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Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 01.10.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 2080/07
Rechtsgebiete: TV-Ärzte/VKA, BGB, ZPO, ArbGG


Vorschriften:

TV-Ärzte/VKA § 15 Abs. 2
TV-Ärzte/VKA § 15 Abs. 2 S. 2
TV-Ärzte/VKA § 16
TV-Ärzte/VKA § 16 a
TV-Ärzte/VKA § 16 b
TV-Ärzte/VKA § 16 c
TV-Ärzte/VKA § 18 Abs. 2
BGB § 162
BGB § 247
BGB § 611 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 2
ZPO § 138 Abs. 4
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 495
ArbGG § 46 Abs. 1 S. 2
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Eingruppierung einer HNO-Ärztin in die Entgeltgruppe III des § 16c TV-Ärzte/VKA.
Tenor:

I. Das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 18.10.2007 - 1 Ca 2001/07 - wird abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Entgelt nach der Entgeltgruppe 3 gemäß § 16 lit. c. des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf 409,00 € seit dem 16.06.2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01.07.2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01.08.2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01.09.2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01.10.2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01.11.2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01.12.2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01.01.2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01.02.2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01.03.2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01.04.2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01.05.2008 sowie auf 1.347,00 € seit Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie nach der Entgeltgruppen III des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) vom 17.08.2006 zu vergüten. Außerdem macht sie Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum Juni 2007 bis einschließlich April 2008 sowie Zahlungsansprüche für Bereitschaftsdienste geltend, die der Höhe nach unstreitig sind.

Die Klägerin, die seit 1995 als HNO-Ärztin tätig ist, ist seit dem 16.11.1997 bei der Städtischen Krankenhäuser L. gGmbH, an deren Stelle die nunmehrige Beklagte getreten ist, beschäftigt. Seit März 2002 ist sie Fachärztin für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. Ausweislich § 1 des Arbeitsvertrages vom 07.09.2005 (Bl. 7 - 8 der Akte), der den Arbeitsvertrag vom 08.10.2001 ablöste, haben die Parteien vereinbart, dass die Klägerin ab 01.09.2005 im Rahmen der jeweiligen Aufgaben der Städtischen Krankenhäuser L. gGmbH im Klinikum L. als Oberärztin eingesetzt wird. Gemäß § 2 richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des BAT und den diesen ergänzenden bzw. ändernden Tarifverträgen.

In der Zeit vom 19.09.2006 bis zum 15.06.2007 befand die Klägerin sich in der Elternzeit. Während der Elternzeit führte sie mit Einverständnis der Beklagten (Bl. 10 der Akte) weiterhin die Spezialsprechstunde in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik zur Behandlung mit Botulinumtoxin mit der Maßgabe durch, dass diese Tätigkeit 30 Wochenstunden nicht überschreiten darf. Dabei handelt es sich um eine Spezialsprechstunde mit Diagnostik, Therapie und eigener Abrechnung über die Tagesklinik.

Während der Elternzeit der Klägerin wurde ihre Stelle - mit Ausnahme der Spezialsprechstunde - mit Herrn Dr. T. besetzt.

Zum 01.08.2006 trat der auf den 17.08.2006 datierte Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) in Kraft. Er lag jedoch erst am 22.11.2006 in vollständiger Form einschließlich Überleitungstarifvertrag vor.

Dieser Tarifvertrag sieht für tarifangestellte Ärzte in § 16 folgende Entgeltgruppen vor:

a)

Entgeltgruppe I:

Ärztin/Arzt mit entsprechender Tätigkeit

b)

Entgeltgruppe II:

Fachärztin/Facharzt mit entsprechender Tätigkeit

Protokollerklärung zu Buchst. b)

Fachärztin/Facharzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, die/der aufgrund abgeschlossener Facharztweiterbildung in ihrem/ seinem Fachgebiet tätig ist.

c)

Entgeltgruppe III Oberärztin/Oberarzt

Protokollerklärung zu Buchst. c)

Oberärztin/Oberarzt ist diejenige Ärztin/derjenige Arzt, der/dem die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche der Klinik bzw. Abteilung vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

d)

Entgeltgruppe IV

Leitende Oberärztin/leitender Oberarzt ist diejenige Ärztin/ derjenige Arzt, der/dem die ständige Vertretung der leitenden Ärztin/des leitenden Arztes (Chefärztin/Chefarzt) vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen worden ist.

In dem "Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern in den TV-Ärzte(VKA) und zur Regelung des Übergangsrechts" (TVÜ-Ärzte) haben die Tarifvertragsparteien in der Niederschriftserklärung zu § 6 Abs. 2 Folgendes ausgeführt:

"Die Tarifvertragsparteien gehen davon aus, dass Ärzte, die am 31. Juli 2006 die Bezeichnung "Oberärztin/Oberarzt" führen, ohne die Voraussetzungen für eine Eingruppierung als Oberärztin/Oberarzt nach § 16 TV-Ärzte/VKA zu erfüllen, die Berechtigung zur Führung ihrer bisherigen Bezeichnung nicht verlieren. Eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III ist hiermit nicht verbunden."

Im Rahmen der Geltung des BAT war der Begriff "Oberarzt" nicht definiert.

Die Personalabteilung der Beklagten forderte die Chefärzte nach Inkrafttreten des Tarifvertrages auf, ein neues Organigramm ihrer Klinik zu erstellen und die jeweiligen Stelleninhaber zu benennen, um auf dieser Grundlage die Eingruppierung vorzunehmen. Der für die Klägerin zuständige Chefarzt Prof. Dr. M. legte der Beklagten daraufhin ein Organigramm vor, in dem Herr Dr. T. - als Vertreter der Klägerin, die sich zu dieser Zeit noch im Erziehungsurlaub befand - der ausdrücklich als solcher bezeichnete "Funktionsbereich" HNO-Ambulanz zugewiesen ist. Wegen des Organigramms im Einzelnen wird auf Bl. 212 der Akte Bezug genommen.

Mit Schreiben aus März 2007 teilte die Beklagte der Klägerin mit, ihr Arbeitsverhältnis werde rückwirkend in das neue Tarifwesen des TV-Ärzte/VKA übergeleitet. Sie werde zunächst in ihrer Funktion als Oberärztin tarifkonform in die Entgeltgruppe II übergleitet. Über eine eventuelle Höhergruppierung bei Vorliegen der tariflichen Voraussetzungen werde in Kürze abschließend entschieden.

Den mit diesem Schreiben gleichzeitig überreichten Änderungsvertrag und die dazu gehörige Nebenabrede, wegen deren Inhalt auf Blatt 13 - 14 der Akte Bezug genommen wird, hat die Klägerin nicht unterschrieben.

Mit Schreiben vom 07.05.2007 (Bl. 18 der Akte) beantragte die Klägerin bei der Beklagten unter Bezugnahme auf ihren Oberarztvertrag vom 07.09.2005 die Höhergruppierung in Entgeltgruppe III, rückwirkend zum 01.08.2006.

Mit Schreiben vom 21.05.2007 (Bl. 19 der Akte) wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, dass ihre Tätigkeit nach Festlegung der Teil- und Funktionsbereiche im Klinikum Krefeld durch die Geschäftsführung - in Abstimmung mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht - nicht die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III erfülle.

Nach Beendigung der Elternzeit war die Klägerin seit dem 16.06.2007 ausweislich der Bescheinigung der Beklagten vom 20.09.2006 zunächst wieder als vollzeitbeschäftigte Oberärztin in der Hals-Nasen-Ohren-Klinik, und zwar in der Ambulanz und in der Tagesklinik tätig. Dort befasst die Klägerin sich mit der Allergologie, der Otoneurologie einschließlich der Vestibularisdiagnostik, der Funktionsdiagnostik der Nase einschließlich der Rhinomanometrie und der Riech- und Schmeckprüfung sowie der Ultraschalldiagnostik im Kopf-Hals-Bereich. Die Spezialsprechstunde zur Behandlung mit Botulinumtoxin wird von ihr weiterhin in einem zeitlichen Umfang von einer Stunde pro Woche durchgeführt.

