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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 20.12.2006
Aktenzeichen: 7 (1) Sa 763/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613a Abs. 5
BGB § 613a Abs. 6
1. Die Unterrichtung ist fehlerhaft und setzt den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang, wenn über die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs nicht unterrichtet worden ist.

2. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung kann der Arbeitnehmer - bis zur Grenze der Verwirkung - grundsätzlich unbefristet von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

3. Die Vertragsfortführung mit dem Betriebserwerber kann grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsverzicht gewertet werden.

4. Läuft die Widerspruchsfrist wegen einer fehlerhaften Unterrichtung nicht, so kann in der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung kein konkludenter Verzicht des Arbeitnehmers auf die Ausübung des Widerspruchsrechts gesehen werden. § 7 KSchG steht diesem Ergebnis nicht entgegen.

5. Ob die Ausübung des Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES TEIL -URTEIL

7 (1) Sa 763/06

Verkündet am 20. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 20.12.2006 durch die Richterin am Arbeitsgericht Paßlick als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Dültgen und den ehrenamtlichen Richter Schmerbach

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.05.2006 - 3 Ca 2277/05 lev - teilweise abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 01.11.2004 hinaus fortbesteht.

II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schluss-Urteil vorbehalten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 04.10.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Zudem macht er gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche geltend. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Der am 07.04.1950 geborene Kläger war seit dem 02.01.1992 aufgrund eines am 22.11.1991 geschlossenen Arbeitsvertrages (Bl.5-6 der Akte) bei der Beklagten als Maschinenführer und Lagerist, zuletzt im Werk der Beklagten in X., zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 2.872,10 € beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Manteltarifvertrag der chemischen Industrie Anwendung.

Der Kläger war dem Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Da die Beklagte beabsichtigte, den Geschäftsbereich Consumer Imaging auf die B. Photo GmbH als Erwerberin zu übertragen, fanden für die von diesem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab. In diesem Interessenausgleich waren Abfindungsleistungen für die ausscheidenden Mitarbeiter festgelegt. Der Kläger war zur Aufnahme in die Namensliste vorgesehen.

Ausweislich einer Gesprächsnotiz vom 21.10.2004 (Bl.11 der Akte) wurde mit dem Kläger ein Gespräch über die bevorstehende Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch betriebsbedingte Kündigung zum 30.04.2005 geführt. Dabei wurde er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass für Kündigungen gemäß Interessenausgleich vom 15.10.2004 bzw. gemäß der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 17.01.1995 in der aktuellen Fassung eine Firmenrichtlinie mit feststehenden, nicht verhandelbaren Abfindungsleistungen für ältere Arbeitnehmer zur Anwendung komme, bei denen es sich um eine freiwillige Leistung der Beklagten für den von der Restrukturierung betroffenen Kreis gemäß Interessenausgleich handele. Des weiteren wurde dem Kläger geraten, sich über die Auswirkungen gesetzlicher Änderungen beraten zu lassen, verbunden mit dem Hinweis, dass die Beklagte für eventuelle Nachteile aufgrund gesetzlicher Änderungen keinen Ausgleich oder Teilausgleich gewähre. Dies gelte auch für künftige gesetzliche Regelungen.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilt die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei. Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt.

Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. betroffen sei, die Zustimmung des Betriebsrats zur Aufnahme in die Namensliste derzeit jedoch noch nicht vorliege. Die Verhandlungen mit dem Betriebsrat seien noch nicht abgeschlossen. Er müsse jedoch damit rechnen, nach Abschluss dieser Verhandlungen mit oder ohne Aufnahme in die Namensliste der zur Kündigung vorgesehenen Mitarbeiter eine Kündigung zu erhalten. Zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile stünden ihm dann "die in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen" zu.

Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht und dem Hinweis, dass der Kläger im Falle eines Widerspruchs wegen einer sodann nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten mit einer Kündigung rechnen müsse und in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung bestünde, wurde dem Kläger dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen. Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl.7-10 der Akte Bezug genommen.

Mit Wirkung zum 01.11.2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen.

Mit Schreiben vom 17.11.2004 kündigte die B. Photo GmbH unter Bezugnahme auf die mit dem Kläger geführten Gespräche und die umfassende Restrukturierung des Unternehmens das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2005 (Bl.12 der Akte). Gegen diese Kündigung hat der Kläger keine Kündigungsschutzklage erhoben.

