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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamburg
Beschluss verkündet am 03.09.2007
Aktenzeichen: 8 TaBV 17/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 9
1. Werden Arbeitnehmer im Rahmen einer auf Dauer angelegten Ausgliederung eines Betriebsteils einem anderen Arbeitgeber ohne zeitliche Begrenzung überlassen, dann sind diese Arbeitnehmer im Betrieb, in dem sie tätig sind, auch passiv wahlberechtigt und bei der Größe des Betriebsrats nach § 9 BetrVG zu berücksichtigen, wenn im Zeitpunkt der Betriebsratswahl eine konkrete Rückkehrperspektive für die Dauer der bevorstehenden Wahlperiode nicht besteht.

2. Die "Gestellung" von Arbeitnehmern im Rahmen der Ausgliederung eines Betriebsteils ist mit der Arbeitnehmerüberlassung nicht gleichzusetzen.


Tenor:

1. Die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hamburg vom 28. November 2006 - 9 BV 17/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Betriebsratswahl, die im April 2006 stattgefunden hat, und um die Anzahl der Betriebsratsmitglieder. Kern des Streits ist die Frage, ob von einem anderen Arbeitgeber gestellte Arbeitnehmer bei der Betriebsgröße zu berücksichtigen und ob diese Arbeitnehmer wählbar sind.

Die Beteiligte zu 1) (Arbeitgeberin) ist von den Landesversicherungsanstalten Braunschweig, Freie und Hansestadt Hamburg, Hannover, Schleswig-Holstein und der Seekasse (im Folgenden: RV-Träger) im Jahr 2003 gegründet worden, um die bis dahin von den RV-Trägern jeweils selbständig betriebenen Datenverarbeitungsbereiche zu übernehmen. Der Beteiligte zu 2) ist der bei der Arbeitgeberin gewählte Betriebsrat. Die Beteiligten zu 3 - 5 sind die Mitglieder bzw. Ersatzmitglieder des Betriebsrats aus dem Kreis der von den RV-Trägern beigestellten Arbeitnehmern. Alle Gewählten waren im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Wahl länger als 6 Monate im Betrieb der Arbeitgeberin tätig.

Seit Gründung der Arbeitgeberin gibt es bei den RV-Trägern nur noch sog. IT-Verbindungsstellen, in denen die RV-Träger eigene Mitarbeiter beschäftigen. Diese haben die Aufgabe der Binnenorganisation der EDV und der Verbindung zur Arbeitgeberin.

Der Gesellschaftsvertrag der Arbeitgeberin ist auf unbestimmte Zeit geschlossen und sah eine Kündigungsmöglichkeit zunächst erstmals zum 01.10.2006 vor. Grund hierfür war, dass die RV-Träger das neue Geschäftsmodell des gemeinsamen, ausgelagerten Rechenzentrums ausprobieren wollten. In seiner aktuellen Fassung (Anl. K 8, Bl. 90 ff) ermöglicht der Gesellschaftsvertrag das Ausscheiden eines Gesellschafters erstmals zum 01.10.2010.

Am 22.12.2003 schlossen die Arbeitgeberin und die Gesellschafterinnen einerseits und die Gewerkschaft ver.di und die Gewerkschaft der Sozialversicherung andererseits einen "Rahmenvertrag vom 13.01.2003" ab, der auszugsweise folgende Regelungen enthält:

"Präambel Es ist das übereinstimmende Ziel der Beteiligten, die Arbeitsverhältnisse und Beamtenverhältnisse der betroffenen Beschäftigten mit den bisherigen Arbeitgebern bzw. Dienstherren unter Wahrung der jeweiligen Rechtsstellung aufrechtzuerhalten, dennoch aber deren Verwendung im Rahmen der auf die R.-GmbH übertragenen Datenverarbeitungsbereiche zu ermöglichen. Um diese übereinstimmende Zielsetzung zu verwirklichen, werden die betroffenen Beschäftigten mit ihrer Zustimmung und nach Maßgabe dieses Rahmenvertrages der R.-GmbH zur Dienstleistung im Wege der Personalbeistellung überlassen bzw. beamtenrechtlich zugewiesen....

