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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Beschluss verkündet am 29.08.2006
Aktenzeichen: 8 TaBV 58/06
Rechtsgebiete: BetrVG 1972


Vorschriften:

BetrVG 1972 § 118 (2)
Ist das streitige Krankenhaus von der Diakonie unter Abweichung von den von ihr selbst aufgestellten und als unabdingbar bezeichneten Mindestanforderungen als Mitglied aufgenommen worden, so ist für die Anerkennung als karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft i. S. von § 118 (2) BetrVG 1972 entscheidend, ob dennoch das von der Rechtsprechung geforderte Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten der Kirche gegeben ist, das es rechtfertigen würde, den Arbeitgeber von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 16.02.2006 - 3 BV 3/06 - aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass auf das Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Krankenhaus gGmbH in Essen - Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin - das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung findet. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin (Arbeitgeber) betreibt seit etwa 1980 das Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Krankenhaus. Der Arbeitgeber ist eine gemeinnützige GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung ist.

Diese Stiftung ist etwa im Jahre 1967 gegründet worden und zwar zu dem Zweck, das Vermögen des Stifters Alfried Krupp von Bohlen und Halbach zu übernehmen und für gemeinnützige Zwecke zu verwenden.

Die Alfried Krupp von Bohlen und Halbach Stiftung ist Aktionärin diverser Gesellschaften, vor allem der Nachfolgegesellschaften der ehemaligen Friedrich Krupp GmbH, nunmehr der Thyssen Krupp AG. Die Stiftung ist größte Einzelaktionärin dieser Aktiengesellschaft. Die Stiftung ist in keiner Weise organisatorisch, rechtlich oder personell mit einer der Kirchen der Bundesrepublik verbunden. Im Kuratorium befindet sich kein Repräsentant einer Kirche, im Vorstand ebenfalls nicht. Der Arbeitgeber wurde im Sinne der Stiftungszwecke als gemeinnütziges Krankenhaus ohne jede kirchliche Bindung geführt. Im Rahmen eines Zertifikationsprozesses für Krankenhäuser im "weltlichen" Bereich hat sich der Arbeitgeber eine Zielsetzung gegeben, die ein Leitbild beinhaltete, das karitativ und weltlich war.

Der Antragsteller ist der aus 15 Mitgliedern bestehende Betriebsrat.

Bis zum 31.12.2005 gehörte der Arbeitgeber dem paritätischem Wohlfahrtsverband an. Auf seinen Antrag vom 15.12.2005 wurde er am 20.12.2005 als Mitglied im Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland e. V. aufgenommen (Bl. 93 d. A.), und zwar mit Wirkung zum 01.01.2006. Auf die Satzung der Diakonie (Bl. 97 ff d. A.) sei ebenso verwiesen wie auf die Bestimmungen über die Mindestanforderungen an die Satzungen und die sonstigen Ordnungen der Mitglieder des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland (Bl. 311 ff d. A.).

Mit Gesellschafterbeschluss vom 15.12.2005 wurde daraufhin der Gesellschaftsvertrag (Bl. 166 ff d. A.) wie folgt geändert, wobei die Änderungen kursiv gesetzt sind:

"...

§ 2

Gegenstand und Zweck des Unternehmens

...

(4) Hierbei hat das Unternehmen in besonderem Maße der minderbemittelten Bevölkerung zu dienen. Es wird tätig im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche.

(5) Die Mittel der Gesellschaft dürfen nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden. Die Gesellschafter als solche erhalten keine Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft.

(6) Die Gesellschaft ist Mitglied des als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege anerkannten Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland und dadurch zugleich dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen.

...

§ 5

Organe der Gesellschaft

Die Organe der Gesellschaft sind

a) die Geschäftsführung

b) die Gesellschafterversammlung

Mitglieder der Organe und Mitarbeiter sollen einem evangelischen der dem Bekenntnis einer Kirche angehören, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen ist.

...

§ 11

Beirat

(1) Die Gesellschafter können einen Beirat einberufen. Er berät die Organe in philanthropischen Fragen, Konfessionsfragen sowie in solchen Fragen, die das Verhältnis der Gesellschaft zu den christlichen Kirchen berühren.

(2) Dem Beirat gehören bis zu 5 Personen an. Sie werden von den Gesellschaftern berufen und abberufen. Die Berufung erfolgt für die Dauer von drei Jahren. Eine erneute Berufung ist möglich. Unter den Mitgliedern müssen mindestens zwei Mitglieder sein, die dem Bekenntnis einer Kirche angehören, die Mitglied in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ist, davon mindestens ein Mitglied, das ein Amt in Kirche und Diakonie im Rheinland ausübt.

...

§ 15

Satzungsänderung

Satzungsänderungen, die die Zuordnung zum Diakonischen Werk verändern sowie der Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft werden rechtzeitig vorher dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche im Rheinland angezeigt.

..."

