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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.07.2005
Aktenzeichen: 10 Sa 1272/05
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG, KSchG


Vorschriften:

ArbGG § 85 Abs. 2
BetrVG § 102 Abs. 5
KSchG § 15 Abs. 4
KSchG § 15 Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.05.2005 - 6 (7) GA 30/05 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand: Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nimmt die Verfügungsklägerin - im Folgenden Klägerin genannt - die Verfügungsbeklagte - im Folgenden Beklagte genannt - auf ihre vorläufige tatsächliche Weiterbeschäftigung in Anspruch. Die am 25.09.1979 geborene Klägerin ist verheiratet und hat ein Kind. Seit dem 01.08.1999 ist sie bei der Beklagten zunächst als Auszubildende für den Beruf einer technischen Zeichnerin und nach Abschluss ihrer Berufsausbildung seit dem 08.06.2002 als technische Zeichnerin tätig. Seit dem 29.05.2002 ist die Klägerin Mitglied des im Betrieb der Beklagten gewählten Betriebsrates. Seit dem 02.02.2004 wurde die Klägerin aus betriebsbedingten Gründen vormittags in der Telefonzentrale im Betrieb der Beklagten eingesetzt und nachmittags mit Aufgaben im allgemeinen Verwaltungsbereich betraut. Nach der Geburt ihres Kindes und der Rückkehr aus der Mutterschutzfrist vereinbarten die Parteien am 24.11.2004 eine Änderung des Anstellungsvertrages (Bl. 11 d.A.), wonach die Klägerin ab dem 29.12.2004 als Telefonistin in der Telefonzentrale auf Teilzeitbasis in der zentralen Verwaltung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden beschäftigt wurde. In der Telefonzentrale der Beklagten war neben der Klägerin eine weitere Mitarbeiterin in Teilzeit beschäftigt. In der Telefonzentrale erledigte die Klägerin auch Arbeiten aus dem Bereich der zentralen Verwaltung. Ob die Telefonzentrale im Betrieb der Beklagten eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG darstellt, ist zwischen den Parteien streitig. Im Frühjahr 2005 beschloss die Beklagte, die Telefonzentrale aus Kostengründen zum 30.06.2005 zu schließen und beabsichtigte die ordentliche Kündigung der Klägerin aus betriebsbedingten Gründen. Mit Schreiben vom 18.03.2005 (Bl. 9 ff. d.A.), beim Betriebsrat eingegangen am 18.03.2005, hörte die Beklagte den Betriebsrat zu dieser beabsichtigten ordentlichen betriebsbedingten Kündigung der Klägerin an. Mit Schreiben vom 29.03.2005 (Bl. 7 f., 10 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten ordentlichen Kündigung. Im Widerspruch vom 21.03.2005 ist u.a. folgendes ausgeführt: "... Neben den Arbeiten als Telefonistin wurde für den Bereich der zentralen Verwaltung folgende nachstehende Arbeiten ausgeführt: - Prüfung von Ausgangsrechnungen - manuelle Erfassung von Stundenzetteln der gewerblichen Arbeitnehmer - Stundenzettel der gewerblichen Arbeitnehmer sortiert - Eingangsrechnungen sortieren - Postabfertigung - bis zum 15.03.2005 für den zentralen Verwaltungsbereich ausgehende Faxe versendet - Empfang Darüber hinaus ist zu prüfen, ob Frau B1xxx-C1xxxxx als technische Zeichnerin an einen anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens beschäftigt werden kann nach § 102 Abs. 3 Nr. 3. Des Weiteren ist zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen im kaufmännischen Bereich möglich ist nach § 102 Abs. 3 Nr. 4. Der Betriebsrat gibt zu bedenken, dass Frau B1xxx-C1xxxxx als alleinerziehende Mutter für das Familieneinkommen zuständig ist." Mit Schreiben vom 30.03.2005 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich aus betriebsbedingten Gründen zum 30.06.2005. Hiergegen erhob die Klägerin am 08.04.2005 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht - 6 Ca 1926/05 ArbG Dortmund. Im Gütetermin lehnte die Beklagte eine Weiterbeschäftigung der Klägerin über den 30.06.2005 hinaus ab. Mit dem am 12.05.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung machte die Klägerin daraufhin ihre sofortige Weiterbeschäftigung bei der Beklagten geltend. Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung (Bl. 6 d.A.) ist die Klägerin der Auffassung, ihr stehe ein Anspruch auf sofortige Weiterbeschäftigung aufgrund des Widerspruches des Betriebsrates nach § 102 Abs. 5 BetrVG zu. Hierzu hat sie behauptet, es sei eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der zentralen Verwaltung gegeben. Daraufhin habe sich der Betriebsrat in dem Widerspruch auch bezogen. Auch in der Vergangenheit habe sie weitere Tätigkeiten in der allgemeinen Verwaltung, wie Eingabe von Lieferantenrechnungen in den PC, sortieren von Belegen, Richtigkeitskontrolle von Lieferantenrechnungen, Prüfung von Ausgangsscheck auf rechnerische Richtigkeit sowie Erstellung von Lastschriften, verrichtet. Diese Tätigkeiten seien auch weiterhin zu erledigen. Ferner sei eine Weiterbeschäftigung im technischen Büro als technische Zeichnerin möglich. Eine Kündigung nach § 15 Abs. 5 KSchG komme nicht in Betracht. Die Telefonzentrale stelle keine eigene Abteilung des Betriebes der Beklagten dar, sondern sei Teil der zentralen Verwaltung. Bereits aus diesem Grund sei die Kündigung offensichtlich rechtsunwirksam. Für ihre sofortige Weiterbeschäftigung bestehe auch ein Verfügungsgrund, denn die Klägerin sei allein für die Versorgung ihrer Familie verantwortlich und daher auf die Einkünfte aus ihrer Tätigkeit zwingend angewiesen. Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden im Bereich der Verwaltung, hilfsweise im Bereich des technischen Büros weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Zulässigkeit einer einstweiligen Verfügung nach § 102 Abs. 5 BetrVG sei schon zweifelhaft. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates liege nicht vor. Bei der Telefonzentrale handele es sich um eine Betriebsabteilung, die die Beklagte aus betriebsbedingten Gründen geschlossen habe. Voraussetzung für einen ordnungsgemäßen Widerspruch sei es, dass der Betriebsrat in seinem Widerspruch einen freien Arbeitsplatz nenne, auf dem die Klägerin weiterbeschäftigt werden könne; daran fehle es. Der Betriebsrat habe sich nur darauf berufen, es sei zu prüfen, ob eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in Betracht komme. Freie Arbeitsplätze in der Verwaltung oder als technische Zeichnerin gebe es im Betrieb der Klägerin nicht. Die Kündigung sei auch nicht offensichtlich rechtsunwirksam. Die Beklagte könne die Klägerin im Wege des Direktionsrechtes nicht im Bereich der Verwaltung und auch nicht im technischen Büro beschäftigen. Der Arbeitsvertrag vom 24.11.2004 sehe eine derartige Möglichkeit nicht vor. Durch Urteil vom 19.05.2005 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, für den Erlass einer der begehrten einstweiligen Verfügung fehle es an einem Verfügungsgrund, das Vorbringen der Klägerin, sie sei auf ihre Vergütungsansprüche angewiesen, begründe keine Eilbedürftigkeit der Durchsetzung eines Weiterbeschäftigungsanspruches. Dass die Klägerin zur Erhaltung ihrer Fähigkeiten auf eine ständige Erbringung ihrer Arbeitsleistung besonders angewiesen sei, sei nicht erkennbar. Darüber hinaus fehle es an einem Verfügungsanspruch. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates, der einen Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG begründen könne, liege nicht vor. Der Betriebsrat habe nicht dargelegt, auf welchem konkreten Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung der Klägerin erfolgen könne. Auch ein allgemeiner Weiterbeschäftigungsanspruch sei nicht gegeben, weil die ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Klägerin zum 30.06.2005 nicht offensichtlich rechtsunwirksam sei. Bei der Telefonzentrale, die stillgelegt werde, handele es sich nämlich um eine Abteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG mit einem abgrenzbaren Betriebszweck. Gegen das der Klägerin am 25.05.2005 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 24.06.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese unter Vorlage einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 06.07.2005 (Bl. 49 d.A.) mit dem am 13.07.