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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 04.04.2007
Aktenzeichen: 7 (11) Sa 783/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
1. Die Unterrichtung ist fehlerhaft und setzt den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang, wenn über die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs nicht unterrichtet worden ist.

2. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung kann der Arbeitnehmer - bis zur Grenze der Verwirkung - grundsätzlich unbefristet von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

3. Die Vertragsfortführung mit dem Betriebserwerber kann grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsverzicht gewertet werden.

4. Läuft die Widerspruchsfrist wegen einer fehlerhaften Unterrichtung nicht, so kann in der Erhebung einer Kündigungsschutzklage gegen eine vom Betriebserwerber ausgesprochene Kündigung kein konkludenter Verzicht des Arbeitnehmers auf die Ausübung des Widerspruchsrechts gesehen werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer keine Anhaltspunkte dafür hat, dass sein Widerspruchsrecht noch bestehen könnte. Gleiches gilt für den Abschluss eines gerichtlichen Beendigungsvergleichs mit dem Betriebserwerber.

5. Ob die Ausübung des Widerspruchsrechts rechtsmissbräuchlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 (11) Sa 783/06

Verkündet am 04. April 2007

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2007 durch die Richterin am Arbeitsgericht Paßlick als Vorsitzende sowie die ehrenamtliche Richterin Kulok und den ehrenamtlichen Richter Eckwert

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.05.2006 - 3 Ca 143/06 lev - abgeändert:

Es wird festgestellt, das zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 20.01.2006 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Der am 22.10.1964 geborene, verheiratete Kläger, der zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 06.05.1991 bei der Beklagten als Chemiearbeiter beschäftigt. Er erzielte eine durchschnittliche Bruttovergütung von 11.005,00 € im Quartal.

Der Kläger war dem Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab.

Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B.Photo GmbH übertragen.

Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilte die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei. Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können. Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt.

Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. betroffen sei, sondern von einer früheren Personalabbau-Entscheidung des Unternehmens. Sie - die Beklagte - beabsichtige, sein Arbeitsverhältnis betriebsbedingt zu kündigen. Zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile stünden dem Kläger die "in unserem Sozialplan vorgesehenen Leistungen" zu. Die geplante Kündigung wirke sich auf den Übergang des Arbeitsverhältnisses nicht aus. Das Arbeitsverhältnis gehe trotzdem über und er - der Kläger - sei verpflichtet, seine Tätigkeit bei der B. Photo GmbH fortzuführen.

Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis im Falle eines fristgerechten Widerspruchs im gekündigten Zustand bei der Beklagten bleibe. Er müsse im Falle eines Widerspruchs wegen einer nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten damit rechnen, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Für den Fall der Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch seien Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt. Dem Kläger wurde sodann dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen. Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl. 4-7 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.12.2004 kündigte die B. Photo GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers aus betriebsbedingten Gründen zum 31.03.2005 unter Bezugnahme auf den Interessenausgleich vom 14.10.2004. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger fristgerecht eine beim Arbeitsgericht Solingen unter dem Az 5 Ca 2741/04 lev geführte Kündigungsschutzklage. Unter dem Datum vom 05.04.2005 leitete der Kläger ein beim Arbeitsgericht Solingen unter dem Az 5 Ga 9/05 lev geführtes einstweiliges Verfügungsverfahren ein, um die Besetzung eines freien Arbeitsplatzes mit einem anderen Arbeitnehmer zu verhindern. In diesem Verfahren schlossen der Kläger und die B. Photo GmbH am 26.04.2005 einen Beendigungsvergleich, in dem die B. Photo GmbH sich verpflichtete, an den Kläger eine über dem Sozialplan liegende Abfindung zu zahlen.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B.Photo GmbH eröffnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 18.01.2006 (Bl. 180 der Akte) widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im Januar dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerbern sei falsch informiert worden. Durch den Verweis im Schreiben vom 22.10.2004 auf die bereits erteilten Informationen seien nicht nur die im Schreiben selbst enthaltenen Informationen, sondern auch die außerhalb dieses Schreibens erteilten Angaben zu berücksichtigen. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Es sei vor allem über die finanzielle Ausstattung und die Übertragung der Markenrechte falsch informiert worden. Die B. Photo GmbH habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Über die Markenrechte könne sie nicht verfügen, sondern habe diesbezüglich nur ein Nutzungsrecht. Außerdem habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Bei der Frage der Verwirkung könne lediglich darauf abgestellt werden, ab welchem Zeitpunkt Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Information habe bestehen können. Erst ab Kenntnis könne der Tatbestand der Verwirkung in Gang gesetzt werden. Dabei sei für die Kenntnis frühestens auf den Zeitpunkt der Gläubigerversammlung oder des Erhalts des Gutachtens des Rechtsanwalts Dr. S. abzustellen. Zudem bestehe auf Seiten der Beklagten aufgrund der von ihr fehlerhaft erteilten Informationen kein Schutzbedürfnis.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es nicht. Abgesehen davon, dass die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Ein Widerspruch im Januar 2006 sei auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs.3 S.2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information durch seine Weiterarbeit bei der Erwerberin verwirkt. Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Die Beklagte hat die Vermutung geäußert, Hintergrund der Ausübung des Widerspruchrechts dürfte eine seitens der Erwerberin ausgesprochene Kündigung gewesen sein. Dazu hat sie vorgetragen, nach Kenntnis der Beklagten habe der Kläger das Kündigungsschutzverfahren durch Vergleich beendet. Sie hat den Kläger dazu aufgefordert, den Inhalt des geschlossenen Vergleichs vorzutragen.