Mit Schreiben vom 25.04.2005 (Bl.13 der Akte) teilte die B. Photo GmbH dem Kläger unter Bezugnahme auf ihr Schreiben vom 14.12.2004 eine Aktualisierung der Abfindungssumme mit. Zum Ausgleich der durch die Kündigung entstandenen Nachteile sollte der Kläger eine Abfindung in der aktuellen Höhe von 119.086,80 € brutto erhalten, die sich zusammensetzen sollte aus einer monatlichen Leistung vom 01.05.2005 bis zum 30.04.2010 in Höhe von 1.536,06 € brutto und in der Zeit vom 01.05.2010 bis zum 30.04.2012 in Höhe von 1.121,80 € brutto.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren.

Mit Schreiben vom 20.07.2005 wies die B. Photo GmbH den Kläger darauf hin, dass aufgrund des Insolvenzantrages derzeit keine Zahlungen erfolgen könnten.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 09.09.2005 widersprach der Kläger wegen unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH. Wegen des Inhaltes des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl.16-17 der Akte Bezug genommen.

Mit Wirkung ab dem 01.05.2005 erhält der Kläger ein monatliches Arbeitslosengeld in Höhe von 1.299,90 €.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im September 2005 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin sei falsch informiert worden. Durch den Verweis im Schreiben vom 22.10.2004 auf die bereits erteilten Informationen seien nicht nur die im Schreiben selbst enthaltenen Informationen, sondern auch die außerhalb dieses Schreibens erteilten Angaben zu berücksichtigen. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Die B. Photo GmbH habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Außerdem habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Die Beklagte schulde daher aus Annahmeverzug die Zahlung des dem Kläger monatlich zustehenden Gehalts für die Monate Mai 2005 bis März 2006 abzüglich des bezogenen Insolvenz- bzw. Arbeitslosengeldes. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, seine Ansprüche seien zumindest unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes gerechtfertigt. Er hat behauptet, eine Weiterbeschäftigung bei der Beklagten sei auch möglich, da er zuletzt als Lagerist beschäftigt gewesen sei und diese Tätigkeit nicht nur in dem übergegangenen Betriebsteil erforderlich sei, sondern auch in den Unternehmensbereichen Grafische Systeme und Medizintechnik.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch den Betriebsübergang auf die B.-Foto GmbH übergegangen ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten zu unveränderten Bedingungen über den 01.11.2004 hinaus fortbesteht;

3. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten vertraglichen Bedingungen über den 01.11.2004 hinaus weiter zu beschäftigen;

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 17.294,20 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.572,20 seit dem 06.06.2005, 06.07.2005, 06.08.2005, 06.09.2005, 06.10.2005, 06.11.2005, 06.12.2005, 01.01.2006, 06.02.2006, 06.03.2006, 06.04.2006 zu zahlen;

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruch des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es zudem nicht. Abgesehen davon, dass auch die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Zudem sei ein Widerspruch im September 2005 auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs.3 S.2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information durch seine Weiterarbeit bei der Erwerberin verwirkt. Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Zudem sei der Kläger zum 30.04.2005 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden und habe schon deshalb keinen Widerspruch mehr ausüben können.

Ein Anspruch auf Annahmeverzugslohn vor Zugang des Widerspruchsschreibens scheide auf jeden Fall aus. Da das Widerspruchsschreiben kein ausdrückliches Arbeitsangebot enthalte, sei auch ab Zugang des Schreibens kein Annahmeverzug eingetreten. Ein Schadensersatzanspruch sei bereits mangels einer Pflichtverletzung der Beklagten nicht gegeben. Zudem sei die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs neben der abschließenden Regelung des § 613 a Abs.6 BGB ausgeschlossen. Vorsorglich hat die Beklagte sich auf einen - zumindest teilweisen - Verfall der Forderungen berufen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, der Kläger habe dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht mehr widersprechen können, da der Kläger sich vor Ausübung des Widerspruchsrechts dazu entschlossen habe, sein Arbeitsverhältnis zu beenden. Es sei nicht Zweck des Widerspruchsrechts, ein Arbeitsverhältnis, das aufgrund einer entsprechenden Entscheidung des Arbeitnehmers sein Ende finden sollte, wieder auferstehen zu lassen. Dies gelte auch für den Fall, dass ein Arbeitnehmer mangels entsprechender Unterrichtung keine Kenntnis von seinem Widerspruchsrecht habe. Der Arbeitnehmer sei insoweit auf Schadensersatzansprüche beschränkt. Der Kläger habe gegen die Kündigung vom 17.11.2004 keine Kündigungsschutzklage erhoben mit der Folge, dass die Kündigung gemäß § 7 KSchG wirksam geworden sei und das Arbeitsverhältnis zum 30.04.2005 beendet habe. Auch ein Anspruch auf Schadensersatz scheide aus, da der Kläger nicht dargelegt habe, dass er im Falle ordnungsgemäßer Unterrichtung fristgerecht widersprochen und das Arbeitsverhältnis bei der Beklagten sodann jedenfalls bis März 2006 bestanden hätte.

