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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 18.07.2006
Aktenzeichen: 6 Ta 386/06
Rechtsgebiete: RVG, BetrVG, GKG


Vorschriften:

RVG § 23 Abs. 3 Satz 2
RVG § 33 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 100 Abs. 2 Satz 3
GKG § 42 Abs. 4 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 16.06.2006 wird zurückgewiesen.

2. Auf die Streitwertbeschwerde der Rechtsanwälte T. u. a. wird der Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts vom 16.06.2006 abgeändert:

Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen auf 8.918,72 € festgesetzt.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin hat im Ausgangsverfahren die Ersetzung der Zustimmung des beteiligten Betriebsrats zur Versetzung der Mitarbeiter P. und H. für die Zeit vom 11.01.2006 bis 31.03.2006 beantragt. Zusätzlich hat die Antragstellerin den Antrag gestellt, die sachliche Dringlichkeit der Maßnahmen festzustellen.

Das Arbeitsgericht hat den Streitwert zunächst durch Beschluss vom 15.05.2006 auf 7.945,81 € und durch Beschluss vom 16.06.2006 auf 7.690,45 € festgesetzt. Gegen die Streitwertfestsetzungen hat die Antragstellerin unter dem 26.05.2006 und unter dem 26.06.2006 Beschwerde eingelegt und eine Festsetzung auf 5.690,45 € beantragt. Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats haben ebenfalls unter dem 31.05.2006 und 04.07.2006 Beschwerde eingelegt und zuletzt die Festsetzung des Streitwertes auf 13.843,-- € beantragt.

II.

Die Beschwerden beider Beteiligten sind zulässig. Nur die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats hatten jedoch teilweise Erfolg.

1. Die Beschwerden waren gemäß § 33 Abs. 3 RVG zulässig.

Das Arbeitsgericht hatte bereits unter dem 15.05.2006 den Streitwert auf 7.945,81 € festgesetzt und sodann mit Schreiben vom 01.06.06 die Festsetzung als Missverständnis während der Urlaubsvertretung bezeichnet. Der Streitwertbeschluss vom 16.06.06 auf 7.690,00 € wird deshalb als Abhilfeentscheidung angesehen. Zwar wird in dem Beschluss auf das Anhörungsschreiben vom 12.04.06 Bezug genommen, aus dem Inhalt ergibt sich jedoch, dass offensichtlich das Anhörungsschreiben vom 03.05.06 gemeint ist .

2. Die Beschwerde der Antragstellerin war zurückzuweisen, da der Streitwert nicht niedriger festzusetzen ist, wie sich aus dem Weiteren ergibt.

3. Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats war der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit anderweitig auf 8.918,76 € festzusetzen. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

a) Der Antrag der Arbeitgeberin auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrates zu einer Versetzung gemäß § 99 Abs. 4 BetrVG stellt eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit dar. Der Gegenstandswert ist demgemäß nach Maßgabe von § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG zu berechnen. Danach ist die Wertfestsetzung nach billigem Ermessen vorzunehmen. Bei nicht genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Gegenstandswert auf den Hilfswert von 4.000,-- €, nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, anzusetzen, jedoch nicht über 500.000,-- € hinaus.

Nach der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf, der auch die nunmehr zuständige Beschwerdekammer folgt, ist im Rahmen der Bewertung auf die Bedeutung der Sache für die Beteiligten, sowie den Umfang und die Schwierigkeit abzustellen. Die Bedeutung für die Arbeitgeberseite ist nicht zuletzt nach den wirtschaftlichen Auswirkungen zu beurteilen.

Maßgeblich für die streitwertmäßige Bewertung ist dabei der Antrag und nicht etwa die Erfolgaussicht des Antrages bzw. dessen Begründetheit (vgl. Beschluss des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 29.08.2005 17 Ta 316/05 , Beschluss der erkennenden Kammer vom 06.04.2006 6 Ta 171/06 ).

Weiter bewertet die Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung ein einzelnes Verfahren auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer Versetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG mit zwei Bruttomonatsentgelten des betreffenden Arbeitnehmers; insoweit stellen sich die Wertmaßstäbe des § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG (früher § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG) hinsichtlich der Bewertung einer Änderungskündigungsschutzklage als geeignete Anknüpfungspunkte dar.