Ein Schadensersatzanspruch des Klägers scheide aus, weil sich nicht ergebe, welche Rechtspflicht die Beklagte verletzt haben solle. Zudem fehle es an der Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis mehr, weil der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Januar 2006 nicht mehr habe widersprechen können. Dabei könne dahinstehen, ob der Kläger durch das Schreiben vom 22.10.2004 ausreichend unterrichtet worden sei, denn ein Widerspruchsrecht habe dem Kläger jedenfalls deshalb nicht mehr zugestanden, weil er sich bereits vor Ausübung seines Widerspruchsrechts dazu entschieden habe, sein Arbeitsverhältnis zu beenden. Es sei nicht Zweck des Widerspruchsrechts, ein Arbeitsverhältnis, das aufgrund einer Entscheidung des Arbeitsnehmers sein Ende finden sollte, wieder auferstehen zu lassen. Dabei komme es nicht auf die Motivation des Arbeitnehmers für dessen Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu beenden, an. Ebenso wie bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers würde das Widerspruchsrecht missbraucht, wenn es dazu dienen könnte, die getroffene Entscheidung, das Arbeitsverhältnis zu beenden, wieder aus der Welt zu schaffen. Der Kläger habe, als er die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vereinbart habe, nach der Entstehung seines Widerspruchsrechts eine auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzielende Entscheidung getroffen. Diese Entscheidung könne er nicht durch die Ausübung eines möglicherweise noch bestehenden Widerspruchsrechts beseitigen. Die Klage sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes begründet, da der Kläger nicht dargelegt habe, dass er im Falle ordnungsgemäßer Unterrichtung fristgerecht widersprochen hätte und darüber hinaus sein Arbeitsverhältnis noch bestehen würde. Es könne vielmehr als sicher angesehen werden, dass die Beklagte im Falle eines Widerspruchs das Arbeitsverhältnis mangels einer Weiterbeschäftigungsmöglichkeit aus betriebsbedingten Gründen wirksam gekündigt hätte, so dass das Arbeitsverhältnis auch im Falle eines Widerspruchs jetzt nicht mehr bestehen würde.

Gegen das dem Kläger am 13.06.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat der Kläger mit einem am 13.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 13.09.2006 mit einem am 15.09.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 19.09.2006 wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass der Berufungsbegründungsschriftsatz erst nach Ablauf der verlängerten Berufungsbegründungsfrist beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist.

Er hat daraufhin mit Schriftsatz vom 22.09.2006, der am 25.09.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dazu vorgetragen, die seit über zwei Jahren im Büro des Klägervertreters beschäftigte Auszubildende O. P. habe den ordnungsgemäß adressierten und frankierten Umschlag mit dem Berufungsbegründungsschrift-satz am Freitag, dem 08.09.2006, gegen ca. 17.45 Uhr in den Briefkasten der Filiale der Deutschen Post, der vor der Postfiliale im Hauptbahnhof L. aufgestellt ist, eingeworfen. Der Briefkasten werde werktags um 18.00 Uhr, um 19.00 Uhr und um 23.00 Uhr geleert. Die Auszubildende bringe regelmäßig dann, wenn sie Dienst habe, die Ausgangspost zu diesem Briefkasten. Zur Glaubhaftmachung dieses Sachverhalts hat der Klägervertreter eine eidesstattliche Versicherung der Auszubildenden (BL. 107 der Akte) zur Akte gereicht. Er hat darauf hingewiesen, angesichts der üblichen Postlaufzeiten habe er nicht damit rechnen können, dass die zur Post aufgegebene Berufungsbegründung erst am 7. Tag nach der Einlieferung beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingehen werde.

Die Beklagte hat zum Wiedereinsetzungsantrag keine Stellung genommen.

