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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 21.08.2009
Aktenzeichen: 10 TaBV 157/08
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 29
BetrVG § 33
BetrVG § 37 Abs. 6
BetrVG § 40
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 20.08.2008 - 1 BV 37/07 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Kosten für die Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung.

Der Arbeitgeber betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Aufgrund eines Anerkennungstarifvertrages finden im Betrieb des Arbeitgebers die Tarifverträge des Einzelhandels Anwendung. Die einzelnen Filialen sind organisatorisch bestimmten Bezirken zugeordnet, die organisatorisch vier in der Bundesrepublik gebildeten Vertriebsbüros untergeordnet sind.

Für den Bezirk H1/R1 ist ein Betriebsrat, der aus sieben Personen besteht, gewählt. Die Beteiligte zu 3. ist seit 2003/04 Betriebsratsvorsitzende.

In der Zeit vom 15.03. bis 19.03.2004 nahm die Beteiligte zu 3. an einer betriebsverfassungsrechtlichen Schulungsveranstaltung "Soziale Angelegenheiten (BR 3)" teil, das Grundwissen für die Betriebsratsarbeit vermittelte. Das Seminar diente der Einführung in die betriebliche Mitbestimmung und das Mitbestimmungsverfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Unter anderem wurden die einzelnen Felder der sozialen Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 13 BetrVG (z.B.: Ordnung des Betriebes, Arbeitszeitregelungen, technische (Kontroll-) Einrichtungen, betriebliche Lohngestaltung) behandelt. Auf den Themenplan (Bl. 101 d.A.) wird Bezug genommen.

In der Zeit vom 18.01. bis 20.01.2005 nahm die Beteiligte zu 3. an einem weiteren Seminar für Betriebsratsmitglieder teil, das "Aktuelle Themen der Betriebsratsarbeit bei S1" behandelte. Dieses Seminar befasste sich unter anderem mit der "Mitwirkung und Mitbestimmung von Betriebsräten bei Stundenänderungen und Personalsollzahlenänderungen in Verkaufsstellen, Änderung der Tätigkeit und des Einsatzortes sowie bei Arbeitszeitfragen und Vertretungsregelungen". Auf den weiteren Inhalt des Seminarangebots (Bl. 15 d.A.) wird Bezug genommen.

Bereits im April bzw. August 2004 beabsichtigte die Beteiligte zu 3., an einem weiteren von ver.di b + b geplanten Seminar "Arbeitszeitregelungen im Einzelhandel" teilzunehmen, das tarifliche Regelungen zur Arbeitszeit im Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in Nordrhein-Westfalen behandeln sollte (Bl. 14 d.A.). Die im April bzw. August 2004 geplanten Seminare fielen jedoch aus (Bl. 24, 83 d.A.).

In seiner Sitzung vom 16.03.2007 beschloss der Betriebsrat erneut, die Beteiligte zu 3. zu dem von ver.di b + b veranstalteten Seminar "Tarifvertrag Einzelhandel, alles um die Arbeitszeit" in der Zeit vom 18.04. bis 20.04.2007 in H4 zu entsenden. Auf den Seminarplan dieses Seminars (Bl. 4 d.A.) wird ebenfalls Bezug genommen. Zu der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 war schriftlich eingeladen worden (Bl. 49 d.A.). Auf das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 (Bl. 48 d.A.) wird Bezug genommen. Ob der Beschluss des Betriebsrats vom 16.03.2007 ordnungsgemäß zustande gekommen ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Schreiben vom 16.03.2007 (Bl. 47 d.A.) teilte der Betriebsrat dem Arbeitgeber den am 16.03.2007 gefassten Beschluss über die Entsendung der Beteiligten zu 3. zu dem streitigen Seminar mit.

Der Arbeitgeber verweigerte gegenüber dem Betriebsrat mit Schreiben vom 05.04.2007 (Bl. 40 d.A.) eine Kostenübernahme mit der Begründung, die Seminarteilnahme sei nicht erforderlich.

Trotz der Ablehnung des Arbeitgebers nahm die Beteiligte zu 3. an dem vom 18.04. bis 20.04.2007 in H4 stattfindenden Seminar teil.

Der Seminarveranstalter ver.di b + b übersandte am 20.03.2007 der Beteiligten zu 3. eine Rechnung über Seminargebühren in Höhe von 430,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer (Bl. 209 d.A.). Auf die Rechnung des Seminarhotels (Bl. 218 a d.A.) teilte der Seminarveranstalter ver.di b + b der Beteiligten zu 3. mit Schreiben vom 24.04.2007 (Bl. 210, 255 d.A.) mit, dass er gegenüber der Bildungsstätte/dem Seminarhotel mit einem Betrag in Höhe von 286,00 € in Vorlage getreten sei, und bat die Beteiligte zu 3. um Überweisung dieses Betrages.

Da der Arbeitgeber die Seminargebühren und die Kosten für Übernachtung und Verpflegung nicht zahlte, fasste der Betriebsrat auf seiner Sitzung vom 18.05.2007 (Protokoll Bl. 85 f. d.A) unter TOP 9 folgenden Beschluss:

"Der BR beschließt, aufgrund dessen das die Firma S1 die Kosten für das von Frau B3 besuchte Seminar 'Arbeitszeit' in H4 vom 18.04.2007 - 20.04.2007 nicht übernimmt, wird der BR zur Wahrung seiner Interessen Klage einreichen und die Kanzlei H3 beauftragen."

