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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.03.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 75/08
Rechtsgebiete: BAT, TVÜ-Länder, AVR-Caritas


Vorschriften:

BAT § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1
TVÜ-Länder § 5
AVR-Caritas Anlage 1 Abschnitt V Abs. h
1. Der ab 01.11.2006 geltende TV-L sieht die Zahlung eines Ortszuschlages nicht mehr vor.

2. Das Vergleichsentgelt gem. § 5 TVÜ-Länder wird ohne Verheiratetenzuschlag bemessen, wenn die Ehefrau nunmehr Anspruch auf entsprechende Zahlung hat ("Gegenkonkurrenzklausel").

3. Die Stichtagsregelung ist zulässig, auch wenn sich nachträglich die Familienverhältnisse (Ausscheiden der Ehefrau aus ihrem Arbeitsverhältnis) ändern; es liegt keine Tariflücke vor.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

6 Sa 75/08

Verkündet am 18. März 2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 18.03.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Goeke als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Mußmann und den ehrenamtlichen Richter Müller

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.11.2007 - 3 Ca 2668/07 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Die Parteien streiten um die Höhe des Ortszuschlages für den Kläger.

Der Kläger (verheiratet, 51 Jahre alt) ist bei dem beklagten Universitätsklinikum Essen seit dem 01.03.1981 als Angestellter innerhalb der Berufsfeuerwehr beschäftigt.

Die Ehefrau des Klägers war bis zum 31.03.2007 beim ambulanten Pflegedienst des Caritasverbandes für die Stadt Gelsenkirchen e. V. beschäftigt. Auf ihr Arbeitsverhältnis fanden die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR-Caritas) Anwendung.

Nach seiner Heirat am 30.04.2001 hat der Kläger gemäß BAT den (vollen) Ortszuschlag Stufe 2 (Verheiratetenzuschlag) erhalten, während seine Ehefrau gemäß AVR-Caritas (wegen der dortigen "Gegenkonkurrenzregelung" in Anlage 1 Abschnitt V Absatz h) kein Verheiratetenzuschlag zustand.

Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages (Bl. 4 d. A.) bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden ändernden und ersetzenden Tarifverträgen.

Nach der Überleitung des Klägers vom BAT in den TV-L mit Wirkung vom 01.11.2006 wurde seiner Ehefrau nunmehr von ihrem Arbeitgeber der Verheiratetenzuschlag Stufe 2 gewährt.

Entsprechend wurde gemäß den Regelungen in TV-L und dem dazugehörigen Überleitungstarifvertrag (TVÜ-Länder) das Vergleichsentgelt des Klägers ohne Berücksichtigung des Verheiratetenzuschlages (zuletzt = 101,82 € brutto pro Monat) ermittelt und gezahlt.

TVÜ-Länder vom 12.10.2006 lautet der auszugsweise wie folgt:

"§ 4

Zuordnung der Vergütungs- und Lohngruppen

(1.) Für die Überleitung der Beschäftigten wird ihre Vergütungs- bzw. Lohngruppe (§ 22 BAT/BAT-O bzw. entsprechende Regelungen für Arbeiterinnen und Arbeiter bzw. besondere tarifvertragliche Vorschriften für bestimmte Berufsgruppen) nach der Anlage 2 TVÜ-Länder Teil A und B bzw. den Anlagen 5 A und 5 B den Entgeltgruppen des TV-L zugeordnet ...

§ 5

Vergleichsentgelt

(1.) Für die Zuordnung zu den Stufen der Entgelttabelle des TV-L wird für die Beschäftigten nach § 4 ein Vergleichsentgelt auf der Grundlage der Bezüge, die im Oktober 2006 zustehen, nach den Absätzen 2 bis 6 gebildet.

