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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 13.12.2006
Aktenzeichen: 7 (6) Sa 629/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
1. Die Unterrichtung ist fehlerhaft und setzt den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Gang, wenn über die haftungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs nicht unterrichtet worden ist.

2. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung kann der Arbeitnehmer - bis zur Grenze der Verwirkung - grundsätzlich unbefristet von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen.

3. Der Verzicht eines Arbeitnehmers auf eine Nachinformation ist grundsätzlich möglich. Ob darin gleichzeitig ein Verzicht auf die Ausübung des Widerspruchsrechts liegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

4. Die Vertragsfortführung mit dem Betriebserwerber kann grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsverzicht gewertet werden.

5. Der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages mit einem dritten Arbeitgeber vor Ablauf der Widerspruchsfrist kann eine geeignete Maßnahme darstellen, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs zu vermeiden, ohne dass darin gleichzeitig ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht zu sehen ist. Ob die Ausübung des Widerspruchsrechts in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES TEILURTEIL

7 (6) Sa 629/06

Verkündet am 13. Dezember 2006

In dem Rechtsstreit

hat die 7. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 13.12.2006 durch die Richterin am Arbeitsgericht Paßlick als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Behrend und den ehrenamtlichen Richter Vogtländer

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 11.05.2006 - 1 Ca 2564/05 lev - wird zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen ist, sondern zu der Beklagten fortbesteht.

II. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 09.12.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht. Zudem macht er gegenüber der Beklagten Zahlungsansprüche geltend. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Der Kläger war seit 1982 bei der Beklagten zuletzt als Manager Private Label im Werk M. zu einem Jahreseinkommen in Höhe von 71.600,00 € brutto beschäftigt, das sich aus einem Jahresgehalt von 62.212,00 € brutto sowie einer jährlichen Sonderzahlung von 9.388,00 € brutto zusammensetzte. Wegen des Inhalts des Vertrages im Einzelnen wird auf Bl.20-24 der Akte Bezug genommen. Zusätzlich erhielt der Kläger in der Vergangenheit eine Bonuszahlung auf der Grundlage der "Gesamtbetriebsvereinbarung zu den Rahmenbedingungen eines Bonus-Plans für die außertariflichen Angestellten der B. -H. AG". Wegen des Inhalts dieser Gesamtbetriebsvereinbarung wird auf Bl.61-67 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 26.07.2004 teilte die Beklagte dem Kläger u.a. mit, es sei beschlossen worden, den Zielbonus für 2004 bei 100 % Zielerfüllung auf 9 % des individuellen Funktionseinkommens festzulegen (Bl.25 der Akte).

Der Kläger war schwerpunktmäßig im Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) tätig, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab, in die der Kläger nicht aufgenommen wurde.

Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B.Photo GmbH übertragen.

Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs.5 und 6 BGB teilte die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei. Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können. Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt. Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen sei. Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht und dem Hinweis, dass der Kläger im Falle eines Widerspruchs wegen einer sodann nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglich-keit bei der Beklagten damit rechnen müsse, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren, wurde dem Kläger dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen. Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl.26-29 der Akte Bezug genommen.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahren.

Mit Schreiben vom 24.06.2005 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, dass die ihm hinsichtlich des Betriebsübergangs erteilten Informationen offensichtlich unrichtig seien und deshalb der Lauf der Widerspruchsfrist nicht ausgelöst worden sei. Des weiteren führte der Kläger aus:

"Sollte sich bei den weiteren Überprüfungen des vorläufigen Insolvenzverwalters bestätigen, dass die mir von Ihnen anlässlich des Betriebsübergangs erteilten Informationen den gesetzlichen Vorschriften des § 613 a BGB nicht entsprochen haben und deshalb die Widerspruchsfrist tatsächlich noch nicht zu laufen begonnen hat, muss ich mir sowohl einen nachträglichen Widerspruch als auch Schadensersatzansprüche vorbehalten. Ich muss Sie daher bitten, die mir anlässlich des Betriebsübergangs gemachten Angaben so zu vervollständigen und ggf. zu berichtigen, dass mir eine Entscheidung über den Widerspruch ermöglicht wird. Einer solchen Stellungnahme sehe ich bis zum 31.07.2005 entgegen. Sollten sie zu den aufgeworfenen Fragen bis dahin nicht vollständige Auskunft erteilt haben, werde ich meine Entscheidung nach anwaltlicher Beratung anhand der mir vorliegenden - bisher unvollständigen - Informationen treffen."

Wegen des Inhalts des Schreibens im Einzelnen wird auf Bl.163-164 der Akte Bezug genommen.

Dieses Schreiben ließ die Beklagte unbeantwortet.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 04.08.2005 ließ der Kläger die Beklagte zur Zahlung des Bonus für das Jahr 2004 auffordern unter Hinweis darauf, dass die Beklagte - unabhängig davon, ob ein Widerspruchsrecht bestehe - zu dieser Zahlung verpflichtet sei (Bl.71-72 der Akte).

Unter dem Datum vom 16.08.2005 schloss der Kläger mit der Dr. M. & Co GmbH einen Anstellungsvertrag mit Wirkung ab dem 01.10.2005 ab. Hinsichtlich des Inhalts des Arbeitsvertrages wird auf Bl.59-60 der Akte verwiesen.

Mit einer e-mail vom 20.09.2005, gerichtet an die Mitarbeiter der B. Photo GmbH in M. und L., teilte der Kläger mit, dass er "B." verlasse. Wegen des Inhalts der e-mail im Einzelnen wird auf Bl.263-264 der Akte Bezug genommen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2005 widersprach der Kläger wegen unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH.

Seit dem 01.10.2005 ist der Kläger für die Dr. M. & Co GmbH tätig.

Mit Schreiben vom 06.10.2005 teilte die B. Photo GmbH dem Kläger mit, sie betrachte das Arbeitsverhältnis mit Eingang des Widerspruchs am 28.09.2005 zum gleichen Datum als beendet (Bl.58 der Akte).

Mit Schreiben vom 24.10.2005 bestätigte die Beklagte den Eingang des Widerspruchsschreibens des Klägers.

Mit Schreiben vom 24.11.2005 kündigte der Insolvenzverwalter der B. Photo GmbH das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 28.02.2006. Gegen diese Kündigung hat der Kläger keine Kündigungsschutzklage erhoben. Der Insolvenzverwalter zahlte an den Kläger auf die Sondervergütung für das Jahr 2005 1.095,81 € brutto sowie weitere 416,70 brutto.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im September 2005 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. Er hat unter Bezugnahme auf die auf der Betriebsversammlung und in den betriebsinternen Magazinen dargelegten Informationen behauptet, über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin sei falsch informiert worden. Durch den Verweis im Schreiben vom 22.10.2004 auf die bereits erteilten Informationen seien nicht nur die im Schreiben selbst enthaltenen Informationen, sondern auch die außerhalb dieses Schreibens erteilten Angaben zu berücksichtigen. Entgegen diesen Informationen sei die B. Photo GmbH wirtschaftlich so schlecht ausgestattet gewesen, dass ein Überleben am Markt tatsächlich nicht möglich gewesen sei. Es sei vor allem über die finanzielle Ausstattung und die Übertragung der Markenrechte falsch informiert worden. Die B. Photo GmbH habe zu keiner Zeit über Barmittel in Höhe von rund 70 Millionen Euro verfügt und auch keine Kreditlinie in Höhe von 50 Millionen Euro gehabt. Über die Markenrechte könne sie nicht verfügen, sondern habe diesbezüglich nur ein Nutzungsrecht. Außerdem habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Er habe nie zu erkennen gegeben, dass er sein Widerspruchsrecht nicht mehr geltend machen wolle, sondern habe vielmehr mit Schreiben vom 24.06.2005 ausdrücklich weitere Informationen verlangt. Die Beklagte schulde daher die Zahlung des Bonus für 2004, die Sondervergütung für das Jahr 2005, Spesen für April und Mai 2005, die während der Tätigkeit für die Erwerberin entstanden seien, sowie die Arbeitgeberbeiträge für die Bayer Pensionskasse für die Monate Mai bis Juli 2005.