Mit Schreiben vom 03.01.2006 wandte der Arbeitgeber sich sodann zum einen an die Mitarbeiter (Bl. 14 d. A.) sowie zum anderen an die Mitglieder des Betriebsrates (Bl. 15 d. A.) und teilte mit, dass die Mandate des Betriebsrates somit mit Ablauf des 31.12.2005 erloschen seien und berief gleichzeitig eine Mitarbeiterversammlung zur Bildung eines Wahlvorstandes zur Wahl einer Mitarbeitervertretung ein.

Mit dem am 12.01.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Betriebsrat die Feststellung, dass die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes weiterhin Anwendung finden.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten:

Es bestünden erhebliche Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit der "Hinwendung" des Arbeitgebers zur Kirche. Ebenso daran, ob in der Krankenhauseinrichtung "das kirchliche Proprium" im einer Weise gewahrt sei, dass sich ihre Zuordnung zur Kirche rechtfertige. Zwischen ihm und dem Arbeitgeber sei es in den letzten Jahren zu zahlreichen arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren gekommen, in denen es um die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates, die Einhaltung von Betriebsvereinbarungen etc. gegangen sei. Aus all diesen Umständen sei zu schließen, dass der alleinige Zweck der Maßnahme des Arbeitgebers das Herausfallen des Betriebes aus dem Betriebsverfassungsgesetz, die juristische Abschaffung des Betriebsrates und der Wegfall der Betriebsvereinbarungen sei. Die im Gesellschaftsvertrag des Arbeitgebers vorgenommenen Änderungen und Ergänzungen erfüllten nicht ansatzweise die "Bestimmungen über die Mindestanforderungen" der Diakonie.

Der Betriebsrat hat beantragt,

festzustellen, dass auf den Betrieb des Arbeitgebers die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes Anwendung finden.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Betriebsrat mit dem Antrag abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten:

Soweit der Betriebsrat mutmaße, dass das Herausfallen des Betriebes aus dem Anwendungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes und damit sein eigener Existenzverlust ihn - den Arbeitgeber - zum Eintritt in die Diakonie bewegt habe, nehme sich der Betriebsrat eindeutig zu wichtig und unterliege zugleich einem erheblichem Irrtum. Vorliegend habe die Kirche ihn - den Arbeitgeber - durch die Diakonie und die Mitgliedschaft als eine ihr zugehörige (karitative) Einrichtung anerkannt. Bereits damit sei § 118 Abs. 2 BetrVG einschlägig, denn aus der Mitgliedschaft in der Diakonie ergebe sich nicht nur eine organisatorische Verbindung, sondern auch eine inhaltliche Anerkennung des kirchlichen Zwecks der Einrichtung. Mit der Mitgliedschaft in der Diakonie sei zugleich der teilweise geforderte ordnende Einfluss der Kirche auf die Einrichtung sichergestellt. Bereits die Einflussmöglichkeit mit vereinsrechtlichen Mitteln stelle eine ausreichende institutionelle Verbindung zwischen der Kirche und der hier vorliegenden karitativen Einrichtung dar. Die Vorgabe der Mindestanforderungen habe er umgesetzt. Auf seine Motive käme es nicht an, denn hier gehe es um das durch das Grundgesetz geschützte Selbstbestimmungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirche.

Mit Beschluss vom 16.02.2006 hat das Arbeitsgericht den Antrag zurückgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe sei verwiesen.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 26.05.2006 zugestellten Beschluss hat er am 13.06.2006 Beschwerde eingelegt und hat diese am 20.07.2006 begründet.

Die Beteiligten wiederholen im Wesentlichen ihre erstinstanzlich vorgetragenen Rechtsauffassungen, und zwar der Betriebsrat gestützt auf ein Gutachten von Prof. Dr. I. (Bl. 221 ff d. A.).

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Essen vom 16.02.2006 abzuändern und festzustellen, dass auf den Betrieb der Antragsgegnerin die Vorschriften des Betriebsverfassungsgesetzes Anwendung finden.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der sonstigen Einzelheiten wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der Akte Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 87 Abs. 1 ArbGG), sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt und begründet worden (§ 87 Abs. 2 i. V. mit §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 89 Abs. 1, Abs. 2 ArbGG).

Die Beschwerde ist auch begründet.

Der Antrag ist zulässig.

Hier kann auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Feststellung des Tendenzcharakters eines Unternehmens Bezug genommen werden (BAG, Beschluss vom 21.07.1998 - 1 ABR 2/98 - AP Nr. 63 zu § 118 BetrVG 1972).

Während das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 13.07.1995 - 1 ABR 31/54 - AP Nr. 2 zu § 81 BetrVG einen Antrag auf Feststellung, dass ein Arbeitgeber kein Tendenzunternehmen sei, noch für unzulässig gehalten hat, weil feststellungsfähig nur konkrete Einzelfolgen aus dem vorhandenen oder fehlenden Tendenzcharakter seien, hat es diese Auffassung im o. g. Beschluss aufgegeben.

