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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 30.04.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 1229/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 144
1. Schließt der Arbeitnehmer in Kenntnis seines (noch) bestehenden Widerspruchsrechts einen Aufhebungsvertrag mit dem Betriebserwerber, so kann darin unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls eine abschließende Erklärung des Arbeitnehmers gesehen werden, mit der er analog § 144 BGB den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber bestätigt. In einem solchen Fall ist die spätere Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen.

2. Da eine Bestätigungserklärung im Sinne von § 144 BGB formfrei und nicht empfangsbedürftig ist, braucht sie nicht gegenüber dem Betriebsveräußerer erklärt zu werden.

3. Nutzt ein Arbeitnehmer über einen Zeitraum von zwölf Monaten in Kenntnis eines (noch) bestehenden Widerspruchsrechts die Vorteile einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme, die vom Betriebsveräußerer mitfinanziert wird, kann sein Widerspruch unmittelbar nach Beendigung der Maßnahme unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls auch rechtsmissbräuchlich sein.


Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 10.05.2007 - 1 Ca 177/07 lev - wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 01.02.2007 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass zwischen den Parteien über den 31.10.2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht. Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber eines Betriebsteils der Beklagten wirksam widersprochen hat.

Der am 17.06.1956 geborene Kläger war bei der Beklagten in deren Betrieb in X. zu einem Bruttolohn in Höhe von zuletzt 4.898,00 € beschäftigt.

Der Kläger war in dem nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien selbständigen Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) tätig, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 14.10.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Betriebsrat einen Interessenausgleich mit Namensliste ab.

Ende des Jahres 2004 wurde der Geschäftsbereich CI im Wege eines Betriebsübergangs ausgegliedert und mit Wirkung zum 01.11.2004 auf die neu gegründete B. Photo GmbH übertragen.

Für die von dem Teilbetriebsübergang betroffenen Belegschaftsmitglieder fanden Informationsveranstaltungen statt. Unter anderem hat die Beklagte eine solche Informationsveranstaltung am 19.08.2004 abgehalten, bei der der spätere Geschäftsführer der B. Photo GmbH F. S., zum damaligen Zeitpunkt Mitglied des Vorstandes der Beklagten, Informationen zur wirtschaftlichen Situation der B. Photo GmbH erteilte. Außerdem wurden die Arbeitnehmer in Mitarbeiterzeitschriften über den bevorstehenden Teilbetriebsübergang unterrichtet. Im Monat September 2004 befanden sich in den betriebsinternen Magazinen die Zahlenangaben für die Erwerberin B. Photo GmbH von 300 Millionen Eigenkapitalsumme sowie 70 bzw. 72 Millionen Euro Barmittel.

Sämtliche dem Geschäftsbereich CI zugeordneten Arbeitnehmer der Beklagten haben im Oktober 2004 im Zusammenhang mit der Übertragung des Geschäftsbereichs CI eine im Wesentlichen gleich lautende schriftliche Information erhalten. Die Informationsschreiben unterscheiden sich allerdings abhängig von der jeweiligen arbeitsvertraglichen Situation der betroffenen Mitarbeiter in Einzelfragen voneinander.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 wurde auch der Kläger über die geplante Übertragung des Geschäftsbereichs CI informiert. Nach Hinweis auf die Informationspflicht gemäß § 613 a BGB und Wiedergabe des Textes von § 613 a Abs. 5 und 6 BGB teilte die Beklagte mit, es werde hiermit "noch einmal" schriftlich die vorgesehene und mit dem Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates und der örtlichen Betriebsräte abgestimmte Information gegeben, auch wenn er - der Kläger - "aus der bisherigen Kommunikation bereits über die Einzelheiten informiert" sei.

Unter Ziffer 2. wird ausgeführt, die B. Photo GmbH übernehme das Vermögen von CI. Hierzu gehörten insbesondere Produktionsanlagen, Markenzeichen, Patente und technologisches Know-how, Vorräte und Forderungen. Das Unternehmen werde mit einem guten Eigenkapital ausgestattet und verfüge über hohe Liquidität, um unerwartet auftretende Risiken bewältigen, in neue Geschäfte investieren und Marktchancen besser nutzen zu können.

Unter Ziffer 4. dieses Schreibens hat die Beklagte den geplanten Personalabbau dargelegt.

Unter Ziffer 5. hat sie den Kläger darauf hingewiesen, dass sein Arbeitsverhältnis von dem geplanten Personalabbau gemäß Ziffer 4. nicht betroffen sei.

Nach weiteren Darlegungen zum Widerspruchsrecht und dem Hinweis, dass der Kläger im Falle eines Widerspruchs wegen einer sodann nicht bestehenden Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten damit rechnen müsse, seinen Arbeitsplatz ohne jede finanzielle Leistung zu verlieren, wurde dem Kläger dringend empfohlen, von einem Widerspruch abzusehen.

Wegen des Inhalts des Informationsschreibens und dessen Formulierung im Einzelnen wird auf Bl. 9 - 12 der Akte Bezug genommen.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Seit dem 01.02.2006 ist der Kläger aufgrund eines Aufhebungsvertrages mit der AgfaPhoto GmbH zum 31.01.2006 und eines Anstellungsvertrages mit der Beschäftigungsgesellschaft Connect Consulting GmbH in Form eines dreiseitigen Vertrages bei der Beschäftigungsgesellschaft beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis mit der Beschäftigungsgesellschaft war bis zum 31.01.2007 befristet. Unter Ziffer I. enthält die Präambel des Vertrages folgende Ausführungen:

1.

B. Photo wird aus wirtschaftlichen Gründen einen Abbau von Arbeitsplätzen an den Standorten M./L., Q., X., W. und N. durchführen.

2.

Um die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer auszugleichen, haben B. Photo und der Gesamtbetriebsrat von B. Photo am 18.10.2005 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan abgeschlossen. Dem Arbeitnehmer sind die darin getroffenen Vereinbarungen bekannt. Ihm ist auch bekannt, dass sein Arbeitsplatz wegfällt und eine betriebsbedingte Kündigung erfolgen soll.

§ 11 des in Bezug genommenen Interessenausgleichs schließt Arbeitnehmer, die bereits dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprochen haben oder noch nach Abschluss des Interessenausgleichs widersprechen, von einer Beteiligung an einem Sozialplan aus.

§ 1 Abs. 2 des Sozialplans vom 01.08.2005 regelt für den Geltungsbereich des Sozialplans, dessen § 3 die Einrichtung einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft vorsieht, dass der Sozialplan nicht für Arbeitnehmer gilt, die einem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses von der B. H. AG auf die B. Photo GmbH widersprochen haben.

Unter Ziffer II. des dreiseitigen Vertrages wurde unter anderem folgendes vereinbart:

1.