Vorsorglich hat der Kläger seine Zahlungsansprüche auch auf den Gesichtspunkt des Schadensersatzes gestützt und vorgetragen, wenn er ordnungsgemäß unterrichtet worden wäre, hätte er dem Betriebsübergang widersprochen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen ist, sondern zu der Beklagten fortbesteht.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 9.785,23 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, für die Monate Mai, Juni und Juli 2005 einen Betrag von jeweils 212,72 € an die Bayer Pensionskasse nachzuzahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Für die Frage einer richtigen und ausreichenden Information bezüglich des Betriebsübergangs sei allein der Inhalt des Schreibens vom 22.10.2004 maßgeblich gewesen. Dies ergebe sich schon aus dem Textformerfordernis in § 613 a Abs.5 BGB. Mitteilungen auf Betriebsversammlungen oder in betriebsinternen Magazinen genügten nicht der Formvorschrift des § 126 b BGB. Außerdem gehe aus dem Schreiben eindeutig hervor, dass allein dieses Schreiben der Erfüllung der Informationspflicht diene. Eine Pflicht zur Information über die wirtschaftliche Lage eines Erwerbers gebe es zudem nicht. Abgesehen davon, dass auch die im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang erteilten Informationen korrekt gewesen seien, enthalte das Schreiben vom 22.10.2004 keine konkrete Information über die wirtschaftliche Solvenz der B. Photo GmbH, sondern beschränke sich auf eine Bewertung. Zudem sei ein Widerspruch im September 2005 auch deshalb nicht mehr möglich gewesen, weil entsprechend § 5 Abs.3 S.2 KSchG von einer Höchstfrist von sechs Monaten auszugehen sei. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information durch seine Weiterarbeit bei der Erwerberin verwirkt. Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Zudem habe der Kläger durch den Abschluss des Arbeitsvertrages vom 16.08.2005 deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wolle. Spesenansprüche stünden dem Kläger bereits deshalb nicht zu, weil zum Zeitpunkt des Entstehens dieser - auch der Höhe nach bestrittenen - Forderung zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden habe. Ein Schadensersatzanspruch scheide aus, weil sich nicht ergebe, welche Rechtspflicht die Beklagte verletzt haben solle. Zudem fehle es an der Darlegung der haftungsbegründenden Kausalität.

Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dazu ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe ein Arbeitsverhältnis, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen habe. Die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB, die mit Zugang der Unterrichtung beginne, sei noch nicht in Gang gesetzt worden, da das Schreiben der Beklagten vom 22.10.2004 den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Unterrichtung im Sinne des § 613 a BGB nicht genüge. So enthalte das Schreiben keinerlei Hinweise auf die in § 613 a Abs.2 BGB geregelte Haftungsverteilung zwischen dem alten und dem neuen Betriebsinhaber. Dass auch über die Haftungsfragen unterrichtet werden müsse, ergebe sich zwingend aus dem Zweck der Unterrichtung. Gerade bei Dauerschuldverhältnissen sei der Austausch eines Vertragspartners für die Frage der Durchsetzbarkeit bereits entstandener oder zukünftig entstehender Ansprüche von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die zu treffende Entscheidung. Ob die Information über die Haftungsfragen im Einzelfall für die Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchsrechtes eine Rolle spiele, sei ohne Bedeutung. Außerdem habe die Beklagte hinsichtlich der Übernahme der Markenrechte unvollständig und damit fehlerhaft informiert, denn es mache einen erheblichen Unterschied, ob man Inhaber von Rechten sei oder lediglich eine Lizenz habe. Eine absolute Zeitgrenze für den Widerspruch entsprechend § 5 Abs.3 KSchG gebe es nicht. Das Gesetz stelle keine zeitliche Höchstgrenze auf. Eine planwidrige Gesetzeslücke liege nicht vor. Der Kläger habe sein Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt. Dabei könne dahinstehen, ob das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment gegeben sei. Jedenfalls fehle es am Umstandsmoment. Dass der Kläger nach dem Betriebsübergang für die Erwerberin weitergearbeitet habe, genüge nicht zur Begründung des Umstandsmomentes. Wenn der Gesetzgeber auf die Festlegung von Höchstgrenzen für die Geltendmachung des Widerspruchs bei fehlerhafter Unterrichtung verzichte, könne allein die Arbeitsaufnahme beim Erwerber nicht das Umstandsmoment erfüllen. Zudem habe die Beklagte aufgrund des Schreibens des Klägers vom 24.06.2005 mit der Ausübung des Widerspruchrechts rechnen müssen. Im Übrigen könne bei der Frage der Verwirkung auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beklagte den Kläger für den Fall des Widerspruchs auf erhebliche Nachteile hingewiesen habe. Weitere Umstände, die zu einer anderen Beurteilung führen könnten, lägen nicht vor. Der Kläger sei gegenüber der Beklagten lediglich untätig gewesen.

Die geltend gemachten Zahlungsanträge stünden dem Kläger lediglich im zuerkannten Umfang zu.

Gegen das der Beklagten am 26.05.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat die Beklagte mit einem am 06.06.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 26.08.2006 mit einem am 28.08.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Gegen das dem Kläger am 02.06.2006 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat der Kläger mit einem am 03.07.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 04.09.2006 mit einem am 04.09.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, dass das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch des Klägers vom 27.09.2005 ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verfristet sei und die geltend gemachten Zahlungsansprüche unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt bestünden. Die Beklagte rügt, die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts, eine Information über die Haftungsverteilung gemäß § 613 a Abs.2 BGB sei ein unabdingbarer Mindestbestandteil eines Informationsschreibens gemäß § 613 a BGB, sei rechtlich unzutreffend. Die in dem Informationsschreiben enthaltene Aussage zur Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Erwerber sei überdies ausreichend, um den Mindestanforderungen gerecht zu werden. Für die Information über Haftungsfragen sei einerseits zwischen der Information über den Austausch des Vertragspartners sowie andererseits über die befristete gesamtschuldnerische Haftung zu differenzieren. Über den Austausch des Vertragspartners und das damit einhergehende Ende der Haftung der Beklagten sei der Kläger in dem Informationsschreiben deutlich durch den Hinweis informiert worden, dass sein Arbeitsverhältnis auf die B.Photo GmbH übergehen werde. Der Begriff "Übergang" könne bei verständiger Würdigung nur dahingehend verstanden werden, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten beendet und mit der B. Photo GmbH fortgeführt werde. Dieses Verständnis werde auch in weiteren Formulierungen des Informationsschreibens verdeutlicht. So werde auf S.3 darauf hingewiesen, dass die in der Überleitungsvereinbarung getroffenen Regelungen davon geprägt seien "soweit wie möglich Kontinuität zu wahren". Daraus ergebe sich, dass eine völlig unveränderte Kontinuität unter Beibehaltung des bisherigen Vertragspartners gerade nicht eintrete.

Das Arbeitsgericht verkenne, dass ein zusätzlicher Hinweis auf die Haftungsregelung in § 613 a Abs.2 BGB nicht erforderlich gewesen sei. Die zusätzliche gesamtschuldnerische Haftung für die Dauer eines Jahres sei eine für den Arbeitnehmer gegenüber der "Normalsituation" günstigere gesetzliche Regelung. Für einen Arbeitnehmer, der sich bereits entschieden habe, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht zu widersprechen, könne ein fehlender Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung keine Bedeutung haben, denn wenn ihm durch Hinweis auf die gesamtschuldnerische Nachhaftung die Situation noch günstiger hätte dargestellt werden können, hätte ihn dies sicherlich nicht dazu veranlasst, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Das Arbeitsgericht habe auch unberücksichtigt gelassen, dass das Informationsschreiben in enger Absprache mit den Arbeitnehmervertretungen verfasst worden sei.

Die Beklagte hält ihre Auffassung aufrecht, dass keine Verpflichtung zur Information über Details der finanziellen Ausstattung der Erwerberin bestanden habe. Dies führt die Beklagte - auch hinsichtlich des Bestehens der Markenrecht - auf S.10-15 ihrer Berufungsbegründung aus. Insoweit wird auf Bl.247-252 der Akte Bezug genommen.

Der vom Kläger erhobene Widerspruch sei jedoch selbst dann verspätet erfolgt, wenn man fälschlicherweise annehmen wolle, die Information sei unzutreffend oder unvollständig gewesen. Ein grenzenloses Widerspruchsrecht widerspräche den Grundsätzen von Treu und Glauben und auch dem Regelungszweck des Gesetzes. Zudem könnten die beteiligten Unternehmen andernfalls auf Dauer keinerlei Rechtssicherheit erhalten, da ein Arbeitnehmer das Widerspruchsrecht noch nach Jahren mit der Begründung ausüben könnte, die Informationen über den Betriebsübergang seien unzulänglich gewesen. In der Literatur werde deshalb zutreffend vertreten, dass in analoger Anwendung von § 5 Abs.3 S.2 KSchG eine Höchstfrist von sechs Monaten ab Betriebsübergang für die Erklärung des Widerspruchs gelten müsse. Wie sich aus den Gesetzgebungsunterlagen ergebe, sei eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Änderungsvorschlag, in das Gesetz eine sechsmonatige Ausschlussfrist aufzunehmen, nicht erfolgt. Es dränge sich geradezu der Eindruck auf, die Vorschläge der Opposition seien deshalb abgelehnt worden, weil sie von der Opposition stammten und nicht weil sie inhaltlich diskutiert worden wären.

