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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.11.2005
Aktenzeichen: 11 Sa 882/05
Rechtsgebiete: HRG, TzBfG, BGB


Vorschriften:

HRG § 57 a
HRG § 57 b
HRG § 57 f
TzBfG § 3
BGB § 307
1. Die am 24.01.2003 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses einer wissenschaftlichen Angestellten auf den 29.02.2008 ist zulässig, wenn die Anforderungen der §§ 57 a, 57 b, 57 f HRG nF (= i.d.F. d. HdaVÄndG vom 27.12.2004) beachtet sind. Angesichts der inhaltlichen Übereinstimmung der neuen Befristungsregeln vom 27.12.2004 mit den vom BVerfG am 27.07.2004 u.a. für nichtig befundenen Befristungsregeln des 5.HRGÄndG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken unter dem Gesichtspunkt einer unzulässigen Rückwirkung.

2. Eine während der Laufzeit des wirksam befristeten Arbeitsverhältnisses ohne inhaltliche Änderungen zur Tätigkeit vereinbarte befristete Erhöhung der Arbeitszeit benachteiligt die wissenschaftliche Angestellte nicht unangemessen i.S.d. § 307 I S.1 BGB. Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung rechtfertigt sich aus den Gründen, die den Gesetzgeber zur Verabschiedung der spezifischen Befristungsregelungen des HRG veranlasst haben.


Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 31.03.2005 - 3 Ca 5723/04 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen. Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Befristung ihres Arbeitsvertrages vom 24.01.2003 auf den 29.02.2008 und gegen die Befristung der Aufstockung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit von einer halben auf eine volle Stelle für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis zum 30.11.2004.

Die 1976 geborene Klägerin ist Diplom-Ökonomin. Seit dem 01.03.2003 ist sie aufgrund eines bis zum 29.02.2008 befristeten Arbeitsvertrages an der Fakultät für Wirtschafts- und Industriesoziologie der Universität D1xxxxxx in Forschung und Lehre beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag vom 24.01.2003 heißt es auszugsweise:

" . . .

§ 1

Frau T1xxx B1xxxxxx wird ab 01.03.2003 als wissenschaftliche Angestellte eingestellt.

Die Beschäftigung erfolgt

. . .

1.2 als nicht vollbeschäftigte Angestellte mit 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer entsprechenden vollbeschäftigten Angestellten.

. . .

1.3.1 auf bestimmte Zeit gemäß § 57b Absatz 1 Satz 1 HRG bis zum 29.02.2008

. . .

§ 2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, dem Hochschulrahmengesetzt (HRG) und dem Gesetz über die Hochschulen des L2xxes Nordrhein-Westfalen (Hochschulgesetz-HG) in der jeweils gültigen Fassung. Bei befristeten Beschäftigungen, insbesondere auch nach den Sonderregelungen für Zeitangestellte, Angestellte für Aufgaben von begrenzter Dauer und für Aushilfsangestellte (SR2y BAT).

. . .

§ 4

Die Angestellte ist in Vergütungsgruppe IIa der Anlage 1a zum BAT eingruppiert (§ 22 Abs. 3 BAT).

§ 5

Der Angestellten obliegen Dienstleistungsaufgaben in Forschung und Lehre gem. § 59 HG.

Im Rahmen der Dienstleistungen besteht die Verpflichtung zur Durchführung von Lehraufgaben im Umfang von 2 Wochenstunden.

. . . "

Auf die Vertragskopie, Blatt 5 d. A., wird ergänzend Bezug genommen. Am 18.03.2004 unterzeichneten die Parteien einen "Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag vom 24.01.2003 (Kopie Blatt 7 d. A.):

" . . .

§ 1

Frau T1xxx B1xxxxxx wird für die Zeit vom 01.06.2004 - 30.11.2004 als wissenschaftliche Angestellte mit zusätzlich 50% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer vollbeschäftigten wissenschaftlichen Angestellten gemäß § 57b Absatz 1 Satz 1 HRG beschäftigt.

Somit wird Frau T1xxx B1xxxxxx für den vorgenannten Zeitraum vollbeschäftigt.

§ 2

Im Rahmen der Dienstleistungen besteht die Verpflichtung zur Durchführung von Lehraufgaben im Umfang von zusätzlich 2 Wochenstunden.