Die HNO-Ambulanz befindet sich im Erdgeschoss des Operativen Hochhauses in Raum H 21 und ist ein räumlich abgegrenzter Bereich. Dort werden jährlich etwa 12.000 Patienten behandelt sowie weitere etwa 4.000 Notfälle außerhalb der Dienstzeit. In der Regel erfolgt die Voruntersuchung der Patienten in der Ambulanz zunächst durch Assistenz- oder Fachärzte, die die Patienten danach der Klägerin vorstellen. Nach Zusammenschau aller Befunde, ggf. Nachuntersuchung des klinisch relevanten körperlichen Untersuchungsbefundes oder ggf. Veranlassung weiterer erforderlicher Spezialuntersuchungen entscheidet die Klägerin sodann über die weitere Behandlung. Die Ambulanz ist montags bis freitags regelmäßig von 8.00 Uhr bis etwa 14.00 Uhr geöffnet.

In den Bereichen der Klägerin sind ihr drei bis maximal fünf Assistenz- und/oder Fachärzte zugeordnet. In der Ambulanz wird regelmäßig ein Plan ausgehängt, aus dem hervorgeht, welcher Station welche Oberärzte zugeordnet sind. Beispielhaft dafür hat die Klägerin einen Plan vom 15.02.2008 (B. 253 der Akte) vorgelegt, in dem sie sowohl für die Ambulanz als auch für die Tagesklinik als Oberärztin ausgewiesen ist.

Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin ist auch die Tagesklinik ein räumlich abgegrenzter Bereich. Dort werden um 9.00 Uhr und um 13.00 Uhr Infusionen gelegt und die Diagnostik veranlasst.

Darüber, wer eine konkrete Operation durchführt, entscheidet der Chefarzt Prof. Dr. M. selbst oder die Klägerin. Zu ihrer Aufgabe gehört es dabei, den jeweiligen Operateur unter Berücksichtigung des Schwierigkeitsgrades der Operation und der Fähigkeiten des Arztes auszuwählen.

In Fällen, in denen die Klägerin selbst operiert oder sich im Rahmen der von ihr durchzuführenden OP-Ausbildung anderer Ärzte im Operationssaal befindet, bleibt sie für die ihr zugeordneten Ärzte erreichbar, um in den Fällen unklarer oder nicht eindeutiger Diagnose Maßnahmen anzuordnen.

Die Klägerin, die auch Hintergrund- und Rufbereitschaften leistet, ist außerdem Hygienebeauftragte der HNO-Klinik.

Mit Schreiben vom 24.07.2007 (Bl. 20 der Akte) legte die Klägerin gegen die Eingruppierung in die Entgeltgruppe II Einspruch ein.

Unter dem Datum vom 26.07.2007 (Bl. 21 der Akte) lehnte die Beklagte erneut eine Höhergruppierung der Klägerin ab.

Mit Wirkung ab dem 16.07.2007 hat die Beklagte an die Klägerin entsprechend der Entgeltgruppe II eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 4.620,00 € gezahlt.

Seit dem 01.10.2007 hat die Klägerin ihre Arbeitszeit befristet bis zum 01.10.2010 auf 20 Stunden wöchentlich reduziert. Ihre Arbeitszeiten sind dienstags und Donnerstag von 8.00 Uhr bis etwa 14.00 Uhr und mittwochs von 8.00 Uhr bis etwa 13.00 Uhr. Die von ihr ausgeübte Tätigkeit hat sich lediglich hinsichtlich des Zeitanteils verändert. Ihr Bruttoeinkommen beläuft sich nunmehr auf 2.400,00 € monatlich.

Die Beklagte hat die Ärztin Frau Dr. X., die als Teilzeitkraft drei Tage in der Woche in der Anästhesie tätig ist, als Tarifoberärztin für den Bereich Kinderanästhesie und Prämedikationsambulanz eingruppiert. An zwei Tagen pro Woche muss die Ärztin Frau Dr. X. sich in der Ambulanz vertreten lassen.

In einem mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbaren Rechtsstreit, der beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Az 13 Sa 1910/07 anhängig war, hat die Beklagte zu Protokoll erklärt, dass sie ihren Chefärzten ausdrücklich die Aufgabe übertragen hat, darüber zu entscheiden, an wen die medizinische Verantwortung übertragen wird.

Im Kammertermin vom 01.10.2008 hat die Beklagte auf Befragen erklärt, dass den Chefärzten vertraglich die Organisation ihrer Klinik übertragen worden ist und dementsprechend die Umsetzung der Entscheidung, wer nunmehr Tarifoberarzt ist, dem Chefarzt obliegt. Bezogen auf die Klägerin hat sie erstmalig behauptet, sie habe Herrn Prof. Dr. M. gefragt, ob er der Klägerin die medizinische Verantwortung übertragen habe, darauf aber keine Antwort erhalten.

