Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 18.11.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 622/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 77
Zur Auslegung einer Versorgungsordnung in Form einer Gesamtbetriebsvereinbarung, die das pensionsfähige Diensteinkommen unter Verwendung der Begriffe "monatliches Arbeitsentgelt" und - als nicht berücksichtigungsfähig - "Tantiemen, Gratifikationen, Weihnachtszuwendungen, Jahresabschlusszahlung, erfolgsabhängige Vergütungen und ähnliche vertraglich oder freiwillig gezahlte Beträge" definiert.
Tenor:

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 11.03.2008 - 7 Ca 545/08 - teilweise abgeändert.

a) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.523,40 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2008 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger - beginnend mit der Betriebsrentenzahlung für den Monat November 2008 - monatlich weitere 229,40 € brutto (insgesamt monatlich 1.442,40 € brutto) zu zahlen.

2. Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 1/6, die Beklagte zu 5/6.

4. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Berechnung eines Altersversorgungsanspruchs.

Der am 17.11.1947 geborene Kläger wurde am 15.11.1976 von der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einem Unternehmen der Metall verarbeitenden Industrie, eingestellt. Mit Wirkung zum 01.07.1992 übernahm der Kläger die Leitung der Barrenbearbeitung und den Metalleingang im Umschmelzwerk und erlangte in diesem Zusammenhang den Status eines AT-Angestellten. Im schriftlichen Dienstvertrag vom 09.Juli 1992, wegen dessen Einzelheiten auf Blatt 67 ff. der Akte Bezug genommen wird, heißt es unter anderem:

"§ 5

Vergütung

Als Entgelt für seine Tätigkeit erhält Herr A. ein monatliches Gehalt, das von der Geschäftsführung festgelegt und von Zeit zu Zeit überprüft wird. Die Höhe des Gehaltes wird Herrn A. schriftlich mitgeteilt. Die Zahlung des Gehaltes erfolgt monatlich nachträglich.

Anstelle eines Weihnachtsgeldes wird ab 1992 ein 13. Gehalt gezahlt.

§ 7

Altersversorgung

Herr A. hat Anspruch auf eine Pensionszusage, die sich nach Art, Höhe und Inkrafttreten nach den bei B. geltenden Richtlinien bestimmt."

Üblicherweise geht bei der Beklagten der Wechsel vom Angestellten zum AT-Angestellten damit einher, dass anstelle des Weihnachtsgeldes ein 13. Monatsgehalt gezahlt wird. Wie das Weihnachtsgeld wird das 13. Gehalt mit der Novemberabrechnung eines jeden Jahres abgerechnet. Im Jahre 2002 angestellte Überlegungen, das 13. Monatsgehalt für AT-Angestellte abzuschaffen und stattdessen das Jahresentgelt auf 12 Monatsgehälter zu verteilen, wurden nicht umgesetzt.

Unter dem 03.09.1990 schlossen die Beklagte und der bei ihr gebildete Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung "Versorgungsordnung für die Gewährung von Versorgungsleistungen an die Mitarbeiter der Aluminium O. GmbH" (im Folgenden: GBV-VO). Hinsichtlich der Ermittlung des pensionsfähigen Diensteinkommens ist unter Ziffer 2.4 GBV-VO bestimmt:

"2.4.1. Pensionsfähiges Diensteinkommen

Pensionsfähiges Diensteinkommen ist das auf 5 DM oder nächsthöhere Vielfache aufgerundete monatliche Arbeitsentgelt, das der Mitarbeiter im Durchschnitt eines Zeitraumes von 36 aufeinander folgenden Monaten bezogen hat, in denen es am höchsten war.

Hat der Mitarbeiter in diesem Zeitraum wegen Krankheit, Kurzarbeit oder sonstiger unverschuldeter Umstände nicht das volle Arbeitsentgelt bezogen, so wird als Arbeitsentgelt der Betrag zugrundegelegt, den der Mitarbeiter ohne dieses Entgelt bezogen hätte.

