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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 09.07.1999
Aktenzeichen: 9 Sa 188/99
Rechtsgebiete: HGB, EGHGB, BetrAVG


Vorschriften:

HGB § 26
HGB § 28
HGB § 159
EGHGB § 37
EGHGB § 7
BetrAVG § 9
Die Verpflichtung eines Arbeitgebers für die von ihm begründete Versorgungsschuld gegenüber einem bereits im Ruhestand befindlichen Arbeitnehmer erlischt nicht dadurch, daß der Arbeitgeber sein Unternehmen in eine neu gegründete KG einbringt. Scheidet der frühere Arbeitgeber anschließend aus der KG als Kommanditist und Geschäftsführer der Komplementärin aus der Gesellschaft aus und wird über diese das Insolvenzverfahren eröffnet, bleibt der frühere Arbeitgeber weiterhin Versorgungsschuldner des Betriebsrentners. Eine Enthaftung auf der Grundlage des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes kommt nicht in Betracht. Insoweit bedarf es einer teleologischen Reduktion der §§ 26, 28 HGB.
LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Geschäftsnummer: 9 Sa 188/99

Verkündet am: 09.07.1999

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.1999 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Boewer als Vorsitzenden sowie den ehrenamtlichen Richter Remmel und den ehrenamtlichen Richter Karmaat für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.12.1998 ­ 2 Ca 4074/97 ­ wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der am 09.05.1920 geborene Kläger war als Prokurist bei der Firma H.erma V.erlo, Inhaber R.o V.erlo, beschäftigt. Er schied im Jahre 1986 wegen Erreichens der Altersgrenze aus. Mit Schreiben vom 09.04.1965 erteilte das Einzelhandelsunternehmen dem Kläger eine Versorgungszusage über die Zahlung einer monatlichen Altersrente von 500,-- DM für den Fall des Ausscheidens aus der Firma mit der Vollendung des 65. Lebensjahres. Mit Schreiben vom 31.12.1980 wurde die Versorgungszusage auf 1.000,-- DM pro Monat erhöht.

Aufgrund notarieller Urkunde vom 12.01.1987 wurde das Einzelunternehmen des Beklagten mit allen Aktiva und Passiva in die gleichzeitig gegründete H.erma V.erlohGmbH & Co. KG eingebracht. Der Beklagte war Geschäftsführer und Alleingesellschafter der Verwaltungs GmbH und Kommanditist der Kommanditgesellschaft.

Zum 30.06.1991 schied der Beklagte aus der H.V.e.rma VVerlohV GmbH & Co. KG als Kommanditist und auch als Gesellschafter und Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft mbH (Komplementärin) aus. Sein Geschäftsanteil an der Komplementär GmbH und der Kommanditanteil wurde auf den damaligen Mitgesellschafter übertragen (Vertrag vom 26.09.1991, Bl. 62 ff. d. A.).

Die H.erma V.erlo GmbH & Co. KG zahlte an den Kläger die monatliche Altersrente in Höhe von 1.000,-- DM bis Februar 1997. Zu diesem Zeitpunkt fiel sie in Konkurs. Der Pensionssicherungsverein verweigerte die Auszahlung der Rente. Auf das Schreiben vom 23.09.1997 (Bl. 28. d. A.) wird Bezug genommen.

Mit der vorliegenden, am 30.12.1997 beim Arbeitsgericht eingegangen Klage hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung der monatlichen Altersrente in Anspruch genommen.

