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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 1713/07
Rechtsgebiete: TVG, MTV Druck


Vorschriften:

TVG, MTV Druck
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 16.08.2007 - 3 Ca 1954/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

3. Streitwert: 920,-- €.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung einer tariflichen Antrittsgebühr für Sonn- und Feiertagsarbeit.

Der Kläger ist bei der Beklagten als Hilfskraft im Produktionsbereich beschäftigt. Er wird nach Lohngruppe III vergütet.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Anwendung.

Nach § 7 Ziff. 4 a des Manteltarifvertrags Druck (im Folgenden: MTV Druck) steht denjenigen Beschäftigten eine Antrittsgebühr zu, die in Sonntags- oder Feiertagsarbeit mit der Herstellung von regelmäßig erscheinenden Zeitungen oder Zeitschriften beschäftigt sind.

In § 7 MTV lautet es hierzu:

"§ 7 Arbeit an Sonntagen oder gesetzlichen Feiertagen, Antrittsgebühr

...

4.

a) Bei regelmäßig erscheinenden Zeitungen und Zeitschriften, die während der zuschlagspflichtigen Sonn- oder Feiertagsarbeit hergestellt werden, ist an alle mit der Herstellung beschäftigten Arbeitnehmer eine Antrittsgebühr in folgender Höhe zu bezahlen:

 Eingangsstufe78,00 Euro
Lohngruppe I84,00 Euro
Lohngruppe II88,00 Euro
Lohngruppe III92,00 Euro
Lohngruppe IV95,00 Euro
Lohngruppe V105,00 Euro
Lohngruppe VI116,00 Euro
Lohngruppe VII126,00 Euro
1. Gehilfenjahr (95 %)100,00 Euro.

b) Beträgt die Arbeitszeit bis zu 3 Stunden, ist die halbe Antrittsgebühr zu bezahlen. Fallen bis zu 2 Arbeitsstunden der Arbeitszeit des vorangehenden oder nachfolgenden Arbeitstages in die tarifliche Sonn- oder Feiertagsarbeit, besteht kein Anspruch auf die Antrittsgebühr. § 8 Ziff. 2 a) bleibt unberührt.

c) Die Antrittsgebühr ist ein Sonn- und Feiertagszuschlag. Eine mehrfache Bezahlung der Antrittsgebühr an einem Tag ist ausgeschlossen.

d) Die Herstellung ist abgeschlossen, wenn die Zeitung oder Zeitschrift die Druckmaschine verlassen hat."

Mit Schreiben zuletzt vom 28.06. sowie 30.07.2007 beanspruchte der Kläger eine Antrittsgebühr u.a. für den 20.05., 17.07. sowie 24.07.2007. Für diese Tage hatte die Beklagte dem Kläger bereits eine "Antrittsprämie" von jeweils 17,90 € nach Maßgabe der Betriebsvereinbarung 1/96 vom 15.01.1996 gezahlt, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird.

Der Kläger ist vorwiegend an den Printrollen tätig.

Mit der am 22.06.2007 bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen Klage hat der Kläger die Zahlung der tariflichen Antrittsgebühr geltend gemacht und hierzu die Auffassung vertreten, auch er sei mit der "Herstellung" der Zeitschriften im Sinne der Tarifbestimmung befasst. Die "Druckmaschine" erfasse begrifflich nicht nur die Rotation, sondern auch weitere sich anschließende Aggregate und Bearbeitungsstationen. Druckmaschine sei der gesamte Apparat, von der Annahme bzw. Anlage des Papiers bis zur Abnahme durch die verschiedenen Transportsysteme. Die "Herstellung" beginne mit dem Einrichten der gesamten Produktionsstraße von der Anlieferung des Materials und der benötigten Teile über die Einrichtung sämtlicher an der gesamten Tiefdruckrotationsmaschine installierter Aggregate und ende mit der Produktabnahme. Als Produktabnahmesysteme seien u.a. auch die Printrolle, der Paketausleger und der Stangenbildner zu verstehen.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.02.2007,

2. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2007,

3. 92,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2007,

4. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2007,

5. 92,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2007,

6. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.07.2007 zu zahlen,

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen und im Wege der Widerklage den Kläger zu verurteilen, an sie 125,30 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei nicht mit der "Herstellung" der Druckprodukte befasst, sondern werde erst tätig, nachdem diese die Druckmaschine verlassen hätten. Die "Druckmaschine" im Sinne der tariflichen Regelung umfasse die sich anschließenden Aggregate wie Stangenbildner, Fließdreischneider etc. nicht, der Produktionsvorgang sei zum Zeitpunkt des Tätigwerdens des Klägers längst abgeschlossen.