Mit der Entscheidung darüber, ob es sich beim Arbeitgeber um ein Tendenzunternehmen handele, werde zugleich das zwischen ihm und dem Betriebsrat bestehende verfassungsrechtliche Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO bestimmt. Kann danach die streitige Tendenzeigenschaft eines Unternehmens grundsätzlich mit einem Feststellungsantrag zur Entscheidung gestellt werden, so ist nach der o. g. Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hier auch das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche besondere Feststellungsinteresse zu bejahen. Zwischen den Beteiligten besteht nämlich grundsätzlicher Streit, der nicht nur Einzelaspekte des § 118 Abs. 1 BetrVG, sondern die Eigenschaft des Arbeitgebers als Tendenzunternehmen insgesamt betrifft und durch einen feststellenden Beschluss beigelegt werden kann.

Kann hiernach die streitige Eigenschaft festgestellt werden und ist hierfür auch das Feststellungsinteresse zu bejahen, so kann für die noch weitergehende Frage, ob nämlich aufgrund von § 118 Abs. 2 BetrVG das Betriebsverfassungsgesetz überhaupt Anwendung findet und der Betriebsrat überhaupt im Amt ist, nichts anderes gelten. Denn auch hier besteht zwischen den Beteiligten grundsätzlicher Streit, der nicht nur einzelne Aspekte des § 118 Abs. 2 BetrVG, sondern die Eigenschaft des Arbeitgebers als karitative Einrichtung einer Religionsgemeinschaft insgesamt betrifft und durch einen feststellenden Beschluss beigelegt werden kann.

Der danach zulässige Antrag ist auch begründet.

Nach Auffassung der Kammer findet das Betriebsverfassungsgesetz auf den Arbeitgeber trotz seiner Mitgliedschaft im Diakonischen Werk Anwendung.

Nach § 118 Abs. 2 BetrVG findet allerdings das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung auf Religionsgemeinschaften und ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen unbeschadet ihrer Rechtsform.

Die Herausnahme der Kirchen und ihrer karitativen und erzieherischen Einrichtungen aus dem Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes beruht auf dem den Religionsgemeinschaften in Artikel 140 GG in Verbindung mit Artikel 137 Abs. 3 WRV gewährleisteten Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten (so BAG, Beschluss vom 09.02.1982 - 1 ABR 36/80 - AP Nr. 24 zu § 118 BetrVG 1972 m. w. N.).

Das den Kirchen verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht bezieht sich nicht nur auf die organisierte Kirche und ihre rechtlich selbständigen Teile. Vielmehr sind alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform Objekte, bei deren Ordnung und Verwaltung die Kirche grundsätzlich frei ist, wenn die Einrichtungen nach kirchlichem Selbstverständnis ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirchen dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen. Die von der Verfassung gewährte selbständige Regelungs- und Verwaltungsbefugnis der Kirche erstreckt sich nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts mithin auch auf ihre "Vereinigungen, die sich nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des religiösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Ziel gesetzt haben". Voraussetzung ist aber, dass der Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines solchen Zieles gerichtet ist. Dies gilt ohne weiteres für organisatorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Vereinigungen wie kirchliche Orden, deren Daseinszweck eine Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält. Es gilt aber auch für andere selbständige oder unselbständige Vereinigungen, wenn und soweit ihr Zweck die Pflege oder Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkündung des Glaubens ihrer Mitglieder ist. Maßstab für das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das Ausmaß der institutionellen Verbindung mit einer Religionsgemeinschaft oder die Art der mit der Vereinigung verfolgten Ziele sein. Für die Zuordnung einer Einrichtung zur Kirche kommt es deshalb auf ihre Zugehörigkeit zur Kirchenverwaltung nicht entscheidend an. Es genügt, wenn die Einrichtung einer Kirche so nahe steht, dass sie Teil hat an der Verwirklichung eines Stücks Auftrag der Kirche im Geist christlicher Religiosität, im Einklang mit dem Bekenntnis der christlichen Kirche und in Verbindung mit den Amtsträgern der Kirche. Die verfassungsrechtlich garantierte Freiheit der Kirche im Staat schließt ein, dass sich die Kirche zur Erfüllung ihres Auftrags auch der Organisationsformen des staatlichen Rechts bedienen kann, ohne dass dadurch die Zugehörigkeit der auf dieser Rechtsgrundlage gegründeten Einrichtung zur Kirche aufgehoben würde. In der Mitwirkung von Laien an der Verwaltung solcher Einrichtungen kann keine Lockerung der Zuordnung zur Kirche gesehen werden (vgl. BAG - a. a. O. - AP Nr. 24 zu § 118 BetrVG 1972 m. w. N.).

