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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 7 (12) Sa 1099/06
Rechtsgebiete: BGB, KSchG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 124
BGB § 126 b
BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 1
BGB § 613 a Abs. 1 S. 1
BGB § 613 a Abs. 2
BGB § 613 a Abs. 3
BGB § 613 a Abs. 4
BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 5 Nr. 3
BGB § 613 a Abs. 5 Nr. 4
BGB § 613 a Abs. 6
BGB § 613 a Abs. 6 S. 1
BGB § 615 S. 2
KSchG § 5 Abs. 3 S. 2
KSchG § 5 Abs. 3 S. 3
ArbGG §§ 46 Abs. 2
ZPO § 256
ZPO § 256 Abs. 1
1. Rügt ein Arbeitnehmer gegenüber dem Betriebsveräußerer die Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens und behält er sich ausdrücklich vor, sein Widerspruchsrecht vorbehaltlich weiterer Aufklärungen noch auszuüben, so kann darin ein vertrauenszerstörender Umstand liegen, der eine Verwirkung ausschließt.

2. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Veräußerer bereits von einer größeren Anzahl anderer Arbeitnehmer wegen fehlerhafter Unterrichtung eine Widerspruchserklärung erhalten hat und von diesen gerichtlich auf das Bestehen von Arbeitsverhältnissen in Anspruch genommen wird.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

7 (12) Sa 1099/06

Verkündet am 30. April 2008

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 30.04.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Paßlick als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Nix und die ehrenamtliche Richterin Lepges

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 19.09.2006 - 5 Ca 2495/05 lev - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 28.09.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat. Der am 01.03.1967 geborene Kläger ist bei der Beklagten seit dem 09.05.1984 zuletzt als Chemiefacharbeiter zu einem monatlichen Bruttolohn in Höhe von 3.539,23 € beschäftigt.

Der Kläger war dem nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien selbständigen Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Da die Beklagte beabsichtigte, den Geschäftsbereich Consumer Imaging auf die B. Photo GmbH als Erwerberin zu übertragen, fanden für die von diesem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab. In diesem Interessenausgleich waren Abfindungsleistungen für die ausscheidenden Mitarbeiter festgelegt.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im Wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs. 5 und 6 BGB teilt die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei.

Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt.

Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen sei.

Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht und dem Hinweis, dass er im Falle eines Widerspruchs wegen einer sodann nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten mit einer Kündigung rechnen müsse und in diesem Fall kein Anspruch auf eine Abfindung bestünde, wurde dem Kläger dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen.

Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl. 9 - 12 der Akte Bezug genommen.

Mit Wirkung zum 01.11.2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen.

In der Folgezeit arbeitete der Kläger auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiter.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Ab dem Monat Mai 2005 erhielt der Kläger kein Gehalt mehr.

Mit Schreiben vom 20.07.2005 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die ihm hinsichtlich des Betriebsübergang erteilten Informationen offensichtlich unzutreffend gewesen seien und forderte sie auf, ihm nunmehr eine vollständige und wahrheitsgemäße Information über die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für ihn mitzuteilen. Er behielt sich ausdrücklich vor, nach Eingang der Informationen die Entscheidung zu treffen, ob er dem Übergang widerspricht. Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 16 - 17 der Akte Bezug genommen.

Der Aufforderung des Klägers, weitere Informationen zu erteilen, ist die Beklagte nicht nachgekommen.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 12.09.2005 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH und forderte die Beklagte auf, ihn zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen. Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl. 18 - 19 der Akte Bezug genommen.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im September 2005 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin sei falsch informiert worden. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Die B. Photo GmbH habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Außerdem habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen und die Adresse der Erwerberin nicht genannt. Im Übrigen seien die Ausführungen der Beklagten im Unterrichtungsschreiben auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht fehlerhaft, da dort ausgeführt werde, dass im Fall des Widerspruchs und der daraus resultierenden Arbeitslosigkeit Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt seien. Nach sozialrechtlicher Rechtsprechung sei dies gerade nicht der Fall. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechts keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs. 5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es zudem nicht. Abgesehen davon, dass auch die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Zudem sei ein Widerspruch im September 2005 auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information durch seine Weiterarbeit bei der Erwerberin verwirkt.

Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Zudem habe der Kläger in seinem Antrag auf Bewilligung von Leistungen auf Arbeitslosengeld die Betriebserwerberin als seine Arbeitgeberin angegeben. Schließlich habe er bereits im Juli 2005 gegenüber der Beklagten eine unzureichende Information gerügt, aber erst im September 2005 den Widerspruch bezüglich des Übergangs seines Arbeitsverhältnisses erklärt.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Widerspruch des Klägers sei fristgerecht erfolgt, da der Lauf der Widerspruchsfrist wegen der nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung über die Haftungsfragen gemäß § 613 a Abs. 2 BGB nicht in Gang gesetzt worden sei. Das Recht zur Ausübung des Widerspruchs sei auch nicht verwirkt. Nach zehneinhalb Monaten sei bereits das Zeitmoment nicht erfüllt. Jedenfalls fehle es am Umstandsmoment. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass es gerade die Beklagte gewesen sei, die aufgrund der unzureichenden Information den Grund dafür gesetzt habe, dass der Kläger auch noch nach Ablauf eines Monats habe widersprechen können. Eine Verwirkung bei Verletzung der Unterrichtungspflicht könne nur dann eintreten, wenn ganz besondere Umstände vorlägen, die vorliegend nicht ersichtlich seien. Wegen der Urteilsbegründung im Einzelnen wird auf Bl. 118 - 122 der Akte Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 11.10.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat die Beklagte mit einem am 16.10.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11.01.2007 mit einem am 11.01.2007 per Fax und am 12.01.2007 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, dass das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch des Klägers vom 12.09.2005 ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verwirkt sei. Die Beklagte rügt, die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, eine Information über die Haftungsverteilung gemäß § 613 a Abs.2 BGB sei ein unabdingbarer Mindestbestandteil eines Informationsschreibens gemäß § 613 a BGB, sei rechtlich unzutreffend. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei überdies ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B. Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff "Übergang" könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien "soweit wie möglich Kontinuität zu wahren". Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Das Arbeitsgericht verkenne, dass ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der "Normalsituation" günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben. Denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden sei.

Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe.

Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedenfalls verspätet erfolgt. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatige Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich geradezu der Eindruck auf, die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.

Der Widerspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts jedenfalls verwirkt. Das Arbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft keine dezidierte Aussage zum Zeitmoment der Verwirkung getroffen. Für das Zeitmoment sei an den Zugang des Schreibens vom 22.10.2004 beim Kläger anzuknüpfen. Zu diesem Zeitpunkt sei für ihn ersichtlich gewesen, dass eine dezidierte Aussage über die befristete gesamtschuldnerische Haftung in dem Informationsschreiben nicht enthalten gewesen sei. Danach sei von einem Zeitraum von mehr als zehn Monaten auszugehen, der für die Erfüllung des Zeitmoments ausreiche, da gerade die Frage nach dem Bestand eines Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei. Für das Umstandsmoment sei es ausreichend, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der B. Photo GmbH aufgenommen und fortgeführt habe. Das Arbeitsgericht habe sich hierüber ohne Begründung hinweggesetzt.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 19.09.2006, 5 Ca 2495/05 lev, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt im Wesentlichen weiterhin den Standpunkt, dass das Informationsschreiben bereits deshalb fehlerhaft sei, weil ein Hinweis auf die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Betriebserwerber fehle. Er behauptet, vor seinem Widerspruch habe er keine Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens gehabt. Zudem habe er bereits mit Schreiben vom 20.07.2005 um ergänzende und vollständige Information gebeten. Gemessen ab diesem Zeitpunkt habe er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses binnen einer Frist von weniger als zwei Monaten widersprochen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs. 1 BGB auf die B. Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen, so dass aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien fortbesteht. Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 12.09.2005 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs. 5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes oder ein Verzicht auf die Ausübung des Widerspruchsrechts kann nach Auffassung der Berufungskammer ebenso wenig festgestellt werden wie ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers.

1.

