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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Urteil verkündet am 31.08.2007
Aktenzeichen: 9 Sa 685/07
Rechtsgebiete: TzBfG, BErzGG, BGB


Vorschriften:

TzBfG § 14
BErzGG § 21
BErzGG § 16
BGB § 157
1. Wird im Rahmen eines zeitbefristeten Arbeitsvertrages vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis bei Dienstaufnahme der Stelleninhaberin endet und kehrt diese nach Ablauf der Befristung wegen Gewährung von Sonderurlaub nicht an ihren Arbeitsplatz zurück, ist eine nachträgliche Regelungslücke entstanden, die im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen ist (im Anschluss an BAG v. 26.06.1996, NZA 1997, S. 200).

2. Die vereinbarte Zeitbefristung ist unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei Kenntnis des Umstandes, dass die Stelleninhaberin Sonderurlaub beantragt und ihr dieser gewährt wird, der zur Vertretung beschäftigten Arbeitnehmerin eine Befristung bis zum Ablauf des Sonderurlaubs angeboten hätte.


LANDESARBEITSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

9 Sa 685/07

Verkündet am 31. August 2007

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf auf die mündliche Verhandlung vom 31.08.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Heinlein als Vorsitzende sowie den ehrenamtlichen Richter Thivessen und den ehrenamtlichen Richter Foitlinski

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Arbeitsgerichts Mönchengladbach vom 21.03.2007 - 2 Ca 3803/06 - wird abgeändert:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht zum 11.01.2007 beendet ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Befristung ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin (geb. am 09.05.1948, verheiratet) war seit dem 06.03.1997 in mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen bei der beklagten Stadt als Sekretärin beschäftigt.

Am 20.02.2004 schlossen die Parteien einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag. Darin heißt es u.a.:

"§ 1

Die Arbeitnehmerin wird ab 09.03.2004 als Angestellte befristet nach § 21 Bundeserziehungsgeldgesetz (BerzGG) in der jeweils geltenden Fassung für die Dauer der Elternzeit der Stelleninhaberin der Stelle 40 25 0200 090 (Schulsekretärin/Bürokraft, Kath. HS O.) in der Tätigkeit als Schulsekretärin bis zum 11.01.2006 eingestellt. Die Übertragung anderer Tätigkeiten bleibt vorbehalten.

Die Beschäftigung erfolgt in Mönchengladbach. Die tariflichen Vorschriften über die Versetzung, Abordnung und Zuweisung bleiben unberührt.

§ 2

...

Ungeachtet der in Nr. 7 SR 2y BAT enthaltenen Regelungen kann das Arbeitsverhältnis nach § 21 Abs. 4 BerzGG gekündigt werden.

§ 5

Die regelmäßige Arbeitszeit beträgt ausschließlich der Pausen durchschnittlich 29,0 Stunden wöchentlich."

Die in § 1 des Arbeitsvertrages genannte Stelleninhaberin ist Frau T. L., der vom 09.03.2004 bis 11.01.2006 Elternzeit bewilligt worden war. Nach Beantragung und Bewilligung eines dritten Jahres Elternzeit für Frau L. teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.05.2005 Folgendes mit:

"Ihr Arbeitsverhältnis wird über den 11.01.2006 hinaus befristet fortgesetzt, und zwar längstens bis 11.01.2007.

Das Beschäftigungsverhältnis endet, ohne dass es der Einhaltung einer Frist, einer Kündigung oder einer besonderen schriftlichen Benachrichtigung bedarf, bei Eintritt des folgenden Ereignisses:

Dienstaufnahme der Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 (Schulsekretärin/Bürokraft, Kath. HS O.) nach Elternzeit.

Im übrigen treten in Ihrem befristeten Arbeitsverhältnis keine Änderungen ein."

Die Klägerin erklärte am 31.05.2005, sie sei mit dieser Änderung ihres Arbeitsvertrages einverstanden.