§ 3 Betriebsrat (1) Für die R..-GmbH gilt das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG). Die Betriebsteile in L., H., A. und B. gelten als selbständige Betriebe, in denen Betriebsräte gewählt werden können, sofern und sobald die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BetrVG vorliegen. ...

§ 4 Tarifangestellte Die Tarifangestellten im Sinne des § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages erbringen ihre Arbeitsleistung im Wege der unbefristeten Personalbeistellung für die R.-GmbH. Zwischen der Tarifangestellten/dem Tarifangestellten und dem RV-Träger wird eine "Vereinbarung in Ergänzung des bestehenden Arbeitsvertrages" nach dem als Anlage 1 beigefügten Muster abgeschlossen. Das Weisungsrecht der R.-GmbH ist in § 9 des Rahmenvertrages geregelt. Das Arbeitsvertragsverhältnis besteht weiterhin zwischen der Tarifangestellten/dem Tarifangestellten und dem RV-Träger und bleibt im Übrigen in sämtlichen gegenseitigen Rechten und Pflichten unberührt. ....

§ 7 Zustimmung der Beschäftigten (1) Die Personalbeistellungen nach § 4 und die Zuweisungen nach § 5 werden nur mit Zustimmung der Beschäftigten bzw. des Beschäftigten erfolgen. (2) Auf Antrag der Beschäftigten bzw. des Beschäftigten wird der jeweilige RV-Träger den Einsatz für die R.-GmbH innerhalb angemessener Frist, längstens nach 6 Monaten, beenden und die Beschäftigte bzw. den Beschäftigten anderweitig einsetzen. Gegebenenfalls wird der RV-Träger der Auflösung der Vereinbarung nach § 4 Satz 2 zustimmen bzw. die Zuweisung nach § 5 Satz 1 aufheben.

§ 9 Weisungsrecht und Befugnisse (1) Das Weisungsrecht der R.-GmbH umfasst sämtliche Maßnahmen und Anordnungen, die die fachliche Ausübung der Tätigkeit und die Organisation der Arbeitsabläufe und des Dienstbetriebes in der R.-GmbH betreffen. (2) Zu den Befugnissen der R.-GmbH gehören unbeschadet des Abs. 1 insbesondere: ...

§ 11 Zusammenarbeit zwischen den RV-Trägern und der R.-GmbH Der jeweilige RV-Träger und die R.-GmbH werden alle Einzelfragen in Personalangelegenheiten bezüglich der Beschäftigten im Sinne des § 1 Abs. 1 des Rahmenvertrages, die einer einvernehmlichen Regelung bedürfen, miteinander abstimmen. Dieses gilt insbesondere für eine Beendigung der Beistellung bei Tarifangestellten sowie für eine Aufhebung der Zuweisung bei Beamtinnen/Beamten. § 7 Abs. 2 des Rahmenvertrages bleibt unberührt. ... "

Anlage 1 des Rahmenvertrages, auf die in § 4 Bezug genommen wird, enthält eine Vorlage für eine zwischen den Arbeitnehmern und ihrer jeweiligen Vertragsarbeitgeberin anlässlich der Beistellung zu treffende Vereinbarung. § 4 dieser Erklärung lautet:

"Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen dahingehend, dass die Stellung der Parteien als Arbeitgeberin und als Arbeitnehmer/in unberührt bleiben."

Wegen des weiteren Inhalts des Rahmenvertrages wird auf Anlage K 1 (Bl. 10 - 23 d. A.) Bezug genommen.

Am 08.10.2003 schlossen die Arbeitgeberin und die Gewerkschaft der Sozialversicherung einen Tarifvertrag zur Errichtung von Betriebsräten und beamtenrechtlichen Sondervertretungen bei der Arbeitgeberin (Anl. K 2, Bl. 23 f d. A.), wonach in den Betriebsteilen der Arbeitgeberin auch dann Betriebsräte gebildet werden sollten, wenn die dafür nach § 1 BetrVG erforderliche Zahl eigener Arbeitnehmer nicht vorhanden war.

Unter dem 05.08.2004 erließ die Arbeitgeberin eine Arbeitsanweisung zur Wahrnehmung von Personaltätigkeiten (Anl. K 5, Bl. 56 ff d. A.). Darin wurden die Kompetenzen der Arbeitgeberin und der RV-Träger in Bezug auf das beigestellte Personal aufgezählt. Bei den meisten der 26 in einer Anlage aufgeführten "statusunabhängigen Aufgaben" wird darin sowohl die Zuständigkeit der GmbH als auch des RV-Träger bejaht, mit dem das Anstellungsverhältnis besteht.

