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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 726/08
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG


Vorschriften:

BGB § 613 a
BGB § 613 a Abs. 1 S. 1
BGB § 613 a Abs. 5
BGB § 613 a Abs. 6
ArbGG § 72 Abs. 2 Nr. 1
Schließt ein Arbeitnehmer mit dem Betriebserwerber nach Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung eine Abwicklungsvereinbarung, kann darin ein Umstandsmoment gesehen werden, das im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment zur Verwirkung des Widerspruchrechts führen kann.
Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen vom 18.03.2008 - 2 Ca 2037/07 lev - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner am 29.11.2007 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage macht der Kläger gegen die Beklagte Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug gelten. Es handelt sich hierbei um ein Folgeverfahren.

Der am 25.05.1950 geborene Kläger war seit dem 01.04.1968 bei der Beklagten beschäftigt.

Er war nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien dem selbständigen Geschäftsbereich Consumer Imaging (CI) zugeordnet, der insbesondere die Geschäftsfelder Film, Finishing und Laborgeräte umfasste. Da dieser Geschäftsbereich seit mehreren Jahren einen massiven Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, hat die Beklagte zur Kostenreduzierung Personalabbaumaßnahmen durchgeführt. Dazu gehörte unter anderem auch der Abschluss von Vorruhestandsverträgen oder Altersteilzeitvereinbarungen, in denen den jeweiligen Arbeitnehmern zum Teil erhebliche finanzielle Leistungen zugesagt wurden.

Unter dem Datum vom 23.09.2004 erstellte die Beklagte für den Kläger eine Frühruhestandsberechnung.

Mit Schreiben vom 22.10.2004 unterrichtete die Beklagte den Kläger über den zum 01.11.2004 geplanten Betriebsteilübergang des Geschäftsbereichs CI auf die B. Photo GmbH. Wie das Bundesarbeitsgericht mittlerweile in einer Vielzahl von Verfahren festgestellt hat, war die Unterrichtung fehlerhaft.

Der Kläger hat dem Betriebsübergang zunächst nicht widersprochen.

Unter dem Datum vom 14.12.2004 hat er von der Erwerberin eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung erhalten, die er nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen hat.

Am 15.12.2004 hat die B. Photo GmbH dem Kläger mitgeteilt, dass sein Arbeitsverhältnis aufgrund der betriebsbedingten Kündigung enden wird und ihm eine ratierlich zu zahlende Abfindung zugesagt.

Dieses Schreiben hat der Kläger unter der Rubrik "zur Kenntnis genommen" unterschrieben.

Am 20.05.2005 stellte die B. Photo GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Seit dem 01.05.2005 bezieht der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 € monatlich.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.06.2005 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die B. Photo GmbH, äußerte die Rechtsauffassung, dass durch den Widerspruch die mit der Beklagten bestehende Vorruhestandsvereinbarung wieder hergestellt werde und forderte die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 06.07.2005 auf, rechtsverbindlich mitzuteilen, dass sie den sich aus der Vorruhestandsvereinbarungen ergebenden Verpflichtungen vollumfänglich nachkommen wird. Im Übrigen bot er seine Arbeitskraft an.

Am 01.08.2005 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der B. Photo GmbH eröffnet.

Mit einer am 07.11.2005 beim Arbeitsgericht Solingen eingegangenen Klage, die unter dem AZ 1 Ca 330/07 lev geführt wurde, begehrte der Kläger in der Hauptsache die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht und machte sich daraus ergebende Zahlungsansprüche geltend. Hilfsweise begehrte er die Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht und machte ebenfalls die sich daraus ergebenden Zahlungsansprüche geltend.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 21.05.2007 den Hauptantrag des Klägers, festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Frühruhestandsvertragsverhältnis besteht und die damit zusammenhängenden Zahlungsanträge abgewiesen, dem Antrag auf Feststellung, dass zwischen den Parteien ein Anstellungsverhältnis besteht sowie einem Teil der damit zusammenhängenden Zahlungsansprüche stattgegeben.

