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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.09.2004
Aktenzeichen: 10 Sa 345/04
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 72 Abs. 4
BetrVG § 102 Abs. 2 Satz 1
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 1
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 2
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 3
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 4
BetrVG § 102 Abs. 3 Nr. 5
BetrVG § 102 Abs. 5
BetrVG § 102 Abs. 5 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Verfügungsbeklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 1.02.2004 - 1 Ga 1/4 - wird auf Kosten der Verfügungsbeklagten zurückgewiesen.

Tatbestand: Im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren nimmt der Verfügungskläger - im Folgenden Kläger genannt - die Verfügungsbeklagte - im Folgenden Beklagte genannt - auf seine vorläufige tatsächliche Beschäftigung in Anspruch. Der am 03.02.1963 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Seit dem 29.09.1992 ist er als gewerblicher Arbeitnehmer bei der Beklagten, die mit ca. 180 Mitarbeitern Fenster, Türen, Wintergärten, Rollladen sowie Profilsysteme aus Holz, Kunststoff und Aluminium produziert und montiert, zu einem Monatsverdienst von etwa 1.850,00 EUR brutto beschäftigt. Bis Mai 2003 war der Kläger in der Abteilung Verglasung eingesetzt, in der Glas in die gefertigten Türen und Fenster eingesetzt werden; zudem hatte er dort auch Lagertätigkeiten übernommen. Seit Mai 2003 war der Kläger als Springer in der Kunststoffabteilung eingesetzt; dort war er unter anderem mit dem Zuschnitt von Kunststoffprofilen befasst und bediente eine hierfür erforderliche Maschine; ferner setzte er Sprossen per Hand in die jeweiligen Profile ein, sägte Kleinteile mit der Elektrosäge zu und war auch mit der Montage der Anschläge in die jeweiligen Profile beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge der holz- und kunststoffverarbeitenden Industrie Nordwest-Deutschland Anwendung. Mit Schreiben vom 15.09.2003 (Bl. 29 ff. d.A.) hörte die Beklagte den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung von sechs Mitarbeitern, unter ihnen der Kläger, an. Dem Schreiben vom 15.09.2003 war eine Übersicht über die Umsatz-/Mitarbeiterzahlen (Bl. 31 f. d.A.) sowie eine Liste der vergleichbaren Mitarbeiter (Bl. 33 d.A.) beigefügt. Das an den Betriebsrat gerichtete Schreiben der Beklagten vom 15.09.2003 ging dem Betriebsrat im Rahmen der mündlichen Erörterungen der beabsichtigten Kündigungen am 24.09.2003 zu. Mit Schreiben vom 24.09.2003 (Bl. 22 d.A.) widersprach der Betriebsrat der beabsichtigten Kündigung des Klägers unter Hinweis auf § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG. Im Schreiben vom 24.09.2003, der Beklagten zugegangen am 29.09.2003, ist ferner Folgendes ausgeführt: "Begründung: Der Kollege/Kollegin ist in der Abteilung Verglasung und als Springer beschäftigt. Er ist 40 Jahre alt. In anderen Abteilungen sind andere Arbeitnehmer auf vergleichbaren Arbeitsplätzen beschäftigt, die eine Kündigung sozial nicht so hart treffen würde. Von den Sozialdaten sind Arbeitnehmer auf Grund der Betriebszugehörigkeit und des Alters nicht so schutzwürdig. Desweiteren ist Herr V5xxxxxxxx durch seine Springertätigkeit universell und auf vielen Arbeitsplätzen einsetzbar." Gleichzeitig widersprach der Betriebsrat auch den beabsichtigten Kündigungen der übrigen fünf Mitarbeiter. Insoweit wird auf den Inhalt der übrigen Widerspruchsschreiben vom 24.09.2003 (Bl. 34 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit Schreiben vom 29.09.2003 (Bl. 17 d.A.) kündigte die Beklagte