Der Widerspruch des Klägers sei entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts jedenfalls verwirkt. Für das Zeitmoment sei von einem Zeitraum von elf Monaten auszugehen. Anzuknüpfen sei an den Zeitpunkt des Zugangs des Informationsschreibens beim Kläger, denn mit Zugang habe er erkennen können, dass das Schreiben keine dezidierte Aussage über die gesamtschuldnerische Nachhaftung gemäß § 613 a Abs.2 BGB enthielt. Da gerade die Frage nach dem Bestand des Arbeitsverhältnisses besonders eilig klärungsbedürftig sei, seien an das Zeitmoment keine hohen Anforderungen zu stellen. Für das Umstandsmoment sei es bei zutreffender Beurteilung ausreichend, dass der Kläger bis zum Ende seines Arbeitsverhältnisses seine Tätigkeit bei der Erwerberin aufgenommen und fortgeführt habe. Als weiteres Umstandsmoment komme hinzu, dass der Kläger der Beklagten in seinem Schreiben vom 24.06.2005 eine Frist bis zum 31.07.2005 gesetzt und für den Fall der Nichtreaktion Sanktionen angekündigt habe. Eine Reaktion des Klägers sei indes weitere zwei Monate nicht erfolgt. Dadurch habe der Kläger sein Widerspruchsrecht spätestens zu Ende Juli 2005 verwirkt. Zudem stehe dem Kläger ein gesonderter Informationsanspruch auf "Nachinformation" nicht zu.

Des weiteren habe das Arbeitsgericht übersehen, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht durch Abschluss eines Arbeitsvertrages bei einer dritten Gesellschaft verwirkt habe. Es sei treuwidrig, wenn der Kläger sich eineinhalb Monate nach Unterzeichnung eines anderen Arbeitsvertrages auf ein Widerspruchsrecht berufe. Seiner endgültigen Abkehr von der Beklagte habe der Kläger auch durch seine e-mail vom 20.09.2005 Ausdruck verliehen und damit die Beklagte darauf vertrauen lassen, dass er einen Widerspruch nach Ablauf der von ihm selbst gesetzten Frist nicht mehr ausüben würde.

Schließlich habe die Kündigung des Insolvenzverwalters das Arbeitsverhältnis spätestens zum 28.02.2006 beendet, da der Kläger gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben habe.

Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dass ihr ein Verstoß gegen Treu und Glauben durch die zutreffenden Hinweise auf die Folgen eines ausgeübten Widerspruchs entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts nicht vorgeworfen werden könne. Dadurch habe sie den Kläger nicht "manipuliert", sondern vor möglichen Rechtsnachteilen im Zusammenhang mit der Ausübung seines Widerspruchs bewahrt.

Hinsichtlich der Zahlungsansprüche scheide sowohl ein Anspruch aus Annahmeverzug als auch eine Haftung aus § 613 a Abs.2 BGB aus. Vorsorglich weist die Beklagte darauf hin, dass auch ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes ausscheide. Wegen ihres diesbezüglichen Vortrags wird auf Bl.381-384 der Akte Bezug genommen.

Hinsichtlich der vom Kläger eingelegten Berufung weist die Beklagte darauf hin, diese sei bereits aus formellen Gründen zurückzuweisen, weil der Kläger weder das Aktenzeichen noch das Datum der erstinstanzlichen Entscheidung angegeben habe, zudem mit seinem Antrag versuche, ein Urteil des Arbeitsgerichts Köln anzugreifen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 11.05.2006, 1 Ca 2564/05 lev, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen .

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

an den Kläger 6.596,85 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

für die Monate Mai, Juni und Juli 2005 einen Betrag von jeweils 212,72 € an die Bayer Pensionskasse nachzuzahlen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt im wesentlichen weiterhin den Standpunkt, dass das Informationsschreiben bereits deshalb fehlerhaft sei, weil ein Hinweis auf die Haftungsverteilung zwischen Veräußerer und Betriebserwerber fehle. Der bloße Hinweis auf den Austausch eines Vertragspartners reiche insoweit nicht aus. Unerheblich sei, ob die fehlende Information sich kausal auf die vom Arbeitnehmer zu treffende Entscheidung auswirke, da die Beweggründe für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ohne Belang seien. Für die Beklagten bestehe die Verpflichtung, die betroffenen Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation objektiv, vollständig und insbesondere wahrheitsgemäß zu informieren, was durch die Beklagte gerade nicht erfolgt sei. Der Kläger hält an seinem Vortrag fest, dass auch die Information, die B.Photo GmbH sei Inhaberin der Markenrechte geworden, falsch sei. Diese gehörten vielmehr der B. Photo Holding GmbH, die von der Insolvenz nicht betroffen sei.

Das Widerspruchsrecht sei weder verfristet noch verwirkt.

Entgegen der Auffassung der Beklagten gelte keine Höchstfrist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes. Wie sich aus der Begründung des Gesetzesentwurfs ergebe, sei sich der Gesetzgeber seinerzeit der Fristenproblematik bewusst gewesen und habe eine Höchstfrist dennoch ausdrücklich abgelehnt und damit klargestellt, dass es die Unterrichtenden selbst in der Hand hätten, die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen und für Klarheit bei allen Beteiligten zu sorgen.

Hinsichtlich einer Verwirkung seien vorliegend weder das Zeit- noch das Umstandsmoment erfüllt. Im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung könne das Zeitmoment frühestens ab Kenntnis der Unrichtigkeit der erteilten Unterrichtung beginnen. Hinsichtlich des für eine Verwirkung erforderlichen Umstandsmoments sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte versucht habe, die Mitarbeiter durch die Formulierung des Unterrichtungsschreibens von einem Widerspruch abzuhalten.

Aus dem Schreiben des Klägers aus Juni 2005 könne gerade keine Verwirkung hergeleitet werden. Da er - der Kläger - bereits ca. zwei Monate nach Ablauf der von ihm für die Nachinformation gesetzten Frist das Widerspruchsrecht ausgeübt habe, fehle es sogar schon am Zeitmoment. Zudem habe die Beklagte aufgrund dieses Schreibens schon kein schutzwürdiges Vertrauen entwickeln können.

Durch die e-mail vom 20.09.2005 habe er sich nur von seinen Arbeitskollegen verabschieden wollen. Zudem sei die Mail der Beklagten zum damaligen Zeitpunkt gar nicht bekannt gewesen.

Durch den Abschluss des neuen Arbeitsvertrages habe er lediglich sicherstellen wollen, überhaupt ein Arbeitsverhältnis zu haben.

Die Kündigung des Insolvenzverwalters habe das Arbeitsverhältnis bereits deshalb nicht beenden können, weil sie nach Ausübung des Widerspruchrechts ausgesprochen worden sei.

Das Umstandsmoment könne nicht aus der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin hergeleitet werden. Der Kläger habe damit lediglich seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt und den Vorwurf des böswillgen Unterlassens anderweitigen Erwerbs verhindert. Schließlich schließe das unredliche und pflichtwidrige Verhalten der Beklagten aus, dass diese sich auf einen sie begünstigenden Vertrauenstatbestand berufen könne.

Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, dass ihm die geltend gemachten Zahlungsansprüche auch unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes zustehen und führt dies auf S.19-21 seines Schriftsatzes vom 02.11.2006 im Einzelnen aus. Insoweit wird auf Bl.347-349 der Akte Bezug genommen.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) der Beklagten, über die durch Teilurteil entschieden worden ist, ist zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist jedoch in dem von diesem Teilurteil umfassten Umfang unbegründet und war dem gemäß zurückzuweisen. Da nur der Anspruch des Klägers hinsichtlich der Feststellung, dass sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen ist, zur Endentscheidung reif war, war gemäß § 301 ZPO durch Teilurteil zu entscheiden. Die Berufungskammer folgt hinsichtlich des entschiedenen Teils den zutreffenden Gründen der Entscheidung des Arbeitsgerichts. Die Angriffe der Beklagten gegen dieses Urteil vermögen nicht durchzugreifen.

1.

Die auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs.2 ArbGG, 256 Abs.1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Der Kläger verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und den sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers besteht zu der Beklagten fort. Zwar ist der Betriebsteil, in dem der Kläger beschäftigt war, gemäß § 613 a Abs.1 BGB auf die B.Photo GmbH übergegangen. Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses jedoch rechtzeitig und wirksam gemäß § 613 a Abs.6 BGB widersprochen. Der Widerspruch des Klägers mit Schreiben vom 27.09.2005 war noch rechtzeitig, da die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs.5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. Eine Verwirkung des Widerspruchsrechtes kann nicht festgestellt werden.

a)

Der Kläger hat dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses form- und fristgerecht widersprochen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass die Monatsfrist des § 613 a Abs.6 BGB wegen fehlerhafter Unterrichtung der Beklagten über den Teilbetriebsübergang noch nicht verstrichen war.