(2.) Bei Beschäftigten aus dem Geltungsbereich des BAT/BAT-O setzt sich das Vergleichsentgelt aus der Grundvergütung, allgemeiner Zulage und Ortszuschlag der Stufe 1 und 2 zusammen. Ist auch eine andere Person im Sinne von § 29 Abschnitt B Abs. 5 BAT/BAT-O ortszuschlagsberechtigt oder nach beamtenrechtlichen Grundsätzen familienzuschlagberechtigt, wird die Stufe 1 und der jeweilige Anteil des Unterschiedsbetrages der Ortszuschlagsstufe 1 und 2 bzw. des Familienzuschlags der Stufe 1, den die andere Person aufgrund von Teilzeitbeschäftigung nicht mehr erhält, zugrunde gelegt; findet der TV-L am 01.11.2006 auch auf die andere Person Anwendung, geht der jeweils individuell zustehende Teil des Unterschiedsbetrages zwischen den Stufen 1 und 2 des Ortszuschlags in das Vergleichsentgelt ein ..."

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass nach dem Ausscheiden seiner Ehefrau bei ihrem Arbeitgeber am 01.04.2007 seine Arbeitsvergütung (wieder) um den Verheiratetenzuschlag erhöht werden müsse.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das beklagte Universitätsklinikum verpflichtet ist, ihm ab dem Monat April 2007 Arbeitsvergütung zu zahlen auf der Basis des Vergleichsentgelts, welches unter Zugrundelegung des Ortszuschlages der Stufe 2 (Familienzuschlag) zu berechnen ist.

Das beklagte Universitätsklinikum hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 08.11.2007 die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe (Bl. 61 - 63 d. A.) wird Bezug genommen.

Gegen das am 05.12.2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger form- und fristgerecht Berufung eingelegt und zunächst geltend gemacht, dass der ambulante Pflegedienst keinen öffentlichen Dienst darstelle, da er keine Zuschüsse von der öffentlichen Hand erhalte. Im Übrigen würde das Stichtagsprinzip zu einer unangemessenen Benachteiligung führen und bei einer Gesamtschau der tariflichen Regelungen ergebe sich, dass eine planwidrige Regelungslücke vorliege, die zu seinen Gunsten zu schließen sei.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Essen vom 08.11.2007 (AZ 3 Ca 2668/07) abzuändern: Es wird festgestellt, dass das beklagte Universitätsklinikum verpflichtet ist, dem Kläger ab dem Monat April 2007 Arbeitsvergütung zu zahlen auf Basis des Vergleichsentgeltes, welches unter Zugrundelegung des Ortszuschlages der Stufe 2 (Verheiratetenzuschlag) zu berechnen ist;

2. das beklagte Universitätsklinikum zu verurteilen, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das beklagte Universitätsklinikum beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des zugrundeliegenden Sachverhaltes wird ergänzend Bezug genommen auf die in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen.

Entscheidungsgründe:

A.

Die Berufung des Klägers, gegen deren Zulässigkeit keinerlei Bedenken bestehen, ist unbegründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit den Angriffen der Berufung vermochte der Kläger nicht zu einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu gelangen. Unter voll inhaltlicher Bezugnahme auf die angefochtenen Entscheidungsgründe gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 540 Abs. 1 ZPO ist lediglich in Auseinandersetzung mit dem Berufungsvorbringen Folgendes festzustellen:

I.

Die Feststellungsklage des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 495 ZPO i. V. m. § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG zulässig.

Das Feststellungsbegehren richtet sich auf einzelne Beziehungen oder Folgen eines Rechtsverhältnisses, auf den Umfang der Leistungspflicht der Beklagten. Das Begehren des Klägers ist hinreichend bestimmt. Aus dem Feststellungsantrag ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Kläger bei der Festlegung des Vergleichsentgelts gemäß § 5 TVÜ-Länder die Bezüge berücksichtigt haben will, die den Ortszuschlag der Stufe 2 mitberücksichtigen. Mit diesem Antrag ist die Leistungspflicht des beklagten Universitätsklinikums, das als Anstalt öffentlichen Rechts sich einem Feststellungsurteil beugen wird, hinreichend bestimmbar (vgl. auch BAG vom 27.10.2005 - 6 AZR 123/05 - NZA 2006, 621).

II.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass dem Kläger nach seiner Überleitung vom BAT in den TV-L mit Wirkung vom 01.11.2006 ebenso wie mit Wirkung vom 01.04.2007 lediglich ein Vergleichsentgelt ohne Berücksichtigung des Verheiratetenzuschlags der Stufe 2 zusteht.

