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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 05.06.2002
Aktenzeichen: 4 (7) Sa 316/02
Rechtsgebiete: BGB, GG


Vorschriften:

BGB §§ 249 ff.
GG Art. 3
GG Art. 33 II
1. Kein Anspruch auf Übernahme in ein Dauerarbeitsverhältnis aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung für befristet eingestellte Lehrkräfte nach dem Programm "Geld statt Stelle".

2. Zu den Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches wegen Verletzung einer Aufklärungspflicht.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 4 (7) Sa 316/02

Verkündet am: 05.06.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 05.06.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. Peter als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter auf dem Brinke und den ehrenamtlichen Richter Mohr für Recht erkannt:

Tenor:

1. Das Urteil des Arbeitsgericht Oberhausen vom 07.02.2002 wird abgeändert.

2. Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird das beklagte Land verurteilt, der Klägerin ein Angebot als Poolkraft im Vertretungspool gemäß den jetzt geltenden Bedingungen zu machen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin ist ausgebildete Lehrerin und im Besitz der Lehramtsbefähigung für das Lehramt für die Primarstufe.

Die Parteien schlossen mehrere befristete Arbeitsverträge beginnend mit dem 18.08.1999, zuletzt - soweit es vorliegend von Interesse ist - den Vertrag vom 12.10.2000 für die Zeit vom 21.10.2000 bis zum 24.10.2001 (Bl. 21 d. A.) und vom 23.10.2001 für die Zeit vom 25.10.2001 bis zum 17.07.2002 (Bl. 22 d. A.).

Das Lehrereinstellungsverfahren wird von dem beklagten Land im Wesentlichen wie folgt gehandhabt: Lehrkräfte bewerben sich um die Einstellung in den Schuldienst des Landes. Unter Beachtung der Durchschnittsexamensnote des ersten und zweiten Staatsexamens sowie der Anrechnung von Vordienstzeiten wird eine Rangfolge unter den Bewerbern gebildet. Die hiernach besten Bewerber einer bestimmten Fächerkombination, das heißt die Ersten dieser Rangfolge, erhalten ein Einstellungsangebot. Denjenigen Bewerbern, die nach denen, die ein Einstellungsangebot erhalten haben, als nächste auf der Rangliste folgen, macht das beklagte Land ein Vertretungspoolangebot in dem betreffenden Jahr. Dabei kann sich der Bewerber, der ein solches Angebot erhält, nicht darauf verlassen, auch in den Folgejahren ein solches Angebot zu bekommen, weil sich aufgrund des Prinzipes der Bestenauslese und der Bedarfsituation der Fächer andere Reihenfolgen ergeben können mit der Folge, dass er in der Rangliste der Bewerber zurückfällt.

Diese Vertretungspoolverträge schließt das beklagte Land seit Beginn des Schuljahres 1999/2000. Diese Verträge werden auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes für die Dauer von einem Jahr befristet und mit in der Regel 1/2 der Wochenstunden einer Vollzeitkraft angeboten. Ziel dieses Vertretungspools, der bei den Schulämtern gebildet wird, ist es, auf kurzfristigen Unterrichtsausfall bis maximal vier Wochen an den Grundschulen schnell reagieren zu können. Besteht aufgrund eines solchen kurzfristigen Unterrichtsausfalles Vertretungsbedarf, werden die für den Vertretungspool eingestellten Lehrkräfte von den Schulämtern gegebenenfalls nur für wenige Tage der vom Ausfall betroffenen Schule zugewiesen. Die Vertretungspoolkräfte werden nicht an einer bestimmten Schule eingestellt und werden auch nicht in das Kollegium einer Schule eingebunden. Während des Vertretungseinsatzes stellt die Vertretungspoollehrkraft keine Klassenarbeiten und sie nimmt auch nicht an Konferenzen oder Klassenfahrten teil. Da die Vertretungspoolangebote aufgrund dieser Bedingungen relativ unattraktiv waren, betrug die Absagequote der Lehrkräfte, denen ein Vertretungspoolvertrag angeboten wurde, ca. 80 %.