In Kenntnis der in der Präambel genannten Fakten vereinbaren der Arbeitnehmer und die B. Photo GmbH die Beendigung des Arbeitsverhältnisses aus den im Interessenausgleich und Sozialplan vom 18.10.2005 genannten betriebsbedingten Gründen einvernehmlich zum 31.01.2006.

2.

Der Arbeitnehmer erklärt, dass er über die Folgen einer solchen einvernehmlichen Beendigung - insbesondere auf den darin liegenden Verzicht auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber - belehrt worden ist. Der Arbeitnehmer hatte auch Gelegenheit, sich über diese Folgen ausführlich beraten zu lassen.

3.

...

4.

...

5.

Mit diesem Vertrag sind sämtliche aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abzuleitenden wechselseitigen Ansprüche der Vertragsparteien, seien sie bekannt oder nicht bekannt, gleich aus welchem Rechtsgrund, geregelt und abgegolten, sofern es sich nicht um Insolvenzforderungen des Arbeitnehmers handelt und sich aus dem Sozialplan nichts anderes ergibt ...

.......

10. c.

Dieser dreiseitige Vertrag kommt nur zustande, sofern der Arbeitnehmer innerhalb von drei Tagen nach Erhalt dieses Vertrages diesen unterzeichnet an B. Photo, Personalabteilung, zurückgibt.

Wegen des Inhalts des Vertrages im Einzelnen wird auf Bl. 13 - 22 der Akte Bezug genommen.

Nach dem Vortrag der Beklagten ist allen Mitarbeitern auf Betriebsversammlungen vor Abschluss des Vertrages durch die Arbeitnehmervertretung und den Insolvenzverwalter deutlich gemacht worden, dass ein Eintritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft nur für diejenigen Mitarbeiter in Frage kommt, die keinen Widerspruch gegen den Betriebsübergang erhoben haben. Ob auch der Kläger auf diese Weise informiert worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte hat die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft mitfinanziert. Sie musste ihre eigenen finanziellen Mittel und Rückstellungen abhängig von der Anzahl der in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintretenden Mitarbeiter zur Verfügung stellen.

Mit Schreiben vom 19.05.2006 bot die Beklagte dem Kläger eine Vereinbarung an, wonach sie sich verpflichtete, an den Kläger eine sogenannte VUEK - Zahlung in Höhe von 250,00 € für das Jahr 2004 zu zahlen. Unter Ziffer 3. dieser Vereinbarung wird geregelt, dass sich die Parteien einig sind, dass das Arbeitsverhältnis am 01.11.2004 auf die B. Photo GmbH übergegangen ist. Zusätzlich enthält die Vereinbarung die Verpflichtung des Klägers, auch künftig keinen Widerspruch zu erklären.

Der Kläger hat diese Vereinbarung nicht unterschrieben und gegenüber der Beklagten zu diesem Schreiben auch keine Stellungnahme abgegeben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 31.01.2007 (Bl. 23 - 24 der Akte) widersprach der Kläger wegen unvollständiger bzw. fehlerhafter Informationen im Zusammenhang mit dem Betriebsübergang dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH und bot gleichzeitig seine Arbeitsleistung an.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er habe im Januar 2007 dem Betriebsübergang noch widersprechen können, da er bis dahin nicht ausreichend und korrekt über den Betriebsübergang informiert worden sei. So habe die Beklagte in dem Informationsschreiben entgegen ihrer Pflicht nicht auf die Verteilung von Schuld und Haftung zwischen dem bisherigen und dem neuen Arbeitgeber hingewiesen. Dem Unterrichtungsschreiben sei eine ordnungsgemäße Anschrift der Betriebserwerberin nicht zu entnehmen. Über die finanzielle Ausstattung der Erwerberin sei falsch unterrichtet worden. Darüber hinaus fehle es dem Unterrichtungsschreiben an jeglichen Informationen zu § 613 a Abs. 4 BGB. Schließlich habe die Beklagte durch die Art und Weise des Informationsschreibens unter Ziffer 7. die existenziellen Ängste der Arbeitnehmer geschürt und damit in unzulässiger Weise auf die Entscheidungsfreiheit der Arbeitnehmer eingewirkt. Da es für die Ausübung des Widerspruchsrechtes keine zeitliche Höchstgrenze gebe und dieses Recht auch nicht verwirkt sei, sei sein Arbeitsverhältnis nicht auf die B. Photo GmbH übergegangen, sondern bestehe zur Beklagten fort. Der dreiseitige Vertrag stehe der Ausübung des Widerspruchsrechts nicht entgegen. Entscheidend sei allein die Arbeitnehmerstellung zum Zeitpunkt des Betriebsübergangs. Durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages habe er auch nicht auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Insofern fehle es bereits an einer schriftlichen Verzichtserklärung. Eine konkludente Verzichtserklärung sei in dem Aufhebungsvertrag nicht enthalten, weil die dortigen Regelungen sich allein auf die - vermeintlichen - Rechtsbeziehungen zu der AgfaPhoto GmbH und der Beschäftigungsgesellschaft bezögen, nicht aber das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten tangierten. Die Regelungen im Interessenausgleich und Sozialplan bezögen sich zudem lediglich auf ein bereits ausgeübtes Widerspruchsrecht. Die Arbeitnehmer hätten daher nicht davon ausgehen können, dass sie gleichzeitig mit Unterzeichnung des dreiseitigen Vertrages auf ihr Widerspruchsrecht für die Zukunft verzichteten. Unabhängig davon habe es dem Kläger an einem entsprechenden Erklärungsbewusstsein gefehlt. Der Kläger hat behauptet, er sei bei Abschluss des dreiseitigen Vertrages massiv unter Druck gesetzt worden. Ihm sei suggeriert worden, dass er seinen Lebensunterhalt nur dann weiterfinanzieren könne, wenn er den Vertrag unterschreibe. Ihm könne nicht vorgeworfen werden, dass er aus existenziellen Gründen anstelle der Arbeitslosigkeit ein Arbeitsverhältnis bei der Beschäftigungsgesellschaft gewählt habe. Wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 19.05.2006 ergebe, sei auch sie selbst noch von der Möglichkeit der Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger ausgegangen. Wegen ihres eigenen Informationsverstoßes und wegen der Inanspruchnahme durch eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer auf Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses habe die Beklagte auch nicht darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben werde. Darüber hinaus könne ihm auch kein widersprüchliches Verhalten vorgeworfen werden. Durch die Weiterarbeit bei der B. Photo GmbH und sodann der Beschäftigungsgesellschaft habe er nur sein berechtigtes Interesse, insbesondere im Hinblick auf § 615 S. 2 BGB, wahrgenommen.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 31.10.2004 ein Arbeitsverhältnis besteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, ein Arbeitsverhältnis zum Kläger bestehe nicht mehr, da mangels eines wirksamen Widerspruchs des Klägers die B. Photo GmbH Arbeitgeberin des Klägers geworden sei. Da die mit Schreiben vom 22.10.2004 erteilten Informationen ausreichend und korrekt gewesen seien, sei die gesetzliche einmonatige Widerspruchsfrist bei Einlegen des Widerspruchs durch den Kläger bereits lange verstrichen gewesen. Zumindest habe der Kläger sein Widerspruchsrecht selbst bei unterstellter Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der Information bei der Erwerberin verwirkt. Der Widerspruch des Klägers sei erst mehr als zwei Jahre nach dem Betriebsübergang erfolgt. Im Hinblick auf die lange Zeit zwischen Betriebsübergang und Widerspruch in Verbindung mit der Weiterarbeit des Klägers bei der Erwerberin habe sie - die Beklagte - darauf vertrauen dürfen, dass der Kläger bei der Erwerberin bleiben werde. Das Arbeitsverhältnis habe zudem aufgrund des Aufhebungsvertrages mit der Erwerberin sein Ende gefunden. Nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses komme ein Widerspruch bereits rechtstechnisch und denklogisch nicht mehr in Betracht. Daher komme es letztlich auf die Frage, ob überhaupt ein Widerspruchsrecht des Klägers bestanden habe, nicht mehr an. Zudem habe der Kläger in Kenntnis der Tatsache, dass er nur dann in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintreten könne, wenn er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht widerspreche, durch den Abschluss des dreiseitigen Vertrages deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wolle. Damit habe er sein Widerspruchsrecht verwirkt bzw. auf die Ausübung des Widerspruchsrechts verzichtet. Die Ausübung des nachträglichen Widerspruchs sei ihr - der Beklagten - auch nicht zumutbar. Sie habe nicht damit rechnen können, dass Mitarbeiter nach so langer Zeit massenhaft Widersprüche einlegen würden. Hierfür seien keine Rückstellungen gebildet worden.

Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, zwischen den Parteien bestehe kein Arbeitsverhältnis, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht wirksam widersprochen habe. Dabei könne dahinstehen, ob die Beklagte ihre Informationspflicht gemäß § 613 a Abs. 5 BGB verletzt habe und die Monatsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB noch nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Kläger habe mit Abschluss des dreiseitigen Vertrages konkludent auf sein Widerspruchsrecht verzichtet. Dies ergebe die Auslegung des Vertrages, insbesondere im Hinblick auf die vertraglichen Regelungen unter Ziffer II.1, 2 und 5, unter Berücksichtigung der Gesamtumstände. Da die B. Photo GmbH einen derartigen Vertrag nur habe schließen können, wenn das Arbeitsverhältnis auch auf sie übergegangen ist, müsse den Vertragsschließenden bei Abschluss des Vertrages klar gewesen sein, dass alle Parteien von einem wirksamen Übergang des Arbeitsverhältnisses ausgegangen seien. Soweit der Kläger darauf hingewiesen habe, er habe unter Druck gestanden, weil er auf die Tätigkeit angewiesen gewesen sei, führe dies nicht zu einer anderen Beurteilung. Der Kläger müsse sich den Vertragsinhalt zurechnen lassen, denn er habe ausdrücklich unterschrieben, Gelegenheit zur Beratung gehabt zu haben. Zudem sei er dem Vortrag der Beklagten, die Arbeitnehmer seien über die Regelung, keine BQG bei Widerspruch, durch die Betriebsräte und die Geschäftsführung informiert worden, nicht konkret entgegengetreten. Wenn auch die Sozialplanregelung vom Wortlaut her nur den Arbeitnehmer erfasse, der bereits widersprochen habe, habe der Kläger daraus jedoch unzweifelhaft erkennen können, dass ein Widerspruch gegen den Betriebsübergang Ansprüche aus dem Sozialplan und damit den Eintritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft habe ausschließen sollen. Zudem könne der Kläger sich auf ein Widerspruchsrecht auch unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nicht berufen. Wer die Absicht habe, den Widerspruch gegen den Betriebsübergang auszuüben, könne nicht gleichzeitig einen Vertrag abschließen, der einen wirksamen Übergang des Arbeitsverhältnisses voraussetze. Wenn der Kläger in Kenntnis der Streitigkeiten über die Zulässigkeit eines nachträglichen Widerspruchs die vorliegende Vereinbarung träfe, so könne die Beklagte darauf vertrauen, dass die Gesamtregelung nicht nachträglich durch Ausübung des Widerspruchs in Frage gestellt werde. Letztlich sei die Ausübung des Widerspruchsrechts auch verwirkt. Wegen der Entscheidungsgründe im Einzelnen wird ausdrücklich auf Bl. 134 - 144 der Akte Bezug genommen.