Im Beschwerdeverfahren hat der Betriebsrat eine Einladung zu der Betriebsratssitzung vom 18.05.2007 (Bl. 211 d.A.) vorgelegt. Ob der Betriebsratsbeschluss vom 18.05.2007 ordnungsgemäß gefasst worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit dem am 21.06.2007 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin die Freistellung der Beteiligten zu 3. von den entstandenen Kosten geltend.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, er habe ordnungsgemäß die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 beschlossen.

Auch der Betriebsratsbeschluss zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens sei ordnungsgemäß gefasst worden.

Die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar sei für die Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen. Die Beteiligte zu 3. habe keine ausreichenden Kenntnisse im Bereich der Arbeitszeit gehabt. Zwar seien einige Kenntnisse im arbeitsrechtlichen Grundseminar über das Arbeitszeitgesetz vermittelt worden, jedoch hierbei nur die Problematik der Höchstarbeitszeit, Ruhepausen etc.. Das streitige Seminar habe jedoch spezielle Kenntnisse im Bereich der tarifvertraglichen Regelungen im Einzelhandel vermittelt. Es habe sich um das erste Seminar des Betriebsrats dieser Art gehandelt. Entsprechende Kenntnisse habe die Beteiligte zu 3. nicht gehabt. Diese Kenntnisse seien jedoch für die Betriebsratsarbeit erforderlich gewesen, da die Arbeitgeberin den Einzelhandelstarifvertrag anwende. Daher sei es für den Betriebsrat notwendig, sich über diesen Tarifvertrag Kenntnisse anzueignen, auch wenn kein konkreter Anlass vorliege.

Die Arbeitgeberin beabsichtige im Übrigen, Arbeitszeitkonten einzurichten. Dies ergebe sich aus der Mitteilung an das Verkaufsbüro vom 02.02.2007 (Bl. 87 d.A.); Betriebsrat und Arbeitgeber hätten über Arbeitszeitkonten verhandelt.

Außerdem komme es immer wieder zu Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten hinsichtlich der Arbeitszeit. So komme es immer wieder vor, dass Verkaufsstellen nicht besetzt seien und Sollzahlen unterschritten würden. Der Arbeitgeber schlage teilweise vor, die geleisteten Stunden auf andere Wochen zu verschieben; dies bedeute im Ergebnis die Einführung eines Arbeitszeitkontos.

Als Dauerthema würden Ladenöffnungszeiten diskutiert. In diesem Zusammenhang seien die Regelungen des Tarifvertrages Einzelhandel über die Arbeitszeit, die Teilzeitarbeit, die Mehrarbeit/Überstunden, die Spätöffnungs- und Samstagsarbeit sowie die Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit von Bedeutung. Entsprechendes gelte für die Frage von Zuschlägen für derartige Arbeitszeiten.

Die Frage von verlängerten Öffnungszeiten stünde vor Weihnachten wieder an. Für den Betriebsrat stelle sich immer wieder die Frage, ob und in welchem Umfang Spätöffnungszeiten und die Verkürzung von Öffnungszeiten vom Tarifvertrag gedeckt seien.

Der Betriebsrat hat beantragt,

die Arbeitgeberin zu verurteilen, die Betriebsratsvorsitzende K1 B3 von der Forderung der ver.di Bildung + Beratung gGmbH in Höhe von 797,70 € freizustellen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat bestritten, dass der Betriebsrat ordnungsgemäße Beschlüsse über die Entsendung der Beteiligten zu 3. zu dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 sowie über die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten gefasst habe. Der Betriebsrat habe auch nicht vorgetragen, dass unter Angabe aller Tagesordnungspunkte sämtliche Betriebsratsmitglieder ordnungsgemäß geladen worden seien.

Darüber hinaus sei die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar nicht erforderlich gewesen. Die Betriebsratsvorsitzende verfüge bereits über fundierte Kenntnisse im Zusammenhang mit der Arbeitszeit, weil sie entsprechende Seminare besucht habe. Der Betriebsrat habe auch nicht vorgetragen, aus welchem Grunde es einer Schulung eines bereits vier Jahre alten Tarifvertrages bedurft habe. Dem Betriebsrat seien die tariflichen Regelungen hinlänglich bekannt. Darüber hinaus befinde sich der Tarifvertrag in der Nachwirkung.

Der Arbeitgeber beabsichtige auch nicht, Arbeitszeitkonten einzuführen. Ausweislich des Themenplanes seien Regelungen für Arbeitszeitkonten auch nicht Gegenstand des streitigen Seminars gewesen.

Auch für längere Öffnungszeiten bestehe kein aktueller betriebsbezogener Anlass.

Umfang von Mehrarbeit und Überstunden und deren Anordnung hätten nichts mit einer Arbeitszeitflexibilisierung zu tun.

Durch Beschluss vom 20.08.2008 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrats abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Freistellungsantrag sei bereits unzulässig, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß nachgewiesen habe, dass ein ordnungsgemäßer Beschluss zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens gefasst worden sei. Insbesondere sei nicht dargelegt worden, dass alle ordentlichen Betriebsratsmitglieder mit Tagesordnungspunkten ordnungsgemäß geladen worden seien. An der Betriebsratssitzung vom 18.05.2007 hätten lediglich fünf Betriebsratsmitglieder teilgenommen. Danach könne auch nicht von einer Heilung des Betriebsratsbeschlusses vom 18.05.2007 ausgegangen werden. Im Übrigen sei der Antrag aber auch unbegründet. Die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 sei nicht erforderlich gewesen, weil die Beteiligte zu 3. bereits seit mindestens 2004 Betriebsratsvorsitzende sei, an entsprechenden Grundlagenschulungen, die auch Arbeitszeitfragen zum Gegenstand gehabt hätten, teilgenommen habe und insoweit von ausreichenden Kenntnissen über die tarifliche Arbeitszeit ausgegangen werden müsse. Einen konkreten aktuellen Anlass für die Schulungsbedürftigkeit der Beteiligten zu 3. habe der Betriebsrat nicht substantiiert darzulegen vermocht.