Durch das Gesetz zur Änderung des Seemannsgesetzes und anderer Gesetze vom 23.März 2002 (BGBl. I S.1163) wurde § 613 a BGB mit Wirkung ab 1.April 2002 um die Absätze 5 und 6 ergänzt. § 613 a Abs.5 BGB bestimmt, dass der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über den (geplanten) Zeitpunkt des Übergangs, den Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer und die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen zu unterrichten hat. Gemäß § 613 a Abs.6 BGB kann der Arbeitnehmer dem Übergang des Arbeitsverhältnisses innerhalb eines Monats nach Zugang der Unterrichtung nach Abs.5 schriftlich widersprechen. Der Widerspruch kann gegenüber dem bisherigen Arbeitgeber oder dem neuen Inhaber erklärt werden. Rechtsfolge der unterbliebenen Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB ist, dass die Widerspruchsfrist gemäß Abs.6 nicht zu laufen beginnt. Nach allgemeiner Ansicht, der sich die Berufungskammer anschließt, gilt das auch für die unvollständige Unterrichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 = NZA 2005, 1978 m.w.N.; BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Die Unterrichtung soll dem Arbeitnehmer eine ausreichende Wissensgrundlage für die Ausübung oder Nichtausübung seines Widerspruchsrechtes geben (vgl. BT-Drucksache 14/7760 S.19). Auf der Grundlage der Information soll der Arbeitnehmer die Folgen des Betriebsübergangs für sich abschätzen können. Die erteilten Informationen müssen zutreffend sein. Ob die Unterrichtung ordnungsgemäß ist, kann vom Gericht überprüft werden (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 305/05).

Vorstehenden Anforderungen genügt das Unterrichtungsschreiben der Beklagten vom 22.10.2004 nicht, denn die Beklagte hat den Kläger jedenfalls nicht hinreichend über die rechtlichen Folgen des Teilbetriebsübergangs unterrichtet.

Die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Betriebsübergangs ergeben sich nach der Gesetzesbegründung vor allem aus den Absätzen 1 bis 4 des § 613 a BGB. Der Gesetzgeber nennt insoweit - unter Bezugnahme auf § 613 a Abs.1 - 4 BGB - die Fragen der Weitergeltung oder Änderung der bisherigen Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers sowie des Kündigungsschutzes (BT-Drucksache 14/7760 S.19). Bereits aus der Gesetzesbegründung ist mithin zu entnehmen, dass auch über das Haftungssystem des 613 a Abs.2 BGB zu unterrichten ist. Dass die Unterrichtung über die rechtlichen Folgen auch Angaben zu der Haftung des bisherigen und des neuen Betriebsinhabers umfasst, wird auch in der Literatur überwiegend vertreten (vgl. ErfK., § 613 a BGB, Rdnr.85; Palandt, § 613 a BGB Rdnr.44; Willemsen/Müller Bonanni in Arbeitsrecht Kom., § 613 a BGB Rdnr.328; Küttner, Personalhandbuch 2006, 123 Rdnr.32; Grau, Unterrichtungs- und Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer bei Betriebsübergang, S.166). Nunmehr hat auch das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 13.07.2006 (a.a.O.) entschieden, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen u.a. sowohl der Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613 a Abs.1 S.1 BGB) als auch auf die gesamtschuldnerische Haftung des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613 a Abs.2 BGB gehört.

Diese Informationen sind dem Schreiben vom 22.10.2004 entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zu entnehmen.

Der Hinweis auf den "Übergang der Arbeitsverhältnisse" gibt lediglich die in § 613 a Abs.1 BGB getroffene Regelung wieder und erschöpft sich letztlich in der Wiederholung des gesetzlich vorgegebenen Begriffs "Übergang". Die reine Wiederholung des Gesetzeswortlauts genügt den Anforderungen des § 613 a BGB nicht. Erforderlich ist vielmehr eine konkrete betriebsbezogene Darstellung in einer auch für juristische Laien möglichst verständlichen Sprache (vgl. BAG a.a.O.) Selbst wenn der Auffassung der Beklagten gefolgt würde, dass sich aus dieser Formulierung ein Austausch der Vertragspartner entnehmen läßt, so wäre dadurch dennoch nichts über die Haftungsregelung des Abs.2 des § 613 a BGB gesagt. Dies räumt auch die Beklagte selbst ein. Sie kann sich indes nicht darauf berufen, der - auch nach ihrem eigenen Vorbringen - unterlassene Hinweis auf die gesamtschuldnerische Haftung gehöre nicht zu den zwingenden Informationen gemäß § 613 a Abs.5 BGB, weil es sich dabei um eine für den Arbeitnehmer günstige Regelung handele, die diesen - nach einem entsprechenden Hinweis - sicherlich nicht dazu veranlassen könnte, deshalb dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.

Dazu ist zunächst festzustellen, dass einer Begrenzung des Unterrichtungsinhaltes nach § 613 a Abs.5 Nr.3, 4 BGB auf lediglich objektiv nachteilige Auswirkungen - wovon die Beklagte offensichtlich ausgeht - der Wortlaut und Zweck der Norm entgegensteht. § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB spricht von "Folgen" und nicht von "Nachteilen" des Übergangs für die Arbeitnehmer. Auch der Begriff der "Maßnahmen" im Sinne von § 613 a Abs.5 Nr.4 BGB ist insoweit neutral (vgl. dazu Grau, a.a.O. S.150). Danach hat der Arbeitgeber bereits nach dem Wortlaut der Norm über alle Folgen des Betriebsübergangs zu unterrichten, ohne dass ihm das Recht einer Bewertung der Folgen als günstig oder ungünstig zusteht. Diese Auffassung steht auch in Einklang mit der Gesetzesbegründung und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, nach der - wie bereits ausgeführt - die Frage der Haftung des bisherigen Arbeitgebers und des neuen Inhabers zu den Folgen gehört, über die der Arbeitgeber zu unterrichten hat.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht darüber hinaus darauf hingewiesen, dass es - entgegen der Auffassung der Beklagten - unerheblich ist, ob die Haftungsfrage bei der Entscheidung des Arbeitnehmers für oder gegen den Betriebsübergang im Einzelfall eine Rolle spielt. Es ist nicht erforderlich, dass eine Kausalität zwischen fehlerhafter Unterrichtung und Erklärung des Widerspruchs festgestellt werden kann, denn aus welchen Gründen der Arbeitnehmer sich weigert, das Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber fortzusetzen, ist grundsätzlich unerheblich. Die Angabe eines Grundes ist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes ebenso wenig von Belang wie das zugrunde liegende Motiv des Arbeitnehmers (BAG, Urteil vom 30.10.2003, 8 AZR 491/02 = NZA 2004, 481). Eine ordnungsgemäße Unterrichtung i.S.d. § 613 a Abs.5 BGB setzt nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Wortlaut der Norm mithin immer eine Darstellung der haftungsrechtlichen Folgen eines Betriebsübergangs voraus.

Abgesehen davon wird dem betroffenen Arbeitnehmer erst durch die Darstellung der begrenzten Nachhaftung des bisherigen Arbeitgebers deutlich vor Augen geführt, dass ein endgültiger Schuldnerwechsel eintritt und der bisherige Arbeitgeber nur noch begrenzt haftet.

Die Beklagte hat den Kläger danach über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs unvollständig unterrichtet. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht in einer weiteren Entscheidung vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05) darauf hingewiesen, dass eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen im Rahmen des § 613 a Abs.5 BGB dann nicht fehlerhaft ist, wenn der Arbeitgeber bei angemessener und gewissenhafter Prüfung der Rechtslage rechtlich vertretbare Informationen gegenüber dem Arbeitnehmer kundtut. Eine derartige Ausnahmesituation ist vorliegend bei der Frage über die Belehrung der gesamtschuldnerischen Haftung ersichtlich nicht gegeben. Hierbei handelt es sich schon nicht um eine komplexe Rechtsfrage. Abgesehen davon hat die Beklagte die Rechtslage offensichtlich nicht gewissenhaft geprüft, denn schon in Anwaltsformularbüchern (so z.B. in Bauer, Lingemann, Haussmann, Anwaltsformularbuch 2004, Kap.56, MM 56.1) wird in einem Formulierungsvorschlag die Haftungsregelung ebenfalls dargestellt. Zudem hat auch vor der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - wie bereits ausgeführt - die ganz herrschende Meinung den Hinweis auf die Haftung für erforderlich gehalten. Hätte die Beklagte die Rechtslage geprüft, hätte sie zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine gesonderte Belehrung über die Haftung erforderlich ist. Der Rechtsstandpunkt der Beklagten ist auch nicht vertretbar.

Abgesehen davon fehlt in dem Unterrichtungsschreiben jegliche Information zu § 613 a Abs.4 BGB. Ausweislich des Inhalts des Unterrichtungsschreibens hat die Beklagte den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den bisherigen Arbeitgeber oder durch den neuen Inhaber wegen des Übergangs eines Betriebes oder eines Betriebsteils unwirksam ist. Ausweislich der Begründung zum Regierungsentwurf (BT-Drucks. 14/7760, S.19) gehören zum Pflichtbestandteil der Unterrichtung gemäß § 613 a Abs.5 Nr.3 BGB auch die kündigungsrechtlichen Folgen des Betriebsübergangs. Dies entspricht auch der überwiegend in der Literatur geäußerten Ansicht ( vgl. Hauck, Der Widerspruch beim Betriebsübergang, NZA Sonderbeilage 1/2004, S.43 ff; Grau, a.a.O., m.w.N.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 13.07.2006 darauf hingewiesen, dass zur Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs grundsätzlich auch ein Hinweis auf die kündigungsrechtliche Information gehört, so denn Kündigungen im Raum stehen. Ob das Bundesarbeitsgericht insoweit eine Einschränkung der Hinweispflicht vornehmen will, kann vorliegend dahinstehen, denn die Unterrichtung ist bereits wegen der fehlenden Unterrichtung über die Haftung fehlerhaft.

