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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 15.11.2002
Aktenzeichen: 10 TaBV 92/02
Rechtsgebiete: BetrVG, AÜG


Vorschriften:

BetrVG § 5
BetrVG § 7 S. 2
BetrVG § 9
BetrVG § 38 Abs. 1
AÜG § 14
Leiharbeitnehmer werden bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahlen des § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. nicht berücksichtigt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts für Leiharbeitnehmer durch § 7 S. 2 BetrVG n.F., weil der Arbeitnehmerbegriff des § 5 Abs. 1 BetrVG n.F. nicht geändert worden ist.


Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Beschluss

Geschäfts-Nr.: 10 TaBV 92/02

Verkündet am: 15.11.2002

In dem Beschlussverfahren

hat die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm aufgrund der mündlichen Anhörung vom 15.11.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Schierbaum sowie die ehrenamtlichen Richter Basista und Kretzer

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrates gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 05.06.2002 - 1 BV 1/02 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der für die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds maßgeblichen Arbeitnehmerzahl die im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigten Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen sind.

Der Arbeitgeber ist im Rohrleitungs- und Apparatebau tätig. In seinem Betrieb sind durchgehend ca. 160 bis 165 ständig beschäftigte Arbeitnehmer tätig. Neben den ständig beschäftigten Arbeitnehmern beschäftigte der Arbeitgeber in der Vergangenheit durchschnittlich monatlich ca. 100 Leiharbeitnehmer. Hinsichtlich der Anzahl des monatlich eingesetzten Fremdpersonals wird auf die Aufstellungen "Entwicklung Mitarbeiter" (Bl. 7, 16 ff., 29 f., 96, 112 f. d.A.) Bezug genommen. Ob von den eingesetzten Leiharbeitnehmern monatlich lediglich ca. 25 Leiharbeitnehmer länger als drei Monate im Betrieb des Arbeitgebers tätig gewesen sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Im Betrieb des Arbeitgebers war ein siebenköpfiger Betriebsrat gewählt worden. In seiner Sitzung vom 18.09.2001 beschloss der Betriebsrat, dass sein Vorsitzender in vollem Umfang von seiner beruflichen Arbeit freigestellt werde; diese Freistellung solle zum 01.10.2001 in Kraft treten (Bl. 6 d.A.). Da sich der Arbeitgeber hiermit nicht einverstanden erklärte, beschloss der Betriebsrat in seiner Sitzung vom 01.10.2001, insoweit eine Entscheidung des Arbeitsgerichts herbeiführen zu lassen (Bl. 5 d.A.).

Mit dem am 18.01.2002 beim Arbeitsgericht eingeleiteten Beschlussverfahren machte der Betriebsrat daraufhin die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds von der beruflichen Tätigkeit geltend.

Am 19.03.2002 fand im Betrieb des Arbeitgebers die turnusmäßige Betriebsratswahl statt. Dabei wurde ein aus neun Personen bestehender Betriebsrat gewählt, dessen Anzahl der Arbeitgeber unter Vorbehalt einer richterlichen Entscheidung zunächst akzeptiert hat. Die Betriebsratswahl wurde nicht angefochten.

Zur Begründung seines Freistellungsbegehrens nach § 38 BetrVG hat der Betriebsrat vorgetragen, dass neben den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern seit Oktober 2000 zusätzlich monatlich zwischen 92 und 191 Leiharbeitnehmer eingesetzt worden seien. Dies ergebe eine monatliche Gesamtzahl von durchschnittlich 267 Mitarbeitern, die vom Betriebsrat zu betreuen seien. Die Gesamtzahl der Beschäftigten übersteige die Mindestanzahl des § 38 Abs. 1 BetrVG von 200 Arbeitnehmern. Dabei seien auch die Leiharbeitnehmer mitzurechnen.

Auch aus dem Wahlausschreiben vom 29.01.2001 (Bl. 47 ff. d.A.) ergebe sich, dass mindestens 25 der dort aufgeführten Leiharbeitnehmer ununterbrochen länger als drei Monate im Betrieb tätig gewesen seien. Die Leiharbeitnehmer würden jedoch ganz überwiegend mit mehr oder weniger langen Unterbrechungen immer wieder im Betrieb des Arbeitgebers beschäftigt, so dass mindestens 58 Leiharbeitnehmer pro Jahr länger als drei Monate im Betrieb eingesetzt würden. Da die Wahlberechtigung nicht die ununterbrochene Beschäftigung von drei Monaten voraussetze, seien diese Arbeitnehmer ebenfalls wahlberechtigt und folglich bei den Arbeitnehmergrenzzahlen nach den §§ 9, 38 BetrVG zu berücksichtigen.

