Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Urteil verkündet am 29.07.2004
Aktenzeichen: 1 Sa 12/04
Rechtsgebiete: MTV, BGB, NachwG, TzBfG, ArbGG, ZPO, KSchG, BeschfG, AGBG


Vorschriften:

MTV § 14
MTV § 14 Ziff. 8
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 306 Abs. 2
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB § 307 Abs. 1 S. 1
BGB § 308 Ziff. 4
BGB § 310 Abs. 3
BGB § 310 Abs. 4 S. 2
BGB § 620
BGB § 623
NachwG § 2
NachwG § 2 Abs. 1 Nr. 3
NachwG § 2 Abs. 3
NachwG § 4
TzBfG § 14 Abs. 4
TzBfG § 17
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2 b)
ArbGG § 64 Abs. 2 c)
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66
ZPO §§ 519 ff.
KSchG § 7
BeschfG § 1
BeschfG § 1 Abs. 5
AGBG § 3
Für eine Altersbefristung liegt ein Sachgrund vor, wenn der Arbeitnehmer bei Überschreiten der Altersgrenze wirtschaftlich abgesichert ist. Eine solche Absicherung leistet ein berufsständisches Versorgungswerk, an das Beiträge gezahlt worden sind, die denen für die gesetzliche Rentenversicherung entsprechen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2003 - 15 Ca 85/03 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Beendigung des zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnisses aufgrund der Erreichung einer Altersgrenze.

Der Kläger, der im April 2003 das 65. Lebensjahr vollendete, ist auf Grundlage des schriftlichen Arbeitsvertrags vom 17. Oktober 1990 (xxx) seit dem 01. Juli 1991 bei der Beklagten als Reporter der Zeitschrift S. mit Sitz in W. beschäftigt. Der Kläger erzielte ein durchschnittliches monatliches Bruttoeinkommen von zuletzt 11.530,- Euro zzgl. einer Auslandszulage.

Im Arbeitsvertrag des Klägers, den dieser 1990 in W. unterzeichnete, heißt es u. a.:

"4. Diese Vereinbarung ist beiderseits mit einer Frist von sechs Monaten jeweils auf das Ende eines Kalenderhalbjahres kündbar, erstmals zum 30. Juni 1996.

5. Alle in diesem Vertrag nicht ausdrücklich geregelten Belange des Arbeitsverhältnisses verstehen sich nach dem Hausbrauch des S.-Verlags in der jeweils gültigen Fassung.

6. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform."

In dem Hausbrauch - Fassung 1990 - heißt es u.a. (xxx):

"1.5.

Beendigung des Arbeitsverhältnisses: Für alle festangestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des S.-Verlags gilt, dass das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, am Ende des Monats endet, in dem eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter das gesetzliche Rentenalter erreicht.

...

1.7.1.

Redakteur ...

Für Redakteure gelten, soweit keine einzelvertraglichen Vereinbarungen und/oder der Hausbrauch des S.-Verlags keine günstigeren Regelungen vorsehen, folgende Tarifverträge in ihrer jeweils gültigen Fassung:

- Manteltarifvertrag für Redakteure an Zeitschriften (Anlage 1.1.). ... "

In der Inhaltsübersicht zum Hausbrauch heißt es u. a.:

"Hausbrauch des S.-Verlags

Inhaltsverzeichnis

1. Vorbemerkungen ...

1.5. Beendigung des Arbeitsverhältnisses"

Bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags in W. lag der Hausbrauch dem Kläger nicht vor. Der Hausbrauch ist zwischenzeitlich geändert worden. Die in Ziff. 1.5. geregelte Altersgrenze ist aber inhaltlich unverändert geblieben (xxx).

Auf der Grundlage des Hausbrauchs erhielt der Kläger in der Vergangenheit u. a. Sonderzahlungen und Erholungsurlaub.

In § 14 des Manteltarifvertrages für Redakteure an Zeitschriften heißt es u. a. (xxx):

"8. Das Anstellungsverhältnis endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, spätestens mit dem Ablauf des Monats, in dem die/der Redakteurin/Redakteur das 65. Lebensjahr vollendet (sozialversicherungsrechtliche Regelaltersgrenze). ..."