Ist ein Mitarbeiter nach Vollendung des 55. Lebensjahres infolge teilweiser Dienstunfähigkeit oder wegen Betriebseinschränkungen oder aus einem anderen, von ihm nicht zu vertretenden Grund an einem Arbeitsplatz mit niedrigerer Bezahlung tätig gewesen, so kann von der Gesellschaft ein höheres pensionsfähiges Diensteinkommen zugrunde gelegt werden.

Bei Mitarbeitern, die während ihrer Dienstzeit zeitweise oder mit unterschiedlichen Arbeitszeiten teilzeitbeschäftigt waren, wird die aus dem pensionsfähigen Diensteinkommen errechnete Betriebsrente im Verhältnis der persönlichen zur vollen tariflichen Arbeitszeit während der gesamten Dienstzeit erhöht oder gemindert.

2.4.2 Nicht pensionsfähiges Diensteinkommen

Zum pensionsfähigen Diensteinkommen gehören nicht

- Vergütungen für Bereitschaftsdienst und für nicht regelmäßige Dienstleistungen wie Verdienst für unregelmäßige Mehr-, Sonntags, Feiertags- und Nachtarbeit, es sei denn, diese Dienstleistungen werden im Rahmen der gesetzlichen, tarifvertraglichen oder betrieblich bestimmten regelmäßigen Arbeitszeit erbracht,

- Tagegelder, Auslösungen, Reisespesen, Aufwandsentschädigungen und ähnliche Bezüge, die einen Auslagenersatz darstellen,

- Tantiemen, Gratifikationen, Weihnachtszuwendungen, Jahresabschlusszahlungen, erfolgsabhängige Vergütungen und ähnliche vertraglich oder freiwillig gezahlte Beträge,

Zuwendungen aus besonderem Anlass, wie Jubiläumszahlungen, Urlaubsgeld, Erfindervergütungen und Vergünstigungen für Verbesserungsvorschläge,

- Beiträge der Gesellschaft zur Vermögensbildung."

Wegen des sonstigen Textes der GBV-VO wird auf. Blatt 9 ff. der Gerichtsakte verwiesen.

Zwecks Durchführung eines Umzugs gewährte die Beklagte dem Kläger auf dessen Wunsch hin im August 2001 16,44 Stunden und im November 2001 82,20 Stunden unbezahlten Urlaub. Dafür kürzte sie das Gehalt des Klägers - in der Höhe zutreffend - um 1,228, 23 DM bzw. 6.141,16 DM brutto. Ab dem 01.12.2002 bis zum ruhestandsbedingten Ausscheiden am 30.11.2007 leistete der Kläger Altersteilzeitarbeit. Wegen der vom Kläger zwischen Dezember 1999 und November 2002 bezogenen Entgelte wird auf Blatt 21 der Akte Bezug genommen. Unter dem 06.11.2007 berechnete die Beklagte den Rentenanspruch des Klägers mit monatlich 1.210,00 € (vgl. Blatt 17 f. der Akte). Bei der Bestimmung des pensionsfähigen Diensteinkommens berücksichtigte sie dabei den im Jahre 2001 gewährten unbezahlten Urlaub entgeltmindernd, die dem Kläger gewährten 13. Monatsgehälter blieben gänzlich außer Ansatz. Dem Gesamtbetriebsrat, dessen ehemaliger Vorsitzender U. später selbst Personalleiter der Beklagten wurde, ist bekannt, dass die Beklagte unter Geltung der GBV-VO bei der Ermittlung der Betriebsrenten der AT-Angestellten durchgängig das 13. Gehalt unberücksichtigt gelassen hat; diese Praxis wurde nicht beanstandet.