In diesem Sinne gehört der Arbeitgeber hier nach Auffassung der Kammer jedoch nicht zur evangelischen Kirche und nimmt deshalb auch nicht an der verfassungsrechtlich verbürgen Kirchenautonomie teil.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, dient ein Unternehmen karitativen Bestimmungen, wenn es sich den sozialen Dienst an körperlich oder seelisch leidenden Menschen zum Ziel gesetzt hat, sofern diese Betätigung ohne die Absicht der Gewinnerzielung erfolgt und das Unternehmen selbst nicht von Gesetzes wegen unmittelbar zu derartiger Hilfeleistung verpflichtet ist. Dagegen ist unerheblich, wer rechtlich oder wirtschaftlich an dem privatwirtschaftlich organisierten Unternehmen beteiligt ist oder darauf einen beherrschenden Einfluss ausübt. Dementsprechend ist es für die karitative Bestimmung eines Unternehmens unschädlich, wenn an ihm ein Unternehmensträger beteiligt ist, der selbst aufgrund gesetzlicher Normen verpflichtet ist, derartige Hilfeleistungen zu erbringen oder zumindest die Kosten für solche Hilfeleistungen zu tragen hat. Maßgeblich für die karitative Bestimmung sind vielmehr die Statuten des Unternehmens selbst (so BAG, Beschluss vom 31.07.2002 - 7 ABR 12/01 - AP Nr. 70 zu § 118 BetrVG 1972 m. w. N.).

Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Bei dem Arbeitgeber handelt es sich um eine karitative Einrichtung. Er dient dem sozialen Dienst an körperlich oder seelisch leidenden Menschen und dient nach § 2 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken, wird unter Beachtung der staatlichen Bestimmungen über die Gemeinnützigkeit geführt und verfolgt nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Ziele. Der Arbeitgeber ist zu dieser Hilfeleistung nicht von Gesetzes wegen unmittelbar verpflichtet, sondern hat sich diese Aufgabe freiwillig gesetzt.

Nach ebenso ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es für die Zuordnung einer rechtlich selbständigen Einrichtung zur Kirche allerdings nicht ausreichend, dass die Einrichtung ihrem Zweck nach auf die Verwirklichung eines kirchlichen Auftrags gerichtet ist. Hinzu kommen muss ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten der Kirche, um auch darüber eine Übereinstimmung der religiösen Betätigung der Einrichtung mit kirchlichen Vorstellungen gewährleisten zu können. Der ordnende Einfluss der Kirche bedarf keiner satzungsmäßigen Absicherung. Die Kirche muss jedoch in der Lage sein, einen etwaigen Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung unterbinden zu können (so BAG, Beschluss vom 30.04.1997 - 7 ABR 60/95 - AP Nr. 60 zu § 118 BetrVG 1972).

Das Krankenhaus ist seinem Zweck nach auf die Verwirklichung eines christlichen Auftrages ausgerichtet und nach dem Selbstverständnis der evangelischen Kirche beschränkt sich die Religionsausübung nicht auf den Bereich des Glaubens und des Gottesdienstes, sondern umfasst insbesondere auch das karitative Wirken. Zu diesem gehört die kirchlich getragene Krankenpflege. Diesem Auftrag entspricht auch hier - wie in dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 31.07.2002 - a. a. O -, dass der Gesellschaftsvertrag des Arbeitgebers, der in § 2 Abs. 4 festlegt, dass das Unternehmen im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der evangelischen Kirche tätig wird. Auch hier ergibt sich die Bindung des Arbeitgebers an den kirchlich-diakonischen Auftrag aus der Mitgliedschaft zur Diakonie Rheinland. Denn nach der Präambel der Satzung des Diakonischen Werks ist die Diakonie Wesens- und Lebensäußerung der Kirche. Sie geschieht in der Bindung an die Heilige Schrift und in Übereinstimmung mit den Grundartikeln der evangelischen Kirche im Rheinland.

Hier ist nach Auffassung der Kammer jedoch nicht das nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erforderliche Mindestmaß an Einflussmöglichkeit der Amtskirche auf die von dem Arbeitgeber betriebene Einrichtung gewährleistet.

Soweit der Arbeitgeber ausführt, dies folge bereits aus der Mitgliedschaft im Diakonischen Werk, kann er sich zwar auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 31.07.2002 (a. a. O.) berufen. Die Kammer versteht die Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts jedoch so, dass dies aus der Mitgliedschaft dann bereits folgt, wenn die sich hieraus ergebenden Pflichten auch übernommen worden sind und die Mitgliedschaft deshalb auch zu einem solchen erforderlichen Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten führt. Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht in dem Beschluss vom 31.07.2002 - a. a. O. - sich auch nicht mit der Feststellung der Mitgliedschaft begnügt, sondern hat anschließend im Einzelnen dargelegt, warum sich aus der Satzung des Diakonischen Werks im Zusammenhang mit der Satzung der dortigen Arbeitgeberin, in der sie das kirchliche Proprium statuiert, womit diese Arbeitgeber die sich aus der Satzung der Diakonie ergebenden Pflichten beachtet, ergebe, dass der Einfluss der Amtskirche den Ausschuss des staatlichen Bestimmungsrechts im Betrieb der Arbeitgeberin rechtfertige.