Des weiteren hat sie im Kammertermin unstreitig gestellt, dass ein Facharzt einem anderen Facharzt keine medizinischen Weisungen erteilen kann, allerdings ein Facharzt gegenüber einem Arzt weisungsbefugt ist.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass sie als Tarifoberärztin zu bezahlen ist, weil sie die Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III erfüllt. Sie hat darauf hingewiesen, dass sie die fachliche Aufsicht über die Assistenz- und Fachärzte führe und für die Ausbildung der Assistenzärzte zuständig sei. Sowohl gegenüber dem nichtärztlichen als auch gegenüber dem ärztlichen Personal sei sie weisungsbefugt. Weiterhin trage sie die medizinische Verantwortung für die Notfallversorgung der HNO-Patienten. Ihr sei sowohl die Funktionsdiagnostik für die Ambulanz als auch für die stationären Patienten der Klinik von Prof. Dr. M. übertragen worden. Dies gelte auch für die Tagesklinik. Ihre medizinische Verantwortung erstrecke sich auf den gesamten Bereich der Patientenbehandlung. Die Verwaltung der Beklagten habe sich nie dafür interessiert, welcher Oberarzt welchen Bereich leite. Dementsprechend seien bei der Beklagten keinem einzigen Oberarzt ein Teilbereich unmittelbar durch die Verwaltung übertragen worden. Dies geschähe seit jeher durch die Chefärzte. Die Beklagte, die ihre Tätigkeit als Tarifoberärztin seit über einem Jahr entgegengenommen habe, müsse sich die Übertragung der medizinischen Verantwortung durch den Chefarzt Prof. Dr. M. für die Funktionsbereiche HNO-Ambulanz, Tagesklinik und Spezialsprechstunde zurechnen lassen. Im Zusammenhang mit der Übertragung der Oberarzttätigkeit gelte das Verbot des widersprüchlichen Verhaltens bzw. der Rechtsgedanke des § 162 BGB. Zudem verstoße die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Keinem der als Oberarzt eingruppierten Ärzte sei seitens der Beklagten ein Teil- oder Funktionsbereich unmittelbar übertragen worden. Dies gelte zum Beispiel hinsichtlich des Oberarztes Dr. L., der mit ihr vergleichbar sei. Die Klägerin hat behauptet, die Eingruppierungsentscheidungen der Beklagten seien insgesamt willkürlich erfolgt, da nicht erkennbar sei, welche Kriterien der Eingruppierung als Tarifoberarzt zugrunde gelegt worden seien. Dies führte die Klägerin im Einzelnen unter Benennung weiterer Oberärzte auf Seite 7 bis 8 ihres Schriftsatzes vom 10.10.2008 (Bl. 69 - 70 der Akte) aus. Sie hat behauptet, der zeitliche Anteil der von ihr als Tarifoberärztin ausgeführten Arbeiten beanspruche ihre ganz überwiegende Zeit.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Entgelt nach der Entgeltgruppe 3 gemäß § 16 lit. c. des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ( TV-Ärzte/VKA) zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.045,33 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf 409,07 € seit dem 01. Juli 2007, auf weitere 818,13 € seit dem 01.August 2007, auf weitere 818,13 € seit dem 01. September 2007 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Klägerin obliege nicht die medizinische Verantwortung für selbständige Teil- oder Funktionsbereiche. Sie hat dazu vorgetragen, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass ihr in Bezug auf die übertragenen Aufgaben auch Aufsichtsfunktionen über ärztliches oder nichtärztliches Personal übertragen worden seien. Die Eingruppierung als Oberarzt in die Stufe III setze jedoch voraus, dass eine Vorgesetztenfunktion wahrgenommen werde. Da der gesamte nichtärztliche Pflegebereich nicht den Oberärzten, sondern der Pflegedirektorin unterstellt sei, ergebe sich diesbezüglich ohnehin keine Weisungsbefugnis. Der Klägerin sei auch kein selbstständiger Teil- oder Funktionsbereich ausdrücklich übertragen worden. Zwar könne es sich bei der Ambulanz um einen räumlich abgetrennten Bereich handeln. Dieser sei der Klägerin jedoch nie in irgendeiner Weise seitens des Arbeitgebers übertragen worden. Eine Übertragung durch den Chefarzt sei nicht ausreichend, sofern dieser nicht seinerseits ausdrücklich durch den Arbeitgeber zur Übertragung der medizinischen Verantwortung ermächtigt worden sei. Zwar sei es in der Praxis häufig so, dass Chefärzte ihnen zugewiesene Arbeitnehmer mit Kompetenzen, die eine Höhergruppierung ermöglichten, ausstatten, damit ihr eigener Teilbereich harmonisch "laufe". Es dürfe jedoch auf der Hand liegen, dass derartige Kompetenzüberschreitungen von Chefärzten nicht als wirksames Handeln im Auftrag des Arbeitgebers anzusehen seien. Schließlich sei der Arbeitgeber frei in der Entscheidung, wie er den Krankenhausbetrieb organisiere und ob er die medizinische Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich auf einen Arzt übertrage oder sie bei dem Chefarzt belasse. Darüber hinaus hat die Beklagte bestritten, dass die Klägerin für einen zeitlichen Anteil von 50 v.H. ihrer Arbeitszeit als Oberärztin im tariflichen Sinne tätig ist. Gemäß dem Organigramm von Prof. Dr. M. für die HNO-Klinik unterteile dieser die HNO-Klinik in die Bereiche "konservative Therapie" und "operative Therapie", behalte sich jedoch die Gesamtverantwortung vor, woraus zu schließen sei, dass keine eigenständigen Teil- oder Funktionsbereiche in der HNO-Klinik bestünden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht gegeben, da die Klägerin mit keinem in die Entgeltgruppe III eingruppierten Oberarzt vergleichbar sei. Herrn Dr. L. sei die medizinische Verantwortung für den in der Augenklinik bestehenden selbständige Teilbereich "Glaukom" übertragen worden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei der ihr im Rahmen einer Eingruppierungsklage obliegenden Darlegungslast nicht hinreichend nachgekommen. Dem Sachvortrag der Klägerin sei nicht zu entnehmen, dass sie mindestens für einen zeitlichen Anteil in Höhe von 50 % ihrer Arbeitszeit Tätigkeiten als Oberärztin im tariflichen Sinne übertragen bekommen habe. Sie habe nicht im Einzelnen vorgetragen, in welchem zeitlichen Umfang sie selbst praktiziere und welcher zeitliche Umfang auf die medizinische Verantwortung für die Aufgaben der Fach- bzw. Assistenzärzte bzw. des nichtärztlichen Personals in der HNO-Ambulanz entfalle. Zudem liege eine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch die Arbeitgeberin nicht vor. Zwar müsse nach Auffassung der Kammer kein förmlicher Bestellungsakt durchgeführt werden. Es habe jedoch kein Handeln von Prof. Dr. M. als Chefarzt festgestellt werden können, das sich die Klinkleitung zurechnen lassen müsse. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 162 BGB seien dem Sachvortrag der Klägerin nicht zu entnehmen. Die Klägerin hätte im Einzelnen vortragen müssen, aufgrund welchen Verhaltens von Prof. Dr. M. sie zu Recht darauf habe vertrauen dürfen, dass er ihr einen Teilbereich übertragen habe.

Gegen das ihr am 29.10.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 26.11.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 04.12.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, dass sie nach der Entgeltgruppe III zu vergüten ist. Sie trägt vor, ihre Tätigkeit als Leiterin der HNO-Ambulanz und Tagesklinik mache etwa 70 % ihrer täglichen Arbeitszeit aus. Die von ihr zu erbringenden Arbeitsvorgänge bestünden darin, dass Assistenz- und Fachärzte die von ihnen untersuchten Patienten ihr - der Klägerin - vorstellten. Sie kontrolliere die Befunde und entscheide über die weiteren Maßnahmen, insbesondere welche Operation durchgeführt werde oder welche weitergehenden Untersuchungen vorgenommen werden müssten. Sie ordne die weiteren Maßnahmen an und erteile entsprechende Weisungen an die Assistenz- und Fachärzte. Zudem sei sie für die Organisation der Abläufe verantwortlich. Sie weise beispielsweise die Sekretariatsmitarbeiterin an, welche weitergehenden Unterlagen zu erstellen seien. Weitere etwa 20 % ihrer Arbeitszeit entfalle auf OP-Tätigkeit. Auch im OP bestehe ihre Tätigkeit darin, die Assistenz- und Fachärzte operativ auszubilden und zu überwachen. Ihre eigene Operationstätigkeit mache wiederum nur einen Bruchteil dieser Gesamttätigkeit aus. Weitere etwa 10 % ihrer Arbeitszeit übe sie die Leitungsfunktion in der Sprechstunde zur Behandlung mit Botulinumtoxin aus. Bezogen auf ihre 20-Stunden-Woche sei sie etwa 13 Stunden in der Ambulanz und davon etwa 11 Stunden ausschließlich mit der Überwachung und Anleitung von Assistenz- und Fachärzten befasst. Weitere 5 bis 6 Stunden entfielen auf OP-Tätigkeiten und 1 bis 2 Stunden auf die Leitungsfunktion in der Sprechstunde. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei ihr die Leitungsfunktion auch übertragen worden. Die HNO-Ambulanz und die Tagesklinik seien in dem von Prof. Dr. M. erstellten Organigramm als eigener Funktions- und Teilbereich dargestellt. Herr Dr. T. sei wegen ihrer Elternzeit lediglich stellvertretend dort aufgenommen. Aufgrund der ihr übertragenen medizinischen Verantwortung habe sie die Entscheidung zur Stellung einer Operationsindikation oder alternativ zu einem konservativen Therapievorgehen zu treffen. Sie entscheide über Änderungen, Erweiterungen oder die Absage von Operationen. Derartige Entscheidungen dürften von Assistenz- oder Fachärzten nicht getroffen werden. Sie sei zudem befugt, den Operationsplan zu erstellen. Sie weise auch Fachärzte an, wodurch insbesondere ihre Leitungsfunktion zum Ausdruck komme. Da die Beklagte bei sämtlichen der in die Entgeltgruppe III eingruppierten Oberärzten nicht berücksichtigt habe, ob diese zu 50 % ihrer Tätigkeit Arbeitsvorgänge ausübten, die den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe III entsprechen, hätte das Arbeitsgericht dieser Ungleichbehandlung nachgehen müssen. Außerdem habe das Arbeitsgericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, denn das Arbeitsgericht hätte auf seine Bedenken hinsichtlich ihrer - der Klägerin - Darlegungen hinweisen und die im Kammertermin vom 18.10.2007 beantragte Schriftsatzfrist zur Stellungnahme zum Schriftsatz der Beklagten vom 16.10.2007 gewähren müssen. Mit Schriftsatz vom 15.02.2008 hat die Klägerin beispielhaft für die von ihr ausgeübten Tätigkeiten die Abläufe an fünf Arbeitstagen im Monat Januar 2008 im Einzelnen dargelegt und erläutert. Insoweit wird auf Bl. 203 bis 211 der Akte Bezug genommen. Die Arbeitstage wurden ohne Anspruch auf Vollständigkeit willkürlich von der Klägerin ausgewählt und stellen nach ihren Angaben für ihre Tätigkeit typische Arbeitstage dar. Diesen Vortrag ergänzt die Klägerin im Schriftsatz vom 30.04.2008. Insoweit wird auf Bl. 288 - 298 der Akte Bezug genommen. In einem Gespräch zwischen dem 16. und 18.07.2007 habe sie - die Klägerin - erneut ein Gespräch mit Herrn Prof. Dr. M. geführt, in dem dieser ihr nochmals die Leitung der Ambulanz, der Tagesklinik und der Spezialsprechstunde zugewiesen habe. Lediglich bei ihrer Abwesenheit gelte eine Vertretungsregelung. Mit Schriftsatz vom 21.08.2008 hat die Klägerin im Einzelnen dargelegt, an welchen Tagen sie welche Operationsindikationen getroffen und welche Operationen sie überwacht hat. Insoweit wird auf Bl. 344 - 352 Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Krefeld vom 18. Oktober 2007 zu Az. 1 Ca 2001/07 abzuändern.