Der Kläger hat geltend gemacht, daß der Beklagte weiterhin zur Zahlung verpflichtet sei. Er habe die Versorgungszusage erteilt. Seine Haftung sei nicht durch die Einbringung des Einzelunternehmens in die neu gegründete Firma H.erma V.erlo GmbH & Co. KG entfallen. Insbesondere komme nicht das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz aus dem Jahre 1994 zur Anwendung.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an ihn, beginnend mit dem 30.03.1997, eine monatlich jeweils zum Monatsende fällig werdende Rente von 1.000,-- DM zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich damit verteidigt, daß er nicht mehr für die Altersrente hafte. § 28 a. F. HGB enthalte zwar keine Vorschriften über die Verjährung. Es müßten jedoch die Vorschriften des § 25 und § 26 HGB für den vorliegenden Fall entsprechend angewendet werden, da jedenfalls eine vergleichbare Situation gegeben sei, wenn der in dem Unternehmen verbliebene Einzelkaufmann aus der Gesellschaft ausscheide. Hinsichtlich der Anwendung der Sonderverjährungsvorschrift bei Dauerschulden sei der Rechtsprechung des BGH zu § 159 HGB zu folgen, die eine lebenslängliche Haftung von ausgeschiedenen Gesellschaftern bezüglich Dauerschulden ablehne. Grundlegender Gedanke sei die Erkenntnis gewesen, daß ein Gesellschafter, der selbst keinen Einfluß mehr auf die Geschicke des Unternehmens ausüben könne, nach Recht und Billigkeit nicht zeitlebens in Anspruch genommen werden könne. Dies sei hier auch anzuwenden, da der Beklagte bereits 1991 aus der Gesellschaft ausgeschieden sei. Die Wertung der Rechtsprechung bezüglich des Interessengegensatzes zwischen Betriebsrentner einerseits und Gesellschafter andererseits, sei durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz aus dem Jahre 1994 in das Gesetz aufgenommen worden. So sei in § 160 HGB der Wechsel der Gesellschafterstellung von der eines persönlich haftenden in die eines Kommanditisten als Austritt aus der Gesellschaft im Sinne der Sonderverjährungsvorschrift behandelt (§ 130 Abs. 3 HGB) und die Festlegung für den Verjährungsbeginn mit der Eintragung in das Handelsregister festgelegt (§ 170 Abs. 1 HGB). Es sei auch § 28 Abs. 3 HGB geändert worden, wonach der frühere Geschäftsinhaber, wenn er lediglich Kommanditist der Gesellschaft sei, nur noch fünf Jahre für Verbindlichkeiten nach seinem Ausscheiden hafte. Damit scheide eine Haftung des Beklagten aus. Er habe seit 1991 keine Einwirkungen mehr auf die Geschicke des Unternehmens gehabt. Von diesem Zeitpunkt sei der Beginn der Sonderverjährungsfrist von fünf Jahren zu rechnen, so daß nach Ablauf des Jahres 1996 gegen den Beklagten keine Ansprüche auf eine Betriebsrente geltend gemacht werden könnten.

Durch Urteil vom 17.12.1998 hat die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Duisburg - 2 Ca 4074/97 - der Klage entsprochen und den Wert des Streitgegenstandes auf 36.000,-- DM festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, daß dem Kläger gegen den Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch zustünde. Die Haftung des Beklagten sei nicht entfallen, weil das Einzelunternehmen des Beklagten im März 1987 in die neu gegründete GmbH & Co. KG eingebracht worden sei. Insoweit sei keine befreiende Schuldübernahme eingetreten. Diese setzte eine Genehmigung des Gläubigers voraus. Die bloße Entgegennahme der monatlich gezahlten Betriebsrente von der Kommanditgesellschaft sei dafür nicht ausreichend. Der Beklagte könne sich auch nicht auf die im Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18.03.1994 eingeführte Enthaftung des früheren Gesellschafters für Geschäftsverbindlichkeiten, die nach fünf Jahren fällig geworden seien, berufen. Nach Art. 37 Abs. 1 S. 1 EGHGB seien die §§ 26 und 28 Abs. 2 HGB in der ab dem 26.03.1994 geltenden Fassung auf vor diesem Datum entstandene Verbindlichkeiten nur anzuwenden, wenn der neue Inhaber oder die Gesellschaft nach dem 26.03.1994 eingetragen worden sei oder die Kundmachung der Übernahme stattgefunden habe. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt. Auch § 37 Abs. 2 EGHGB sei unanwendbar, weil diese Vorschrift voraussetzte, daß es sich um Verbindlichkeiten handelte, die aus fortbestehenden Arbeitsverhältnissen entstanden seien. Auch diese Voraussetzung läge nicht vor, weil der Kläger vor der Gründung der GmbH & Co. KG aus dem Unternehmen ausgeschieden sei. Demgemäß richtete sich die Haftung des Beklagten allein nach altem Recht. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des 3. Senats des BAG vom 23.01.1990 - 3 AZR 171/88 - müsse der Beklagte weiterhin für die von ihm begründeten Rentenverpflichtungen einstehen. Mit der Sonderverjährung des § 26 HGB sei zwar auch der Gedanke verbunden, die Unternehmensverbindlichkeiten an das sie erwirtschaftende veräußerte Unternehmen anzubinden. Dies gelinge jedoch nicht im Recht der betrieblichen Altersversorgung. Käme es zur Insolvenz des Erwerbers, bestünde nach § 7 Abs. 1 BetrAVG kein insolvenzgeschützter Anspruch gegen den Pensionssicherungsverein. Danach seien nämlich nur Versorgungsempfänger gesichert, soweit über das Vermögen ihres Arbeitgebers, der die Versorgungszusage erteilt habe, das Konkursverfahren eröffnet werde. Die Leistungsverpflichtung des Erwerbers, der nach § 25 Abs. 3 HGB die Übernahme der Versorgungsverbindlichkeit bekannt gemacht habe, sei als kumulative Schuldübernahme nicht insolvenzgeschützt.

