Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 02.12.2004
Aktenzeichen: 4 Ta 26/04
Rechtsgebiete: BetrVG, BRAGO, ArbGG


Vorschriften:

BetrVG § 99 ff
BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 100
BetrVG § 100 Abs. 2
BetrVG § 100 Abs. 2 Satz 3
BetrVG § 101
BRAGO § 8 Abs. 2
BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 2
BRAGO § 8 Abs. 2 S. 2, 2. Alt.
ArbGG § 12 Abs. 7
ArbGG § 12 Abs. 7 Satz 1
ArbGG § 78 Abs. 1 Satz 1
ArbGG § 83 Abs. 5
Der Antrag des Arbeitsgebers gemäß § 99 Abs 4 BetrVG ist regelmäßg mit zwei Bruttomonatsverdiensten des Arbeitnehmers, dessen Einstellung ersetzt werden soll, zu bewerten. Der Antrag gemäß § 100 Abs 2 BetrVG ist regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst zu bewerten.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 02. Oktober 2004 - 2 BV 3/04 - abgeändert. Der Gegenstandswert für das Beschlussverfahren 2 BV 3/04 wird auf EUR 25.656 festgesetzt

Die weitergehende Beschwerde der Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Die Beteiligte zu 1) hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens für einen Beschwerdewert von EUR 401,36 zu tragen.

Gründe:

I. Gegenstand des zu Grunde liegenden Beschlussverfahrens war der Antrag der Arbeitgeberin, der Beteiligten zu 1), die Zustimmung des beteiligten Betriebsrats, des Beteiligten zu 2), zur unbefristeten Einstellung eines Mitarbeiters als Senior Account Manager gem. § 99 Abs. 4 BetrVG zu ersetzen. Gleichzeitig sollte festgestellt werden, dass die vorläufige Durchführung der beantragten Maßnahme nach § 100 Abs. 2 BetrVG aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war. Das monatliche Bruttoeinkommen des Mitarbeiters betrug insgesamt EUR 8.552,00.

Nach mündlicher Anhörung der Beteiligten und späterer Erteilung der Zustimmung zur beantragten Maßnahme durch den Betriebsrat ist das Beschlussverfahren eingestellt worden.

Das Arbeitsgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 02. Oktober 2004 den Gegenstandswert für das Verfahren auf EUR 34.208,00 (drei Bruttomonatsgehälter für den Zustimmungsersetzungsantrag, ein Bruttogehalt für den Feststellungsantrag) festgesetzt. Die Beteiligte zu 1) hat, ausgehend vom Regelwert, für beide Anträge einen Gegenstandswert für das Verfahren von EUR 8.000,00 für angemessen erachtet.

Auf die mit Schriftsatz vom 08. Oktober 2004, bei Gericht am 13. Oktober 2004 eingegangene Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den am 08. Oktober 2004 zugestellten Festsetzungsbeschluss hat das Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 11. November 2004 ausgeführt, der Streit der Betriebsparteien über die Zustimmung des Betriebsrats zu einer personellen Einzelmaßnahme im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG stelle eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit dar, die gem. § 8 Abs. 2 S. 2, 2. Alt. BRAGO zu bewerten sei. Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles sei hinsichtlich des Zustimmungsersetzungsantrages eine Festsetzung des Gegenstandswertes in entsprechender Anwendung von § 12 Abs. 7 ArbGG auf drei Bruttomonatsgehälter des Verdienstes des Arbeitnehmers, hinsichtlich dessen die Ersetzung begehrt wird, angezeigt. Hinsichtlich der Durchführung als vorläufige personelle Maßnahme sei angesichts der eingeschränkten Zielrichtung dieses Antrages von einem Wert von einem Bruttomonatsgehalt auszugehen.