Mit der vorliegenden, am 25.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger einen monatlichen Betriebsrentenanspruch in Höhe von 1.487,38 € brutto geltend gemacht. Er hat gemeint, ihm stehe dieser - rechnerisch unstreitige - Anspruch zu, da die Beklagte das pensionsfähige Diensteinkommen falsch berechnet habe, indem sie das 13. Gehalt unberücksichtigt gelassen, dafür aber Abzüge für den Zeitraum unbezahlten Urlaubs vorgenommen habe. Ersteres sei fester Bestandteil seines Jahresgehalts und falle daher nicht unter die Ausnahmebestimmungen der Ziffer 2.4.2 GBV-VO. Da es nach der GBV-VO nur um das regelmäßige Gehalt als Bemessungsgrundlage gehe, dürften überdies Erhöhungen und Ermäßigungen aus besonderem Anlass - wie etwa ein unbezahlter Urlaub - nicht berücksichtigt werden.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 832,14 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2008 zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, über den Zahlbetrag von 1.210,-- € brutto 277,38 € brutto jeweils am 1. eines Monats beginnend mit dem 01.03.2008 an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, sie habe das pensionsfähige Diensteinkommen nach Maßgabe der Ziffern 2.4.1, 2. Absatz, 2.4.2, 3. Punkt GBV-VO zutreffend berechnet.

Mit Urteil vom 11.03.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Rentenberechnung der Beklagten sei nicht zu beanstanden. Nach Maßgabe der Ziffer 2.4.1 GBV-VO habe der unbezahlte Urlaub des Klägers zu einer Rentenminderung führen müssen. Der Kläger habe in dieser Zeit kein Arbeitsentgelt verdient; dies beruhe zudem nicht auf einem aus seiner Sicht "unverschuldeten" Umstand. Das 13. Gehalt sei nicht berücksichtigungsfähig, da die GBV-VO nicht auf das Jahreseinkommen des Mitarbeiters, sondern auf dessen regelmäßiges Monatseinkommen abstelle. Wenn die GBV-VO Jahresabschlusszahlungen, Gratifikationen und Weihnachtszuwendungen, wozu auch ein 13. Gehalt zählen könne, in Ziffer 2.4.2 ausdrücklich zum nicht pensionsfähigen Diensteinkommen zähle, müsse dies vorliegend denkbar weit ausgelegt werden, da es nach Maßgabe der GBV-VO gerade nicht darauf ankommen solle, ob auf die Leistung ein Anspruch bestehe oder nicht. Die Regelung erfolge erkennbar den Zweck, der Rentenberechnung ein bereinigtes Einkommen, das von sämtlichen arbeitsplatzbezogenen Merkmalen unabhängig ist, zugrunde zu legen. Nur so würde schließlich der gebotenen Gleichbehandlung von AT-Angestellten und Tarifangestellten Rechnung getragen.

Gegen das ihm am 25.03.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem am 23.04.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 25.04.2008 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung seiner bereits erstinstanzlich geäußerten Rechtsauffassungen trägt der Kläger vor: Die Beklagte habe zu Unrecht den wegen des unbezahlten Urlaubs fehlenden Entgeltbetrag außer Ansatz gelassen. Die GBV-VO stelle auf das regelmäßig zu erwartende Entgelt ab, Spitzen nach unten seien ebenso wenig relevant wie Spitzen nach oben (z.B. infolge Überstunden). Die vom Arbeitsgericht gebilligte Herausrechnung des 13. Gehaltes gebe die GBV-VO nicht her. Ein 13. Gehalt sei keine Gratifikation oder eine Weihnachtszuwendung, sondern ein fester Bestandteil des Jahreseinkommens, der auch zu einem anderen Zeitpunkt oder über das Jahr verteilt ausgezahlt werden könne. Aus der GBV-VO könne auch nicht geschlossen werden, dass der Bestimmung des dienstfähigen Einkommens das regelmäßige Monatsentgelt zugrunde liegen solle. Der Referenzzeitraum sei auf 36 Monate anstatt auf drei Jahre festgelegt worden, um klarzustellen, dass es nicht um abgeschlossene Kalenderjahre gehen solle. Im Ergebnis fehle es an einer ausdrücklichen Bestimmung in der GBV-VO, wonach das 13. Gehalt nicht ruhegehaltsfähig sei. Ein Gebot schließlich, tarifliche und AT-Angestellte gleich zu behandeln, gebe es nicht.