Neben diesen (befristeten) Vertretungspoolverträgen schließt das beklagte Land befristete Verträge im Wesentlichen zur Vertretung einer im Erziehungsurlaub befindlichen Lehrkraft (sogenannte EZU-Verträge) oder zur Vertretung einer Lehrkraft, die längerfristig wegen Krankheit, Mutterschutz oder Teilnahme an einer Fortbildungsveranstaltung (Vertrag nach dem Programm Geld statt Stellen-) ab. Für diese Verträge können sich die Bewerber direkt vor Ort, das heißt bei den einzelnen Schulen der jeweiligen Städte bewerben.

Unter dem 13.12.2000 schrieb die Ministerin B. alle Lehrerinnen und Lehrer des Vertretungspools in Grundschulen an und erklärte, dass alle Vertretungspoolkräfte nunmehr in Dauerbeschäftigungsverhältnisse übernommen werden, wobei die Zeit des Vertretungspools im Rahmen der weiteren Beschäftigung voll angerechnet werde. Die Bezirksregierung D. hat aufgrund dessen geregelt, dass Poolkräfte nicht mehr am Lehrereinstellungsverfahren teilnehmen, da ihnen die Übernahme in Dauerschulverhältnisse zugesagt worden sei. Alle Lehrkräfte, die sich im Vertretungspool befinden, erhielten zum 01.02.2001 einen Ergänzungsvertrag angeboten, der ihnen die nahtlose Übernahme in ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis zum 01.08.2001 bzw. 01.08.2002 garantiert. Im Rahmen dieses Beschäftigungsverhältnisses wurden sie mit 1/2 der Pflichtstundenzahl beschäftigt und nach fünf Jahren werden sie in das Beamtenverhältnis mit der Möglichkeit, volle Stundenzahl zu unterrichten, unter den Voraussetzungen eingestellt.

Jetzt, das heißt, im Jahre 2002, werden nach wie vor Vertretungspoolkräfte seitens des beklagten Landes gesucht und mit einer entsprechenden Zusage auf unbefristete Einstellung im Falle der Bewährung eingestellt.

Der Klägerin wurde am 13.10.2000 ein Vertretungspoolangebot baldmöglichst bis zum 04.07.01 für den Bereich des Schulamtes für den Kreis W. unterbreitet. In diesem Angebot wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine eventuelle Ablehnung keine Auswirkung auf nachfolgende Lehrereinstellungsverfahren habe. Die Klägerin hat dieses Angebot im Hinblick auf ihren befristeten Arbeitsvertrag nicht angenommen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie zu den befristet eingestellten Vertretungspoolkräften ungleich behandelt worden sei und deshalb einen Rechtsanspruch unter Beachtung von Art. 33 Abs. 3 GG auf Gleichstellung habe.

Sie hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen dem Land N. und der Klägerin ein auf unbestimmte Zeit bestehendes Arbeitsverhältnis besteht, gemäß dem die Klägerin bis zum 31.07.2004 mit 1/2 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bei Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III beschäftigt wird, gemäß dem die Klägerin auf den Antrag ab dem 01.08.2004 mit voller Pflichtstundenzahl bei Zahlung einer vollen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III beschäftigt wird und gemäß dem die Klägerin zum 01.08.2004 in das Beamtenverhältnis eingestellt wird, sofern die beamtenrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen,

2. das beklagte Land zu verurteilen, die Klägerin bis zum 31.07.2004 mit 1/2 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bei Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III zu beschäftigen, auf Antrag der Klägerin ab dem 01.08.2004 mit voller Pflichtstundenzahl bei Zahlung einer Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III zu beschäftigen und die Klägerin zum 01.08.2004 in das Beamtenverhältnis einzustellen, sofern die beamtenrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

Hilfsweise hat die Klägerin beantragt, das Beklagte Land zu verurteilen, gegenüber der Klägerin folgende Willenserklärung abzugeben. Ich unterbreite der Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages, auf welchen der BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden, und in welchem weiter geregelt ist, dass die Klägerin bis zum 31.07.2004 mit 1/2 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bei Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III beschäftigt wird, auf Antrag ab dem 01.08.2004 mit voller Pflichtstundenzahl bei Zahlung einer vollen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III beschäftigt wird, und in welchem weiter geregelt ist, dass die Klägerin zum 01.08.2004 in das Beamtenverhältnis eingestellt wird, sofern die beamtenrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