Die auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Der Kläger verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen war.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1. April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs. 5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs. 6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs. 5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs. 6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N.; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs. 1 bis 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des 613 a Abs. 2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK., § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller Bonanni in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr.328; Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs. 1 S. 1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs. 2 BGB gehört (so auch BAG, Urteil vom 14.12.2006, 8 AZR 763/06, zitiert nach juris).

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" gibt lediglich die in § 613 a Abs. 1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen lässt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs. 2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs. 5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs. 5 Nr. 3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB spricht von "Folgen" und nicht von "Nachteilen" des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der "Maßnahmen" im Sinne von § 613 a Abs. 5 Nr. 4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist unerheblich, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481).

Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs. 5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber nur noch begrenzt haftet.

Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs. 5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn schon in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap. 56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a Abs. 4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs. 5 Nr. 3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht (vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.).

Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen. Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann vorliegend jedoch letztlich dahinstehen, denn die Unterrichtung ist bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft.

Umstritten ist, ob zur Pflicht, über die wirtschaftlichen Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, auch erforderlich ist, Angaben über die Solvenz des Betriebserwerbers zu machen. Das Bundesarbeitsgericht hat diese Frage bisher offen gelassen. Nach Auffassung der Berufungskammer kann auch vorliegend offen bleiben, ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, denn die Unterrichtung war aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft.

Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Inhalt des Informationsschreibens in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

3.

Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs. 5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs. 3 S. 3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs. 3 S. 2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke, denn die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist sind diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs. 6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen (BAG, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht "schutzlos" ausgeliefert ist. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch der Arbeitnehmer aus § 613 a Abs. 5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. dazu u.a. Grau a.a.O., S.221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich - wie vorliegend die Beklagte - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass weitere Arbeitnehmer grundsätzlich zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 12.09.2006 jedenfalls nicht verfristet.

4.

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S.295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Das Bundesarbeitsgericht hält auch nach der Neuregelung des § 613 a BGB daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, zitiert nach juris). Streitig ist dabei im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat. Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006, 1406, m.w.N.).

a)

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs. 5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Grau, a.a.O., S. 295 m.w.N.). Die Frage des Rechtsmissbrauchs lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156).

Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, zitiert nach juris). Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstgrenze, beispielsweise von sechs Monaten, abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/06 = NZA 2006, 1406). Dabei ist die Länge des Zeitmoments in Wechselwirkung zu dem ebenfalls erforderlichen Umstandsmoment zu setzen. Je stärker das gesetzte Vertrauen oder die Umstände, die eine Geltendmachung für den Anspruchsgegner unzumutbar machen, ist, desto schneller kann ein Anspruch verwirken (vgl. BAG, a.a.O.).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs. 6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs. 5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht "abzusichern", kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs bzw. Zugangs des Unterrichtungsschreibens, sondern - wenn überhaupt - frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war (so auch Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitsrecht Komm., § 613 a BGB Rdnr.340).

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005 (8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs. 5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 S. 1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht "im Zugzwang". Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs. 5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht "im Zugzwang" ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich führt die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang bzw. ab Zugang des Unterrichtungsschreibens beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen. Ein illoyales und damit rechtsmissbräuchliches Verhalten kann dem Widerspruchsberechtigten erst dann vorgeworfen werden, wenn er Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung hat und dennoch einen längeren Zeitpunkt zuwartet, bevor er sein Recht ausübt.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass nach herrschender Meinung im Rahmen der Verwirkung eine Kenntnis des Berechtigten vom Bestehen des Rechts grundsätzlich nicht erforderlich ist. Abgesehen davon, dass nach Auffassung der Berufungskammer die Anknüpfung des Zeitmoments an die Kenntnis des Arbeitnehmers von der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung - wie ausgeführt - im Hinblick auf die nicht in Gang gesetzte Widerspruchsfrist geboten ist, wird auch bei der Verwirkung die Einschränkung gemacht, erforderlich sei, dass der Berechtigte jedenfalls bei objektiver Beurteilung Kenntnis hätte haben können. So hat auch das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 12.12.2006 (9 AZR 747/06, zitiert nach juris) ausgeführt, der für die Verwirkung maßgebliche Zeitraum beginne, sobald der Kläger seine Rechte erkennen und sie der Beklagten gegenüber geltend machen könne.