Der Kläger beantragt unter Aktualisierung seiner erstinstanzlich gestellten Anträge, das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 11.03.2008 - Az. 7 Ca 545/08 - abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 3.018,18 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2008 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, jeweils zum 01. eines Monats, beginnend mit dem 01.12.2008, d. h. mit der Rentenrate für den Monat November 2008 weitere 274,38 € brutto an den Kläger zu zahlen.

Die Beklagtenvertreter beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Die vom Kläger vorgenommene Auslegung von Ziffer 2.4.1 GBV-VO stelle eine Überinterpretation dar; vielmehr sei der 2. Absatz der Bestimmung als Ausnahmevorschrift eng auszulegen. Es gehe auch nicht an, dass der Kläger absprachewidrig doch noch Entgelt für die Zeit des unbezahlten Urlaubs erhalte. Auch im Hinblick auf die Nichteinbeziehung des 13. Gehalts habe das Arbeitsgericht richtig und mit zutreffender Begründung entschieden. Alle Entgeltzahlungen "außer der Reihe", seien sie freiwillig oder nicht, sollten nach Maßgabe der Ziffer 2.4.2 unberücksichtigt bleiben. Beim 13. Gehalt handele es sich zumindest um einen der im 3. Punkt genannten "ähnlichen vertraglichen Beträge".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze, die zu den Akten gereichten Unterlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen 1. und 2. Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Der Kläger kann nach Maßgabe der ihm erteilten Versorgungszusage die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente von 1.442,40 € brutto, beginnend mit dem Monat Dezember 2007, von der Beklagten verlangen. Unter Abzug der unstreitig monatlich gezahlten 1.213,00 € brutto verbleibt eine Differenz von 229,40 € brutto, für die 11 Monate bis einschließlich Oktober 2008 mithin 2.523,40 € brutto. Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, hat die Beklagte der Ermittlung des monatlichen Versorgungsanspruchs des Klägers zu Recht das Entgelt aus dem Zeitraum von 36 Monaten vor Beginn der Altersteilzeit zugrunde gelegt, welches der Kläger unter Berücksichtigung seines unbezahlten Urlaubs im Jahre 2001 tatsächlich bezogen hat. Allerdings hätte das vom Kläger bezogene 13. Gehalt nicht unberücksichtigt bleiben dürfen. Dies ergibt die Auslegung der Ziffern 2.4.1, 2.4.2 GBV-VO.

1.

Als Betriebsvereinbarung ist die Versorgungsordnung wegen ihres normativen Charakters wie ein Tarifvertrag gemäß den Regeln für die Auslegung von Gesetzen auszulegen. Es kommt in erster Linie auf Wortsinn und Systematik sowie einen aus dem Wortsinn und der Systematik erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung an. Soweit hiernach kein eindeutiges Auslegungsergebnis möglich ist, kommen weitere Auslegungsmittel wie etwa eine regelmäßige Anwendungspraxis oder die Normgeschichte in Betracht (BAG, Urteil vom 17.08.2004 - 3 AZR 189/03, NZA 2005, S. 128). Die Auslegung der von den Betriebsparteien verwendeten Begrifflichkeiten hat betriebs- bzw. bei Gesamtbetriebsvereinbarungen unternehmensbezogen zu erfolgen, da Betriebs- und Gesamtbetriebsvereinbarungen die Verhältnisse im Betrieb oder Unternehmen regeln und nicht Rechtssätze für eine unübersehbare Anzahl von Fallgestaltungen schaffen sollen (BAG, Urteil vom 24.01.2006 - 3 AZR 479/04, AP Nr. 27 zu § 77 BetrVG 1972 Betriebsvereinbarung).