Hilfsweise:

Ich unterbreite der Klägerin ein Angebot auf Abschluss eines bis zum 31.07.2003 befristeten Arbeitsvertrages, gemäß dem die Klägerin mit 1/2 der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit bei Zahlung einer anteiligen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III im Vertretungspool beschäftigt wird, auf welchen der BAT und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge Anwendung finden und in welchem weiter geregelt ist, dass die Klägerin bei Bewährung zum 01.08.2003 in ein unbefristeten Arbeitsverhältnis überführt wird, auf Antrag ab dem 01.08.2006 mit voller Pflichtstundenzahl bei Zahlung einer vollen Vergütung aus der Vergütungsgruppe BAT III beschäftigt wird, und in welchem weiter geregelt ist, dass die Klägerin ab dem 01.08.2006 in das Beamtenverhältnis eingestellt wird, sofern die beamtenrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, es sei die eigene Entscheidung der Klägerin gewesen, das Vertretungspoolangebot im Oktober 2000 nicht anzunehmen. Die Differenzierung zwischen den einzelnen befristeten Verträgen sei auch sachrelevant. Bei dem Vertretungspool handele es sich um die Befriedigung eines fortdauernden Bedarfs an Lehrern, so dass die Einstellungsangebote für die Poolkräfte von Anfang an nach dem Prinzip von Eignung und Befähigung durch die Bezirksregierungen vergeben würden. Sämtliche anderen Befristungen seien lediglich zur Abdeckung des konkreten Vertretungsbedarfes gedacht.

Das Arbeitsgericht hat der Klage entsprochen und festgestellt, dass zwischen der Klägerin und dem beklagten Land ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen worden sei. Zur Begründung hat es im Wesentlichen darauf abgestellt, der Umstand, dass die Klägerin dem Vertretungspool nicht zugehöre, sei kein Grund gewesen, ihr eine Dauereinstellung zu versagen. Es sei kein Grund ersichtlich, warum die Klägerin anders, vor allem schlechter behandelt werden müsse, als ein Lehrer, der in dem Vertretungspool aufgenommen worden sei. Hinsichtlich der weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der zulässigen Berufung verfolgt das beklagte Land unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens das Ziel der Klageabweisung weiter.

Es beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Oberhausen vom 07.02.02 die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und stellt zusätzlich hilfsweise den Antrag, das beklagte Land hilfsweise zu verurteilen, der Klägerin ein Angebot als Poolkraft im Vertretungspool gemäß den jetzt geltenden Bedingungen zu machen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil erster Instanz und weist - nach gerichtlichem Hinweis in dem ihr bekannten Parallelverfahren 4 Sa 1694/01 darauf hin, dass dieser Antrag aus schadensersatzrechtlichen Erwägungen heraus gerechtfertigt sei. Das beklagte Land habe die ihm obliegende Fürsorgepflicht dadurch verletzt, dass sie die Klägerin nicht darauf hingewiesen habe, dass es bereit gewesen sei, den mit ihr geschlossenen befristeten Arbeitsvertrag in einen Vertrag als Poolkraft umzuwandeln.

Das beklagte Land beantragt auch insoweit,

diesen Hilfsantrag zurückzuweisen.

Es stellt insbesondere heraus, dass eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorliegend nicht gegeben sei, es sei Sache der Klägerin gewesen, sich nach den geänderten Einstellungsbedingungen für Poolkräfte zu erkundigen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Akte ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist teilweise begründet. Sie führt jedoch allein zur teilweisen Abweisung der Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfange, weil aufgrund des in der Berufungsinstanz klargestellten Hilfsantrages der Klägerin das beklagte Land verpflichtet ist, der Klägerin ein Angebot als Poolkraft im Vertretungspool gemäß den jetzt geltenden Bedingungen zu machen.