Der Kläger ist eine sog. "Edelfeder". Dies sind besonders herausragende Reporter des S, die ihre Artikel im S. mit ihrem vollen Namen zeichnen.

Die ebenfalls als sog. "Edelfedern" bei der Beklagten tätigen Mitarbeiter G. M., F. M., V. W. und J. L. beschäftigte die Beklagte - allerdings zu geänderten Vertragsbedingungen (xxx) - über deren 65. Lebensjahr hinaus fort.

Bereits 1964 beantragte der Kläger die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherung bei der BfA, was ihm auch bewilligt wurde. Seitdem ist er im Presseversorgungswerk rentenversichert. Die monatliche Beitragszahlung an das Presseversorgungswerk entspricht der Höhe nach dem Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung und wird jeweils zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen.

Im Januar 2003 ließ sich der Kläger die Versicherungssumme vom Presseversorgungswerk in einem Betrag entsprechend der dort bestehenden Möglichkeit auszahlen. Eine monatliche Altersrente erhält der Kläger daher nicht.

Mit Schreiben vom 15. Januar 2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 2003 ende. Hiergegen wendet sich der Kläger.

Der Kläger hat erstinstanzlich gemeint, sein Arbeitsverhältnis habe weder aufgrund der in Ziff. 1.5. des Hausbrauchs noch der in § 14 Ziff. 8 des Manteltarifvertrages für Redakteure an Zeitschriften geregelten Altersgrenze geendet. Er hat gemeint, sein Arbeitsvertrag enthalte ausweislich Ziffer 4. eine abschließende Regelung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so dass für eine Anwendung der entsprechenden Beendigungsregelungen im Hausbrauch kein Raum mehr verbleibe. Zumindest sei der Arbeitsvertrag diesbezüglich aber unklar, was gem. § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten der Beklagten gehe. Der Arbeitsvertrag sei nämlich eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB, was jedenfalls aus § 310 Abs. 3 BGB folge. Die Bezugnahme auf den Hausbrauch verstoße zudem gegen das in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages geregelte Schriftformgebot.

Der Hausbrauch sei auch schon deswegen nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden, weil die schlichte Bezugnahme auf den Hausbrauch in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages den Anforderungen des § 2 NachwG nicht genüge.

Die in Ziff. 1.5. des Hausbrauchs vorgesehene Altersgrenze sei zudem eine überraschende Klausel i. S. des § 305 c Abs. 1 BGB. Er, der Kläger, habe nicht damit rechnen müssen, dass der Hausbrauch über die ausdrücklichen Regelungen des Arbeitsvertrages hinaus Beendigungstatbestände enthalte. Auch sei die Beendigungsregelung in Ziff. 1.5 des Hausbrauchs an versteckter Stelle platziert. Üblicherweise befänden sich Beendigungsregelungen nämlich am Ende und nicht in der Mitte des jeweiligen Regelungswerkes.

Jedenfalls liege deshalb aber ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB vor.

Die Altersgrenzenregelung stelle auch eine unangemessene Benachteiligung des Klägers gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Auch sei der in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages enthaltene Verweis auf den Hausbrauch in der jeweils geltenden Fassung ein gem. § 308 Ziff. 4 BGB unzulässiger einseitiger Änderungsvorbehalt der Beklagten. Der Arbeitgeber könne den Hausbrauch nämlich einseitig ändern und damit auch einseitig die nach dem Hausbrauch zu erbringenden Leistungen ändern.

Die in Ziff. 1.5 des Hausbrauchs geregelte Altersgrenze verstoße zudem gegen das in § 14 Abs. 4 TzBfG geregelten Schriftformgebot.

Auch fehle es an einem sachlichen Grund für die Altersgrenze. Der Kläger verweist insofern auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit von Altersgrenzen. Er ist der Auffassung, dass nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Altersgrenzen nur dann zulässig seien, wenn der betroffenen Arbeitnehmer durch den Bezug einer gesetzlichen Altersrente wirtschaftlich abgesichert sei. Er, der Kläger, beziehe aber gerade keine gesetzliche Altersrente. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass seine Versorgung, wenn er 1964 in der BfA verblieben wäre, günstiger wäre als die, die er durch das Presseversorgungswerk nunmehr erhalte.