Mit der Berufung macht der Kläger geltend, die Auffassung des Arbeitsgerichts, er habe auf sein Widerspruchsrecht verzichtet, sei rechtsfehlerhaft. Er trägt dazu vor, durch den Abschluss des Abfindungsvergleichs habe er sein Wahlrecht nicht ausgeübt, sondern allenfalls zu erkennen gegeben, dass er für den Betriebsübernehmer nicht arbeiten möchte. Damit sei nichts darüber gesagt, ob er nicht für den Betriebsveräußerer arbeiten möchte. Zudem wolle der Betriebserwerber mit der Vereinbarung einer Abfindung lediglich sein eigenes Risiko abkaufen. Dadurch, dass der Widerspruch auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurückwirke, habe zum Betriebserwerber ohnehin nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden. Insbesondere dann, wenn sich erst nach Ablauf eines gewissen Zeitraums herausstelle, dass der Arbeitnehmer einen guten Grund gehabt hätte, dem Betriebsübergang zu widersprechen, ohne sich treuwidrig zu verhalten, könne dem Arbeitnehmer das Rücktrittsrecht nicht verwehrt bleiben, wenn er erst nach Erhalt dieser Kenntnis dem Übergang widerspreche. Zudem könne die Beklagte sich wegen der schuldhaft unvollständigen Unterrichtung nicht auf eine Verzichtserklärung des Klägers berufen, weil dies treuwidrig wäre. Der mit der Erwerberin geschlossene Vergleich wirke weder zugunsten noch zulasten der Beklagten. Die Erwerberin habe dabei nicht im Namen der Beklagten gehandelt. Ihr habe jegliche Vertretungsmacht für die Beklagte, die den Vergleich auch nicht nachträglich genehmigt habe, gefehlt.

Der Kläger vertritt weiterhin unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Vortrag die Auffassung, dass das Informationsschreiben unrichtig und unvollständig gewesen ist. Er weist zusätzlich darauf hin, dass die Anschrift des Betriebserwerbers im Informationsschreiben fehlt. Eine Verwirkung scheide aus, da er - der Kläger - von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung erst auf der Gläubigerversammlung im Oktober 2005 erfahren habe. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte den unzureichenden Informationsstand des Klägers selbst verursacht habe. Außerdem habe die Beklagte selbst nicht behauptet, dass sie nach Ablauf einer längeren Zeitspanne im Vertrauen darauf, der Kläger werde keinen Widerspruch erklären, Vermögensdispositionen getroffen habe. Die Behauptung, sie habe keine Rückstellungen gebildet, sei unbeachtlich.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass ihm der geltend gemachten Anspruch auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zusteht. Soweit das Arbeitsgericht davon ausgegangen sei, im Falle eines fristgerechten Widerspruchs hätte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt, handele es sich um eine reine Spekulation, was sich bereits daraus ergebe, dass ihm bis heute noch nicht einmal vorsorglich gekündigt worden sei.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 17.05.2006, 3 Ca 143/06 lev, abzuändern und festzustellen, dass zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt dazu vor, der Kläger habe dem Betriebsübergang nicht mehr widersprechen können, weil zu diesem Zeitpunkt aufgrund des Abfindungsvergleichs kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe, weder zwischen dem Kläger und der Beklagten, noch zwischen dem Kläger und der B. Photo GmbH. Zwar habe die B. Photo GmbH nicht als Vertreterin der Beklagten gehandelt, die Gültigkeit der Beendigungsvereinbarung ergebe sich aber aus dem Sinn und Zweck des zwischen dem Kläger und der Erwerberin geschlossenen Vergleichs. Da es nur ein Arbeitsverhältnis gebe, welches übergehen könne und dieses beendet worden sei, wirke die Beendigungswirkung des Vergleichs auch zugunsten des anderen Partners des Betriebsübergangs. Nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses komme ein Widerspruch des Arbeitnehmers bereits rechtstechnisch und denklogisch nicht in Betracht. Mangels eines bestehenden Arbeitsverhältnisses sei der Widerspruch des Klägers "ins Leere" gegangen. Dies führt die Beklagte auf S. 4 bis 9 ihres Schriftsatzes vom 20.10.2006 aus. Insoweit wird auf Bl. 118 bis 123 der Akte Bezug genommen. Im Übrigen trägt die Beklagte vorsorglich vor, dass das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch des Klägers ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verfristet sei. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B.Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff "Übergang" könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien, "soweit wie möglich Kontinuität zu wahren". Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB sei nicht erforderlich gewesen sei. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der "Normalsituation" günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben, denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Zudem sei das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden.

Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe.

Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedoch selbst dann verspätet erfolgt, wenn man fälschlicherweise annehmen wolle, die Information sei unzutreffend oder unvollständig gewesen. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs.3 S.2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatige Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich geradezu der Eindruck auf, die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.

Der Widerspruch des Klägers sei jedenfalls verwirkt. Anzuknüpfen sei an den Zeitpunkt des Zugangs des Informationsschreibens beim Kläger, denn mit Zugang habe er erkennen können, dass das Schreiben keine dezidierte Aussage über die gesamtschuldnerische Nachhaftung gemäß § 613 a Abs.2 BGB enthielt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen. Für das Umstandsmoment sei es bei zutreffender Beurteilung ausreichend, dass der Kläger bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit bei der Erwerberin aufgenommen und fortgeführt habe. Außerdem bestehe im Falle des Klägers das besondere Umstandsmoment des Abschlusses eines Beendigungsvergleichs mit der Betriebserwerberin. Damit habe der Kläger eine endgültige Entscheidung über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses getroffen und zu erkennen gegeben, dass er den Betriebsübergang als solchen akzeptiere. Dies bedeute im Ergebnis nichts anderes als eine konkludente Verzichtserklärung über die Ausübung des Widerspruchsrechts. Für die Wirksamkeit des Verzichts sei unerheblich, ob der Kläger Kenntnis von einem noch möglichen Widerspruch gehabt habe oder nicht. Eine andere Sichtweise würde dazu führen, dem Arbeitnehmer unzulässigerweise eine Entscheidungsbasis zu diktieren. Die in dem Beendigungsvergleich enthaltene Verzichtserklärung wirke sowohl gegenüber der Betriebserwerberin als auch gegenüber der Beklagten als Betriebsveräußerin. Der Kläger bleibe auch jede Antwort dazu schuldig, warum er nach der Gläubigerversammlung im Oktober 2005 noch weitere drei Monate zugewartet habe, um erst dann seinen Widerspruch einzulegen.