das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen fristgerecht zum 31.01.2004. Hiergegen erhob der Kläger am 10.10.2003 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht - 1 Ca 2221/03 ArbG Minden -. Kammertermin ist in diesem Kündigungsschutzverfahren sowie in den fünf weiteren Kündigungsschutzverfahren auf den 25.05.2004 anberaumt. Mit Schreiben vom 18.11.2003 (Bl. 21 d.A.) machte der Kläger ausdrücklich seine Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG geltend. Die Beklagte lehnte jedoch eine Weiterbeschäftigung des Klägers über den 31.01.2004 hinaus ab. Unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung des Klägers (Bl. 18 f. d.A.) sowie des Betriebsratsvorsitzenden (Bl. 42 d.A.) verlangte der Kläger daraufhin mit dem am 04.02.2004 beim Arbeitsgericht Minden eingegangenen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seine sofortige Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse ihn aufgrund des Widerspruchs des Betriebsrates weiterbeschäftigen. Der Widerspruch des Betriebsrates sei ordnungsgemäß. Wenn er trotz des Widerspruchs des Betriebsrates gegen seine Kündigung nicht auf Weiterbeschäftigung dränge, könne der Eindruck entstehen, er habe sich etwas zu Schulden kommen lassen. Aufgrund der Terminierung im Kündigungsschutzverfahren am 25.05.2004 sei wegen des erheblichen Zeitablaufs bis zu diesem Zeitpunkt ein endgültiger Rechtsverlust zu erwarten, die seine spätere Integration in den Betriebsablauf erheblich gefährden und erschweren würde. Der Kläger hat beantragt, der Beklagten aufzugeben, ihn zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Springer in der Kunststoffabteilung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits im Hauptsacheverfahren 1 Ca 2221/03 tatsächlich weiterzubeschäftigen. Die Beklagte hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen. Sie hat unter Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers (Bl. 43 d.A.) die Auffassung vertreten, es liege kein ordnungsgemäßer Widerspruch des Betriebsrates nach § 102 Abs. 5 BetrVG vor, der die Beklagte zur Weiterbeschäftigung verpflichte. Der Widerspruch des Betriebsrates sei zu pauschal, letztlich ins Blaue hinein, bei allen sechs beabsichtigten Kündigungen habe der Betriebsrat mit dem gleichen Wortlaut und damit nicht formgerecht und ordnungsgemäß widersprochen. Vergleichbare Arbeitnehmer habe der Betriebsrat nicht namentlich benannt. Durch Urteil vom 10.02.2004 hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Klägers stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, der Widerspruch des Betriebsrates vom 24.09.2003 sei ordnungsgemäß, er genüge den strengen Anforderungen der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der Kreis der vergleichbaren, aber sozial schutzwürdigeren Arbeitnehmer sei anhand abstrakter Merkmale bestimmbar. Diese vergleichbaren Arbeitnehmer brauche der Betriebsrat in seinem Widerspruch nicht namentlich zu benennen. Der im Falle des Klägers vom Betriebsrat erhobene Widerspruch sei mit den übrigen Widersprüchen vom 24.09.2003 nicht wortgleich und identisch. Gegen das der Beklagten am 16.02.2004 zugestellte Urteil, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Beklagte am 23.02.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese zugleich begründet. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts hält die Beklagte den Widerspruch des Betriebsrates vom 24.09.2003 nach wie vor nicht für ordnungsgemäß. Der im vorliegenden Verfahren erhobene Widerspruch sei im Wesentlichen wortgleich mit den übrigen Widersprüchen. Ein ordnungsgemäßer Widerspruch müsse so konkret sein, dass der Arbeitgeber ermitteln könne, welcher Arbeitnehmer sozial schutzwürdiger sei. Wenn der Betriebsrat vergleichbare andere Arbeitnehmer nicht konkret benenne, weil er diese nicht ans Messer liefern wolle, so müsse das Widerspruchsschreiben dennoch so konkret anhand abstrakter Merkmale abgefasst sein, dass der Arbeitgeber trotz nicht namentlicher Nennung der vergleichbaren Arbeitnehmer durch den Betriebsrat diese anhand abstrakter Merkmale tatsächlich ermitteln könne. Aufgrund des Widerspruches vom 24.09.2003 könne der Arbeitgeber nicht erkennen, welche Arbeitnehmer der Betriebsrat als weniger sozial schutzwürdig als den Kläger ansehe. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.02.2004 - 1 Ga 1/04 - abzuändern und den Antrag des Klägers zurückzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und ist nach wie vor der Auffassung, dass der Widerspruch des Betriebsrates vom 24.09.2003 auch in Anwendung der Grundsätze der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.07.2003 ordnungsgemäß sei. Es handele sich gerade nicht um einen pauschalen Widerspruch wie in dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zugrunde liegenden Sachverhalt. Aufgrund des Widerspruches des Betriebsrates vom 24.09.2003 seien die in die Sozialauswahl einzubeziehenden Mitarbeiter bestimmbar. Der Betriebsrat habe in seinem Widerspruch zutreffend auf die Tätigkeit des Klägers als Springer hingewiesen. Damit stehe fest, dass der Betriebsrat zumindest die Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einbezogen wissen wollte, auf deren Arbeitsplatz der Kläger wenigstens innerhalb der jüngsten Vergangenheit eingesetzt worden sei. Hinsichtlich dieser Arbeitnehmer bezeichne der Betriebsrat auch die Sozialkriterien, die gegenüber den zusätzlich in die Sozialauswahl einbezogenen Mitarbeitern für eine größere Schutzwürdigkeit des Klägers sprächen, nämlich die Betriebszugehörigkeit und das Alter. Damit habe der Betriebsrat nicht pauschal der Kündigung des Klägers widersprochen. Im Übrigen sei das Weiterbeschäftigungsbegehren des Klägers auch schon aufgrund des allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruches begründet. Die Kündigung vom 29.09.2003 sei wegen fehlerhafter Betriebsratsanhörung offensichtlich unwirksam. Im Anhörungsschreiben habe die Beklagte es unterlassen mitzuteilen, in welcher Gehaltsgruppe der Kläger eingestuft gewesen sei. Zudem habe sie als Tätigkeitsbereich allein "Verglasung" angegeben. Der Kläger sei aber seit Mai 2003 in der Kunststoffabteilung und zudem als Springer eingesetzt gewesen. Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. I Zu Recht hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Klägers auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, gerichtet auf seine vorläufige Weiterbeschäftigung, stattgegeben. 1. Der Verfügungsanspruch des Klägers auf tatsächliche Weiterbeschäftigung auch nach Ablauf der Kündigungsfrist am 31.01.2004 ergibt sich aus § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Danach muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auf dessen Verlangen hin nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen, wenn er nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben hat, dass sein Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist und der Betriebsrat zuvor seiner ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen hat. a) Der Kläger hat mit Schreiben vom 18.11.2003 im Hinblick auf den Widerspruch des Betriebsrats vom 24.09.2003 seine vorläufige Weiterbeschäftigung nach § 102 Abs. 5 BetrVG von der Beklagten verlangt, nachdem er gegen die Kündigung vom 29.09.2003 Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erhoben hat. Mit dem Arbeitsgericht