§ 3

Im Übrigen gelten die Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 24.01.2003.

. . . "

Das Arbeitsentgelt betrug den Angaben der Klägerin zufolge 1.000,00 € netto / 1300,00 € brutto bei der Beschäftigung mit 50 % der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit und 1600,00 € netto / 2080,00 € brutto während der Zeit der Vollzeitbeschäftigung.

Mit der am 11.10.2004 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Befristung des Arbeitsvertrages und des Änderungsvertrages.

Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, durch die von dem Bundesverfassungsgericht festgestellte Nichtigkeit von Befristungsnormen des HRG 2002 fehle es rückwirkend betrachtet an einem rechtlichen Grund für die Befristung.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis gemäß Änderungsvertrag vom 18.03.2004 nicht aufgrund der Befristung beendet ist, und

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis gemäß Arbeitsvertrag vom 24.01.2003 nicht aufgrund der Befristung mit Ablauf des 29.02.2008 enden wird.

Das beklagte L2xx hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte L2xx hat die vereinbarten Befristungen für wirksam erachtet und hat insbesondere darauf verwiesen, dass die zur Verfügung stehenden Stellen der wissenschaftlichen Qualifikation der einzelnen Mitarbeiter dienten und deshalb der Bedarf an der Arbeitsleistung der Klägerin nur für eine begrenzte Zeit bestehe.

Das Arbeitsgericht hat die Klage durch Urteil vom 31.03.2005 als unbegründet abgewiesen. Der Änderungsvertrag habe aufgrund wirksamer Befristung mit Ablauf des 30.11.2004 sein Ende gefunden. Der Arbeitsvertrag werde mit Ablauf des 29.02.2008 aufgrund wirksamer Befristung beendet sein. Die Befristungen seien aufgrund von § 57 b HRG Abs. 1 Satz 1 in der ab dem 31.12.2004 geltenden Fassung gerechtfertigt. Gegen die rückwirkende Geltung der wieder in Kraft gesetzten Vorschriften des Hochschulrahmengesetzes für befristete Arbeitsverhältnisse aus der Zeit vom 23.02.2002 bis 26.07.2004 bestünden aus Sicht der Kammer keine Bedenken. Die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Vertragsschlüsse aufgrund der damaligen Gesetzeslage damit rechnen müssen, in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu stehen. Berechtigtes Vertrauen der Klägerin sei deshalb nicht enttäuscht worden. Nach den geltenden Gesetzen stehe die Klägerin jedenfalls wieder in einem befristeten Arbeitsverhältnis.

Das Urteil ist der Klägerin am 13.04.2005 zugestellt worden. Die Klägerin hat am 02.05.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 13.07.2005 am 13.07.2005 begründet.

Die Klägerin verweist weiterhin auf die Nichtigkeit der Befristungsnormen des HRG 2002 laut Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27.07.2004. Dadurch sei ein unbefristeter Arbeitsvertrag entstanden. Dies betreffe beide Vereinbarungen. Nach dem HRG 1985 seien die Vereinbarungen unwirksam, weil das Zitiergebot des § 57 b Abs. 5 HRG 1985 nicht beachtet sei und der Arbeitsvertrag zudem über mehr als fünf Jahre abgeschlossen sei. Das am 31.12.2004 in Kraft getretene neue HRG beinhalte eine unzulässige Rückwirkung, welche die früher vereinbarten Befristungen nicht nachträglich rechtfertigen könne.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund - 3 Ca 5723/04 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gemäß Änderungsvertrag vom 18.03.2004 nicht aufgrund Befristung beendet ist, und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis gemäß Arbeitsvertrag vom 24.01.2003 nicht aufgrund Befristung mit Ablauf des 29.02.2008 enden wird.