Gegen den dem Betriebsrat am 10.09.2008 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 10.10.2008 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis zum 10.12.2008 mit dem am 10.12.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, er habe am 18.05.2007 einen ordnungsgemäßen Beschluss über die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens gefasst. Zu der Betriebsratssitzung vom 18.05.2007 sei ordnungsgemäß mit Tagesordnungspunkten eingeladen worden (Bl. 211 d.A.). Der Betriebsrat tage wöchentlich. Alle Betriebsratsmitglieder seien eine Woche zuvor von der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden persönlich durch Übergabe des Einladungsschreibens geladen worden. Für die am 18.05.2007 erkrankte Betriebsratsvorsitzende Frau B3 sei das Ersatzmitglied Frau L1 geladen worden. Die Betriebsratsmitglieder Frau K7 und Frau S5 seien ebenfalls geladen worden, sie seien jedoch plötzlich erkrankt.

Auch der Entsendebeschluss vom 16.03.2007 sei auf der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 ordnungsgemäß gefasst worden. Zu der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 sei ebenfalls eine Woche zuvor ordnungsgemäß unter Mitteilung der Tagesordnung schriftlich eingeladen worden.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an der Schulungsveranstaltung vom 18.04. bis 20.04.2007 sei erforderlich gewesen. Das streitige Seminar habe sich nicht nur mit Arbeitszeitfragen befasst. Am dritten Tag seien auch weitere Themen wie Aushilfen, Urlaub, Freistellung, Elternurlaub etc. behandelt worden. Jedoch habe das Thema Arbeitszeit im Vordergrund gestanden. Die Erforderlichkeit der Seminarteilnahme sei auch nicht durch den Besuch der Beteiligten zu 3. von anderen Schulungsveranstaltungen ausgeschlossen. Auf den zuvor besuchten Seminaren sei es hauptsächlich um die Frage gegangen, wie Betriebsvereinbarungen zu formulieren seien und wie diese inhaltlich gestaltet werden könnten. Auf die tariflichen Sonderregelungen im Einzelhandel sei nur nebenbei eingegangen worden. Wie der Betriebsrat festgestellt habe, hätten gerade die besonderen Kenntnisse der tariflichen Regelungen gefehlt. Unzutreffend sei es auch, dass dem Betriebsrat aus der täglichen Arbeit der Tarifvertrag bekannt sei. Die Betriebsratsarbeit werde nur "nebenberuflich" betrieben. Es fänden wöchentlich Betriebsratssitzungen statt, in denen die Schwierigkeiten in den einzelnen Filialen besprochen würden. Neben der Arbeitszeit würden dann noch Arbeitnehmer in den unterschiedlichen Filialen besucht, sofern dort Schwierigkeiten aufträten. Für das Studium des Tarifvertrages und der einschlägigen Rechtsprechung sei dann keine Zeit mehr. Bei den Betriebsratsmitgliedern seien einschlägige Kenntnisse des Tarifvertrages nicht vorhanden, so habe man in der Vergangenheit nicht qualifiziert über die Arbeitszeit und insbesondere über Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen sprechen können.

In der Vergangenheit sei es immer wieder zu Überschreitungen der Arbeitszeit, zum kurzfristigen Einsatz von Aushilfen und zur Verlängerung von Öffnungszeiten gekommen. Der Betriebsrat habe nicht entscheiden können, ob die vom Arbeitgeber aufgestellten Anweisungen zulässig gewesen seien.

Der Arbeitgeber sei immer flexibel mit der Arbeitszeit der Mitarbeiter umgegangen. Sofern Mitarbeiter ihre vertragliche Arbeitszeit überschritten hätten, habe der Arbeitgeber diese Stunden in die Folgemonate übertragen. Erst aufgrund der auf dem streitigen Seminar vermittelten Kenntnisse sei dem Betriebsrat klar geworden, dass es sich insofern um Arbeitszeitkonten handele.

Aus dem Schreiben des Betriebsrats an den Arbeitgeber vom 02.02.2007 (Bl. 87 d.A.) gehe auch hervor, dass der Arbeitgeber sich die flexible Arbeitszeit, die der Tarifvertrag einräume, zu Nutze machen wolle. Dem Betriebsrat sei jedoch nicht bekannt gewesen, welche Flexibilität der Tarifvertrag überhaupt vorsehe, ein Schutz der Arbeitnehmer sei nicht gewährleistet, ohne entsprechende Kenntnisse könne der Betriebsrat nicht auf einer Ebene mit dem Arbeitgeber verhandeln.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 20.08.2008 - 1 BV 37/07 - abzuändern und die Arbeitgeberin zu verurteilen, die Betriebsratsvorsitzende K1 B3 von den Forderungen der ver.di Bildung und Beratung gGmbH in Höhe von 746,10 € freizustellen.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er bestreitet nach wie vor die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens und zur Entsendung der Beteiligten zu 3. zu dem streitigen Seminar.