Die Betriebsratstätigkeit erstrecke sich in mehreren Hinsichten auch auf die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer. So habe der Betriebsrat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt würden. Auch seine allgemeinen Aufgaben nach § 80 BetrVG bezögen sich auf die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer. Ebenfalls sei er bei Informationen und Beratungen hinsichtlich der Personalplanung nach § 92 BetrVG im Hinblick auf die Leiharbeitnehmer umfassend zu unterrichten. Der Arbeitgeber habe mit ihm über Art und Umfang der erforderlichen Maßnahmen und über die Vermeidung von Härten zu beraten. Eventuelle Auswahlrichtlinien nach § 95 BetrVG hätten sich auch auf Leiharbeitnehmer zu erstrecken. Schließlich habe er auch im Rahmen des § 99 BetrVG bei Leiharbeitnehmern mitzubestimmen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

dem Arbeitgeber aufzugeben, ein Betriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit ab sofort freizustellen.

Der Arbeitgeber hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat die Auffassung vertreten, dem Betriebsrat stehe nach § 38 Abs. 1 BetrVG kein Anspruch auf Freistellung eines Betriebsratsmitglieds zu, da die im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzten Leiharbeitnehmern nicht zu berücksichtigen seien und er deshalb nicht die Schwellenwertgrenze von mindestens 200 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern erreiche.

Darüber hinaus seien in der Vergangenheit mit Stichtag 31.08.2001 nur 66 Leiharbeitnehmer tätig gewesen, wovon lediglich 25 länger als drei Monate beschäftigt gewesen seien. Per Stichtag 31.12.2001 habe er nur 162 Arbeitnehmer als Eigenpersonal und 46 Leiharbeitnehmer als Fremdpersonal beschäftigt; von letzteren seien lediglich 27 Arbeitnehmer länger als drei Monate im Betrieb tätig gewesen.

Eine Beschäftigung von über drei Monten sei jedoch Voraussetzung für das aktive Wahlrecht. Damit würde auch unter Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsauffassung des Betriebsrates, wonach diese Leiharbeitnehmer grundsätzlich mitzuzählen seien, die Schwellenwertgrenze des § 38 BetrVG zu keinem Zeitpunkt erreicht. Auch für die Zukunft habe der Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung getroffen, zu keinem Zeitpunkt mehr als 25 Leiharbeitnehmer länger als drei Monate zu beschäftigen.

Der Umstand, dass in der Zeit von Oktober 2001 bis März 2002 tatsächlich mehr Leiharbeitnehmer beschäftigt worden seien als vorher geplant gewesen sei, sei im Wesentlichen auf die verbesserte Auftragslage zurückzuführen. Gleichwohl hätten die Leiharbeitnehmer, die länger als drei Monate im Betrieb im Einsatz gewesen seien, die Zahl von 35 monatlich nicht überschritten, so dass sich kumuliert nie eine Belegschaft von mehr als 200 Mitarbeitern ergeben habe. Bei dem übrigen Fremdpersonal handele es sich um temporär eingesetztes Personal bei Stillständen und Auftragspeaks.

Mit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes sei § 38 BetrVG zudem lediglich dahingehend geändert worden, dass die bisherige Schwellgrenze von 300 auf 200 Arbeitnehmer abgesenkt worden sei. § 38 BetrVG stelle nach seinem Wortlaut lediglich auf Arbeitnehmer ab, wohingegen in § 7 Satz 2 BetrVG von Arbeitnehmern eines anderen Arbeitgebers gesprochen werde. Auch aus § 14 Abs. 2 AÜG ergebe sich, dass die Leiharbeitnehmer nicht vollständig einem Arbeitnehmer des Betriebes gleichgesetzt werden könnten. Auch der Arbeitnehmerbegriff in § 5 Abs. 1 BetrVG sei durch das Betriebsverfassungs-Reformgesetz nicht geändert worden.