Dies ist hier aber nicht der Fall.

Soweit die Kammer dazu im Folgenden auf den Gesellschaftsvertrag des Arbeitgebers abstellt, wird nicht übersehen, dass das Bundesarbeitsgericht eine satzungsmäßige Absicherung des ordnenden Einflusses der Kirche nicht verlangt (so BAG, Beschluss vom 30.04.1997 - 7 ABR 60/95 - AP Nr. 60 zu § 118 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 14.04.1998 - 6 ABR 36/86 - AP Nr. 36 zu § 118 BetrVG 1972). Zum einen hat das Bundesarbeitsgericht dabei aber gleichzeitig festgestellt, dass die Kirche auch dann in der Lage sein muss, einen etwaigen Dissens in religiösen Angelegenheiten zwischen ihr und der Einrichtung unterbinden zu können. Die Religionsgemeinschaft muss sich in Fragen der Ausübung der jeweiligen religiösen Betätigung gegenüber der Einrichtung durchsetzen können. Nur wenn das gewährleistet und damit gesichert ist, dass die eigenen Gesetze der Kirche bei der Betätigung der Lebens- und Wesensäußerung durchgesetzt werden können, rechtfertige es sich, einen Betrieb von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien (so BAG, Beschluss vom 14.04.1988 - a. a. O. -). Zum anderen hat hier die evangelische Kirche selbst Mindestanforderungen für eine Mitgliedschaft festgelegt, denen der Gesellschaftsvertrag des Arbeitgebers nicht nur nicht entspricht, sondern von denen er abweicht, womit im Ergebnis der verlangte Einfluss der Amtskirche hier nicht mehr gegeben ist.

Nach § 5 Abs. 1 a der Satzung des Diakonischen Werks müssen die Satzungen und sonstigen Ordnungen der Mitglieder den Mindestanforderungen entsprechen, die für den Bereich des Diakonischen Werkes gelten.

Dabei handelt es sich um die Mindestanforderungen gemäß dem Beschluss des Hauptausschusses des Diakonischen Werkes vom 02.04.1981 (Bl. 311 ff d. A.). Zur Begründung wird in den Bestimmungen über die Mindestanforderungen an die Satzungen und die sonstigen Ordnungen der Mitglieder des Diakonischen Werks der evangelischen Kirche im Rheinland Folgendes ausgeführt:

"Begründung

I. Allgemeines

Nach dem Selbstverständnis der Kirche ist Diakonie als eine ihrer beiden Grundfunktionen Wesens- und Lebensäußerung in Wort und Tat kirchlichen Handels in und an der Welt. Dabei kommt es auf die Rechtsform, in der sich diese Grundfunktion vollzieht, nicht an.

Sie ist nicht nur der Kirche als öffentlich-rechtlicher Körperschaft vorbehalten; Diakonie wird auch von zahlreichen Trägern diakonischer Einrichtungen in anderer Rechtsform wahrgenommen.

Diese Tatsache ist auch von dem Bundesverfassungsgericht insbesondere in seinen Entscheidungen vom 11.10.1977 - 2 BvR 209/76 - und vom 25.03.1980 - 2 BvR 208/76 - bestätigt worden. Aus diesen Entscheidungen ergibt sich, dass die verfassungsrechtlich garantierte Autonomie der Kirche sich nicht schlechthin auf diakonische Einrichtungen unbeschadet deren Rechtsform erstreckt, sondern diese nehmen an diesem Schutz nur dann teil, wenn sie der Kirche in bestimmter Weise zugeordnet sind und nach kirchlichem Selbstverständnis einen kirchlichen Auftrag erfüllen.

Aber nicht nur deshalb ist es erforderlich, dass die Zuordnung zur Kirche in den Satzungen und sonstigen Ordnungen der diakonischen Einrichtungen in sog. freier Rechtsträgerschaft (insbesondere Stiftungen, eingetragene Vereine, gemeinnützige Gesellschaften mit beschränkter Haftung) deutlich wird. Da die Kirche mit ihrer Diakonie in einer pluralen Gesellschaft wirkt, ist sie zwar kraft eigenen Auftrags tätig, jedoch auf die Ausübung des Wahlrechtes derjenigen angewiesen, die ihren Dienst wünschen. Um ein solches Wahlrecht überhaupt zu ermöglichen, müssen Kirche und Diakonie aus Gründen der Wahrhaftigkeit und Klarheit zum Ausdruck bringen, auf welcher Grundlage die Hilfe angeboten wird.

Es ist deshalb folgerichtig, wenn die Satzung des Werkes in § 5 Absatz 1 Buchstabe a) vorschreibt, dass die Satzungen und sonstigen Ordnungen der Mitglieder Mindestanforderungen entsprechen müssen, die aus Gründen der Praktikabilität nicht in die Satzung aufgenommen, sondern einer besonderen Ordnung vorbehalten worden sind.