Ob die Beklagte darüber hinaus dazu verpflichtet war, die Arbeitnehmer über die wirtschaftliche Situation der Erwerberin zu unterrichten oder die erfolgten Angaben dazu - mit oder ohne Berücksichtigung der außerhalb des Unterrichtungsschreibens erteilten Informationen - sogar falsch waren, kann in diesem Zusammenhang ebenfalls offen bleiben, da die Unterrichtung aus den bereits vorstehend dargelegten Gründen unvollständig und damit fehlerhaft war.

Der Einwand der Beklagten, das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass der Inhalt des Informationsschreibens in enger Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung verfasst worden sei, ist nicht nachvollziehbar, denn zum einen besteht der Unterrichtungsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers als individueller Auskunftsanspruch unabhängig von Unterrichtungsrechten des Betriebsrates, zum anderen wird ein objektiv fehlerhaftes Unterrichtungsschreiben durch Abstimmung mit der Arbeitnehmervertretung nicht inhaltlich richtig.

b)

Der Widerspruch des Klägers ist nicht verfristet. Aufgrund der fehlerhaften Unterrichtung ist die einmonatige Frist für die Ausübung des Widerspruchsrechtes nicht in Lauf gesetzt worden.

Wie bereits dargelegt, ist Folge einer fehlerhaften Unterrichtung nach ganz herrschender Meinung in Literatur und Rechtsprechung, dass die Widerspruchsfrist des § 613 a Abs.6 BGB nicht läuft. Es macht insoweit keinen Unterschied, ob und aus welchen Gründen der Arbeitnehmer überhaupt nicht, nicht ausreichend bzw. ganz oder in Teilen fehlerhaft informiert worden ist. Eine einschränkende Auslegung der Anforderungen für ein Auslösen der Widerspruchsfrist wird weder der Entstehungsgeschichte noch Wortlaut und Systematik von § 613 a Abs.5, 6 BGB gerecht. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich betont, dass die Erklärungsfrist für den Widerspruch erst nach vollständiger und ordnungsgemäßer Unterrichtung zu laufen beginnt. Wird - wie vorliegend - festgestellt, dass eine fehlerhafte Unterrichtung vorliegt, wird die Widerspruchsfrist somit nicht in Gang gesetzt.

Eine zeitliche Begrenzung des Widerspruchsrechts in Form einer absoluten Ausschlussfrist sieht das Gesetz nicht vor. Eine Analogie zu § 5 Abs.3 S.3 KSchG ist nach herrschender Meinung im Schrifttum unzulässig (vgl. ErfK/Preis, § 613 a BGB Rdnr.96; Staudinger/Annuß, § 613 a BGB, Rdnr.170; Franzen, RdA 2002, S.258; Grau RdA 2005, S.367; Rieble, NZA 2004, S.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist in den Fällen, in denen eine Unterrichtung nicht oder nicht hinreichend stattgefunden hat, § 5 Abs.3 S.2 KSchG nicht entsprechend anzuwenden. Die Berufungskammer folgt dieser in der Literatur geäußerten Mindermeinung nicht.

Eine Analogie in Form einer Gesetzes- oder Rechtsanalogie ist nur möglich, wenn eine planwidrige Regelungslücke und ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt (vgl. BAG, Urteil vom 02.03.2006, 8 AZR 124/05 = BB 2006, 1339). Vorliegend fehlt es in Anbetracht der Entstehungsgeschichte der Neuregelung des § 613 a BGB bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Wie das Arbeitsgericht bereits ausgeführt hat, sind die Änderungsanträge der Fraktionen von CDU/CSU und FDP zur Verankerung einer absoluten Höchstfrist diskutiert und schließlich von der Ausschussmehrheit verworfen worden (vgl. BT-Drucks, 14/8128 S.4). Daraus muss der Schluss gezogen werden, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, in § 613 a Abs.6 BGB eine zeitliche Ausschlussregelung zu verankern. Die Behauptung der Beklagten, der Antrag der Fraktionen sei gar nicht diskutiert, sondern lediglich deshalb verworfen worden, weil er eben von der Opposition vorgeschlagen worden sei, ist eine Vermutung, die durch keinerlei Tatsachen zu belegen ist. Die Kammer verkennt nicht, dass das Fehlen einer absoluten Höchstfrist insbesondere für die Parteien der Betriebsübertragung risikobehaftet und unter dem Gesichtspunkt von Rechtssicherheit und Rechtsklarheit problematisch ist. Die Rechtsprechung ist jedoch nicht dazu befugt, sich über die gesetzgeberische Entscheidung im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie hinwegzusetzen ( BAG, a.a.O.).

Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der alte und der neue Betriebsinhaber einem derart unbeschränkten Widerspruchsrecht nicht "schutzlos" ausgeliefert sind. So können inhaltlich fehlerhafte oder unvollständige Angaben durch Ergänzung bzw. Ersetzung mit Wirkung für die Zukunft durch die Unterrichtungsschuldner ohne weiteres richtig gestellt werden mit der Folge, dass der Anspruch weiterer Arbeitnehmer aus § 613 a Abs.5 BGB erlischt, wenn die nach dem Gesetz notwendigen Angaben in der Zusammenschau zum ersten Mal vollständig vorliegen (vgl. Grau a.a.O., S.221). Die Unterrichtungsschuldner haben es mithin in der Hand, die Folgen eines Unterrichtungsfehlers zeitlich zu begrenzen. Stellen sie sich - wie vorliegend die Beklagte - auf den Standpunkt, die Unterrichtung sei fehlerfrei erfolgt und holen auch nicht - zumindest vorsorglich - eine fehlerfreie Unterrichtung nach, so müssen sie unter Berücksichtigung des gesetzgeberischen Willens hinnehmen, dass weitere Arbeitnehmer zeitlich unbegrenzt dem Betriebsübergang widersprechen können.

Es ist mithin davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer im Falle einer fehlerhaften Unterrichtung von seinem Widerspruchsrecht grundsätzlich unbefristet Gebrauch machen kann. Danach war der Kläger dazu berechtigt, noch mit Schreiben vom 27.09.2005 sein Widerspruchsrecht auszuüben.

c)

Das Widerspruchsrecht des Klägers ist auch nicht verwirkt.

Nach herrschender Meinung findet das Widerspruchsrecht seine Begrenzung in zeitlicher Hinsicht nur durch das allgemeine Rechtsinstitut der Verwirkung (vgl. Grau, a.a.O., S.295 mit einer Vielzahl weiterer Hinweise). Auch das Bundesarbeitsgericht hält - auch nach der neuen Rechtslage - daran fest, dass das Widerspruchsrecht wegen Verwirkung ausgeschlossen sein kann (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05, n.v.). Streitig ist im Einzelnen, wie viel Zeit vergangen sein muss und welche Umstände gegeben sein müssen, damit von einer Verwirkung des Widerspruchsrechts ausgegangen werden kann.

Ein Anspruch verwirkt, wenn der Anspruchsberechtigte erst nach Ablauf eines längeren Zeitraums den Anspruch erhebt (Zeitmoment) und dadurch beim Verpflichteten einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, er werde nicht mehr in Anspruch genommen (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (BAG, Urteil vom 22.07.2004, 8 AZR 350/03). Dabei dient die Verwirkung dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger längere Zeit seine Rechte nicht geltend gemacht hat (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006, 1406).

Für die Erfüllung des Zeitmoments sind im Schrifttum zu § 613 a Abs.5, 6 BGB verschiedentlich Mindest- bzw. Höchstfristen genannt worden. Die in Betracht gezogenen Fristen schwanken zwischen 1 Monat und 1 Jahr. Eine Festlegung auf abstrakte Fristen ist nach Auffassung der Berufungskammer jedoch ausgeschlossen, weil sich die Tatsache, ab wann ein Untätigsein als vertrauensbildend und damit als für eine Verwirkung relevant gewertet werden kann, letztlich nur bei einzelfallbezogener Abwägung der Umstände ermitteln lässt. Der Verwirkungstatbestand ist als außerordentlicher Rechtsbehelf ein Fall der unzulässigen Rechtsausübung. In der illoyal verspäteten Geltendmachung eines Rechts liegt ein Verstoß gegen Treu und Glauben (vgl. Palandt/Heinrichs, § 242 BGB Anm. 87). Die Frage des Rechtsmissbrauchs lässt sich daher nur für den Einzelfall klären. Eine schematisierende Betrachtungsweise wird dem nicht gerecht (BAG, Urteil vom 20.05.1988, 2 AZR 711/87 = DB 1988, 2156). Zur Bestimmung der Dauer des Zeitmoments ist daher nicht auf eine starre Höchst- oder Regelfrist abzustellen, sondern auf die konkreten Umstände des Einzelfalls (BAG, Urteil vom 27.01.2000, 8 AZR 106/99, n.v.). Auch das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr eine Höchstfrist, beispielsweise von sechs Monaten, abgelehnt (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 = NZA 2006,1406).