Gegen das dem Kläger am 29.05.2007 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts Solingen hat der Kläger mit einem am 19.06.2007 per Fax und am 20.06.2007 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.08.2007 mit einem am 27.08.2007 per Fax und am 29.08.2007 im Original bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht der Kläger unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens geltend, das Schreiben vom 22.10.2004 genüge den Anforderungen an ein Unterrichtungsschreiben nicht. Er rügt, das Arbeitsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass er auf sein Widerspruchsrecht verzichtet habe. Er wiederholt seine Auffassung, dass durch Abschluss des dreiseitigen Vertrages die für eine Verzichtserklärung erforderliche Schriftform nicht erfüllt sei. Die Annahme einer konkludenten Verzichtserklärung scheitere daran, dass der dreiseitige Vertrag in keinerlei Bezug zur Beklagten stehe. Die Auffassung des Arbeitsgerichts, aufgrund der Regelungen im Sozialplan und Interessenausgleich sei jedem Arbeitnehmer bei Abschluss des dreiseitigen Vertrages der Verzicht auf sein Widerspruchsrecht bekannt und bewusst gewesen, könne nicht gefolgt werden. Die Regelungen im Sozialplan und Interessenausgleich bezögen sich ebenfalls letztlich nur auf die B. Photo GmbH. Die Bestätigung im Aufhebungsvertrag, Gelegenheit zur Beratung gehabt zu haben, spiele keine Rolle, denn auch diese Klausel beziehe sich ausschließlich auf die - vermeintlichen - Rechtsbeziehungen der unmittelbar am Vertrag Beteiligten. Er behauptet, zur Frage des Ausschlusses aus der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft bei noch bestehendem Widerspruchsrecht sei ihm nie etwas mitgeteilt worden. Die diesbezügliche Behauptung der Beklagten sei völlig pauschal und unsubstantiiert. Bei Abschluss des Aufhebungs- und Qualifizierungsvertrages habe er zudem keine Kenntnis von einem möglicherweise noch bestehenden Widerspruchsrecht gehabt. Durch die Weiterarbeit bei dem Betriebserwerber habe er nicht konkludent auf die Ausübung seines Widerspruchsrechts verzichtet, da er in Unkenntnis seines Widerspruchsrechtes weitergearbeitet habe. Er beruft sich erneut darauf, er habe kein Erklärungsbewusstsein gehabt, das einen Verzicht umfasste, sei zudem massiv unter Druck gesetzt worden und weist auf das Schreiben der Beklagten vom 19.05.2006 hin. Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens ist er nach wie vor der Auffassung, ein widersprüchliches Verhalten könne ihm nicht vorgeworfen werden. Ergänzend weist der Kläger darauf hin, die Beklagte könne sich schon deshalb nicht auf ein widersprüchliches Verhalten berufen, weil ihr der Abschluss des dreiseitigen Vertrages gar nicht bekannt gewesen sei. Ungeachtet dessen sei es einem Arbeitnehmer auch nach Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses nicht verwehrt, sich gegenüber dem "alten" Arbeitgeber auf den Fortbestand des alten Arbeitsverhältnisses zu berufen. Letztlich habe er durch sein Handeln den wirtschaftlichen Schaden so gering wie möglich halten und den Vorwurf des böswilligen Unterlassen anderweitigen Erwerbs vermeiden wollen. Es könne nicht als treuwidrig angesehen werden, wenn ein Arbeitnehmer, der angesichts der schwierigen Sach- und Rechtslage nicht erkennen könne, ob seine Widerspruchserklärung Erfolg haben werde, ein neues Arbeitsverhältnis eingehe. Sein Verhalten könne damit auch nicht als eindeutiger Ausdruck eines Bestätigungswillens gewertet werden. Schließlich sei das Widerspruchsrecht auch nicht verwirkt, da es sowohl an dem erforderlichen Zeit- als auch am Umstandsmoment fehle. Dies führt der Kläger im Einzelnen in auf Seite 10 bis 16 seiner Berufungsbegründung aus. Insoweit wird auf Bl. 211 - 2217 der Akte Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 10.05.2007 - 1 Ca 177/07 lev - abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil und vertritt weiterhin den Standpunkt, dass das Informationsschreiben über den Betriebsübergang vom 22.10.2004 nicht unvollständig und nicht fehlerhaft gewesen und der Widerspruch des Klägers aus Januar 2007 ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verwirkt sei. Das Arbeitsverhältnis sei bereits zum 01.11.2004 auf die B. Photo GmbH übergegangen. Letztlich käme es darauf aber nicht mehr an, weil der Kläger am 31.01.2006 aus dem übergegangenen Arbeitsverhältnis bei der B. Photo GmbH ausgeschieden sei. Durch den Abschluss des dreiseitigen Vertrages habe er eine Entscheidung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses getroffen und zu erkennen gegeben, dass er den Betriebsübergang als solches akzeptiere und auf die Erklärung des Widerspruchs verzichte. Für die Wirksamkeit des Verzichts sei unerheblich, ob der Kläger Kenntnis davon hatte, dass sein Widerspruchsrecht möglicherweise noch bestehe. Schließlich seien die Ausführungen des Klägers über ein angeblich fehlendes Erklärungsbewusstsein widersprüchlich und im Ergebnis auch unzutreffend. Im Hinblick auf den in der Präambel in Bezug genommenen Interessenausgleich und Sozialplan sei jedem Arbeitnehmer bekannt und bewusst gewesen, dass er mit dem Abschluss dieses Vertrages auf die Ausübung eines möglicherweise noch bestehenden Widerspruchsrechts verzichte. Zu berücksichtigen sei zudem, dass die Arbeitnehmer bei B. Photo umfassend über den Eintritt in die Beschäftigungsgesellschaft und die damit verbundenen rechtlichen Möglichkeiten belehrt worden seien. Diese Verzichtserklärung, für die kein Schriftformerfordernis bestehe, wirke gegenüber beiden Parteien der Betriebsübertragung. Selbst bei unterstelltem Schriftformerfordernis habe der Kläger sein Widerspruchsrecht jedenfalls verwirkt. Abgesehen davon sei spätestens zum 31.01.2006 jegliche Widerspruchsfrist für den Kläger abgelaufen, da zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis sein rechtliches Ende gefunden habe. Nach dem rechtlichen Ende des Arbeitsverhältnisses scheide ein Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers aus. Bei dem Schreiben vom 19.05.2006 sei nicht danach differenziert worden, ob die angeschriebenen Mitarbeiter in die BQG eingetreten seien oder nicht. Dies hätte zu einem nicht zumutbaren Mehraufwand bei der Verwaltung geführt. Mit der rein vorsorglichen Aufnahme der erneuten Ausgleichsklausel habe sie eine Vielzahl von überflüssigen Verfahren verhindern wollen. Das Verhalten des Klägers sei zudem rechtsmissbräuchlich. Es gehe ihm einzig und allein um den Gewinn einer Rechtsposition, um die Beklagte zu Zahlungen welcher Art auch immer zu zwingen. Der Widerspruch sei ersichtlich nicht auf ein Arbeitsverhältnis angelegt. Dies ergebe sich auch aus dem langen Zuwarten des Klägers nach Zugang des Anschreibens aus dem Monat Mai 2006. Da die von ihr für die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft bereit zu stellenden Mittel abhängig von der Anzahl der eintretenden Mitarbeiter gewesen seien, gingen die Ausführungen des Klägers, ihr sei der Abschluss des Aufhebungsvertrages nicht bekannt gewesen, ins Leere.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs.1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) des Klägers ist zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet und war demgemäß zurückzuweisen. Die Berufungskammer folgt der Entscheidung des Arbeitsgerichts.

1.

Die auf Feststellung gerichtete Klage ist gemäß §§ 46 Abs. 2 ArbGG, 256 Abs. 1 ZPO zulässig. Das Arbeitsgericht hat zu Recht das für eine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Rechtsschutzinteresse des Klägers bejaht.

Nach § 256 Abs.1 ZPO kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Das Bundesarbeitsgericht hat Klagen von Beschäftigten auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis besteht, also gegenwartsbezogene Klagen, in ständiger Rechtsprechung für zulässig erklärt. Der Kläger verfügt mithin über das zur Erhebung der Feststellungsklage notwendige Feststellungsinteresse, denn die Beklagte stellt den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen in Abrede.

2.

Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis mehr, da der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH nicht wirksam gemäß § 613 a Abs. 6 BGB widersprochen hat.

Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 613 a Abs. 5 BGB unterrichtet hat mit der Folge, dass die einmonatige Widerspruchsfrist gemäß § 613 a Abs. 6 BGB nicht in Lauf gesetzt worden ist. In Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht ist auch die Berufungskammer der Auffassung, dass für den Kläger zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung kein Widerspruchsrecht mehr bestand. Diese Beurteilung ergibt sich nach Auffassung der Berufungskammer auch aus einer analogen Anwendung des Rechtsgedanken des § 144 BGB.