Eine andere Rechtsauffassung begegne im Übrigen verfassungsrechtlichen Bedenken, da die Leiharbeitnehmer, die als externe und nur für verhältnismäßig kurze Zeit im Betrieb seien, einen Betriebsrat für vier Jahre demokratisch legitimieren könnten und zudem ein doppeltes Stimmrecht erhielten.

Durch Beschluss vom 05.06.2002 hat das Arbeitsgericht den Antrag des Betriebsrates abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein Freistellungsanspruch des Betriebsrates ergebe sich nicht nach § 38 BetrVG, weil § 38 Abs. 1 BetrVG lediglich auf Arbeitnehmer abstelle. Der Begriff des Arbeitnehmers erfasse dabei nur diejenigen Mitarbeiter, die dem Betrieb zugehörig sind. Die im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzten Leiharbeitnehmer seien dabei nicht zu berücksichtigen, sie gehörten nicht zu den Arbeitnehmern des Betriebes und seien keine Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes. Dies ergebe sich aus § 14 Abs. 1 AÜG. § 5 Abs. 1 BetrVG n.F. sei insoweit nicht geändert worden, der Arbeitnehmerbegriff sei vom Gesetzgeber nicht neu definiert worden. Der besonderen Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG n.F. hätte es nicht bedurft, wenn Leiharbeitnehmer ohnehin Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes wären und bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahlen nach § 38 BetrVG mitzuzählen wären. Zwar sei die Absenkung der für die Freistellung maßgeblichen Arbeitnehmerzahl mit dem Aufgabenzuwachs für die Betriebsräte begründet worden. Die Rechte und Pflichten der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb hätten sich aber vom Umfang her durch die Bestimmungen des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes nicht erweitert. Dem Betriebsrat des Entleiherbetriebes seien auch nicht sämtliche betriebsverfassungsrechtliche Rechte und Pflichten hinsichtlich der beschäftigten Leiharbeitnehmer eingeräumt worden. Ein Hinweis auf die "wahlberechtigten" Arbeitnehmer fehle in § 38 Abs. 1 BetrVG.

Gegen den dem Betriebsrat am 04.07.2002 zugestellten Beschuss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat der Betriebsrat am 23.07.2002 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 08.08.2002 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Betriebsrat ist nach wie vor der Auffassung, dass er einen Anspruch auf Freistellung eines Betriebsratsmitglieds nach § 38 Abs. 1 BetrVG habe, auf den der Anspruch ausschließlich gestützt werde. Im Betrieb des Arbeitgebers seien nämlich regelmäßig mehr als 200 Arbeitnehmer beschäftigt. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Personalstatistiken. Einschließlich der mitzuzählenden Leiharbeitnehmer seien ständig regelmäßig weit über 200 Mitarbeiter beschäftigt worden. Die im Betrieb beschäftigten Leiharbeitnehmer zählten bei der Ermittlung der Arbeitnehmerzahl nach § 38 BetrVG unabhängig davon, ob sie Wahlberechtigte seien oder nicht, mit, weil sie regelmäßig beschäftigt würden. Im Betrieb des Arbeitgebers seien Regelarbeitsplätze dauernd mit Leiharbeitnehmern besetzt. Soweit das Arbeitsgericht auf die Legaldefinition des Arbeitnehmers in § 5 BetrVG abstelle, könne ihm nicht gefolgt werden. § 5 BetrVG enthalte schon nicht die Formulierung, dass Arbeitnehmer im Sinne des Gesetzes nur Arbeiter und Angestellte "dieses Arbeitgebers" seien. Der Begriff "Arbeitnehmer" sei der Oberbegriff zu "Arbeitnehmer des Betriebes" und "Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers". Bereits vom Wortlaut her differenziere § 38 BetrVG nicht zwischen "Arbeitnehmer des Betriebes" und "Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers". Auch Leiharbeitnehmer seien Arbeitnehmer.