1. Der Kläger hatte bis zum 31.10.2006 nach § 29 B Abs. 2 Nr. 1 BAT einen Anspruch auf den Ortszuschlag der Stufe 2. Der für ihn ab 01.11.2006 geltende TV-L sieht nunmehr die Zahlung eines Ortszuschlages nicht mehr vor. Auch im Vergleichsentgelt gemäß § 5 TVÜ Länder findet der Verheiratetenzuschlag keine Berücksichtigung, weil ab 01.11.2006 die Ehefrau des Klägers Anspruch auf den Verheiratetenzuschlag hat.

a. Der Kläger hat sich ursprünglich mit seinem Berufungsvorbringen auch nur insoweit gegen die Berücksichtigung seiner Ehefrau ab 01.11.2006 zufließenden Zuschläge für den Ortszuschlag der Stufe 2 nach den Grundsätzen der AVR-Caritas gewandt, indem er vorgetragen hat, dass es sich bei dem Arbeitgeber der Ehefrau - dem Caritasverband für die Stadt Gelsenkirchen e. V. - nicht um "öffentlichen Dienst" im Sinne der tariflichen Bestimmungen handelte. Diesen Einwand hat er zuletzt nicht mehr aufrechterhalten.

b. Nach § 29 Abschnitt B Abs. 5 Satz 1 BAT i. V. m. § 29 Abschnitt B Abs. 7 Satz 1 BAT ist öffentlicher Dienst die Tätigkeit im Dienst des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde oder einer anderen Körperschaft, Anstalt, Stiftung des öffentlichen Rechts oder der Verbände von solchen. Dem öffentlichen Dienst steht gleich die Tätigkeit im Dienst eines sonstigen Arbeitgebers, der die für den öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge oder Tarifverträge wesentlich gleichen Inhalts oder die darin oder in den Besoldungsgesetzen über Ortszuschläge oder Sozialzuschläge getroffenen Regelungen oder vergleichbaren Regelungen anwendet, wenn der Bund oder eine der in § 29 Abschnitt B Abs. 7 Satz 1 BAT bezeichneten Körperschaft oder Verbände durch Zahlung von Beiträgen oder Zuschüssen oder in anderer Weise beteiligt ist (§ 29 Abschnitt B Abs. 7 Satz 3 BAT).

Die von der Arbeitgeberin der Ehefrau des Klägers angewandte AVR-Caritas stellt eine Vergütungsregelung dar, deren Inhalt zum einen den Bestimmungen des BAT entspricht und bei der zum anderen der Arbeitgeber als gemeinnütziger Verein zur Finanzierung seiner Aufgaben in der psychosozialen Versorgung der Menschen in Gelsenkirchen Zuschüsse und auch Leistungsentgelte von Körperschaften öffentlichen Rechts erhält. Die dahingehenden Tatsachen hat der Kläger aufgrund der Auskunft des Caritasdirektors vom 13.03.2008 (Bl. 99 d. A.) nicht mehr in Abrede gestellt. Die Ehefrau des Klägers hat deshalb ab 01.11.2006 als andere Person im Sinne von § 29 Abschnitt B Abs. 5 BAT/BAT-O einen Verheiratetenzuschlag bezogen.

c. Die Zahlung an die Ehefrau durch deren Arbeitgeber ist auch zu Recht erfolgt, weil der Kläger hinsichtlich des Verheiratetenzuschlages nicht mehr anspruchsberechtigt war.

In Anlage 1 Abschnitt V Abs. h der AVR-Caritas, die auf das Arbeitsverhältnis der Ehefrau des Klägers Anwendung finden, heißt es zum Ortszuschlag:

"Ist der Ehegatte eines Mitarbeiters im Geltungsbereich der AVR oder in einem anderen Tätigkeitsbereich der katholischen Kirche tätig und stünde ihm ebenfalls der Ortszuschlag der Stufe 2 oder einer folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlages der Tarifklasse I b zu, so erhält der Mitarbeiter den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlages zur Hälfte ...