Der erst im Januar 2006 erhobene Widerspruch stelle sich zudem als rechtsmissbräuchlich dar, weil die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger nicht entsprechend dem Gesetzeszweck auf die (Wieder)herstellung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Willen zur Fortführung eines Vertragsverhältnisses gerichtet sei, sondern einzig und allein einer Umgehung des Insolvenzrisikos im Hinblick auf eine eigene Abfindungsforderung diene. Ein solches außerordentliches Widerspruchsrecht könne nicht durch den Umweg über eine Berufung auf formale Mängel eines Unterrichtungsschreibens eingeführt werden.

Der für die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs darlegungs- und beweisbelastete Kläger habe keinen für die Beklagte einlassungsfähigen Vortrag dargelegt.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), unter Berücksichtigung des Wiedereinsetzungsantrages form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) des Klägers ist zulässig.

Die Berufung ist zulässig, obwohl der Kläger die Frist zur Begründung der Berufung gemäß § 66 Abs.1 S.1 ArbGG versäumt hat.

Dem Kläger ist gemäß § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da seinen Prozessbevollmächtigten kein Verschulden an der verspäteten Einlegung der Berufung trifft. Es ist allgemein anerkannt, dass einen Prozessbevollmächtigten im Regelfall kein Verschulden an dem verspäteten Zugang eines Schriftsatzes bei Gericht trifft, wenn er veranlasst, dass der Schriftsatz so rechtzeitig in den Briefkasten eingeworfen wird, dass er nach den normalen Postlaufzeiten fristgerecht bei dem Gericht hätte eingehen müssen. Wenn dem Prozessbevollmächtigten keine besonderen Umstände bekannt sind, die zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeiten führen können, darf er darauf vertrauen, dass diese auch eingehalten werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30.09.2003, VI ZB 60/02 = NJW 2003, 3712 f.). Das Bundesverfassungsgericht vertritt in ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass die Rechtsschutzgarantien der Art. 19 Abs.4 und Art. 103 Abs.1 GG es verbieten, den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren. Die Gerichte dürfen daher bei der Auslegung der die Wiedereinsetzung regelnden Vorschriften die Anforderungen an das, was der Betroffene veranlasst haben muss, nicht überspannen. Deshalb hat es das Bundesverfassungsgericht insbesondere als nicht zulässig angesehen, dem Bürger Verzögerungen bei der Briefbeförderung oder Zustellung durch die Deutsche Bundespost als Verschulden anzurechnen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 11.01.1991, NJW 1992, 38 f.; zu privaten Beförderungsdiensten: BverfG, Beschluss vom 04.04.2000, NJW 2000, 2657 f.).

Der Kläger hat hinreichend glaubhaft gemacht, dass sein Prozessbevollmächtigter alles erforderliche veranlasst hat, damit die Berufungsbegründung unter Berücksichtigung der normalen Postlaufzeit innerhalb der bis zum 13.09.2006 laufenden Berufungsbegründungsfrist beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf hätte eingegangen sein müssen. Nach der eidesstattlichen Versicherung der seit mehr als zwei Jahren beschäftigten Auszubildenden, gegen die begründete Zweifel nicht angeführt werden können, hat diese den Brief bereits am 08.09.2006 persönlich in den Briefkasten, der am selben Tag nochmals geleert wurde, eingeworfen. Besondere Umstände, die im vorliegenden Fall zu einer Verlängerung der normalen Postlaufzeit hätten führen können, waren für den Prozessbevollmächtigten des Klägers nicht erkennbar. Unter Berücksichtigung einer normalen Postlaufzeit durfte dieser daher darauf vertrauen, dass der ordnungsgemäß adressierte und frankierte Brief mit dem Berufungsbegründungsschriftsatz auf jeden Fall vor Fristablauf und damit rechtzeitig beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf eingehen wird.

II.

Die Berufung des Klägers ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat der Kläger dem Betriebsübergang wirksam widersprochen.

Das Urteil des Arbeitsgerichts war danach abzuändern und gemäß dem Klageantrag festzustellen, dass zwischen den Parteien ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

1.

Die auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 256 Abs.1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Der Kläger verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts besteht das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten fort. Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B.Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs.6 BGB widersprochen.

Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 18.01.2006 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes kann nicht festgestellt werden. Ein Verzicht des Klägers auf sein Widerspruchsrecht liegt nicht vor.

a)

Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB war wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N.; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 - 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des § 613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK., § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller Bonanni in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr.328; Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört.

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" gibt lediglich die in § 613 a Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen lässt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von "Folgen" und nicht von "Nachteilen" des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der "Maßnahmen" im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber nur noch begrenzt haftet.

Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn schon in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a Abs. 4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen. Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann letztlich dahinstehen, da die Unterrichtung bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft ist. Allerdings dürfte unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen gerade vorliegend auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Situation erforderlich gewesen sein, da der Kläger bereits im Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen worden ist, dass die Beklagte beabsichtigt, sein Arbeitsverhältnis zu kündigen, eine Kündigung mithin bereits im Raum stand, die sodann allerdings nicht von der Beklagten, sondern von der Erwerberin ausgesprochen worden ist.

Schließlich ist der Hinweis unter Ziffer 7. des Unterrichtungsschreibens, im Falle eines fristgerechten Widerspruchs bleibe das Arbeitsverhältnis des Klägers im gekündigten Zustand bei der Beklagten, schon deshalb falsch, weil die Beklagte selbst vor dem Betriebsübergang zu keiner Zeit gekündigt hat. Das Arbeitsverhältnis wäre mithin zunächst ungekündigt bei der Beklagten geblieben.

Ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, da die Unterrichtung aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft war.

Der Hinweis der Beklagten, der Inhalt des Informationsschreibens sei in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

b)

Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist sind diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Berufungskammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen ( BAG, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht "schutzlos" ausgeliefert ist. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch der Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S.221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich - wie vorliegend die Beklagte - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass die Arbeitnehmer grundsätzlich zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 18.01.2006 jedenfalls nicht verfristet.

c)

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S.295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Das Bundesarbeitsgericht hält - auch nach der neuen Rechtslage - daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.). Streitig ist im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006, 1406).

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Palandt/Heinrichs, § 242 BGB Anm. 87). Die Frage des Verstoßes gegen Treu und Glauben lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156).

Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, n.v.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstfrist, beispielsweise von sechs Monaten, abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006,1406).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs. 6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs. 5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht "abzusichern", kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Zugangs des Unterrichtungsschreibens, sondern - wenn überhaupt - frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war (so auch Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitsrecht Komm., § 613 a BGB Rdnr.340).

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 S.1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht "im Zugzwang". Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs. 5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht "im Zugzwang" ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht, als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich würde die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang bzw. dem Zugang des Unterrichtungsschreibens beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu führen, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht, um sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), wonach dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen ist.

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen konnte der Kläger frühestens aus der Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die B. Photo GmbH einen Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Unterrichtung über den Betriebsübergang möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers hat er erst durch die Gläubigerversammlung am 11.10.2005 hinreichende Anhaltspunkte für die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens erhalten. Tatsächlich hat er danach nochmals drei Monate zugewartet, bevor er seinen Widerspruch erklärt hat. Trotz der nicht zu bestreitenden Tatsache, dass die Klärung der Frage, ob ein Arbeitsverhältnis noch besteht oder nicht, grundsätzlich eilbedürftig ist, reicht nach Auffassung der Berufungskammer angesichts der komplexen und schwierigen Rechtslage ein Zeitraum von weiteren drei Monaten nicht aus, um das Zeitmoment der Verwirkung zu erfüllen.

Selbst wenn dieser Ansicht nicht gefolgt würde, sind vorliegend nach Auffassung der Berufungskammer jedenfalls die Voraussetzungen zur Annahme des Umstandsmoments nicht gegeben.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen. Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, denn es ist - wie bereits ausgeführt - nicht Zweck der Verwirkung, Schuldner, denen gegenüber der Gläubiger ihre Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht haben, von ihrer Verpflichtung zur Leistung vorzeitig zu befreien. Deshalb kann der Zeitablauf allein die Verwirkung eines Rechts nicht rechtfertigen, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG München, Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7). Entscheidender Gesichtspunkt ist insoweit, dass die Verwirkung dem Vertrauensschutz dient.