Auch eine Auslegung des § 38 Abs. 1 BetrVG nach dessen Sinn und Zweck erfordere nicht, dass Leiharbeitnehmer bei der Anzahl der freizustellenden Betriebsratsmitglieder nicht zu berücksichtigen seien. Durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts repräsentiere der Betriebsrat auch die im Betrieb eingesetzten Leiharbeitnehmer. Nach § 38 BetrVG komme es eben nicht auf die "wahlberechtigten" Arbeitnehmer an, sondern auf die "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer. Auch Leiharbeitnehmer mit weniger als drei Monaten Beschäftigungszeit könnten regelmäßig eingesetzt werden, so dass sie zwar nicht wahlberechtigt seien, aber im Sinne des § 38 BetrVG "in der Regel" beschäftigt würden und dort demzufolge mitzählten. Dementsprechend sei auch die vom Arbeitsgericht beachtete Aussage des Vertreters der Bundesregierung zu verstehen, wonach der Personenkreis des § 7 Satz 2 BetrVG das aktive Wahlrecht habe und folglich bei den Arbeitnehmerzahlen der §§ 9, 38 BetrVG zu berücksichtigen sei.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Herne vom 05.06.2002 - 1 BV 1/02 - abzuändern und dem Arbeitgeber aufzugeben, ein Betriebsratsmitglied von der beruflichen Tätigkeit ab sofort freizustellen.

Der Arbeitgeber beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass das Arbeitsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen sei, dass Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der Freistellungsgrenzen des § 38 BetrVG keine Berücksichtigung fänden. Zutreffend habe das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass sich der Arbeitnehmerbegriff in § 5 BetrVG nicht geändert habe. § 38 Abs. 1 BetrVG setze die Betriebszugehörigkeit voraus, wenn von Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern gesprochen werde. Diese Betriebszugehörigkeit verlange das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Arbeitgeber als Rechtsbeziehung und die tatsächliche Eingliederung im Betrieb. Dies sei auch die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vor Änderung der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes gewesen. Leiharbeitnehmer seien aber nicht betriebsangehörig. Dies ergebe sich auch aus § 14 AÜG, wonach Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des Verleiherbetriebes blieben. Auch § 14 Abs. 1 AÜG habe sich insoweit nicht geändert. Der besonderen Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG n.F. hätte es nicht bedurft, wenn die Leiharbeitnehmer von vornherein als Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes anzusehen wären. Das übersehe der Betriebsrat. Auch die Tatsache, dass die Absenkung der für die Freistellung maßgeblichen Arbeitnehmerzahl nach § 38 BetrVG mit dem Aufgabenzuwachs für Betriebsräte begründet worden sei, genüge nicht, um damit zugleich davon auszugehen, dass dieser Aufgabenzuwachs gerade durch die Tätigkeit für Leiharbeitnehmer hervorgerufen werde. Die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten, die die tatsächliche Eingliederung der Leiharbeitnehmer auslöse, hätten sich vom gesetzlichen Umfang her gegenüber dem vorherigen Rechtszustand nicht wesentlich geändert.

Dieser Auffassung seien auch inzwischen zahlreiche Arbeitsgerichte gefolgt.

Im Übrigen wird auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

B

Die zulässige Beschwerde des Betriebsrates ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht dem Antrag des Betriebsrates auf Freistellung eines seiner Mitglieder nicht stattgegeben. Die Beschwerde des Betriebsrates rechtfertigt keine andere Beurteilung.

I

Der Antrag des Betriebsrates ist zulässig.

1. Das Beschlussverfahren ist nach den §§ 2 a, 80 Abs. 1 ArbGG die zutreffende Verfahrensart. Die Beteiligten streiten um Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, nämlich um die Pflicht zur Freistellung eines Mitglieds des Betriebsrates nach § 38 Abs. 1 BetrVG.

2. Die Antrags- und Beteiligungsbefugnis des Betriebsrates und des Arbeitgebers ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG.

II

Der Antrag des Betriebrates ist unbegründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Betriebsrat keinen Anspruch auf Freistellung eines seiner Mitglieder nach § 38 Abs. 1 BetrVG hat.

Ob sich ein Freistellungsanspruch des Betriebsrates nach § 37 Abs. 2 BetrVG ergibt, konnte vorliegend offen bleiben, da der Betriebsrat den geltend gemachten Anspruch nach seinem ausdrücklichen erst- und zweitinstanzlichen Vorbringen ausschließlich auf § 38 Abs. 1 BetrVG stützt.

