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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 24.05.2006
Aktenzeichen: 10 TaBV 215/05
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 1
BetrVG § 99 Abs. 2 Nr. 1
BetrVG § 99 Abs. 3
BetrVG § 99 Abs. 4
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 10
Die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats bei der Änderung von Entlohnungsgrundsätzen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG stellt einen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar. Dies gilt auch dann, wenn und solange der Arbeitgeber den Betriebsrat über die Änderung der Entlohnungsgrundsätze und die neue Vergütungsstruktur unzutreffend und unvollständig informiert.
Tenor:

Auf die Beschwerde des Betriebsrats wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 02.11.2005 - 3 BV 33/05 - abgeändert.

Der Antrag der Arbeitgeberinnen wird abgewiesen

Gründe:

A.

Die Beteiligten streiten über die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung mehrerer Arbeitnehmer.

Die Antragstellerin zu 1., Arbeitgeberin, betreibt in B3xxxxxxx mehrere Kinos, von denen nach der erfolgten Schließung des "C4xxxxx" und des "M5xxx" nur noch das "A5xxxxx" übrig geblieben ist.

Die Antragstellerin zu 2., Arbeitgeberin, betreibt das C3xxxxxx am B6xxxxxxxxx Hauptbahnhof. Die Antragstellerinnen führen die Lichtspielhäuser als gemeinsamen Betrieb, Betriebsleiterin ist Frau H7xxx.

Im Dezember 1999 wurde für diesen gemeinsamen Betrieb der beiden Unternehmen, in denen insgesamt ca. 80 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ein fünfköpfiger Betriebsrat gewählt, dessen Vorsitzende Frau S4xxxxx H6x ist, stellvertretener Vorsitzender ist Herr C2xxxxxxxxx A2xxx.

Die beiden Arbeitgeberinnen gehören zum Konzern der C3xxxxxx AG. Die C3xxxxxx AG war Mitglied des Arbeitgeberverbandes Dienstleistungsunternehmen e.V. (ar.di), welcher mit der Industriegewerkschaft Medien, Druck- und P1xxxx, Publizistik und Kunst sowie der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft (DAG), die wiederum in der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft e.V. (ver.di) aufgegangen sind, verschiedene Tarifverträge abgeschlossen hat.

Am 31.01.2001 wurde mit Wirkung ab 01.01.2001 ein Entgeltrahmentarifvertrag (Bl. 28 ff.d.A.) abgeschlossen. Dieser sieht u.a. als Berufsgruppe die "Servicekraft" vor. Unter § 3 Ziff. 2 dieses Tarifvertrages ist geregelt:

"Mitarbeiter, die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages auf der Grundlage des bisher für sie geltenden Tarifvertrages in einer der unter nachfolgender Ziffer I. a) bis d) aufgeführten Berufsgruppen eingruppiert sind, haben das Recht, sich ab Inkrafttreten dieses Tarifvertrages dafür zu entscheiden, ob sie in ihrer bisherigen Berufsgruppe eingruppiert bleiben oder ob sie in die Tätigkeitsgruppe Servicekraft unter den in dieser Tätigkeitsgruppe festgelegten Bedingungen wechseln wollen (Wahlrecht des Mitarbeiters).

Die gemäß der Entgelttabelle (Anlage zum Entgelttarifvertrag) für die Einstufung des Mitarbeiters vorausgesetzten Berufsjahre in den Berufsgruppen Ziffer I. a) bis d) und der Tätigkeitsgruppe Ziffer II A, B und C werden bei der Ausübung des Wahlrechtes angerechnet.

Dem Mitarbeiter darf innerhalb eines Zeitraumes von 12 Kalendermonaten nach dem Wechsel kein finanzieller Nachteil entstehen."

Am 09.12.2002 schlossen der Arbeitgeberverband Dienstleistungsunternehmen e.V. (ar.di) mit der Gewerkschaft ver.di mit Wirkung zum 01.04.2002 einen Entgelttarifvertrag (Bl. 32 ff.d.A.).

Im Juni 2003 kündigten die Arbeitgeberinnen die Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband (ar.di) zum 31.12.2003.

Der Entgeltrahmentarifvertrag wurde zum 31.12.2003, der Entgelttarifvertrag zum 31.01.2004 vom Arbeitgeberverband (ar.di) gekündigt.

Für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 31.01.2004 galt im C3xxxxxx eine vom 07.01.2003 datierende Vergütungstabelle, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 64 d.A.).