Die Beteiligte zu 1) macht u.a. geltend, es handele sich vorliegend nach einhelliger Auffassung um einen Rechtsstreit nichtvermögensrechtlicher Art. Das Zustimmungsersetzungsverfahren zur Einstellung eines Mitarbeiters sei das klassische Verfahren, in dem der Regelwert in Höhe von EUR 4.000,00 festzusetzen sei. Es sei maximal von dem Regelwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten auszugehen. Auf gar keinen Fall sei analog zum Kündigungsschutzverfahren der dreifache Bruttomonatsgehaltsdienst festzusetzen. Das Landesarbeitsgericht Hamburg habe in seiner Entscheidung vom 24. Mai 1988 (1 Ta 9/87) den Gegenstandswert auf ein Bruttomonatsgehalt festgelegt. Abweichend vom Regelwert sei der Zustimmungsersetzungsantrag maximal mit einem Bruttomonatsgehalt und der Antrag auf vorläufige Maßnahme mit der Hälfte desselben zu bewerten. Es seien keinerlei Umstände ersichtlich, die begründeten, von einer besonderen Bedeutung oder Schwierigkeit auszugehen.

II. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den in der Beschlussformel bezeichneten Beschluss des Arbeitsgerichts ist statthaft. Sie ist auch form- und insbesondere fristgerecht eingelegt worden und damit zulässig.

In der Sache selbst hatte die Beschwerde teilweise Erfolg. Der Gegenstandswert des zu Grunde liegenden Verfahrens ist gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO, wie tenoriert, auf EUR 25.656,00, und zwar für den Antrag nach § 99 Abs. 4 BetrVG auf zwei Monatsvergütungen und für den Antrag nach § 100 Abs. 2 BetrVG auf einen Monatsverdienst festzusetzen. Die weitergehende Beschwerde war zurückzuweisen.

Die Gegenstandswertfestsetzung hat vorliegend gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO zu erfolgen, weil das zu Grunde liegende Verfahren einen nichtvermögensrechtlichen Streitgegenstand hat. Nach der gesetzlichen Regelung ist der Gegenstandswert nach billigem Ermessen zu bestimmen und auf EUR 4.000,00, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über EUR 500.000,00 anzunehmen. Soweit möglich hat eine Bewertung nach individuellen Gesichtspunkten zu erfolgen. Danach findet insbesondere zum einen die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten und deren ideelles und materielles Interesse, zum anderen der maßgeblich durch die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Sache bestimmte Umfang der anwaltlichen Tätigkeit Berücksichtigung (vgl. nur Beschl. des BAG vom 17.10.2001 - 7 ABR 42/99). Eine Festsetzung auf den Wert von EUR 4.000,00 - nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts "Ausgangs-" oder "Anknüpfungswert" - kommt nur in Betracht, wenn Anhaltspunkte für eine individuelle Bewertung der Angelegenheit nicht gegeben sind, d. h. die Umstände des konkreten Falles eine Erhöhung oder auch eine Reduzierung des Gegenstandswertes nicht gebieten.

Die trotz des ungewöhnlich weit reichenden Streitwertrahmens undifferenzierte Streitwertgrundnorm des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO stellt die Rechtsprechung vor die Aufgabe, die im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren in Frage kommenden Streitgegenstände innerhalb des vorgegebenen Bewertungsrahmens in ein Bewertungssystem einzubinden, das falladäquate Abstufungen zulässt und zugleich tragenden Grundsätzen des Arbeitsgerichtsprozesses ausreichend Rechnung trägt. Die Herausarbeitung typisierender Bewertungsgrundsätze ist Grundbedingung der gleichförmigen Rechtsanwendung und erweist sich damit als Anwendungsfall des Gleichheitsgrundsatzes (so zutreffend LAG Hamburg, Beschl. vom 23.05.2002 - 3 TaBV 2/01; vgl. auch GK-ArbGG/Wenzel § 12 Rz 264 mit weiteren Hinweisen auf Rechtsprechung und Literatur).