Im Übrigen ist er der Auffassung, dass die Seminarteilnahme mit der Beteiligten zu 3. nicht erforderlich gewesen sei. Es fehle insbesondere an einem aktuellen betriebsbezogenen Anlass für die Schulungsteilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007. Die Beteiligte zu 3. habe bereits an mehreren Seminaren teilgenommen, in denen auch Arbeitszeitfragen behandelt worden seien. Aus welchen Gründen nunmehr die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 erforderlich sei, sei nicht vorgetragen worden. Die Beteiligte zu 3. sei bereits seit Jahren Betriebsratsvorsitzende und kenne auch die Bestimmungen des Manteltarifvertrages für den Einzelhandel. Das Beschwerdevorbringen des Betriebsrats sei unrichtig und werde bestritten. Der Arbeitgeber beabsichtige gerade nicht, Arbeitszeitkonten einzuführen. Ein konkreter Schulungsbedarf habe nicht bestanden.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Erklärungen der Beteiligten zu Protokoll des Anhörungstermins vor der Beschwerdekammer vom 21.08.2009 ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.

I.

Der vom Betriebsrat gestellte Freistellungsantrag ist zulässig.

1. Der Betriebsrat verfolgt sein Begehren zutreffend im Beschlussverfahren nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1, 81 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit streitig. Sie streiten nämlich um einen auf die §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 6 BetrVG gestützten Anspruch auf Freistellung von Kosten, die durch die Schulung von Betriebsratsmitgliedern entstanden sind (BAG, 15.01.1992 - 7 ABR 23/90 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41).

2. Das Arbeitsgericht hat neben dem antragstellenden Betriebsrat und dem Arbeitgeber auch zu Recht das an der streitigen Schulungsveranstaltung teilnehmende Betriebsratsmitglied, die Beteiligte zu 3., am vorliegenden Verfahren beteiligt. Aus § 83 Abs. 3 ArbGG ergibt sich, dass sich die Beteiligungsbefugnis nach materiellem Betriebsverfassungsrecht bestimmt. Beteiligter in allen Beschlussverfahren ist daher, wer von der zu erwartenden Entscheidung in einem betriebsverfassungsrechtlichen Recht oder Rechtsverhältnis unmittelbar betroffen wird. Die einzelnen Betriebsratsmitglieder, die an einer Schulungsmaßnahme teilnehmen, sind grundsätzlich aus abgeleitetem Recht beteiligungsbefugt, selbst wenn der Betriebsrat von seinem Recht Gebrauch macht, den Arbeitgeber auf Kostenerstattung an das einzelne Betriebsratsmitglied in Anspruch zu nehmen (BAG, 15.01.1992 - 7 ABR 23/90 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41; BAG, 30.03.1994 - 7 ABR 45/93 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 42; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl., § 83 Rn. 61 m.w.N.). Die Beteiligte zu 3. am vorliegenden Verfahren zu beteiligen, war umso mehr erforderlich, als sie durch Rechnung des Seminarveranstalters vom 28.03.2007 sowie aufgrund des Schreibens vom 24.04.2007 direkt in Anspruch genommen worden ist.

3. Entgegen der Rechtsauffassung des Arbeitgebers ist der Antrag des Betriebsrats nicht wegen nicht ordnungsgemäßer Beschlussfassung des Betriebsrats zur Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten mit der Durchführung des vorliegenden Beschlussverfahrens unzulässig.

a) Der Arbeitgeber hat nicht bestritten, dass dem Verfahrensvertreter eine Vollmacht im Sinne der §§ 80, 81 ZPO zur Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens erteilt worden ist. Gemäß § 88 Abs. 2 ZPO war danach ein entsprechender Nachweis nicht zu erbringen.

b) Der Betriebsrat hat die Einleitung des Beschlussverfahrens und die Vollmachtserteilung an seine Verfahrensvertreter wirksam beschlossen.

Ein solcher Beschluss ist sowohl zur Verfahrenseinleitung als auch zur wirksamen Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich (BAG, 05.04.2000 - 7 ABR 6/99 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 33; BAG, 18.02.2003 - 1 ABR 17/02 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 11; BAG, 20.04.2005 - 7 ABR 44/04 - AP BetrVG 1972 § 38 Nr. 30; BAG, 30.09.2008 - 1 ABR 54/07 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71 m.w.N.). Fehlt es daran, ist der Betriebsrat gerichtlich nicht wirksam vertreten, ein Prozessrechtsverhältnis kommt nicht zustande. Für den Betriebsrat gestellte Anträge wären unbeachtlich und als unzulässig abzuweisen.

Zwar hat der Arbeitgeber erst- und zweitinstanzlich ausdrücklich bestritten, dass der Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens ein wirksamer Beschluss des Betriebsrats zugrunde gelegen habe. Im Streitfall ist aber davon auszugehen, dass der Betriebsrat die Einleitung des Verfahrens und die Beauftragung seiner Verfahrensbevollmächtigten wirksam beschlossen hat. Der am 18.05.2007 gefasste Betriebsratsbeschluss ist nicht nichtig.

Ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluss erfordert, dass der Beschluss nach § 33 Abs. 1 BetrVG mit der Mehrheit der Stimmen der anwesenden Mitglieder gefasst wird. Ein Betriebsrat ist nur beschlussfähig, wenn mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilnimmt, § 33 Abs. 2 BetrVG. Betriebsratsbeschlüsse können auch grundsätzlich nur auf einer ordnungsgemäßen Sitzung des Betriebsrats gefasst werden. Die Beschlussfassung setzt insoweit eine ordnungsgemäße Ladung der Betriebsratsmitglieder unter Mitteilung der Tagesordnung voraus, § 29 Abs. 2 und 3 BetrVG.

Die Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens und die Beauftragung der Verfahrensbevollmächtigten sind durch den wirksamen Beschluss des Betriebsrats vom 18.05.2007 gedeckt. Der Betriebsrat hat auf seiner Sitzung vom 18.05.2007 mit fünf Stimmen den Beschluss gefasst, wegen der Kosten der Seminarteilnahme der Beteiligten zu 3. ein Beschlussverfahren einzuleiten und hiermit seine Verfahrensbevollmächtigten zu beauftragen. Dies ergibt sich aus dem Protokoll der Betriebsratssitzung vom 18.05.2007.