Mit Schreiben vom 17.07.2006 beantragte Frau T. L. unbezahlten Urlaub vom 12.01.2007 bis 11.01.2010, der ihr bewilligt wurde.

Mit Schreiben vom 26.10.2006 teilte die Beklagte der Klägerin mit, vereinbarungsgemäß laufe das befristet abgeschlossene Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Elternzeit der von der Klägerin vertretenen Kraft zum 11.01.2007 aus.

Die Mitarbeiterin Frau I.-I., die geschieden und alleinerziehende Mutter ist und nach Rückkehr aus der Elternzeit ab dem 29.11.2002 zunächst mit 17 Wochenstunden und ab dem 15.09.2003 mit 19 Wochenstunden als Schulsekretärin bei der Beklagten beschäftigt war, hatte im Juni 2004 einen Antrag auf Umsetzung und Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit gestellt. Mit Schreiben vom 02.11.2006 teilte der zuständige Fachbereich dem Personalamt der Beklagten mit, die Stelle der Schulsekretärin/Bürokraft an der Katholischen Hauptschule O. solle ab dem 12.01.2007 endgültig mit einer Festbeschäftigten wiederbesetzt werden und schlug hierfür die Mitarbeiterin Frau I.-I. vor.

Entsprechend geschah dies bei gleichzeitiger Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit dieser Mitarbeiterin.

Mit einem am 15.12.2006 bei dem Arbeitsgericht Mönchengladbach eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin Klage erhoben und geltend gemacht, ein sachlicher Grund für eine Befristung sei nicht gegeben. Es treffe nicht zu, dass die Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 den Dienst nach Elternzeit wieder aufgenommen habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht zum 11.01.2007 beendet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat die Klage durch Urteil vom 21.03.2007, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, abgewiesen.

Gegen das ihr am 02.04.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit einem am 18.04.2007 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.

Sie macht geltend, sie habe davon ausgehen dürfen, dass nach der Gewährung von unbezahltem Urlaub an die Stelleninhaberin ihr Arbeitsverhältnis über die Befristung zum 11.01.2007 hinausgehend fortgesetzt werde. Sie wäre auch an einer befristeten Verlängerung bis zum Ablauf des 11.01.2010 interessiert gewesen, da sie anschließend Altersruhegeld in Anspruch nehmen könne.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des am 21.03.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Mönchengladbach, AZ 2 Ca 3803/06, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht zum 11.01.2007 beendet ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, den im Verlängerungsschreiben vom 12.05.2005 enthaltenen Hinweis, dass das Beschäftigungsverhältnis bei Dienstaufnahme der Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 nach Elternzeit ende, habe die Klägerin so auslegen müssen, dass eine Beendigung vor Ablauf des 11.01.2007 für den Fall eintreten solle, dass die beurlaubte Arbeitnehmerin vor Ablauf des 11.01.2007 ihren Dienst nach Elternzeit wieder aufnehmen würde. Nach einer Haushaltsauflage der zuständigen Bezirksregierung müsse sie, die Beklagte, bei jeder Stellenbesetzung zunächst prüfen, ob die Stelle mit einer Stammkraft besetzt werden könne. Weil Frau I.-I. geschieden und alleinerziehende Mutter sei, habe sie sich entschlossen, die Stelle 40 25 0200 090 mit dieser Mitarbeiterin zu besetzen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze und den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig (§§ 64 Abs. 1, Abs. 2 b und c, 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 Abs. 3 ZPO) und begründet.

Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien hat aufgrund der zuletzt vereinbarten Befristung nicht am 11.01.2007 geendet. Die Feststellungsklage ist daher begründet.