Auf die Berufung der Beklagten, die beim Landesarbeitsgericht unter dem Az 7 Sa 1454/07 geführt wurde, ist das Urteil des Arbeitsgerichts mit einem am 27.05.2007 verkündetem Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen worden.

Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, aufgrund seines wirksamen Widerspruchs sei die Beklagte verpflichtet, ihm für den Zeitraum ab April bis Dezember 2007, Urlaubsgeld, eine tarifliche Jahresleistung sowie eine Einmalzahlung zu leisten.

Der Kläger hat beantragt ,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt April 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2007 zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Mai 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2007 zu zahlen.

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Juni 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

4. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 613,50 Euro brutto (Urlaubsgeld 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

5. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 431,69 Euro brutto (Einmalzahlung nach Ziffer 3 Chemietarifpaket 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2007 zu zahlen.

6. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Juli 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.737,60 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2007 zu zahlen.

7. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt August 2007) abzüglich bezogenem Arbeitslosengeld in Höhe von 1.332,16 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2007 zu zahlen.

8. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt September 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2007 zu zahlen.

9. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Oktober 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.11.2007 zu zahlen.

10. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt November 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2007 zu zahlen.

11. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.606,18 Euro brutto (Arbeitsentgelt Dezember 2007) abzüglich bezogener Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.421,87 Euro netto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

12. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.335,80 Euro brutto (tarifliche Jahresleistung 2007) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stünden keine Zahlungsansprüche zu, weil sein Widerspruch unwirksam gewesen sei und im streitgegenständlichen Zeitraum daher kein Arbeitsverhältnis bestanden habe.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 18.03.2008 stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des Urteils des Arbeitsgerichts Solingen vom 21.05.2007, 1 Ca 330/07 lev, müsse von dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien ausgegangen werden. Auch wenn dieses Urteil noch nicht rechtskräftig sei, sei die erkennende Kammer an die Entscheidung dieser Frage im Vorprozess gebunden. Da der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 23.06.2005 seine Arbeitskraft angeboten habe, habe die Beklagte sich im streitgegenständlichen Zeitraum im Annahmeverzug befunden und sei verpflichtet, die vereinbarte Vergütung zu zahlen. Die Zahlungsverpflichtung bestehe auch hinsichtlich der weiteren geltend gemachten Zahlungsansprüche, da es sich dabei ebenfalls um vertragliche Leistungen handele, die die Beklagte aufgrund des Annahmeverzuges zu zahlen verpflichtet sei.

Gegen das ihr am 28.03.2008 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 28.04.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 19.05.2008 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, dass das Informationsschreiben vom 22.10.2004 nicht unvollständig und fehlerhaft gewesen sei und dass der Widerspruch des Klägers ungeachtet dessen verspätet, jedenfalls jedoch verwirkt sei. Eine Verwirkung ergebe sich daraus, dass der Kläger die Kündigungsschutzklage nicht angegriffen und damit gezeigt habe, dass er mit der Beendigung seines zuvor übergegangenen Arbeitsverhältnisses einverstanden gewesen sei. Er verhalte sich daher nunmehr widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgericht Solingen vom 18.03.2008, 2 Ca 2037/07 lev, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, sein Widerspruch sei weder verfristet noch verwirkt. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass er - der Kläger - sich seinerzeit mit dem Abschluss einer Frühruhestandsvereinbarung mit der B. Photo GmbH einverstanden erklärt und die von dieser Firma ausgesprochene Kündigung nicht angegriffen habe, so sei diesbezüglich festzustellen, dass ihm zu diesem Zeitpunkt die inhaltliche Unrichtigkeit und Unvollständigkeit der Unterrichtung nicht bekannt gewesen sei. Er habe erstmalig aus Anlass des gestellten Insolvenzantrages der B. Photo GmbH eine rechtliche Überprüfung des Unterrichtungsschreibens vornehmen lassen. Hierbei sei festgestellt worden, dass die Beklagte elementare Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung ignoriert und missachtet habe.