Zum 30.09.2005 schied die Seekasse aufgrund einer außerordentlichen Kündigung wegen der Fusion mit einer anderen Sozialversicherung aus dem Gesellschaftsvertrag aus. Die von der Seekasse der Arbeitgeberin gestellten Arbeitnehmer und Beamten kehrten zum gleichen Datum zur Seekasse zurück.

Im März 2006 fanden bei der Deutschen Rentenversicherung Nord (DRV-Nord), die Rechtsnachfolgerin u. a. der Landesversicherungsanstalt Freie und Hansestadt Hamburg ist, Personalratswahlen statt. Die der Arbeitgeberin beigestellten Arbeitnehmer waren dabei nicht in der Wählerliste eingetragen.

Die Arbeitgeberin beschäftigte Anfang 2006 207 Arbeitnehmer, hiervon 34, die einen Arbeitsvertrag mit ihr geschlossen hatten (Vertragsarbeitnehmer), und 173 von den beteiligten RV-Trägern beigestellten Arbeitnehmer. 19 der beigestellten Arbeitnehmer waren zuvor in den EDV-Abteilungen ihrer jeweiligen RV-Träger tätig und nahmen seit 2003 bei der Arbeitgeberin Querschnittsaufgaben in der Personalabteilung und der allgemeinen Verwaltung wahr. Der überwiegende Teil der beigestellten Arbeitnehmer hat eine Ausbildung als Sozialversicherungsfachangestellter oder als Diplomverwaltungswirt im Fachbereich Rentenversicherung. Ergänzend wird insoweit auf die Anl. K 6 (Bl. 84 f d. A.) verwiesen. Von dem Rückkehrrecht nach § 7 II des Rahmenvertrages haben bis Mitte 2006 nur einzelne der gestellten Arbeitnehmer Gebrauch gemacht. Insoweit wird auf die Anlage K 7 (Bl. 83 d. A.) verwiesen.

Am Standort H. der Arbeitgeberin waren Anfang 2006 7 Vertragsarbeitnehmer und 14 beigestellte Arbeitnehmer tätig. Aufgrund eines Wahlausschreibens vom 27.03.2006 (Anl. K 3, Bl. 25 ff d. A.) fand dort vom 19. bis zum 24.04.2006 die streitgegenständliche Betriebsratswahl statt. Der Wahlvorstand setzte die Zahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder auf 3 fest, wobei er sowohl die Vertragsarbeitnehmer als auch die beigestellten Arbeitnehmer berücksichtigte. Gewählt wurden die Beteiligten zu 3 und 4 zu ordentlichen Mitgliedern des Betriebsrats, die Beteiligte zu 5 zum Ersatzmitglied (Anl. K 4, Bl. 28 d. A.). Das Wahlergebnis wurde am 24.04.2006 bekannt gegeben.

Mit ihrem am 28.04.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag macht die Arbeitgeberin geltend, die Wahl sei nichtig, jedenfalls anfechtbar. Der Betriebsrat habe nur aus einer Person zu bestehen, da die beigestellten Arbeitnehmer bei der Festlegung der Betriebsgröße nach § 9 BetrVG nicht zu berücksichtigen seien. Diese Arbeitnehmer seien auch nicht wählbar i. S. v. § 8 BetrVG. Sie seien zwar in den Betrieb der Arbeitgeberin eingegliedert, es fehle jedoch an einer arbeitsrechtlichen Beziehung zur Arbeitgeberin. Die Arbeitsverhältnisse zum jeweiligen RV-Träger bestünden fort. Dies belege das in § 7 II des Rahmenvertrages festgelegte Rückkehrrecht. Darüber hinaus könne die Beistellung auch aus anderen Gründen beendet werden. Bei den RV-Trägern bestünden auch tatsächliche Beschäftigungsmöglichkeiten für die beigestellten Arbeitnehmer oder Beamten in den IT-Verbindungsstellen. Darüber hinaus sei der überwiegende Teil der beigestellten Arbeitnehmer aufgrund ihrer rentenversicherungsrechtlichen Ausbildung auch in der Sachbearbeitung einsetzbar.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