Jedenfalls müsse die Beklagte ihm auch aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten weiterbeschäftigen. Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte üblicherweise sog. "Edelfedern" über das 65. Lebensjahr hinaus weiterbeschäftige.

Mit seiner am 18. März 2003 beim Arbeitsgericht Hamburg eingegangenen Klage hat der Kläger erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht am 30. April 2003 sein Ende gefunden hat, sondern darüber hinaus unverändert fortbesteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger für das Urlaubsjahr 2003 weitere 20 Urlaubstage zu gewähren;

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für die Monate Mai und Juli 2003 je Euro 11.530,00 plus Auslandszulage in der jeweiligen Höhe nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweils 1. des Folgemonats zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat erstinstanzlich gemeint, ein Verstoß der Altersgrenzenregelung gegen die §§ 305 ff. BGB scheide schon deswegen aus, weil es sich bei dem Arbeitsvertrag als solchen um keine Allgemeine Geschäftsbedingung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB handele. Sie behauptet hierzu, der Kläger habe seinerzeit alle Arbeitsbedingungen individuell mit Herrn R. A. in W. ausgehandelt. Jedenfalls handele es sich bei der Altergrenze um eine arbeitsrechtliche Besonderheit, was gem. § 310 Abs. 4 S. 2 BGB maßgeblich zu berücksichtigen sei.

Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot gem. § 14 Abs. 4 TzBfG liege ebenfalls nicht vor, weil dieses nur Befristungen erfasse, die nach dem 1. Mai 2000 geschlossen worden seien.

Es liege auch ein Sachgrund für die Befristung vor. Der Kläger sei durch das Presseversorgungswerk im Altersfall wirtschaftlich hinreichend abgesichert. Allein dies sei entscheidend.

Auch ein Anspruch auf Weiterbeschäftigung des Klägers aus Gleichbehandlungsgrundsätzen bestehe nicht. Die Beklagte behauptet hierzu, nur in Sonderfällen habe sie "Edelfedern" mit Ablauf des 65. Lebensjahres zu geänderten Konditionen weiterbeschäftigt.

Das Arbeitsgericht hat mit dem Kläger am 10. Februar 2004 zugestellten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger gegen die Beendigung des Arbeitsvertrages aufgrund der Altersgrenze zwar rechtzeitig Entfristungsklage gem. § 17 TzBfG erhoben habe, in der Sache die Altergrenze aber wirksam sei. Das Arbeitsverhältnis habe daher mit Ablauf des 30. April 2003 geendet.

Das Arbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, dass der Arbeitsvertrag hinsichtlich seiner Beendigung keine abschließende Regelung enthalte und daher Ziff. 1.5 des Hausbrauchs nicht verdränge.

Ein Verstoß gegen die §§ 305 ff. BGB liege ebenfalls nicht vor. Der Hausbrauch sei wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden, denn der Verweis auf den Hausbrauch in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages genüge den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 NachwG. Ziff. 1.5 des Hausbrauchs sei auch keine überraschende Klausel. Altersgrenzen seien in arbeitsrechtlichen Regelungswerken üblich. Die Regelung als solche sei im Hausbrauch auch nicht versteckt angeordnet. Auch der vom Kläger angeführte Verstoß gegen § 308 Ziff. 4 BGB greife nicht, da die Altersgrenze seit 1990 unverändert geblieben sei.

Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot gem. § 14 Abs. 4 TzBfG liege deshalb nicht vor, weil diese Norm den 1990 geschlossenen Arbeitsvertrag zeitlich nicht erfasse. Auch liege ein Sachgrund für die Altersbefristung vor, weil der Kläger mit der Versorgung durch das Presseversorgungswerk wirtschaftlich hinreichend abgesichert sei.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger mit bei Gericht am 10. März 2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Antragsgemäß hat das Gericht dem Beklagten die Frist zur Begründung der Berufung durch Beschluss vom 5. April 2004 bis zum 10. Mai 2004 verlängert. Der Beklagte hat die Berufung mit am 10. Mai 2004 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Klägerwiederholt und vertieft zur Begründung der Berufung seine erstinstanzlichen Ausführungen. Er meint, das Arbeitsgericht habe die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Sachgrund für eine Altersbefristung nicht ausreichend berücksichtigt. Danach sei nämlich eine Altersversorgung durch eine berufsständische Versorgungseinrichtung gerade nicht ausreichend. Ausreichend sei allein eine Altersversorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung.