Gegen die Wirksamkeit des Beschlusses vom 18.05.2007 kann auch nicht mehr eingewandt werden, dass die teilnehmenden Betriebsratsmitglieder nicht ordnungsgemäß zu der Betriebsratssitzung vom 18.05.2007 unter Mitteilung der Tagesordnung eingeladen worden wären. Zwar hat der Betriebsrat in erster Instanz eine derartige Einladung nicht vorgelegt. Dies hat er jedoch durch Vorlage des Einladungsschreibens, das die entsprechenden Tagesordnungspunkte enthielt (Bl. 211 d.A.), im Beschwerdeverfahren nachgeholt. Im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 21.08.2009 hat der Betriebsrat ferner näher dargelegt, welche Betriebsratsmitglieder ordentlich gewählte Betriebsratsmitglieder und wer die Ersatzmitglieder gewesen sind. Hieraus ergibt sich, dass aufgrund von Erkrankungen der Betriebsrat am 18.05.2007 lediglich mit fünf Personen getagt hat. Soweit der Arbeitgeber die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats über die Einleitung des vorliegenden Verfahrens zweitinstanzlich weiter bestritten hat, ist dieses Bestreiten unsubstantiiert. Legt der Betriebsrat die Einhaltung der Voraussetzungen für einen wirksamen Beschluss des Gremiums über die Einleitung eines Gerichtsverfahrens im Einzelnen und unter Beifügung von Unterlagen dar, ist ein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen durch den Arbeitgeber unbeachtlich (BAG, 09.12.2003 - 1 ABR 44/02 - AP BetrVG 1972 § 33 Nr. 1). Insoweit war es unzureichend, dass der Arbeitgeber im vorliegenden Verfahren die Richtigkeit des Betriebsratsvorbringens weiterhin nur pauschal mit Nichtwissen bestritt. Der Arbeitgeber hätte nach den Darlegungen des Betriebsrats vortragen müssen, in welchen einzelnen Punkten und weshalb die Behauptungen des Betriebsrats nicht als wahr zu erachten seien (BAG, 09.12.2003 - 1 ABR 44/02 - AP BetrVG 1972 § 33 Nr. 1; BAG, 30.09.2008 - 1 ABR 54/07 - AP BetrVG 1972 § 80 Nr. 71). Dies ist nicht geschehen. Insbesondere nach den Erörterungen im Anhörungstermin vom 21.08.2009 ist die Wirksamkeit der Beschlussfassung des Betriebsrats vom 18.05.2007 vom Arbeitgeber nicht mehr infrage gestellt worden.

II.

Der Antrag des Betriebsrats auf Freistellung von Kosten für die streitige Schulungsveranstaltung ist unbegründet.

Der Arbeitgeber ist zur Tragung der Schulungskosten für die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an der streitigen Schulungsmaßnahme vom 18.04. bis 20.04.2007 nach § 40 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 6 BetrVG nicht verpflichtet.

1. Nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG zur Tätigkeit des Betriebsrats im Sinne des § 40 Abs. 1 BetrVG gehört und daher Schulungskosten als Kosten der Betriebsratstätigkeit anzusehen sind (BAG, 15.01.1992 - 7 ABR 23/90 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 41; BAG, 28.06.1995 - 7 ABR 55/94 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 48; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 24. Aufl., § 40 Rn. 66; ErfK/Eisemann, 9. Aufl., § 40 BetrVG Rn. 9 m.w.N.).

Da der Betriebsrat grundsätzlich selbst nicht vermögensfähig ist, geht bei Streitigkeiten über die Kosten des Betriebsrats sein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Übernahme der Kosten oder für den Fall, dass eine Verbindlichkeit begründet worden ist, auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit. Soweit der Betriebsrat wegen der Schulungskosten selbst in Anspruch genommen wird, hat er einen entsprechenden Freistellungsanspruch gegenüber dem Arbeitgeber. Wird dagegen das Betriebsratsmitglied selbst in Anspruch genommen, kann auch dem einzelnen Betriebsratsmitglied ein Freistellungsanspruch zustehen. Daneben kann - wie im vorliegenden Fall - auch der Betriebsrat den Freistellungsanspruch des einzelnen Betriebsratsmitglieds geltend machen (BAG, 27.03.1979 - 6 ABR 15/77 - AP ArbGG 1953 § 80 Nr. 7; BAG, 04.06.2003 - 7 ABR 42/02 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 136; Fitting, a.a.O., § 40 Rn. 92 f. m.w.N.).

2. Der Freistellungsanspruch hinsichtlich der geltend gemachten Seminarkosten ist nicht schon deshalb unbegründet, weil es an einem ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss hinsichtlich der Entsendung der Beteiligten zu 3. zu der streitigen Schulungsveranstaltung vom 18.04. bis 20.04.2007 gefehlt hat.

Zwar setzt eine Kostentragungspflicht des Arbeitgebers für entstandene Schulungskosten in formeller Hinsicht zunächst voraus, dass der Betriebsrat die Teilnahme des Betriebsratsmitglieds an der von ihm besuchten Schulungsveranstaltung vorher ordnungsgemäß beschlossen hat. Ohne einen entsprechenden ordnungsgemäßen Betriebsratsbeschluss ist der Arbeitgeber weder zur Kostentragung noch zur Freistellung von entsprechenden Kosten verpflichtet (BAG, 07.06.1989 - 7 ABR 26/88 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, 08.03.2000 - 7 ABR 11/98 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 68; Fitting, a.a.O., § 40 Rn. 71; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 11. Aufl., § 37 Rn. 124 f. m.w.N.).