Nach § 144 Abs. 1 BGB ist die Anfechtung eines Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem Anfechtungsberechtigten bestätigt wird. Der Sache nach handelt es sich bei dieser Regelung um einen Verzicht des Anfechtungsberechtigten. Dieser sich aus § 144 BGB ergebende Rechtsgedanke ist nach Auffassung der Berufungskammer auf die Frage, ob ein Widerspruchsrecht noch ausgeübt werden kann, übertragbar und bedeutet, dass die Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen ist, wenn der "widerspruchsbehaftet" Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber von dem Widerspruchsberechtigten bestätigt wird.

Da es sich bei dem Übergang des Arbeitsverhältnisses im Falle des § 613 a BGB nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um einen gesetzlich angeordneten Vertragspartnerwechsel handelt, kommt nur eine analoge Anwendung des § 144 BGB in Betracht. Eine Analogie ist die Übertragung der für einen oder mehrere bestimmte Tatbestände im Gesetz vorgesehenen Regel auf einen anderen, aber rechtsähnlichen Tatbestand (vgl. Palandt, Einl. 40 vor § 1). Die analoge Anwendung einer Norm ist möglich, wenn zur Ausfüllung einer planwidrigen Gesetzeslücke die Rechtsfolge eines gesetzlichen Tatbestands auf einen vergleichbaren, aber im Gesetz nicht geregelten Tatbestand übertragen werden kann. Dabei muss der zu beurteilende Sachverhalt dem gesetzlich geregelten Sachverhalt gleichen, die möglichen Unterschiede dürfen nicht von einer Art sein, dass eine Übertragung der gesetzlichen Wertung ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 23.11.2006, 6 AZR 394/06 = ArbuR 2006, 447 m.w.N.).

Die Voraussetzungen der analogen Anwendung der in § 144 BGB vorgesehenen Regelung für die Ausübung des Anfechtungsrechts auf den gesetzlich nicht geregelten Tatbestand der Ausübung des Widerspruchsrechts sind nach Auffassung der Berufungskammer gegeben. Es liegen sowohl eine Gesetzeslücke als auch ein analogiefähiger Tatbestand vor. Durch die Einführung des gesetzlich normierten Widerspruchsrechts ist nachträglich eine Regelungslücke in Bezug auf die Ausübung diese Rechts entstanden. Das Gesetz sieht keine Folgenregelung für das Widerspruchsrechts für die Fälle vor, in denen die Widerspruchsfrist wegen fehlerhafter Unterrichtung noch nicht läuft. Die Ausübung des Widerspruchsrechts ist der Ausübung des Anfechtungsrechts "rechtsähnlich". Beide Tatbestände erfordern die Abgabe einer empfangsbedürftigen Willenserklärung des Berechtigten, der - bei der Anfechtung bezogen auf ein Rechtsgeschäft, beim Widerspruchsrecht bezogen auf einen gesetzlich vorgesehenen Vertragspartnerwechsel - rückwirkende Kraft zukommt. In beiden Fällen bewirkt die Ausübung des Rechts die rückwirkende Vernichtung des bestehenden Vertragsverhältnisses. Es erscheint der Berufungskammer danach gerechtfertigt, im Wege der Einzelanalogie die Rechtsfolge der Bestätigung des Rechtsgeschäfts durch den Anfechtungsberechtigten, nämlich den Ausschluss des Anfechtungsrechts, auf den vergleichbaren Tatbestand der Bestätigung des Übergangs des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebserwerber durch den Widerspruchsberechtigten mit der Folge des Ausschlusses des Widerspruchsrechts zu übertragen, soweit die Voraussetzungen einer Bestätigung im Sinne des § 144 BGB festgestellt werden können.

Die Bestätigung im Sinne des § 144 BGB betrifft ein gültiges Rechtsgeschäft und ist - anders als die Bestätigung im Sinne des § 141 BGB - keine Neuvornahme des Geschäfts, sondern der Sache nach ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht. Sie ist eine nicht empfangsbedürftige Willenserklärung und braucht daher nicht gegenüber dem Anfechtungsgegner erklärt zu werden. Sie ist gemäß § 144 Abs. 2 BGB formfrei, kann also auch durch schlüssiges Handeln erfolgen. Erforderlich ist allerdings ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an dem Rechtsgeschäft festzuhalten. Jede andere den Umständen nach mögliche Deutung muss ausgeschlossen sein. Eine Bestätigung setzt in der Regel voraus, dass der Bestätigende die Anfechtbarkeit kannte bzw. mit ihr rechnen musste. Die Bestätigung beseitigt das Anfechtungsrecht (vgl. Palandt, § 144 BGB Rdnr. 1, 2).

Unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen hat der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Betriebserwerberin durch Abschluss des dreiseitigen Vertrages in Verbindung mit den Gesamtumständen in diesem Sinne bestätigt.

In Übereinstimmung mit der von Annuß vertretenen Auffassung geht die Berufungskammer dabei davon aus, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund des Betriebsübergangs mit Wirkung zum 01.11.2004 zunächst aufschiebend bedingt auf die B. Photo GmbH übergegangen ist.

Nach Auffassung von Annuß (vgl. Staudinger/Annuß § 613 a BGB Rdnr. 186) wird dem grundrechtlich fundierten Ziel einer Respektierung der privatautonom getroffenen Entscheidung des Arbeitnehmers, nur mit einem bestimmten Arbeitgeber zu kontrahieren, in Fällen, in denen der Widerspruch erst nach dem Betriebsübergang erklärt zu werden braucht, nur dann ausreichend Rechnung getragen, wenn der Erwerber bis zum Widerspruch bzw. bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist auch nicht vorübergehend in die Stellung des Arbeitgebers einrückt. Dieses Ziel kann jedoch nicht dadurch erreicht werden, dass man der Widerspruchserklärung schlicht ex-tunc-Wirkung beilegt, sondern nur durch einen aufschiebend bedingten Übergang des Arbeitsverhältnisses, so dass dieses zunächst (bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. einer abschließenden Erklärung des Arbeitnehmers) mit dem bisherigen Arbeitgeber fortbesteht. Mit Ablauf der Widerspruchsfrist bzw. der abschließenden Entscheidung des Arbeitnehmers tritt der Erwerber rückwirkend zum Datum des Betriebsübergangs in den Arbeitsvertrag ein.

Ein aufschiebend bedingtes Rechtsgeschäft ist tatbestandlich vollendet und voll gültig, nur seine Rechtswirkungen sind bis zum Eintritt der Bedingung in der Schwebe. Dieser Tatbestand ist der erforderlichen Gültigkeit des Rechtsgeschäfts bei der Anfechtung "rechtsähnlich".