Das beklagte L2xx beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das beklagte L2xx verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Zutreffend sei die in § 57 f HRG n. F. vorgesehene Rückwirkung als rechtlich zulässig und verbindlich angesehen worden. Das Vertrauen auf die Verfassungswidrigkeit einer Regelung sei nicht als Bestandteil der Privatautonomie schutzwürdig. Die Klägerin habe nicht darauf vertrauen können, dass der Gesetzgeber die durch das Urteil vom 27.07.2004 entstandene Lücke nicht schließen werde. Würde der Änderungsvertrag vom 18.03.2004 mit der Ausweitung der Tätigkeit für fünf Monate als unwirksam bewertet, wäre die Klägerin ohne Vertragsgrund in der beschriebenen Zeit vollzeitbeschäftigt gewesen, die Leistungen seien nach § 812 BGB rückabzuwickeln. Für den Antrag gegen die Befristung bis zum Jahr 2008 bestehe kein anerkennenswertes Feststellungsinteresse.

In der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer hat die Klägerin klargestellt, der Antrag zum Änderungsvertrag vom 18.03.2004 ziele darauf, dass festgestellt werde, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.11. 2004 hinaus mit voller regelmäßiger Arbeitszeit (100 %) fortbestehe. Nach Erörterung der Pressemitteilung zum Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 27.07.2005 (Pressemitteilung 47/05) haben die Prozessvertreter erklärt, eine Stellungnahmefrist werde nicht benötigt.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage mit beiden Feststellungsanträgen abgewiesen. Die Befristung des Arbeitsvertrages vom 24.01.2003 auf den 29.02.2008 ist wirksam. Die Befristung der Vereinbarung über die Arbeitszeiterhöhung vom 18.03.2004 auf den 30.11.2004 ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

I. Der Arbeitsvertrag vom 24.01.2003 ist wirksam auf den 29.02.2008 befristet.

1. Der Feststellungsantrag gegen die Befristung auf den 29.02.2008 ist als Befristungskontrollklage im Sinne des § 17 TzBfG zulässig. Das erforderliche Rechtsschutzinteresse folgt daraus, dass bei Ausbleiben einer Befristungskontrollklage die Befristung mit Ablauf der dreiwöchigen Klagefrist gemäß §§ 17 TzBfG, 7 KSchG als wirksam gilt. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass die Befristung erst am 29.02.2008 ausläuft. Es ist anerkannt, dass der Arbeitnehmer auch bereits vor Erreichen des Befristungstermins die Befristungskontrollklage zulässig erheben kann. Der Arbeitnehmer muss nicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abwarten (BAG 10.03.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 11; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2004, Rz. 1006). Auch wenn im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung der Befristungstermin noch rund 2 1/4 Jahre entfernt ist, sieht die Kammer ein anerkennenswertes Interesse der Klägerin, im Hinblick auf die weitere Planung ihres beruflichen Lebensweges frühzeitig Klarheit über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsvertrages zu erhalten.

2. Die zur Überprüfung stehende Befristung auf den 29.02.2008 durch die Vereinbarung vom 24.01.2003 ist zulässig gemäß §§ 57 a Abs. 1, 57 b Abs. 1 Satz 1, 57 f Abs. 1 HRG n. F. (= HRG in der Fassung des Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich - HdaVändG - vom 27.12.2004, BGBl I 2004, 3835 ff.).

a) Gemäß § 57 a Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. gelten für den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die §§ 57 b und 57 c HRG n. F.. Nach § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. ist die Befristung von Arbeitsverträgen des in § 57 a Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. genannten Personals, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Mit dieser gesetzlichen Regelung sind über die allgemeinen Regeln zur Zulässigkeit der Befristung von Arbeitsverträgen hinausgehende Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich eröffnet. Dem liegt die Einschätzung zugrunde, dass die befristete Beschäftigung bei der betroffenen Mitarbeitergruppe einerseits der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und dass zum anderen ein anzuerkennendes Bedürfnis an einem regelmäßigen Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre an der Hochschule besteht (Gräfl/Arnold-Rambach, TzBfG, 2005, Befristungen nach dem HRG Rz.11; ErfK-Müller-Glöge, 6.Aufl. 2006, § 57 a HRG Rz.7,8,9). Nach § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. sind die §§ 57 a bis 57 e HRG n. F. auf Arbeitsverträge anzuwenden, die seit dem 23.02.2002 und vor dem 27.07.2004 abgeschlossen wurden. Nach § 57 b Abs. 3 HRG n. F. ist im Arbeitsvertrag anzugeben, ob die Befristung auf den Vorschriften des HRG beruht, die Befristung muss zudem kalendermäßig bestimmt oder bestimmbar sein.