2.

a.

Bei Zugrundelegung dieser Auslegungsgrundsätze, denen sich die Kammer anschließt, gehört das vom Kläger bezogene 13. Gehalt zum pensionsfähigen Diensteinkommen.

(1) Gemäß Ziffer 2.4.1 GBV-VO bemisst sich das pensionsfähige Diensteinkommen nach dem monatlichen Arbeitsentgelt, welches der Mitarbeiter im Durchschnitt eines durchgehenden Zeitraums von 36 Monaten erhalten hat, in denen es am höchsten war. Unter "Arbeitsentgelt" ist im allgemeinen wie im juristischen Sprachgebrauch die Gesamtheit des in Ansehung der geleisteten Arbeit erbrachten Lohns, der "Bezahlung, Vergütung, Entschädigung" zu verstehen (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage). Auch Sondervergütungen aller Art haben grundsätzlich Entgeltcharakter; sie sind auch bei freiwilliger Gewährung nicht als Schenkung des Arbeitgebers zu qualifizieren (BAG, Urteil vom 23.10.2002 - 10 AZR 48/02, AP Nr. 243 zu § 611 BGB Gratifikation). In Anbetracht der grundsätzlichen Weite des Begriffs des Arbeitsentgelts lässt sich daher aus der Verwendung der Worte "monatliches Arbeitsentgelt" in der GBV-VO nicht schließen, pensionsfähig solle nur das regelmäßig gezahlte monatliche Grundgehalt sein. Hätten die Gesamtbetriebsparteien dies zum Ausdruck bringen wollen, hätten sie eine einschränkende Definition verwenden müssen, die dann auch den detaillierten Katalog von Entgeltleistungen in Ziffer 2.4.2, die (ausnahmsweise und in Durchbrechung des Grundsatzes von Ziffer 2.4.1) nicht zum pensionsfähigen Einkommen zu zählen sein sollen, obsolet gemacht hätte. Ein (wie hier echtes) 13. Gehalt wird ungeachtet des Zeitpunkts seiner Auszahlung im Jahresverlauf zeitanteilig verdient und gehört damit zum monatlichen Arbeitsentgelt. Deshalb spielt auch keine entscheidende Rolle, dass die Gesamtbetriebsparteien ausdrücklich ein monatliches Entgelt im Durchschnitt von 36 Monaten und nicht "ein Jahreseinkommen" o.ä. zur Berechnungsgrundlage des Pensionsanspruchs erhoben haben. Nach Auffassung der Kammer findet diese Vorgehensweise ihren Grund allein darin, dass Ziffer 2.4.1 die Grundlagen für die Berechnung einer Monats- und nicht einer Jahresrente definiert.

(2) Auch Abs. 3 der Ziffer 2.4.2 der GBV-VO lässt sich nicht entnehmen, dass das an den Kläger gezahlte 13. Gehalt nicht zum pensionsfähigen Einkommen zählen soll. Das 13. Gehalt ist kein einer Gratifikation, Weihnachtszuwendung oder Jahresabschlusszahlung ähnlicher vertraglich gezahlter Betrag.

(a) Die GBV-VO beinhaltet, wie Ziffer 2.5 zeigt, eine sog. Gesamtversorgungszusage, die auf die Absicherung eines selbst definierten Teils (hier 75%) der durch das Arbeitsentgelt erreichten Lebensstandards durch entsprechende Addition öffentlich-rechtlicher wie betriebsrentenrechtlicher Versorgungsleistungen abzielt. In einem solchen Fall gebieten Sinn und Zweck der Versorgungszusage, ohne weiteres alle den Lebensstandard im aktiven Dienstverhältnis prägenden Entgelt- oder Verdienstbestandteile als versorgungsfähig anzusehen, soweit sie von der Versorgungsordnung nicht ausdrücklich von der Berechnung ausgenommen werden (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2001 - 3 AZR 746/00, NZA 2002, 394).