In Anlehnung an diese Grundsätze ergibt sich vorliegend, dass weder der vom Arbeitsgericht noch der seitens der Beteiligten zu 1) angestrebte Gegenstandswert ermessensgerecht ist. Vielmehr entspricht ein Gegenstandswert, der sich insgesamt auf drei Bruttomonatsverdienste des einzustellenden Mitarbeiters bezieht, billigem Ermessen:

Voranstehend ist festzustellen, dass im vorliegenden Beschlussverfahren genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine individuelle Festsetzung gegeben sind, sodass nicht auf den Hilfswert zurückgegriffen werden darf.

In der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts sind die Grundsätze zur Festsetzung des Gegenstandswertes für Beschlussverfahren nach §§ 99 Abs. 4, 100, 101 BetrVG in der Vergangenheit mit teilweise wechselnden Ergebnissen konkretisiert worden:

Nach dem von der Beteiligten zu 1) zitierten Beschluss der Ersten Kammer des Beschwerdegerichts (24.05.1988 - 1 Ta 9/87 - DB 1988,1404) - ihr folgend die Fünfte Kammer (11.11.1988 - 5 Ta 27/88) und die Siebte Kammer (12.04.1989 - 7 Ta 6/89) - war ein Verfahren auf Zustimmungsersetzung wegen einer Einstellung nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG mit drei Monatsbezügen, sondern im Hinblick auf das wesentliche, aber nicht in vollem Umfang nach § 8 Abs. 2 BRAGO zu berücksichtigende wirtschaftliche Interesse des Arbeitgebers an der Leistung des Arbeitnehmers regelmäßig mit einem Bruttomonatsverdienst des Arbeitnehmers zu bewerten. Unter Aufgabe ihrer bisherigen Rechtsprechung setzte die Erste Kammer des Beschwerdegerichts mit Beschluss vom 01. Juni 1989 (1 Ta 2/89) den Gegenstandswert für ein Verfahren auf Aufhebung einer Einstellung gem. § 101 BetrVG in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG auf drei Monatseinkommen fest. Dieser geänderten Rechtsprechung schlossen sich in der Folgezeit die Sechste und Fünfte Kammer des Beschwerdegerichts an (Beschlüsse vom 14.05.1991 - 6 Ta 17/90; 24.09.1991 - 5 Ta 15/91). Nachdem die Zweite Kammer des Beschwerdegerichts mit Beschluss vom 04. August 1992 (2 Ta 6/92 - NZA 1993,82) die Auffassung vertrat, dass für den Antrag des Betriebsrats gem. § 101 BetrVG eine Festsetzung in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG in Höhe von drei Monatsgehältern nicht in Betracht komme, sondern vielmehr im Regelfall als Gegenstandswert ein Bruttomonatsgehalt des betroffenen Arbeitnehmers zugrunde zu legen sei, hat schließlich die Dritte Kammer des Beschwerdegerichts mit ihrem grundlegenden Beschluss vom 09. Dezember 1996 (3 Ta 21/95) (vgl. auch Beschl. vom 27.08.1999 - 3 Ta 14/99) es als sachgerecht erachtet, die Wertfestsetzung für Beschlussverfahren nach § 99 ff BetrVG im Zusammenhang mit der Einstellung von Arbeitnehmern nach folgenden wörtlich zitierten Grundsätzen vorzunehmen:

"Ausgangspunkt für die Bewertung nach billigem Ermessen ist die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten, deren ideelles und materielles Interesse. Insoweit erscheint es sachgerecht, bei der Bewertung an die Höhe der Vergütung des Arbeitnehmers anzuknüpfen, dessen Einstellung Gegenstand des Beschlussverfahrens ist. Die Höhe des Einkommens des Arbeitnehmers spiegelt regelmäßig den Wert seiner Beschäftigung für den Arbeitgeber wider und ist deshalb ein sachgerechter Maßstab für die Bedeutung des Verfahrens für den Arbeitgeber. Die Anknüpfung an die Höhe der Vergütung des Arbeitnehmers, dessen Einstellung Gegenstand des Beschlussverfahrens ist, erscheint unabhängig davon zutreffend, ob es sich dabei um ein vom Arbeitgeber eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG handelt oder um ein vom Betriebsrat gem. § 101 BetrVG eingeleitetes Verfahren mit der Zielsetzung, die Aufhebung einer Einstellung zu erreichen. ...