Für die Beantwortung der Frage, ob das Zeitmoment erfüllt ist, ist zunächst zu klären, ab wann der Lauf des Zeitmoments überhaupt beginnt. Dabei ist als wesentliches Kriterium zu berücksichtigen, dass die Widerspruchsfrist nach § 613 a Abs.6 BGB nicht mehr - wie nach der früheren Rechtsprechung zu § 613 a BGB - an die Kenntnis des Arbeitnehmer vom Betriebsübergang anknüpft, sondern an die Unterrichtung nach Abs.5. Unter Berücksichtigung dieses sich daraus ergebenden Gesetzeszweckes, nämlich das Interesse des Arbeitnehmers an einer hinreichenden Informationsbasis für die Ausübung der Widerspruchsentscheidung und dem Ziel des Gesetzgebers, die ordnungsgemäße Unterrichtung des Arbeitnehmers durch ein ansonsten unbefristetes Widerspruchsrecht "abzusichern", kann nach Auffassung der Berufungskammer das Zeitmoment nicht - wie die Beklagte meint - ab dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs, sondern - wenn überhaupt - frühestens ab dem Zeitpunkt beginnen, zu dem der Arbeitnehmer Kenntnis davon erlangt, dass die Unterrichtung fehlerhaft war (so auch Willemsen/Müller-Bonanni in Arbeitsrecht Komm., § 613 a BGB Rdnr.340).

Diese Auffassung wird durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 24.05.2005, 8 AZR 398/04 (= NZA 2005, 1302) gestützt. In dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, die unvollständige Unterrichtung nach § 613 a Abs.5 BGB hindere den Lauf der Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs.6 S.1 BGB. Dadurch sei der Arbeitnehmer ausreichend geschützt, er sei nicht "im Zugzwang". Er könne abwarten und z.B. seinen Unterrichtungsanspruch nach § 613 a Abs.5 BGB verfolgen. Es bestehe kein Grund für ihn, das Widerspruchsrecht auf einer unzureichenden Tatsachenbasis auszuüben. Ist somit die Auffassung richtig, dass der Arbeitnehmer bei einer unvollständigen Unterrichtung - in Kenntnis des Betriebsübergangs - nicht "im Zugzwang" ist, sondern abwarten darf, kann der Lauf des Zeitmoments der Verwirkung frühestens ab Kenntnis des Arbeitnehmers von der Unvollständigkeit der Unterrichtung beginnen.

Der dieser Bewertung zugrunde liegende Rechtsgedanke ergibt sich auch aus § 124 BGB. Nach § 124 BGB beginnt die Jahresfrist für die Anfechtung im Falle der arglistigen Täuschung in dem Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Dieser Rechtsgedanke übertragen auf das Widerspruchsrecht bedeutet, dass das Zeitmoment für die Verwirkung in dem Zeitpunkt beginnt, in dem der Arbeitnehmer die Fehlerhaftigkeit der Unterrichtung entdeckt. Die Übertragung des Rechtsgedankens des § 124 BGB auf den Beginn des Zeitmoments für die Verwirkung des Widerspruchsrechtes wird nach Auffassung der Kammer sowohl der gesetzgeberischen Intention, den Arbeitgeber zu einer vollständigen und richtigen Unterrichtung anzuhalten, gerecht als auch dem Grundsatz, dass jedes Recht der Verwirkung unterliegt. Schließlich führt die Auffassung, das Zeitmoment bereits ab dem Betriebsübergang beginnen zu lassen, entgegen dem gesetzgeberischen Willen, dem Arbeitnehmer bei fehlerhafter Unterrichtung ein unbefristetes Widerspruchsrecht zu gewähren, im Endeffekt dazu, durch das Zeitmoment der Verwirkung doch eine Höchstfrist für den Widerspruch einzuführen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht für einen Arbeitnehmer keine Pflicht, sich zeitnah nach Erhalt des Widerspruchschreibens durch Einholen von Rechtsrat darüber informieren zu lassen, ob das Informationsschreiben den rechtlichen Anforderungen genügt oder nicht, um sich die erforderliche Kenntnis zu verschaffen. Er darf sich zunächst darauf verlassen, dass die ihm erteilten Auskünfte richtig und vollständig sind. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen und fehlerfreien Unterrichtung liegt insofern in der Risikosphäre des Arbeitgebers. Dies ergibt sich - wie bereits ausgeführt - aus dem gesetzgeberischen Willen, die Widerspruchsfrist erst dann beginnen zu lassen, wenn die Unterrichtung fehlerfrei erfolgt ist und der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.07.2006 (8 AZR 303/05), dem Unterrichtungspflichtigen eine angemessene und gewissenhafte Prüfung der Rechtslage aufzuerlegen.

Welche Anforderungen an die Kenntnis des Arbeitnehmers zu stellen sind, d.h. ob die Kenntnis der Fehlerhaftigkeit an sich ausreicht oder ob positive Kenntnis darüber vorliegen muss, worin die Fehlerhaftigkeit besteht, kann vorliegend offen bleiben. Die Darlegungs- und Beweislast für das Eingreifen des Verwirkungstatbestandes, mithin auch für das Vorliegen des Zeitmoments, obliegt der Beklagten. Die Beklagte hat keine Umstände dafür vorgetragen, dass der Kläger vor Geltendmachung seines Informationsanspruchs mit Schreiben vom 24.06.2005 Kenntnis von der Fehlerhaftigkeit des Unterrichtungsschreibens hatte und dennoch einen längeren Zeitraum zugewartet hat. Der Kläger hat seinen ihm nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht zustehenden "Nachinformationsanspruch" (vgl. dazu BAG, Urteil vom 24.05.2005 a.a.O.) mit Schreiben vom 24.06.2005, mithin ca. vier Wochen nach Stellung des Insolvenzantrages durch die B. Photo GmbH, geltend gemacht. Erst zu diesem Zeitpunkt konnten bei den Arbeitnehmern Zweifel dahingehend aufkommen, dass die Unterrichtung möglicherweise fehlerhaft gewesen sein könnte. Der Kläger hat danach sehr zeitnah reagiert.

Der Zeitablauf zwischen dem Schreiben vom 24.06.2005 und dem Widerspruchsschreiben vom 27.09.2005 ist unschädlich, denn eine Verwirkung gilt bereits dann als ausgeschlossen, wenn der Berechtigte in irgend einer Weise zu erkennen gibt, dass er möglicherweise auf seinem Recht besteht (vgl. Grau, a.a.O. S.303 m.w.N.). Mit seinem Schreiben vom 24.06.2005 hat der Kläger ausdrücklich erklärt, dass er sich die Ausübung des Widerspruchrechtes nach Eingang der weiteren Informationen vorbehält. Für die Beklagte war damit deutlich erkennbar, dass der Kläger - zumindest bis zum Ablauf der von ihm gesetzten Frist - ein Handeln der Beklagten erwartete, um danach seine Entscheidung zu treffen. Damit hat der Kläger auf Seiten der Beklagten zunächst einen vertrauenszerstörenden Umstand gesetzt. Bei dieser Sachlage konnte die Beklagte gerade nicht davon ausgehen, der Kläger werde - ohne ein Handeln ihrerseits, zumindest bis zum Fristablauf - sein Recht nicht mehr geltend machen. Dennoch hat die Beklagte das Schreiben des Klägers unbeantwortet gelassen und offensichtlich gehofft, der Kläger werde sein Recht nicht weiter verfolgen, so dass sie - die Beklagte - sich nach einem gewissen Zeitablauf auf eine Verwirkung des Rechts berufen könnte. Wie bereits ausgeführt verfolgt das Rechtsinstitut der Verwirkung jedoch nicht den Zweck, den Schuldner aufgrund Zeitablaufs von seiner Verpflichtung zu befreien, sondern dient dem Vertrauensschutz. Auf einen Vertrauensschutz kann die Beklagte sich unter den gegebenen Umständen nicht berufen. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass die Beklagte es in der Hand gehabt hätte, durch eine Beantwortung des Schreibens des Klägers - selbst wenn es nur der Hinweis gewesen wäre, sie halte ihre erteilten Informationen für richtig und vollständig - den Tatbestand der Verwirkung herbeizuführen, wenn der Kläger sodann trotzdem untätig geblieben wäre.

Diesem Ergebnis steht nicht entgegen, dass der Kläger die Beklagte darauf hingewiesen hat, er werde nach Fristablauf eine Entscheidung aufgrund der ihm vorliegenden - unvollständigen - Informationen treffen, denn in diesem Hinweis kann zwar der Verzicht des Klägers auf den Anspruch auf Nachinformation gesehen werden, der den Beginn des Zeitmoments in Lauf setzt, nicht jedoch ein Verzicht auf die Ausübung des Widerspruchrechts.