steht auch die Berufungskammer auf dem Standpunkt, dass der Widerspruch des Betriebsrates vom 24.09.2003 form- und fristgerecht erhoben worden ist. Mit Schreiben vom 24.09.2003 hat der Widerspruch die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG eingehalten, nachdem er mit Schreiben vom 15.09.2003, bei ihm eingegangen am 24.09.2003, zu der beabsichtigten Kündigung des Klägers angehört worden ist. Der Widerspruch ist auch schriftlich erhoben worden. b) Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten ist der Widerspruch auch hinsichtlich seiner Begründung ordnungsgemäß im Sinne des § 102 Abs. 5 Satz 1 BetrVG. Bei einer geplanten ordentlichen Kündigung kann der Betriebsrat gegen eine Kündigung nach pflichtgemäßem Ermessen Widerspruch einlegen, wenn einer der abschließend aufgezählten Tatbestände des § 102 Abs. 3 Nr. 1 bis 5 BetrVG vorliegt. Die Widerspruchsgründe müssen durch Angabe von konkreten Tatsachen erläutert werden. Macht der Betriebsrat mit seinem Widerspruch nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG geltend, der Arbeitgeber habe zu Unrecht Arbeitnehmer nicht in die Sozialauswahl einbezogen, müssen diese Arbeitnehmer vom Betriebsrat entweder konkret benannt oder anhand abstrakter Merkmale bestimmbar seien. Aus dem Widerspruch des Betriebsrats muss sich hinreichend deutlich ergeben, welche Arbeitnehmer im Hinblick auf ihre soziale Schutzwürdigkeit zu vergleichen sein sollen. Den hierfür erforderlichen Sachvortrag kann der Arbeitgeber nur leisten, wenn der oder die nach Auffassung des Betriebsrates weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer jedenfalls identifizierbar sind. Zur Begründung des Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG ist darüber hinaus weiter erforderlich, dass der Betriebsrat plausibel darlegt, warum ein anderer Arbeitnehmer sozial weniger schutzwürdig sei. Der Betriebsrat hat aufzuzeigen, welche Gründe aus seiner Sicht zu einer anderen Bewertung der sozialen Schutzwürdigkeit führen (BAG, Urteil vom 09.07.2003 - AP BetrVG 1972 § 102 Weiterbeschäftigung Nr. 14 - NZA 2003, 1191 - DB 2003, 2233). Diesen Anforderungen an die Ordnungsgemäßheit eines Widerspruchs nach § 102 Abs. 3 Nr. 1 BetrVG wird der Widerspruch des Betriebsrates vom 24.09.2003 gerecht. Das hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend festgestellt. Zwar hat der Betriebsrat in seinem Widerspruch vom 24.09.2003 nicht diejenigen Arbeitnehmer konkret benannt, die nach Auffassung des Betriebsrates in die soziale Auswahl hätten mit einbezogen werden müssen. Aus dem Widerspruchsschreiben vom 24.09.2003 waren aber diejenigen Arbeitnehmer, die der Betriebsrat in die soziale Auswahl einbezogen wissen wollte, anhand abstrakter Merkmale bestimmbar. Der Betriebsrat hat nämlich in seinem Widerspruchsschreiben vom 24.09.2003 zunächst auf die Tätigkeit des Klägers in der Abteilung Verglasung sowie auf seine weitere Tätigkeit als Springer hingewiesen. Ferner hat er sodann darauf hingewiesen, dass in anderen Abteilungen auf vergleichbaren Arbeitsplätzen andere Arbeitnehmer beschäftigt seien, die eine Kündigung sozial nicht so hart treffen würde. Der Beklagten war bekannt, dass der Kläger zuletzt als Springer an mehreren Arbeitsplätzen in der Kunststoffabteilung beschäftigt gewesen ist. Darüber hinaus hat der Betriebsrat dargelegt, warum nach seiner Auffassung weniger sozial schutzwürdigere Arbeitnehmer vorhanden seien. Der Betriebrat hat nämlich ausdrücklich auf die Betriebszugehörigkeit und das Alter dieser neben dem Kläger beschäftigten Mitarbeiter verwiesen. Damit hat der Betriebsrat auf diejenigen Arbeitnehmer in anderen Abteilungen als in der Verglasung und der