Nach § 38 Abs. 1 BetrVG in der Fassung des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes vom 28.07.2001 besteht ein Freistellungsanspruch für ein Betriebsratsmitglied "in Betrieben mit in der Regel 200 bis 500 Arbeitnehmern". Diese Voraussetzungen liegen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht vor. Im Betrieb des Arbeitgebers sind nicht regelmäßig 200 bis 500 Arbeitnehmer im Sinne des § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. tätig. Die im Betrieb des Arbeitgebers eingesetzten Leiharbeitnehmer gehören betriebsverfassungsrechtlich nicht zur Belegschaft des Arbeitgebers. Im Betrieb des Arbeitgebers werden lediglich ca. 165 Arbeitnehmer beschäftigt.

1. Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind diejenigen Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Inhaber des Betriebes stehen und innerhalb der Betriebsorganisation des Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbringen. Zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit gehören grundsätzlich einerseits ein Arbeitsverhältnis zu dem Betriebsinhaber, das regelmäßig durch einen Arbeitsvertrag zustande kommen kann, andererseits eine tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der sich auch die Beschwerdekammer anschließt (BAG, Beschluss v. 18.01.1989 - AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; BAG, Beschluss v. 22.03.2000 - AP Nr. 8 zu § 14 AÜG). Die Arbeitnehmerüberlassung im Sinne der Bestimmungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ist vielmehr durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (BAG, Urteil v. 25.10.2000 - AP Nr. 15 zu § 10 AÜG). Wird ein Arbeitnehmer von seinem Vertragsarbeitgeber einem anderen Betriebsinhaber zur Arbeitsleistung überlassen und von diesem in dessen Betriebsorganisation tatsächlich eingegliedert, so begründet dies grundsätzlich keine betriebsverfassungsrechtliche Zugehörigkeit zum Betrieb des fremden Betriebsinhabers. Dies zeigt § 14 Abs. 1 AÜG. Danach bleiben nämlich Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeitsleistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebes des Verleihers. Der tatsächlichen Eingliederung trägt der Gesetzgeber lediglich insoweit Rechnung, als durch § 14 Abs. 2 Satz 2 und 3 AÜG dem Leiharbeitnehmer einzelne betriebsverfassungsrechtliche Rechte im Entleiherbetrieb zugebilligt werden. Eine vollständige Betriebszugehörigkeit des Leiharbeitnehmers zum Entleiherbetrieb wird dadurch jedoch nicht begründet (BAG, Beschluss v. 18.01.1989 - AP Nr. 1 zu § 9 BetrVG 1972; BAG, Beschluss v. 22.03.2000 - AP Nr. 8 zu § 14 AÜG m.w.N.).

2. An diesem rechtlichen Ausgangspunkt hat sich durch die geänderten Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes auch nach Auffassung der Beschwerdekammer nichts geändert.

a) Nach Inkrafttreten der Bestimmungen des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes ist die Frage außerordentlich streitig, ob insbesondere bei der Ermittlung der Schwellenwerte der §§ 9, 38 BetrVG die Zahl der regelmäßig beschäftigten Leiharbeitnehmer mit zu berücksichtigen ist.

Zahlreiche Autoren vertreten die Auffassung, Leiharbeitnehmer seien aufgrund der nunmehr zugebilligten Wahlberechtigung auch bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach den §§ 9, 38 BetrVG mindestens dann mitzählen, wenn sie regelmäßig beschäftigt werden (Däubler, AuR 2001, 285, 286; ders., AiB 2001, 684, 687 f.; Reichold, NZA 2001, 857, 861; Schneider, AiB 2001, 287, 290; Thüsing, DB 2002, 2219, 2222; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt, BetrVG, 21. Aufl., § 38 Rz. 9; Däubler/Kittner/Klebe/Wedde, BetrVG, 8. Aufl., § 38 Rz. 9; Richardi/Thüsing, BetrVG, 8. Aufl., § 38 Rz. 9; so bereits vor Änderung des BetrVG: ArbG Berlin, Beschluss v. 31.01.2001 - AiB 2001, 541; vgl. auch: ArbG Aachen, Beschluss v. 17.05.2002 - 9 BV 30/02 - [zitiert bei Schiefer, DB 2002, 1774, 1775]; ArbG Frankfurt, Beschluss v. 22.05.2002 - DB 2002, 2056).