Gegen das am 15.01.1999 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit einem bei dem Landesarbeitsgericht am 12.02.1999 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem weiteren bei dem Landesarbeitsgericht am 12.03.1999 vorliegenden Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens wendet sich der Beklagte gegen das angefochtene Urteil und macht geltend, das Arbeitsgericht habe die Besonderheiten des vorliegenden Rechtsstreits nicht ausreichend gewürdigt. Zunächst könne es keinen entscheidenden Unterschied machen, ob es sich bei der Ruhegeldverpflichtung um eine eigene Schuld oder um die Schuld einer Gesellschaft handelte, für die der Gesellschafter hafte. Schon nach altem Recht wäre es nahezu einhellige Meinung gewesen, daß der ausscheidende Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in analoger Anwendung des § 159 HGB einer bloßen zeitlich begrenzten Nachhaftung ­ auch für Ruhegeldansprüche ­ unterliege. Diese Rechtsauffassung finde nunmehr in § 736 Abs. 2 BGB ihre Bestätigung. Die Enthaftung eines GbR-Gesellschafters sei aber geradezu ein klassisches Beispiel dafür, daß auch die in Personen begründete Verbindlichkeit sowohl nach früherem als auch nach gegenwärtigem Recht der Enthaftung unterliege. Denn nach herrschender Meinung werde neben der GbR im Wege der Doppelverpflichtung auch der einzelne Gesellschafter persönlich als Schuldner verpflichtet. Die Nachhaftungsbegrenzung könne dem Beklagten daher nicht deshalb verweigert werden, weil es sich um eine eigene Verbindlichkeit und nicht um eine Haftungsschuld handelte. Entscheidender Gesichtspunkt sei vielmehr, ob bei dem hier gegebenen Sachverhalt es für den Beklagten zumutbar sei, nach seinem Ausscheiden von mehr als sieben Jahren noch für Pensionsansprüche des Klägers in Anspruch genommen werden zu können. Die Vorschrift des § 28 HGB a. F. besagte über Haftung und Haftungsbegrenzung des bisherigen Einzelkaufmanns nichts. Die zeitlich begrenzte Haftung, wie sie in § 26 HGB bzw. § 159 HGB zum Ausdruck käme, sei von der herrschenden Meinung nur deshalb nicht angewandt worden, weil der Kaufmann im Falle des § 28 HGB Mitglied der Personengesellschaft bleibe, in die er sein Einzelunternehmen umgewandelt habe. Die bisher von der Rechtsprechung entschiedenen Fälle hätten sich nur mit dem klassischen Fall befaßt, daß der bisherige Einzelunternehmer nach wie vor in der neuen Gesellschaft beteiligt bzw. als Geschäftsführer tätig gewesen wäre. Dies sei im vorliegenden Rechtsstreit jedoch anders. Bei der Abwägung der Interessen werde man bezüglich der alten Rechtslage nicht so weit gehen können, wie es nunmehr § 28 n. F. HGB vorsehe. Ausdruck eines allgemeinen Rechtsempfindens sei es jedoch, daß ein Gesellschafter, der seit mehr als fünf Jahren sich völlig von der Gesellschaft gelöst habe, von jeglicher Haftung hinsichtlich unternehmensbezogener Verbindlichkeiten freigestellt werden müsse. Bei der Interessenabwägung müßten auch die zwischenzeitlich ergangenen Entscheidungen des Gesetzgebers einbezogen werden. Der bisher von der Rechtsprechung in den Vordergrund gestellte Gedanke, daß ein früherer Arbeitnehmer hinsichtlich seines Pensionsanspruchs Vorrang haben müsse, wenn ein gesetzlicher Insolvenzschutz nicht bestehe, könne in dieser Tragweite heute nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Gesetzgeber habe nämlich durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz eindeutig zu erkennen gegeben, daß unabhängig von einer Insolvenzsicherung des Anspruchs des Arbeitnehmers die zeitliche Haftungsbegrenzung eines früheren Unternehmens Vorrang verdiene. So werde nunmehr in § 28 Abs. 3 HGB festgelegt, daß die Haftung des früheren Einzelunternehmers bei Einbringung seines Unternehmens in eine Gesellschaft nach fünf Jahren in jedem Falle entfiele, wenn er lediglich Kommanditist der Gesellschaft sei. Selbst wenn er in der neuen Gesellschaft noch geschäftsführend tätig wäre, hinderte das den Haftungsausschluß nicht. Wenn nunmehr durch das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz eine für den früheren Einzelunternehmer bzw. ausscheidenden Gesellschafter eine großzügigere Rechtslage geschaffen worden sei, werde man jedoch den Kerngedanken der gesetzgeberischen Entscheidung auch auf die sog. Altfälle zur Auslegung heranziehen müssen.