1. Es handelt sich um eine Befristungskontrollklage nach § 17 S. 1 TzBfG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die Befristungskontrollklage schon vor Ablauf der vereinbarten Frist erhoben werden (BAG, Urteil vom 13.10.2004, AP Nr. 13 zu § 14 TzBfG m.w.N.). Die Dreiwochenfrist zur Klageerhebung hat die Klägerin damit eingehalten.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen im Rahmen der Befristungskontrollklage grundsätzlich nur die Befristung des letzten Vertrages auf ihre sachliche Rechtfertigung hin zu prüfen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Parteien bei Abschluss des letzten Vertrags einen entsprechenden Vorbehalt vereinbart haben oder wenn es sich bei dem letzten Vertrag um einen unselbständigen Anex zum vorherigen Vertrag handelt, mit dem das bisherige befristete Arbeitsverhältnis nur hinsichtlich seines Endzeitpunkts modifiziert werden sollte (BAG, Urteil vom 15.02.1995, AP Nr. 166 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag). Zur Annahme eines entsprechenden Parteiwillens reicht es nicht aus, dass der letzte und der vorletzte Vertrag in den Vertragsbedingungen übereinstimmen und auch die zu erfüllende Arbeitsaufgabe die gleiche bleibt. Es müssen vielmehr besondere Umstände hinzukommen. Diese liegen etwa vor, wenn der Anschlussvertrag lediglich eine verhältnismäßig geringfügige Korrektur des im früheren Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts betrifft, diese Korrektur sich am Sachgrund der Befristung des früheren Vertrags orientiert und allein in der Anpassung der ursprünglich vereinbarten Vertragszeit an später eintretende, zum Zeitpunkt des vorangegangenen Vertragsabschlusses nicht vorhersehbare Umstände, besteht. Es darf den Parteien nur darum gegangen sein, die Laufzeit des alten Vertrags mit dem Sachgrund der Befristung in Einklang zu bringen (BAG, Urteil vom 13.10.2004, a.a.O., m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Parteien haben mit dem Verlängerungsvertrag vom 12.05./31.05.2005 eine weitere Befristung von einem Jahr vereinbart. Das ist nicht mehr eine nur geringfügige Korrektur des im vorangegangenen Vertrag vereinbarten Endzeitpunkts (BAG, Urteil vom 13.10.2004, a.a.O.).

3. Zur Zeit der Vereinbarung der Befristung durch den Verlängerungsvertrag vom 12.05./31.05.2005 war diese nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG und § 21 Abs. 1 BerzGG durch den Sachgrund der Vertretung gerechtfertigt, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat. Die Berufungskammer folgt insoweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung (§ 69 Abs. 2 ArbGG). Auch die Klägerin geht offenbar davon aus, dass zur Zeit der Vereinbarung der letzten Befristung der Sachgrund der Vertretung vorlag, da sie die diesbezüglichen Ausführungen des erstinstanzlichen Gerichts nicht angegriffen hat.

4. Die Befristung führt dennoch nicht zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 11.01.2007, da eine ergänzende Auslegung des Verlängerungsvertrages vom 12.05./31.05.2005 notwendig ist und diese dazu führt, dass die Parteien nach Treu und Glauben das Arbeitsverhältnis nicht bis zum 11.01.2007 befristet hätten, wenn ihnen zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses bekannt gewesen wäre, dass die Mitarbeiterin L. ihre Arbeitsleistung nach Ablauf ihrer Elternzeit am 11.01.2007 nicht wieder aufnimmt.