Grundsätzlich ist die Möglichkeit, auf den Unterrichtungsanspruch zu verzichten, anzuerkennen. Der einseitig arbeitnehmerschützende Charakter des § 613 a BGB lässt die grundsätzliche Möglichkeit der von einem Betriebsübergang betroffenen Arbeitnehmer unberührt, über den von der Norm gewährten Schutz ganz oder zum Teil zu disponieren. Der Schutzgedanke der Bestimmung will den Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Nachteilen bewahren, nicht jedoch seine Vertragsfreiheit einschränken. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie vorliegend - um einen Informationsverzicht im Hinblick auf einen konkreten Übertragungsvorgang handelt und nicht um einen "blinden Verzicht" (vgl. dazu Grau a.a.O., S.281; ErfK § 613 a Rdnr.83 m.w.N.). Da es sich bei dem Unterrichtungsverzicht rechtstechnisch um einen Erlass handelt, der durch einen Vertrag zwischen dem Arbeitnehmer als Gläubiger der Unterrichtung einerseits und zumindest einem der informationspflichtigen Rechtsträger als Schuldner der Unterrichtung andererseits zustande kommt, ist allerdings eine eindeutige Erklärung des Arbeitnehmers erforderlich, die auf den rechtsgeschäftlichen Willen des Arbeitnehmers schließen lässt, er wolle auf sein "Nachinformationsrecht" verzichten (vgl. Grau a.a.O., S.282). Ob der Verzicht der Schriftform bedarf oder auch konkludent erklärt werden kann, braucht in diesem Zusammenhang nicht entschieden zu werden, da eine schriftliche Erklärung des Klägers vorliegt.

Die Berufungskammer hat keine Zweifel, dass die Erklärung des Klägers, er werde seine Entscheidung nach Fristablauf anhand der ihm vorliegenden - bisher unvollständigen - Informationen treffen, eine eindeutige Verzichtserklärung auf eine Nachinformation ist. Der Kläger hat damit für die Beklagte als Erklärungsempfängerin deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er nach Fristablauf keine weiteren Information ihrerseits erwartet.

Allerdings hat der Kläger mit dieser Erklärung nicht gleichzeitig auf die Ausübung seines Widerspruchrechts verzichtet. Bei dem Informationsanspruch und dem Widerspruchsrecht handelt es sich um zwei in ihrem Bestand voneinander unabhängige Rechte der betroffenen Arbeitnehmer. Sofern sich der Erklärung des Arbeitnehmers im Wege der Auslegung nicht entnehmen lässt, dass er auf seine Recht aus § 613 a Abs. 5,6 BGB insgesamt verzichtet, kann aus dem Vorliegen eines Informationsverzichts nicht darauf geschlossen werden, dass der Betreffende auch von seinem Widerspruchsrecht nicht mehr Gebrauch machen möchte (vgl. Grau a.a.O., S.285-286).

Der Erklärung des Klägers lässt sich eindeutig entnehmen, dass er zwar keine weiteren Informationen der Beklagten erwartet, sich aber eine Entscheidung über die Ausübung des Widerspruchs vorbehält. Er hat damit gerade nicht auf die Ausübung seines Widerspruchsrechts verzichtet.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger durch seine Erklärung auch nicht die einmonatige Ausschlussfrist des § 613 a Abs.6 BGB in Lauf gesetzt mit der Folge, dass sein Widerspruchsrecht nach Ablauf des 24.07.2005 nicht mehr möglich war. Zwar hat Grau (a.a.O., S.286 ff) mit erwägenswerten Gründen dargelegt, dass ein Verzicht auf den Unterrichtungsanspruch die einmonatige Ausschlussfrist in Gang setzt. Bei seinen Erwägungen ist Grau davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer sich zum Zeitpunkt seiner Verzichtserklärung unabhängig von den Arbeitgebermitteilungen bereits in der Lage sieht, eine die eigenen Belange wahrende Widerspruchsentscheidung zu treffen. Diesen Ausführungen vermag sich die Berufungskammer für den Verzicht auf den "Nachinformationsanspruch" nicht anzuschließen. Verzichtet ein Arbeitnehmer unabhängig vom Zugang des Unterrichtungsschreibens, also unabhängig von einer Mitteilung des Arbeitgebers, auf seinen Informationsanspruch, weil er der Auffassung ist, über eine hinreichende Entscheidungsbasis zu verfügen, kann ihm - so zu Recht Grau - keine längere Überlegungsfrist als die gesetzliche zugebilligt werden. In diesem Fall tritt der Verzicht des Arbeitnehmers an die Stelle des Zugangs des Unterrichtungsschreibens und setzt die einmonatige Ausschlussfrist in Lauf. Anders ist die Sachlage allerdings nach Auffassung der Berufungskammer zu beurteilen, wenn der Arbeitnehmer - wie vorliegend - entgegen der gesetzlichen Verpflichtung nicht ordnungsgemäß unterrichtet worden ist. In diesem Fall verzichtet der Arbeitnehmer durch eine Erklärung wie die streitgegenständliche zwar auf eine weitere Information seitens des Arbeitgebers, nicht jedoch auf die grundsätzlich unbefristete Möglichkeit, sein Widerspruchsrecht aufgrund unvollständiger oder fehlerhafter Information auch nach längerem Zeitablauf, nur begrenzt durch das Rechtsinstitut der Verwirkung, auszuüben, denn der Arbeitnehmer gibt durch seine Erklärung - im Gegensatz zu dem von Grau beurteilten Fall - ja gerade zu erkennen, dass ihm keine hinreichenden Informationen vorliegen. Lässt der unterrichtungspflichtige Arbeitgeber die gesetzte Frist verstreichen, ohne die erforderlichen Informationen nachzuholen, wird die gesetzliche Frist, die gerade fordert, dass die Unterrichtung vollständig und fehlerfrei ist, nicht in Lauf gesetzt.

Allerdings hat der Kläger durch seine Erklärung das für die Verwirkung erforderliche Zeitmoment in Lauf gesetzt, denn er hat der Beklagten zu erkennen gegeben, dass er auch ohne weitere Information seitens der Beklagten eine Entscheidung treffen wird.

Dabei ist hinsichtlich der Dauer des Zeitmoments davon auszugehen, dass bei schwierigen Sachverhalten die Rechte des Arbeitnehmers erst nach längerer Untätigkeit verwirken können (vgl. BAG, Urteil vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05; 27.01.2000, 8 AZR 106/99 ). Angesichts der schwierigen, komplexen und in jeder Hinsicht unüberschaubaren Rechtslage reichen nach Auffassung der Berufungskammer knapp zwei Monate zwischen Fristablauf hinsichtlich der begehrten Nachinformation und Ausübung des Widerspruchrechts nicht aus, um das Zeitmoment zu bejahen.

Selbst wenn der Zeitraum von zwei Monaten ausreichen würde, fehlt es jedenfalls an dem für die Bejahung einer Verwirkung erforderlichen Umstandsmoment.

Das Umstandsmoment muss so beschaffen sein, dass der bisherige und der neue Betriebsinhaber im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment berechtigt darauf vertrauen dürfen, der Arbeitnehmer werde sich dem in § 613 a Abs. 1 S.1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen (vgl. Grau, a.a.O. S.302). Das Vorliegen des Zeitmomentes indiziert dabei nicht das sogenannte Umstandsmoment, sondern es bedarf darüber hinausgehender besonderer Umstände für die berechtigte Erwartung des Schuldners, dass er nicht mehr in Anspruch genommen wird. Zum Zeitablauf müssen daher besondere Umstände sowohl im Verhalten des Berechtigten als auch des Verpflichteten hinzukommen. Dabei ist im Hinblick auf das Widerspruchsrecht ein besonders strenger Maßstab anzulegen, denn schließlich haben es der neue und der alte Arbeitgeber in der Hand, durch vollständige und ordnungsgemäße Unterrichtung die Widerspruchsfrist in Gang zu setzen. Informieren sie - ob bewusst oder unbewusst - fehlerhaft, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit ein Vertrauen dahingehend entstehen kann, der Arbeitnehmer werde trotz des Informationsdefizits dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widersprechen (so auch LAG N., Urteil vom 30.06.2005, 2 Sa 1169/04 = LAGE § 613 a BGB 2002 Nr.7).