In der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 2004 hat der Kläger seinen Klagantrag zu 3.) hinsichtlich der Zahlung der Auslandszulage zurückgenommen. Die Beklagte hat sich hiermit einverstanden erklärt.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2003 - Az. 15 Ca 85/03 - abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen des Klägers mit der Maßgabe zu entscheiden, dass der Antrag auf Zahlung der Auslandszulage zurückgenommen wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamburg vom 4. Dezember 2003 - Az. 15 Ca 85/03 - ist zulässig. Sie ist gem. § 64 Abs. 1, 2 c), b) ArbGG statthaft und auch form- und fristgerecht gem. §§ 64 Abs. 6, 66 ArbGG, §§ 519 ff. ZPO eingelegt und begründet worden. Sie ist auch im Übrigen zulässig.

II. Die Berufung ist aber unbegründet. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.

1.) Die Klage ist zulässig. Das Feststellungsinteresse für den Klagantrag zu 1.) folgt schon aus der Fiktion der Rechtswirksamkeit der Befristung gem. § 17 TzBfG i. V. m. § 7 KSchG bei nicht rechtzeitiger Klagerhebung. Dabei ist es unerheblich, dass der Arbeitsvertrag bereits 1990 und damit vor Geltung des § 17 TzBfG bzw. dessen Vorgängernorm § 1 Abs. 5 BeschfG abgeschlossen wurde. § 17 TzBfG bzw. § 1 Abs. 5 BeschFG erfassten auch Altverträge, die vor dem 1. Oktober 1996 abgeschlossen wurden (BAG vom 20.1.1999, EzA § 1 BeschFG 1985 Klagfrist Nr. 1).

Auch die in der mündlichen Verhandlung erklärte teilweise Klagrücknahme war zulässig, weil die Beklagte der Rücknahme zugestimmt hat (§ 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 525, 269 Abs. 1 ZPO).

2.) Die Klage ist aber unbegründet. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund der in Ziff. 1.5 des Hausbrauchs enthaltenen Altersgrenze zum 30. April 2003. Ziff. 1.5 des Hausbrauchs findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung (a.). Die in Ziff. 1.5 enthaltene Altersgrenze verstößt nicht gegen befristungsrechtliche Regelungen (b). Auch einer Inhaltskontrolle gem. §§ 305 ff. BGB hält die Altersgrenze stand (c). Ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus ergibt sich schließlich nicht auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (d).

a.) Ziff. 1.5 des Hausbrauchs findet auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.

aa) Der Arbeitsvertrag enthält hinsichtlich seiner Beendigung keine den Hausbrauch verdrängende abschließende Regelung. Der Arbeitsvertrag enthält in Ziff. 4 allein einen Kündigungsausschluss für die ersten fünf Jahre des Arbeitsverhältnisses und die Regelung einer Kündigungsfrist. Damit wollten die Arbeitsvertragsparteien aber ersichtlich keine abschließende Regelung hinsichtlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses schaffen. Hierzu hätte es zumindest eines entsprechenden ausdrücklichen Hinweises im Vertragstext bedurft.

bb) Auch aus § 305 c Abs. 2 BGB folgt nichts anderes. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrag um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB handelt.

Für die Anwendung der Unklarheitenregelung gem. § 305 c Abs. 2 BGB genügt nämlich nicht, dass allein Streit über die zutreffende Auslegung einer Klausel besteht. Voraussetzung ist vielmehr, dass nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel verbleibt und mindestens zwei Auslegungen vertretbar sind (Palandt-Heinrichs, § 305 c Rn. 18 m. w. N.). Vorliegend ergibt nach Auffassung der Kammer die Auslegung des Arbeitsvertrages aber eindeutig, dass dieser hinsichtlich der Beendigungstatbestände nicht abschließend ist. Nicht behebbare Zweifel verbleiben nicht.

cc) Die Einbeziehung des Hausbrauchs in den Arbeitsvertrag scheitert auch nicht an dem in Ziff. 6 des Arbeitsvertrages vorgesehenen Schriftformgebot. Dieses erfasst nur nach Vertragsschluss vorgenommene Änderungen und Ergänzungen. Der Hausbrauch ist aber durch Ziff. 5 des Arbeitsvertrages von Anfang an in den Arbeitsvertrag einbezogen worden.

dd) Der Hausbrauch ist auch unter Berücksichtigung des Nachweisgesetzes wirksam in den Arbeitsvertrag einbezogen worden.