b) Diese gesetzlichen Voraussetzungen für die zulässige Befristung des Arbeitsvertrages einer wissenschaftlichen Mitarbeiterin an einer Hochschule sind bei dem zu überprüfenden Vertrag vom 24.01.2003 erfüllt. Unstrittig ist die Klägerin als nicht promovierte wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität D1xxxxxx in Forschung und Lehre im Sinne der §§ 53, 57 a HRG n. F. beschäftigt. Ihr obliegen wissenschaftliche Dienstleistungen. Sie weist ein abgeschlossenes Hochschulstudium auf. Die Befristungsdauer von bis zu sechs Jahren gemäß § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. ist beachtet. Der Vertrag hat eine fünfjährige Laufzeit. Die vereinbarte Befristung ist kalendermäßig bestimmt. Das Zitiergebot ist beachtet: § 1.3.2 des Arbeitsvertrages benennt ausdrücklich die Vorschrift des § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG. Die Befristung wurde am 24.01.2003 unterzeichnet und unterfällt damit dem zeitlichen Geltungsbereich gemäß § 57 f Abs.1 Satz 1 -3 HRG n.F.. Die Befristungsvereinbarung genügt damit den gesetzlichen Anforderungen an eine zulässige Befristung nach dem HRG n.F..

Angesichts der beidseitig zwingenden Ausgestaltung der Befristungsregelungen der §§ 57 b, 57 c HRG (neuer und alter Fassung) gemäß § 57 a Abs. 1 HRG (neuer und alter Fassung) ergeben sich auch aus der SR 2 y BAT keine Bedenken gegen die Zulässigkeit der zu überprüfenden Befristung. Von dem Grundprinzip der befristeten Arbeitsverträge für die wissenschaftlichen Angestellten im Sinne des § 57 a HRG kann weder zu Gunsten noch zu Ungunsten der Mitarbeiter abgewichen werden, dies gilt für Individualverträge und für Tarifverträge (vgl. Böhm/Spiertz, BAT, Stand 04/2005, SR 2 y BAT Anhang Nr. 2 § 57 a HRG Rz. 4; Gräfl/Arnold-Rambach, Befristungen nach dem HRG Rz. 16; ErfK-Müller-Glöge, 6.Aufl. 2006, § 57 a HRG Rz. 28, 29).

c) Der aus §§ 57 a, 57 b, 57 f HRG n. F. hergeleiteten Zulässigkeit der streitgegenständlichen Befristung steht nicht entgegen, dass das HRG n. F. gemäß Art. 10 HdaVändG erst mit Wirkung ab dem 31.12.2004 in Kraft getreten ist und die im Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Befristungsregeln der §§ 57 a ff HRG in der ab dem 23.02.2002 geltenden Fassung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27.07.2004 insgesamt für nichtig erklärt worden sind (BVerfG 27.07.2004 - 2 BvF 2/02 - BVerfGE 111, 226). §§ 57 a, 57 b HRG aus der ab dem 23.02.2002 geltenden Zwischenfassung des Gesetzes sind durch den Gesetzgeber des HdaVändG wieder in Kraft gesetzt worden. Nach § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. finden die §§ 57 a bis 57 e HRG n. F. (wieder) auf Arbeitsverträge Anwendung, die seit dem 23.02.2002 (vom Zwischenzeitraum 27.07.2004 bis 31.12.2004 abgesehen) abgeschlossen worden sind.