Wegen des weiteren Berufungsvorbringens der Parteien wird auf ihre in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die statthafte (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässige (§ 64 Abs. 2 ArbGG), form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung (§§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO) ist zulässig.

II.

Die Berufung der Beklagten ist auch begründet.

Mit Urteil der erkennenden Berufungskammer vom 27.05.2009, 7 Sa 1454/07, wurde festgestellt, dass der Widerspruch des Klägers unwirksam war und zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis über den 01.11.2004 hinaus besteht. Der Kläger kann daher auch keine Ansprüche aus Annahmeverzug gegenüber der Beklagten geltend machen, so dass das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern war.

Zwar hat die Beklagte den Kläger über den Betriebsteilübergang nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 613 a Abs. 5 BGB entsprechend unterrichtet, wie das Bundesarbeitsgericht zwischenzeitlich in einer Vielzahl von Verfahren zu dem streitgegenständlichen Unterrichtungsschreiben festgestellt hat. Daher war der Widerspruch des Klägers nicht verspätet, weil die einmonatige Widerspruchsfrist des § 613 a Abs. 6 BGB nicht mit Zugang der Unterrichtung zu laufen begonnen hatte (vgl. dazu BAG, Urteil vom 27.11.2008, 8 AZR 174/07, zitiert nach juris).

Dennoch hat zwischen den Parteien über den 01.11.2004 hinaus kein Arbeitsverhältnis mehr bestanden, weil der Kläger sein Widerspruchsrecht unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts verwirkt hat. Danach liegt ein ausschlaggebender Umstand für die Annahme der Verwirkung des Widerspruchsrechts vor, wenn der Arbeitnehmer über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses dadurch disponiert hat, dass er einen Aufhebungs- oder Altersteilzeitvertrag mit dem Betriebserwerber geschlossen oder eine von diesem nach dem Betriebsübergang erklärte Kündigung hingenommen hat (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.2008, 8 AZR 230/07, zitiert nach juris).

Danach sind die Voraussetzungen für die Annahme der Verwirkung vorliegend unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gegeben. Der Kläger hat die Kündigung der Erwerberin nicht mit einer Kündigungsschutzklage angegriffen und zudem mit der Erwerberin nach dem Betriebsübergang eine Abwicklungsvereinbarung abgeschlossen. Im Zusammenspiel mit dem Zeitmoment durfte die Beklagte als Veräußerin unter Berücksichtigung der Gesamtumstände berechtigterweise darauf vertrauen, der Kläger werde sich dem nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB angeordneten Vertragspartnerwechsel nicht mehr durch einen Widerspruch widersetzen.

Nach Auffassung der Berufungskammer kann dahinstehen, ob bereits darin ein Umstandsmoment zu sehen ist, dass sich der Kläger gegen die ihm von der B. Photo GmbH ausgesprochene Kündigung nicht zur Wehr gesetzt hat. Jedenfalls ist das für die Verwirkung erforderliche Umstandsmoment unter Berücksichtigung der Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens dadurch gegeben, dass der Kläger die Abwicklungsvereinbarung mit der Erwerberin abgeschlossen hat. Der Kläger ist damit vorliegend nicht nur untätig geblieben, sondern er hat aktiv an der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses teilgenommen und dadurch über sein Arbeitsverhältnis disponiert, und zwar sowohl bezogen auf die Erwerberin als auch auf die Beklagte als Veräußerin. Durch den Abschluss der Abwicklungsvereinbarung hat der Kläger das ihm zustehende Wahlrecht, wer in seinem Arbeitsverhältnis sein Arbeitgeber sein soll, ausgeübt. Darauf, dass es bei dieser Wahl bleibt, durfte die Beklagte insbesondere deshalb vertrauen, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag bereits vor dem Betriebsübergang und vor allen Dingen vor dem Zugang des Unterrichtungsschreibens gegenüber der Beklagten sein Einverständnis mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Abschluss einer Abwicklungsvereinbarung erklärt hat. Der Beklagten war damit bekannt, dass der Kläger dazu bereit war, sein Arbeitsverhältnis aufzugeben und von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch zu machen. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Umstand, dass er sich nach seinem Vorbringen an das gehalten hat, was mit der Beklagten vor dem Betriebsübergang abgesprochen war, gerade kein Umstand, der ihm - dem Kläger - nicht entgegengehalten werden kann, weil er sich "absprachegemäß" verhalten hat. Die Tatsache, dass der Kläger die Absprache tatsächlich eingehalten hat, ist aus Sicht der Beklagten, auf deren Sichtweise im Rahmen der Verwirkung abzustellen ist, vielmehr gerade vertrauensverstärkend dahingehend zu verstehen, dass der Kläger auch nach dem Betriebsübergang in Kenntnis des Arbeitgeberwechsels von seinem Widerspruchsrecht keinen Gebrauch machen wollte.