Ist der Ehegatte eines Mitarbeiters außerhalb der in Unterabsatz 1 Satz 1 genannten Bereiche tätig und hat er Anspruch auf Ortszuschlag oder entsprechende Leistungen wesentlich gleichen Inhalts in Höhe der Stufe 2 oder einer der folgenden Stufen oder eine entsprechende Leistung in Höhe von mindestens dem Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des Ortszuschlags der Tarifklasse I b, so erhält der Mitarbeiter den Ortszuschlag der Stufe 1 ..."

aa. Der Kläger war ab 01.11.2006 nicht mehr ortszuschlagsberechtigt und er hat auch aufgrund der Bestimmungen des § 5 TVÜ-L nicht etwa "entsprechende Leistungen wesentlich gleichen Inhalts" im Sinne der Bestimmungen der AVR-Caritas erhalten.

Dem Ortszuschlag kommt eine soziale, familienbezogene Ausgleichsfunktion zu (BAG vom 27.04.2006 - 6 AZR 437/05 - BAGE 118, 123 m. w. N.). Er soll die unterschiedlichen Belastungen aufgrund des Familienstandes berücksichtigen. Aufgrund seiner besonderen, sozial geprägten Funktion steht der Ortszuschlag nicht in demselben unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis zur Arbeitsleistung wie die Grundvergütung. Dies rechtfertigt es auch, bei der Schaffung von tariflichen Übergangsvorschriften einen weiten Maßstab anzulegen. Die Tarifvertragsparteien sind freier darin, unter Inkaufnahme im Einzelfall eintretender mittelbarer Nachteile Bestimmungen zu treffen, mit denen solche Vergütungsbestandteile in generalisierender Weise behandelt werden (vgl. BAG vom 25.10.2007 - 6 AZR 95/07 - die Entscheidungsgründe sind erst nach Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, die am 18.03. 2008 stattgefunden hatte, veröffentlicht worden. - ).

bb. Der TV-L kennt keinen Anspruch auf Zahlung eines Ortszuschlages mehr. Entsprechende Leistungen im Sinne der AVR-Caritas würden Leistungen voraussetzen, die an vergleichbare Voraussetzungen geknüpft sind, der Höhe vergleichbar ist und von der Zweckrichtung einen Familienzuschlag beinhalten sollte. Dies ist jedoch bei dem Vergleichsentgelt im Sinne von § 5 Abs. 1 und 2 TVÜ-L nicht mehr gegeben. Die Berechnung des Vergleichsentgeltes unter Berücksichtigung der alten Ortszuschläge diente allein zur Besitzstandswahrung für den Kläger. Der Ortszuschlag bildete im Rahmen der Vergleichsentgeltbildung lediglich einen Rechenfaktor für die erstmalige Eingruppierung in eine Stufe der Entgelttabelle. Der Rechenfaktor ist im Weiteren weder vom Bestand der Ehe noch von der Entwicklung in der Familie abhängig (vgl. LAG Hamm vom 13.09.2007 - 17 Sa 765/07 -; Bredendiek/Fritz/Thewes, Neues Tarifrecht im öffentlichen Dienst, ZDR 2005, 230; Breier/Dessau/Kiefer/Lang/ Langenbrink, TV-L, § 5 TVÜ-Länder Rdn. 10).

Die Ehefrau des Klägers hat deshalb den Verheiratetenzuschlag im Geltungsbereich der AVR-Caritas zu Recht bezogen. Die sogenannte "Gegenkonkurrenzregel" in den tariflichen Bestimmungen AVR-Caritas greift daher nicht mehr, so dass die Ehefrau auch Anspruch auf Ortszuschlag der Stufe 2 ab 01.11.2006 hatte und zu Recht auch bezogen hatte.

Für den Kläger bedeutet dies zugleich, dass für die Vergleichsentgeltberechnung lediglich der Ortszuschlag der Stufe 1 einzubeziehen ist.

2. Soweit der Kläger sich in seiner Berufung des Weiteren darauf berufen hat, dass das Stichtagsprinzip im Hinblick auf das Ausscheiden seiner Ehefrau bei ihrem Arbeitgeber ab 01.04.2004 zu einer unangemessenen Benachteiligung führe und die Gesamtschau eine planwidrige Regelungslücke beinhalte, so vermochte dem die Berufungskammer nicht zu folgen.

a. Zu Recht hat schon das Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung darauf hingewiesen, dass ausschlaggebend für die Berechnung des Vergleichsentgelts des Klägers bei der Überleitung in den TV-L unter Anwendung der Besitzstandsregelungen des TVÜ die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Überleitung sind. Spätere Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau wirken sich auf das Vergleichsentgelt dann nicht mehr aus.