Die Beklagte hat die Rückzahlung der aufgrund der Betriebsvereinbarung 1/96 gezahlten Antrittsprämie für die in Rede stehenden Tage unter Hinweis auf die Sperrwirkung des § 77 Abs. 3 BetrVG im Wege der Widerklage geltend gemacht und hilfsweise die Aufrechnung gegenüber der Klageforderung erklärt.

Das Arbeitsgericht hat bei den Vertragsparteien eine Tarifauskunft eingeholt.

Durch Urteil vom 16.08.2007, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe ergänzend Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht Klage und Widerklage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 9/10 und der Beklagten zu 1/10 auferlegt. Den Streitwert hat das Gericht auf 945,30 € festgesetzt.

Zur Begründung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dem Kläger stehe die tarifliche Antrittsgebühr nicht zu, da er nicht mit der Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften i.S. des § 7 Ziff. 4 a MTV befasst sei. Die Auslegung der unklaren Tarifbestimmung unter Berücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs wie des Anhangs D "Weiterverarbeitung" zum MTV sowie des Lohnrahmentarifvertrags ergebe, dass für die Frage der Antrittsgebühr die der Rotation nachfolgenden Aggregate nicht zur eigentlichen Druckmaschine gehören. Der Druck sei mit dem Verlassen der Rotation beendet. Mit dem Rückforderungsanspruch sei die Beklagte gem. § 814 BGB ausgeschlossen, da sie in Kenntnis der Nichtschuld die Antrittsprämie geleistet habe.

Gegen das ihm am 24.08.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 20.09.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese, nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.11.2007, mit einem am 22.11.2007 dem Gericht vorliegenden Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung greift der Kläger das Urteil in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht an und hält unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens an der Auffassung fest, "Druckmaschine" i.S. von § 7 MTV sei als Tiefdruckrotationsmaschine im Gegensatz zum "Druckwerk" die gesamte Anlage, u.a. einschließlich Falzapparat, Printrolle und im Einzelfall Stangenbildner.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 16.08.2007 - 3 Ca 1954/07, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 28.02.2007,

2. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.03.2007,

3. 92,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2007,

4. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.05.2007,

5. 92,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.06.2007,

6. 184,-- € brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 31.07.2007 zu zahlen,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung und hält an der Auffassung fest, der Kläger sei weder im unmittelbaren noch mittelbaren Zusammenhang mit der Herstellung der Zeitschriften betraut. Seine Tätigkeit sei nicht produktionsbezogen, sondern der Weiterverarbeitung zuzuordnen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen (§§ 525, 313 Abs. 2 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG).

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 16.08.2007 ist zulässig, hingegen unbegründet.

I. Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und innerhalb nachgelassener Fristverlängerung begründet worden (§§ 519, 520 Abs. 2 ZPO, 66 Abs. 1 S. 5 ArbGG).

II. Die Berufung hatte hingegen in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Arbeitsgericht zur Klageabweisung gelangt. Mit den Angriffen der Berufung vermochte der Kläger nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu gelangen.

Unter Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe gem. §§ 540 Abs. 1 ZPO, 64 Abs. 6 ArbGG ist in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvortrag sowie zugleich ergänzend Folgendes festzustellen:

Zu Recht ist das Arbeitsgericht zu der Feststellung gelangt, dass dem Kläger die streitgegenständliche Antrittsgebühr gem. § 7 Ziff. 4 a MTV Druck für Arbeiten an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen nicht zusteht, da er nicht zu den "mit der Herstellung beschäftigten Arbeitnehmern" im Sinne der Tarifbestimmung zu zählen ist. Dies ergibt eine sachgerechte Auslegung des § 7 Ziff. 4 a MTV Druck.

1. Nach gefestigter Rechtsprechung folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Hierbei ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei einem nicht eindeutigen Tarifwortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mitzuberücksichtigen, soweit er in der tariflichen Norm seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, so können die Gerichte ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (vgl. statt vieler: BAG v. 16.06.2004, AP Nr. 24 zu § 4 TVG Effektivklausel; BAG v. 29.08.2001, AP Nr. 174 zu § 1 TVG Auslegung; BAG v. 06.07.2006, NZA 2007, 167).