Der Beklagte beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.12.1998 - 2 Ca 4074/97 - die Klage des Klägers abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.12.1998 - 2 Ca 4074/97 - zurückzuweisen.

Der Kläger schließt sich den Ausführungen des angefochtenen Urteils an und macht sich diese zu eigen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in beiden Rechtszügen wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Duisburg vom 17.12.1998 - 2 Ca 4074/97 - ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 ArbGG) sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§§ 518 Abs. 1 und 2 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG) und begründet worden (§§ 519 Abs. 2 und 3 ZPO, 66 Abs. 1 ArbGG).

II.

In der Sache selbst konnte die Berufung des Beklagten keinen Erfolg haben, weil das Arbeitsgericht mit zutreffenden Erwägungen, denen sich die Berufungskammer weitgehend anschließt, zu der beantragten Verurteilung des Beklagten gelangt ist.

1. Der Kläger ist berechtigt, von dem Beklagten beginnend mit dem 30.03.1997 eine monatliche Rente von 1.000,-- DM zu verlangen. Rechtsgrundlage dafür bilden die Zusagen des Beklagten vom 09.04.1965 und vom 31.12.1980.

2. Die Haftung des Beklagten ist nicht dadurch entfallen, daß er das Einzelunternehmen im März 1987 in die neu gegründete GmbH & Co. KG eingebracht hat und aus dieser zum 30.06.1991 als Kommanditist und auch als Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementärin ausgeschieden ist. Der Beklagte hat das dem Kläger gegebene Versorgungsversprechen unabhängig davon zu erfüllen, daß er zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens seit mehr als fünf Jahren aus den Gesellschaften vollständig ausgeschieden war und ihre Geschicke nicht mehr zu beeinflussen vermochte. a) Als der Beklagte zum 30.06.1991 aus der H.erma V.erlo GmbH & Co. KG als Kommanditist und auch als Gesellschafter und Geschäftsführer der Verwaltungsgesellschaft mbH unter Übertragung seines Gesellschaftsanteils an der Komplementär GmbH und seines Kommanditanteils auf den damaligen Mitgesellschafter ausgeschieden war, galt die alte Fassung des § 28 HGB, die erst am 26.03.1994 durch das Gesetz zur zeitlichen Begrenzung der Nachhaftung von Gesellschaftern (Nachhaftungsbegrenzungsgesetz) geändert worden ist. Danach war die Haftung des Beklagten für die dem Kläger gegenüber bestehende Pensionszusage nicht dadurch erloschen, daß er sein Einzelunternehmen im Jahre 1987 in die neu gegründete GmbH & Co. KG einbrachte. Tritt jemand als Gesellschafter in das Geschäft eines Einzelhandelskaufmanns ein, so haftet die Gesellschaft gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 HGB a. F. für