A.

Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts hat die Klägerin keinen Anspruch auf Beschäftigung in einem Dauerarbeitsverhältnis bzw. auf Übernahme in ein Dauerschuldverhältnis aus der Einstellungszusage des beklagten Landes vom 13.12.2000 (Bl. 23 d. A.) aus dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung nach Artikel 3 Satz 1 GG i. V. m. Artikel 33 Abs. 2 GG; aus diesem Grunde sind die erstinstanzlich gestellten Hauptanträge der Klägerin unbegründet.

I.

Die Kammer verweist zur Begründung ihrer Ansicht auf die den Parteien bekannte Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 23.11.2001 - 18 Sa 1266/01 - zu II 1 - 3 b) = Seite 16 - 21 der Entscheidungsgründe.

II.

Für die Kammer ist insoweit allein entscheidend, dass ein sachlicher Grund dafür besteht, allein den Vertretungspoolkräften das hier vorliegende Angebot einer Dauerbeschäftigung zu machen, weil sie - im Unterschied zu den übrigen befristet eingestellten Lehrkräften - nicht an einer bestimmten Schule bzw. verschiedenen Schulen und in das dortige Kollegium dieser Schule dauerhaft eingegliedert sind, sondern an einer Vielzahl unterschiedlichen Schulen - oft nur wenige Tage - zur Deckung eines dort ad hoc durch den Ausfall einer Lehrkraft entstandenen Unterrichtsbedarfs eingesetzt werden. Die Vertretungspoolkräfte müssen also nicht nur kurzfristig mit einem für sie fremden Lehrerkollegium klarkommen- sondern sich zusätzlich in den jeweiligen unterschiedlichen Wissenstand der ihnen zugewiesenen Klassen der jeweiligen Schulen einarbeiten. Hinzu kommt, dass die einzelnen Schulen aufgrund des unterschiedlichen Einzugsgebietes, aus dem die Schüler kommen, in ihrem Charakter geprägt sind und damit die dort jeweils vorherrschenden unterschiedlichen sozialen Verhältnisse der einzelnen Schüler jeweils neue Anforderungen - und dies kurzfristig - an die Poolkraft stellen.

Berücksichtigt man weiterhin, dass Schüler in Schulklassen häufig gegenüber einer Lehrkraft anderes reagieren, wenn sie um die kurzfristige Vertretungssituation wissen, insbesondere wissen, dass diese Lehrkraft keine Klassenlehrerfunktion im Schuljahr dauerhaft ausübt und stellt man darüber hinaus die oft unterschiedlichen Anfahrtswege zu den einzelnen Schulen in Rechnung, ergeben sich für die Poolkraft insgesamt Belastungen, die gerade aus ihrer Tätigkeit als solche d. h. ihrem kurzfristigen Einsatz in einer Schule sich ergeben mit der Folge, dass das sich hieraus zwangsläufig ergebende Erfahrungswissen, einschließlich der Unterrichtserfahrung eine ungleich größere ist als bei den übrigen befristet eingestellten Lehrkräften, die - jedenfalls in der Regel - an einer bestimmten Schule und in bestimmten Klassenverbänden tätig sind.

Soweit die Klägerin anlässlich ihrer mündlichen Anhörung vor der Kammer am 05.06.2002 darauf verwiesen hat, auch sie sei teilweise gleichzeitig an mehreren Schulen tätig gewesen, ist dies unerheblich: Zum einen kommt es insoweit allein auf eine generalisierende Betrachtung, d. h. einen Vergleich der regelmäßigen Situation an, in der sich eine Poolkraft im Vergleich zu einer aus anderen Gründen befristet eingestellten Lehrkraft befindet. Zum anderen - und diese kommt entscheidend hinzu - ändert dieser Einwand der Klägerin nichts daran, dass sie - im Unterschied zu den Poolkräften - gerade in das Schulkollegium dieser Schule und in den Unterricht der ihr zugewiesenen Klassen dauerhaft eingebunden ist, gerade also nicht den kurzfristigen und wechselnden Belastungen unterliegt, welche die Poolkraft bei ihrer Tätigkeit ausgesetzt ist.