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen konnte der Kläger frühestens aus der Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch die B. Photo GmbH einen Anhaltspunkt dafür entnehmen, dass die Unterrichtung über den Betriebsübergang möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Diesen "Anhaltspunkt" hat der Kläger zum Anlass genommen, die Beklagte bereits mit Schreiben vom 20.07.2005, also zwei Monate nach Stellung des Insolvenzantrages, darauf hinzuweisen, dass er sich nicht ordnungsgemäß unterrichtet fühlt und daher um eine Vervollständigung der Informationen bittet. Gleichzeitig hat er darauf hingewiesen, dass er nach entsprechender wahrheitsgemäßer Information entscheiden wird, ob er dem Übergang widerspricht oder nicht.

Unter diesen Umständen ist das Zeitmoment dadurch, dass der Kläger zunächst zirka sieben Wochen auf eine Stellungnahme der Beklagten gewartet und erst dann den Widerspruch ausgeübt hat, nicht erfüllt. Vielmehr ist der Beklagten vorzuwerfen, dass sie das Schreiben des Klägers nicht beantwortet und offensichtlich gehofft hat, der Kläger werde sein Begehren nicht weiter verfolgen. Dem Kläger kann unter Berücksichtigung dieser Umstände keine illoyal verspätete Geltendmachung seines Anspruchs vorgeworfen werden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt -aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen.

Dem Vortrag der Beklagten, der Kläger habe bereits nach Zugang des Unterrichtungsschreibens erkennen könne, dass Darlegungen zur Haftung und zum Kündigungsschutz fehlen, kann nicht gefolgt werden. Zunächst ist insoweit darauf hinzuweisen, dass nach Auffassung der Berufungskammer eine rein formale Überprüfung des Unterrichtungsschreibens hinsichtlich des erforderlichen Inhalts erfolgt. Der subjektive Kenntnisstand des jeweiligen Arbeitnehmers muss - jedenfalls in diesem Zusammenhang - unberücksichtigt bleiben, denn es entzieht sich einer gerichtlichen Überprüfung, ob der betreffende Arbeitnehmer - möglicherweise wegen juristischer Vorkenntnisse - dazu in der Lage war, eine Fehlerhaftigkeit oder Unvollständigkeit des Unterrichtungsschreibens zu entdecken.

Abgesehen davon muss sich die Beklagte entgegenhalten lassen, dass sie selbst - ihre Auffassung als richtig unterstellt - ebenfalls - und zwar bereits bei Abfassung des Unterrichtungsschreibens - dazu in der Lage gewesen sein müsste, die im Unterrichtungsschreiben fehlenden Darlegungen zur Haftungsregelung und zum Kündigungsschutz zu erkennen. Es stellt sich sodann die Frage, warum diese - nach Auffassung der Beklagten erkennbaren - Darlegungen von ihr weggelassen worden sind. Eine Beantwortung dieser Frage ist jedoch nicht erforderlich, da die erkennende Kammer - wie ausgeführt - von einer rein formalen inhaltlichen Überprüfung ausgeht. Schließlich hat die Beklagte auch selbst darauf hingewiesen, dass wegen des Textformerfordernisses allein der Inhalt des Unterrichtungsschreibens maßgeblich sei und außerhalb liegende Umstände - somit auch der subjektive Kenntnisstand eines Arbeitnehmers - keine Berücksichtigung finden dürften.

Danach fehlt es vorliegend nach Auffassung der Berufungskammer vorliegend für den Tatbestand der Verwirkung bereits an der Erfüllung des Zeitmoments.

b)

Selbst wenn dieser Auffassung nicht zu folgen wäre, fehlt es jedenfalls an dem Vorliegen des Umstandsmomentes.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen (vgl. Grau, a.a.O. S.302). Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG München, Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7). Entscheidender Gesichtspunkt ist insoweit, dass die Verwirkung dem Vertrauensschutz dient.

Die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber reicht angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Vielmehr stellt die Weiterarbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S. 2 BGB zu vermeiden.