a) Die Parteien haben entgegen der Ansicht der Beklagten nicht vereinbart, dass das Arbeitsverhältnis über den 11.01.2006 hinaus bis zum 11.01.2007 fortgesetzt wird, es jedoch vorzeitig endet, wenn die Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090, also Frau L., ihren Dienst vorzeitig wieder aufnimmt. Dafür spricht schon nicht der Wortlaut, denn das Schreiben der Beklagten vom 12.05.2005 enthält keine Zusätze, etwa das Wort "auch" oder das Wort "vorzeitig", die auf einen entsprechenden Willen der Beklagten hindeuten würden. Die Beklagte hatte an einer solchen Befristung auch kein Interesse. Nach § 16 Abs. 3 i.V.m. § 16 Abs. 4 BErzGG endet die Elternzeit vorzeitig spätestens drei Wochen nach dem Tod des Kindes. In diesem Fall kann der Arbeitgeber den zur Vertretung abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag nach § 21 Abs. 4 S. 1 BErzGG unter Einhaltung einer Frist von mindestens drei Wochen zum Ende der Elternzeit kündigen. Gleiches gilt nach § 21 Abs. 4 S. 2 BErzGG, wenn der Arbeitgeber seine grundsätzlich erforderliche Zustimmung zum vorzeitigen Ende der Elternzeit nach § 16 Abs. 3 S. 2 BErzGG nicht verweigern darf. Es bedarf daher keiner Vereinbarung einer Befristung für den Fall, dass der Erziehungsurlaub vorzeitig endet. Der Beklagten war dies auch bekannt, denn in § 2 des befristeten Arbeitsvertrages vom 20.02.2004, der nach der Vereinbarung vom 12.05./31.05.2005 auch im Rahmen der letzten Verlängerungsvereinbarung Anwendung findet, wird auf das Recht der Kündigung nach § 21 Abs. 4 BerzGG ausdrücklich hingewiesen.

Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin nur für den Fall vereinbaren wollte, dass die Inhaberin der Stelle ihren Dienst mit Zustimmung der Beklagten vorzeitig wieder aufnimmt, sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat dies auch nicht behauptet.

b) Die Vereinbarung der Parteien über die Dauer der Befristung und das Ende des Arbeitsverhältnisses enthält somit keine doppelte Befristung, nämlich einerseits eine Zweckbefristung und andererseits eine Zeitbefristung, sondern lediglich eine Zeitbefristung bis zum 11.01.2007. Soweit es im Schreiben der Beklagten vom 12.05.2005 nach dem ersten Absatz heißt, das Beschäftigungsverhältnis ende bei Dienstaufnahme der Stelleninhaberin nach Elternzeit, liegt darin lediglich eine Erläuterung des Grundes und der Dauer der Befristung. Die weitere Elternzeit der Mitarbeiterin L. war bis zum 11.01.2007 beantragt und bewilligt. Die Beklagte wollte daher in ihrem Schreiben zum Ausdruck bringen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien am 11.01.2007 endet, weil dann der der Befristung zugrundeliegende Vertretungsbedarf entfallen würde. Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht nicht nur der Gesichtspunkt, dass die Erklärungen der Beklagten nur so mit dem Wortlaut in Einklang zu bringen sind und einen Sinn ergeben, sondern auch der Umstand, dass die Beklagte auch nach § 1 des Arbeitsvertrages vom 20.02.2004 eine Befristung bis zu einem bestimmten Tag und zugleich für die Dauer der Elternzeit der Stelleninhaberin vereinbart hat.

c) Damit mussten die Erklärungen der Beklagten aus der Sicht der Klägerin so verstanden werden, dass Frau L. am 12.01.2007 wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt und deshalb das Arbeitsverhältnis der Klägerin längstens bis zum 11.01.2007 fortgesetzt wird. Der vereinbarte Beendigungstatbestand - Dienstaufnahme der Inhaberin der Stelle 40 25 0200 090 nach Elternzeit nach Ablauf des 11.01.2007 - ist jedoch wider Erwarten nicht eingetreten. Dadurch ergibt sich die Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung. Da die Parteien nicht bedacht haben, welche Folge für den Bestand des Arbeitsverhältnisses eintritt, wenn die Stelleninhaberin ihren Dienst nach Ablauf des 11.01.2007 nicht wieder aufnimmt, ist nachträglich eine Regelungslücke entstanden, die unter Berücksichtigung des hypothetischen Parteiwillens zu schließen ist. Es ist darauf abzustellen, was die Parteien bei angemessener Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den nicht geregelten Fall bedacht hätten (BAG, Urteil vom 26.06.1996, NZA 1997, S. 200).