Demgegenüber wird aber auch die Ansicht vertreten, dass Leiharbeitnehmer trotz der ihnen eingeräumten Wahlberechtigung nach § 7 Satz 2 BetrVG n.F. bei der Ermittlung der Schwellenwerte der §§ 9, 38 BetrVG keine Berücksichtigung fänden (Hanau, RdA 2001, 65, 68; ders., ZIP 2001, 1981, 1982; ders., NJW 2001, 2513, 2515; Konzen, RdA 2001, 76, 83; Löwisch, BB 2001, 1734, 1737; Schaub, ZTR 2001, 437, 439; Maschmann, DB 2001, 2446, 2448; Sieg/Maschmann, AuA 2002, 22; Lindemann/Simon, NZA 2002, 365, 367; Neumann, BB 2002, 510, 514; Franke, NJW 2002, 656; Schiefer, DB 2002, 1774; Kreutz, GK-BetrVG, 7. Aufl., § 38 Rz. 10 und § 7 Rz. 74 f.). Dieser Auffassung hat sich auch neben dem angefochtenen arbeitsgerichtlichen Beschluss die überwiegende Anzahl arbeitsgerichtlicher Entscheidungen angeschlossen (ArbG Detmold, Beschluss v. 04.06.2002 - 2 BV 19/02 - [zitiert bei Schiefer, DB 2002, 1774, 1776]; ArbG Düsseldorf, Beschluss v. 10.07.2002 - DB 2002, 1781; ArbG Braunschweig, Beschluss v. 31.07.2002 - 2 BV 109/01 -; ArbG Bayreuth, Beschluss v. 20.08.2002 - 4 BV 5/02 H -; ArbG Krefeld, Beschluss v. 07.08.2002 - 2 BV 12/02 -; ArbG Berlin, Beschluss v. 11.09.2002 - 7 BV 14772/02 -).

b) Nach Auffassung der Beschwerdekammer sprechen die besseren Argumente für diejenige Auffassung, die die wahlberechtigten Arbeitnehmer bei der Ermittlung der Schwellenwerte des § 38 BetrVG nicht berücksichtigt. Dies gilt mindestens für die im vorliegenden Fall allein entscheidende Frage, ob die Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung der Betriebsgröße nach § 38 BetrVG mitzählen. Ob dies auch im Rahmen des § 9 BetrVG n.F. gilt, war vorliegend nicht zu entscheiden. § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. kann auch nach Auffassung der Beschwerdekammer nicht dahin ausgelegt werden, dass Leiharbeitnehmer bei der Ermittlung des Schwellenwertes des § 38 BetrVG mitzuzählen wären. Der Wortlaut des § 38 Abs. 1 BetrVG, die Entstehungsgeschichte sowie die Systematik der Bestimmungen des Betriebsverfassungsgesetzes auch in der geänderten Fassung sprechen nach Auffassung der Beschwerdekammer eindeutig gegen die Berücksichtigung der Leiharbeitnehmer bei der Bemessung der Beschäftigtenzahlen für eine Freistellung eines Betriebsratsmitglieds.

aa) § 38 Abs. 1 BetrVG stellt auch in der geänderten Fassung lediglich auf Arbeitnehmer ab. Gegenüber der ursprünglichen Fassung des § 38 Abs. 1 BetrVG sind durch die Änderungen des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes lediglich die Schwellenwerte herabgesetzt worden. § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. hat keine Änderung des Arbeitnehmerbegriffs erfahren.

Auch der Arbeitnehmerbgriff des § 5 Abs. 1 BetrVG ist insoweit unverändert geblieben. Die in § 5 Abs. 1 BetrVG vorgenommene Änderung knüpft an den von der Rechtsprechung und Literatur entwickelten allgemeinen Arbeitnehmerbegriff an und erfasst lediglich auch die im Außendienst tätigen Arbeitnehmer und die in Telearbeit Beschäftigten. Insoweit enthält § 5 Abs. 1 BetrVG n.F. nach dem Willen des Gesetzgebers lediglich eine Klarstellung (BT-Drucks. 14/5741 S. 28, 35). Leiharbeitnehmer sind hingegen nach wie vor keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG (Maschmann, DB 2001, 2446, 2448; Lindemann/Simon, NZA 2002, 365, 367; Schiefer/Korte, NZA 2002, 57, 59).