Ob der Abschluss des Abwicklungsvertrages der Beklagten bekannt war, brauchte nicht aufgeklärt zu werden, weil es bei der Verwirkung des Widerspruchsrechtes im Zusammenhang mit einem Betriebsübergang genügt, dass entweder der Erwerber oder der Veräußerer von den vertrauensbildenden Umständen Kenntnis hat. Neuer und alter Arbeitgeber können sich wechselseitig auf die Kenntnis des anderen vom Arbeitnehmerverhalten berufen, eine nachgewiesene subjektive Kenntnis des in Anspruch genommenen Verpflichteten von einem bestimmten Arbeitnehmerverhalten ist nicht erforderlich, wenn feststeht, dass dieses Verhalten wenigstens dem anderen Verpflichteten bekannt geworden ist (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.2008, 8 AZR 174/07, zitiert nach juris).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hat der Kläger mithin sein Widerspruchsrecht verwirkt, so dass zwischen den Parteien kein Anstellungsverhältnis besteht und gegen die Beklagte folglich keine Zahlungsansprüche geltend gemacht werden können.

Nach Auffassung der Berufungskammer hat der Kläger auf sein Widerspruchsrecht auch verzichtet.

Nach herrschender Meinung kann ein Arbeitnehmer in Ansehung eines konkreten bevorstehenden Übergangs auf das Widerspruchsrecht verzichten. Das Widerspruchsrecht dient dem Interesse des Arbeitnehmers auf freie Arbeitsplatzwahl. § 613 a BGB soll den Arbeitnehmer vor ungerechtfertigten Nachteilen bewahren, nicht aber seine Vertragsfreiheit einschränken. Deshalb kann der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis mit dem Veräußerer vor oder mit dem Erwerber nach dem Betriebsübergang einvernehmlich beenden. In der konkreten Übergangssituation kann der Arbeitnehmer auch auf die ihm zustehende Information verzichten. Den Verzicht des Arbeitnehmers von der Unterrichtung oder ihrer Vollständigkeit abhängig zu machen, hieße, ihm eine bestimmte Entscheidungsgrundlage zu diktieren. Zur Wahrung der Warn- und Beweisfunktion der Schriftform aus § 613 a Abs. 6 BGB muss der Verzicht aber schriftlich erklärt werden (vgl. ErfKom. § 613 a B GB, Rdnr. 102 m.w.N.).