alle im Betriebe des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers. Damit wird die Gesellschaft zusätzlich neben dem bisherigen Geschäftsinhaber Schuldnerin der bestehenden Geschäftsverbindlichkeiten. Der bisherige Geschäftsinhaber wird dadurch nicht freigestellt. Er haftet unbeschränkt weiter. Bisheriger Geschäftsinhaber und Gesellschaft werden Gesamtschuldner (BAG 23.01.1990 ­ 3 AZR 171/88 ­ DB 1990, 1466 = NZA 1990, 685 = BB 1990, 2412).

b) Die Einbringung des Einzelunternehmens des Beklagten in die GmbH & Co. KG hat keine befreiende Schuldübernahme nach §§ 414, 415 BGB ausgelöst. Eine befreiende Schuldübernahme setzt nach § 415 Abs. 1 S. 1 BGB eine Genehmigung des Gläubigers voraus. Diese hat der Kläger nicht erteilt. Sie liegt insbesondere nicht in der bloßen Entgegennahme der von der KG gezahlten monatlichen Betriebsrente, worauf das Arbeitsgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BAG bereits zutreffend hingewiesen hat (BAG 28.02.1989 ­ 3 AZR 29/88 ­ AP Nr. 20 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen; BAG 28.05.1996 ­ 3 AZR 131/95 ­ n. v.; BAG 24.03.1998 - 9 AZR 41/97 - ).

3. Die Einbringung des Einzelunternehmens des Beklagten in die H.erma V.erlo GmbH & Co. KG im Januar 1987 hat das Ruhestandsverhältnis des Klägers, der im Jahre 1986 wegen Erreichens der Altersgrenze aus dem Einzelunternehmen ausgeschieden war, zu dem Beklagten unberührt gelassen. Bei einem Betriebsübergang werden nämlich nach § 613 a Abs. 1 S. 1 BGB nur die noch bestehenden Arbeitsverhältnisse, nicht aber die Rechtsverhältnisse der Betriebsrentner von dem dort geregelten Wechsel des Arbeitgebers erfaßt (BAG 24.03.1998 ­ 9 AZR 57/97 ­ DB 1998, 2426 = ZIP 1998, 1973 m. w. N.; vgl. auch die Parallelentscheidung BAG 24.03.1998 - 9 AZR 41/97 - ).

4. Ebensowenig kommt dem Beklagten die mit dem Nachhaftungsbegrenzungsgesetz vom 18.03.1994 (BGBl I S. 560) eingeführte Enthaftung des früheren Geschäftsinhabers für Geschäftsverbindlichkeiten, die nach Ablauf von fünf Jahren fällig werden (§§ 28 Abs. 3, 26 Abs. 1 HGB n. F.), zugute. Gemäß Art. 37 Abs. 1 S. 1 EGHGB sind die §§ 26 und 28 Abs. 3 HGB in der ab dem 26.03.1994 geltenden Fassung auf vor diesem Datum entstandene Verbindlichkeiten nur dann anzuwenden, wenn nach dem 26.03.1994 der neue Inhaber oder die Gesellschaft eingetragen wird oder die Kundmachung der Übernahme stattfindet und die Verbindlichkeiten nicht später als vier Jahre nach der Eintragung oder der Kundmachung fällig werden. Da die Eintragung der GmbH & Co. KG ausweislich des vorgelegten Handelsregisterauszuges bereits im Jahre 1988 erfolgt ist, kommt schon deswegen eine Anwendung des Art. 37 Abs. 1 S. 1 EGHGB nicht in Betracht.