Trotz der von der Gewerkschaft ver.di seit September 2003 zahlreich durchgeführten (Warn-) Streiks kam es nicht zu dem von ver.di erstrebten Neuabschluss der gekündigten Tarifverträge. Nachdem ein neuer Abschluss der Tarifverträge wegen der erheblich unterschiedlichen Vorstellungen der Tarifvertragsparteien über den Inhalt der abzuschließenden Tarife nicht absehbar war, stellten die Arbeitgeberinnen Überlegungen zur Vergütungsstruktur nach Ablauf der in Rede stehenden Tarifverträge an. Sie holten insoweit auch rechtlichen Rat bei Herrn Rechtsanwalt S8xxxxx ein. Dieser empfahl vor dem Hintergrund der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 11.06.2002 - 1 AZR 390/01 -, die tarifliche Vergütungsstruktur, bestehend aus Grundvergütung für die jeweiligen Berufs-, Tätigkeitsgruppen und Berufsjahre abhängigen Stufen nach Maßgabe des Entgeltrahmen- und des Entgelttarifvertrages bzw. der Betriebsüblichkeit unverändert zu lassen und unter Wahrung dieser Vergütungsstruktur allein die Vergütungshöhe abzusenken. Rechtsanwalt S8xxxxx fasste diese Empfehlung in einem Schreiben vom 20.01.2004 an den Personalleiter der Arbeitgeberin, Herrn H8xxx, zusammen. Am Folgetag erhielt der Personalleiter außerdem eine Power-Point-Zusammenfassung. Ob die Arbeitgeberin auf der Grundlage des Schreibens vom 20.01.2004, der gesammelten Erkenntnisse und ergänzender Telefonate und interner Rücksprachen beschlossen hat, der von Rechtsanwalt S8xxxxx empfohlenen Handlungsalternative zu folgen und ab dem 01.02.2003 bei der Eingruppierung der Mitarbeiter entsprechend verfahren ist oder ob ab 01.02.2004 eine neue Vergütungsstruktur eingeführt worden ist, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit Schreiben vom 04.02.2004 (Bl. 61 d.A.) unterrichtete der Personalleiter der Arbeitgeberin den gebildeten Gesamtbetriebsrat, den Wirtschaftsausschuss und die örtlichen Betriebsräte über "Neueinstellungen per 01.02.2004 - Vorgehensweise in den Filmtheatern". In diesem Schreiben heißt es u.a.:

"Folgende Regelungen gelten für Neueinstellungen ab dem 01. Februar 2004:

Beschäftigtengruppen

Es wird nicht mehr unterschieden zwischen den Bereichen Einlaß; Gastro und Kasse, es werden ausschließlich Servicekräfte eingestellt.

Berufsjahre/Eingruppierung

Es gibt künftig keine Unterscheidung mehr hinsichtlich der Berufsjahre

Neue Stundenlöhne

Die Servicemitarbeiter erhalten künftig 6,50 EURO brutto, die Filmvorführer 7,74 EURO. Dies sind jeweils -12,3 %, ausgehend vom bisherigen tariflichen Einstiegslohn. ..."

Dem Wirtschaftsausschuss wurde eine Tabelle der neuen Vergütungsstruktur als Excel-Tabelle, datierend vom 02.07.2004, auf der Sitzung am 24.08.2004 in H4xxxxx ausgehändigt (Bl. 63 d.A.). Nach dieser Tabelle gibt es bei der Arbeitgeberin bei den Berufsgruppen nur noch die Filmvorführer und die Servicekräfte. Auf den Inhalt der Tabelle (Bl. 63 d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 24.05.2004 (Bl. 35 d.A.) hörte die Antragstellerin zu 2. den Betriebsrat zu einer beabsichtigten Einstellung des Arbeitnehmers A3xxxxxxxx B5xxxxx an. In dem Anhörungsbogen heißt es u.a.:

"Zur Einstellung vorgesehen im Bereich: Service...

Eingruppierung, Stundenlohn: Servicemitarbeiter 6,50 €/Stunde ..."

Einen gleichlautenden Anhörungsbogen betreffend die Einstellung des Arbeitnehmers T1xxxx E2xxxxxxx erhielt der Betriebsrat unter dem gleichen Datum (Bl. 36 d.A.). Nach dem Protokoll über die Sitzung des Betriebsrates vom 01.06.2004 (Bl. 81 f.d.A.) beschloss der Betriebsrat am 01.06.2004, den beabsichtigten Einstellungen der Mitarbeiter B5xxxxx und E2xxxxxxx zuzustimmen, die beabsichtigte Eingruppierung wurde jedoch einstimmig abgelehnt. Mit Schreiben vom 01.06.2004 (Bl. 39 d.A.) wurde dies den Arbeitgeberinnen mitgeteilt. Im Schreiben vom 01.06.2004 heißt es:

"auf seiner heutigen Sitzung hat der Betriebsrat der Einstellung der Herren E2xxxxxxx und B5xxxxx zugestimmt, er widerspricht hiermit aber der beabsichtigten Eingruppierung der Herren E2xxxxxxx und B5xxxxx nach § 99 II Nrn 3 und 4 BetrVG.

Der Betriebsrat ist der Auffassung, daß die betroffenen Arbeitnehmer unzumutbar benachteiligt werden i.S.d. § 99 II Nrn 3 und 4 BetrVG. Sowohl Herr E2xxxxxxx als auch Herr B5xxxxx sollen im Bereich Service die gleichen Tätigkeiten ausführen wie ihre Kollegen und Kolleginnen, dies jedoch zu einer deutlich geringeren Vergütung.

Der Betriebsrat hat nach § 87 I Nr. 10 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, besonders bei der Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung, und auch allgemein bei der Aufstellung von neuen Entlohnungsgrundsätzen. Aufgrund des Fehlens eines gültigen Tarifvertrages müssen zur Wahrung des Mitbestimmungsrechtes des Betriebsrates, neue Entlohnungsgrundsätze mit dem Betriebsrat verhandelt werden. Dies ist bisher nicht geschehen.