Dabei kann es dahinstehen, ob die in Ziff. 5 des Arbeitsvertrages vorgenommene Bezugnahme auf den Hausbrauch - wie es das Arbeitsgericht angenommen hat - den Anforderungen des § 2 NachwG genügt. Denn § 2 NachwG findet vorliegend keine Anwendung. Das Nachweisgesetz trat am 28. Juli 1995 in Kraft. Der vorliegende Arbeitsvertrag ist aber bereits 1990 geschlossen worden. Für Altverträge der vorliegenden Art enthält § 4 NachwG eine Sonderregelung, wonach ein Nachweis der Arbeitsbedingungen i. S. des § 2 NachwG nur auf ein entsprechendes Verlangen des Arbeitnehmers zu erfolgen hat. Ein solches Verlangen hat der Kläger aber weder konkret geltend gemacht, noch könnte dieses dazu führen, dass die bereits 1990 erfolgte Einbeziehung des Hausbrauchs in den Arbeitsvertrag nachträglich unwirksam wird.

Es kann daher auch unentschieden bleiben, ob ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz bei der Einbeziehung von allgemeinen Geschäftsbedingungen überhaupt zu deren Unwirksamkeit führen würde, was von der ganz h. M. abgelehnt wird (vgl. zum Streitstand ErfK-Preis, §§ 305 - 310 Rn. 31).

b.) Die Altersgrenze hält auch einer befristungsrechtlichen Kontrolle stand.

aa) Bei der Altersgrenze der vorliegenden Art handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht um eine auflösende Bedingung für die Beendigung des Arbeitsvertrages, sondern um dessen Befristung (BAG vom 14. August 2002, AP Nr. 20 zu § 620 BGB Altersgrenze Nr. 1).

bb) Die Wirksamkeit dieser Befristung folgt allerdings nicht schon aus § 17 TzBfG i.V.m. § 7 KSchG, weil der Kläger rechtzeitig, nämlich noch vor Ablauf der Befristung, Entfristungsklage gem. § 17 TzBfG erhoben hat.

cc) Die Befristungsabrede verstößt nicht gegen das in § 14 Abs. 4 TzBfG geregelte Schriftformgebot, denn es erfasst die vorliegende Befristung nicht.

Das Erfordernis der Schriftform für eine Befristungsabrede ist erstmals durch Einfügung des § 623 BGB gesetzlich geregelt worden. Gem. Art. 5 des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens (BGBl Teil 1 2000, S. 333, 334) trat das Schriftformgebot mit Wirkung zum 1. Mai 2000 in Kraft. Es konnte daher nur Befristungen erfassen, die ab dem 1. Mai 2000 vereinbart wurden. Befristungen, die vor dem 1. Mai 2000 abgeschlossen wurden, bedurften keiner Schriftform (vgl. nur Erfk-Müller-Glöge, 2. Aufl., § 623 BGB Rn. 22). Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn gesetzlich ausdrücklich eine Rückwirkung des Schriftformgebotes angeordnet wäre. Dies ist aber gerade nicht der Fall.

dd) Es liegt auch der erforderliche Sachgrund für die vereinbarte Befristung vor.