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin Entgelt nach der Entgeltgruppe 3 gemäß § 16 lit. c. des Tarifvertrages für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ( TV- Ärzte/VKA) zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.610,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über den Basiszinssatz gemäß § 247 BGB auf 409,00 € seit dem 16. Juni 2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01. Juli 2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01. August 2007, auf weitere 818,00 € seit dem 01. September 2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01. Oktober 2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01. November 2007, auf weitere 425,00 € seit dem 01. Dezember 2007, auf weitere 425,00 € seit dem 1. Januar 2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01. Februar 2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01. März 2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01. April 2008, auf weitere 425,00 € seit dem 01. Mai 2008 sowie auf weitere 1.347,00 € seit Zustellung des Schriftsatzes vom 30.04.08 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags und bestreitet, dass der Klägerin andere Ärzte im Sinne einer Personalkompetenz unterstellt worden sind. Es fehle auch an der Übertragung eines selbstständigen Funktions- oder Teilbereichs. Ein solcher setze sowohl eine organisatorisch abgrenzbare Eigenständigkeit als auch eine medizinische Spezialisierung innerhalb einer Klinik bzw. einer Abteilung voraus. Hieran fehle es vorliegend. Schließlich bedürfe es einer ausdrücklichen Übertragung der medizinischen Verantwortung, die bezogen auf die Klägerin nie erfolgt sei. Alle Tarifoberärzte seien entgegen der Behauptung der Klägerin formal durch ein Schreiben informiert und eingruppiert worden. Zudem sei die Klägerin auch nur 20 Stunden in der Woche tätig und könne somit in dem verbleibenden Umfang keine medizinische Verantwortung, die nicht teilbar sei, tragen. Die Beklagte behauptet, der Aushang bezüglich des ärztlichen Dienstes in der HNO-Klinik werde nicht mit der Verwaltung abgesprochen. Abgesehen davon handele es sich bei diesem Plan ausschließlich um eine Vertretungsregelung. Schließlich habe die Klägerin auch im Berufungsverfahren nicht schlüssig vorgetragen, dass sie zu mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit die Voraussetzungen der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III erfülle. Die exemplarische Aufzählung ihrer Tätigkeiten an einzelnen Tagen, die zudem nicht alle den Tätigkeitsmerkmalen der Entgeltgruppe III unterfielen, erfülle nicht die der Klägerin obliegende Darlegungslast. Daraus ergebe sich letztlich nur, dass die Klägerin selber als Ärztin praktiziere. Die Anleitung von Assistenz- und Fachärzten obliege auch einem Titularoberarzt. Im Wesentlichen hat die Beklagte die von der Klägerin vorgetragenen Tätigkeiten mit Nichtwissen bestritten. Hinsichtlich der behaupteten Ungleichbehandlung habe die Klägerin nicht einen einzigen Tarifoberarzt benannt, der dieselbe Tätigkeit ausübe wie sie und besser behandelt worden sei.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts ist die Klägerin nach der Entgeltgruppe III gemäß § 16 c) des TV-Ärzte/VKA zu vergüten. Die Entscheidung des Arbeitsgerichts war daher abzuändern.

1.

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 495 ZPO, § 46 Abs. 1 S. 2 ArbGG zulässig, da die Feststellung geeignet ist, Unklarheiten zwischen den Parteien über die mit der Eingruppierung der Klägerin in die Entgeltgruppen des TV-Ärzte/VKA verbundenen Vergütungspflichten der Beklagten gegenüber der Klägerin auch für die Zukunft zu beseitigen und weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Parteien strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex auszuschließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind Eingruppierungsfeststellungsklagen nicht nur für den öffentlichen Dienst, sondern grundsätzlich auch im Bereich der Privatwirtschaft zulässig (vgl. BAG, Urteil vom 14.11.2007, 4 AZR 945/06, zitiert nach juris). Das Feststellungsinteresse wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass zumindest teilweise ein in der Vergangenheit liegender Vergütungszeitraum erfasst ist (vgl. BAG, Urteil vom 20.10.1993, 4 AZR 47/93, zitiert nach juris).

2.

Die Klage ist insgesamt begründet. Die Klägerin ist in die Entgeltgruppe III des § 16 c TV-Ärzte/VKA eingruppiert, denn sie führt zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge im Sinne des § 15 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte/VKA aus, die die Anforderungen der Tätigkeitsmerkmale der Entgeltgruppe III erfüllen. Sie ist daher nach dieser Entgeltgruppe zu vergüten.

Die Eingruppierung in die Entgeltgruppe III setzt folgende Tätigkeitsmerkmale voraus:

1. Ärztin/Arzt

2. medizinische Verantwortung

3. für einen selbständigen Funktions- oder Teilbereich

4. vom Arbeitgeber ausdrücklich übertragen

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin Fachärztin mit entsprechender Tätigkeit ist und damit auf jeden Fall die Voraussetzungen der Entgeltgruppe II erfüllt. Streitig ist, ob die über diese Entgeltgruppe hinausgehenden tariflichen Merkmale erfüllt sind, das heißt, ob es sich bei der HNO-Ambulanz und der Tagesklinik sowie der Spezialsprechstunde um selbständige Teilbereiche handelt, für die der Klägerin die medizinische Verantwortung - zumindest in einer dem Arbeitgeber zurechenbaren Weise - übertragen worden ist.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hat die Klägerin hinreichend substantiiert ihre insoweit herausgehobene Tätigkeit in der HNO-Klinik im Vergleich zur Tätigkeit von Ärzten und Fachärzten im Sinne von § 16 a) und b) (Entgeltgruppen I und II) dargelegt. Von diesem Vortrag hat die Berufungskammer auszugehen, da die Beklagte den Vortrag der Klägerin im Wesentlichen mit Nichtwissen und damit nicht hinreichend substantiiert bestritten hat, was ihr gemäß § 138 Abs. 2 ZPO oblegen hätte. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach § 138 Abs. 4 ZPO nur über solche Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Die Tätigkeiten der Klägerin sind zweifellos Gegenstand der eigenen Wahrnehmung der Beklagten, die den Krankenhausbetrieb verantwortlicht leitet. Sollten ihr einzelne Vorgänge in ihrem Berieb nicht bekannt sein, so besteht jedenfalls die Verpflichtung, sich die notwendige Kenntnis zu verschaffen, um substantiiert vortragen zu können.