Wie das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 25.10.2007 - 6 AZR 95/07- im Geltungsbereich des § 5 TVÜ - VKA - entschieden hat, sind die Tarifvertragsparteien nicht verpflichtet, bei der Aufstellung der Überleitungsregelungen den bestehenden Zustand unter Berücksichtigung jeglicher Beschäftigungskonstellation überzuleitender Ehepaare zu erhalten, weil dies ohnehin nur bezogen auf einen bestimmten Stichtag möglich wäre.

Nimmt man die finanziellen Veränderungen hinzu, die sich im Laufe der Zeit durch Veränderungen in der Arbeitszeit oder gar im Wechsel des Arbeitgebers ergeben können, wird ersichtlich, dass eine vollständig "gerechte" Behandlung aller Fälle nicht erreichbar ist. Die auf den Stichtag bezogene Regelung soll das Familieneinkommen - zum Stichtag 01.11.2006 - sicherstellen. Dies ist mit der Überleitungsregelungen erfolgt, weil der Ortszuschlag, den zunächst der Kläger aufgrund der Gegenkonkurrenzregelungen beanspruchen konnte, nunmehr der Ehefrau zustand und sich dadurch das Familieneinkommen nicht verändert hat. Eine Stichtagsregelung bedingt, dass den Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Einführung der Neuregelung hinreichend Rechnung getragen wird. Daraus folgt, dass Änderungen in den Familienverhältnissen, die normalerweise für den Ortszuschlag relevant wären, die jedoch später erst eintreten, nicht mehr relevant werden. Dies kann weder zu Gunsten noch zu Ungunsten des Klägers eine Änderung der Berechnung des Vergleichsentgelts herbeiführen. Natürlich ist nicht zu verkennen, dass das Ausscheiden der Ehefrau des Klägers innerhalb von vier Monaten nach dem Stichtag aus dem Geltungsbereich der AVR-Caritas dazu führt, dass sich die Berechnung des Vergleichsentgelts nicht ändert. Dies wäre jedoch auch der Fall, wenn sich die Familienverhältnisse des Klägers zu seinen Gunsten verändern würden.

b. Es kommt auch keine ergänzende Tarifauslegung zur Schließung einer vermeintlichen Tariflücke in Betracht.

Zwar sind tarifliche Regelungen einer ergänzenden Auslegung zugänglich, wenn eine unbewusste Regelungslücke vorliegt und sich unter Berücksichtigung von Treu und Glauben ausreichende Anhaltspunkte für den mutmaßlichen Willen der Tarifvertragsparteien ergeben (vgl. nur BAG vom 20.05.1999 - 6 AZR 451/97 - AP Nr. 9 zu § 611 BGB Arbeitszeit; LAG Hamm vom 04.01.2007 - 17 Sa 1275/06 - n. V.; LAG Düsseldorf vom 24.09.2007 - 17 Sa 967/07 - n. V.).

Fehlt es hieran, kommt eine Lückenschließung nur in Betracht, wenn eine bestimmte Regelung nach objektiver Betrachtung zwingend geboten ist. Eine Lückenschließung scheidet aus, wenn verschiedene Möglichkeiten bestehen und es deshalb aufgrund der bestehenden Tarifautonomie den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben muss, für welche Lösungsmöglichkeit sie sich entscheiden wollen (vgl. BAG vom 20.05.1999 a. a. O.; LAG Düsseldorf vom 24.09.2007 a. a. O.).

aa. Es ist im Streitfall schon nicht festzustellen, dass eine unbewusste Regelungslücke vorliegt. Vielmehr ergibt sich aus den tariflichen Regelungen, dass den Tarifvertragsparteien sehr wohl bewusst war, dass für den Fall, dass beide Ehegatten ihre berufliche Tätigkeit im öffentlichen Dienst ausüben, es zu einer Berücksichtigung bei dem anderen Ehegatten führen kann. Nach § 5 Abs. 2 TVÜ-L haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich in Satz 2 geregelt, dass ab 01.11.2006 zu berücksichtigen ist, ob und inwieweit eine andere Person mit dem Anspruch auf Familienzuschlag Bezüge beanspruchen kann. Maßgeblich sollte zunächst die Vergütung aus Oktober 2006 sein und der Rechtszustand dann ab 01.11.2007 Berücksichtigung finden.

bb. Jedenfalls scheidet eine Lückenschließung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung aus, da es den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben muss, eine Regelung zu treffen, die bei Bejahung einer Tariflücke festlegt, wie diese zu schließen ist.