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände und des Inhalts des dreiseitigen Vertrages hat der Kläger nach Auffassung der Berufungskammer durch den Abschluss des darin enthaltenen Aufhebungsvertrages mit der Erwerberin hinsichtlich seines Widerspruchsrechts eine abschließende Erklärung abgegeben, den Eintritt der Bedingung bewirkt und damit den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin bestätigt.

Durch den Abschluss des Aufhebungsvertrages hat der Kläger gegenüber der Erwerberin erklärt, dass er sie als Vertragspartnerin akzeptiert. Diese Erklärung gegenüber der Vertragspartnerin erfolgte auch in Kenntnis eines bestehenden Widerspruchsrechts. Die Kenntnis des Klägers muss daraus geschlossen werden, dass er durch seine Unterschrift unter dem Aufhebungsvertrag mit der B. Photo GmbH bestätigt hat, den Inhalt des Interessenausgleichs und des Sozialplans zu kennen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass der Kläger auch unter Berücksichtigung des Wortlautes des Interessenausgleichs und Sozialplans unzweifelhaft erkennen konnte, dass nicht nur ein bereits ausgeübter Widerspruch gegen den Betriebsübergang die Sozialplanansprüche und damit den Eintritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ausschließen sollte, sondern dass diese Regelung gleichzeitig beinhaltete, auch zukünftig keinen Widerspruch auszuüben. Die Regelung sollte ersichtlich sicher stellen, dass nur diejenigen Mitarbeiter in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintreten dürfen, die unstreitig in einem Arbeitsverhältnis zur Erwerberin stehen. Mit diesem Zweck der Regelung ist mithin gleichzeitig verbunden, dass auch der Verbleib in der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft nur für die Arbeitnehmer möglich ist, die in diesem Arbeitsverhältnis bleiben, was denklogisch voraussetzt, dass sie keinen Widerspruch mehr ausüben. Da der Kläger unterschrieben hat, den Inhalt der Regelung zu kennen, muss er sich dies auch entgegenhalten lassen. Die Behauptung des Klägers, zum Zeitpunkt des Abschlusses des dreiseitigen Vertrages keine Kenntnis von einem noch bestehenden Widerspruchsrecht gehabt zu haben, ist daher unbeachtlich. Zudem steht diese Behauptung des Klägers in Widerspruch zu seinem weiteren Vortrag, er habe den Vertrag abgeschlossen, um den Vorwurf böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs zu vermeiden. Diese Einlassung setzt denknotwendig voraus, dass der Kläger selbst davon ausgegangen ist, möglicherweise noch ein Widerspruchsrecht zu haben und zur Beklagten zurückkehren zu können.

Der Einwand des Klägers, er habe hinsichtlich eines Verzichts auf sein Widerspruchsrecht kein Erklärungsbewusstsein gehabt, ist unerheblich.

Zwar setzt eine Bestätigung im Sinne des § 144 BGB, die eine spätere Anfechtung ausschließt, in der Regel voraus, dass der Bestätigende sein Anfechtungsrecht - in analoger Anwendung mithin sein Widerspruchsrecht - kannte oder mit ihm rechnete. Ausnahmsweise kann eine konkludente Bestätigung aber auch bei Fehlen eines solchen Erklärungsbewusstseins anzunehmen sein (vgl. Palandt, § 144 BGB Rdnr. 2), denn auch für konkludente Willenserklärungen ist im Ergebnis entscheidend, wie sie der Empfänger nach Treu und Glauben verstehen musste. Konkludente Willenserklärungen setzen allerdings in der Regel das Bewusstsein des Handelnden voraus, dass eine Willenserklärung wenigstens möglicherweise erforderlich ist. Für die konkludente Genehmigung eines schwebend unwirksamen Geschäftes wird daher grundsätzlich verlangt, dass sich der Handelnde der schwebenden Unwirksamkeit bewusst ist oder zumindest mit ihr rechnet, für die Bestätigung (§ 144 BGB) eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts, dass der Handelnde von der Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts weiß oder die Vorstellung hat, ihm könne möglicherweise ein solches Recht zustehen. Da das Erklärungsbewusstsein kein notwendiger Bestandteil der Willenserklärung ist, kann schlüssiges Verhalten aber auch dann als Willenserklärung gewertet werden, wenn der Erklärende an die Möglichkeit einer solchen Wertung nicht gedacht hat. Voraussetzung in diesem Fall ist jedoch, dass der Handelnde bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennen konnte, dass sein Verhalten als Willenserklärung aufgefasst werden durfte und der andere Teil es auch tatsächlich so verstanden hat (vgl. Palandt, § 133 BGB Rdnr. 11 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Unter Berücksichtigung der vorliegend gegebenen Gesamtumstände muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger zumindest mit der Möglichkeit eines noch bestehenden Widerspruchsrechts gerechnet hat. Ihm war aufgrund der Regelungen aus dem Interessenausgleich und dem Sozialplan bekannt, dass ein Widerspruch den Eintritt in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft verhindert hätte. Im Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages hatten bereits eine Vielzahl von Arbeitnehmern dem Betriebsübergang widersprochen, die ersten Arbeitnehmer bereits im Juni 2005, kurz nach Stellung des Insolvenzantrages durch die Erwerberin. Danach war für den Kläger ersichtlich, dass zumindest möglicherweise ein Widerspruchsrecht noch bestehen könnte.

Der Kläger musste unter den gegebenen Umständen auch damit rechnen, dass die Erwerberin sein Verhalten, nämlich den Abschluss des dreiseitigen Vertrages, der ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erwerberin zwingend voraussetzt, als Bestätigung dahingehend auffasst, dass der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf sie akzeptiert hat und nicht mehr in Streit stellen wird.

Der Einwand des Klägers, sein Verhalten könne nicht als Verzichtserklärung auf sein Widerspruchsrecht verstanden werden, weil in dem dreiseitigen Vertrag nur die Beziehungen zur Erwerberin und zur Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft, nicht aber eine rechtliche Beziehung zur Beklagten geregelt werde, ist unerheblich, denn entscheidend ist insoweit lediglich, dass er bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können, dass die Erwerberin sein Verhalten als Willenserklärung, das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zu ihr zu bestätigen, versteht und auch in diesem Sinne verstehen durfte.

Diese Voraussetzung ist unter Berücksichtigung des Inhalts des dreiseitigen Vertrages gegeben, der ausdrücklich in den unterschiedlichsten Regelungen auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses Bezug nimmt und den Kläger als Arbeitnehmer und die Erwerberin als Arbeitgeberin bezeichnet. Die Erwerberin durfte danach zweifelsohne davon ausgehen, dass der Kläger das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihnen bestätigen wollte.