Für ein Beschlussverfahren gem. § 99 Abs. 4 BetrVG mit dem Antrag des Arbeitgebers, die Zustimmung des Betriebsrates zu einer Einstellung zu ersetzen, ist in der Regel der Wert von zwei Monatseinkommen in Ansatz zu bringen und für den mit einem solchen Verfahren verbundenen Antrag des Arbeitgebers nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG auf Feststellung, dass die Maßnahme aus sachlichen Gründen dringend erforderlich war, die Hälfte dieses Wertes und damit ein Monatseinkommen. Für den Fall eines Antrages des Arbeitgebers nach § 101 BetrVG folgt die Beschwerdekammer im Ergebnis der Entscheidung der 2. Kammer des Beschwerdegerichts vom 04. August 1992 (aaO), nach der bei einem solchen Verfahren im Regelfall von dem Wert eines Monatseinkommens des betroffenen Arbeitnehmers auszugehen ist.

Diesen Bewertungsgrundsätzen liegen folgende Erwägungen zu Grunde:

Jedenfalls dann, wenn das Zustimmungsersetzungsverfahren die unbefristete Einstellung eines Arbeitnehmers zum Gegenstand hat, wird eine Regelbewertung mit nur einem Monatseinkommen ... der Bedeutung des Verfahrensgegenstandes für den Arbeitgeber regelmäßig nicht gerecht. Sowohl die mit einer Einstellungsentscheidung des Arbeitgebers regelmäßig verbundenen wirtschaftlichen Interessen als auch die Bedeutung der personalpolitischen und unternehmerischen Entscheidungskompetenz des Arbeitgebers, die bei der Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrates zu einer Einstellung betroffen ist, gebieten vielmehr eine höhere Bewertung.

Soweit in der Beschlusspraxis des Beschwerdegerichts in der Vergangenheit teilweise in Anlehnung an § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG der Gegenstandswert für Einstellungen betreffende Beschlussverfahren sowohl nach § 99 Abs. 4 BetrVG als auch nach § 101 BetrVG einheitlich auf den Wert von drei Monatsbezügen festgesetzt worden ist, erscheint der Beschwerdekammer dieser Wertansatz für beide Verfahren als zu hoch. Außerdem ist der Wert für Verfahren nach § 101 BetrVG deutlich niedriger anzusetzen als für Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG".

Nach Abwägung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Auswirkungen sowie der Folgen für den Arbeitgeber bei einem Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG im Gegensatz zu denen des Arbeitnehmers im Bestandsschutzstreit gelangt die Dritte Kammer zu folgendem Ergebnis:

"Zusammenfassend ergibt sich, dass drei Monatsgehälter des betroffenen Arbeitnehmers ein zu hoher Wert für ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG wegen seiner beabsichtigten Einstellung sind und dass andererseits eine Wertfestsetzung auf ein Monatsgehalt unangemessen niedrig wäre. Auch eineinhalb Monatsgehälter entsprechend der Hälfte des bereits aus sozialpolitischen Gründen niedrig gehaltenen Streitwertes für Bestandsschutzstreitigkeiten nach § 12 Abs. 7 Satz 1 ArbGG würde die doch erhebliche Bedeutung eines Verfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht in hinreichender Weise berücksichtigen. Im Sinne einer pauschalierenden Konkretisierung erscheint es der Kammer vielmehr ermessensgerecht, bei einer Wertfestsetzung für ein Verfahren nach § 99 Abs. 4 BetrVG betreffend die Zustimmungsersetzung zu einer Einstellung zwei Drittel des Wertes einer entsprechenden Bestandschutzstreitigkeit und damit zwei Monatsgehälter des betroffenen Arbeitnehmers in Ansatz zu bringen....