Im Einzelnen gilt dazu folgendes:

Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen einer Vergütungsgruppe liegt zunächst beim Arbeitnehmer, der eine Vergütung nach einer bestimmten Vergütungsgruppe begehrt. Soweit es um ein Heraushebungsmerkmal geht, das der Arbeitnehmer für sich in Anspruch nimmt, reicht zu einem schlüssigen Vortrag eine Darstellung seiner eigenen Tätigkeit grundsätzlich nicht aus, da aus der tatsächlich vom Arbeitnehmer erbrachten Tätigkeit für sich allein genommen keine Rückschlüsse darauf möglich sind, ob sie sich gegenüber den Tätigkeitsmerkmalen einer anderen Vergütungsgruppe heraushebt. Aus diesem Grund hat der Arbeitnehmer auch solche Tatsachen darzulegen, die den erforderlichen wertenden Vergleich mit den nicht derart herausgehobenen Tätigkeiten ermöglicht (vgl. BAG, Urteil vom 26.01.2005, 4 AZR 6/04, zitiert nach juris).

Wie bereits die 15. Kammer des Landesarbeitsgericht Düsseldorf (vgl. Urteil vom 21.02.2008, 15 Sa 1617/07) und die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (vgl. Urteil vom 19.06.2008, 11 Sa 275/08) entschieden haben, gibt es bei den hier in Rede stehenden Entgeltgruppen zwar keine aufeinander aufbauenden Vergütungsgruppen und insofern auch keine Heraushebungsmerkmale in vorstehend dargelegtem Sinn. Gleichwohl kann auch hier die bloße Darstellung der eigenen Tätigkeit nicht ausreichen. Da auch der Facharzt für die von ihm ausgeübte Tätigkeit die Verantwortung trägt, muss aus dem Sachvortrag des seine Höhergruppierung nach Entgeltgruppe III beanspruchenden (Fach-)Arztes zum einen erkennbar werden, welche Tätigkeiten zu seinem Aufgabenbereich als Facharzt gehören und wieweit dementsprechend sein diesbezüglicher Verantwortungsbereich reicht. Zum anderen ist darauf fußend darzustellen, welche über diesen Verantwortungsbereich hinausgehenden Tätigkeiten bzw. Aufgaben er in einem selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich wahrzunehmen hat bzw. inwiefern ihm sonst über seinen als bloßer Facharzt zu verantwortenden Bereich hinausgehend ein "Mehr" an Verantwortung obliegt und wie sich deren Wahrnehmung in tatsächlicher Hinsicht darstellt.

Diesen Anforderungen wird der Sachvortrag der Klägerin bei einer nach Auffassung der erkennenden Kammer insoweit bestehenden abgestuften Darlegungs- und Beweislast sowohl hinsichtlich des tariflichen Merkmals des "selbständigen Teil- oder Funktionsbereichs" als auch der "medizinischen Verantwortung" gerecht.

Bereits mit Beschluss vom 26.03.2008 hat die erkennende Kammer die Parteien darauf hingewiesen, dass nach Auffassung der Berufungskammer im Hinblick auf die betriebliche Organisationsmacht der Beklagten bezüglich der Festlegung "selbständiger Teilbereiche", auf die sie sich schließlich selbst berufen hat, und der ihr tarifvertraglich vorbehaltenen "Letztentscheidungskompetenz" hinsichtlich der ausdrücklich zu übertragenden medizinischen Verantwortung von einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast auszugehen ist. Das heißt, die Beklagte kann sich nicht darauf beschränken, den Vortrag der Klägerin schlicht zu bestreiten, ohne ihrerseits konkrete Angaben zu den von ihr nach Bekannt werden des Inhalts des Tarifvertrages getroffenen organisatorischen und personellen Entscheidungen zu machen. Dass sie auch organisatorische Entscheidungen getroffen hat, ergibt sich bereits aus ihrem eigenen Schreiben an die Klägerin vom 21.05.2007, in dem sie der Klägerin mitgeteilt hat, dass ihre Tätigkeit "nach Festlegung der Teil- und Funktionsbereiche im Klinikum L. durch die Geschäftsführung - in Abstimmung mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht - " nicht die tariflichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III erfülle.

Die Klägerin hat ihrer prozessualen Beibringungspflicht genügt. Sie hat ihre Tätigkeiten hinreichend genau und im Vergleich zur Tätigkeit von Ärzten und Fachärzten dargelegt und entsprechenden Beweis angeboten. Aus ihrem Sachvortrag haben sich auch hinreichende Anhaltspunkte für die Annahme eines selbstständigen Teilbereichs, deren medizinische Verantwortung ihr übertragen worden ist, ergeben.

a)

Nach dem Vortrag der Klägerin ist davon auszugehen, dass es sich sowohl bei der HNO-Ambulanz als auch bei der Tagesklinik um einen selbständigen Teilbereich im Sinne der tariflichen Vorschrift handelt.

Den Begriff "Teilbereich" gab es im bisherigen Tarifrecht nicht. Dieser im Rahmen des TV-Ärzte/VKA neu eingeführte Begriff des "selbständigen Teilbereichs" ist hinsichtlich seiner Bedeutung umstritten. Nach einer Ansicht ist davon auszugehen, dass mit dem Begriff des "Teilbereichs" - anders als bei dem Begriff "Funktionsbereich" - eine Loslösung von der Weiterbildungsordnung bezweckt gewesen ist. Von dem Begriff "Teilbereich" im Sinne der Entgeltgruppe III sollen mithin auch ärztliche Tätigkeiten ohne jeden Bezug zur ärztlichen Weiterbildungsordnung erfasst werden (vgl. Bruns, Die Eingruppierung der Oberärzte, in ArztRecht 2007, 60 ff). Der Marburger Bund geht davon aus, dass es allein auf eine organisatorische Abgrenzung innerhalb einer bestehenden Fachabteilung ankommt, während der Verband der kommunalen Arbeitgeber zusätzlich zu einer organisatorischen Eigenständigkeit, das heißt einer räumlichen wie auch personellen Eigenständigkeit, das Vorliegen einer medizinisch-fachlichen Spezialisierung für notwendig erachtet (vgl. Rundschreiben des KAV vom 27.08.2007, Bl. 42 ff der Akte).

Das in die Entgeltgruppe III neu aufgenommene Kriterium des "selbständigen Teilbereichs" bedarf mithin - in Abgrenzung zu dem Begriff des "Funktionsbereichs" - der Auslegung.

Der Begriff des "Funktionsbereichs" hat sich im Geltungsbereich des BAT an der Weiterbildungsordnung für Ärzte orientiert. Es ist insoweit nicht ersichtlich, dass die Tarifvertragsparteien diesem Begriff eine neue Bedeutung haben zukommen lassen wollen.

Der normative Teil eines Tarifvertrages ist nach den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln auszulegen. Zunächst ist vom Tarifwortlaut auszugehen. Zu ermitteln ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne an den Buchstaben zu haften. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm zu berücksichtigen, sofern und soweit dieser in den Tarifnormen seinen Niederschlag gefunden hat. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, weil häufig nur aus ihm und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und nur bei Berücksichtigung des Gesamtzusammenhanges der Sinn und Zweck zutreffend ermittelt werden kann (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, vgl. BAG vom 14.03.2005, 5 AZR 475/04, zitiert nach juris).

Ausgehend vom Tarifwortlaut sind Synonyme für den Begriff "Teilbereich" Begriffe wie "Sparte, Segment, Arbeitsgebiet, Abschnitt, Branche". Diese Synonyme geben letztlich keinen Aufschluss darüber, ob es auf ein "Segment" im Sinne einer medizinisch-fachlichen Spezialisierung oder um einen lediglich organisatorisch abgrenzbaren "Abschnitt" innerhalb einer Fachabteilung ankommt. Der allgemeine Wortlaut des Begriffes ist daher zur abschließenden Auslegung nicht geeignet.