Ausgangspunkt ist hierbei, dass sich die Zulässigkeit der Befristung, da die Befristung vor in Kraft treten des TzBfG am 1. Januar 2001 vereinbart wurde, allein nach der zuvor bestehenden Rechtslage richtet (KR-Lipke/Bader, 6. Aufl., § 620 Rn. 135 ff.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt ein Sachgrund für eine Altersbefristung vor, wenn der Arbeitnehmer bei Überschreiten der Altersgrenze wirtschaftlich abgesichert ist (vgl. zuletzt BAG vom 6. August 2003, AP Nr. 51 zu § 133 BGB m. w. N.). Das Bundesarbeitsgericht hat bislang nur entschieden, dass eine wirtschaftliche Absicherung jedenfalls dann anzunehmen sei, wenn der Arbeitnehmer Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bezieht. Es hat bislang noch nicht entschieden, ob auch eine Altersversorgung durch ein berufsständisches Versorgungswerk eine die Altersgrenze rechtfertigende hinreichende wirtschaftliche Absicherung darstellt. Dies ist nach Auffassung der Kammer jedenfalls vorliegend der Fall, da sich der Kläger freiwillig von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht hat befreien lassen und in das berufsständische Versorgungswerk die gleichen Beiträge eingebracht hat, die er und die Beklagte auch für die gesetzliche Rentenversicherung hätten aufbringen müssen. Es kommt dann auch nicht darauf an, ob die Versorgungshöhe als solche rechnerisch niedriger als die der gesetzlichen Altersrente ist. Zum einen kann dies vorliegend überhaupt nicht ermittelt werden, weil die BfA die Altersversorgung in monatlichen Rentenleistungen auszahlt und der Kläger durch das Presseversorgungswerk eine einmalige Summe als Versorgungsleistung erhalten hat. Zum anderen beruht die Entscheidung, das System der gesetzlichen Altersversicherung zu verlassen, auf einem freiwilligen Entschluss des Klägers. Aufgrund dieses freiwilligen Entschlusses kann sich der Kläger aber nicht mehr nachträglich auf die Unwirksamkeit der Befristung mangels Bestehens einer gesetzlichen Altersversorgung zu seinen Gunsten berufen.

c) Die Altersgrenze als solche verstößt auch nicht gegen die Regelungen über die AGB-Kontrolle gem. §§ 305 ff. BGB.

aa) Die in Ziff. 1.5 des Hausbrauchs enthaltene Altersgrenze ist keine überraschende Klausel i. S. v. § 305 c Abs. 1 BGB.

Bei dem Hausbrauch handelt es sich allerdings um eine allgemeine Geschäftsbedingung i. S. v. § 305 Abs. 1 BGB. Der Hausbrauch ist ersichtlich für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert und wird von der Beklagten auch wiederholt verwendet. Daran ändert nichts, dass der Arbeitsvertrag als solcher und damit auch die arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel in Ziff. 5 möglicherweise individuell vereinbart wurde. Denn die individuell vereinbarte Einbeziehung einer allgemeinen Geschäftsbedingung in den Vertrag macht diese nicht schon zu einer Individualabrede. Wäre dies tatsächlich der Fall, würde eine AGB-Kontrolle weitestgehend leer laufen.

Bei der in Ziff. 1.5 enthaltenen Altersgrenze handelt es sich zunächst um keine objektiv ungewöhnliche Klausel i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, § 305 c Rn. 3 m. w. N.). Wie schon die zahlreichen Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit von Altersgrenzenregelung zeigen, sind derartige Klauseln im Arbeitsverhältnis nichts ungewöhnliches, sondern vielmehr die Regel. § 14 Ziff. 8 des Manteltarifvertrages belegt, dass Altersgrenzenklauseln auch in der Branche des Klägers durchaus üblich sind. Das Bundesarbeitsgericht hat daher in seiner Entscheidung vom 6. August 2003 (AP Nr. 51 zu § 133 BGB) auch ausdrücklich ausgeführt, dass Altersgrenzenregelungen, weil sie im Arbeitsleben üblich sind, keine überraschende Klausel i. S. v. § 3 AGBG darstellen.

Ziff. 1.5 war auch nicht deswegen überraschend i. S. d. § 305 c Abs. 1 BGB, weil sie im Vertragstext an versteckter Stelle angeordnet war (vgl. hierzu Palandt-Heinrichs, § 305 c Rn. 4 m. w. N.). Bereits in der Inhaltsübersicht wird deutlich auf Ziff. 1.5 unter Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses" hingewiesen. Ziff. 1.5 selbst enthält links am Rand zudem nochmals die Überschrift "Beendigung des Arbeitsverhältnisses". Auch der eigentliche Text der Ziff. 1.5 besteht allein aus der streitgegenständliche Altersgrenze. Angesichts dessen hätte nach Auffassung der Kammer schon ein Blick des Klägers in den Hausbrauch genügt, um sich von der Altersgrenze Kenntnis zu verschaffen. Daran ändert auch der vom Kläger angeführte Inhalt der Vorbemerkung nichts.

