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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 5 Sa 1122/03
Rechtsgebiete: SGB IV, InsO, ArbGG


Vorschriften:

SGB IV § 7 Abs. 1 a
SGB IV § 7 d
InsO § 38
InsO § 55
InsO § 55 Abs. 1
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 3
InsO § 55 Abs. 1 Ziffer 1
InsO § 55 Abs. 1 Ziffer 2
InsO § 113
InsO § 113 Abs. 1 Satz 3
InsO § 123
InsO § 123 Abs. 1
InsO § 123 Abs. 2 Satz 1
ArbGG § 69 Abs. 2
Rueckzahlungsansprueche eines Arbeitnehmers, der im Rahmen eines Altersteilzeitvertrages im Blockmodell ein Wertguthaben i. S. d. § 7 Abs. 1 a SGB IV erarbeitet hat, stellen einfache Insolvenzforderungen nach § 38 InsO dar.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

5 Sa 1122/03

Verkündet am 16. Oktober 2003

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 16.10.2003 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Göttling als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Jacobs und den ehrenamtlichen Richter Kramarczyk

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.06.2003 - 6 Ca 2922/03 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2) Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die rechtliche Qualifizierung von Entgeltansprüchen aus der Rückabwicklung eines Altersteilzeitvertrages in der Insolvenz.

Der Kläger war seit Jahren bei der W.-Maschinenbau GmbH, der jetzigen Insolvenzschuldnerin, als Arbeitnehmer beschäftigt. Die Arbeitsvertragsparteien hatten ursprünglich einen Altersteilzeitvertrag für die Zeit vom 01.07.2000 bis 30.06.2006 abgeschlossen. Danach sollte der Kläger im Rahmen des so genannten Blockmodells eine Arbeitsphase vom 01.07.2000 bis 30.06.2003 durchlaufen und sich anschließend vom 01.07.2003 bis zum 30.06.2006 in die Freistellungsphase begeben.

Am 01.10.2002 wurde über das Vermögen der Insolvenzschuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser schloss am selben Tag mit dem bei der Schuldnerin bestehenden Betriebsrat einen Sozialplan, der unter anderem folgenden Inhalt hat:

2. Altersteilzeit

Alle Altersteilzeitler, die sich zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens in der Freistellungsphase befinden, können unter Beihaltung ihrer bisherigen Ansprüche und Entgeltzahlungen ihr individuelles Altersteilzeitverhältnis in der Transfergesellschaft zu Ende führen.

Alle Altersteilzeitler, die sich zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens in der Arbeitsphase befinden, werden nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt. Es erfolgt eine Rückabwicklung nach den gesetzlichen Bestimmungen. Alle Ansprüche aus der Rückabwicklung werden durch die Personalabteilung ermittelt und den betroffenen Arbeitnehmern ausgehändigt.

Für diesen Arbeitnehmerkreis gilt auch die Möglichkeit des Eintritts in die Transfergesellschaft soweit nach dem zu kündigenden Altersteilzeitvertrag weitergehende Ansprüche zustehen, werden diese von den Arbeitnehmern vorbehalten. Ein Eintritt in die Transfergesellschaft nimmt den betroffenen Arbeitnehmern nicht die Möglichkeit, ihre behaupteten weitergehenden Ansprüche ggfs. gerichtlich überprüfen zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sozialplans wird auf Blatt 49 ff. der Akten verwiesen.

Ebenfalls am 01.10.2002 schlossen der Kläger einerseits, der Beklagte und die H. C./Standardkessel Transfergesellschaft mbH in P. andererseits einen dreiseitigen Vertrag, der unter anderem der Umsetzung des Interessenausgleichs/Sozialplans vom selben Tag dienen sollte. In dem Vertrag vereinbarten die vertragsschließenden Parteien unter anderem:

§ 1 Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der W.

In Kenntnis der in der Vorbemerkung genannten Vereinbarung wird das zwischen der W. und Herrn I. bestehende Arbeitsverhältnis aus dringenden betriebsbedingten Gründen zum 15.10.2002 beendet.

Mit Abschluss dieses Vertrages sind sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit der W. und anlässlich dessen Beendigung, gleich aus welchem Rechtsgrund, erledigt.

Mit Zustimmung zu diesem Vertrag nimmt W. diesen Verzicht an.

Diese Erledigung gilt nicht für die Lohn- bzw. Gehaltsansprüche, Resturlaub bzw. Freizeitguthaben bis zum Austrittstermin, den etwaigen Anspruch aus unverfallbarer Versorgungsanwartschaft sowie die Ansprüche auf ein Arbeitszeugnis und die Arbeitspapiere.

§ 2 Vertragsbeginn und Laufzeit des Anstellungsvertrages mit der B/S

Ab dem 16.10.2002 tritt Herr I. bis zum 15.10.2003 in ein Anstellungsverhältnis mit der B/S ein.