Angesichts der Notwendigkeit, Poolkräfte an unterschiedlichen Schulen künftig und wechselnd bei Bedarf einzusetzen, war daher das beklagte Land aus den dargelegten Gründen berechtigt, allen Poolkräften eine Zusage auf Dauerbeschäftigung zu machen.

B.

Der in der Berufungsinstanz klargestellte Hilfsantrag der Klägerin ist dagegen begründet:

Das beklagte Land ist unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes aufgrund einer hier vorliegenden Verletzung der Aufklärungspflicht verpflichtet, der Klägerin ein Angebot als Poolkraft im Vertretungspool gemäß den jetzt geltenden Bedingungen zu machen.

I.

Das Bundesarbeitsgericht geht in gefestigter Rechtsprechung (vgl. hierzu insbesondere das Urteil vom 13.11.2001 - 9 AZR 442/00 - zu B II 1 a der Entscheidungsgründe und der Entscheidung vom 17.02.2000 - 3 AZR 605/99 - zu II 2 der Entscheidungsgründe) davon aus, dass der Arbeitgeber die arbeitsvertragliche Nebenpflicht hat, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehenden Interessen des Arbeitnehmers so zu wahren, wie dies unter Berücksichtigung seiner Belange, der des Betriebes und der anderen Arbeitnehmer nach Treu und Glauben nach billiger Weise verlangt werden kann. Dabei findet der jeder Partei zuzubilligende Eigennutz seine Grenze an dem schutzwürdigen Lebensbereich des anderen Vertragspartners, wobei alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen und die erkennbaren Informationsbedürfnisse des Arbeitnehmers einerseits und die Beratungsmöglichkeit des Arbeitgebers andererseits abzuwägen sind. Derartige Aufklärungs- und Beratungspflichten kommen nicht nur bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Betracht, sondern auch bei inhaltlichen Änderungen eines Arbeitsvertrags. Verletzt der Arbeitgeber eine ihn danach treffende Aufklärungspflicht, hat er den dadurch verursachten Schaden wegen Verletzung des ursprünglichen Arbeitsvertrages nach Maßgabe der §§ 249 BGB auszugleichen.

II.

Die Anwendung dieser Grundsätze im Streitfall führt zum Erfolg des von der Klägerin gestellten Hilfsantrages. Das beklagte Land hat schuldhaft eine Aufklärungspflicht im Rahmen des mit der Klägerin abgeschlossenen befristeten Vertrages vom 12.10.2000 (Bl. 21 d. A.) verletzt, und ist verpflichtet, den der Klägerin dadurch verursachten Schaden in der Form der Abgabe eines Angebots als Einstellung als Poolkraft im Vertretungspool gemäß den jetzt geltenden Bedingungen auszugleichen.

1. Bei Abschluss des Änderungsvertrages vom 12.10.2000 - befristete Einstellung der Klägerin vom 21.10.2000 bis 24.10.2001 - war der Klägerin die bestehende Praxis des beklagten Landes bekannt, wonach es für sie, die Klägerin, keine Rechtsnachteile mit sich brachte, falls sie das ihr unter dem 13.10.2000 gemachte Angebot einer befristeten Einstellung für Vertretungsunterricht - Vertretungspool (Bl. 35 d. A.) ablehnte, sondern (weiterhin) befristet wegen des vorübergehenden Ausfalls einer Lehrkraft an einer Schule beschäftigt wurde.