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Klägerin ist nach wie vor der Auffassung, ihr stehe ein vorläufiger Weiterbeschäftigungsanspruch zu. Der Widerspruch des Betriebsrates vom 29.03.2005 sei nämlich ordnungsgemäß. Die Tätigkeiten, die die Klägerin ausüben könne, ergäben sich aus dem Widerspruch. Mit diesen Tätigkeiten, die der Betriebsrat im Einzelnen geschildert habe, könne sie, die Klägerin, weiterbeschäftigt werden. Auch eine Weiterbeschäftigung im technischen Büro komme in Betracht. Im Betrieb der Beklagten gebe es noch drei technische Zeichner; ein technischer Zeichner arbeite mit dem Programm autocad, mit dem die Klägerin ebenfalls gearbeitet habe, als sie noch als technische Zeichnerin tätig gewesen sei. Darüber hinaus sei die ausgesprochene ordentliche Kündigung offensichtlich rechtswidrig. Eine Kündigung nach § 15 Abs. 5 KSchG komme offensichtlich nicht in Betracht, weil die Telefonzentrale nicht als Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG anzusehen sei. Sie sei, wie sich aus dem Arbeitsvertrag vom 24.11.2004 ergebe, Teil der allgemeinen Verwaltung der Beklagten. Darüber hinaus habe die Klägerin nicht nur Telefontätigkeiten in der Telefonzentrale erledigt, sie sei auch mit allgemeinen Verwaltungsarbeiten befasst gewesen. Bereits hieraus ergebe sich, dass die Telefonzentrale keinen eigenen Betriebszweck habe. Selbst bei Schließung der Telefonzentrale müsste die Klägerin, die Betriebsratsmitglied sei, in eine andere Abteilung von der Beklagten übernommen werden. Dies sei aus betrieblichen Gründen nicht unmöglich. Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 19.05.2005 - 6 (7) GA 30/05 - die Beklagte im Wege der einstweiligen Verfügung zu verurteilen, die Klägerin bis zur erstinstanzlichen Entscheidung im Kündigungsschutzverfahren - 6 Ca 1926/05 ArbG Dortmund - mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 24 Stunden im Bereich der Verwaltung, hilfsweise im Bereich des technischen Büros, weiterzubeschäftigen. Die Beklagte beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung vom 22.07.2005 (Bl. 87 d.A.) wiederholt die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und verteidigt das angefochtene Urteil. Sie ist nach wie vor der Auffassung, für die begehrte Weiterbeschäftigung fehle es an einem ordnungsgemäßen Widerspruch des Betriebsrates. Im Widerspruch vom 29.03.2005 sei kein konkreter Arbeitsplatz bezeichnet worden, an dem eine Beschäftigung der Klägerin möglich gewesen wäre. Neben ihrer Tätigkeit in der Telefonzentrale habe die Klägerin zuletzt lediglich schematische Arbeiten erledigt. Die Arbeitnehmerin Härri, die derzeit nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau befristet bis zum 30.09.2005 in einem Arbeitsverhältnis der Beklagten stehe, um Berufserfahrung im kaufmännischen Bereich in ihrem erlernten Beruf zu sammeln, könne die Klägerin, die über eine derartige Ausbildung nicht verfüge, nicht ersetzen. Darüber hinaus beschäftige die Beklagte in ihrer technischen Abteilung lediglich drei Techniker, aber keine technischen Zeichner. Auch diese Techniker könne die Klägerin nicht ersetzen. Dies ergebe sich aus dem Vorbringen der Beklagten im Kündigungsschutzverfahren. Auf den Schriftsatz der Beklagten vom 18.07.2005 im Kündigungsschutzverfahren werde Bezug genommen. Schließlich handele es sich bei der Telefonzentrale/Empfang auch um eine eigenständige Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG, die die Beklagte aus betriebsbedingten Gründen zum 30.06.2005 stillgelegt habe. Die eingehenden Telefonate würden derzeit vom Geschäftsleitungssekretariat erledigt. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze neben deren Anlagen Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Antrag der Klägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf ihre vorläufige Weiterbeschäftigung, als unbegründet abgewiesen. I. Ein Verfügungsanspruch der Klägerin auf tatsächliche Weiterbeschäftigung der Klägerin auch nach Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2005 ergibt sich nicht aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Nach § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen Verlangen hin nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, wenn er nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben hat, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist und der Betriebsrat der ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat. 1. Zwar hat die Klägerin gegen die Kündigung vom 30.03.2005 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden ist - 6 Ca 1926/05 ArbG Dortmund -. Die Berufungskammer geht auch davon aus, dass die Klägerin im Hinblick auf den Widerspruch des Betriebsrates vom 29.03.2005 ihre vorläufige Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG von der Beklagten verlangt hat. 2. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates liegt jedoch nicht vor. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Zwar hat der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung der Klägerin innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 widersprochen. Die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG ist eingehalten, nachdem das Schreiben der Beklagten vom 18.03.2005 am 18.03.2005 beim Betriebsrat eingegangen ist. In Folge der Osterfeiertage am 25.03.2005 verlängerte sich die Wochenfrist nach den §§ 188, 193 BGB nämlich bis zum 29.03.2005. Auch die Schriftform des § 102 Abs. 2 BetrVG ist eingehalten. Der Widerspruch des Betriebsrates vom 29.03.2005 ist dennoch nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Bei einer geplanten ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat gegen eine Kündigung nach pflichtgemäßem Ermessen Widerspruch einlegen, wenn einer der abschließend aufgezählten Tatbestände des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG vorliegt. Die Widerspruchsgründe müssen durch Angabe von konkreten Tatsachen erläutert werden. Fehlt es hieran, liegt ein ordnungsgemäßer Widerspruch nicht vor. Der Betriebsrat hat sich in seinem Widerspruch vom 29.03.2005 zunächst auf den Widerspruchsgrund des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG bezogen. Nach § 103 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG kann der Betriebsrat einer Kündigung widersprechen, wenn der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann. Hieran ist zwar nicht erforderlich, dass der Betriebsrat im Widerspruchsschreiben Tatsachen angibt, die schlüssig einen Widerspruchsgrund im Sinne des § 102 Abs. 3 BetrVG ergeben. Dem Betriebsrat ist jedoch ein Mindestmaß an konkreter Argumentation abzuverlangen; ein rein spekulativer Widerspruch etwa in dem Sinne, es seien im Betrieb anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten vorhanden, reicht nicht aus. Der Betriebsrat muss konkret darlegen, auf welchem freien Arbeitsplatz eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in Betracht kommt; hierbei muss der Arbeitsplatz zumindest in bestimmbarer Weise angegeben und der Bereich mitbezeichnet werden, in dem der Arbeitnehmer anderweitig beschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 17.06.1999 - AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 111; BAG, Urteil vom 11.05.2000 - AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 13; KR/Etzel, 6. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 163; APS/Koch, 2. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 196, 198, 200; ErfK/ Kania, 5. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 20 m.w.N.). Diesen Anforderungen wird der Widerspruch des Betriebsrates vom 29.03.2005 auch bei großzügiger Auslegung nicht gerecht. Zu Recht hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil bereits darauf hingewiesen, dass der Betriebsrat in seinem Widerspruch lediglich Tätigkeiten aufzählt, die die Klägerin in der Vergangenheit ausgeübt hat. Der Betriebsrat legt in seinem Widerspruch nicht dar, an welchem konkreten Arbeitsplatz die Klägerin im Betrieb der Beklagten weiterbeschäftigt werden könne. Die bloße Beschreibung der Tätigkeit, die die Klägerin in der Vergangenheit ausgeübt hat, ist unzureichend. Dies ergibt sich bereits daraus, dass ein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates auch dann nicht vorliegt, wenn der Arbeitnehmer auf seinem bisherigen Arbeitsplatz mit den bisher ausgeübten Tätigkeiten weiterbeschäftigt werden kann (BAG, Urteil vom 11.09.1985 - AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 7; LAG München, Urteil vom 02.03.1994 - NZA 1994, 1000 = BB 1994, 1287; ErfK/Kania, a.a.O., § 102 BetrVG Rz. 20; andere Auffassung: Fitting/Linsenmaier, BetrVG, 22. Aufl., § 102 Rz. 90; KR/Etzel, a.a.O., § 102 BetrVG Rz. 164). Einen freien Arbeitsplatz, an dem die Klägerin weiterbeschäftigt werden könnte, sei es im allgemeinen Verwaltungsbereich, sei es im Bereich des technischen Büros, hat der Betriebsrat in seinem Widerspruch nicht konkret und auch nicht in bestimmbarer Weise bezeichnet. Auch der Hinweis des Betriebsrates darauf, es müsse geprüft werden, ob die Klägerin als technische Zeichnerin an einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könne, zeigt, dass der Betriebsrat einen konkreten freien Arbeitsplatz, an dem eine Weiterbeschäftigung der Klägerin in Betracht kommen könnte, nicht aufgezeigt hat. Die Hinweise des Betriebsrates sind zu allgemein gehalten, um von einem ordnungsgemäßen Widerspruch im Sinne des § 102 Abs. 3 Nr. 3 BetrVG auszugehen. Das Gleiche gilt, soweit der Betriebsrat den Widerspruchsgrund des § 102 Abs. 3 Nr. 4 BetrVG in Anspruch genommen hat. Auch insoweit hat der Betriebsrat lediglich darauf hingewiesen, dass geprüft werden müsse, ob eine Weiterbeschäftigung nach zumutbaren Umständen im kaufmännischen Bereich in Betracht komme. Einen anderen freien Arbeitsplatz im kaufmännischen Bereich hat der Betriebsrat nicht angegeben. Der allgemeine Hinweis auf irgendeine Beschäftigungsmöglichkeit genügt für einen ordnungsgemäßen Widerspruch ebenso wenig wie die bloße Wiederholung der gesetzlichen Widerspruchsgründe. Soweit der Betriebsrat schließlich in seinem Widerspruch vom 29.03.2005 zu bedenken gegeben hat, dass die Klägerin als alleinerziehende Mutter für das Familieneinkommen zuständig ist, liegt ebenfalls kein ordnungsgemäßer Widerspruch im Sinne des § 102 Abs. 3 BetrVG vor. Es ist nicht erkennbar, welcher Widerspruchsgrund insoweit in Bezug genommen werden soll. Für eine Begründung des Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG wäre erforderlich gewesen, dass der Betriebsrat plausibel darlegt, warum ein anderer Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig sei. Mangels Vorliegens eines ordnungsgemäßen Widerspruchs des Betriebsrates kam es auf die Frage, ob es für den Weiterbeschäftigungsanspruch nach § 102 Abs. 5 BetrVG eines darüber hinausgehenden besonderen Verfügungsgrundes bedarf (vgl. einerseits: LAG Berlin, Urteil vom 15.09.1980 - DB 1980, 2449; LAG Hamburg, Urteil vom 14.09.1992 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 10; LAG Hamm, Urteil vom 24.01.1994 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 14; LAG Berlin, Urteil vom 16.09.2004 - LAG Rep 2005, 90 = LAGE BetrVG 2001 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 3; KR/Etzel, a.a.O., § 102 BetrVG Rz. 222; Fitting, a.a.O., § 102 Rz. 116; APS/Koch, a.a.O., § 102 Rz. 213; andererseits: LAG Köln, Urteil vom 18.01.1994 - NZA 1984, 57; LAG München, Urteil vom 10.02.1994 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 22 = NZA 1994, 997) nicht mehr an. II. Die Klägerin kann ihr Weiterbeschäftigungsbegehren auch nicht auf den allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch stützen. 