Es kämen nämlich unterschiedliche Alternativen in Betracht:

Die Tarifvertragsparteien könnten darauf verzichten, den betroffenen Arbeitnehmern einen zusätzlichen Anspruch zu gewähren, sie könnten umgekehrt regeln, dass einem Arbeitnehmer wieder der volle Ortszuschlag zustehen soll, wenn ein Ehepartner keinen Ortszuschlag mehr bekommt. Sie könnten aber auch etwa spätere Entgeltsteigerungen anrechnen. Schließlich könnten sie eine befristete oder widerrufliche Zusage in Höhe des etwa halben Ortszuschlages vorsehen. Schließlich bestände die Möglichkeit, den Ehegattenanteil nur zum Teil aber dafür dauerhaft oder nicht dauerhaft mitzurechnen (vgl. insoweit LAG Düsseldorf vom 24.09.2004 - 17 Sa 967/07 -).

Es liegt auf der Hand, dass unter diesen verschiedenen Möglichkeiten den Tarifvertragsparteien überlassen bleiben müsste, wie sie einen Sachverhalt unter Berücksichtigung des ihnen im Rahmen der tariflichen Normsetzung obliegenden Spielraums definieren.

Auf jeden Fall ist nicht feststellbar, dass die vom Kläger gewünschte Rechtsfolge, dass er nach dem Ausscheiden der Ehefrau aus dem Geltungsbereich der AVR-Caritas wieder in den Genuss des Ortszuschlages der Stufe 2 bei der Berechnung des Vergleichsentgeltes kommen sollte die einzig mögliche Alternative wäre.

Wäre die Ehefrau des Klägers zum Stichtag 01.11.2006 nicht in einem Arbeitsverhältnis bei einem "öffentlichen" Arbeitgeber gewesen, hätte der Kläger auch einen Anspruch auf ein Vergleichsentgelt mit Stufe 2 gehabt, ohne dass sich auf diesen Anspruch die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit einem öffentlichen Dienstherrn ausgewirkt hätte. Diese Rechtsfolge ist Konsequenz einer Stichtagsregelung, die gezwungermaßen in einem Fall zum Nachteil gereichen kann, in einem anderen Fall aber auch zum Vorteil. Eine grundsätzliche Ungleichbehandlung ist daraus jedoch nicht zu entnehmen (vgl. insoweit auch BAG vom 25.10.2007 - 6 AZR 95/07 - Rdn. 23 ff.).

Die Tarifvertragsparteien haben sich im Bereich ihres weiten Gestaltungsspielraumes gehalten. Sie brauchen weder die zweckmäßigste, vernünftigste und gerechteste Lösung zu wählen. Vielmehr genügt es, wenn sich für die getroffene Regelung ein sachlich vertretbarer Grund gibt. Der Gleichheitsgrundsatz wäre durch eine Tarifnorm nur verletzt, wenn die Tarifvertragsparteien es versäumt hätten, tatsächliche Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen. Dies kann aus den oben dargestellten Gründen jedoch nicht angenommen werden.

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO.

Zu Recht hat schon das Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung darauf hingewiesen, dass ausschlaggebend für die Berechnung des Vergleichsentgelts des Klägers bei der Überleitung in den TV-L unter Anwendung der Besitzstandsregelungen des TVÜ die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Überleitung sind. Spätere Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen des Klägers und seiner Ehefrau wirken sich auf das Vergleichsentgelt dann nicht mehr aus.

Die Kammer hat das Vorliegen einer Entscheidung zur erheblichen Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG bejaht, zumal die Entscheidungsgründe des Urteils vom 25.10.2007 - 6 AZR 95/07 - bei der Entscheidungsfindung noch nicht berücksichtigt werden konnten.

Ende der Entscheidung

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