Allerdings wird der Begriff "Teilbereich" durch die Verwendung des Wortes "oder" in ein Alternativverhältnis zu dem bereits gebräuchlichen Begriff "Funktionsbereich" gestellt. Dadurch wird nach Auffassung der Berufungskammer deutlich, dass gerade eine Loslösung von der ärztlichen Weiterbildungsordnung bezweckt gewesen ist. Es hat anerkannt werden sollen, dass sich auch in anderen Bereichen, die gerade nicht an medizinische bzw. (fach-)ärztliche Spezialisierungen anschließen bzw. durch diese voneinander unterschieden werden können, gleichwohl Aufgabenkreise ergeben können, die eine der Leitung eines Funktionsbereichs vergleichbare Aufgabenstellung mit sich bringen und insoweit als gleichwertig anzusehen sind, weshalb eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe III als gerechtfertig anzusehen ist. Anhaltspunkte dafür, dass medizinische Spezialisierungen in Verbindung mit einer eigenen personellen und räumlichen Ausstattung entscheidend sein sollen, finden sich im Tarifvertrag dagegen nicht. Gerade die Tatsache, dass die Tarifvertragsparteien das Wort "oder" und nicht etwa den Begriff "bzw." verwandt haben, lässt nur den Schluss zu, dass sie den Begriffen nicht synonyme, sondern unterschiedliche Bedeutung beimessen wollten und es sich bei einem Teilbereich folglich gerade nicht um einen Funktionsbereich handeln muss. Ansonsten hätten die Tarifvertragsparteien auf die Unterscheidung zwischen Teil- und Funktionsbereichen auch ganz verzichten und es bei den Funktionsbereichen des BAT/BAT-O belassen können (vgl. dazu Sächsisches LAG, Urteil vom 04.06.2008, 9 Sa 658/07, zitiert nach juris). Es ist danach davon auszugehen, dass die Tarifvertragsparteien medizinische Verantwortung auch für Bereiche honorieren wollen, die gerade kein wissenschaftlich anerkanntes Spezialgebiet darstellen, die der Arbeitgeber aber dennoch als eigenständigen Bereich organisiert und definiert hat.

Selbständig ist ein solcher Bereich dann, wenn er durch eine personelle und räumliche Eigenständigkeit organisatorisch abgegrenzt ist.

Maßgebend für das Vorliegen eines "selbständigen Teilbereichs" ist danach allein, dass es sich um einen aus der Gesamtheit der jeweiligen Klinik herauslösbares Organisationselement mit eigenem Aufgabenkreis handeln muss, das strukturell in die Gesamtabläufe der Klinik eingegliedert ist und dem reibungslosen Ablauf der in der jeweiligen Klinik anfallenden Arbeiten insgesamt dient. Hierfür entscheidend ist, dass die Abgrenzung gerade nicht an der ärztlichen Weiterbildungsordnung, sondern an sonstigen Kriterien, die im Zuge einer wertenden Gesamtschau aller Umstände zu bestimmen sind, vorzunehmen ist. Geeignete Kriterien können insoweit die teilbereichseigene räumliche und/oder personelle Ausstattung, ein abgrenzbarer Aufgabenbereich, eine nur dem Bereich zur Verfügung stehende Ausstattung, ohne dass es sich um eine Spezialausstattung für besondere medizinische Tätigkeiten handeln müsste, oder eine besondere Bezeichnung innerhalb der Klinik sein. Die Berufungskammer geht unter Berücksichtigung vorstehender Ausführungen mithin davon aus, dass es nicht zusätzlich auf eine medizinisch-fachliche Spezialisierung ankommt.

Die Klägerin hat unter Bezugnahme auf das zur Akte gereichte Organigramm vorgetragen, dass es sich bei beiden vorbezeichneten Bereichen um "selbständige Teilbereiche" im tarifvertraglichen Sinne handelt und darauf hingewiesen, dass sich oberhalb der Unterteilung "Ambulanz" sogar der Begriff "Funktionsbereich" befindet. Dieses Organigramm ist vom Chefarzt erstellt worden, dem - auch nach dem eigenen Vortrag der Beklagten - die Organisation der Klinik übertragen worden ist. Außerdem hat die Klägerin einen Dienstplan vorgelegt, aus dem sich in der linken Spalte die Bereiche "Allgemeinambulanz" und "Tagesklinik" ergeben. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin sind beide Bereiche räumlich abgegrenzt. Sie verfügen auch über eine eigene personelle Ausstattung, was die Klägerin durch Vorlage eines Dienstplanes dargelegt hat. Diesem Vortrag ist die Beklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Soweit sie behauptet hat, der Dienstplan hinsichtlich der Ambulanz sei ihr nicht bekannt und sei auch nicht mit ihr abgesprochen, ist ihr Vortrag unbeachtlich. Die Beklagte geht selbst - zu Recht - davon aus, dass ihr in ihren Kliniken grundsätzlich die Organisationsmacht obliegt. Sie hat die Möglichkeit, sie selbst auszuüben oder sie - zum Beispiel auf die Chefärzte - zu übertragen. Übt sie die Organisationsmacht selbst aus, kann sie den vorgelegten Dienstplan nicht mit Nichtwissen bestreiten. Ein Bestreiten mit Nichtwissen ist nach § 138 Abs. 4 ZPO nur über solche Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind. Hat sie die Organisationsmacht - wovon vorliegend nach den letzten Bekundungen der Beklagten auszugehen ist - auf die Chefärzte übertragen, muss sie sich deren Organisationsentscheidung aufgrund der diesbezüglich erteilten Bevollmächtigung zurechnen lassen.

Abgesehen davon hat die Beklagte es trotz des Hinweisbeschlusses vom 26.03.2008 unterlassen, die genaue Strukturierung der HNO-Klinik entsprechend der ihr obliegenden Organisationsentscheidung darzulegen.

Der unbestrittene tatsächliche Vortrag der Klägerin ist danach hinreichend substantiiert, um davon auszugehen, dass es sich sowohl bei der Ambulanz als auch bei der Tagesklinik um "selbständige Teilbereiche" im Sinne des Tarifvertrages handelt.

b)

Ebenso wie der Begriff des "selbständigen Teilbereichs" ist auch der umstrittene Begriff der "medizinischen Verantwortung" durch den TV-Ärzte/VKA neu eingeführt worden und auslegungsbedürftig.

Der Marburger Bund geht davon aus, dass medizinische Verantwortung durch eine Aufsichtsfunktion über bestimmte ärztliche oder auch nichtärztliche Bereiche gekennzeichnet ist. Der Verband kommunaler Arbeitgeber nimmt an, dass es sich zumindest um eine von der chefärztlichen Gesamtverantwortung abgeleitete Verantwortung für einen selbstständigen Teil- oder Funktionsbereich handeln muss. Dies schließe die Verantwortung für den gesamten Funktions- oder Teilbereich und bei der Durchführung der Patientenbehandlung die Verantwortung für nachgeordnetes ärztliches und nichtärztliches Personal mit ein.

Einigkeit besteht darüber, dass durch die Verwendung des Wortes "medizinisch" ausgedrückt werden sollte, dass der Verantwortungsträger als Arzt tätig werden muss. Reine Verwaltungstätigkeiten sollten keine Berücksichtigung finden.

Unter Berücksichtigung der bereits dargelegten anzuwendenden Auslegungsregeln ist die Berufungskammer der Auffassung, dass sich hinsichtlich des Begriffs der "Verantwortung" bereits aus der höheren Vergütung der Entgeltgruppe III gegenüber Tätigkeiten nach der Entgeltgruppe II ergibt, dass die oberärztliche Tätigkeit gegenüber der Berufsausübung "lege artis" hinaus, die jeden Arzt trifft, ein "Mehr" darstellen muss. Der Begriff der "Verantwortung" ist daher über die auch Ärzte und Fachärzte treffende Verpflichtung zur Ausübung ärztlicher Tätigkeit nach den anerkannten Regeln der Heilkunst und die damit verbundene Durchführung von Diagnosemaßnahmen und /oder Therapiemaßnahmen hinaus im Sinne einer Grundentscheidungsbefugnis zu verstehen. Entscheidend für die Annahme einer derartigen Grundentscheidungsbefugnis ist, dass diese Entscheidung ohne Rücksprache mit übergeordneten Verantwortungsträgen und ohne deren Einverständnis im Einzelfall getroffen werden kann und für nachgeordnetes ärztliches und nichtärztliches Personal verbindlich ist. Es handelt sich innerhalb der Klinikhierarchie um die Befugnis, die Weichen für den weiteren Behandlungsverlauf zu stellen. Dementsprechend hat der Träger der medizinischen Verantwortung für die getroffene Grundentscheidung arbeits- und haftungsrechtlich einzustehen. Nicht erforderlich ist dagegen nach Auffassung der Berufungskammer, dass es sich um eine Letztentscheidungsbefugnis handelt. Diese verbleibt bei dem jeweiligen Klinikleiter oder dessen Vertreter, die als Gesamtverantwortungsträger die getroffenen Grundentscheidungen ohne weiteres revidieren können. Der Träger medizinischer Verantwortung bleibt insoweit an die Weisungen übergeordneter Verantwortungsträger gebunden. Nichts anderes ergibt sich aus dem von Prof. Dr. M. erstellten Organigramm.