Entgegen der Auffassung des Arbeitgebers lag der Entsendung der Beteiligten zu 3. zu der Schulungsveranstaltung vom 18.04. bis 20.04.2007 jedoch ein wirksamer Betriebsratsbeschluss vom 16.03.2007 zugrunde. Der Arbeitgeber kann, nachdem der Betriebsrat das Protokoll der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 sowie die Einladung zu dieser Betriebsratssitzung einschließlich der einzelnen Tagesordnungspunkte vorgelegt hat (Bl. 48, 49 d.A.), die ordnungsgemäße Beschlussfassung des Betriebsrats nicht länger bestreiten. Spätestens aufgrund der Anhörung des Betriebsrats im Anhörungstermin vom 21.08.2009 ist klargestellt worden, welche Betriebsratsmitglieder zu der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 geladen worden sind und welche Betriebsratsmitglieder an dieser Betriebsratssitzung teilgenommen haben. Die Beteiligte zu 3. hat ausdrücklich zu Protokoll der Sitzung der Beschwerdekammer vom 21.08.2009 erklärt, dass sie an der Betriebsratssitzung vom 16.03.2007 teilgenommen habe und es lediglich unterlassen habe, ihre Anwesenheit durch ihre Unterschrift zu bestätigen. Nach den Ausführungen des Betriebsrats im Anhörungstermin vom 21.08.2009 muss von einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung in der Sitzung vom 16.03.2007 ausgegangen werden. Der Arbeitgeber konnte die Richtigkeit des Betriebsratsbeschlusses vom 16.03.2007 nicht länger pauschal mit Nichtwissen bestreiten. Er hätte vielmehr darlegen müssen, in welchen einzelnen Punkten und weshalb die Behauptungen des Betriebsrats gleichwohl nicht als wahr zu erachten seien. Das ist nach den Erörterungen im Anhörungstermin vom 21.08.2009 nicht mehr geschehen.

3. Der Arbeitgeber ist zur Tragung der Schulungskosten für die Beteiligte zu 3. für deren Teilnahme an streitigen Schulungsmaßnahmen nicht verpflichtet.

Zu Recht ist das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss davon ausgegangen, dass vom Betriebsrat nicht in ausreichender Weise dargelegt worden ist, dass auf der Schulungsveranstaltung vom 18.04. bis 20.04.2007 Kenntnisse vermittelt worden sind, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich waren.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Schulungsveranstaltungen dann für die Betriebsratsarbeit erforderlich, wenn der Betriebsrat sie unter Berücksichtigung der konkreten betrieblichen Situation benötigt, um seine derzeitigen oder demnächst anfallenden Arbeiten sachgerecht wahrnehmen zu können. Hierzu bedarf es regelmäßig der Darlegung eines aktuellen, betriebsbezogenen Anlasses, um annehmen zu können, dass die auf der Schulungsveranstaltung zu erwerbenden Kenntnisse derzeit oder in naher Zukunft von dem zu schulenden Betriebsratsmitglied benötigt werden, damit der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte sach- und fachgerecht ausüben kann (BAG, 09.10.1973 - 1 ABR 6/73 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4; BAG, 06.11.1973 - 1 ABR 26/73 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 6; BAG, 27.09.1974 - 1 ABR 71/73 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 18; BAG, 06.07.1989 - 7 ABR 26/88 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, 15.02.1995 - 7 AZR 670/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 106, BAG, 19.07.1995 - 7 ABR 49/94 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 110; Fitting, a.a.O., § 37 Rn. 140, 14 f.; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 11. Aufl., § 37 Rn. 92 f.; GK/Weber, BetrVG, 8. Aufl., § 37 Rn. 156 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rn. 16; Richardi/Thüsing, BetrVG, 11. Aufl., § 37 Rn. 86 m.j.w.N.). Für die Frage, ob eine sachgerechte Wahrnehmung der Betriebsratsaufgaben die Schulung gerade des zu der Schulungsveranstaltung entsandten Betriebsratsmitglieds erforderlich machte, ist darauf abzustellen, ob nach den aktuellen Verhältnissen des einzelnen Betriebes Fragen anstehen oder in absehbarer Zukunft anstehen werden, die der Beteiligung des Betriebsrats unterliegen und für die im Hinblick auf den Wissensstand des Betriebsrats und unter Berücksichtigung der Aufgabenverteilung im Betriebsrat eine Schulung gerade dieses Betriebsratsmitglieds geboten erscheint.