Soweit mehrere Arbeitnehmer in einem Verfahren mit in der Regel identischem Streitgegenstand betroffen sind, so ist unter dem Blickwinkel Umfang und Schwierigkeit der Sache eine Herabsetzung geboten. Dabei ist nicht entscheidend, ob die parallel gelagerten Streitigkeiten in gesonderten Einzelverfahren oder in einem Gruppenverfahren zur Entscheidung gestellt wurden. In beiden Fällen ist regelmäßig allein eine kursorische Prüfung der weiteren Fälle seitens der Anwälte geboten. Dies führt nach der bisherigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern zu einer Kürzung der Parallelsachen auf jeweils 3/10 bzw. 1/3 des Ausgangswertes von zwei Bruttomonatsbezügen (vergl. nur Beschlüsse des LAG Düsseldorf vom 20.02.2003 17 Ta 545/02 und 02.07.2004 17 Ta 390/04 ). Dieser Rechtsprechung ist auch die nunmehr zuständige Beschwerdekammer zuletzt im Beschluss vom 16.05.2006 6 Ta 250/06 bereits gefolgt.

Dabei ist allerdings mathematisch vielfach 3/10 des Ausgangswertes mit 1/3 des Ausgangswertes gleichgesetzt worden. Um weitere Irritationen zu vermeiden wird zur Klarstellung und unter Aufgabe etwaiger anderer Entscheidungen in der Beschwerderechtsprechung zukünftig für Parallelverfahren bei personellen Einzelmaßnahmen gem. § 99 Abs. 4 BetrVG grundsätzlich ausschließlich 1/3 des jeweiligen Ausgangswertes des betroffenen Arbeitnehmers zu Grunde gelegt.

Daraus folgt:

Bei Versetzungen für mehr als 2 Monate: 1/3 von 2 Monatsverdiensten

Bei Einstellungen für mehr als 3 Monate: 1/3 von 3 Monatsverdiensten

Bei Ein- und Umgruppierungen: 1/3 des um 25 % gekürzten 36-fachen Differenzbetrages

b) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist zunächst für die Versetzungsmaßnahme hinsichtlich des Mitarbeiters P. der zweifache Monatsverdienst in Ansatz zu bringen. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die Versetzungsmaßnahme über zwei Monate hinausgegangen und rechtfertigt deshalb nicht eine Kürzung des grundsätzlichen Ausgangswertes von zwei Monatsverdiensten. Die Versetzung war für die Zeit vom 11.01.2006 bis 31.03.2006 beantragt. Dies ist unstreitig ein Zeitraum von mehr als zwei Monaten. Nur wenn die Maßnahme sich auf einen kürzen Zeitraum erstreckt, als dies in der Vergütung für den Zweimonatszeitraum zum Ausdruck kommt, ist dieser Betrag gegebenenfalls zu reduzieren. Insoweit legt die Beschwerdekammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf eine andere Einschätzung als das Landesarbeitsgericht Hamm zugrunde. Zwei Monatsgehälter entsprechen unstreitig dem Betrag in Höhe von 4.304,36 €.

Hinzuzurechnen waren für den Mitarbeiter H. 3/10 seines Ausgangswertes von zwei Monatsverdiensten 2.462,18 €. Dies entspricht einem Betrag von 1.641,45 €. Für den Antrag zu 1. ergibt sich deshalb die Summe von 5.945,81 €.

Weiter ist für den Fall, dass zu dem Zustimmungsersetzungsantrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG der Antrag des Arbeitgebers nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG hinzutritt, ein gesonderter Streitwert festzusetzen, der allerdings den Wert des Zustimmungsersetzungsverfahren zu unterstreiten hat. In der Regel wird seit der ständigen Rechtsprechung der früher zuständigen 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf der Wert dieses Verfahrens mit der Hälfte des Betrages des Wertes des Zustimmungsersetzungsverfahrens bemessen. In einfach gelagerten Fällen kann es geboten sein, den Wert geringer zu bemessen (LAG Düsseldorf vom 10.02.2000 7 Ta 694/99 ; Beschluss vom 14.09.2004 17 Ta 445/04 ; Beschluss vom 18.04.2006 6 Ta 211/06 ).

Der hälftige Betrag der Anträge zu 1. und 2. entspricht 2.972,91 €.

Insgesamt ergibt sich deshalb zusammengefasst folgende Streitwertfestsetzung:

Antrag zu 1.: 2 x 2.152,18 € = 4.304,36 €

Antrag zu 2.: 2 x 2.462,18 € x 1/3 = 1.641,45 €

Summe: 5.945,81 €

Antrag zu 3.: 50 % der Summe von 1. und 2. = 2.972,91 €

insgesamt: 8.918,72 €

Die Antragstellerin hat bei ihrer Streitwertfestsetzung den Antrag zu 3. unberücksichtigt gelassen.

Die Verfahrensbevollmächtigten des Betriebsrats sind zwar von 1,5 Monatsgehältern ausgegangen, haben diese jedoch in vollem Umfang für beide zu versetzenden Mitarbeiter in Ansatz gebracht. Darüber hinaus wurden bei dem Antrag zu 2. nicht 1/3 sondern 2/3 der Grundbeträge in Ansatz gebracht. Dies entspricht nicht der oben dargelegten Rechtsprechung der Beschwerdekammer.

Ende der Entscheidung

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