Der Begriff "Mindestanforderungen" bedeutet, dass die hierfür vorgesehenen Bestimmungen ein Mindestmaß an Bestimmtheit zur Verdeutlichung des kirchlichen Bezuges enthalten. Ein Zurückgehen hinter diese Bestimmungen ist damit ausgeschlossen. Im Übrigen sind nicht alle Bestimmungen in absolute Mussvorschriften gekleidet worden, so dass insoweit ein Abweichen von der Regel in einzelnen Fällen möglich ist.

..."

Dass es sich um Mindestanforderungen handelt, die mindestens eingehalten werden müssen, folgt nochmals aus der Einleitung der Bestimmungen selbst, wo es unter I. Abschnitt, Zuordnung zur Kirche heißt:

Die Zuordnung zur Kirche ist in den Satzungen und sonstigen Ordnungen der Mitglieder mindestens auf folgende Weise sicherzustellen.

Im Übrigen werden, soweit es hier relevant ist, folgende Mindestanforderungen festgelegt:

I. Abschnitt

Zuordnung zur Kirche

Die Zuordnung zur Kirche ist in den Satzungen und sonstigen Ordnungen der Mitglieder auf folgende Weise sicherzustellen:

1. Bestimmung über Zweck und Aufgabe

a) Die Satzungsbestimmung über den Zweck und die Aufgabe einer dem Werk angeschlossenen Einrichtung muss verdeutlichen, dass diese zwar allen hilfesuchenden Menschen ohne Rücksicht auf Rasse, Nationalität und Glauben dient, dieser Dienst aber in praktischer Ausübung christlicher Nächstenliebe im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche geschieht.

b) Es ist sinnvoll, die kirchliche Zweckbestimmung einer Einrichtung auch in einer Präambel näher zu beschreiben. Bei Einrichtungen, die in der Rechtsform einer kirchlichen Stiftung betrieben werden, ist dies zur Beschreibung des Stifterwillens unumgänglich. Bei Stiftungen kommt die Zuordnung zur Kirche noch dadurch zum Ausdruck, dass sie sich der kirchlichen Stiftungsaufsicht unterstellen.

2. Bestimmung über die Bekenntniszugehörigkeit der Mitarbeiter

a) Es ist in der Satzung festzulegen, dass die Mitglieder der Organe und die Mitarbeiter in leitender Stellung in der Regel einer Kirche evangelischen Bekenntnisses angehören müssen.

b) Für die übrigen Mitarbeiter ist festzulegen, dass sie in der Regel einer Kirche angehören, die in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) mitarbeitet.

c) Gehören Mitarbeiter ausnahmsweise keinem christlichen Bekenntnis an, so müssen sie den Auftrag und die konfessionelle Grundrichtung des Trägers achten.

3. Bestimmung über die Zuordnung zur verfassten Kirche

a) In der Satzung muss eine angemessene Beteiligung von Vertretern der örtlichen kirchlichen Körperschaften (Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Kirchenverbände) in den Organen der Einrichtung sichergestellt sein.

...

c) In den Satzungen ist vorzusehen, dass Satzungsänderungen, die den Zweck der Einrichtung, die Zuständigkeit ihrer Organe oder die Bestimmungen über die Zuordnung zur Kirche verändern, sowie Beschlüsse über die Auflösung der Einrichtung der Zustimmung derjenigen Kirche bedürfen, der die Einrichtung zuzuordnen ist.

Ist bei einem Träger einer Einrichtung aufgrund seines Selbstverständnisses die Zuordnung zu einer bestimmten Kirche nicht möglich, ist die Zustimmung des Werkes erforderlich.

Genehmigungsvorbehalte aufgrund anderer Rechtsvorschriften bleiben hiervon unberührt.

4. Bestimmung über die Zugehörigkeit zum Werk

In der Satzung muss festgelegt sein, dass die Einrichtung Mitglied des als Werk der Kirche und als Spitzenverband der Freien Wohlfahrtspflege anerkannten Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche im Rheinland und dadurch zugleich dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland angeschlossen ist.

9. Bestimmung bei Auflösung der Einrichtung

Die Satzung muss eine Anfallklausel enthalten, aus der sich ergibt, dass bei Auflösung der Einrichtung oder bei Wegfall ihrer bisherigen Zweckbestimmung der Anfallberechtigte das Vermögen ausschließlich und unmittelbar für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke zu verwenden hat. Als Anfallberechtigter ist ein kirchliches Werk oder die Kirche selbst vorzusehen.

Vergleicht man hiermit die Änderungen des Gesellschaftsvertrages, so gilt folgendes:

Im Sinne der Mindestanforderung ist gemäß I 1 a der Mindestanforderung in § 2 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages aufgenommen worden, dass das Unternehmen im Sinne der Diakonie als Wesens- und Lebensäußerung der Evangelischen Kirche tätig wird.