Ein vertrauensbildender Umstand ist auch nicht darin zu sehen, dass der Kläger in der Bescheinigung zur Vorlage beim Arbeitsamt die Erwerberin als Arbeitgeberin angegeben hat. Abgesehen davon, dass die schwierige rechtliche Bewertung, wer unter den gegebenen Umständen tatsächlich Arbeitgeber des Klägers ist, nach Auffassung der Berufungskammer nicht auf diesen verlagert werden kann, ist für die Kammer nicht ersichtlich, wieso aus diesem Umstand ein schutzwürdiges Vertrauen auf Seiten der Beklagten entstehen konnte, denn der Beklagten war vor dem Widerspruch des Klägers gar nicht bekannt, wen der Kläger in der Bescheinigung als Arbeitgeber angegeben hatte. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, ihr sei die Kenntnis der Erwerberin zuzurechnen. Nach Auffassung der Berufungskammer kann sich auf den Tatbestand der Verwirkung nur derjenige berufen, der aufgrund bestimmter, vom Berechtigten gesetzter Umstände selbst das Vertrauen gebildet hat, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Insofern ist eine subjektive Komponente auf Seiten des Vertrauenden erforderlich, die nicht durch die Kenntnis eines Dritten - zum Beispiel des Erwerbers - ersetzt werden kann.

Eine Verwirkung scheidet nach Auffassung der Berufungskammer auch deshalb aus, weil der Kläger sich bereits mit Schreiben vom 20.07.2005 vorbehalten hat, sein Widerspruchsrecht noch auszuüben und damit einen vertrauenszerstörenden Umstand gesetzt hat. Eine Verwirkung gilt bereits dann als ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in irgendeiner Weise zu erkennen gibt, dass er möglicherweise auf seinem Recht besteht (vgl. Grau, a.a.O. S.303 m.w.N.). Mit seinem Schreiben vom 20.07.2005 hat der Kläger ausdrücklich erklärt, dass er sich die Ausübung des Widerspruchrechtes nach Eingang der weiteren Informationen durch die Beklagte vorbehält. Für die Beklagte war damit deutlich erkennbar, dass der Kläger zunächst ein Handeln ihrerseits erwartete, um danach seine Entscheidung zu treffen. Damit hat der Kläger auf Seiten der Beklagten einen vertrauenszerstörenden Umstand gesetzt. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte gerade nicht davon ausgehen, der Kläger werde - ohne ein Handeln ihrerseits - sein Recht nicht mehr geltend machen. Dennoch hat die Beklagte das Schreiben des Klägers unbeantwortet gelassen und offensichtlich gehofft, der Kläger werde sein Recht nicht weiter verfolgen, so dass sie sich nach einem gewissen Zeitablauf auf eine Verwirkung des Rechts berufen könnte. Wie bereits ausgeführt verfolgt das Rechtsinstitut der Verwirkung jedoch nicht den Zweck, den Schuldner aufgrund Zeitablaufs von seiner Verpflichtung zu befreien, sondern dient dem Vertrauensschutz. Auf einen Vertrauensschutz kann die Beklagte sich unter den gegebenen Umständen gerade nicht berufen. Zudem hätte die Beklagte es in der Hand gehabt, durch eine Beantwortung des Schreibens des Klägers - selbst wenn es nur der Hinweis gewesen wäre, sie halte ihre erteilten Informationen für richtig und vollständig - den Tatbestand der Verwirkung herbeizuführen, wenn der Kläger sodann trotzdem untätig geblieben wäre.

Zudem ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Beklagte kurz nach Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die B. Photo GmbH betreffend von einer größeren Anzahl anderer Arbeitnehmer eine Widerspruchserklärung erhalten hat und von diesen gerichtlich auf das Bestehen von Arbeitsverhältnissen in Anspruch genommen worden ist mit der Begründung, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft sei. Sie musste deshalb damit rechnen, dass auch andere Arbeitnehmer aufgrund der gerügten und tatsächlich bestehenden Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung - insbesondere nach weiterer Aufklärung der Sach- und Rechtslage - von ihrem Widerspruchsrecht noch Gebrauch machen werden. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte gerade kein Vertrauen dahingehend bilden, der Kläger werde trotz der Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung keinen Widerspruch erklären. Der Umstand, dass der Kläger seine Rechte nicht zur gleichen Zeit wie die anderen Arbeitnehmer geltend gemacht hat, konnte bei der Beklagten kein schützenswertes Vertrauen begründen (vgl. dazu BAG, Urteil vom 24.05.2006, 7 AZ 365/05, zitiert nach juris, zur Arbeitnehmerüberlassung und der Verwirkung des Rechts, das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geltend zu machen), denn - wie bereits ausgeführt - reicht der Zeitablauf nach Kenntnis von dem noch bestehenden Widerspruchsrecht allein nicht aus, um den Tatbestand der Verwirkung zu bejahen.