Einer konkreten Darlegung der Erforderlichkeit des aktuellen Schulungsbedarfs bedarf es allerdings dann nicht, wenn es sich um die Vermittlung von Grundkenntnissen im Betriebsverfassungsrecht oder im allgemeinen Arbeitsrecht für ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied handelt. Kenntnisse des Betriebsverfassungsgesetzes als der gesetzlichen Grundlage für die Tätigkeit des Betriebsrats sind ebenso wie Kenntnisse im allgemeinen Arbeitsrecht unabdingbar Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit (BAG, 21.11.1978 - 6 ABR 10/77 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 35; BAG, 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, 07.06.1989 - 7 ABR 26/88 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, 20.12.1995 - 7 ABR 14/95 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 113; Fitting, a.a.O., § 37 Rn. 143 f.; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rn. 95 f., GK/Weber, a.a.O., § 37 Rn. 164 f.; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rn. 17 m.w.N.). Die Vermittlung von Grundkenntnissen des allgemeinen Arbeitsrechts ist stets, ohne einen aktualitätsbezogenen Anlass, als eine erforderliche Kenntnisvermittlung im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG abzusehen (BAG, 15.05.1986 - 6 ABR 74/83 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; Fitting, a.a.O., § 37 Rn. 144; GK/Weber, a.a.O., § 37 Rn. 166; DKK/Wedde; a.a.O., § 37 Rn. 96; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rn. 17).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Entsendung eines Betriebsratsmitglieds zu einer Schulung erforderlich ist, handelt es sich um die Anwendung eines unbestimmten Rechtsbegriffs, der dem Betriebsrat einen gewissen Beurteilungsspielraum offen lässt. Das gilt insbesondere für den Inhalt der Veranstaltung als auch für deren Dauer (BAG, 15.05.1986 - 6 ABR 74/83 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 54; BAG, 16.10.1986 - 6 ABR 14/84 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, 07.06.1989 - 7 ABR 26/88 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 67; BAG, 15.01.1997 - 7 ABR 14/96 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 118; Fitting, a.a.O., § 37 Rn. 174; GK/Weber, a.a.O., § 37 Rn. 195; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rn. 127; ErfK/Eisemann, a.a.O., § 37 BetrVG Rn. 16).

b) Unter Berücksichtigung der vorgenannten Grundsätze konnte auch die Beschwerdekammer nicht davon ausgehen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar erforderlich gewesen ist.

aa) Auf dem streitigen Seminar sind Kenntnisse der Bestimmungen des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer im Einzelhandel NRW vermittelt worden. Dies ergibt sich aus dem vom Betriebsrat vorgelegten Themenplan für das streitige Seminar (Bl. 4 d.A.). Bei dem Betrieb des Arbeitgebers handelt es sich auch um einen Einzelhandelsbetrieb. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Bestimmungen des Einzelhandelstarifvertrages im Betrieb des Arbeitgebers angewendet werden. Bereits hieraus ergibt sich grundsätzlich, dass zur sachgerechten Erledigung der Betriebsratsarbeit auch konkrete Kenntnisse über die tariflichen Bestimmungen erforderlich sind. Auch die Vermittlung von Kenntnissen der Bestimmungen der Tarifverträge, die für einen Betrieb maßgebend sind, kann grundsätzlich als erforderlich im Sinne des § 37 Abs. 6 BetrVG angesehen werden (BAG, 09.10.1973 - 1 ABR 6/73 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 4; LAG Hamm, 11.03.1981 - 3 TaBV 125/80 - DB 1981, 1678; LAG Niedersachsen, 21.03.1986 - 12 TaBV 13/85 -; Fitting, a.a.O., § 37 Rn. 149; DKK/Wedde, a.a.O., § 37 Rn. 108; GK/Weber, BetrVG, 8. Aufl., § 37 Rn. 169).

bb) Der Betriebsrat hat aber trotz des ihm zustehenden Beurteilungsspielraums nicht darzulegen vermocht, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an dem Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 erforderlich gewesen ist. Dies hat bereits das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht erkannt.

Die konkrete Darlegung der Erforderlichkeit eines aktuellen Schulungsbedarfs der Beteiligten zu 3. ist nicht bereits deshalb entbehrlich gewesen, weil auf dem Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht oder im allgemeinen Arbeitsrecht vermittelt worden sind.

Bei den auf dem streitigen Seminar behandelten Themen handelt es sich vielmehr um Spezialkenntnisse, für die es eines konkreten, betriebsbezogenen Anlasses bedarf, um die Erforderlichkeit der Kenntnisvermittlung festzustellen. Die Schulungsveranstaltung vom 18.04. bis 20.04.2007 stellt kein sogenanntes Einführungsseminar oder Grundlagenseminar dar. Dies ergibt sich bereits aus dem vom Betriebsrat vorgelegten Themenplan. Zwar gehören Grundkenntnisse über die Wirkung von im Betrieb anwendbaren Tarifverträgen zu den Grundkenntnissen der Betriebsratsmitglieder. Ausweislich des vorgelegten Seminarplans ist aber auf dem Seminar keine generelle Vermittlung von Kenntnissen hinsichtlich der Bestimmungen des Einzelhandelstarifvertrages erfolgt, sondern die Kenntnisvermittlung bezog sich ganz konkret auf einen bestimmten Bereich, nämlich den der Arbeitszeit. Die tariflichen Bestimmungen des Einzelhandelstarifvertrages werden seit Jahren aufgrund eines Anerkennungstarifvertrages in den Betrieben des Arbeitgebers angewandt. Da die Beteiligte zu 3. mindestens seit dem Jahre 2004 Mitglied und Vorsitzende des Betriebsrats ist, musste auch davon ausgegangen werden, dass ihr die einschlägigen Tarifverträge aus ihrer täglichen Arbeit hinlänglich inhaltlich bekannt sind. Aus welchen Gründen im Jahre 2007 noch ein aktueller betriebsbezogener Schulungsbedarf bestanden hat, ergibt sich bereits insoweit nicht automatisch. Die Erforderlichkeit der Vermittlung von Kenntnissen über einen für den Betrieb maßgebenden Tarifvertrag kann regelmäßig nur dann angenommen werden, wenn tarifvertragliche Bestimmungen neu in Kraft treten. Die tarifvertraglichen Bestimmungen, die Gegenstand der Schulung vom 18.04. bis 20.04.2007 gewesen sind, wurden im Betrieb des Arbeitgebers jedoch seit Jahren angewandt.