Daher widerspricht der Betriebsrat der beabsichtigten Eingruppierung für Herrn E2xxxxxxx und Herrn B5xxxxx."

Mit Schreiben vom 14.06.2004 (Bl. 11 d.A. 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld) wandte sich der Gesamtbetriebsrat an die Geschäftsleitung der Arbeitgeberinnen und teilte u.a. folgendes mit:

"im Zusammenhang mit den derzeit vorgenommenen Einstellungen in den Kinobetriebsstätten wurde gegenüber dem Betriebsrat C3xxxxxx B3xxxxxx in einem Schriftverkehr und in mündlichen Gesprächen durch ihre Seite wiederholt festgestellt, dass Sie hinsichtlich der innerbetrieblichen

Vergütungsstrukturen eine Mitbestimmung des Gesamtbetriebsrates im Sinne des § 87 Absatz 1 Nr. 10 und § 50 Absatz 1 BetrVG konstatieren können.

Der Gesamtbetriebsrat macht hiermit die Mitbestimmung nach § 87 Absatz 1 Nr. 10 und § 50 Absatz 1 BetrVG hinsichtlich der innerbetrieblichen Vergütungsstrukturen in den durch den Gesamtbetriebsrat vertretenden Betriebsstätten geltend.

Wir fordern Sie hiermit auf gegenüber dem Gesamtbetriebsrat die Verhandlungen bis zum 21.06.2004 schriftlich zu erklären."

Die Arbeitgeberinnen ließen die im Schreiben vom 14.06.2004 gesetzten Fristen verstreichen.

Mit Schreiben vom 19.07.2004 (Bl. 37 d.A.) und vom 16.08.2004 (Bl. 38 d.A.) unterrichtete die Antragstellerin zu 2. den Betriebsrat über die beabsichtigte Einstellung der Mitarbeiterin N1xxxx A2xxx zum 06.08.2004 bzw. der Mitarbeiterin M3xxxxx O2xxx zum 26.08.2004. Auch in diesen Schreiben heißt es u.a.:

"Eingruppierung, Stundenlohn: Servicemitarbeiter 6,50/Std."

Mit Schreiben vom 26.07.2004 (Bl. 36 d.A. 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld) bzw. vom 23.08.2004 (Bl. 40 d.A.) stimmte der Betriebsrat der Einstellung der Mitarbeiterinnen A2xxx und O2xxx jeweils zu, widersprach aber - wie mit Schreiben vom 01.06.2004 (Bl. 39 d.A.) - der jeweiligen Eingruppierung.

Da die Arbeitgeberinnen auch auf die Widersprüche vom 26.07.2004 und 23.08.2004 wiederum nichts unternahmen, leitete der Betriebsrat am 14.08.2004 ein Beschlussverfahren beim Arbeitsgericht Bielefeld ein, in dem den Arbeitgeberinnen aufgegeben werden sollte, die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter einzuholen und bei Verweigerung der Zustimmung ein Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen - 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld -.

Im Laufe dieses Einleitungserzwingungsverfahrens 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld leiteten die Arbeitgeberinnen daraufhin mit dem am 26.04.2005 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antrag das vorliegende Beschlussverfahren ein, mit dem die Ersetzung der Zustimmung zur fehlenden Eingruppierung der Mitarbeiter B5xxxxx, E2xxxxxxx, A2xxx und O2xxx geltend gemacht wurde.

Nach Einleitung des vorliegenden Beschlussverfahrens wurde das Beschlussverfahren 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld für erledigt erklärt und eingestellt.

Die Arbeitgeberinnen haben die Auffassung vertreten, die vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung zur Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter sei zu ersetzen. Die vom Betriebsrat in Anspruch genommenen Zustimmungsverweigerungsgründe, nämlich eine unzumutbare Benachteiligung für die neu eingestellten Mitarbeiter sowie ein Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, lägen nicht vor. Insbesondere hätten die Arbeitgeberinnen zum 01.02.2004 keine neue Vergütungsstruktur in ihren Kinos eingeführt. Die vormals tariflich geregelte Vergütungsstruktur wirke fort. Dies gelte auch für die sich aus der erhöhten Lebensaltersstufe ergebenden Steigerungsrelationen. Soweit die Arbeitgeberinnen lediglich die vormals tariflich geregelte Höhe der Vergütung abgesenkt hätten, sei ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates nicht gegeben.

Auch ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor. Die nach dem 01.02.2004 eingestellten neuen Mitarbeiter würden gegenüber den bereits beschäftigten Mitarbeitern nicht ohne Sachgrund ungleich behandelt. Die Arbeitgeberinnen seien aus Gleichbehandlungsgründen nicht verpflichtet, einmal vereinbarte Vertragsinhalte auch künftigen Einstellungen immer wieder zugrunde zu legen. Nachdem die Entgelttarifverträge seit dem 01.02.2004 keine Geltung mehr für die Betriebe der Arbeitgeberinnen hätten, seien sämtliche Servicekräfte nur noch zu einem Stundenlohn von 6,50 € eingestellt worden. Hierin liege keine Ungleichbehandlung.