Im Streitfall heißt dies, ob die Parteien, wenn sie zur Zeit der letzten Vertragsverlängerung gewusst hätten, dass Frau L. für die Zeit nach dem 11.01.2007 bis zum 11.01.2010 Sonderurlaub gewährt wird, vereinbart hätten, dass ihr Arbeitsverhältnis unbefristet fortgesetzt wird, ob sie vereinbart hätten, dass die Befristung am 11.01.2010 abläuft, oder ob sie auch in diesem Fall vereinbart hätten, dass das Arbeitsverhältnis nur bis zum 11.01.2007 dauert. Um dies feststellen zu können, sind die maßgeblichen Interessen der Parteien zu ermitteln und gegeneinander abzuwägen (BAG, Urteil vom 26.06.1996, a.a.O.).

Danach ergibt sich, dass die Parteien als redliche Vertragspartner nach Treu und Glauben nicht vereinbart hätten, das Arbeitsverhältnis solle am 11.01.2007 enden. Denn die Beklagte hat keine Gesichtspunkte vorgetragen, die dafür sprechen, dass sie der Klägerin nur eine Befristung bis zum 11.01.2007 angeboten hätte, wenn ihr der Umstand des Sonderurlaubs der Mitarbeiterin L. bekannt gewesen wäre. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die sozialen Gründe, die die Beklagte später bewogen haben, die Stelle mit Frau I.-I. zu besetzen, schon bei Abschluss der letzten Verlängerungsvereinbarung vorlagen, und Frau I.-I. auch schon zu einem früheren Zeitpunkt eine Erhöhung ihrer Arbeitszeit und eine Umsetzung beantragt hatte. Hat die Beklagte diese Gründe zur Zeit der letzten Verlängerungsvereinbarung mit der Klägerin aber nicht zum Anlass genommen, die Stelle mit Frau I.-I. zu besetzen, und hat sie statt dessen mit der Klägerin eine weitere befristete Verlängerung ihres Arbeitsverhältnisses vereinbart, kann auch nicht angenommen werden, dass die Beklagte zur Zeit der letzten Verlängerungsvereinbarung die Stelle mit Frau I.-I. besetzt hätte, wenn ihr zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen wäre, dass die Stelleninhaberin L. Sonderurlaub bis zum 11.01.2010 erhält.

Nichts anderes gilt für den weiteren Vortrag der Beklagten, sie müsse nach einer Haushaltsauflage der Bezirksregierung Stellen vorrangig mit Stammkräften besetzen. Denn zur Zeit des Abschlusses der letzten Verlängerungsvereinbarung mit der Klägerin hat die Beklagte die Stelle der Mitarbeiterin L. nicht mit Frau I.-I. besetzt, obwohl diese schon vorher die Umsetzung und Erhöhung ihrer Arbeitszeit beantragt hatte. Das Verhalten der Beklagten zu dem Zeitpunkt, zu dem ihr hypothetischer Parteiwille festzustellen ist, spricht daher dagegen, dass sie die Verlängerungsvereinbarung auch bei Kenntnis der nachfolgenden Entwicklung nur bis zum 11.01.2007 befristet hätte.

Andererseits hätte die Beklagte mit der Klägerin auch keinen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen, weil die Mitarbeiterin L. zu ihr weiterhin in einem Arbeitsverhältnis steht. Sie hätte der Klägerin aber eine Befristung bis zum Ende des Sonderurlaubs der Mitarbeiterin L. angeboten. Diese hätte ein entsprechendes Angebot auch angenommen, da sie im Jahr 2010 das 62. Lebensjahr vollendet und Altersrente beziehen kann, während sie am 11.01.2007 die Voraussetzungen für den Bezug einer Altersrente noch nicht erfüllt hat.

5. Als unterliegende Partei hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen (§§ 64 Abs. 6 ArbGG, 525, 91 Abs. 1 ZPO).

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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