Darüber hinaus kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Beteiligte zu 3. aufgrund der Teilnahme an vorhergehenden Schulungsmaßnahmen über bestimmte Erfahrungen und Kenntnisse, insbesondere auch im Bereich der Arbeitszeit verfügte. Die Beteiligte zu 3. hat in der Zeit vom 15.03. bis 19.03.2004 an einem betriebsverfassungsrechtlichen Seminar teilgenommen, das sich unter anderem auch mit Mitbestimmungsfragen nach § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG befasste. Vom 18.01. bis 20.01.2005 hat die Beteiligte zu 3. an einem Seminar teilgenommen, das aktuelle Themen der Betriebsratsarbeit bei S1 behandelte. Gegen-stand dieses Seminars sind ebenfalls Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats bei Stundenänderungen und Personalsollzahlenänderungen in Verkaufsstellen, Änderungen der Tätigkeit und des Einsatzortes sowie bei Arbeitszeitfragen und Vertretungsregelungen gewesen. Dies ist bei der Beschlussfassung des Betriebsrats über die Entsendung der Beteiligten zu 3. zu der streitigen Schulungsmaßnahme nicht ausreichend berücksichtigt worden. Zu den persönlichen Vorkenntnissen eines Betriebsratsmitglieds gehören nämlich auch die auf vorangegangenen Schulungen vermittelten Kenntnisse und dass durch langjährige Tätigkeit im Betriebsrat erworbene Erfahrungswissen (BAG, 16.10.1986 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 58; BAG, 19.03.2008 - 7 ABR 2/07 -; BAG, 07.05.2008 - 7 AZR 90/07 - AP BetrVG 1972 § 37 Nr. 145). Aus welchen Gründen ein aktueller Schulungsbedarf der Beteiligten zu 3. trotz ihrer langjährigen Tätigkeit im Betriebsrat und den vorangegangenen Seminarteilnahmen bestanden hat, ist vom Betriebsrat nicht substantiiert vorgetragen worden. Allein der Hinweis des Betriebsrats, es sei in der Vergangenheit immer wieder zu Überschreitungen der Arbeitszeit, zum kurzfristigen Einsatz von Aushilfen und zur Verlängerung von Öffnungszeiten gekommen, belegt die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nicht. Auch wenn es in Einzelfragen immer wieder wegen der Arbeitszeit der Mitarbeiter zu Auseinandersetzungen und Unstimmigkeiten mit dem Arbeitgeber gekommen ist, ist ein konkreter, aktueller Schulungsbedarf für die Beteiligte zu 3. nicht dargelegt worden.

Auch der Hinweis des Betriebsrats darauf, dass der Arbeitgeber flexibel mit der Arbeitszeit der Mitarbeiter umgehe, bei Überschreitung der vertraglichen Arbeitszeit Stunden in die Folgemonate übertrage und Arbeitszeitkonten einführen wolle, rechtfertigt die Schulungsteilnahme der Beteiligten zu 3. an dem streitigen Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007 nicht. Auch insoweit kann ein aktueller konkreter Schulungsbedarf nicht festgestellt werden. Der Arbeitgeber hat von Anbeginn an bestritten, dass er seinerzeit beabsichtigt habe, Arbeitszeitkonten einzuführen. Im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer vom 21.08.2009 hat er ausdrücklich ausgeführt, die Einführung von Depotstunden sei erst im Jahre 2008 erwogen worden.

Ein aktueller konkreter Schulungsbedarf der Beteiligten zu 3. kann auch nicht unter Hinweis des Schreibens des Betriebsrats vom 02.02.2007 angenommen werden. In diesem Schreiben hat der Betriebsrat nämlich selbst mitgeteilt, dass er die Einführung von Arbeitszeitkonten generell ablehne, weil der Manteltarifvertrag NRW genügend Möglichkeiten für eine flexible Arbeitszeiteinteilung biete. Hieraus ergibt sich gerade, dass beim Betriebsrat in ausreichender Weise Kenntnisse über die tariflichen Bestimmungen auch hinsichtlich des Bereichs Arbeitszeit vorhanden gewesen sind. Dass die Thematik von Arbeitszeitkonten oder Depotstunden gegenüber dem Betriebsrat seitens der Arbeitgeberin zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Betriebsrats dennoch weiter verfolgt worden ist bzw. der Betriebsrat beabsichtigt hat, auf diesem Gebiet aus eigener Initiative tätig zu werden, behauptet der Betriebsrat selbst nicht.

Die Beschwerdekammer will nicht verhehlen, dass die Teilnahme der Beteiligten zu 3. am Seminar vom 18.04. bis 20.04.2007, auf dem die tariflichen Regelungen zur Arbeitszeit im Einzelhandel NRW im Einzelnen näher dargestellt worden sind, für die Beteiligte zu 3. und auch für den Betriebsrat von Nutzen gewesen ist. Dies allein kann jedoch einen konkreten, aktuellen, betriebsbezogenen Anlass, die Beteiligte zu 3. zu dem streitigen Seminar zu entsenden, nicht begründen. Das Gesetz sieht geringere Anforderungen als die Erforderlichkeit nicht vor. Erforderlichkeit im Sinne der §§ 37 Abs. 6, 40 BetrVG verlangt mehr als bloße Nützlichkeit und Zweckmäßigkeit (BAG, 11.11.1998 - 7 ABR 57/97 - AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64; LAG Hamm, 15.07.2005 - 10 TaBV 2/05 - NZA-RR 2005, 638 m.w.N.). Insoweit hat das Arbeitsgericht in dem angefochtenen Beschluss zu Recht angenommen, dass die Schulungsteilnahme der Beteiligten zu 3. nicht erforderlich gewesen ist, weil ein konkreter aktueller Anlass für die Teilnahme der Beteiligten zu 3. an der streitigen Schulung nicht festzustellen gewesen ist.

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand keine Veranlassung, §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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