Entgegen der Auffassung der Beklagten wird das Merkmal "medizinische Verantwortung" nicht dadurch ausgeschlossen, dass nachgeordnetes Personal - soweit entsprechend qualifiziert - selbst vorbereitende (Diagnose-)Maßnahmen ergreift, auf die gestützt sodann vom Träger medizinischer Verantwortung die weitere diagnostische und/oder therapeutische Vorgehensweise festgelegt wird. Selbstverständlich hat jeder Arzt und jeder Facharzt eigenständige Entscheidungen zu treffen und ärztliche Maßnahmen durchzuführen, ohne bei jeder ärztlichen Behandlung eines Patienten eine Zustimmung des Oberarztes einholen zu müssen. Die Beklagte verkennt, dass der entscheidende Unterschied zwischen einem Facharzt und einem Tarifoberarzt gerade darin liegt, dass der Tarifoberarzt im Falle einer unklaren Behandlungssituation die maßgeblichen Entscheidungen trifft und einen Facharzt verbindlich anweisen kann, diese durchzuführen. Gerade dadurch geht die Verantwortung über diejenige hinaus, die jeden Facharzt für die eigene Tätigkeit trifft. Ebenso hindert die selbstständige Durchführung bereits angeordneter Diagnose- und Therapiemaßnahmen durch nachgeordnetes Personal das Tragen medizinischer Verantwortung nicht, da bereits eine Grundentscheidung im Sinne einer "Weichenstellung" getroffen worden ist, die lediglich ausgeführt wird.

Schließlich geht die Berufungskammer davon aus, dass es im Hinblick auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA nicht auf die Anzahl der getroffenen Grundentscheidungen bzw. die tatsächlich dafür täglich aufgewendete Arbeitszeit, sondern in zeitlicher Hinsicht vielmehr auf das "Zur-Verfügung-Stehen" für derartige Entscheidungen insgesamt ankommt. Der Oberarzt im tariflichen Sinne trägt auch dann die medizinische Verantwortung für den selbstständigen Teil- oder Funktionsbereiche, wenn er selbst gerade in der Funktion als Facharzt tätig ist und nicht nur dann, wenn er konkret in seiner Funktion als Oberarzt im tariflichen Sinne in Anspruch genommen wird oder eine Aufsichtsfunktion konkret ausübt. Dennoch läuft § 15 Abs. 2 S. 2 TV-Ärzte/VKA bei einer derartigen Betrachtungsweise hinsichtlich des tariflichen Merkmals der "medizinischen Verantwortung" nicht leer. Eine zeitanteilige Bemessung kommt nämlich dann in Betracht, wenn dem Arzt zusätzlich andere Aufgaben, wie zum Beispiel Verwaltungstätigkeiten übertragen worden sind und diese Tätigkeiten im nicht medizinischen Bereich mehr als 50 % der Gesamttätigkeit ausmacht.

Nach dem Sachvortrag der Klägerin geht die Berufungskammer davon aus, dass sie in dem vorstehend dargelegten Sinn Trägerin medizinischer Verantwortung ist.

Der Klägerin sind in der Regel drei bis vier, bisweilen sogar fünf Ärzte oder Fachärzte zugeordnet, die ihr nach ihrem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag im Fall unklarer oder nicht eindeutiger Diagnosen den jeweiligen Patienten vorstellen, für dessen weiteren Behandlungsverlauf die Klägerin sodann weitere Diagnose- oder Therapiemaßnahmen anordnet und die ihr zugeordneten (Fach-)Ärzte auch anleitet. Die Klägerin steht diesen Ärzten durchgehend und sogar dann zur Verfügung, wenn sie sich selbst im Operationssaal befindet. Sie ist telefonisch erreichbar und trifft die notwendigen Entscheidungen. Nach ihrem Vortrag ist sie insoweit auch gegenüber Fachärzten weisungsbefugt.

Die Klägerin darf außerdem - im Gegensatz zu Fachärzten - Operationsindikationen stellen, ändern, aufheben oder erweitern, ohne dazu des Einverständnisses eines höheren Verantwortungsträgers zu bedürfen. Das darin zum Ausdruck kommende "Mehr" gegenüber der Tätigkeit von (Fach-)ärzten erhält weiteres Gewicht durch den Umstand, dass die Klägerin neben dem Klinikleiter und dessen Vertreter auch dazu befugt ist, den jeweiligen Operateur zu bestimmen.

Die Berufungskammer hat auch von der Richtigkeit des von der Klägerin dargelegten Zeitaufwands für die von ihr geschilderte Tätigkeit auszugehen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts besteht keine Verpflichtung des Angestellten, tagebuchartige oder sonstige Aufzeichnungen über den Zeitaufwand für seine Arbeitsaufgaben zu führen. Es gelten vielmehr für die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast auch insoweit die allgemeinen Grundsätze des Verfahrensrechts. Danach muss die Klägerin diejenigen Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass sie die im Einzelfall für sich beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der darin vorgesehenen Qualifizierungen erfüllt. Soweit für Arbeitsvorgänge keine statistischen Zahlen zur Verfügung stehen, muss der Arbeitsanfall über einen aufschlussreichen langen Zeitraum festgestellt werden können (vgl. BAG, Urteil vom 18.05.1994, zitiert nach juris).

Nach diesen Grundsätzen hat die Klägerin mit der Darlegung mehrerer typischer Tagesabläufe den Zeitanteil ihres Einsatzes für die von ihr geschilderten Tätigkeiten hinreichend dargelegt. Die Klägerin hat diese Tage als willkürlich ausgewählt, aber typisch für sie bezeichnet und dadurch klargestellt, dass ihr einziges Kriterium bei der Auswahl der geschilderten Tage das Merkmal "typisch" gewesen ist. Da die Beklagte als Betreiberin des Krankenhauses Zugriff auf Patienten- und Personalakten und außerdem einen Auskunftsanspruch gegen ihren Chefarzt hat, wäre es ihr ohne weiteres möglich gewesen, diesen Vortrag der Klägerin anhand einer von ihr willkürlich ausgewählten Anzahl von Arbeitstagen der Klägerin zu erschüttern.

Die Berufungskammer geht danach davon aus, dass die Klägerin jedenfalls zu mehr als 50 % ihrer Arbeitszeit in der Ambulanz und der Tagesklinik Tätigkeiten ausübt, die die Voraussetzungen der Entgeltgruppe III erfüllen.