Das Anstellungsverhältnis endet mit Ablauf der Frist, ohne dass es einer vorherigen Kündigung bedarf.

Wegen der weiteren Einzelheiten des dreiseitigen Vertrags wird im Übrigen auf Bl. 54 ff. der Akten verwiesen.

Unter dem 18.12.2002 übersandte der Beklagte dem Kläger eine "Auflistung der Entgeltansprüche aus der Rückabwicklung der Altersteilzeit", bezifferte den Gesamtanspruch auf 36.498,58 € und bat um entsprechende Eintragung in die Insolvenztabelle.

Mit seiner am 27.03.2003 beim Arbeitsgericht Düsseldorf anhängig gemachten Klage hat der Kläger indessen die Auszahlung des mitgeteilten Guthabens begehrt. Er hat die Auffassung vertreten, dass es sich um eine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO handele, weil der Sozialplan nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen worden sei und damit den Anspruch des Klägers begründet hätte.

Der Kläger hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, 36.498,58 € netto an ihn zu zahlen zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2003.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat an seiner Rechtsauffassung festgehalten, dass es sich bei der Rückzahlungsforderung des Klägers um eine Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO handele. Das in Rede stehende Rückabwicklungsverhältnis beinhalte nämlich gerade keinen Sozialplananspruch im Sinne des § 123 InsO; vielmehr wären die während der Arbeitsphase erarbeiteten Entgelte des Klägers bereits vor Insolvenzeröffnung begründet und entstanden, und zwar durch die Insolvenzschuldnerin selbst. Demgegenüber enthalte die vom Kläger herangezogene Vereinbarung im Sozialplan lediglich eine Umgestaltung des ursprünglichen Teilzeitvertragsverhältnisses in ein Abwicklungsverhältnis.

Mit Urteil vom 24.06.2003 hat die 6. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf - 6 Ca 2922/03 - die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen, auf die im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der vom Kläger für sich reklamierte Anspruch stelle keine Masseverbindlichkeit, sondern eine normale Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO dar. Zum einen sei nämlich § 123 InsO nicht einschlägig, weil mit dem Sozialplan vom 01.10.2002 kein eigenständiger Sozialplananspruch begründet werde. Zum anderen stelle der Rückforderungsanspruch aber auch keine Masseforderung im Sinne des § 55 Abs. 1 InsO dar, weil es insoweit an einer vertraglichen Regelung fehle. Vielmehr seien die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche als Insolvenzforderung gemäß §§ 38, 113 Abs. 1 Satz 3 InsO analog einzuordnen.

Der Kläger hat gegen das ihm am 04.07.2003 zugestellte Urteil mit einem am 04.08.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 04.09.2003 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Er wiederholt seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug und unterstreicht seine Rechtsauffassung über die Qualifizierung der streitbefangenen Forderung als Masseverbindlichkeit. Ergänzend führt der Kläger dazu aus, dass in Streit stehende Wertguthaben erweise sich schon mangels entgegenstehender gesetzlicher Regelung als Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO, weil der Anspruch des Klägers auf Auszahlung des Wertguthabens erst nach Verfahrenseröffnung entstanden sei, nämlich mit Beendigung des Altersteilzeitvertrages. Dann aber wäre der Anspruch auf Auszahlung des Wertguthabens wie ein Anspruch auf Zahlung einer Abfindung zu behandeln, der auch nach Meinung des Bundesarbeitsgerichts als Masseschuld zu qualifizieren wäre.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 24.06.2003 - 6 Ca 2922/03 - wird der Beklagte verurteilt, an ihn 36.498,58 € netto zu bezahlen, und zwar zuzüglich Jahreszinsen hieraus seit dem 16.10.2002 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und wiederholt ebenfalls seinen Sachvortrag aus dem ersten Rechtszug.

Der Beklagte meint, bei den vom Kläger erarbeiteten Arbeitsentgeltansprüchen handele es sich um gestundete Entgeltforderungen aus der Zeit vor der Insolvenzeröffnung, da seine Arbeitsleistung vor diesem Zeitpunkt erbracht worden sei. Dann aber könnten es weder Masseschulden im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 1 noch solche im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO sein. Auch ein Anspruch aus einem Sozialplan im Sinne des § 123 InsO liege nicht vor, da der vom Beklagten und dem Betriebsrat abgeschlossene Sozialplan vom 01.10.2002 keine eigenständige, konstitutive Regelung hinsichtlich des Wertguthabens enthalte.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der zu den Akten gereichten Urkunden und der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Ziffer b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

In der Sache selbst hatte das Rechtsmittel indessen keinen Erfolg.

Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 36.498,58 € netto, weil es sich bei dem zur Rückzahlung anstehenden Wertguthaben nicht um Masseverbindlichkeiten im Sinne der §§ 55 und 123 Abs. 2 Satz 1 InsO handelt. Das Wertguthaben aus dem Altersteilzeitvertrag des Klägers mit der Insolvenzschuldnerin erweist sich vielmehr als "normale" Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO.

1. In Übereinstimmung mit der Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts und des Beklagten ist hinsichtlich der streitbefangenen Beträge zunächst davon auszugehen, dass es sich hierbei um Wertguthaben im Sinne des § 7 Abs. 1 a SGB IV handelt. Nach dieser Norm wird als Wertguthaben bezeichnet das Arbeitsentgelt, das mit einer auf vor oder nach den Zeiten einer Freistellung von der Arbeitsleistung erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird. Hieraus folgt für die vorliegende Fallkonstellation:

Die bis zum 01.10.2002 zwischen dem Kläger und der Insolvenzschuldnerin bestehende Altersteilzeitvereinbarung stellt einen besonderen Vertrag dar, bei dem im Blockmodell der Arbeitnehmer zunächst in Vorlage mit seiner gesamten Arbeitsleistung tritt und der Arbeitgeber aufgrund des erarbeiteten Guthabens die Vergütung späterhin auszahlt. Die Ansprüche des Arbeitnehmers auf Vergütung sind bereits in vollem Umfang verdient. Sie stehen dem Arbeitnehmer zu und sind, worauf das Arbeitsgericht zu Recht hingewiesen hat, gemäß § 7 d SGB IV gegen Insolvenz zu schützen (so auch: LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 29.10.2002 - 2 Sa 246/02 - ZInsO 2003, 242).

Für den Bereich der Insolvenz bedeutet die rechtliche Qualifizierung des Wertguthabens, dass dieses Guthaben dem Zeitraum zuzuordnen ist, in dem die Arbeit als Gegenleistung für den Entgeltanspruch erbracht worden ist, also dem Zeitraum, für den der Lohn- und Gehaltsanspruch erarbeitet wurde. Hingegen kommt es nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Bundessozialgerichts wie auch des Bundesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob und wann der Anspruch fällig oder bezifferbar geworden ist (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 25.06.2002 - B 11 AL 90/01 R - AP Nr. 3 zu §141 a AFG; BAG, Urteil vom 21.05.1980 - 5 AZR 337/78 - AP Nr. 9 zu § 59 KO).

Insgesamt ist deshalb festzuhalten, dass das vom Kläger als Masseforderung geltend gemachte Wertguthaben grundsätzlich den Zeiten vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zuzuordnen ist.

1.1 Damit scheidet zunächst die Annahme einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Ziffer 2 InsO aus. Nach dieser Vorschrift sind Masseverbindlichkeiten unter anderem die Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, soweit deren Erfüllung für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgen muss. Wie oben im Einzelnen erläutert, wird mit der Einrichtung von Arbeitszeitkonten im Sinne des § 7 1 a SGB IV der Zweck verbunden, erarbeitete Entgelte erst in einer späteren Phase des Arbeitsverhältnisses, der Freistellungsphase, zur Auszahlung zu bringen. Das erarbeitete Wertguthaben wird daher vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründet; die Erfüllung des Vertrages und damit die Rückzahlung des Wertguthabens erfolgt demnach nicht für die Zeit nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens (so auch: Hefermehl, in MK/Insolvenzordnung, Bd. 1, § 55, Rz. 179; Rittweger, Altersteilzeit, 2. Aufl., Seite 151, Rz. 34).

1.2 Die Rückzahlungsforderung des Klägers stellt auch keine Masseverbindlichkeit im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 3 Insolvenzordnung dar. Insofern besteht Einigkeit, dass die vorbezeichnete Norm nur diejenigen Bereicherungsansprüche erfasst, bei denen die Vermögensvermehrung der Masse nach der Zeit der Eröffnung des Verfahrens erfolgte (Leisbrock, Altersteilzeitarbeit, § 24, Seite 362, m. w. N.). Da die Vorarbeitsleistung des Klägers vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgte, wird sie von § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO nicht erfasst.

1.3 Schließlich scheidet auch - entgegen der Auffassung des Klägers - eine Anwendung des § 55 Abs. 1 Ziffer 1 InsO aus, da die in Streit stehende Verbindlichkeiten nicht durch Handlungen des Insolvenzverwalters begründet worden sind.