bb) Auch ein Verstoß gegen das Transparenzgebot gem. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB liegt nicht vor. Das Transparenzgebot verpflichtet den Verwender nur, die Klausel als solche möglichst klar und durchschaubar zu fassen, so dass der Vertragspartner die Nach- und Vorteile der jeweiligen Klausel - auch im Gesamtgefüge des Vertrages - zu erkennen vermag (Palandt-Heinrichs, § 307 Rn. 17). Diesen Anorderungen genügt Ziff. 1.5. des Hausbrauchs. Der Regelungsinhalt der Ziff. 1.5. ist klar und eindeutig formuliert, eine Undurchschaubarkeit vermag die Kammer, auch nicht unter Berücksichtigung des vertraglichen Gesamtgefüges, nicht zu erkennen.

cc) Die in Ziff. 1.5 des Arbeitsvertrages vorgenommene Befristung als solche stellt auch keine unangemessene Benachteiligung des Klägers i. S. d. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Liegt befristungsrechtlich ein Sachgrund vor, kann die Befristung als solche, auch wenn sie im Rahmen einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vereinbart wird, nicht unangemessen sein (vgl. insofern zum Parallelfall der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen durch allgemeine Geschäftsbedingungen ErfK-Preis §§ 305 - 310 BGB Rn. 73 m. w. N.).

dd) Auch der vom Kläger angeführte Verstoß gegen § 308 Ziff. 4 BGB führt jedenfalls nicht zur Unwirksamkeit der Altersgrenze. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Verweis in Ziff. 5 des Arbeitvertrages auf den Hausbrauch in der jeweils geltenden Fassung einen gem. § 308 Ziff. 4 BGB unzulässigen Änderungsvorbehalt darstellt. Denn ein Verstoß gegen § 308 Ziff. 4 BGB hätte allenfalls die Unwirksamkeit der Änderungsbefugnis der Beklagten zur Folge. Er würde aber nicht zur Unwirksamkeit der Bezugnahme auf den Hausbrauch insgesamt führen. Insofern enthält Ziff. 5 des Arbeitsvertrages zwei inhaltlich voneinander zu unterscheidende Regelungen, in dessen Verhältnis zueinander das aus § 306 Abs. 2 BGB folgende Verbot der geltungserhaltenden Reduktion nicht greift (vgl. Palandt-Heinrichs, Vorb. v. § 307 Rn. 11 f.). Gleiches gilt, soweit der Kläger in diesem Zusammenhang auch einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB anführt.

d) Auch auf Grundlage des arbeitsrechtlichen Gleichbandlungsgrundsatzes ergibt sich kein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus. Der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger (ErfK-Preis, § 611 BGB Rn. 748) hat schon nicht dargelegt, dass die Beklagte systematisch alle sog. "Edelfedern" über die Altersgrenze hinaus weiterbeschäftigt. Die Beklagte hat dies ausdrücklich bestritten und ausgeführt, dass die vier vom Kläger angeführten Mitarbeiter jeweils aus individuellen Gründen und zu individuell geänderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigt wurden. Angesichts dieses qualifizierten Bestreitens der Beklagten hätte es näherer Ausführungen des insoweit nach allgemeinen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelasteten Klägers bedurft, woraus sich die von ihm behauptete Üblichkeit der Weiterbeschäftigung der sog. "Edelfedern" über die Altersgrenze hinaus und zu gleichbleibenden Vertragskonditionen ergeben soll.

e) Endete das Arbeitsverhältnis aufgrund der Altersgrenze mit Ablauf des 30. April 2003, steht dem Kläger gegenüber der Beklagten auch nicht der weiterhin eingeklagte Anspruch auf Urlaubsgewährung und Entgeltzahlung zu.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision ist zuzulassen, weil die Sache grundsätzliche Bedeutung gem. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat. Die streitentscheidende Frage, ob auch eine berufsständische Alterversorgung eine hinreichende wirtschaftliche Absicherung des Arbeitnehmers darstellt und damit eine Altersgrenze zu rechtfertigen vermag, ist bislang höchstrichterlich noch nicht geklärt.

Ende der Entscheidung

Zurück