bb) Auch durch die Einräumung des aktiven Wahlrechtes in § 7 Satz 2 BetrVG n.F. hat sich hieran nichts geändert. Hätte der Gesetzgeber auch die wahlberechtigten Arbeitnehmer im Sinne des § 7 Satz 2 BetrVG als Arbeitnehmer qualifizieren wollen, die bei der Berechnung von Schwellenwerten zu berücksichtigen sind, so hätte eine entsprechende Regelung durch Novellierung des § 5 BetrVG erfolgen müssen. Dies ist nicht geschehen. Bereits das Arbeitsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung zutreffend darauf hingewiesen, dass es der besonderen Regelung in § 7 Satz 2 BetrVG n.F. nicht bedurft hätte, wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen sein sollte, dass Leiharbeitnehmer Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes seien. Dem Gesetzgeber war die Problematik im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens bekannt. Er hat offenbar bewusst davon abgesehen, die Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes zu qualifizieren. Den Leiharbeitnehmern ist durch § 7 Satz 2 BetrVG n.F. ausschließlich das aktive Wahlrecht im Entleiherbetrieb eingeräumt worden. Ansonsten ist die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer unberührt und unverändert geblieben. Dies ergibt sich auch aus § 14 AÜG in der Fassung des Art. 2 des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes vom 28.07.2001. Hiernach sind nämlich in § 14 Abs. 2 Satz 1 AÜG lediglich die Worte "weder wahlberechtigt noch" gestrichen und durch das Wort "nicht" ersetzt worden. Hieraus folgt, dass durch die Zuerkennung des aktiven Wahlrechts die Leiharbeitnehmer nicht zu Arbeitnehmern des Entleiherbetriebes gemacht worden sind. Sie sind vielmehr, wie § 7 Satz 2 BetrVG n.F. es unmissverständlich ausdrückt, nach wie vor "Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers". Der Ausnahmecharakter dieser Vorschrift bezieht sich folglich ausschließlich auf das aktive Wahlrecht zum Betriebsrat des Entleiherbetriebes (Frank, NJW 2002, 656). Dieser Ausnahmecharakter lässt sich auch der amtlichen Begründung zum Betriebsverfassungs-Reformgesetz entnehmen. Hiernach soll nämlich § 7 Satz 2 BetrVG n.F. klarstellen, dass grundsätzlich nur Arbeitnehmer, die zur Belegschaft des Betriebes gehören, zum Betriebsrat wahlberechtigt sind. "Um der Erosion der Stammbelegschaft durch den Einsatz von Arbeitnehmern anderer Arbeitgeber entgegenzuwirken", erkennt Satz 2 für bestimmte Fälle die Betriebszugehörigkeit dieser Arbeitnehmer zum Einsatzbetrieb an (BT-Drucks. 14/5741 S. 36). Die amtliche Begründung des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes geht ausdrücklich davon aus, dass die betriebsverfassungsrechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer im Verleiherbetrieb unberührt bleibt. Leiharbeitnehmer sollen durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts zum Betriebsrat des Entleiherbetriebes lediglich "betriebsverfassungsrechtlich aus der Randbelegschaft an die Stammbelegschaft herangeführt werden, ohne sie in rechtlich unzutreffender Weise als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes einzustufen" (BT-Drucks. 14/5741 S. 28).

cc) Das Arbeitsgericht hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass § 38 Abs. 1 BetrVG n.F. gerade nicht von "wahlberechtigten" Arbeitnehmern spricht.