Gegen das dem Kläger am 09.06.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat der Kläger mit einem am 07.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Der Kläger macht mit der Berufung geltend, das Arbeitsgericht verkenne, dass der Kläger durch die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage nicht auf sein Widerspruchsrecht verzichtet habe. Durch die Ausübung des Widerspruchsrechts habe der Kläger sich nämlich nicht dazu entschieden, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem betriebsübernehmenden Arbeitgeber rückgängig zu machen, sondern dazu, sein ursprüngliches Arbeitsverhältnis zum alten Arbeitgeber fortzuführen. Das Arbeitsgericht habe bei seiner Argumentation den Schutzzweck des § 613 a Abs.1 BGB, nämlich dem Arbeitnehmer keinen anderen Arbeitgeber aufzudrängen, außer Acht gelassen. Zudem habe das Arbeitsgericht die unmittelbare Verknüpfung der wahrheitsgemäßen Informationspflicht mit dem Recht, sich gegen die Aufdrängung einen anderen Arbeitgebers zu wehren, verkannt. So sei auch die Entscheidung des Klägers, nicht gerichtlich gegen die von der Erwerberin ausgesprochene Kündigung vorzugehen, maßgeblich von den falsch erteilten Informationen geprägt gewesen. Die Beklagte habe die Informationspflicht schon deshalb nicht ordnungsgemäß erfüllt, weil ein Hinweis auf die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Betriebserwerber fehle. Für die Beklagten bestehe die Verpflichtung, die betroffenen Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation objektiv, vollständig und insbesondere wahrheitsgemäß zu informieren, was durch die Beklagte gerade nicht erfolgt sei. Das Widerspruchsrecht des Klägers sei weder verfristet noch verwirkt. Eine Verwirkung scheide bereits deshalb aus, weil der Kläger bis zur Unterrichtung über die Insolvenz der B. Photo GmbH überhaupt keine Kenntnis von der noch bestehenden Möglichkeit der Ausübung seines Widerspruchsrechts gehabt habe. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung könne das Zeitmoment erst ab Kenntnis der Unrichtigkeit der erteilten Unterrichtung beginnen, die frühestens zum Zeitpunkt der Stellung des Insolvenzantrages habe vorliegen können. Das für eine Verwirkung erforderliche Umstandsmoment könne nicht aus der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin hergeleitet werden. Der Kläger habe damit lediglich in Unkenntnis des fortbestehenden Widerspruchsrechts seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt. Hinsichtlich der Zahlungsansprüche beruft der Kläger sich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag und vorsorglich erneut auf einen Schadensersatzanspruch.

Der Kläger beantragt,

I. abändernd

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zu unveränderten Bedingungen über den 01.11.2004 hinaus fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger zu unveränderten vertraglichen Bedingungen über den 01.11.2004 hinaus weiter zu beschäftigen;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 31.593,10 € brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes i.H.v. 14.298,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils einem Betrag von 2.872,10 € brutto abzüglich 1.299,90 € netto seit dem 06.06.2005, 06.07.2005, 06.08.2005, 06.09.2005, 06.10.2005, 06.11.2005, 06.12.2005, 06.01.2006, 06.02.2006, 06.02.2006, 06.03.2006, 06.04.2006 zu zahlen;