Es ist bereits mehrfach darauf hingewiesen worden, dass das Wertguthaben vom Kläger während der Arbeitsphase im so genannten Blockmodell des Altersteilzeitverhältnisses erarbeitet worden ist. Es ist demgemäß ohne Mitwirkung des Beklagten entstanden und begründet worden. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, wann der Kläger seinen Anspruch hätte geltend machen können. Es ist auch nicht entscheidend, wann ein Anspruch letztlich realisiert werden kann. Vielmehr ist darauf abzustellen, dass die Kündigung oder, wie hier, der Aufhebungsvertrag vom 01.10.2002, keinen Einfluss mehr auf den Umfang der Vorausleistung des Klägers und auch keinen Einfluss auf den wertmäßigen Umfang der Verbindlichkeiten der Insolvenzschuldnerin hatte.

Dann aber kann von einer Begründung der Verbindlichkeiten durch den Beklagten selbst nicht die Rede sein (vgl. hierzu: BAG, Urteil vom 21.05.1980, a. a. O., zur damals geltenden Konkursordnung; Leisbrock, a. a. O., Seite 365).

In diesem Zusammenhang erweist sich auch der Hinweis des Klägers, dass der Anspruch auf Rückzahlung des erdienten Wertguthabens dem Anspruch auf Auszahlung einer Abfindung gleichzustellen sei, als nicht zwingend. Das Wertguthaben, das vorliegend zur Rückzahlung ansteht, ist nach der oben mehrfach angesprochenen Charakterisierung durch die Gerichte als Arbeitsentgelt zu qualifizieren, dass als Gegenleistung für bereits erbrachte Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers angesehen wird. Es entsteht mit der tatsächlichen Arbeitsleistung und kann deshalb gerade nicht als eine Art sozialer Besitzstand bezeichnet werden, das während der Arbeitsphase erworben wird. Demgegenüber stellt die Abfindung gerade keinen Lohnbestandteil dar, wird für den Verlust des sozialen Besitzstandes vereinbart oder gezahlt und knüpft zwangsläufig an eine irgendwie geartete Beendigung des Arbeitsverhältnisses an. Gerade letzteres zeigt, dass entgegen der Auffassung des Klägers nicht von gleichgearteten oder sogar gleichen Tatbeständen gesprochen werden kann, die es rechtfertigen würden, eine Gleichbehandlung in der Insolvenz vorzunehmen.

1.4 Der auf die Rückforderung des Wertguthabens gerichtete Anspruch des Klägers ist letztlich auch keine Masseverbindlichkeit gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO.

Nach § 123 Abs. 1 InsO können in einem Sozialplan, der nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgestellt wird, für den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der geplanten Betriebsänderung entstehen, Abfindungs- bzw. Entschädigungsbeträge vorgesehen werden, die insgesamt einen Betrag von bis zu zweieinhalb Monatsverdiensten der von einer Entlassung betroffenen Arbeitnehmer vorsehen. Diese Verbindlichkeiten bezeichnet § 123 Abs. 2 Satz 1 InsO als Masseverbindlichkeiten.

Indessen trifft dies auf das vom Kläger erarbeitete Wertguthaben gerade nicht zu. Ausweislich des Sozialplans vom 01.10.2002 haben der Betriebsrat der Insolvenzschuldnerin und der Beklagte vereinbart, dass allen Altersteilzeitlern nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gekündigt wird, sofern sie sich zum Zeitpunkt des Insolvenzverfahrens in der Arbeitsphase befinden. Darüber hinaus findet sich hinsichtlich des hier streitigen Wertguthabens nur noch die Regelung, dass "eine Rückabwicklung nach den gesetzlichen Bestimmungen" erfolgen soll und dass "alle Ansprüche aus der Rückabwicklung" durch die Personalabteilung ermittelt und den betroffenen Arbeitnehmern ausgehändigt wird. Schon der Wortlaut dieses Teils des Sozialplans belegt eindeutig, dass der Sozialplan selbst keine Ansprüche im Sinne des § 123 Abs. 1 InsO begründet, sondern nur auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen verweist. Der Sozialplan enthält keine eigenständige, konstitutiv wirkende Anspruchsgrundlagen, die das Vorrecht des § 55 Abs. 1 InsO genießen könnten.

2. Steht nach dem oben Gesagten fest, dass die Klageforderung nicht als Masseverbindlichkeit im Sinne der §§ 55, 123 InsO zu qualifizieren ist, folgt hieraus nach Auffassung der erkennenden Berufungskammer schon zwangsläufig, dass es sich dann nur um eine einfache Insolvenzforderung im Sinne des § 38 InsO handeln kann. Soweit das Arbeitsgericht hierzu ergänzend auf eine entsprechende Anwendung des § 113 InsO verweist, schließt sich dem das Berufungsgericht unter Hinweis auf die insoweit zutreffenden Erwägungen ausdrücklich an und verzichtet auf eine erneute Darstellung der Entscheidungsgründe, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache bejaht und die Revision für den Kläger zugelassen.

Ende der Entscheidung

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