1) festzustellen, dass die Wahl der Antragsgegner und Beteiligten zu 3 bis 5 in den Betriebsrat des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 nichtig ist, hilfsweise die Wahl der Antragsgegner und Beteiligten zu 3 bis 5 in den Betriebsrats des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 für unwirksam zu erklären;

2) die Nichtigkeit der Betriebsratswahl für den Standort H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 vom 19. bis 24. April 2006 festzustellen, hilfsweise diese Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären

3) hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2 festzustellen, dass der Betriebsrat des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 aus einer Person besteht.

Die Beteiligten zu 2 bis 5 haben beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Sie meinen, die beigestellten Arbeitnehmer seien uneingeschränkt der Arbeitgeberin zuzuordnen. Praktisch würden sämtliche Arbeitgeberfunktionen von ihr ausgeübt. Eine Beschäftigungsmöglichkeit für die beigestellten Arbeitnehmer bei der DRV-Nord bestehe nicht. Dort gebe es bereits jetzt einen Personalüberhang. Die IT-Verbindungsstelle sei besetzt.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Wegen der Gründe wird auf Bl. 7 - 17 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 118 - 128 d. A.) verwiesen.

Gegen den am 28.11.2006 verkündeten und der Arbeitgeberin am 01.12.2006 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 20.12.206 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 01.03.2006 - am 15.02.2006 begründet.

Sie wiederholt und vertieft ihre erstinstanzliche Argumentation und hebt insbesondere hervor, dass § 14 AÜG nach Aufhebung der zeitlichen Obergrenze für die Arbeitnehmerüberlassung auch bei einer dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung anwendbar sei.

Konkrete Planungen für die Rückkehr der beigestellten Arbeitnehmer zu den RV-Trägern bestünden nicht. Die von diesen Arbeitnehmern besetzten Planstellen würden bei den RV-Trägern jedoch weiterhin geführt, so dass bei Bedarf eine Rückkehr haushaltrechtlich ohne weitere Schwierigkeiten vollzogen werden könne. An den Standorten B., A. und L. hätten insgesamt 9 Mitarbeiter von ihrem Rückkehrrecht Gebrauch gemacht. 8 davon hätten vertragsgemäß eingesetzt werden können, lediglich ein Mitarbeiter sei mit seinem Einverständnis aus gesundheitlichen Gründen mit einer geringwertigeren Tätigkeit betraut worden.

Die Arbeitgeberin beantragt,

1) festzustellen, dass die Wahl der Antragsgegner und Beteiligten zu 3 bis 5 in den Betriebsrat des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 nichtig ist, hilfsweise die Wahl der Antragsgegner und Beteiligten zu 3 bis 5 in den Betriebsrats des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 für unwirksam zu erklären;

2) die Nichtigkeit der Betriebsratswahl für den Standort H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 vom 19. bis 24. April 2006 festzustellen, hilfsweise diese Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären

3) hilfsweise für den Fall des Unterliegens mit dem Antrag zu 2 festzustellen, dass der Betriebsrat des Standortes H. der Antragstellerin und Beteiligten zu 1 aus einer Person besteht.

Die Beteiligten zu 2 bis 5 beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die beigestellten Arbeitnehmer bei der Festlegung der Größe des zu wählenden Betriebsrats nach § 9 BetrVG zu berücksichtigen und auch gemäß § 8 BetrVG wählbar sind. § 14 AÜG ist nicht entsprechend anwendbar. Die streitgegenständliche Betriebsratswahl ist daher weder nichtig noch anfechtbar. Daher sind auch die Beteiligten zu 3 bis 5 wirksam gewählt worden. Die Feststellung, dass der Betriebsrat der Arbeitgeberin nur aus einer Person besteht, kann nicht getroffen werden. Im Einzelnen:

1. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die als Betriebsratsmitglieder bzw. als Ersatzmitglieder des Betriebsrats gewählten beigestellten Arbeitnehmer (Beteiligte zu 3. - 5.) an dem Beschlussverfahren beteiligt. Nach § 83 III ArbGG ist Beteiligter in einem arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren, wer durch die vom Antragsteller begehrte Entscheidung in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist. Das sind zum einen der Arbeitgeber und der Betriebsrat, zum anderen die Betriebsratsmitglieder, deren Wählbarkeit Gegenstand des Beschlussverfahrens ist (BAG v. 16.03.2005 - 7 ABR 40/04 - BAGE 114, 119; Bes. v. 12.10.1976 - 1 ABR 1/76 - BAGE 28, 203).