Eine neue Vergütungsstruktur sei auch nicht insoweit eingeführt worden, als man entschieden habe, ab dem 01.02.2004 nur noch Servicekräfte einzustellen. Mitarbeiter in den Berufsgruppen Kassierer/Einlasskontrolleure/Platzanweiser/Verkäufer könnten nur in dem jeweiligen Tätigkeitsbereich eingesetzt werden. Dagegen seien Servicekräfte in allen drei kinospezifischen Bereichen einsetzbar und böten für die Arbeitgeberinnen eine deutlich größere flexible Einsatzmöglichkeit. Eine betriebliche Notwendigkeit, Mitarbeiter ausdrücklich als Kassierer, Einlasskontrolleure, Platzanweiser oder Verkäufer einzustellen, habe nicht mehr bestanden. Damit sei auch die Notwendigkeit entfallen, Vergütungen für Neueinstellungen in diesen Bereichen extra auszuweisen.

Die Arbeitgeberinnen haben beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrates zur Eingruppierung von Herrn A3xxxxxxxx B5xxxxx, Herrn T1xxxx E2xxxxxxx, Frau N2xxxx A2xxx und Frau M3xxxxx O2xxx als "Servicekraft bis zu 2 Berufsjahren" (Vergütung: EUR 6,50 pro Stunde) zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, es habe ab dem 01.02.2004 eine Veränderung der Vergütungsstruktur stattgefunden. Insoweit hat er auf das Schreiben der Arbeitgeberinnen vom 04.02.2004 (Bl. 61 d.A.) sowie die Excel-Tabelle (Bl. 63 d.A.) verwiesen, wonach zukünftig ausschließlich Servicekräfte eingestellt würden und künftig keine eigenen Entgeltgruppen für Kassierer und Einlass/Gastro mehr bestehe. Die hierzu notwendige Zustimmung des Betriebsrates sei nicht eingeholt worden.

Durch Beschluss vom 02.11.2005 hat das Arbeitsgericht dem Antrag der Arbeitgeberinnen stattgegeben und die begehrte Zustimmung ersetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne des § 99 Abs. 2 BetrVG liege nicht vor. Der vereinbarte Stundenlohn von 6,50 € verstoße weder gegen den strafrechtlichen Wuchertatbestand des § 291 Abs. 1 StGB noch gegen die guten Sitten, § 138 BGB. Es liege auch kein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht bei der Aufstellung oder Änderung von Entlohnungsgrundsätzen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG vor. Die Arbeitgeberinnen hätten keine neue Vergütungsstruktur eingeführt, sondern lediglich eine vom Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG nicht erfasste Absenkung der konkreten Stundenlohnhöhe. Schließlich liege auch keine unzumutbare Benachteiligung der betroffenen Mitarbeiter und auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des § 75 BetrVG vor.

Dem Betriebsrat am 21.11.2005 zugestellten Beschluss des Arbeitsgerichts, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 21.12.2005 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 23.01.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass ihm ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 BetrVG zustehe. Die Arbeitgeberinnen hätten nämlich mit Wirkung zum 01.02.2004 eine Änderung der Vergütungsstruktur vorgenommen. Allein dadurch, dass unstreitig erklärt worden sei, Neueinstellungen in eine bestimmte Tarifgruppe künftig nicht mehr vorzunehmen und nur noch Servicekräfte einstellen zu wollen, sei in die Vergütungsstruktur ohne Mitbestimmung des Betriebsrates eingegriffen worden. Die Arbeitgeberinnen wendeten bestimmte Eingruppierungsgruppen in ihren Betrieben nicht mehr an. Aus den eigenen Erklärungen der Arbeitgeberinnen ergebe sich, dass Tätigkeiten, die bisher in drei verschiedenen Gruppen differenziert behandelt worden seien, zusammengefasst würden. Dies führe zwangsläufig zu einem Eingriff in die Struktur der Vergütungsordnung.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 02.11.2005 - 3 BV 33/05 - abzuändern und den Antrag zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberinnen beantragen,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie sind nach wie vor der Auffassung, an der Vergütungsstruktur nichts geändert zu haben. Allenfalls die Höhe des Stundenlohnes für Servicekräfte sei - mitbestimmungsfrei - geändert worden. Der Betriebsrat könne sich auch zu seinen Gunsten nicht auf das Schreiben der Arbeitgeberin vom 04.02.2004 berufen. Dies ergebe die Entscheidungslage der Arbeitgeberin nicht richtig wieder. Richtig sei allein, dass die Vergütungsstruktur in ihren Betrieben der bisherigen tariflichen Lage entsprechen solle und dass lediglich das Vergütungsniveau um ca. 12,3 % abgesenkt werden solle. Dies sei dem Betriebsrat mit Schreiben vom 05.11.2004 (Bl. 156 d.A.) auch entsprechend mitgeteilt worden. Auch bei den Mitarbeitern, um deren Eingruppierung vorliegend gestritten werde, werde es im Laufe des vorliegenden Jahres eine berufsjahrabhängige automatische Steigerung ihrer Vergütung geben, es sei denn, diese Mitarbeiter schieden vor Vollendung des 2. Berufsjahres bei der Arbeitgeberin aus.