2. Als dann mit Schreiben vom 13.12.2000 der Ministerin B. (Bl. 24 ff. d. A.) - also nach Abschluss dieses befristeten Arbeitsvertrages und Ablehnung des der Klägerin gemachten Angebotes als Poolkraft - die Bedingungen für Poolkräfte im Fall der Bewährung dadurch verbessert wurden, dass eine unbefristete Übernahme in ein Anstellungsverhältnis erfolgte, wäre das beklagte Land zu diesem Zeitpunkt verpflichtet gewesen, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass das beklagte Land bereit war, den bereits geschlossenen Vertrag vom 21.10.2000 nachträglich in einen solchen Vertretungspoolvertrag umzuwandeln, d. h. aufzuheben und einen entsprechenden Vertretungspoolvertrag abzuschließen. Unstreitig ist insoweit, dass das beklagte Land einem solchen Wunsch der Klägerin nachgekommen wäre.

a) Zwar ist zutreffend, dass - worauf das beklagte Land zutreffend verweist - Aufklärungs- und Informationspflichten in einem Arbeitsverhältnis keine Einbahnstraße sind und die Klägerin daher hätte wissen müssen, dass sich die Bedingungen für Poolkräfte seitens des beklagten Landes durch die gegebene Einstellungszusage seit dem 13.12.2000 verbessert hat. Diese Änderung der Einstellungspraxis konnte -auch hierauf weist das beklagte Land zutreffend hin - aus den Medien, aus den Zeitschriften und amtlichen Bekanntmachungen entnommen werden. Dementsprechend hat auch die Klägerin bei ihrer Anhörung eingeräumt, hiervon gewusst zu haben.

b) Entscheidend ist jedoch, dass dieses Wissen der Klägerin vorliegend für sie nutzlos war, weil es gerade nicht darum ging, sich um eine Einstellung als Poolkraft (erneut) zu bewerben, sondern der befristete Vertrag vom 21.10.2000 in der dargestellten Form nachträglich umgewandelt werden musste.

Denn unstreitig kann sich eine Lehrkraft nicht von sich aus als Poolkraft erneut bewerben, sondern erhält von dem beklagten Land nach dem Prinzip der Bestauslese ein entsprechendes Angebot zugeteilt. Wer also einmal ein Angebot als Poolkraft erhalten hat, erhält es nicht automatisch in den Folgejahren wieder, weil sich aufgrund des Prinzips der Bestauslese und der Bedarfssituation der einzelnen Fächern eine andere Reihenfolge in der Bewerbung ergeben kann . Dies wird im Falle der Klägerin anschaulich dadurch belegt, dass sie zwar im Jahre 2000, nicht aber mehr im Jahre 2001 ein solches Angebot als Poolkraft erhalten hat.

Die Klägerin hatte jedoch keine Kenntnis von der Bereitschaft des beklagten Landes, den unter dem 21.10.2000, also knapp zwei Monate vor Änderung der Einstellungsbedingungen für Poolkräfte geschlossenen Vertrag nachträglich aufgrund des Schreibens von Frau B. vom 13.12.2000 in einen solchen Poolvertrag umzuwandeln: Der Hinweis auf eine solche Umwandlungsmöglichkeit ergibt sich - unstreitig - weder aus diesem Schreiben, noch war es rechtlich bis dahin möglich, diesen Vertrag einseitig zu kündigen: Im Gegenteil war es bis dahin bestehende Praxis des beklagten Landes, dass für die Dauer der Laufzeit eines befristeten Arbeitsvertrages die entsprechende Lehrkraft für anderweitige Bewerbungen gesperrt- war (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes des beklagten Landes vom 20.12.2001). Dies wurde noch einmal anlässlich der Erörterungen in der mündlichen Verhandlung am 05.06.2002 seitens des beklagten Landes bestätigt.

c) Vor diesem Hintergrund wäre es aber dann Pflicht des beklagten Landes gewesen, die insoweit unwissende Klägerin in einer für sie, die Klägerin betreffenden existenziellen Frage über diese Möglichkeit, die nur dem beklagten Lande bekannt war, zu informieren: Die Klägerin wusste lediglich von der geänderten Einstellungspraxis für Poolkräfte - dies nützte ihre jedoch nicht - sie wusste jedoch nichts von der Änderung der bis dahin bestehenden Praxis, d. h. der nunmehrigen Bereitschaft des beklagten Landes, bereits abgeschlossene befristete Verträge nachträglich in einen Poolvertrag umzuwandeln, sofern es um Lehrkräfte ging, denen in diesem Jahr nach dem Prinzip der Bestauslese ein Angebot auf Einstellung als Vertretungspoolkraft gemacht worden war.