2. Die von der Arbeitgeberin gestellten Anträge sind zulässig. Das Feststellungsinteresse für den Antrag zu 2) ergibt sich daraus, dass die begehrte Feststellung die Arbeitgeberin bis zur Neuwahl eines Betriebsrats von der Beachtung betrieblicher Mitbestimmungsrechte freistellen würde.

Auch der Feststellungsantrag Antrag zu 1 sowie der dazu gestellte Hilfsantrag sind zulässig. Zwar sind die für die Entscheidung über diese Anträge wesentlichen Fragen - die Berücksichtigung der beigestellten Arbeitnehmer bei der Festlegung der Größe des bei der Arbeitgeberin zu bildenden Betriebsrats und die Wählbarkeit der beigestellten Arbeitnehmer - bereits im Rahmen der Entscheidung über die Anträge zu 2 zu klären. Da (wirksam) gewählte Betriebsratsmitglieder jedoch auch unabhängig von Gremium betriebsverfassungsrechtliche Rechte haben (vgl. § 37 II BetrVG), besteht ein Feststellungsinteresse des Arbeitgebers auch, soweit er die Wirksamkeit der Wahl einzelner Arbeitnehmer in den Betriebsrat in Abrede stellt.

Auch der hilfsweise gestellte Antrag zu 3) ist zulässig. Zwar kommt es für die Größe des Betriebsrats bei künftigen Wahlen auf die Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Wahl an, so dass eine zum gegenwärtigen Zeitpunkt getroffene Feststellung nicht zu einer endgültigen Klärung führen kann. Die Beteiligten streiten im Kern jedoch um die Frage, ob die beigestellten Arbeitnehmer bei der Größe des Betriebsrats zu berücksichtigen sind.

3. Sämtliche Anträge des Arbeitgebers sind jedoch unbegründet, weil die beigestellten Arbeitnehmer bei der Festlegung der Größe des Betriebsrats nach § 9 BetrVG zu berücksichtigen und auch nach § 8 BetrVG wählbar sind. Am Standort H. der Arbeitgeberin waren danach im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Wahl 21 Arbeitnehmer beschäftigt. Der Wahlvorstand hat folglich die Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder in zutreffender Anwendung von § 9 BetrVG auf 3 festgelegt. Die beigestellten Arbeitnehmer, namentlich die Beteiligten zu 3 bis 5, waren nach § 8 I BetrVG auch wählbar.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgericht ist sowohl für die Frage, ob Arbeitnehmer bei der Festlegung der Größe des Betriebsrats nach § 9 BetrVG zu berücksichtigen sind, als auch für die Frage der Wählbarkeit nach § 8 I BetrVG das Bestehen eines Arbeitsvertrags mit dem Arbeitgeber, bei dem der Betriebsrat gebildet werden soll, unabdingbare Voraussetzung (BAG v. 16.04.2003 - 7 ABR 53/02 - BAGE 106, 64 = NZA 03, 1345, Tz 15 ff; Bes. v. 22.10.2003 - 7 ABR 3/03 - BAGE 108, 185 = NZA 04, 1052, Tz 19 ff; Bes. v. 10.03.2004 - 7 ABR 49/03 - BAGE 110, 27 = NZA 04, 1340, Tz 15 ff; Bes. v. 20.04.2005 - 7 ABR 20/04 - NZA 05, 1006). Allein die Eingliederung in den Betrieb genüge nicht zur Begründung der Betriebszugehörigkeit. Daran habe sich durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für länger tätige Leiharbeitnehmer nichts geändert (BAG v. 16.04.2003, a.a.O. Tz 17). Die Einräumung einzelner betriebsverfassungsrechtlicher Befugnisse für Leiharbeitnehmer in § 14 AÜG belege vielmehr, dass der Gesetzgeber gerade keine Zugehörigkeit zum Entleiherbetrieb begründen wollte (BAG v. 10.03.2004, a.a.O., Tz 17). Das Bundesarbeitsgericht wendet § 14 AÜG auf alle Formen, insbesondere auch auf die nicht gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung an (BAG v. 10.03.2004, a.a.O.).