Auch der Beschluss der Arbeitgeberin, zukünftig nur noch Servicekräfte einzustellen, ändere nichts an der Vergütungsstruktur. Servicekräfte seien nach den Bestimmungen des Entgeltrahmentarifvertrages in allen drei kinospezifischen Bereichen einsetzbar, so auch als Einlasskontrolleure, Platzanweiser etc.. Dies ermögliche für die Arbeitgeberinnen eine größere flexiblere Einsatzmöglichkeit, ohne dass die Arbeitsbereiche Einlass, Casino und Kasse zusammengefasst würden. Damit habe sich an den Entgeltstrukturen nichts geändert. Die bisherigen tariflichen Bestimmungen würden auch nicht vorschreiben, dass Mitarbeiter in allen kinospezifischen Bereichen beschäftigt werden müssten.

Schließlich ergebe sich ein Zustimmungsverweigerungsgrund auch nicht daraus, dass in Betrieben in M4xxxxx bzw. in S9xxxxxxx Zulagen gezahlt würden. Dieser Umstand habe keine Auswirkungen auf den Betrieb in B3xxxxxxx. Die Zahlung von Zulagen in M4xxxxx und S9xxxxxxx beträfen ortsspezifische Besonderheiten, die keine Auswirkungen auf die generelle Vergütungsstruktur im Zusammenhang mit der Absenkung des Vergütungsniveaus des nachwirkenden Entgelttarifvertrages hätten.

Die Beschwerdekammer hat die Akten des Beschlussverfahrens 4 BV 64/04 Arbeitsgericht Bielefeld informationshalber beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze.

B.

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist begründet. Die Arbeitgeberin kann nicht die Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmung zur Eingruppierung der Mitarbeiter B5xxxxx, E2xxxxxxx, A2xxx und O2xxx verlangen.

I.

Der Antrag der Arbeitgeberinnen ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG zulässig. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 99 BetrVG, nämlich die Eingruppierung von vier neu eingestellten Mitarbeitern, streitig.

Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis der Arbeitgeberinnen und des Betriebsrates ergeben sich aus den §§ 10,83 Abs. 3 ArbGG.

Die von der personellen Maßnahme betroffenen Mitarbeiter waren im vorliegenden Beschlussverfahren nicht zu beteiligen (BAG, Beschluss vom 23.03.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 17.05.1983 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 18; BAG, Beschluss vom 20.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 29; Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 99 Rz. 235; Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 83 Rz. 47 m.w.N.). Sie haben keine betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposiition, die durch die Entscheidung im vorliegenden Verfahren berührt sein könnte. Sie können erforderlichenfalls die Richtigkeit der Eingruppierung im Urteilsverfahren überprüfen lassen.

II.

Der Zustimmungsersetzungsantrag der Arbeitgeberinnen ist nach § 99 Abs. 4 BetrVG nicht begründet.

1. Die Arbeitgeberinnen bedurften der Zustimmung des Betriebsrates zu den beabsichtigten Eingruppierung der im Antrag genannten Mitarbeiter.

a) Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrates zu jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung einzuholen.

Die Voraussetzungen, unter denen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates entsteht, sind erfüllt. Im Betrieb der Arbeitgeberinnen sind mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt.

Bei der jeweiligen geplanten personellen Maßnahme, der der Betriebsrat seine Zustimmung versagt hat, handelt es sich um eine Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG. Unter Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Zuordnung eines Arbeitnehmers aufgrund der von ihm vertragsgemäß auszuübenden Tätigkeit zu einer bestimmten Vergütungsgruppe einer im Betrieb geltenden Vergütungsordnung zu verstehen. Dabei ist unerheblich, ob diese Vergütungsordnung kraft Tarifbindung wirkt, auf einer Betriebsvereinbarung beruht, aufgrund einzelvertraglicher Vereinbarung im Betrieb allgemein zur Anwendung kommt oder vom Arbeitgeber gar einseitig geschaffen wurde (BAG, Beschluss vom 28.01.1996 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 32; BAG, Beschluss vom 26.10.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 111; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 73, 75; Däubler/Kittner/Klebe/Bachner, BetrVG, 10. Aufl., § 99 Rz. 62 m.w.N.). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bezieht sich dabei nicht nur auf die Bestimmung der jeweiligen Vergütungsgruppe, sondern auch auf dazugehörige Fallgruppen oder Stufenregelungen (BAG, Beschluss vom 27.07.1993 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 101; Fitting, a.a.O., Rz. 78, 91). Die Festlegung der für die betroffenen Mitarbeiter zutreffenden Vergütungsgruppen nach den Bestimmungen einer Vergütungsordnung betrifft die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit und beeinflusst die Höhe der jeweiligen Vergütung. Dabei hat der Betriebsrat, wenn auch kein Mitgestaltungsrecht, so doch ein Mitbeurteilungsrecht (BAG, Beschluss vom 22.03.1983 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 6; BAG, Beschluss vom 28.01.1986 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 32; BAG, Beschluss vom 12.08.1997 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 14; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 81; ErfK/Kania, 6. Aufl., § 99 BetrVG Rz. 12 m.w.N.).

Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass es im vorliegenden Verfahren um die Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter in die tarifliche Vergütungsordnung geht, nämlich die tarifliche Entgeltstruktur, die die Arbeitgeberinnen nach Austritt aus dem entsprechenden Arbeitgeberverband und nach Kündigung der Entgelttarifverträge einseitig weiter anwenden wollten. Auch die Eingruppierung von Mitarbeitern in eine Vergütungsordnung, die vom Arbeitgeber einseitig übernommen werden soll, ist nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig (BAG, Beschluss vom 02.04.1996 - ZTR 1996, 1105).

b) Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 Abs. 1 BetrVG hinsichtlich der Eingruppierung der Mitarbeiter B5xxxxx und E2xxxxxxx sowie der Mitarbeiterinnen A2xxx und O2xxx ordnungsgemäß mit Schreiben vom 24.05.2004, 19.07.2004 und 16.08.2004 (Bl. 35 ff.d.A.) eingeleitet hat. In diesen Schreiben ist der Betriebsrat über die beabsichtigte Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter hinreichend informiert worden. Die Schreiben enthalten die für den Betriebsrat erforderlichen Informationen bezogen auf die auszuübende Tätigkeiten der betroffenen Mitarbeitern sowie die Auffassung der Arbeitgeberinnen, welche Eingruppierung und welcher Stundenlohn sich hieraus ergibt.

2. Die Zustimmung des Betriebsrates zu den beabsichtigten Eingruppierungen gilt auch nicht nach § 99 Abs. 3 Satz 2 BetrVG als erteilt. Es liegen beachtliche Zustimmungsverweigerungen durch den Betriebsrat vor.

a) Die Zustimmungsverweigerungen vom 01.06.2004, 26.07.2004 und 23.08.2004 sind form- und fristgerecht erfolgt, § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Die genannten Schreiben sind jeweils schriftlich abgefasst und ordnungsgemäß unterzeichnet worden, § 126 BGB. Auch die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist jeweils eingehalten worden.

b) Der Betriebsrat hat die Zustimmungsverweigerungen auch hinreichend begründet. Nach § 99 Abs. 3 Satz 1 BetrVG bedarf die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates der Angabe von Gründen. Eine formgerechte Zustimmungsverweigerung ist nur dann gegeben, wenn sie mit Gründen versehen ist. Nur wenn der Betriebsrat die Zustimmungsverweigerung hinreichend begründet, liegt eine beachtliche Zustimmungsverweigerung vor. Dabei muss die Zustimmungsverweigerung es als möglich erscheinen lassen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird. Nimmt die Begründung des Betriebsrats offensichtlich auf keinen der Verweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 BetrVG Bezug, ist die Zustimmungsverweigerung unbeachtlich (BAG, Beschluss vom 26.01.1988 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 50; BAG, Beschluss vom 03.10.1989 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 75; BAG, Beschluss vom 20.10.1990 - AP BetrVG 1972 § 118 Nr. 47; BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; BAG, Beschluss vom 06.08.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 214; DKK/Bachner, a.a.O., § 99 Rz. 164; Kraft/Raab, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 99 Rz. 116 f.; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 BetrVG Rz. 39 m.w.N.).

aa) Soweit der Betriebsrat in seinen Zustimmungsverweigerungsschreiben auf § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 4 BetrVG und auf eine unzumutbare Benachteiligung der betroffenen Mitarbeiter hinweist, liegt keine mit Gründen versehene Zustimmungsverweigerung vor. Die Wiederholung des Wortlauts einer der Nummern des Absatzes 2 des § 99 BetrVG genügt nicht, um eine hinreichende Zustimmungsverweigerung anzunehmen (BAG, Beschluss vom 13.07.1973 - AP BetrVG 1972 § 101 Nr. 1; BAG, Beschluss vom 24.07.1979 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 11; BAG, Beschluss vom 16.07.1985 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 21; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 214; Kraft/Raab, a.a.O., § 99 Rz. 118; ErfK/Kania, a.a.O., § 99 BetrVG Rz. 39).

Hinzu kommt, dass der Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG bei einer Ein- oder Umgruppierung eines Mitarbeiters regelmäßig nicht in Betracht kommt. Eine Ein- oder Umgruppierung, die von der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung geboten wird, stellt keinen Nachteil des betroffenen Arbeitnehmers im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG dar (BAG, Beschluss vom 06.08.2002 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 27; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 198; Kraft/Raab, a.a.O., § 99 Rz. 158 m.w.N.).

bb) Eine mit Gründen versehene und damit beachtliche Zustimmungsverweigerung liegt aber insoweit vor, als der Betriebsrat in den Zustimmungsverweigerungsschreiben vom 01.06.2004, 26.07.2004 und 23.08.2004 auf eine Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG unter näherer Angabe von Gründen hingewiesen hat. Damit hat der Betriebsrat den Zustimmungsverweigerungsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, nämlich einen Gesetzesverstoß, in Bezug genommen. Ein Gesetzesverstoß liegt auch dann vor, wenn über die bloße Nichtbeachtung des Verfahrens nach § 99 BetrVG hinaus ein weiterer Verstoß gegen ein Beteiligungsrecht des Betriebsrates erfolgt. Das kann der Fall sein, wenn der Arbeitgeber bei der Eingruppierung eines neu eingestellten Arbeitnehmers derart vorgeht, dass er der Eingruppierung ein Vergütungssystem zugrunde legt, bei dem der Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG beteiligt worden ist (BAG, Beschluss vom 27.06.2000 - AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23; Fitting, a.a.O., § 99 Rz. 169). Dies hätte zur Folge, dass die Vergütungsordnung mit der vor der Änderung bestehenden Struktur weiter anzuwenden ist und sie bei Neueinstellungen Anspruch auf eine höhere Vergütung als die vertraglich vereinbarte begründen kann (BAG, Beschluss vom 11.06.2002 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 113). Soweit der Betriebsrat in seinen Zustimmungsverweigerungsschreiben auf einen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hinweist, lässt diese Zustimmungsverweigerung es als möglich erscheinen, dass einer der in § 99 Abs. 2 BetrVG abschließend aufgezählten Gründe geltend gemacht wird.

3. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der geplanten Eingruppierung der betroffenen Mitarbeiter B5xxxxx und E2xxxxxxx und der Mitarbeiterinnen A2xxx und O2xxx zu Recht verweigert, weil die von den Arbeitgeberinnen beabsichtigte Eingruppierung dieser Mitarbeiter ohne vorherige Beteiligung des Betriebsrates nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG erfolgen soll und damit gegen ein Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verstößt. Der Zustimmungsersetzung nach § 99 Abs. 4 BetrVG steht entgegen, dass die Arbeitgeberinnen die Eingruppierung in eine einseitig aufgestellte - neue - Vergütungsordnung vornehmen möchten, der der Betriebsrat nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zugestimmt hat.

Die Eingruppierung von neu einzustellenden Mitarbeitern ab 01.02.2004 als Servicekräfte mit einem Stundenlohn von 6,50 € war entgegen der Rechtsauffassung der Arbeitgeberinnen nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtig. Hierbei handelte es sich nämlich um die Aufstellung bzw. Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsgrundsätzen.

a) Nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG hat der Betriebsrat mitzubestimmen in Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung neuer Entlohnungsmethoden sowie bei deren Änderung. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Lohngefüge angemessen und durchsichtig zu gestalten und die betriebliche Lohn- und Verteilungsgerechtigkeit zu wahren. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist dabei zwar nicht die konkrete Höhe des Arbeitsentgelts. Mitbestimmungspflichtig sind aber die Strukturformen des Entgelts einschließlich ihrer näheren Vollzugsformen. Mitbestimmungspflichtig ist auch die Änderung bestehender Entlohnungsgrundsätze durch den Arbeitgeber (BAG, Beschluss vom 03.12.1991 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 51; BAG, Urteil vom 11.06.2002 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 113; BAG, Urteil vom 02.03.2004 - AP TVG § 3 Nr. 31; BAG, Beschluss vom 31.05.2005 - AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 125 - unter B. III. 1. a) der Gründe m.w.N.).

b) In die bisher bestehenden - tariflichen - Entlohnungsgrundsätze hat die Arbeitgeberin eingegriffen, als sie mit Schreiben vom 04.02.2004 die neue Vorgehensweise bei Neueinstellungen zum 01.02.2004 bekannt gegeben hat. Zwar haben die Arbeitgeberinnen die bisher tarifvertraglich vorgegebene Vergütungsstruktur übernommen. Dies trifft aber nicht für alle Bereiche der bisherigen Vergütungsstrukturen zu. Mit Schreiben vom 04.02.2004 ist einerseits darauf hingewiesen worden, dass nicht mehr zwischen den bisher tariflich geltenden Beschäftigtengruppen unterschieden werden sollte. Darüber hinaus haben die Arbeitgeberinnen die Differenzzierung hinsichtlich der Berufsjahre aufgegeben. Bereits insoweit liegt gegenüber der bisherigen tariflichen Vergütungsstruktur eine Änderung der Vergütungsstruktur mit Wirkung zum 01.02.2004 vor.

Richtig ist zwar, dass allein die Absenkung des bisherigen tariflichen Stundenlohnes, für Servicekräfte von bisher 7,41 € auf nunmehr 6,50 €, nicht mitbestimmungspflichtig ist. Zwischen den Beteiligten ist aber unstreitig, dass über die bloße Absenkung der Höhe des Stundenlohnes hinaus um 12,28 % weitere Änderungen in der Lohnstruktur geplant und vorgenommen worden sind. Mit Schreiben vom 04.02.2004 ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es künftig keine Unterscheidung hinsichtlich der Berufsjahre mehr gibt. Der Wegfall der Steigerungsraten aufgrund des Erreichens bestimmter Berufsjahre, so wie sie die tariflichen Bestimmungen bisher vorsahen, stellt eine Änderung der Entlohnungsgrundsätze dar.