II. hilfsweise den Rechtsstreit unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Entscheidung und Verhandlung an das Arbeitsgericht zurück zu verweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrages die Auffassung, der Kläger habe dem Betriebsübergang bereits deshalb nicht mehr widersprechen können, weil das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht mehr bestanden habe. Nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses komme ein Widerspruch bereits rechtstechnisch und denklogisch nicht mehr in Betracht. Dies führt die Beklagte auf Seite 4-9 ihres Schriftsatzes vom 14.09.2006 im Einzelnen aus. Insoweit wird auf Bl.164-169 Bezug genommen. Ein Widerspruchsrecht nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses würde auch in der Praxis zu unvertretbaren Ergebnissen führen. Z.B. bei einer gerechtfertigten fristlosen Kündigung durch den Betriebserwerber wegen eines Vermögensdelikts des Arbeitnehmers bestünde die Möglichkeit für den gekündigten Arbeitnehmer, unter Berufung auf eine behauptete Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens zu widersprechen und sich rückwirkend ein Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer zu sichern. Dies bedeute eine rechtsfreie Zone für übergegangene Arbeitnehmer. Zudem sei das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen, der Widerspruch des Klägers vom 09.09.2006 ungeachtet dessen jedenfalls verwirkt. Sie trägt vor, eine Information über die Haftungsverteilung gemäß § 613 a Abs.2 BGB sei kein unabdingbarer Mindestbestandteil eines Informationsschreibens gemäß § 613 a BGB. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei überdies ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B. Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff "Übergang" könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien "soweit wie möglich Kontinuität zu wahren". Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB sei nicht erforderlich gewesen. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der "Normalsituation" günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben. Denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Zudem sei das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden.

Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe.

Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedoch selbst dann verspätet erfolgt, wenn man fälschlicherweise annehmen wolle, die Information sei unzutreffend oder unvollständig gewesen. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs.3 S.2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatige Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich gerade zu der Eindruck auf, die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.

Der Widerspruch des Klägers sei jedenfalls verwirkt. Anzuknüpfen sei an den Zeitpunkt des Zugangs des Informationsschreibens beim Kläger, denn mit Zugang habe er erkennen können, dass das Schreiben keine dezidierte Aussage über die gesamtschuldnerische Nachhaftung gemäß § 613 a Abs.2 BGB enthielt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen. Für das Umstandsmoment sei es bei zutreffender Beurteilung ausreichend, dass der Kläger bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit bei der Erwerberin aufgenommen und fortgeführt habe. In dem Verzicht des Klägers auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die von der Erwerberin ausgesprochene Kündigung sei gleichzeitig ein Verzicht auf die Ausübung des Widerspruchsrechts zu sehen.

Hinsichtlich der geltend gemachten Zahlungsansprüche wiederholt die Beklagte ihre bereits erstinstanzlich geäußerte Rechtsauffassung.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) des Klägers ist zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist auch in dem von diesem Teilurteil umfassten Umfang begründet. Da nur der Antrag des Klägers hinsichtlich der Feststellung, dass zwischen den Parteien über den 01.11.2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht, zur Endentscheidung reif war, war gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Die Berufungskammer ist - entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts - der Auffassung, dass der Klage insoweit stattzugeben war. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

1.

Die auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 256 Abs.1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Der Kläger verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten besteht fort. Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B. Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs.6 BGB widersprochen. Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 09.09.2005 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes oder ein Verzicht auf die Ausübung des Widerspruchsrechts kann nach Auffassung der Berufungskammer nicht festgestellt werden.

a)

Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB war wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N.; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 - 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des 613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK., § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller Bonanni in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr.328; Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört.

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" gibt lediglich die in § 613 a Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen läßt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von "Folgen" und nicht von "Nachteilen" des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der "Maßnahmen" im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber nur noch begrenzt haftet. Dies wird gerade im Fall des Klägers deutlich. Die Beklagte hatte wenige Tage vor dem Betriebsübergang, nämlich am 21.10.2004, ein Gespräch mit dem Kläger über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses zum 30.04.2005 unter Hinweis auf die nach dem Interessenausgleich vorgesehene Abfindung geführt. Für den Kläger war danach bereits vor dem Betriebsübergang ersichtlich, dass sein Arbeitsverhältnis auf jeden Fall betriebsbedingt gegen Zahlung einer Abfindung nach dem Sozialplan gekündigt werden sollte. Im Unterrichtungsschreiben hat die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass er mit einer Kündigung rechnen müsse, ihm zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile allerdings die in "unserem Sozialplan" vorgesehenen Leistungen zustünden. Ein Hinweis darauf, dass sie - die Beklagte - für Ansprüche aus diesem Sozialplan allerdings nicht mehr haftet, fehlt. Bei dieser Sachlage musste der Kläger davon ausgehen, dass die von der Erwerberin sodann kurze Zeit später ausgesprochene Kündigung die Fortsetzung des mit dem Kläger geführten Gesprächs darstellt. Unter den gegebenen Umständen war für ihn nicht erkennbar, dass trotz der von der Beklagten angekündigten und mit dem Unterrichtungsschreiben erneut zugesagten Abfindung keine Haftung der Beklagte bestand.

Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn schon in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a Abs.4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen, was vorliegend - insbesondere den Kläger betreffend - der Fall war. Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen, denn die Unterrichtung ist bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft.

Ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, kann vorliegend ebenfalls offen bleiben, da die Unterrichtung aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft war.

Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Inhalt des Informationsschreibens in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden sei, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

b)

Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, sind die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen ( BAG, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht "schutzlos" ausgeliefert sind. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch der Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S.221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich - wie vorliegend die Beklagte - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass weitere Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Kläger dazu berechtigt, noch mit Schreiben vom 09.09.2005 sein Widerspruchsrecht auszuüben.

c)

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S.295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Streitig ist dabei im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006, 1406).

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt.

Dogmatisch handelt es sich beim Verwirkungstatbestand um einen mit dem Verbot des venire contra factum proprium verwandten Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Unzulässig wird die Geltendmachung der formalen Rechtsposition durch die Widersprüchlichkeit des jetzigen Verhaltens im Vergleich zum Vorverhalten. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Grau, a.a.O., S. 295 m.w.N.). Die Frage des Rechtsmissbrauchs lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156). Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, n.v.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstgrenze, beispielsweise von sechs Monaten, abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/06 = NZA 2006, 1406).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs.6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs.5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht "abzusichern", kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs bzw. Zugangs des Unterrichtungsschreibens, sondern - wenn überhaupt - frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war (so auch Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitsrecht Komm., § 613 a BGB Rdnr.340).

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 S.1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht "im Zugzwang". Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs.5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht "im Zugzwang" ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich führt die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang bzw. ab Zugang des Unterrichtungsschreibens beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass nach herrschender Meinung im Rahmen der Verwirkung eine Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Rechts grundsätzlich nicht erforderlich ist. Abgesehen davon, dass nach Auffassung der Berufungskammer die Anknüpfung des Zeitmoments an die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung - wie ausgeführt - im Hinblick auf die nicht in Gang gesetzte Widerspruchsfrist geboten ist, wird auch bei der Verwirkung die Einschränkung gemacht, erforderlich sei, dass der Berechtigte jedenfalls bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können.

Welche Anforderungen dabei an die Kenntnis des Arbeitnehmers zu stellen sind, d.h. ob die Kenntnis der Fehlerhaftigkeit an sich ausreicht oder ob positive Kenntnis darüber vorliegen muss, worin die Fehlerhaftigkeit besteht, kann vorliegend offen bleiben. Die Darlegungs- und Beweislast für das Eingreifen des Verwirkungstatbestandes, mithin auch für das Vorliegen des Zeitmoments, obliegt der Beklagten. Die Beklagte hat keine Umstände dafür vorgetragen, dass der Kläger vor seinem Widerspruch Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hatte oder diese zumindest hätte haben können und dennoch einen längeren Zeitraum zugewartet hat, bevor er sein Widerspruchsrecht ausübte. Der Kläger hat seinen Widerspruch mit Schreiben vom 09.09.2005, mithin ca. drei Monate nach Stellung des Insolvenzantrages durch die B. Photo GmbH, erklärt. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten bei den Arbeitnehmern Zweifel dahingehend aufkommen, dass die Unterrichtung möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen.

Angesichts der schwierigen und komplexen Sach- und Rechtslage hält die Berufungskammer einen Zeitraum von drei Monaten zwischen der - möglichen - Kenntnisnahme von dem Bestehen eines Widerspruchsrechts und dessen Ausübung für nicht ausreichend, um von einer Erfüllung des Zeitmoments auszugehen.

Danach fehlt es vorliegend für den Tatbestand der Verwirkung bereits an der Erfüllung des Zeitmoments.

Selbst wenn dieser vorliegend dargelegten Auffassung nicht zu folgen wäre, fehlt es jedenfalls an dem Vorliegen des Umstandsmomentes.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen (vgl. Grau, a.a.O. S.302). Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG N., Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7).

Die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber reicht angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Vielmehr stellt die Weiterarbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S.2 BGB zu vermeiden. Zudem hat die Beklagte den Kläger selbst mit dem Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen, er sei verpflichtet, trotz der geplanten Kündigung bei der Erwerberin weiter zu arbeiten. Angesichts dieses Hinweises verhält die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, der Kläger habe durch die Weiterarbeit bei der Erwerberin sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die Beklagte kann sich auch aus diesem Grund nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf eine Verwirkung aufgrund der Weiterarbeit des Klägers für die Erwerberin berufen.