In der Literatur wird teilweise eine andere Auffassung vertreten, die primär auf die Einsatzmöglichkeit im Betrieb des Überlassenden abstellt (ErfK-Eisemann § 8 BetrVG Rz 3; Fitting u. a. § 7 BetrVG Rz 50; wohl auch Dörner in Wissmann-FS (2005), 286, 293). In seinem Beschluss vom 10.03.2004 (a.a.O., Tz 19 a. E.) hat das BAG ausgeführt, auch eine längerfristige Überlassung von Arbeitnehmern führe mangels einer arbeitsvertraglichen Bindung zum Entleiher nicht dazu, dass die überlassenen Arbeitnehmer zu Betriebsangehörigen des Entleiherbetriebs im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes werden, sofern sichergestellt sei, dass die Arbeitnehmer nicht auf Dauer überlassen würden. Das LAG Schleswig-Holstein hat in einem Beschluss vom 24.05.2007 (1 TaBV 64/06 - EzAÜG BetrVG Nr. 98) für die vorliegende Konstellation eine entsprechende Anwendung von § 14 AÜG abgelehnt und einen Verzicht auf das Erfordernis der arbeitsvertraglichen Bindung zum Betrieb, in dem der Betriebsrat gebildet werden soll, aus betriebsverfassungsrechtlichen Erwägungen für sachgerecht gehalten (a. a. O, Tz 64 ff). Gegen den Beschluss ist eine Rechtsbeschwerde anhängig (7 ABR 57/07).

b) Die erkennende Kammer folgt dem LAG Schleswig-Holstein aus folgenden Gründen.

aa) Die "Gestellung" von Arbeitnehmern im Rahmen der Ausgliederung eines Betriebsteils ist mit der Arbeitnehmerüberlassung nicht vergleichbar. Trotz Regelungslücke ist daher eine analoge Anwendung von § 14 AÜG nicht sachgerecht.

Die Aufhebung einer starren zeitlichen Obergrenze für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung hat nichts daran geändert, dass Arbeitnehmerüberlassung ihrem Wesen nach zeitlich begrenzt ist. Der Vertragsarbeitgeber behält sich die Disposition über die Arbeitnehmer vor, die entweder dazu führen kann, dass die Arbeitnehmer wieder im Betrieb des Vertragsarbeitgebers oder - wie typischerweise im Falle der Konzernleihe - auf Geheiß des Vertragsarbeitgebers in einem anderen Betrieb eingesetzt werden.

Die vorliegende Konstellation ist hingegen auf eine dauerhafte Beschäftigung der gestellten Arbeitnehmer bei der Arbeitgeberin ausgerichtet. Es handelt sich um eine typische Form der Ausgliederung von Betriebsteilen aus öffentlichen Verwaltungen, die dem Umstand Rechnung trägt, dass diese ohne Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer im Regelfall rechtlich nicht durchsetzbar ist, da die Arbeitnehmer dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses nach § 613 a VI BetrVG widersprechen können und dringende betriebliche Erfordernisse i. S. v. § 1 II KSchG regelmäßig selbst dort kaum darstellbar sind, wo Kündigungen nicht ohnehin tarifvertraglich ausgeschlossen sind. Den Arbeitnehmern wird deshalb ihr arbeitsvertraglicher Status durch den Vertragsarbeitgeber garantiert und regelmäßig auch ein Rückkehrrecht eingeräumt, obwohl die Rückkehr zum Vertragsarbeitgeber nicht erwünscht ist.

Für eine auf Dauer angelegte Ausgliederung der beigestellten Arbeitnehmer spricht, dass die Arbeitgeberin nach § 3 des Gesellschaftsvertrages zeitlich unbefristet bestehen soll. Da der einzige Zweck der Arbeitgeberin nach § 2 I des Gesellschaftsvertrages im Betrieb eines gemeinsamen Rechenzentrums für die beteiligten RV-Träger besteht, kann ausgeschlossen werden, dass die Gesellschafter planen, die Datenverarbeitung wieder dezentral in eigener Regie zu betreiben. Das Fortbestehen der Arbeitgeberin trotz des Austritts der Seekasse belegt, dass die in § 18 II des Gesellschaftsvertrages vorgesehene Fortsetzungsklausel auch praktisch umgesetzt wird.