Zwar haben die Arbeitgeberinnen - nach Einleitung des Beschlussverfahrens 4 BV 64/04 - mit dem an den Gesamtbetriebsrat gerichteten Schreiben vom 05.11.2004 darauf hingewiesen, dass die tarifvertragliche Vergütungsstruktur unverändert praktiziert würde und auch Servicekräfte ab zwei Berufsjahre einen erhöhten Stundenlohn von 7,00 € erhielten, dieses Schreiben entspricht aber nicht der Ankündigung der Arbeitgeberinnen gemäß Schreiben vom 04.02.2004 und auch nicht den Schreiben vom 24.05.2004, 19.07.2004 und 16.08.2004, mit denen die Zustimmungsverfahren beim Betriebsrat in den vorliegenden Fällen eingeleitet wurden. Auch in diesen Schreiben ist nicht darauf hingewiesen worden, dass der angegebene Stundenlohn von 6,50 € sich nach zwei Jahren auf 7,00 € erhöhen würde. Zum Zeitpunkt der Einleitung der vorliegenden Zustimmungsverfahren stellte sich im Zusammenhang mit dem Schreiben der Arbeitgeberinnen vom 04.02.2004 die neue Vergütungsstruktur der Arbeitgeberinnen so dar, dass neben dem Wegfall der Berufsgruppen "Kassierer" und "Einlass/Gastro" auch die Steigerung des Stundenlohnes nach zwei Berufsjahren wegfiel. Mindestens ist der Betriebsrat bei Einleitung des Zustimmungsverfahrens insoweit unzutreffend und unvollständig informiert worden. Damit begann die Wochenfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG nicht zu laufen. Ein Zustimmungsersetzungsantrag des Arbeitgebers, der schon das Zustimmungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingeleitet hat, ist als unbegründet abzuweisen (BAG, Beschluss vom 15.04.1986 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 36; BAG, Beschluss vom 10.11.1992 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 100; BAG, Beschluss vom 14.12.2004 - AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 122; Fitting, a.a.O. § 99 Rz. 138, 168 218 f. m.w.N.). Zu einem späteren Zeitpunkt ist ein neues Zustimmungsverfahren gegenüber dem Betriebsrat nicht eingeleitet worden. Das Schreiben vom 05.11.2004 ist an den Gesamtbetriebsrat, nicht an den Betriebsrat des vorliegenden Verfahrens gerichtet gewesen. Auch im Laufe des vorliegenden Beschlussverfahrens haben die Arbeitgeberinnen nicht deutlich gemacht, dass mit den neuerlichen Informationen über die Vergütungsstruktur ein neues Zustimmungsverfahren eingeleitet werden sollte.

Auch wenn zu Gunsten der Arbeitgeberin davon ausgegangen wird, dass es sich im Schreiben vom 04.02.2004 um eine falsche Verlautbarung gehandelt hat, die nicht mehr aufklärbar sei, und es auch bei den betroffenen Mitarbeitern des vorliegenden Verfahrens nach Ablauf von zwei Berufsjahren eine Steigerung ihrer Vergütung geben werde, liegt eine Änderung der Entlohnungsgrundsätze mindestens insoweit vor, als mit Wirkung zum 01.02.2004 innerhalb der bisherigen tariflichen Beschäftigtengruppen nicht mehr zwischen Servicekräften einerseits und Kassierern und Mitarbeitern im Bereich Einlass/Gastro differenziert wird. Seit dem 01.02.2004 gibt es in den Betrieben der Arbeitgeberinnen lediglich noch Filmvorführer und Servicekräfte. Auch hierin liegt eine Änderung der Vergütungsstruktur. Dies haben die Antragstellerinnen bereits dadurch dokumentiert, dass bei den Beschäftigtengruppen "Kassierer" und "Einlass/Gastro" in der vorgelegten Excel-Tabelle (Bl. 63 d.A.) kein Stundenlohn für Neu-beschäftigte ab 01.02.2004 eingetragen worden ist; diese Spalten enthalten vielmehr die Bemerkung: "Entfällt". Auch wenn das Schreiben der Arbeitgeberinnen an den Gesamtbetriebsrat vom 05.11.2004 inhaltlich anders gestaltet ist, ist in den Betrieben der Arbeitgeberinnen entsprechend verfahren worden. Seit dem 01.02.2004 sind in den Betrieben der Arbeitgeberinnen unstreitig keine Mitarbeiter mehr ausdrücklich als Kassierer oder für den Bereich Einlass/Gastro eingestellt worden. Diese Beschäftigtengruppen sind nach dem eigenen Vorbringen der Arbeitgeberinnen seit dem 01.02.2004 weggefallen; Tätigkeiten, die nach der bisherigen tariflichen Regelung in drei verschiedenen Gruppen differenziert behandelt worden sind, sind zusammengefasst worden und werden nunmehr nur noch von Servicekräften ausgeübt. Der Wegfall von tariflich geregelten Beschäftigtengruppen führt aber hinsichtlich der Eingruppierung von Mitarbeitern anderer Beschäftigtengruppen - hier der Servicekräfte - zu einem Eingriff in die Struktur der Vergütungsordnung.

Darüber hinaus ist die Beschwerdekammer der Auffassung, dass allein die Entscheidung der Arbeitgeberinnen, mit Wirkung zum 01.04.2004 die bisher tariflich geltende Vergütungsstruktur auch nach dem Wegfall der Tarifbindung und dem Auslaufen der gekündigten Tarifverträge weiterhin anzuwenden, einen mitbestimmungspflichtigen Vorgang nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG darstellt. Auch nach dem Wegfall der Tarifbindung eines Arbeitgebers hat dieser die bisher im Betrieb geltende tarifliche Vergütungsordnung in ihrer Struktur weiter anzuwenden, solange der Betriebsrat einer Änderung nicht zugestimmt hat. Solange eine derartige Zustimmung nicht vorliegt, muss der Arbeitgeber auch die Vergütung neu eingestellter Arbeitnehmer an der Struktur der bisherigen Vergütungsordnung ausrichten (BAG, Urteil vom 02.03.2004 - AP TVG § 3 Nr. 31).

III.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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