1. Zwar hat der gekündigte Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte (BAG, Beschluss vom 27.02.1985 - AP BGB § 611 Beschäftigungspflicht Nr. 14) gemäß §§ 611, 613, 242 BGB, Art. 1 und 2 GG einen allgemeinen Beschäftigungsanspruch. Dieser Anspruch kann jedoch nach Ausspruch einer Kündigung und nach Ablauf der Kündigungsfrist außer im Falle einer offensichtlich unwirksamen Kündigung erst dann durchgesetzt werden, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess ein obsiegendes Urteil erstreitet. Bis zur Entscheidung der ersten Instanz im Kündigungsschutzprozess ist nach Ablauf der Kündigungsfrist ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers anzuerkennen. Diese Interessenlage ändert sich erst dann, wenn der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess ein obsiegendes Urteil erstreitet. 2. Diese Voraussetzungen für einen allgemeinen Beschäftigungsanspruches liegen im vorliegenden Fall nicht vor. a) Bislang ist erstinstanzlich nicht festgestellt worden, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.03.2005 nicht aufgelöst worden ist. Damit konnte ein überwiegendes Interesse der Klägerin an ihrer sofortigen Weiterbeschäftigung nicht festgestellt werden. b) Die Kündigung vom 30.03.2005 ist auch nicht offensichtlich unwirksam. Auch dies hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend erkannt. Zwar genießt die Klägerin als Betriebsratsmitglied den besonderen Kündigungsschutz des § 15 KSchG. Eine außerordentliche Kündigung gemäß § 15 Abs. 1 KSchG hat die Beklagte nicht ausgesprochen. Als ordentliche Kündigung kommt lediglich eine Kündigung nach § 15 Abs. 5, 4 KSchG in Betracht. Insoweit hat die Beklagte die Kündigung vom 30.03.2005 ausdrücklich mit der Schließung der Telefonzentrale, in der die Klägerin zuletzt aufgrund des schriftlichen Änderungsvertrages vom 24.11.2004 beschäftigt war, begründet. Ob die Telefonzentrale als eigenständige Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG angesehen werden kann, ist aber zwischen den Parteien höchst streitig. Jedenfalls erscheint die Auffassung der Beklagten, bei der Telefonzentrale handele es sich um eine Betriebsabteilung im Sinne des § 15 Abs. 5 KSchG nicht von vornherein abwegig; dieser Auffassung ist immerhin auch das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil gefolgt. Die Parteien streiten darüber im Kündigungsschutzverfahren darüber hinaus auch darüber, ob die Klägerin nicht in eine andere Betriebsabteilung der Beklagten übernommen werden kann. Zwar muss der Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 18.10.2000 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 49; BAG, Urteil vom 13.06.2002 - AP BGB § 615 Nr. 97; BAG, Urteil vom 14.02.2002 - AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 21) bei Stilllegung einer Betriebsabteilung und einer daraus notwendig werdenden Kündigung eines Betriebsratsmitglieds versuchen, andere geeignete Arbeitsplätze durch Umsetzung und notfalls durch Kündigung freizumachen, um u.a. den mit § 15 KSchG verfolgten Schutzzweck der Kontinuität des Betriebsratsmandates dadurch zu gewährleisten, dass die personelle Zusammensetzung während der Dauer des Mandats möglichst unverändert bleibt. Erst recht muss der Arbeitgeber dem Betriebsratsglied freie Arbeitsplätze in anderen Betriebsabteilungen anbieten; eine Kündigung ist frühestens dann möglich, wenn die Verhandlungen über die bestehenden Umsetzungsmöglichkeiten endgültig gescheitert sind und damit feststeht, dass eine Vermeidung der Kündigung durch eine Umsetzung unmöglich ist. Die Beklagte hat jedoch im Kündigungsschutzverfahren 6 Ca 1926/05 ArbG Dortmund im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen eine Umsetzung der Klägerin in eine andere Abteilung aus betrieblichen Gründen nicht möglich ist. Dies ergibt sich im Einzelnen aus dem erstinstanzlichen Schriftsatz vom 18.07.2005. Hiernach kann auch die Übernahme der Klägerin in eine andere Betriebsabteilung auf einem gleichwertigen Arbeitsplatz nicht als offensichtlich möglich angesehen werden. III. Die Klägerin hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert (§ 63 GKG)

Ende der Entscheidung

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