Die Beklagte durfte sich nicht auf pauschale Behauptungen und ein Bestreiten des Vortrags der Klägerin mit Nichtwissen beschränken. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich bei den von der Klägerin ausgeübten Tätigkeiten um solche im Betrieb der Beklagten. Sie hätte daher konkret dazu Stellung nehmen müssen und können, wer denn in unklaren Situationen die auch für die der Klägerin zugeordneten Fachärzte maßgebliche Behandlungsentscheidung und zum Beispiel im Bereich der Operationsindikationen tatsächlich die Letztentscheidung trifft, ggf. den Operateur bestimmt, wenn nicht die Klägerin, und zwar bezogen auf die konkret von der Klägerin angeführten Beispiele. Die Beklagte hat selbst nicht behauptet, dass die Fachärzte sich unmittelbar an Prof. Dr. M. wenden, wenn sie in einer unklaren Behandlungssituation eine übergeordnete Entscheidung benötigen. Andererseits hat sie im Kammertermin vom 01.10.2008 unstreitig gestellt, dass ein Facharzt einem anderen Facharzt keine Weisungen erteilen darf. Wer denn im Bereich der Klägerin die Weisungen erteilt und erteilen darf, wenn die Klägerin lediglich gleichgestellte Fachärztin ist und die anderen Fachärzte sich im Klinikalltag nicht unmittelbar an den Chefarzt wenden, hat die Beklagte nicht vorgetragen. Offensichtlich hat sie sich entgegen ihrer Verpflichtung ohnehin nicht hinreichend informiert. Anders ist nicht zu erklären, wieso sie auf den Vortrag der Klägerin, sie plane die Operation unter Bestimmung des Operateurs zunächst schriftsätzlich behauptet hat, dass nicht die Klägerin, sondern die "jeweilig der Geschäftsführung unterstellten OP-Koordinaten für die Planung der OP`s zuständig" sind. Dies wurde sodann erst auf Befragen im Kammertermin vom 01.10.2008 dahingehend richtig gestellt, dass das OP-Koordinationsteam gerade nicht darüber entscheidet, wer eine konkrete Operation durchführt, sondern der Chefarzt und die ihm nachgeordneten Ärzte. Selbst in diesem zweiten Kammertermin, dem ein ausführlicher Hinweisbeschluss der Berufungskammer vorausgegangen war, konnte die Beklagte nicht definitiv erklären, ob ein Facharzt ohne Rücksprache mit dem Chefarzt darüber entscheiden darf, ob eine Operation geändert, erweitert oder abgesagt wird.

Ob die Klägerin - wie die Beklagte behauptet - gegenüber dem nichtärztlichen Personal nicht weisungsbefugt ist, kann dahin stehen, denn wenn sämtliches nichtärztliches Pflegepersonal der Pflegedirektion untersteht, kann eine diesbezügliche Weisungsbefugnis für die Eingruppierung nicht maßgeblich sein, da eine entsprechend Weisungsbefugnis auch den anderen Tarifoberärzten - wegen der bestehenden Pflegedirektion - nicht zusteht.

Die Berufungskammer muss danach davon ausgehen, dass die Klägerin die erforderliche medizinische Verantwortung für einen selbständigen Teil- oder Funktionsbereich trägt.

Dieser Annahme steht die Teilzeittätigkeit der Klägerin nicht entgegen. Zum einen kommt es lediglich darauf an, dass der Angestellt zu mehr als 50 % seiner persönlichen Arbeitszeit die tariflichen Tätigkeitsmerkmale erfüllt. Zum anderen beschäftigt die Beklagte unstreitig zumindest auch eine weitere teilzeitbeschäftigte Tarifoberärztin, so dass offensichtlich auch nach Auffassung der Beklagten die Teilzeittätigkeit an sich einer Eingruppierung in die Entgeltgruppe III nicht entgegensteht. Nach dem Vortrag der Beklagten ist nicht erkennbar, wieso Frau Dr. X. in Teilzeit als Tarifoberärztin tätig sein kann, die Klägerin aber nicht. Die Beklagte hat dazu lediglich vorgetragen, die Ausführungen der Klägerin bezüglich Frau Dr. X. gingen "ins Leere", da dieser die Teilbereiche Kinderanästhesie und Prämedikationsambulanz unterstellt seien und demzufolge eine entsprechende Höhergruppierung erfolgt sei. Diesen Ausführungen ist keine Begründung dafür zu entnehmen, warum eine auch bei Frau Dr. X. erforderliche zeitweilige Vertretung für eine Höhergruppierung unschädlich, bei der Klägerin jedoch schädlich sein soll.

c)

Die Berufungskammer muss schließlich auch davon ausgehen, dass der Klägerin die medizinische Verantwortung ausdrücklich übertragen worden ist. Dabei kann letztlich dahinstehen, welche Anforderungen an das tarifliche Merkmal der "ausdrücklichen" Übertragung zu stellen sind, nachdem auch in diesem Verfahren nach den eigenen Bekundungen der Beklagten die Organisation der Klinik vertraglich dem jeweiligen Chefarzt übertragen worden ist. Dieser Vortrag entspricht der Protokollerklärung der Beklagten in dem mit dem vorliegenden Verfahren vergleichbaren Rechtsstreit, der beim Landesarbeitsgericht Düsseldorf unter dem Az 13 Sa 1910/07 anhängig war, wonach die Beklagte ihren Chefärzten ausdrücklich die Aufgabe übertragen hat, darüber zu entscheiden, an wen die medizinische Verantwortung übertragen wird.

Als Chefarzt war danach auch Prof. Dr. M. aufgrund der ihm übertragenen Organisationsmacht dazu bevollmächtigt, die medizinische Verantwortung an die Klägerin zu übertragen. Es ist nicht ersichtlich und von der Beklagten auch selbst nicht behauptet worden, dass sie Prof. Dr. M. dieses vertraglich eingeräumte Recht nach Bekannt werden des Inhalts des Tarifvertrages entzogen hat. Nach dem Vortrag der Klägerin muss die Berufungskammer auch davon ausgehen, dass Prof. Dr. M. ihr die Verantwortung tatsächlich übertragen hat. Die erstmals im zweiten Kammertermin aufgestellte Behauptung der Beklagten, sie habe Prof. Dr. M. dazu befragt und keine Antwort erhalten, kann keine Berücksichtigung finden. Zwar ist ein Bestreiten mit Nichtwissen dann zulässig, wenn im betrieblichen Bereich Erkundigungen durch den Arbeitgeber angestellt werden, er aber auf seine Nachforschungen von den "Kenntnisträgern" keine Antworten erhält. Diese Behauptung der Beklagten, sie habe Prof. Dr. M. befragt, ist jedoch völlig neu, hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Befragung unsubstantiiert und konnte im zweiten Kammertermin nicht mehr berücksichtigt werden.

Selbst wenn es an einer entsprechenden Bevollmächtigung des Prof. Dr. M. fehlen sollte, steht dies ihrer Eingruppierung in die Entgeltgruppe III nach Auffassung der Berufungskammer nicht entgegen. In diesem Fall wäre es der Beklagten nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich darauf zu berufen, dass der Klägerin die medizinische Verantwortung nicht "ausdrücklich durch sie - die Beklagte " übertragen worden sei. Die Beklagte hat die Klägerin in Kenntnis ihres Verlangens auf Höhergruppierung in die Entgeltgruppe III als Oberärztin weiter beschäftigt. Sie hat herausgehobene Leistungen ohne Widerspruch entgegen genommen, ohne jedoch die nach den Vorstellungen und Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien leistungsangemessene Vergütung dafür zu zahlen. Es ist daher rechtsmissbräuchlich, wenn sich die Beklagte darauf beruft, eine ausdrückliche Übertragung der medizinischen Verantwortung durch ihr zuständiges Organ sei nicht erfolgt (ebenso LAG Düsseldorf, Urteil vom 18.07.2008, 9 Sa 546/08).

Der Feststellungsantrag der Klägerin ist danach begründet.

2.

Der Zahlungsantrag, der der Höhe nach unstreitig ist, ist gemäß § 611 Abs. 1 BGB i.V.m. dem Arbeitsvertrag und §§ 16 c), 18 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA begründet, da die Klägerin - wie ausgeführt - Tätigkeiten der Entgeltgruppe III erbringt. Sie hat daher Anspruch auf Bezahlung der Differenzbeträge zwischen der Entgeltgruppe II und III sowie auf Berechnung der Hintergrund- und Rufbereitschaft auf Basis der Entgeltgruppe III.

Die Berufung ist danach insgesamt begründet.

III.

Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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