Die Berufungskammer teilt die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin gegen diese Regelung nicht. Wie bereits zuvor verschiedene Instanzgerichte erachtet auch die Berufungskammer die in § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. angeordnete Rückwirkung für verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (LAG Düsseldorf 06.06.2005 - 10 Sa 100/05 - n.rkr. - Az. BAG 7 AZR 327/05 -; LAG RheinL2xx-Pfalz 24.02.2005 - 1 Sa 3777/04 - NZA-RR 2005, 444, n.rkr. - Az. BAG 7 AZR 234/05 -; Arbeitsgericht Berlin 24.02.2005 - 75 Ca 26827/04 -). Entscheidend ist, dass die hier anzuwendenden Befristungsregeln aus den §§ 57 a bis 57 e HRG n. F. mit dem vorherigen Recht der ab dem 23.02.2002 geltenden Fassung der §§ 57 a ff. HRG nach dem 5. HRGÄndG (=Zwischenfassung) übereinstimmen. Aufgrund der kurzen Zeitspanne von Juli bis Dezember 2004 und der durchgängig geführten Diskussionen um die Wiederinkraftsetzung der aufgehobenen Befristungsregeln konnte sich ein schutzwürdiges Vertrauen auf den unsicheren zwischenzeitlichen Rechtszustand nicht bilden. Durch das HdaVändG vom 27.12.2004 ist kein berechtigtes Vertrauen der Betroffenen enttäuscht worden (Loewisch, Die gesetzliche Reparatur des Hochschulbefristungsrechts, NZA 2005, 321, 322; Preis, Verfassungswidrigkeit der HRG-Novelle, NJW 2004, 2782, 2786; Kortstock, Auswirkungen des BVerfG-Urteils für Juniorprofessur, ZTR 2004, 558, 562; Müller, Befristete Arbeitsverträge im Hochschulbereich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 27. Juli 2004, AuR 2004, 401, 102). Dispositionen der Parteien, insbesondere der Klägerin, auf Basis der durch die Nichtigerklärung eingetretenen Rechtslage ab dem 27.07.2004 sind nicht ersichtlich. Durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist für die Klägerin keine Vertrauensgrundlage geschaffen worden. Die Klägerin konnte nicht erwarten, dass der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts untätig bleiben würde. Eine Neuregelung stand ersichtlich an. Kompetenzrechtliche Bedenken bestehen im Hinblick auf die § 57 a bis 57 f HRG n. F. nicht. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Hochschulbefristungsrecht folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG (ausführlich: ArbG Berlin, a. a. O. unter II 3 a; BAG 28.01.1998 AP Nr. 3 zu HRG § 57 a; Dörner, Der befristete Arbeitsvertrag, 2004, Rz. 635; Preis, Verfassungswidrigkeit der HRG-Nowelle, NJW 2004, 2782, 2786; Stahlhacke-Preis-Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz, 9. Aufl. 2005, Rz. 138; Kortstock, a. a. O., ZTR 2004, 558 und 562). Auch das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 20.04.2005 die Zulässigkeit einer am 25.09.2002 mit einer studentischen Hilfskraft vereinbarten Befristung auf den 28.02.2003 unter Anwendung des Hochschulrahmengesetzes in der Fassung des Gesetzes vom 27.12.2004 bejaht, Anwendung von § 57 e Satz 1 HRG n. F. i. V. m. § 57 f Abs. 1 Satz 1 HRG n. F. (BAG 20.04.2005 - 7 AZR 293/04 - NZA 2005, 933; ebenfalls ohne Bedenken aus dem Gesichtspunkt der Rückwirkung: Stahlhacke-Preis-Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz, 9. Aufl. 2005 Rz. 138; ErfK-Müller-Glöge, 6. Aufl. 2006, § 57 f HRG Rz. 10; Gräfl/Arnold-Rambach, TzBfG 2005, Befristungen nach dem HRG Rz. 4, 44, 45 = S. 596 f, 614 f).

II. Auch die Befristung der am 18.03.2004 vereinbarten Arbeitszeiterhöhung auf den 30.11.2004 ist rechtlich nicht zu beanstanden.

1. Die Vereinbarung vom 18.03.2004 lässt den Bestand des zuvor geschlossenen Arbeitsvertrages unberührt. Auch nach dem 30.11.2004 bleiben die Parteien arbeitsvertraglich verbunden. Bei der Vereinbarung vom 18.03.2004 handelt es sich mithin nicht um die Befristung eines Arbeitsvertrages im Sinne der §§ 3, 14 ff. TzBfG, 57 a ff. HRG n. F.. Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen innerhalb eines im Übrigen fortbestehenden Arbeitsverhältnisses unterfällt nicht den genannten Vorschriften. Die Befristung einzelner Vertragsbedingungen wird in diesen Gesetzesbestimmungen nicht erwähnt. Sie ist daher nicht Gegenstand dieser Normen (BAG 14.01.2004 AP TzBfG § 14 Nr. 10; BAG 04.06.2003 AP TzBfG § 17 Nr. 1; ErfK-Müller-Glöge, 6.Aufl. 2006, § 3 TzBfG Rz. 21 - 23;).