Die Tatsache, dass der Kläger gegen die Kündigung der Erwerberin eine Kündigungsschutzklage erhoben und im April 2005 mit der Erwerberin einen Beendigungsvergleich abgeschlossen hat, reicht nach Auffassung der Berufungskammer nicht aus, um das Umstandsmoment zu bejahen.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Kläger das Umstandsmoment nicht schon dadurch erfüllt hat, dass er gegen die ausgesprochene Kündigung Klage erhoben hat. Daraus kann nach Auffassung der Berufungskammer nicht der Schluss gezogen werden, dass er die Erwerberin damit als seine Vertragspartnerin akzeptiert hat. Zu einer derartigen Klage war der Kläger, wenn er sich sein - nach seiner damaligen Kenntnis zur Erwerberin bestehendes - Arbeitsverhältnis erhalten wollte, verpflichtet, um die Rechtsfolgen der §§ 4, 7 KSchG zu vermeiden. Er hatte zum Zeitpunkt der Klageerhebung keine Anhaltspunkte dafür, dass sein Widerspruchsrecht aufgrund fehlerhafter Unterrichtung noch bestehen könnte. Wenn er unter diesen Umständen versucht, sein Arbeitsverhältnis mit der Erwerberin zu erhalten, ist darin kein vertrauensbegründender Umstand zugunsten der Beklagte zu sehen, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben (vgl. dazu auch LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.01.2007, 5 Sa 1062/06). Der Kläger hat unter den gegebenen Umständen mit Erhebung der Kündigungsschutzklage lediglich eine ihm zustehende rechtliche Möglichkeit wahrgenommen, der kein weiterer Erklärungswert zukommt.

Vorstehende Ausführungen gelten auch hinsichtlich des vom Kläger mit der Erwerberin sodann im April 2005 abgeschlossenen Beendigungsvergleichs.

Diesbezüglich ist zudem nach dem Vortrag der Beklagten nicht ersichtlich, dass sie auf den Umstand des Abschlusses des Beendigungsvergleichs ein besonderes schützenswertes Vertrauen gegründet hat, das ihr eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger unzumutbar macht. Ein Vertrauensschutz scheidet bereits deshalb aus, weil die Beklagte nach ihrem eigenen Vortrag lediglich vermutet hat, Hintergrund des Widerspruchs sei ein nicht realisierbarer Abfindungsanspruch gegen die Erwerberin aufgrund eines Beendigungsvergleichs. Der Inhalt des Vergleichs war der Beklagten nicht einmal bekannt. Anhaltspunkte dafür, wann die Beklagte bei dieser Sachlage aufgrund welcher Kenntnis ein schützenswertes Vertrauen gebildet haben will, sind nicht ersichtlich. Dabei ist unerheblich, dass der Betriebserwerberin der Abschluss des Beendigungsvergleichs bekannt war. Nach Auffassung der Berufungskammer kann sich auf den Tatbestand der Verwirkung nur derjenige berufen, der aufgrund bestimmter, vom Berechtigten gesetzter Umstände selbst das Vertrauen gebildet hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.

Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Beklagte kurz nach Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die B. Photo GmbH betreffend von einer größeren Anzahl anderer Arbeitnehmer eine Widerspruchserklärung erhalten hat und von diesen gerichtlich auf das Bestehen von Arbeitsverhältnissen in Anspruch genommen worden ist mit der Begründung, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft sei. Sie musste deshalb damit rechnen, dass auch andere Arbeitnehmer aufgrund der gerügten und tatsächlich bestehenden Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung - insbesondere nach weiterer Aufklärung der Sach- und Rechtslage - von ihrem Widerspruchsrecht noch Gebrauch machen werden. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte gerade kein Vertrauen dahingehend bilden, der Kläger werde trotz der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung keinen Widerspruch erklären. Der Umstand, dass der Kläger seine Rechte nicht zur gleichen Zeit wie die anderen Arbeitnehmer geltend gemacht hat, konnte bei der Beklagten kein schützenswertes Vertrauen begründen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 24.05.2006, 7 AZ 365/05, n.v., zur Arbeitnehmerüberlassung und der Verwirkung des Rechts, das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend zu machen), denn - wie bereits ausgeführt - reicht der Zeitablauf nach Kenntnis von dem noch bestehenden Widerspruchsrecht allein nicht aus, um den Tatbestand der Verwirkung zu bejahen.

Dieser Bewertung stehen die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 30.01.1991, 7 AZR 239/90, unter Ziffer III.3. nach Auffassung der Berufungskammer nicht entgegen, denn in dem dort entschiedenen Rechtsstreit bestand gerade nicht - wie vorliegend - zugunsten der klagenden Partei ein Recht, das nach dem gesetzgeberischen Willen nach gar nicht ausgeübt werden musste, weil die Frist zur Ausübung noch gar nicht in Gang gesetzt war. Muss das Recht - wie vorliegend - noch nicht ausgeübt werden, kann sich nach Auffassung der Berufungskammer der Umstand, dass andere Arbeitnehmer das Recht bereits ausüben, allenfalls vertrauenshindernd auswirken.

Entgegen der Auffassung der Beklagten reicht auch die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Vielmehr stellt die Arbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB zu vermeiden.

Zudem hat die Beklagte den Kläger selbst mit dem Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen, er sei verpflichtet, bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bei der Erwerberin weiter zu arbeiten. Im Falle des Widerspruchs könne sein Anspruch auf Arbeitsentgelt entsprechend gekürzt werden. Angesichts dieses Hinweises verhält die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, der Kläger habe durch die Weiterarbeit bei der Erwerberin sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die Beklagte kann sich auch aus diesem Grund nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf eine Verwirkung berufen.

Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.

d)

Durch den Abschluss des Beendigungsvergleichs mit der Erwerberin im April 2005 hat der Kläger auch keinen Verzicht auf sein Widerspruchsrecht erklärt.