Wie bereits im Rahmen der Verwirkung ausgeführt, hat der Kläger bereit vor dem Betriebsübergang und vor Zugang des Unterrichtungsschreibens - nach seiner eigenen Einlassung - gegenüber der Beklagten erklärt, mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses einverstanden zu sein, eine Kündigung nicht gerichtlich anzugreifen und eine Abwicklungsvereinbarung abzuschließen. Diese Entscheidung hat der Kläger in Kenntnis des bevorstehenden Betriebsübergang, aber ohne überhaupt den Inhalt des Unterrichtungsschreibens zu kennen, getroffen. Nachdem er den Inhalt des Unterrichtungsschreibens kannte und an dem Betriebsübergang teilgenommen hat, ohne gegenüber der Beklagten in irgendeiner Weise zu reklamieren, dass er nur mit ihr die Abwicklungsvereinbarung abschließen wolle, hielt er an seiner vor dem Übergang getroffenen Entscheidung fest und hat mit der Erwerberin eine Vereinbarung abgeschlossen, nach deren Ziffer 7. mit der Erfüllung des Vertrages zudem sämtliche Ansprüche des Mitarbeiters aus dem Arbeitsverhältnis und seiner Beendigung abgegolten sein sollten. Damit hat er zum einen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Erwerberin bestätigt, weil er mit ihr nicht nur verhandelt, sondern einen das Arbeitsverhältnis betreffenden Vertrag geschlossen hat. Zum anderen beinhaltet diese Erklärung gegenüber der Erwerberin mit hinreichender Deutlichkeit, dass der Kläger mit Unterzeichnung des Vertrages auch auf sein Widerspruchsrecht verzichten wollte. Insoweit ist nicht erforderlich, dass der Kläger den Verzicht ausdrücklich erklärt hat, sofern der Wille auf den Verzicht der Erklärung - wie vorliegend - entnommen werden kann. Wie das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 13.07.2006, 8 AZR 382/05 (zitiert nach juris) ausgeführt hat, sind Anhaltspunkte dafür, dass ein konkludent erklärter Widerspruch mit der Normierung des Schriftformerfordernisses ohne rechtliche Bedeutung sein solle, nicht ersichtlich. Bei der Ermittlung des Erklärungsinhalts müssen vielmehr die Grundsätze zur Auslegung formbedürftiger Willenserklärungen und damit die hierzu entwickelte sog. Andeutungsformel oder -theorie angewendet werden. Diese Voraussetzungen, die vorliegend erfüllt sind, müssen auch für den Verzicht auf das Widerspruchsrecht gelten. Schließt der Arbeitnehmer mithin mit dem Erwerber einen Vertrag, ohne sich zum Beispiel die Möglichkeit des Widerspruchs vorzubehalten, zudem einschließlich einer Ausgleichsklausel, gibt er diesem gegenüber zu erkennen, dass er ihn als seinen Arbeitgeber akzeptiert und nicht beabsichtigt, zu seinem alten Arbeitgeber durch Ausübung seines Widerspruchsrechts zurückzukehren. Der Arbeitnehmer hat in diesem Fall - wie vorliegend der Kläger - von seinem Recht auf Vertragsfreiheit Gebrauch gemacht und durch seine Unterschrift eine endgültige Entscheidung über die Person seines Arbeitgebers getroffen, die durch einen späteren Widerspruch nicht rückgängig gemacht werden kann.

Der Kläger musste unter den gegebenen Umständen auch damit rechnen, dass sowohl die Erwerberin als auch die Beklagte den Abschluss des Abwicklungsvertrages, der schließlich ein bestehendes Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Erwerberin zwingend voraussetzt, als Bestätigung dahingehend auffassen, dass der Kläger den Übergang seines Arbeitsverhältnisses akzeptiert hat und nicht mehr in Streit stellen will. Abgestellt auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Abwicklungsvereinbarung war seine Erklärung eindeutig und ließ keine andere Beurteilung zu.

Die Schriftform - sofern man für den Verzicht auf das Widerspruchsrecht ebenfalls die Schriftform verlangt - ist dadurch gewahrt, dass der Kläger das ihm vorgelegte Schreiben unterzeichnet hat.

Danach konnte der Kläger keinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses mehr erklären mit der Folge, dass er mangels des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten dieser gegenüber auch keine Annahmeverzugsansprüche geltend machen kann.

Die Berufung des Klägers war daher zurückzuweisen.

III.

Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 ZPO).

IV.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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