In einer Reihe von Vorschriften über die Organisation der Betriebsverfassung und über die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte stellt das Betriebsverfassungsgesetz auf die Zahl der "wahlberechtigten Arbeitnehmer" des Betriebes bzw. Unternehmens oder auch nur auf die Zahl der "Arbeitnehmer" des Betriebes bzw. Unternehmens ab (vgl. einerseits: §§ 1, 3 Abs. 3 Satz 2, 9, 14 Abs. 4, 14 a Abs. 1, 16 Abs. 2, 17 Abs. 3 und 4, 47 Abs. 7, 99 Abs. 1, 111 Abs. 1 BetrVG; andererseits: §§ 28 Abs. 1, 28 a Abs. 1, 38, 86 a, 95 Abs. 2, 106 Abs. 1, 110 Abs. 1, 112 a BetrVG). Aus dieser Differenzierung zwischen "wahlberechtigten Arbeitnehmern" einerseits und "Arbeitnehmern" andererseits durch den Gesetzgeber folgt, dass § 38 Abs. 1 BetrVG eben nicht auf die "wahlberechtigten Arbeitnehmer" abstellt, sondern lediglich auf die Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG. Richtig ist zwar, dass Leiharbeitnehmer auch Arbeitnehmer sind. Durch die Einräumung des aktiven Wahlrechts in § 7 Satz 2 BetrVG n.F. hat der Gesetzgeber jedoch deutlich gemacht, dass er die Leiharbeitnehmer eben nicht zu den Arbeitnehmern des Betriebes rechnet, ansonsten hätte es einer gesetzlichen Regelung über deren Wahlberechtigung nicht bedurft. Auch da, wo das Gesetz ohne Anknüpfung an die Wahlberechtigung nur auf die Zahl der "Arbeitnehmer des Betriebes" abstellt, sind die nach § 7 Satz 2 BetrVG n.F. wahlberechtigten Arbeitnehmer nicht zu berücksichtigen; sie gehören auch nicht zur Belegschaft im Sinne des § 15 Abs. 2 BetrVG (Kreutz, aaO, § 7 Rz. 75; Löwisch, DB 2001, 1734, 1737; Maschmann, DB 2001, 2446, 2448).

Dass die Bundesregierung im Rahmen der Sachverständigenanhörung des Bundestagesausschusses für Arbeit und Sozialordnung auf eine entsprechende Frage die gegenteilige Auffassung vertreten hat (BT-Drucks. 14/6352 S. 54), begründet kein anderes Ergebnis. Weder aus dem Ausschussbericht des Abgeordneten Weiß noch aus dem Protokoll der 3. Lesung des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes ist ersichtlich, dass der Bundestag diese Meinung der Bundesregierung in seinen Willen aufgenommen hätte. Ein entsprechender eindeutiger Hinweis des Gesetzgebers wäre aber schon deshalb erforderlich gewesen, weil die Folgen der Meinung der Bundesregierung jedenfalls der dokumentierten Absicht des Gesetzgebers entgegenlaufen, in kleineren und mittleren Betrieben zu einem vereinfachten Wahlverfahren zu kommen: Der Anwendungsbereich des § 14 a BetrVG n.F. würde infolge dieser Auffassung nicht unerheblich eingeschränkt. So muss es bei der am Wortlaut und Systematik ausgerichteten Interpretation verbleiben (Löwisch, BB 2001, 1734, 1737).

dd) Schließlich erfordert auch eine teleologische Auslegung des § 38 BetrVG n.F. kein anderes Ergebnis.

Richtig ist zwar, dass die Absenkung der für die Freistellung maßgeblichen Arbeitnehmerzahl mit einem Aufgabenzuwachs für die Betriebsräte begründet worden ist (BT-Drucks. 14/5741 S. 41). Der Umfang der Aufgaben des Betriebsrates für Leiharbeitnehmer hat sich aber durch die Bestimmungen des Betriebsverfassungs-Reformgesetzes nicht geändert. Er ist vielmehr, wie ein Vergleich des § 14 Abs. 2 und 3 AÜG a.F. bzw. n.F. ergibt, gleichgeblieben. Der beabsichtigte verstärkte betriebsverfassungsrechtliche Schutz der Leiharbeitnehmer mag durch ein aktives Wahlrecht gefördert werden; von der Größe des Betriebsrates im Entleiherbetrieb hängt dieser Schutz jedoch offenkundig nicht ab (Lindemann/Simon, NZA 2002, 365, 367). Auch die von der Bundesregierung im Rahmen einer Sachverständigenanhörung vertretene Rechtsauffassung, auf die bereits hingewiesen worden ist, vermag hieran nichts zu ändern. Erst wenn sich auch Rechte und Pflichten der Leiharbeitnehmer im Entleiherbetrieb geändert hätten und der Aufgabenzuwachs der Betriebsräte im Entleiherbetrieb gerade in Bezug auf die Betreuung der Leiharbeitnehmer verstärkt worden wäre, könnte ein anderweitiges Ergebnis aufgrund der ratio legis gerechtfertigt sein. Vom Wortlaut und von der Systematik eines Gesetzes kann aber nur dann abgewichen werden, die ratio legis dies zwingend fordert.

III

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Rechtssache hat die Beschwerdekammer die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen, § 92 Abs. 1, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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