Da keine ausdrückliche Verzichtserklärung des Klägers auf die Ausübung seines Widerspruchsrechts vorliegt, sondern in dem Abschluss des Aufhebungsvertrages allenfalls eine konkludente Verzichtserklärung gesehen werden könnte, ist nach Auffassung der Berufungskammer ein etwaiger Verzicht auf das Widerrufsrecht in analoger Anwendung des § 144 BGB zu beurteilen.

Nach § 144 Abs.1 BGB ist die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Der Sache nach handelt es sich bei dieser Regelung um einen Verzicht des Anfechtungsberechtigten. Dieser sich aus § 144 BGB ergebende Rechtsgedanke ist nach Auffassung der Berufungskammer auf die Frage, ob ein Widerspruchsrecht noch ausgeübt werden kann, übertragbar und bedeutet, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen ist, wenn der "widerspruchsbehaftete" Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber von dem Widerspruchsberechtigten bestätigt wird.

Da es sich bei dem Übergang des Arbeitsverhältnisses im Falle des § 613 a BGB nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen gesetzlich angeordneten Vertragspartnerwechsel handelt, kommt nur eine analoge Anwendung des § 144 BGB in Betracht. Eine Analogie ist die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand (vgl. Palandt, Einl. 40 vor § 1). Die analoge Anwendung einer Norm ist möglich, wenn zur Ausfüllung einer planwidrigen Gesetzeslücke die Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand übertragen werden kann. Dabei muss der zu beurteilende Sachverhalt dem gesetzlich geregelten Sachverhalt gleichen, die möglichen Unterschiede dürfen nicht von einer Art sein, dass eine Übertragung der gesetzlichen Wertung ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23.11.2006, 6 AZR 394/06 = ArbuR 2006, 447 m.w.N.).

Die Voraussetzungen der analogen Anwendung der in § 144 BGB vorgesehenen Regelung für die Ausübung des Anfechtungsrechts auf den gesetzlich nicht geregelten Tatbestand der Ausübung des Widerspruchsrechts sind nach Auffassung der Berufungskammer gegeben. Es liegen sowohl eine Gesetzeslücke als auch ein analogiefähiger Tatbestand vor.

Durch die Einführung des gesetzlich normierten Widerspruchsrechts ist nachträglich eine Regelungslücke in Bezug auf die Ausübung diese Rechts entstanden. Das Gesetz sieht nämlich keine Folgenregelung für das Widerspruchsrechts für die Fälle vor, in denen die Widerspruchsfrist wegen fehlerhafter Unterrichtung noch nicht läuft.

Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist der Ausübung des Anfechtungsrechts auch "rechtsähnlich". Beide Tatbestände erfordern die Abgabe einer Willenserklärung des Berechtigten, der - bei der Anfechtung bezogen auf ein Rechtsgeschäft, beim Widerspruchsrecht bezogen auf einen gesetzlich vorgesehenen Vertragspartnerwechsel - rückwirkende Kraft zukommt. In beiden Fällen bewirkt die Ausübung des Rechts die rückwirkende Vernichtung des bestehenden Vertragsverhältnisses. Es erscheint der Berufungskammer danach gerechtfertigt, im Wege der Einzelanalogie die Rechtsfolge der Bestätigung des Rechtsgeschäfts durch den Anfechtungsberechtigten, nämlich den Ausschluss des Anfechtungsrechts, auf den vergleichbaren Tatbestand der Bestätigung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber durch den Widerspruchsberechtigten mit der Folge des Ausschlusses des Widerspruchsrechts zu übertragen, soweit die Voraussetzungen einer Bestätigung im Sinne des § 144 BGB festgestellt werden können.

Die Bestätigung im Sinne des § 144 BGB betrifft ein gültiges Rechtsgeschäft und ist - anders als die Bestätigung im Sinne des § 141 BGB - keine Neuvornahme des Geschäfts, sondern der Sache nach ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht. Sie ist eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung und braucht daher nicht gegenüber dem Anfechtungsgegner erklärt zu werden. Sie ist gemäß § 144 Abs.2 BGB formfrei, kann also auch durch schlüssiges Handeln erfolgen. Erforderlich ist allerdings ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten. Jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Eine Bestätigung setzt in der Regel voraus, dass der Bestätigende die Anfechtbarkeit kannte bzw. mit ihr rechnen musste. Die Bestätigung beseitigt das Anfechtungsrecht (vgl. Palandt, § 144 BGB Rdnr. 1,2).

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen hat der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin durch Abschluss des Beendigungsvergleichs in diesem Sinne nicht bestätigt.

In Übereinstimmung mit der von Annuß vertretenen Auffassung geht die Berufungskammer dabei davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund des Betriebsübergangs mit Wirkung zum 01.11.2004 zunächst aufschiebend bedingt auf die B. Photo GmbH übergegangen ist.