2. Dem Arbeitsgericht ist darin beizutreten, dass der Wortlaut des § 7 Ziff. 4 a MTV nicht eindeutig ist. Wie das Bundesarbeitsgericht bereits in seiner Entscheidung vom 26.02.1985 - 3 AZR 632/82 - (AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge "Druckindustrie") festgestellt hat, lässt die Formulierung "mit der Herstellung beschäftigt" nur eine allgemeine Abgrenzung zu. Bei umfassender Anwendung würden sämtliche Mitarbeiter eines Druckbetriebes die Zulage erhalten, gleich in welcher Funktion sie tätig sind. Eine Abgrenzung solcher Art scheidet mithin als ersichtlich nicht geeignet und von den Tarifvertragsparteien so auch nicht beabsichtigt aus (so auch BAG v. 26.02.1985, ebenda).

a) Eine nähere Erläuterung erfährt die Tarifbestimmung in § 7 Ziff. 4 d MTV, wonach die Herstellung als abgeschlossen gilt, "wenn die Zeitung oder Zeitschrift die Druckmaschine verlassen hat". Was hierunter konkret zu verstehen ist, insbesondere inwieweit die streitgegenständlichen, der Rotation nachfolgenden Aggregate noch Bestandteil der "Druckmaschine" sind, ist der Tarifbestimmung vom Wortlaut her nicht unmittelbar zu entnehmen. Auch die vom Arbeitsgericht eingeholten Tarifauskünfte führten nicht zu der Feststellung eines übereinstimmenden Willens der Tarifvertragsparteien.

Mit dem Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 26.02.1985 kann davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Antrittsgebühr nicht um eine allgemeine Erschwerniszulage für Sonntags- und Nachtarbeit - diese ist unabhängig von der Zugehörigkeit zur Produktion bereits tariflich verankert -, sondern um eine Zuverlässigkeitsprämie handelt, die einen Anreiz für eine rechtzeitige Herstellung des Druckerzeugnisses am Sonntag bzw. in der Nacht zum Montag sowie eine Auslieferung am nächsten Morgen schaffen soll (vgl. insoweit bereits BAG v. 12.09.1959, AP Nr. 9 zu § 2 ArbKrankhG; BAG AP Nr. 1 zu § 2 LFG; BAG v. 26.02.1985, AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge - Druckindustrie, zu 3. der Gründe).

Anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.02.1985 stehen die Aufgaben des Klägers vorliegend hingegen nicht in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang mit dem eigentlichen Druckvorgang, nämlich dem Betrieb der Rotation selbst, sondern sind vom Arbeitsablauf her diesem unstreitig nachgelagert. Dass der Kläger dem entgegen überwiegend unmittelbar im Bereich der Rotation eingesetzt wäre, hat dieser auch mit der Berufung nicht behauptet.

Zwar ist auch die Tätigkeit des Klägers im Anschluss u.a. an den eigentlichen Druck- und Falzvorgang für die termingerechte Produktion und Auslieferung der Produkte von erheblicher Bedeutung, was im Übrigen jedoch auch für die anschließenden Arbeitsvorgänge im Rahmen der Weiterverarbeitung gilt, ohne die das Produkt nicht fertiggestellt und ausgeliefert werden kann. Allein unter diesem Blickwinkel ist eine Grenzziehung auch gegenüber nachgelagerten Tätigkeiten nur schwerlich praktikabel. Entsprechend hat das Bundesarbeitsgericht auch in seiner Entscheidung vom 26.02.1985 bereits hervorgehoben, dass nur unmittelbar auf die Produktion bezogene, eng mit ihr in Zusammenhang stehende Arbeiten für die Antrittsgebühr in Betracht kommen, nicht hingegen lediglich vorbereitende oder der Produktionsverwertung zuzuordnende Aufgaben.

b) Entscheidende Bedeutung kommt im Streitfall bei der Tarifauslegung von daher dem systematischen Zusammenhang des § 7 Ziff. 4 MTV im tariflichen Gesamtregelwerk zu.