Eine betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung der beigestellten Arbeitnehmer zur Arbeitgeberin wäre allerdings gleichwohl zu verneinen, wenn deren Rückkehr zu ihren jeweiligen Vertragsarbeitgebern geplant wäre, etwas nachdem mit ihrer Hilfe der Aufbau des gemeinsamen Rechenzentrums gelungen wäre. Nach Auffassung der Kammer müsste ein solches Rückkehrszenario jedoch spätestens im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Wahl konkrete Gestalt angenommen haben, um die Indizien für eine dauerhafte Überlassung des Personals an die Arbeitgeberin zu widerlegen.

Die Arbeitgeberin hat auf ausdrückliche Frage der Kammer eingeräumt, dass konkrete Rückeingliederungspläne zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorhanden sind. Daraus kann geschlossen werden, dass sie auch im Zeitpunkt der Wahl nicht bestanden haben. Dass die beteiligten RV-Träger in der Vergangenheit einzelne Rückkehrer vertragsgemäß weiterzubeschäftigen konnten, lässt eine solche Planung ebenso wenig verzichtbar erscheinen wie die Tatsache, dass sich die RV-Träger in der Lage sehen, ihre vertraglichen Verpflichtungen im Falle der Rückkehr einer größeren Anzahl von Arbeitnehmern zu erfüllen. Ohne eine solche konkrete Rückkehrplanung ist davon auszugehen, dass der dauerhafte Verbleib jedenfalls des weit überwiegenden Teils der beigestellten Arbeitnehmer der Absicht der beteiligten RV-Träger entspricht. Dafür spricht auch, dass die Arbeitgeberin der Behauptung der Antragsgegner nicht widersprochen hat, die IT-Verbindungsstellen seien besetzt und für weiteres Personal - auch mit sozialversicherungsrechtlichen Fachkenntnissen - bestehe kein Bedarf.

bb) Die Verneinung der Betriebszugehörigkeit der beigestellten Arbeitnehmer zur Arbeitgeberin würde dazu führen, dass diese betriebsverfassungsrechtlich unzureichend vertreten wären (so auch LAG Schleswig-Holstein, a.a.O., Tz 65).

Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, liegt der Schwerpunkt der einen Arbeitnehmer betreffenden Mitwirkungsrechte des Betriebsrats nicht im Bereich von Statusfragen, sondern bei den Angelegenheiten, die nach § 9 II des Rahmenvertrages auf die Arbeitgeberin übertragen worden sind. Auch die im Rahmen der Dienstanweisung vom 05.08.2004 erstellte Matrix der statusunabhängigen Aufgaben belegt, dass die Arbeitgeberin bei den weitaus meisten Angelegenheiten die entscheidende Instanz ist. Mitbestimmung im Interesse der beigestellten Arbeitnehmer kann deshalb nur bei ihr sinnvoll ausgeübt werden.

Nach Auffassung der Kammer ist dafür allein die Ausübung des (unstreitig bestehenden) aktiven Wahlrechts nicht ausreichend. Dies würde im vorliegenden Fall dazu führen, dass die Gruppe der beigestellten Arbeitnehmer, die 2/3 der Belegschaft am Standort H. stellt, von der aktiven Vertretung ihrer Interessen durch die Übernahme von Mandaten dauerhaft ausgeschlossen wäre. Auch bei ihrer ehemaligen Dienststelle haben jedenfalls die Arbeitnehmer, auf die das Hamburgische PersVG anwendbar ist, kein passives Wahlrecht, da sie der Dienststelle nicht mehr im Sinne von § 12 dieses Gesetzes angehören. Ob die Streichung von der Liste der dort Wahlberechtigten nach § 11 HambPersVG zu Recht erfolgt ist, kann dahinstehen.

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht erforderlich (vgl. Matthes, a.a.O., § 84 Rz 29ff).

IV.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf §§ 92 I i. V. m. 72 II Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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