Der Wert für den Antrag nach § 101 BetrVG auf Aufhebung einer Einstellung ist gegenüber dem Wert des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 Abs. 4 BetrVG niedriger anzusetzen. Dies ist deshalb sachgerecht, weil ein Verfahren nach § 101 BetrVG keine präjudizielle Wirkung für die Frage hat, ob der Arbeitgeber nicht nach Aufhebung der erfolgten Einstellung berechtigt ist, den betreffenden Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Bestimmungen der §§ 99, 100 BetrVG erneut einzustellen. ...

Für den mit dem Zustimmungsersetzungsantrag verbundenen Feststellungsantrag des Arbeitgebers nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG erscheint es angemessen, den gleichen Wert in Ansatz zu bringen wie für ein Verfahren nach § 101 BetrVG und damit ebenfalls den Wert eines Monatsgehaltes. Mit dem Verfahren nach § 100 Abs. 2 Satz 3 BetrVG wird nämlich im Ergebnis zugleich darüber entschieden, ob der Arbeitgeber die vorläufige Einstellung aufrechterhalten darf oder ob er sie mit der Folge beenden muss, dass der Betriebsrat nach § 101 BetrVG vorgehen kann.

Die dargelegten Bewertungsansätze, mit denen regelhaft die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten erfasst wird, sind dann zu modifizieren, wenn Gegenstand der Verfahren nur eine befristete Einstellung eines Arbeitnehmers ist. Weiter ist darauf Bedacht zu nehmen, dass die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zwar ein entscheidender, aber nicht der einzige Gesichtspunkt für die Festsetzung des Gegenstandswertes gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO ist. So kann ein besonderer Umfang und eine besondere Schwierigkeit der Sache eine höhere Festsetzung rechtfertigen und kann in einem besonders einfach gelagerten Fall auch eine geringere Bewertung geboten sein. ..."

Diese Bewertungsgrundsätze stellen nach Kenntnis der Beschwerdekammer die allgemeine Spruchpraxis des Beschwerdegerichts dar und werden auch von der angerufenen Beschwerdekammer uneingeschränkt geteilt. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf die zitierten Ausführungen vollinhaltlich verwiesen.

In Anwendung der vorstehenden Grundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall für den Ersetzungsantrag der Beteiligten zu 1) gem. § 99 Abs. 4 BetrVG ein Gegenstandswert von zwei Bruttomonatsverdiensten des Arbeitnehmers, der eingestellt werden sollte und für den Feststellungsantrag gem. § 100 Abs. Abs. 2 Satz 3 BetrVG ein Monatsverdienst. Mit dieser Wertfestsetzung sind sowohl Bedeutung und Folgen der Angelegenheit für die Beteiligten als auch die wirtschaftlichen Auswirkungen der streitgegenständlichen Maßnahme hinreichend und angemessen erfasst. Bedeutung und wirtschaftliche Auswirkungen für das Unternehmen der Beteiligten zu 1) spiegeln sich nicht zuletzt in Position und Vergütung des Mitarbeiters, dessen Einstellung streitig war, wider. Während einerseits eine besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit, die eine höhere Wertfestsetzung erforderte, dem Akteninhalt nicht zu entnehmen ist, ist andererseits ebenfalls nicht erkennbar, dass es sich um eine besonders einfach gelagerte Fallgestaltung gehandelt hätte.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 83 Abs. 5, 78 Abs. 1 Satz 1 ArbGG i. V. m. § 97 ZPO. Die Kostenentscheidung betrifft dabei nur die Gerichtskosten, weil eine Kostenerstattung zwischen den am Verfahren nach § 10 Abs. 2 BRAGO Beteiligten nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu im einzelnen bereits LAG Hamburg Beschl. vom 23.04.1987 - 5 Ta 7/87 - LAGE § 12 ArbGG 1979 Streitwert Nr. 64).

Der Beschwerdewert für den zurückgewiesenen Teil der Beschwerde folgt aus der Gebührendifferenz der Rechtsanwaltsgebühren nach dem festgesetzten Gegenstandswert gegenüber dem beantragten Gegenstandswert.

Ende der Entscheidung

Zurück