Diese Bewertung wird auch von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in vergleichbaren Fällen gestützt.

In einem Verfahren, in dem die Parteien über die Verwirkung einer Qualifikationszulage stritten, hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen der Verwirkung ausgeführt, gerade weil Kollegen der - dortigen - Klägerin gleich gelagerte Ansprüche geltend gemacht hatten, habe die Beklagte damit rechnen müssen, dass andere Arbeitnehmer dies zum Anlass nehmen würden, ihrerseits Ansprüche zu erheben. Wenn die - dortige - Beklagte wegen der Klageerhebung durch zwei Ärzte die Rechtslage mit der Klägerin hätte klären wollen, hätte sie von sich aus auf die Klägerin zugehen können(vgl. BAG, Urteil vom 14.02.2007 (10 AZR 35/06 = NJW 2007, 2063).

Auch bezogen auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung hat das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 17.01.2007 (7 AZR 23/06, zitiert nach juris, Rdnr. 33) darauf hingewiesen, dass selbst die jahrelange Untätigkeit des dortigen Klägers während eines gleichgelagerten Rechtstreits zwischen der dortigen Beklagten und anderen Arbeitnehmern wegen des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses für eine Annahme der Verwirkung nicht ausreicht. Die dortige Beklagte habe vielmehr damit rechnen müssen, dass - je nach Ausgang des Rechtsstreits - auch andere Arbeitnehmer wie der Kläger vergleichbare Ansprüche geltend machen würden.

In seiner Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 382/05, zitiert nach juris) hat das Bundesarbeitsgericht bezogen auf ein Widerspruchsrecht bei einem Betriebsübergang ausgeführt, die dortige Beklagte habe bereits seit Zugang der Klageschrift, in der das Bundesarbeitsgericht noch keine Widerspruchserklärung sah, nicht mehr darauf vertrauen dürfen, dass die dortige Klägerin nicht mehr von ihrem Widerspruchsrecht Gebrauch machen werde. Die Beklagte habe aufgrund ihrer Inanspruchnahme damit rechnen müssen, dass die Klägerin mit fortschreitender Aufklärung der Rechtslage ihr Widerspruchsrecht ausüben werde.

Die Beklagte musste danach auch im Hinblick auf die gegen sie bereits geführten Klageverfahren anderer Arbeitnehmer damit rechnen, dass auch der Kläger seinen Anspruch noch geltend machen wird.

Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.

5.

Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auf sein Widerspruchsrecht verzichtet haben könnte oder sein Verhalten widersprüchlich ist, liegen nicht vor.

6.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann auch nicht festgestellt werden, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 613 a BGB rechtsmissbräuchlich ausgeübt hat.

Dem Kläger kann nicht unterstellt werden, in Anbetracht der Insolvenz der Erwerberin habe er sein Widerspruchsrecht nur ausgeübt, um daraus ungerechtfertigte Vorteile zu ziehen. Dies gilt vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger bereits seit 1984 bei der Beklagten beschäftigt ist und schon im Hinblick auf den erworbenen Bestandsschutz ein erhebliches Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten haben kann. Ein Rückkehrwille kann dem Kläger auch unter im Hinblick auf die Ankündigung der Beklagten im Unterrichtungsschreiben, er müsse für den Fall seines Widerspruchs mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer Kündigung seitens der Beklagten rechnen, nicht abgesprochen werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um eine im vorliegenden Verfahren nicht nachzuprüfende Behauptung der Beklagten. Ob tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit - ggf. zu geänderten Bedingungen - besteht, kann der Kläger bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht.

Die Berufung der Beklagten war mithin zurückzuweisen.

III.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO der Beklagten aufzuerlegen.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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