Der Beklagte vermag sich auch nicht auf die Sonderregelung des § 37 Abs. 2 EGHGB für Arbeitsverhältnisse zu berufen. § 37 Abs. 2 EGHGB bezieht sich lediglich auf Verbindlichkeiten aus fortbestehenden Arbeitsverhältnissen. Darunter lassen sich Ruhegeldverbindlichkeiten nicht subsumieren. Wie bereits oben näher begründet worden ist, findet auch auf die Einbringung eines Unternehmens in eine zu diesem Zweck neu gegründete KG § 613 a BGB Anwendung. Dies hat zur Konsequenz, daß lediglich für Arbeitsverhältnisse eine für den Erwerber zwingende Vertragsüberleitung erfolgt, dies jedoch nicht für Ruhestandsverhältnisse gilt. Da gerade die Nachhaftung für Ruhegeldansprüche für das neue Nachhaftungsbegrenzungsgesetz bedeutsam gewesen ist, dem Gesetzgeber jedoch im Hinblick auf § 28 HGB bekannt sein mußte, daß nur die Arbeitsverhältnisse aktiver Arbeitnehmer gemäß § 613 a Abs. 1 BGB übergehen, muß davon ausgegangen werden, daß der Gesetzgeber die Nachhaftungsbegrenzung auf Ansprüche aktiver Arbeitnehmer einschränken wollte. Angesichts des völlig eindeutigen Wortlaut des Gesetzes kann nicht von einer planwidrigen Lücke in Art. 37 Abs. 2 EGHGB ausgegangen werden, wenn auch die Notwendigkeit der Enthaftung in Bezug auf Ruhegeldansprüche einen wesentlichen Gesichtspunkt für das Nachhaftungsbegrenzungsgesetz gebildet hat (vgl. dazu näher Reichold NJW 1994, 1617 ff.). Wäre Art. 37 Abs. 2 EGHGB auch auf Ruhegeldansprüche anwendbar, führte dies zu der sozialpolitisch kaum vertretbaren Konsequenz, daß die betroffenen Betriebsrentner ihren Insolvenzschutz aus § 7 BetrAVG verlören. Arbeitgeber im Sinne des Insolvenzschutzes für bestehende Ruhegeldverbindlichkeiten ist nämlich nicht die zum Zwecke der Einbringung eines Unternehmens neu gegründete KG, sondern der frühere Arbeitgeber, unabhängig davon, daß die KG neben dem früheren Arbeitgeber für die Versorgungsverbindlichkeiten aufgrund des § 28 HGB haftet. Kommt es ­ wie im vorliegenden Fall ­ zum Konkurs der KG, müßte der Pensionssicherungsverein nicht eintreten, weil die KG nicht Arbeitgeber des im Ruhestand befindlichen Arbeitnehmers geworden ist, und der Arbeitgeber im Sinne des Insolvenzschutzes könnte seine Einstandspflicht über die Nachhaftungsbegrenzung abschütteln. Dies wäre eine völlig verfehlte Konsequenz des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes, die durch eine teleologische Reduktion auch in anderen Fällen der Nachhaftungsbegrenzung korrigiert werden müßte.