1) Damit wird auch nichts Unzumutbares von dem beklagten Land verlangt: Schließlich war dem beklagten Land bekannt, dass eine Reihe von Lehrkräften - wie die Klägerin - das ihnen unterbreitete Angebot, als Poolkraft tätig zu sein, zwar abgelehnt hatten und aber nur deshalb, weil sie bereits einen anderen Vertrag als Vertretungskraft hatten, ihnen - unter dem Gesichtspunkt einer späteren unbefristeten Einstellung - nach der bis dahin bestehenden Praxis hierdurch keine Nachteile erwuchsen. Das beklagte Land hätte also lediglich die Klägerin - wie auch andere Lehrkräfte in diesem Jahr - entsprechend anschreiben und auf die Bereitschaft hinweisen müssen, den geschlossenen Vertrag in einen Vertrag als Poolkraft umzuwandeln. Es geht also insoweit gerade nicht darum, alle Lehrkräfte, welche seit Einführung des Vertretungspools ein Angebot einmal erhalten hatten, entsprechend zu unterrichten, sondern allein diejenigen, denen gerade im Jahre 2000 nach dem Prinzip der Bestauslese ein solches Angebot gemacht worden war. Und zwar ein Angebot aus einer Zeit, als die Bedingungen für Poolkräfte noch nicht geändert waren und - dies kommt entscheidend hinzu - nicht die Möglichkeit bestand, bestehende befristete Verträge aus anderen Gründen in einen Vertrag als Poolkraft umzuwandeln. Die Zuleitung eines solchen Anschreibens an die hier genannten Lehrkräfte hätte nicht nur dem Interesse des beklagten Landes sondern vor allem dem Interesse dieser Lehrkräfte entsprochen, die - wie dargelegt - von der Möglichkeit einer nachträglichen Vertragsänderung gerade nichts wussten und wissen konnten. Demzufolge war auch der Klägerin diese Möglichkeit unbekannt.

2. Das beklagte Land hat damit ein ihm ohne Weiteres erkennbares Informationsbedürfnis der Klägerin schuldhaft missachtet:

Es liegt geradezu auf der Hand, dass die Möglichkeit, in ein Dauerarbeitsverhältnis durch den Abschluss eine Poolvertrages im Falle der Bewährung zu kommen, für die betreffende Lehrkraft von existentieller Bedeutung ist. Dieses Informationsbedürfnis in einer existentiellen Angelegenheit zu erfüllen war aber dem beklagten Land - wie dargelegt - ohne weiteres möglich und zumutbar.

3. Die Verletzung dieses Aufklärungspflicht war auch kausal dafür, dass die Klägerin nicht als Poolkraft tätig geworden ist: Sie hat bereits erstinstanzlich in der Klageschrift den hilfsweisen Antrag auf Beschäftigung im Vertretungspool gestellt und diesen dann zweitinstanzlich präzisiert und klargestellt. Damit hat sie zugleich zur Überzeugung der Kammer nachgewiesen, dass sie damals bereit gewesen wäre, den von ihr abgeschlossenen befristeten Vertrag vom 21.10.2000 mit Zustimmung des beklagten Landes in einen Poolvertrag umzuwandeln. Zu einem späteren Zeitpunkt war ihr dies nicht mehr möglich, weil sie im Jahre 2001 ein solches Angebot des beklagten Landes unstreitig nicht mehr erhalten hat und daher lediglich den letzte befristete Vertrag vom 23.10.01 abschließen konnte. Demzufolge ist im Wege des Schadensersatzes das beklagte Land verpflichtet, mit der Klägerin nunmehr diesen Poolvertrag zu den jetzt geltenden Bedingungen abzuschließen, dies ist auch ohne Weiteres möglich, da das beklagte Land nach wie vor Poolverträge anbietet.

C.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Da den hier angesprochenen Fragen grundsätzliche Bedeutung für beide Parteien zukommt, hat das Landesarbeitsgericht die Revision für beide Parteien zugelassen.

Ende der Entscheidung

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