Die tatsächliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem neuen Arbeitgeber reicht angesichts der im Falle der fehlerhaften Unterrichtung nicht laufenden Widerspruchsfrist nicht aus, um daraus auf eine Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel zu schließen. Dies ergibt sich bereits als Konsequenz aus der gesetzlich zwingend vorgeschriebenen Überlegungsfrist, die in Fällen fehlerhafter Unterrichtung eben noch nicht läuft. Die Tatsache der Vertragsfortführung mit dem neuen Betriebsinhaber kann mithin grundsätzlich vor Ablauf der Widerspruchsfrist nicht als Zustimmung des Arbeitnehmers zum Arbeitgeberwechsel oder als stillschweigender Widerspruchsrechtsverzicht gewertet werden mit der Folge der Erfüllung des Umstandsmomentes der Verwirkung. In diesem Fall ist mit der Weiterarbeit kein irgendwie gearteter Erklärungsinhalt verbunden. Zu Recht hat der Kläger darauf hingewiesen, dass er damit nur seiner Arbeitspflicht nachgekommen ist. Zudem stellt die Weiterarbeit beim Erwerber eine geeignete Maßnahme dar, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs gemäß § 615 S.2 BGB zu vermeiden. Schließlich hat die Beklagte den Kläger selbst mit dem Unterrichtungsschreiben darauf hingewiesen, im Falle des Widerspruchs müsse er damit rechnen, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren. Außerdem seien bei einer eventuellen Arbeitslosigkeit nach einem Widerspruch seine Ansprüche auf Leistungen der Agentur für Arbeit in Frage gestellt. Sie hat ihm daher dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen. Angesichts dieser Hinweise verhält die Beklagte sich widersprüchlich, wenn sie sich nunmehr darauf beruft, der Kläger habe durch seine Weiterarbeit bei der Erwerberin sein Widerspruchsrecht verwirkt. Die Beklagte kann sich auch aus diesem Grund hinsichtlich der Weiterarbeit bei der Erwerberin nach dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht auf eine Verwirkung berufen.

Auch der Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages des Klägers mit einer dritten Gesellschaft ist nicht geeignet, die Annahme des Umstandsmomentes zu begründen. Zu Recht hat der Kläger darauf hingewiesen, dass es sich auch dabei lediglich um eine Maßnahme handelte, den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs zu vermeiden. Die Beklagte hat auf das Schreiben des Klägers vom 24.06.2005 nicht reagiert. Die B. Photo GmbH hat dem Kläger mitgeteilt, sie sehe das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund des erklärten Widerspruchs als beendet an. Die Aufnahme der anderweitigen Tätigkeit war für den Kläger mithin die einzige Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu sichern und sich des Vorwurfs zu entziehen, eine andere Verdienstmöglichkeit nicht wahrgenommen zu haben. Es kann zudem nicht als treuwidrig angesehen werden, wenn ein Arbeitnehmer, der angesichts der schwierigen Sach- und Rechtslage nicht erkennen kann, ob seine Widerspruchserklärung Erfolg haben wird, in Wahrung seiner Interessen nach § 615 S. 2 BGB ein neues Arbeitsverhältnis eingeht. Diese Wertung ergibt sich auch aus dem Rechtsgedanken, der § 12 KSchG zugrunde liegt.

Schließlich hat die für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Verwirkung darlegungs- und beweispflichtige Beklagte nicht vorgetragen, wann ihr die Umstände des neuen Vertragsabschlusses des Klägers mit einer dritten Gesellschaft bekannt geworden sind, so dass sie ein Vertrauen dahingehend entwickeln konnte, der Kläger werde sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben. Die Beklagte hat insoweit lediglich darauf hingewiesen, der Kläger habe den Vertrag selbst mit der Klageschrift eingereicht. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte erst im Verlaufe des Prozesses von dem Abschluss des Arbeitsvertrages, mithin nach Ausübung des Widerspruchrechts des Klägers, Kenntnis erhalten hat. Sie konnte daher vor Ausübung des Widerspruchrechts durch den Kläger keinen Vertrauenstatbestand dahingehend gebildet haben, der Kläger werde wegen eines neuen Arbeitsverhältnisses keinen Widerspruch erklären.

Auch die e-mail des Klägers vom 20.09.2005 führt nicht zu einer Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts des Klägers. Bei dieser e-mail handelt es sich um eine persönliche Mitteilung des Klägers an die Mitarbeiter der B. Photo GmbH. Sie erfolgte auf dem Hintergrund des neu abgeschlossenen Arbeitsvertrages und enthält lediglich eine nicht einmal an die Beklagte gerichtete Information, der keine rechtsgeschäftlicher Erklärungswert zukommt.

Abgesehen davon kann die Beklagte sich in diesem Zusammenhang - selbst wenn ihr die e-mail bereits am 20.09.2005 bekannt gewesen wäre, wofür keine Anhaltspunkte vorliegen - nicht auf die Bildung eines schützenswerten Vertrauens berufen, denn zwischen der e-mail und dem Zugang der Widerspruchserklärung liegt ein Zeitraum von lediglich etwas mehr als einer Woche. Es ist nicht ersichtlich, welche Umstände innerhalb eines derart kurzen Zeitraums auf Seiten der Beklagten, die - wie ausgeführt - mit einer Widerspruchserklärung des Klägers rechnen musste, eingetreten sein sollen, die eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger unzumutbar machen könnten.

Danach ist das Widerspruchsrecht des Klägers nicht verwirkt.

d)

Durch den Abschluss eines neuen Arbeitsverhältnisses hat der Kläger auch keinen Verzicht auf sein Widerspruchsrecht erklärt. Für einen Verzicht wäre eine Erklärung gegenüber dem Betriebsveräußerer oder dem Betriebserwerber erforderlich gewesen, die vorliegend gerade nicht gegeben ist.

Zu Recht hat der Kläger in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass es dem Arbeitnehmer grundsätzlich unbenommen ist, zeitgleich zwei Arbeitsverhältnisse einzugehen. Der Abschluss eines zweiten Arbeitsverhältnisses führt nicht automatisch zur Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses. Dementsprechend hat es auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses des Klägers zur Beklagten keine Auswirkungen, dass zeitgleich ein zweites Arbeitsverhältnis besteht. Auswirkungen können sich insoweit lediglich hinsichtlich der Erfüllung der Arbeitspflicht und hinsichtlich der Geltendmachung von Zahlungsansprüchen ergeben.

e)

Der Kläger hat sein Widerspruchsrecht auch unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 613 a BGB nicht rechtsmißbräuchlich ausgeübt. Entgegen der Auffassung der Beklagten kann dem Kläger nicht unterstellt werden, in Anbetracht des neuen Arbeitsverhältnisses habe er sein Widerspruchsrecht nur ausgeübt, um daraus ungerechtfertigte Vorteile zu ziehen. Wie bereits ausgeführt handelt ein Arbeitnehmer unter den hier gegebenen Umständen bei Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages in der Wahrnehmung berechtigter Interessen, insbesondere im Hinblick auf § 615 S. 2 BGB. In einem solchen Fall kann aus dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages nicht der Rückschluss gezogen werden, der Arbeitnehmer habe keinen Rückkehrwillen und "verdiene" daher nicht den Schutz des § 613 a BGB. Dies gilt vorliegend insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger seit 24 Jahren bei der Beklagten beschäftigt ist und schon im Hinblick auf den erworbenen Bestandsschutz ein erhebliches Interesse am Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zur Beklagten haben kann. Ein Rückkehrwille kann dem Kläger auch unter Berücksichtigung der Ankündigung der Beklagten, er müsse für den Fall seines Widerspruchs mangels Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mit einer Kündigung seitens der Beklagten rechnen , nicht abgesprochen werden. Bei dieser Mitteilung handelt es sich um eine Behauptung der Beklagten. Ob tatsächlich keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit - ggf. zu geänderten Bedingungen - besteht, kann der Kläger bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses gerichtlich überprüfen lassen. Ausweislich Ziffer 13 des vorgelegten Arbeitsvertrages hat die Beklagte sich vorbehalten, dem Kläger innerhalb des Gesamtunternehmens und der mit ihr wirtschaftlich verbundenen Unternehmen eine andere Tätigkeit - auch im Ausland - zu übertragen.

Unter diesen Umständen kann auch unter Berücksichtigung des neuen Arbeitsverhältnisses nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger keinen Rückkehrwillen hat und sein Widerspruchsrecht rechtsmissbräuchlich ausübt. Eine andere Bewertung würde nach Auffassung der Berufungskammer zu dem nicht vertretbaren Ergebnis führen, dass der Arbeitnehmer, der im Rahmen seiner "Schadensminderungspflicht" ein neues Arbeitsverhältnis eingeht und damit sogar die Zahlungsverpflichtungen der Beklagten mindert, seines Widerspruchsrechts verlustig geht und derjenige, der untätig bleibt, sein Widerspruchsrecht behält.

Im Ergebnis ist damit festzustellen, dass der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin rechtzeitig und ordnungsgemäß widersprochen hat mit der Folge, dass das Arbeitsverhältnis zur Beklagten fortbesteht.

Diesem Ergebnis steht die durch die B. Photo GmbH ausgesprochene Kündigung nicht entgegen, da diese erst nach Erklärung des Widerspruchs des Klägers ausgesprochen worden ist, damit ins Leere ging und das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht beenden konnten. Die Kündigung einer Nichtvertragspartei ist unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 26.04.2000, 4 AZR 170/99 = NZA 2000, 1010). Daher ist auch unerheblich, dass der Kläger gegen diese Kündigung keine Kündigungsschutzklage erhoben hat.

Die Berufung der Beklagten war mithin zurückzuweisen, soweit das Arbeitsgericht festgestellt hat, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen ist.

III.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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