In die Auslegung nach dem Gesamtzusammenhang sind alle Tarifverträge derselben Tarifvertragsparteien für denselben fachlichen Geltungsbereich einzubeziehen, was insbesondere im Verhältnis von Einzeltarifverträgen und Manteltarifvertrag gilt (vgl. BAG v. 20.04.1988, AP Nr. 95 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau; BAG v. 15.05.1991, AP Nr. 97 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). Regelmäßig kann davon ausgegangen werden, dass die Tarifvertragsparteien einen Begriff im gesamten Tarifvertrag einheitlich verwenden wollen (vgl. BAG v. 16.05.1995, AP Nr. 8 zu § 4 TVG Verdienstsicherung).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze war festzustellen, dass dem tariflichen Kontext eine durchgehende Trennung zwischen dem Bereich "Druck" und dem Bereich "Weiterverarbeitung" sowie eine genauere Definition des Begriffs der Weiterverarbeitung und damit auch eine Abgrenzung zur "Herstellung" i.S. von § 7 Ziff. 4 MTV zu entnehmen ist. In Anhang D "Weiterverarbeitung" haben die Tarifvertragsparteien als Facharbeiten in der Druckweiterverarbeitung insbesondere das "Führen von Weiterverarbeitungsstraßen" festgelegt. Die Tarifvertragsparteien haben in diesem Zusammenhang sodann den Begriff der "Weiterverarbeitung" definiert. Dieser umfasst mehrere zusammenhängende Bearbeitungsstationen wie z.B. "Aufrollen, Abrollen, Stangenbildung, Zusammentragen, Falzen, Heften", mithin Arbeitsabläufe nach dem eigentlichen Druckvorgang in der Rotation selbst (vgl. Fußn. 2 zu Ziff. 2 Anhang C). Soweit die Berufung geltend gemacht hat, der Definition komme als Fußnote kein ausreichender Erklärungswert zu, war dem nicht beizutreten. Im Hinblick auf die Erfüllung der formellen Geltungsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2 TVG sind entsprechende Begriffsdefinitionen der Tarifvertragsparteien auch in der Gestalt von Protokollerklärungen oder Fußnoten als verbindliche Interpretationen des entsprechenden Begriffs der Tarifnorm zugrunde zu legen (vgl. insoweit auch: BAG v. 17.09.2003, AP Nr. 9 zu § 1 TVG Tarifverträge: Verkehrsgewerbe; ErfKom-Franzen, 8. Aufl., § 1 TVG Rz. 97). Dass die Tarifvertragsparteien die der Rotationsdruckmaschine angeschlossenen Aggregate wie Falzen, Printrolle, Stangenbildner etc. damit eindeutig der Weiterverarbeitung zugeordnet haben, wird auch aus weiteren Tarifbestimmungen wie den Richtbeispielen 10 zu Lohngruppe IV, 16 zu Lohngruppe V, 5 und 13 zu Lohngruppe VII ersichtlich. Hier werden Tätigkeiten wie u.a. das - den weiteren streitbefindlichen Aggregaten vorgelagerte - "Zusammentragen" und "Falzen" ausdrücklich als Bestandteil der "Fertigung an Weiterverarbeitungsstraßen" ausgeführt. Demzufolge ordnen die Tarifvertragsparteien umso mehr die dem Falzen erst nachfolgenden Arbeitsvorgänge nicht dem "Druck", sondern der "Weiterverarbeitung" zu. Von daher haben sie ersichtlich die Produktabnahme bereits der "Weiterverarbeitung" auch dann zuordnen wollen, wenn sich die Produktabnahmesysteme unmittelbar an den eigentlichen Druckvorgang anschließen. Trennt das Tarifwerk zwischen "Druck" und "Weiterverarbeitung" und werden bereits die Arbeitsvorgänge ab Produktabnahme als Teil der "Weiterverarbeitung" dem "Druck" nachgelagert, so kann von einem "Verlassen der Druckmaschine" und damit einem Abschluss der Herstellung i.S. von § 7 Ziff. 4 d MTV aufgrund der tariflichen Zuordnung nicht erst dann gesprochen werden, wenn die Zeitungen bzw. Zeitschriften die anschließende Produktabnahme durchlaufen haben.

Wird mithin bezüglich der Frage der Vergütung bereits das - nicht integrierte - Falzen der "Weiterverarbeitungsstraße" zugeordnet, so wird die "Weiterverarbeitung" im tariflichen Sinne nach dem Willen der Tarifvertragsparteien bereits dort angesiedelt, wo der eigentliche Druckvorgang in der Rotation endet.