Ebenso ist gemäß I 4 in § 2 Abs. 6 festgelegt, dass der Arbeitgeber Mitglied des Diakonischen Werks ist.

Alle weiteren Mindestanforderungen sind nicht erfüllt bzw. nur teilweise erfüllt worden.

Während I 2 a) der Mindestanforderung verlangt, dass die Mitglieder der Organe und die Mitarbeiter in leitender Stellung in der Regel einer Kirche evangelischen Bekenntnisses angehören müssen, regelt der Gesellschaftsvertrag unter § 5 lediglich, dass die Mitglieder der Organe und Mitarbeiter einem evangelischen oder dem Bekenntnis einer Kirche angehören sollen, die Mitglied der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen ist. Aus einer Muss-Vorschrift ist eine Kann-Vorschrift gemacht worden. Ebenso ist den Mitgliedern der Organe und den Mitarbeitern in leitender Stellung entgegen den Mindestanforderungen erlaubt worden, auch einer anderen als der evangelischen Kirche anzugehören.

Der Gesellschaftsvertrag enthält nicht die Verpflichtung gemäß I 2 c) der Mindestanforderungen, dass Mitarbeiter, die ausnahmsweise keinem christlichen Bekenntnis angehören, den Auftrag und die konfessionelle Grundrichtung des Trägers achten müssen.

Ebenso wenig ist geregelt, dass in den bisherigen Organen der Gesellschaft (Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung nach § 5 des Gesellschaftsvertrages) eine angemessene Beteiligung der örtlichen kirchlichen Körperschaften (Kirchengemeinden, Kirchenkreise, Kirchenverbände) sichergestellt ist. Der Arbeitgeber weist zwar zutreffend darauf hin, dass ein Beirat nun in dem Gesellschaftsvertrag eingeführt worden ist und dass dem Beirat ein Mitglied angehören muss, das ein Amt in Kirche und Diakonie im Rheinland ausübt. Abgesehen von der Frage, ob dies für ein fünfköpfiges Gremium im Sinne der Mindestanforderungen angemessen ist, ist entscheidend, dass es sich hier nur um ein fakultatives Organ handelt. Die Gesellschafter können, müssen aber nicht einen Beirat einberufen. Solange die Gesellschaft keinen Beirat einberuft, gibt es also überhaupt keine - angemessene oder unangemessene - Beteiligung von Vertretern der örtlichen kirchlichen Körperschaften.

Während nach I 3 c) der Mindestanforderung in den Satzungen vorzusehen ist, dass Satzungsänderungen, die den Zweck der Einrichtung, die Zuständigkeit ihrer Organe oder die Bestimmung über die Zuordnung zur Kirche verändern, sowie Beschlüsse über die Auflösung der Einrichtung der Zustimmung derjenigen Kirche bedürfen, der die Einrichtung zuzuordnen ist, sieht der Gesellschaftsvertrag in § 15 lediglich vor, dass statt der Zustimmung eine rechtzeitige Anzeige genügt. Darüber hinaus ist die Anzeigpflicht auf Satzungsänderungen, die die Zuordnung zum Diakonischen Werk verändern und auf Beschlüsse über die Auflösung der Gesellschaft beschränkt.

Schließlich enthält der Gesellschaftsvertrag nicht die nach III. Ziffer 9 der Mindestanforderung geforderte Anfallklausel, wonach bei Auflösung der Einrichtung das Vermögen an ein kirchliches Werk oder die Kirche selbst fällt. Stattdessen ist die Bestimmung des Gesellschaftsvertrages bestehen geblieben, wonach das Vermögen an die AKBA-Stiftung fällt (§ 16 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrags).

Die Kammer verkennt nicht, dass es zum Inhalt des grundgesetzlich verbürgten Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen gehört, das Maß der Einflussnahme selbst zu bestimmen. Ein Eingriff seitens der Gerichte kann bereits ein mittelbarer Eingriff in das Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht der Kirchen sein. Dennoch hat auch das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 14.04.1988 (a. a. O.) ausgeführt, dass bei Beachtung des Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrechts zumindest aber gewährleistet sein muss, dass die verfasste Kirche die Möglichkeit hat, einen etwaigen Dissens zwischen Kirche und Einrichtung bei der Ausübung der religiösen Tätigkeit zu unterbinden. Die Religionsgemeinschaft muss sich in Fragen der Ausübung der jeweiligen religiösen Betätigung gegenüber der Einrichtung durchsetzen können. Nur wenn das gewährleistet und damit gesichert sei, dass die eigenen Gesetze der Kirche bei der Betätigung von Lebens- und Wesensäußerung durchgesetzt werden können, rechtfertige es sich, einen Betrieb von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien (so BAG, Beschluss vom 14.04.1988, a. a. O.).

