasten wie die übrigen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, würde daher dadurch nicht die Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags entfallen. Denn mit § 2 hat die Beklagte gegenüber der IG Metall eine entsprechende schuldrechtliche Verpflichtung übernommen. Da sich aus § 12 ergibt, dass Kündigungen wohl der Zustimmung des Betriebsrats unterliegen, aber nicht ausgeschlossen sind, kann als Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags auch nicht etwa ein Verzicht der Beklagten auf weitere betriebsbedingte Kündigungen angesehen werden.

Geschäftsgrundlage des Tarifvertrags, auf denen der Geschäftswille aufgebaut hat, war jedoch die Vorstellung beider Vertragspartner, dass der Sanierungsplan für das Unternehmen durchgeführt wird. Denn der Tarifvertrag und der Interessenausgleich vom 24.06.1998 enthalten aufeinander abgestimmte Regelungen. Ohne den Interessenausgleich wäre der Tarifvertrag nicht abgeschlossen worden. Der Interessenausgleich wiederum basiert auf Verhandlungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat und einem Einigungsstellenverfahren. Da in der Präambel zum Interessenausgleich erklärt wird, eine Neuausrichtung der Gesellschaft nach Maßgabe einer Studie zur Verlustfreimachung mit dem Ziel der Sanierung und Sicherung der verbleibenden Arbeitsplätze sei unerlässlich, und sodann im Interessenausgleich als eine der Maßnahmen der Abschluss eines Firmentarifvertrags mit dem vorläufigen Verzicht auf Weihnachts- und Urlaubsgeld vereinbart ist, ergibt sich daraus, dass auch die Tarifvertragsparteien davon ausgegangen sind, die im Tarifvertrag enthaltenen Vereinbarungen seien zur Umsetzung des Sanierungskonzepts notwendig. Durch die Präambel im Interessenausgleich sind diese Vorstellungen auch offen zu Tage getreten.

Da die Beklagte entschieden hat, ihre Geschäftstätigkeit zum 30.06.2000 einzustellen, wird das Sanierungskonzept noch während der Laufzeit des Tarifvertrags nicht mehr durchgeführt. Damit ist dem entscheidenden Motiv beider Tarifvertragsparteien für den Abschluss des Tarifvertrags die Grundlage entzogen worden. Das macht die Anpassung des Tarifvertrags an die veränderten Umstände notwendig.

V.

Als unterliegende Partei hat der Kläger die Kosten der Berufung zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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