5. Schließlich haben die vom Beklagten auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BGH vorgetragenen Argumente für eine Enthaftung keine durchschlagende Kraft. In seiner Grundsatzentscheidung (BGHZ 87, 286 = NJW 1983, 2254 = AP Nr. 5 zu § 128 HGB) hatte der BGH anerkannt, daß § 159 Abs. 3 HGB a. F. für Dauerschuldverhältnisse eine verdeckte Regelungslücke enthalte und dahingehend zu berichtigen sei, daß nach Ablauf von fünf Jahren die fällig werdenden Ansprüche der Haftung des Ausgeschiedenen nicht mehr unterliegen. Diese Rechtsfortbildung betraf unkündbare Dauerschuldverhältnisse wie die im Streitfall eingeklagten Ruhegeldverbindlichkeiten. Allerdings wollten der BGH (AP Nr. 1 zu § 159 HGB) und das BAG (AP Nr. 10 zu § 161 HGB) die Haftungsbegrenzung bei Dauerschuldverbindlichkeiten nicht akzeptieren, wenn der ausgeschiedene persönlich haftende Gesellschafter die Geschicke der KG weiter bestimmen kann. Auch für die Nachhaftung des Einzelkaufmanns, der sein Unternehmen veräußert oder im Wege der Sachgründung in eine Gesellschaft einbringt, wollte das BAG eine Enthaftung des Firmenveräußerers jedenfalls für Ruhegeldverbindlichkeiten nicht anerkennen, weil Versorgungsschulden aufgrund von § 26 HGB a. F. entgegen § 613 a Abs. 1 BGB nicht auf den Betriebserwerber übergingen (BAG AP Nr. 1 zu § 26 HGB; BAG AP Nr. 64 zu § 7 BetrAVG = NZA 1991, 555, 557), was auch für den in § 28 HGB geregelten Fall der Umwandlung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine GmbH & Co. KG gilt (BAG NZA 1990, 685 = AP Nr. 56 zu § 7 BetrAVG = DB 1990, 466).

Richtig ist an der Argumentation des Beklagten, daß er zum Zeitpunkt seiner Inanspruchnahme aus der ursprünglichen Pensionsverpflichtung bereits sieben Jahre aus dem in Konkurs gefallenen Unternehmen ausgeschieden war und damit außerstande gewesen ist, auf die Geschicke des Unternehmens Einfluß nehmen zu können. Dies ist jedoch nicht entscheidend. Wie auch die Neufassung des § 159 HGB auf der Grundlage des Nachhaftungsbegrenzungsgesetzes verdeutlicht, wird die Enthaftungsregelung nicht auf die Auflösung der Gesellschaft erstreckt, weil den Gläubigern in diesem Fall die Gesellschaft selbst als Haftungssubjekt nicht mehr zur Verfügung steht (BT- Drucksache 12/1868, 7). Die Enthaftungslösungen der zuvor zitierten Rechtsprechung bezogen sich auf den Ausscheidens- und nicht auf den Auflösungstatbestand. Für Ruhegeldverbindlichkeiten kann daher der Pensionssicherungsverein im Falle der Auflösung der Gesellschaft auch über die Fünf-Jahres-Frist hinaus gemäß § 9 Abs. 2 BetrAVG die ehemaligen Gesellschafter in Anspruch nehmen. Im Lichte dieser Bewertung müssen auch die §§ 26 und 28 HGB in ihrer heutigen Fassung interpretiert werden. Eine Enthaftung des früheren Geschäftsinhabers für Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung kann lediglich für aktive Arbeitsverhältnisse erfolgen, die auf den neuen Betriebsinhaber gemäß § 613 a Abs. 1 BGB übergehen. Der neue Betriebsinhaber wird Arbeitgeber, so daß die Ruhegeldverpflichtungen gemäß § 7 BetrAVG insolvenzgeschützt sind. Anders ist jedoch für Fälle der vorliegenden Art zu entscheiden, weil bei Ruhestandsverhältnissen die Arbeitgeberstellung nach § 613 a Abs. 1 BGB nicht wechselt und damit der besonders schutzwürdige Rentner, der bereits die vollständige Gegenleistung erbracht hat, mit leeren Händen darstünde, wenn der bisherige Arbeitgeber nicht mehr haftete und der Pensionssicherungsverein im Falle des Konkurses des Übernehmers nicht eintreten müßte, weil dieser nicht Arbeitgeber geworden ist. Damit erledigt sich auch gleichzeitig der in der mündlichen Verhandlung vom Beklagten vorgetragene Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Fälle der Veräußerung und Einbringung keine unterschiedliche Behandlung erfahren, soweit es um Betriebsrentenansprüche bereits ausgeschiedener Arbeitnehmer geht.

III.

Die Kosten des ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels waren gemäß § 97 ZPO dem Beklagten aufzuerlegen.

IV.

Für den Kläger ist gegen diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kein Rechtsmittel gegeben. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Berufungskammer die Revision an das Bundesarbeitsgericht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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