Aus dem Inhalt des vom Kläger unterschriebenen Vertrages ergibt sich auch der erforderliche eindeutige Wille, trotz des möglicherweise bestehenden Widerspruchsrechts den - zunächst nur aufschiebend bedingten - Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin endgültig zu akzeptieren. Nach Ziffer II. 2. des Aufhebungsvertrages hat der Kläger erklärt, dass er über die Folgen einer einvernehmlichen Beendigung, insbesondere über den darin liegenden Verzicht auf das Führen von Bestandstreitigkeiten gegen seinen Arbeitgeber, belehrt worden ist und er auch Gelegenheit hatte, sich über diese Folgen ausführlich belehren zu lassen. Da der Kläger Kenntnis von einem möglicherweise noch bestehendem Widerspruchsrecht hatte bzw. eine solche Kenntnis hätte haben können, hätte er sich also sogar noch vor Unterschrift des Vertrages über die Konsequenzen des Vertragsabschlusses und die Auswirkungen auf sein Widerspruchsrecht informieren und seine Entscheidung dementsprechend ausrichten können. Dennoch hat der Kläger den Vertrag unter Verzicht auf das Führen von Bestandsstreitigkeiten "gegen seinen Arbeitgeber" vorbehaltlos unterschrieben.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, seine Erklärung sei nicht in dem für eine Bestätigung erforderlichen Sinne eindeutig, weil er gleichzeitig gehandelt habe, um den Vorwurf des böswilligen Unterlassens anderweitigen Erwerbs zu vermeiden und um seinen Lebensunterhalt zu sichern. Dieser Einwand ist vorliegend ausgeschlossen, weil - im Gegensatz zu anderen von dieser Kammer entschiedenen Fällen - es für den Abschluss des dreiseitigen Vertrages gerade Voraussetzung war, dass kein Widerspruchsrecht ausgeübt wird. Dies ist in Fällen, in denen zum Beispiel ein Arbeitsvertrag mit einem dritten Arbeitgeber geschlossen wird, gerade nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis mit einem dritten Arbeitgeber endet auch nicht - wie im Fall des Aufhebungsvertrages mit dem Erwerber - aufgrund der Rückwirkung des Widerspruchs mit der Erklärung des Widerspruchs. Die unterschiedlichen Fallgestaltungen sind nicht miteinander vergleichbar. Bei der Beurteilung des Erklärungswertes des Verhaltens ist zudem auf den Zeitpunkt der Erklärung abzustellen. Da der Kläger - wenn auch konkludent - gegenüber der Erwerberin erklärt hat, dass er mit dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses einverstanden ist, kann er sich im nachhinein nicht darauf berufen, er habe auch andere Gründe gehabt, den Vertrag abzuschließen, um die Eindeutigkeit seiner damaligen Entscheidung in Frage zu stellen. Abgestellt auf den Zeitpunkt des als Bestätigung zu wertenden Verhaltens war seine Erklärung eindeutig und ließ keine andere Beurteilung zu.

Diesem Ergebnis steht die Rückwirkung des Widerspruchs nicht entgegen. Durch den den Übergang des Arbeitsverhältnisses bestätigenden Vertrag ist die Erwerberin - wie bereits ausgeführt - rückwirkend in das zunächst aufschiebend bedingt übergegangene Arbeitsverhältnis des Klägers eingetreten. Diese Rechtsfolge konnte der Kläger durch seinen zeitlich erst nach Abschluss des Vertrages ausgeübten Widerspruch nicht mehr rückgängig machen. Zum Zeitpunkt der Widerspruchserklärung war die Erwerberin in das - zu diesem Zeitpunkt bereits wieder beendeten - Arbeitsverhältnis rückwirkend eingetreten. Ein Arbeitsverhältnis zur Beklagten bestand somit nicht mehr.

Sollte der Kläger unter den gegebenen Umständen bei Abschluss des Vertrages vorgehabt haben, zu einem späteren Zeitpunkt doch noch sein Widerspruchsrecht auszuüben, um damit die Rechtsfolgen des dreiseitigen Vertrages wieder zu beseitigen, so dürfte es sich dabei um einen geheimen Vorbehalt im Sinne des § 116 BGB handeln, der seine Willenserklärung nicht nichtig macht. Der geheime Vorbehalt des Erklärenden, die Rechtsfolgen seines Verhaltens nicht zu wollen, kann von der Rechtsordnung nicht anerkannt werden.

Der Einwand des Klägers, aus dem Schreiben der Beklagten aus Mai 2006 ergebe sich, dass auch die Beklagte von der Möglichkeit eines Widerspruchs zu einem Zeitpunkt nach Abschluss des dreiseitigen Vertrages ausgegangen sei, greift nicht durch. Die Beklagte hat dazu vorgetragen, dass bei Versendung des Schreibens wegen des der Verwaltung nicht zumutbaren Mehraufwandes nicht unterschieden worden sei, ob der betreffende Mitarbeiter in die Qualifizierungs- und Beschäftigungsgesellschaft eingetreten sei oder nicht. Ob dieser Vortrag den Tatsachen entspricht, was der Kläger bestritten hat, kann letztlich dahinstehen, denn eine rechtlich falsche Beurteilung durch die Beklagte könnte nicht dazu führen, ein nicht mehr bestehendes Widerspruchsrecht wieder aufleben zu lassen.

Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, er habe unter einem rechtlich unzulässigen Zeitdruck handeln müssen. Abgesehen davon, dass es bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages grundsätzlich nicht der Einräumung einer Überlegungsfrist bedarf und abgesehen davon, dass der diesbezügliche Vortrag des Klägers in jeder Hinsicht unsubstantiiert ist, hatte der Kläger ausweislich des von ihm unterschriebenen Vertrages eine Überlegungsfrist von drei Tagen. Wenn der Kläger diese ihm vertraglich eingeräumte Frist nicht genutzt haben sollte, so kann er sich im Nachhinein jedenfalls nicht darauf berufen, er habe unter Zeitdruck handeln müssen.

Seine Behauptung, er sei unter Druck gesetzt worden, ist in jeder Hinsicht unsubstantiiert. Zudem hat der Kläger den dreiseitigen Vertrag auch zu keiner Zeit angefochten. Sein Vortrag, ihm sei erklärt worden, er könne seinen Lebensstandard nicht erhalten, wenn er nicht in die Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft eintrete, dürfte für eine Anfechtung auch wohl nicht geeignet sein.

Da die Bestätigungserklärung im Sinne des § 144 BGB formfrei und nicht empfangsbedürftig ist, brauchte sie nicht gegenüber der Beklagten erklärt zu werden. Abgesehen davon reicht es aus, wenn die Bestätigung gegenüber dem Erwerber oder dem Veräußerer abgegeben wird. Insofern ist in diesem Zusammenhang unerheblich, ob die Beklagte von dem Abschluss des dreiseitigen Vertrages Kenntnis hatte.

3.