Deshalb ist es nicht Sache der Kammer zu entscheiden, welche Mindestanforderungen die Diakonie stellen muss. Ebenso wenig wäre es Sache der Kammer zu entscheiden, inwieweit sie hiervon abweichen kann. Insoweit hat der Arbeitgeber beispielsweise vorgetragen, dass er von einer Anfallklausel deshalb suspendiert worden sei, weil es sich hier nicht - wie im Normalfall - um eine Einrichtung handele, zu deren Entstehen und Betrieb die Kirche einen Beitrag geleistet habe, so dass es auch - im Gegensatz zum Normalfall - folgerichtig sei, hier das verbleibende Vermögen an die Stiftung zurückfallen zu lassen. Dies wäre auch für die Kammer ein nachvollziehbarer und anerkennenswerter Grund, sollte die geschilderte Ausgangslage zutreffend sein. Schon eher wäre es eine hier unter Umständen relevante Rechtsfrage, inwieweit die Diakonie sich dadurch hinsichtlich der Mindestanforderungen selbst gebunden hat, dass in der Begründung der Mindestanforderungen ausgeführt wird, ein Zurückgehen hinter diese Bestimmungen sei ausgeschlossen.

Entscheidend ist jedoch, inwieweit bei unterstellter Zulässigkeit der Abweichung der Diakonie von den von ihr selbst aufgestellten und als unabdingbar bezeichneten Mindestanforderungen immer noch ein Sachverhalt gegeben ist, der das von der Rechtsprechung geforderte Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten der Kirche sichert.

Es ist zutreffend, dass die Diakonie vereinsrechtlich gegen den Arbeitgeber vorgehen kann, was in § 5 Abs. 3 der Satzung der Diakonie auch nochmals festgeschrieben worden ist. Dies beschränkt sich jedoch auf Ermahnungen, Ruhen der Mitgliedschaftsrechte und Ausschluss aus der Diakonie. Wenn die Rechtsprechung dagegen davon spricht, dass gewährleistet und gesichert sein muss, dass die eigenen Gesetze der Kirche bei der Betätigung der Lebens- und Wesensäußerung durchgesetzt werden können und dass nur dies rechtfertige, einen Betrieb von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien, so kann dies nach Auffassung der Kammer nicht nur bedeuten, dass die Diakonie die Möglichkeit hat, eine Ermahnung auszusprechen, ein Ruhen der Mitgliedschaftsrechte festzustellen oder die Einrichtung auszuschließen. Dies alles hätte nach der Satzung der Diakonie hier bereits geschehen können, weil der Arbeitgeber die Mindestanforderungen nicht erfüllt hat. Verzichtet man auf ganz wesentliche Teile der Mindestanforderungen, durch die beispielsweise eine angemessene Beteiligung von Vertretern der örtlichen kirchlichen Körperschaften in den Organen der Einrichtung sichergestellt worden wäre und bedeutet dies im Ergebnis, dass neben der Mitgliedschaft allenfalls als Änderung gilt, dass die Mitglieder der Organe und die Mitarbeiter einer christlichen Kirche angehören sollen, so ist damit nach Auffassung der Kammer ein Mindestmaß an Einflussmöglichkeiten der Kirche im Sinne der Rechtsprechung nicht mehr als gegeben anzusehen, der es rechtfertigen würde, den Arbeitgeber von den Konfrontationen staatlicher Betriebsverfassung zu befreien.

In diesem Sinne war es schließlich auch bezeichnend, dass der Geschäftsführer des Arbeitgebers in der mündlichen Anhörung zweiter Instanz auf die Frage, was denn nun der Beweggrund für den Beitritt zur Diakonie gewesen sei, antwortete, dies sei die hierdurch gesicherte Gemeinnützigkeit gewesen. Nachdem in der Politik die Gemeinnützigkeit zunehmend in Frage gestellt worden sei, habe man gemeint, diese hierdurch sicherstellen zu können.

Nach allem kann es dahingestellt bleiben, ob die Motive des Arbeitgebers nach den Mutmaßungen des Betriebsrats auch mit den betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten in der Vergangenheit zu tun haben.

Ebenso kann es dahingestellt bleiben, wie es im Einzelnen zustande gekommen ist, dass nunmehr vom Arbeitgeber ein neues Leitbild veröffentlicht worden ist, das erstmals Bezüge zum diakonischen Auftrag der evangelischen Kirche im Rheinland enthält. Entgegen der Auffassung des vom Betriebsrat eingeholten Gutachtens von Prof. I. kommt es nämlich auf die Einstellung der Mitarbeiter zum Zeitpunkt des Beitritts zur Diakonie bzw. auf das hierauf beruhende Leitbild nicht an (so BAG, Beschluss vom 09.02.1982 - 1 ABR 36/80 - AP Nr. 24 zu § 118 BetrVG 1972).

Auf die Beschwerde des Betriebsrats war danach das Urteil des Arbeitsgerichts aufzuheben und war festzustellen, dass auf den Arbeitgeber das Betriebsverfassungsgesetz Anwendung findet.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache war gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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