Durch die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage hat der Kläger ebenfalls kein im Rahmen der Verwirkung zu berücksichtigendes Umstandsmoment gesetzt.

Da der Beklagten die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch den Kläger zunächst nicht bekannt war, kann sie sich jedenfalls im Rahmen der Verwirkung nicht darauf berufen, der Kläger habe durch die ihr nicht einmal bekannte Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung der Erwerberin den Vertrauenstatbestand geschaffen, er werde nicht mehr zur Beklagten durch Ausübung seines Widerspruchsrechts zurückkehren. Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Erwerberin die Kündigung unter Zusage einer Abfindung und die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage bekannt war. Nach Auffassung der Berufungskammer kann sich auf den Tatbestand der Verwirkung nur derjenige berufen, der aufgrund bestimmter, vom Berechtigten gesetzter Umstände selbst das Vertrauen gebildet hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Selbst wenn der Beklagten die von der Erwerberin ausgesprochene Kündigung sowie die Nichterhebung der Kündigungsschutzklage durch den Kläger bekannt gewesen wäre, durfte sie sich wegen der objektiv festgestellten falschen Unterrichtung nicht darauf verlassen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben, denn ein Vertrauen kann dann nicht als schutzwürdig erachtet werden, wenn zuvor ein pflichtwidriges Verhalten des Vertrauenden vorgelegen hat. Wie bereits ausgeführt ist Sinn und Zweck der Unterrichtung, dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechts zu geben. Der Arbeitnehmer soll auf der Grundlage der erteilten Informationen die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Ist die Unterrichtung fehlerhaft, liegt eben diese erforderliche Wissensgrundlage nicht vor. Das Risiko der sodann nicht laufenden Widerspruchsfrist muss der Arbeitgeber, der zur ordnungsgemäßen Unterrichtung verpflichtet ist, tragen. Schließlich hat der Arbeitgeber es in der Hand, die Unterrichtung ordnungsgemäß zu erteilen. Ist die Unterrichtung objektiv - wie vorliegend - fehlerhaft mit der Folge, dass die Frist zur Ausübung des Widerspruchs nicht läuft und handelt der Arbeitnehmer in Unkenntnis der nicht laufenden Frist, weil er von der Richtigkeit und Vollständigkeit der erteilten Informationen ausgeht, kann dem Arbeitgeber kein Vertrauenstatbestand zugebilligt werden. Dabei ist unerheblich, ob die fehlerhafte Unterrichtung bewusst oder unbewusst erfolgte. Bei nicht laufender Widerspruchsfrist - immerhin aufgrund einer Rechtspflichtverletzung durch den Arbeitgeber - kann dieser sich mithin nicht auf einem Vertrauenstatbestand berufen, solange der Arbeitnehmer keine Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hat oder eine solche zumindest zum Zeitpunkt seiner Handlung, auf die der Arbeitgeber sein Vertrauen stützt, hätte haben können.

Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.

d)

Durch die Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage gegen die von der Erwerberin ausgesprochene Kündigung hat der Kläger auch keinen Verzicht auf sein Widerspruchsrecht erklärt.

Da keine ausdrückliche Verzichtserklärung des Klägers auf die Ausübung seines Widerspruchsrechts vorliegt, sondern in dem Nichtangreifen der Kündigung und dem Abschluss der Abwicklungsregelung mit der Erwerberin allenfalls eine konkludente Verzichtserklärung des Klägers gesehen werden könnte, ist nach Auffassung der Berufungskammer ein etwaiger Verzicht auf das Widerrufsrecht in analoger Anwendung des § 144 BGB zu beurteilen.

Nach § 144 Abs.1 BGB ist die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Der Sache nach handelt es sich bei dieser Regelung um einen Verzicht des Anfechtungsberechtigten. Dieser sich aus § 144 BGB ergebende Rechtsgedanke ist nach Auffassung der Berufungskammer auf die Frage, ob ein Widerspruchsrecht noch ausgeübt werden kann, übertragbar und bedeutet, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen ist, wenn der "widerspruchsbehaftet" Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber von dem Widerspruchsberechtigten bestätigt wird.