(b) Ziffer 2.4.2 Abs. 3 GBV-VO statuiert keine solche ausdrückliche Ausnahme hinsichtlich des 13. Gehalts.

- Nach der im Unternehmen der Beklagten üblichen Diktion ist das 13. Gehalt keine Weihnachtszuwendung. Wäre das anders, bliebe die ausdrückliche Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages des Klägers von 09.07.1992 unverständlich ("Anstelle eines Weihnachtsgeldes wird ab 1992 ein 13. Gehalt gezahlt"), und es wäre die so geschilderte generelle Praxis nicht erklärlich, allen AT-Angestellten ein 13. Gehalt, allen tariflichen Mitarbeitern hingegen ein Weihnachtsgeld zu zahlen. Es besteht auch keine hinreichende Ähnlichkeit zwischen den Leistungen. Während das 13. Gehalt in voller Höhe Bestandteil des Garantiegehaltes ist und somit den Lebensstandard des Klägers zur Gänze prägt, ist die Zahlung des Weihnachtsgeldes allenfalls teilweise und eingeschränkt, nämlich nur in Höhe von 55% und bei unveränderter Fortgeltung des einschlägigen Tarifvertrags für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie NRW abgesichert. Abgesehen davon wäre es der Beklagten auch unbenommen geblieben, das 13. Gehalt - wie in 2002/2003 diskutiert, aber nicht umgesetzt - anteilig in den einzelnen Monaten mit auszuzahlen, in denen es verdient wird. Eine solche Handhabung wäre für die Auszahlung einer (teilweise freiwilligen) Weihnachtszuwendung jedenfalls unüblich und im Falle der Beklagten auch tariflich nicht gefordert.

- Soweit die Beklagte darauf verweist, auch eine Gratifikation oder eine Jahresabschlusszahlung könnten je nach Vertragsgestaltung "fix geschuldet" sein und damit hinsichtlich der Prägung des Lebensstandards einem 13. Gehalt ähneln, mag dies allgemein zutreffen. Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, dass bei ihr derartige Vergütungselemente überhaupt vorkommen und unter welchen Voraussetzungen sie an wen gezahlt werden (vgl. BAG, Urteil vom 24.01.2006, aaO: Es geht um die Verhältnisse im betroffenen Unternehmen). Vielmehr ist nach dem Vortrag der Parteien davon auszugehen, dass die Zahlung des 13. Gehalts im Sinne eines Ersatz- bzw. Exklusivitätsverhältnisses mit der Zahlung eines Weihnachtsgeldes korrespondiert: Jeder Mitarbeiter erhält eine und nur eine dieser Leistungen. Dann aber muss das 13. Gehalt hinsichtlich seiner Ähnlichkeit in erster Linie mit dem Weihnachtsgeld verglichen werden - mit obigem Ergebnis.

- Das 13. Gehalt ist ein im Unternehmen der Beklagten absolut gängiger Vergütungsbestandteil. Wie die Beklagte anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 10.06.2008 angemerkt hat, gibt es neben dem Kläger noch weitere rund 100 AT-Angestellte, für die die Frage der Ruhegeldfähigkeit des 13. Gehaltes ungeklärt ist. Dass an AT-Angestellte ein 13. Gehalt gezahlt wird, weiß auch der Gesamtbetriebsrat. Schon im Jahre 1990, also bei Schaffung der GBV-VO war es üblich, vom Tarifbereich in den AT-Bereich wechselnden Arbeitnehmern anstelle eines Weihnachtsgeldes ein 13. Gehalt zu zahlen. Vor diesem Hintergrund ist es nach Auffassung der Kammer völlig unverständlich, dass das 13. Gehalt in Ziffer 2.4.2 Abs. 3 GBV-VO keine ausdrückliche Erwähnung fand, wollten die Gesamtbetriebsparteien es denn aus dem pensionsfähigen Einkommen herausnehmen. Gerade weil Ziffer 2.4.2 GBV-VO so detaillierte Ausnahmeregelungen enthält, spricht die Nichterwähnung des 13. Gehaltes in hohem Maße für seine Berücksichtigungsfähigkeit bei der Rentenberechnung.

- Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts spricht der Gedanke der Gleichbehandlung nicht für ein gegenteiliges Auslegungsergebnis. Die Beklagte ist nicht gehindert, tarifliche und außertarifliche Mitarbeiter unterschiedlich zu behandeln, insbesondere nicht, AT-Angestellte in Ansehung einer höherwertigen Tätigkeit besser als Tarifmitarbeiter zu vergüten, wozu eine Optimierung des Betriebsrentenanspruchs gehören kann.

- Die von der Beklagten geschilderte Verwaltungsübung, bei in der Vergangenheit ausgeschiedenen AT-Angestellte die Betriebsrente ohne Berücksichtigung des 13. Gehaltes berechnet zu haben, ist von lediglich subsidiärer Bedeutung (vgl. BAG, Urteil vom 21.08.2001, aaO); sie vermag das sich nach dem Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck der GBV-VO gefundene Auslegungsergebnis nicht in Frage zu stellen. Abgesehen davon hat die Beklagte nicht dargelegt, in wie vielen Fällen eine mit der hier zu entscheidenden vergleichbare Problematik vorgelegen hat.

b.

Zu Recht hat die Beklagte bei der Bestimmung der Betriebsrente des Klägers die wegen seines unbezahlten Urlaubs im August/November 2001 vorgenommenen Gehaltskürzungen rentenmindernd berücksichtigt.

Ziffer 2.4.1 GBV-VO erhebt grundsätzlich das vom Mitarbeiter bezogene, das heißt das tatsächlich gezahlte Arbeitsentgelt zur Basis der Rentenberechnung. Nur ausnahmsweise, nämlich in den in Ziffer 2.4.1 Abs. 2 GBV-VO genannten Fällen des Entgeltausfalls wegen vom Arbeitnehmer "unverschuldeter Umstände" (Krankheit, Kurzarbeit) wird die Berücksichtigung fiktiven Arbeitsentgelts angeordnet. Eine derartige Regelung kann nicht so verstanden werden, dass die Rentenberechnung sich generell am tatsächlich zu erwartenden regelmäßigen Gehalt ohne Ausschläge nach oben (Überstunden) oder unten (infolge unbezahlten Urlaubs) auszurichten hätte. Das ist weder mit Sinn und Zweck einer Gesamtversorgungszusage (der Lebensstandard des Klägers wurde schon während seiner aktiven Zeit durch den unbezahlten Urlaub negativ beeinflusst) noch dem Wortlaut der GBV-VO vereinbar. Zu Recht hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass die Gewährung unbezahlten Urlaubs auf Wunsch des Klägers zur Durchführung eines Umzugs keinen "unverschuldeten Umstand" darstellt. Auf die Argumentation des Arbeitsgerichts auf Blatt 5 des Urteils vom 11.03.2008 wird ausdrücklich Bezug genommen.

3.

Hinsichtlich der Berechnung der dem Kläger zustehenden monatlichen Betriebsrente wird auf den klägerischen Schriftsatz vom 10.09.2008 verwiesen. Das dortige Rechenwerk, welches das an den Kläger gezahlte 13. Gehalt ebenso wie die Kürzung wegen des unbezahlten Urlaubs berücksichtigt, ist objektiv nachvollziehbar und wurde von der Beklagten nicht bestritten. Die Zinsforderung rechtfertigt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzugs, §§ 286 Abs. 1, 2, 288 Abs. 1 BGB, wobei das Gericht wegen der bisher aufgelaufenen Rückstände von einem mittleren Zinsdatum für den Gesamtbetrag für den Zeitraum zwischen Dezember 2007 und Oktober 2008 ausgegangen ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zuzulassen. Die Kammer hat den im Streitfall entscheidungserheblichen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

Ende der Entscheidung

Zurück