In diese Richtung geht auch bereits der Schiedsspruch des Schiedsgerichts Köln vom 17.08.1949. Dort lautet es u.a.:

"Insbesondere wäre eine allgemein, d.h. im gesamten Wirtschaftsgebiet im grafischen Gewerbe herrschende Anschauung oder Übung zu beachten gewesen, dass auch die Arbeitskräfte als mit der Herstellung des Druckwerkes befasst angesehen werden, die es nach Verlassen der Druckmaschine weiterbehandeln. Das Schiedsgericht hat sich aber nicht davon überzeugen können, dass im gesamten Geltungsbereich eine derartige Anschauung oder Übung besteht..."

c) Ein anderes Verständnis der tariflich gewollten Zuordnung konnte entgegen der Auffassung des Klägers auch weder der Öffnungsklausel "Tiefdruck" in der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien zuletzt vom 22.10.2001 noch den Besetzungsregeln im Anhang C "Druck" entnommen werden.

Soweit in der zitierten Öffnungsklausel abschließend von den "an der Tiefdruckrotationsmaschine installierten Produktabnahmesystemen und/oder Weiterverarbeitungsmaschinen" die Rede ist, kann zur Überzeugung der Berufungskammer hieraus nicht etwa hergeleitet werden, dass damit auch die Produktabnahmesysteme bzw. Weiterverarbeitungsaggregate Bestandteil der Tiefdruckrotationsmaschine wären, mithin die Arbeitsvorgänge des Klägers in der Peripherie noch der "Druckmaschine" i.S. von § 7 Ziff. 4 b MTV zuzuordnen wären. Die tarifliche Regelung trifft eine diesbezügliche Feststellung gerade nicht, spricht vielmehr ausdrücklich von " a n der Tiefdruckrotationsmaschine installierten" Aggregaten.

Der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien über die Besetzung der Tiefdruckrotation mit Druckern und Hilfskräften in Anhang C "Druck" III c Ziff. 2 ist ebenso wenig eine entsprechende Aussage zu entnehmen. Dass gemäß Anhang C "Druck" III c Ziff. 2 die im Streitfall zu bedienenden Tiefdruckrotationsmaschinen neben vier Druckern mit einer Mindestanzahl an Hilfskräften zu besetzen sind, ist für die Frage der Einordnung der nachfolgenden Aggregate ohne Aussagewert. Ohnedies handelt es sich bei den dort angeführten Arbeiten um solche, die auf den Betrieb der Maschine selbst bezogen sind. Ausdrücklich und gesondert wird in Ziff. 2 letzter Absatz die Sachverhaltsgestaltung behandelt, in welcher "die Produktabnahme an der Maschine" erfolgt und wird insoweit die Festlegung der Anzahl der Hilfskräfte einer Betriebsvereinbarung vorbehalten. Auch sind den Regelungen in Ziff. 3 u. 4 keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, wonach die Tarifvertragsparteien auch die dem Falzapparat nachfolgenden Produktabnahmeaggregate als Bestandteil der Tiefdruckrotationsmaschine angesehen und definiert hätten. Von daher vermochte der Auffassung des Klägers, der Tarifvertrag zähle etwa die Produktabnahmesysteme als zur Tiefdruckrotationsmaschine gehörig, bereits nach dem Tarifwortlaut nicht beizutreten.

Auch ist es im Rahmen der tariflichen Bewertung der klägerischen Tätigkeit nicht entscheidungserheblich, dass die Beklagte den Kläger arbeitsorganisatorisch dem Bereich "Druck" zugeordnet hat. Nicht auf die organisatorische Zuordnung ist im Rahmen des § 7 Ziff. 4 MTV abzustellen, sondern darauf, in welchem Stadium des Arbeitsablaufs der Kläger seine Arbeiten zu verrichten hat.

d) Diese Auslegung des Tarifwortlauts in § 7 Ziff. 4 MTV entspricht im Übrigen Praktikabilitätsgesichtspunkten, da sie zu einer praktisch brauchbaren Begrenzung des Herstellungsbegriffs mit dem Zeitpunkt der Beendigung des eigentlichen Druckvorgangs anstelle einer späteren Differenzierung innerhalb der sich anschließenden verschiedenen Transport- bzw. Bearbeitungsvorgänge führt (vgl. insoweit auch: BAG, Urteil v. 09.03.1983, AP Nr. 128 zu § 1 TVG Auslegung).

III. Die Berufung des Klägers war nach alledem als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gem. §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.

Gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG war die Revision für den Kläger zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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