Da es sich bei dem Übergang des Arbeitsverhältnisses im Falle des § 613 a BGB nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen gesetzlich angeordneten Vertragspartnerwechsel handelt, kommt nur eine analoge Anwendung des § 144 BGB in Betracht. Eine Analogie ist die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand. Die analoge Anwendung einer Norm ist möglich, wenn zur Ausfüllung einer planwidrigen Gesetzeslücke die Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand übertragen werden kann. Dabei muss der zu beurteilende Sachverhalt dem gesetzlich geregelten Sachverhalt gleichen, die möglichen Unterschiede dürfen nicht von einer Art sein, dass eine Übertragung der gesetzlichen Wertung ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23.11.2006, 6 AZR 394/06 = ArbuR 2006, 447 m.w.N.).

Die Voraussetzungen der analogen Anwendung der in § 144 BGB vorgesehenen Regelung für die Ausübung des Anfechtungsrechts auf den gesetzlich nicht geregelten Tatbestand der Ausübung des Widerspruchsrechts sind nach Auffassung der Berufungskammer gegeben. Es liegen sowohl eine Gesetzeslücke als auch ein analogiefähiger Tatbestand vor. Durch die Einführung des gesetzlich normierten Widerspruchsrechts ist nachträglich eine Regelungslücke in Bezug auf die Ausübung diese Rechts entstanden. Das Gesetz sieht keine Folgenregelung für das Widerspruchsrecht für die Fälle vor, in denen die Widerspruchsfrist wegen fehlerhafter Unterrichtung noch nicht läuft. Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist der Ausübung des Anfechtungsrechts auch "rechtsähnlich". Beide Tatbestände erfordern die Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung des Berechtigten, der - bei der Anfechtung bezogen auf ein Rechtsgeschäft, beim Widerspruchsrecht bezogen auf einen gesetzlich vorgesehenen Vertragspartnerwechsel - rückwirkende Kraft zukommt. In beiden Fällen bewirkt die Ausübung des Rechts die rückwirkende Vernichtung des bestehenden Vertragsverhältnisses. Es erscheint der Berufungskammer danach gerechtfertigt, im Wege der Einzelanalogie die Rechtsfolge der Bestätigung des Rechtsgeschäfts durch den Anfechtungsberechtigten, nämlich den Ausschluss des Anfechtungsrechts, auf den vergleichbaren Tatbestand der Bestätigung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber durch den Widerspruchsberechtigten mit der Folge des Ausschlusses des Widerspruchsrechts zu übertragen, soweit die Voraussetzungen einer Bestätigung im Sinne des § 144 BGB festgestellt werden können.

Die Bestätigung im Sinne des § 144 BGB betrifft ein gültiges Rechtsgeschäft und ist - anders als die Bestätigung im Sinne des § 141 BGB - keine Neuvornahme des Geschäfts, sondern der Sache nach ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht. Sie ist eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung und braucht daher nicht gegenüber dem Anfechtungsgegner erklärt zu werden. Sie ist gemäß § 144 Abs.2 BGB formfrei, kann also auch durch schlüssiges Handeln erfolgen. Erforderlich ist allerdings ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten. Jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Eine Bestätigung setzt in der Regel voraus, dass der Bestätigende die Anfechtbarkeit kannte bzw. mit ihr rechnen musste. Die Bestätigung beseitigt das Anfechtungsrecht (vgl. Palandt, § 144 BGB Rdnr. 1,2).

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen hat der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin durch Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage in diesem Sinne nicht bestätigt

In Übereinstimmung mit der von Annuß vertretenen Auffassung geht die Berufungskammer dabei davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund des Betriebsübergangs mit Wirkung zum 01.11.2004 zunächst aufschiebend bedingt auf die B. Photo GmbH übergegangen ist.

Nach Auffassung von Annuß (vgl. Staudinger/Annuß § 613 a BGB Rdnr. 186) wird dem grundrechtlich fundierten Ziel einer Respektierung der privatautonom getroffenen Entscheidung des Arbeitnehmers, nur mit einem bestimmten Arbeitgeber zu kontrahieren, in Fällen, in denen der Widerspruch erst nach dem Betriebsübergang erklärt zu werden braucht, nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn der Erwerber bis zum Widerspruch bzw. bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist auch nicht vorübergehend in die Stellung des Arbeitgebers einrückt. Dieses Ziel kann jedoch nicht dadurch erreicht werden, dass man der Widerspruchserklärung schlicht ex-tunc-Wirkung beilegt, sondern nur durch einen aufschiebend bedingten Übergang des Arbeitsverhältnisses, so dass dieses zunächst (bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. einer abschließenden Erklärung des Arbeitnehmers) mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbesteht. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. der abschließenden Entscheidung des Arbeitnehmers tritt der Erwerber rückwirkend zum Datum des Betriebsübergangs in den Arbeitsvertrag ein.

Ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft ist tatbestandlich vollendet und voll gültig, nur seine Rechtswirkungen sind bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe. Dieser Tatbestand ist der erforderlichen Gültigkeit des Rechtsgeschäfts bei der Anfechtung "rechtsähnlich".

In der Nichterhebung einer Kündigungsschutzklage könnte zwar die Erklärung zu sehen sein, dass der Kläger die Erwerberin als zur Kündigung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses berechtigte Vertragspartnerin akzeptiert. Selbst wenn dem Verhalten des Klägers eine derartige Bedeutung zukommen würde, so ist diese Erklärung allerdings nicht in Kenntnis eines bestehenden Widerspruchsrechts erfolgt. Der Kläger hat auch mit der Möglichkeit eines bestehenden Widerspruchsrechts zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages nicht rechnen können, was im Rahmen des § 144 BGB ausreichen würde, um von einer Bestätigungserklärung auszugehen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers hatte dieser jedenfalls vor Stellung des Insolvenzantrages der Erwerberin keine Anhaltspunkte dafür, dass das Informationsschreiben der Beklagten fehlerhaft sein könnte. In der Nichterhebung der Kündigungsschutzklage in Verbindung mit der zugesagten Abfindung im April 2005, also einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrages, kann danach keine Bestätigung des Übergangs seines Vertragsverhältnisses auf die Erwerberin analog § 144 BGB gesehen werden.

e)

Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 613 a BGB nicht rechtsmissbräuchlich ausgeübt. Dem Kläger kann nicht unterstellt werden, in Anbetracht der Insolvenz der Erwerberin habe er sein Widerspruchsrecht nur ausgeübt, um daraus ungerechtfertigte Vorteile zu ziehen. Dies gilt vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger seit ca. 16 Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist und schon im Hinblick auf den erworbenen Bestandsschutz ein erhebliches Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten haben kann. Ein Rückkehrwille kann dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Ankündigung der Beklagten, er müsse für den Fall seines Widerspruchs mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer Kündigung seitens der Beklagten rechnen, nicht abgesprochen werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um eine Behauptung der Beklagten. Ob tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit - ggf. zu geänderten Bedingungen, wie der Kläger dies behauptet - besteht, kann der Kläger bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen. Ausweislich Ziffer 1 des vorgelegten Arbeitsvertrages hat die Beklagte sich schließlich vorbehalten, dem Kläger innerhalb des Gesamtunternehmens oder der mit ihr wirtschaftlich verbundenen Unternehmen eine andere Tätigkeit zu übertragen.

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger keinen Rückkehrwillen hat und sein Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausübt.

Die von der Beklagten vorgetragene Befürchtung, einem zu Recht vom Betriebserwerber fristlos gekündigten Arbeitnehmer könne auf diese Weise ein nicht zu billigendes Rückkehrrecht eingeräumt werden, führt nach Auffassung der Berufungskammer nicht zu einem anderen Ergebnis. Wie bereits ausgeführt geht das Arbeitsverhältnis im Falle der noch laufenden Widerspruchsfrist nur aufschiebend bedingt auf den Erwerber über. Die Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs.2 BGB für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung beginnt erst mit Kenntnis des Kündigungsberechtigten. Danach besteht für den Betriebsveräußerer gegenüber einem Arbeitnehmer, der aufgrund eines wirksam ausgeübten Widerspruchs in einem Arbeitsverhältnis zu ihm steht, innerhalb von zwei Wochen ab Kenntnis der die fristlose Kündigung begründenden Tatsachen ein Recht, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen, soweit die dazu erforderlichen Voraussetzungen vorliegen.

f)

Diesem Ergebnis steht auch § 7 KSchG nicht entgegen, denn aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs stellt die Kündigung der Erwerberin sich als Kündigung einer Nichtberechtigten dar, die "ins Leere" gegangen ist und das Arbeitsverhältnis nicht beenden konnte. Insoweit liegt ein Grund vor, der nicht innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht zu werden braucht.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht.

Auf die Berufung des Klägers war mithin, soweit über sie entschieden worden ist, das Urteil des Arbeitsgerichts entsprechend abzuändern.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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