Nach Auffassung von Annuß (vgl. Staudinger/Annuß § 613 a BGB Rdnr. 186) wird dem grundrechtlich fundierten Ziel einer Respektierung der privatautonom getroffenen Entscheidung des Arbeitnehmers, nur mit einem bestimmten Arbeitgeber zu kontrahieren, in Fällen, in denen der Widerspruch erst nach dem Betriebsübergang erklärt zu werden braucht, nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn der Erwerber bis zum Widerspruch bzw. bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist auch nicht vorübergehend in die Stellung des Arbeitgebers einrückt. Dieses Ziel könne jedoch nicht dadurch erreicht werden, dass man der Widerspruchserklärung schlicht ex-tunc-Wirkung beilegt, sondern nur durch einen aufschiebend bedingten Übergang des Arbeitsverhältnisses, so dass dieses zunächst (bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. einer abschließenden Erklärung des Arbeitnehmers) mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbestehe. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. der abschließenden Entscheidung des Arbeitnehmers trete der Erwerber rückwirkend zum Datum des Betriebsübergangs in den Arbeitsvertrag ein.

Ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft ist tatbestandlich vollendet und voll gültig, nur seine Rechtswirkungen sind bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe. Dieser Tatbestand ist der erforderlichen Gültigkeit des Rechtsgeschäfts bei der Anfechtung "rechtsähnlich".

Durch den Abschluss des Beendigungsvergleichs hat der Kläger gegenüber der Erwerberin zwar erklärt, dass er sie als Vertragspartnerin akzeptiert. Diese Erklärung gegenüber der Vertragspartnerin erfolgte allerdings nicht in Kenntnis eines bestehenden Widerspruchsrechts. Der Kläger hat auch mit der Möglichkeit eines bestehenden Widerspruchsrechts zum Zeitpunkt des Abschlusses des Beendigungsvergleichs nicht rechnen können, was im Rahmen des § 144 BGB ausreichen würde, um von einer Bestätigungserklärung auszugehen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers hatte dieser jedenfalls vor Stellung des Insolvenzantrages der Erwerberin keine Anhaltspunkte dafür, dass das Informationsschreiben der Beklagten fehlerhaft sein könnte. In dem Abschluss des Beendigungsvergleichs mit der Erwerberin im April 2005, also einen Monat vor Stellung des Insolvenzantrages, kann danach keine Bestätigung des Übergangs seines Vertragsverhältnisses analog § 144 BGB gesehen werden mit der Folge, dass der Kläger auf sein Widerspruchsrecht nicht verzichtet hat.

e)

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausgeübt hat.

Die Voraussetzungen für einen Rechtsmissbrauch können vorliegend nicht festgestellt werden. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Kläger nicht unterstellt werden, in Anbetracht der Insolvenz der Erwerberin habe er sein Widerspruchsrecht nach Abschluss des Beendigungsvergleichs mit der Erwerberin nur ausgeübt, um daraus im Hinblick auf die nicht realisierbare Abfindung aus dem Beendigungsvergleich ungerechtfertigte Vorteile zu ziehen. Dies gilt vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger seit ca. 16 Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist und schon im Hinblick auf den erworbenen Bestandsschutz ein erhebliches Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten haben kann. Ein Rückkehrwille kann dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Ankündigung der Beklagten, er müsse für den Fall seines Widerspruchs mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer Kündigung seitens der Beklagten rechnen, nicht abgesprochen werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um eine Behauptung der Beklagten. Ob tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit - ggf. zu geänderten Bedingungen - besteht, kann der Kläger bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass es sich vorliegend nach den dem Kläger erteilten Informationen im Unterrichtungsschreiben um einen Teilbetriebsübergang gehandelt hat und damit nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte - ggf. zu geänderten Bedingungen - eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger hat, die sie ihm im Rahmen einer Änderungskündigung als milderes Mittel gegenüber einer Beendigungskündigung hätte anbieten müssen. Insoweit hat der Kläger zur Recht darauf hingewiesen, dass die Beklagte bis heute - nicht einmal vorsorglich - eine Beendigungskündigung eines etwaig noch bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgesprochen hat.

Zudem hat der Kläger nach Kenntnis von seinem noch bestehenden Widerspruchsrecht keine Sachlage geschaffen, die die Beklagte in dem Glauben hätte bestärken können, er werde von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch mehr machen.

Unter diesen Umständen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger keinen Rückkehrwillen hat und sein Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausübt.

f)

Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten hat die Erwerberin bei Abschluss des Beendigungsvergleichs nicht als Vertreterin der Beklagten gehandelt. Die Beklagte hat den Vergleichsabschluss auch nicht nachträglich genehmigt. Im Verhältnis zur Beklagten kann dem Beendigungsvergleich mithin keine Rechtswirksamkeit zukommen. Aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs hat die Erwerberin mithin als Nichtberechtigte gehandelt mit der Folge, dass das zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis nicht beendet worden ist.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht.

Auf die Berufung des Klägers war das Urteil des Arbeitsgerichts mithin abzuändern.

III.

Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 Abs.1 ZPO die Beklagte zu tragen.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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