Schließlich ist das Verhalten des Klägers zudem unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben als rechtsmissbräuchlich anzusehen.

Der Grundsatz von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten und Rechtspositionen immanente Schranke. Aus ihm ergibt sich das Verbot unzulässiger Rechtsausübung in seinen unterschiedlichsten Erscheinungsformen (vgl. Palandt § 242 Rdnr. 38). Die gegen § 242 BGB verstoßende "Rechtsausübung" oder Ausnutzung einer Rechtslage ist als Rechtsüberschreitung missbräuchlich und unzulässig. Beim Rechtsmissbrauch geht es typischerweise darum, dass die Ausübung eines individuellen Rechts als treuwidrig und unzulässig beanstandet wird. Welche Anforderungen sich aus Treu und Glauben ergeben, lässt sich nur unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheiden. Maßgebender Beurteilungszeitpunkt ist die Geltendmachung des Rechts (BGH 13, 350), im Rechtsstreit die letzte Tatsachenverhandlung.

Nach Auffassung der Berufungskammer ist dem Kläger ein mit Treu und Glauben nicht vereinbares widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen.

Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Die Parteien dürfen ihre Rechtsansichten ändern, der Kläger die Klagebegründung, der Beklagte die Rechtsverteidigung. Jeder Partei steht es in der Regel auch frei, sich auf die Nichtigkeit der von ihr abgegebenen Erklärung zu berufen oder ein unter ihrer Beteiligung zustande gekommenes Rechtsgeschäft anzugreifen. Widersprüchliches Verhalten ist aber dann rechtsmissbräuchlich, wenn für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Für die Annahme einer unzulässigen Rechtsausübung ist nicht zwingend erforderlich, dass der andere Teil im Hinblick auf den gesetzten Vertrauenstatbestand bestimmte Dispositionen getroffen hat. Auch wenn kein besonderer Vertrauenstatbestand begründet worden ist, kann widersprüchliches Verhalten unzulässig sein, wenn der Berechtigte aus seinem früheren Verhalten erhebliche Vorteile gezogen hat oder wenn sein Verhalten zu einem unlösbaren Selbstwiderspruch führt (vgl. Palandt, § 242 BGB Rdnr. 55 - 57 m.w.N. aus der Rechtsprechung).

Der Kläger hat durch sein Verhalten bei der Beklagten den Vertrauenstatbestand gesetzt, dass er den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zur B. Photo GmbH akzeptiert und einen Widerspruch nicht mehr ausüben wird.

Die vertrauensbildenden Umstände ergeben sich daraus, dass der Kläger sich während der gesamten Laufzeit des dreiseitigen Vertrages an die in diesem Vertrag getroffenen Regelungen gehalten hat, und zwar obwohl auch im Zeitraum von Januar 2006 bis Januar 2007 eine Vielzahl weiterer Arbeitnehmer dem Betriebsübergang widersprochen haben. Dadurch hat er sich nach außen ersichtlich auf den Standpunkt gestellt, dass er zu Recht in der Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft ist, in der er schließlich gar nicht hätte sein dürfen, wenn er den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin nicht akzeptiert hätte. Schließlich hat der Kläger exakt mit dem Tag der Beendigung der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme den Widerspruch erklärt. Er hat damit dokumentiert, dass er sich zunächst den Rechtsstandpunkt zu eigen gemacht hat, zu Recht in der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme zu sein, um alle damit verbundenen Vorteile in Anspruch zu nehmen, seinen Rechtsstandpunkt dann aber in dem Moment ins Gegenteil verkehrt hat, als die Maßnahme beendet war, um sich sodann Rechtsvorteile gegenüber der Beklagten zu verschaffen. Ein derartiges Verhalten läuft auf ein mit Treu und Glauben nicht zu vereinbarendes "Rosinenpicken" hinaus. Dabei verkennt die Berufungskammer nicht, dass die Arbeitnehmer sich in einer schwierigen und in weiten Teilen ungeklärten Rechtslage befunden haben und in dieser schwierigen Situation eine Entscheidung treffen mussten. Dennoch kann auch den Arbeitnehmern nach Auffassung der Berufungskammer nicht gänzlich das Risiko für die von ihnen getroffenen Entscheidungen abgenommen werden. Haben sie sich - gleichgültig aus welchen Gründen - in Kenntnis eines möglicherweise bestehenden Widerspruchsrechts dafür entschieden, den Übergang des Arbeitsverhältnisses zu akzeptieren, sind sie an diese Entscheidung gebunden.

Unter den gegebenen Umständen brauchte die Beklagte, die die Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme mitfinanziert, nicht damit zu rechnen, dass der Kläger doch noch einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses erklären wird.

Da die Beklagte ihre finanziellen Mittel nach der Anzahl der eintretenden Arbeitnehmer leisten muss, war ihr auch bekannt, dass der Kläger den dreiseitigen Vertrag abgeschlossen hat, so dass sie aufgrund dieser Kenntnis den entsprechenden Vertrauenstatbestand auch bilden konnte.

Schließlich hat die Beklagte aufgrund des Verhaltens des Klägers auch finanzielle Dispositionen getroffen, indem sie Mittel für den Kläger im Rahmen der Beschäftigungs- und Qualifizierungsmaßnahme zur Verfügung gestellt hat.

Selbst wenn auf Seiten der Beklagten durch das Verhalten des Klägers kein besonderer Vertrauenstatbestand begründet worden wäre, ist das widersprüchliche Verhalten des Klägers unzulässig, denn zum einen hat der Kläger aus seinem früheren Verhalten Vorteile gezogen, zum anderen führt sein Verhalten zu einem unlösbaren Selbstwiderspruch. Der Kläger hat sich zwölf Monate lang nach den vertraglich getroffenen Regelungen des dreiseitigen Vertrages verhalten. Es ist ihm verwehrt, nunmehr nach Beendigung der Qualifizierungsmaßnahme einzuwenden, er sei während der gesamten Zeit zu Unrecht in der Qualifizierungsmaßnahme gewesen, denn der einzige Umstand, der sich im Laufe diese Zeitraums verändert hat, ist die Beendigung der Maßnahme, aus der er bis zuletzt Vorteile gezogen hat.

Der Kläger kann sich daher auch aus diesem Grund nicht auf die Wirksamkeit des Widerspruchs berufen.

Die Berufung des Klägers war mithin zurückzuweisen.

III.

Die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels waren gemäß §§ 64 Abs.6 ArbGG, 97 Abs.1 ZPO dem Kläger aufzugeben.

IV.

Die Revision war gemäß § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG zuzulassen, da entscheidungserhebliche Rechtsfragen vorliegen, die grundsätzliche Bedeutung haben, für die Einheitlichkeit der Rechtsordnung von allgemeiner Bedeutung und höchstrichterlich noch nicht entschieden sind.

Ende der Entscheidung

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