Kunststoffabteilung verwiesen, die jünger als der Kläger sind und eine geringere Betriebszugehörigkeit als der Kläger aufweisen. Damit war der Kreis der aus Sicht des Betriebsrates vergleichbaren, aber sozial weniger schutzwürdigeren Arbeitnehmer für den Arbeitgeber anhand abstrakter Merkmale bestimmbar. Dies ist ausreichend. Auch die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts fordert nicht, dass der Betriebsrat die Arbeitnehmer, die der Betriebsrat für sozial schutzwürdiger hält, konkret benennt. Ob tatsächlich in anderen Abteilungen als in der Verglasung oder in der Kunststoffabteilung vergleichbare Mitarbeiter von der Beklagten weiterbeschäftigt werden, die weniger sozial schutzwürdig sind als der Kläger, wird im Kündigungsschutzverfahren zu überprüfen sein. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Urteil auch zu Recht darauf hingewiesen, dass - anders als in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 09.07.2003 - der Betriebsrat vorliegend auch keineswegs allen sechs beabsichtigten betriebsbedingten Kündigungen mit dem gleichen formularmäßigen Wortlaut widersprochen hat. In den Widersprüchen zu den beabsichtigten Kündigungen der Mitarbeiter S4xxxx-N1xxx, H6xxxxxxxxxx und R3xxxxx hat der Betriebsrat - im Gegensatz zum Widerspruch im vorliegenden Fall - zusätzlich auf den Familienstand der vergleichbaren Mitarbeiter Bezug genommen. Im Fall des Arbeitnehmers R4xxxxx hat der Betriebsrat den Kreis vergleichbarer Mitarbeiter allein auf die Abteilung Fenster/Türen-Kunststoff erstreckt. Bei dem Arbeitnehmer R3xxxxx hat der Betriebsrat demgegenüber den Kreis vergleichbarer Mitarbeiter auf "dessen" Abteilung Dachbau/Lager und auf andere Abteilungen bezogen. Demgegenüber hat der Betriebsrat im Fall des Klägers auf seine universelle Einsetzbarkeit aufgrund der ausgeübten Springertätigkeit abgestellt. Damit sind in jedem Einzelfall andere weniger sozial schutzwürdige Arbeitnehmer jedenfalls bestimmbar bezeichnet worden. 2. Auch die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche besondere Dringlichkeit ist gegeben. Der Kläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass angesichts des Kammertermins im Kündigungsschutzverfahren wegen des erheblichen Zeitablaufs ein endgültiger Rechtsverlust zu erwarten ist. Dies ist für die Annahme eines Verfügungsgrundes im Verfahren nach § 102 Abs. 5 BetrVG ausreichend. Eines darüber hinausgehenden besonderen Verfügungsgrundes bedarf es im vorliegenden Verfahren nicht (LAG Berlin, Urteil vom 15.09.1980 - DB 1980, 2449; LAG Hamburg, Urteil vom 14.09.1992 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 10 = NZA 1993, 140; LAG Nürnberg, Urteil vom 27.10.1992 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 11; LAG Hamm, Urteil vom 24.01.1994 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 14; KR/Etzel, 6. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 222; ErfK/Hanau/Kania, 3. Aufl., § 102 BetrVG Rz. 36; Raab, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 102 Rz. 184; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 102 Rz. 117; Däubler/Kittner/Klebe, BetrVG, 8. Aufl., § 102 Rz. 266; APS/Koch, § 102 BetrVG Rz. 213 m.w.N.; a.A.: LAG Köln, Urteil vom 18.01.1984 - NZA 1984, 57; LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 30.08.1993 - NZA 1995, 683; LAG München, Urteil vom 10.02.1994 - LAGE BetrVG 1972 § 102 Beschäftigungspflicht Nr. 22 = NZA 1994, 997; vgl. auch: Reidel, NZA 2000, 454, 461). II Die Beklagte hat die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen. Der Streitwert hat sich in der Berufungsinstanz nicht geändert, § 25 GKG.

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