2. Die zwischen den Parteien strittige Wirksamkeit der Befristung der Vereinbarung vom 18.03.2004 auf den 30.11.2004 hat die Klägerin zulässig mit einem Feststellungsantrag im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO zur gerichtlichen Überprüfung gestellt. Die Klägerin hat durch ihre Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer klargestellt, dass es sich insoweit nicht um einen Befristungskontrollantrag nach § 17 TzBfG handeln soll, sondern die Feststellung begehrt wird, dass über den 30.11.2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis mit voller regelmäßiger Arbeitszeit (100 %) fortbesteht (vgl. BAG 27.07.2005 AP BGB § 307 Nr.6 = NZA 2006, 40 ff unter A.).

3. Die Kammer folgt bei der Überprüfung der Vereinbarung der neuen Rechtsprechung des 7. Senates des Bundesarbeitsgerichtes (BAG 27.07.2005 AP BGB § 307 Nr.6 = NZA 2006, 40 ff). Nach Inkrafttreten der Schuldrechtsreform ab dem 01.01.2002 unterfällt die Vereinbarung über eine befristete Arbeitszeiterhöhung im fortwährenden Arbeitsverhältnis als allgemeine Geschäftsbedingung der gerichtlichen Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB n. F. (noch offen gelassen in: BAG 14.01.2004 - 7 AZR 342/03 - AP TzBfG § 14 Nr. 8). Die Befristung der Arbeitszeiterhöhung ist nicht länger nach den Grundsätzen der bisherigen Rspr. zu befristeten Arbeitsverträgen unter dem Aspekt einer Umgehung zwingenden Kündigungsschutzrechtes zu überprüfen. Durch die Schuldrechtsreform hat der Gesetzgeber das Recht der Vertragsinhaltskontrolle neu geordnet und insbesondere auch - in den Grenzen des § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB - im Arbeitsrecht für anwendbar erklärt. Damit gibt es im Arbeitsverhältnis für die Inhaltskontrolle auch bei der Vereinbarung befristeter Arbeitsbedingungen eine gesetzliche Grundlage. Damit ist die Notwendigkeit und Berechtigung für eine gesetzesvertretende richterrechtliche Inhaltskontrolle in Form der Sachgrundprüfung nach der bisherigen Rspr. entfallen (BAG 27.07.2005 AP BGB § 307 Nr.6 = NZA 2006, 40 ff; LAG Brandenburg 25.08.2004 ZTR 2005,271; ErfK-Müller-Glöge, 6.Auflage 2006, § 3 TzBfG Rz.24; ErfK-Preis, 6.Aufl. 2006, §§ 305-310 BGB Rz. 73-74a; Preis/Bender, Befristung einzelner Arbeitsbedingungen - Kontrolle durch Gesetz oder Richterrecht?, NZA-RR 2005, 337 ff.). Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt es darauf an, ob der Arbeitnehmer durch die Befristung der Arbeitszeiterhöhung entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Dabei ist eine umfassende Abwägung der beiderseitigen Interessen vorzunehmen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitsnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder durch gleichwertige Vorteile ausgeglichen ist (BAG 27.07.2005 AP BGB § 307 Nr.6 = NZA 2006, 40 ff; LAG Brandenburg 25.08.2004 ZTR 2005, 271). Damit wird im Ergebnis nun über § 307 BGB weiterhin nach einem Grund der Befristung gefragt und dessen Tragfähigkeit beurteilt (ErfK-Müller-Glöge, 6.Auflage 2006, § 3 TzBfG Rz.24).

Die Anwendung der §§ 305 ff BGB ergibt die Wirksamkeit der Befristung der Arbeitszeiterhöhung auf den 30.11.2004. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Voraussetzungen für das Eingreifen der Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff BGB erfüllt sind, dass es sich also um eine Allgemeine Geschäftsbedingung i.S.d. § 305 Abs. 1 BGB handelt oder zumindest um eine vom Arbeitgeber innerhalb eines Verbrauchervertrages gestellte Vertragsbestimmung i.S.d. § 310 Abs.3 Nr.3 BGB (hierzu: BAG 25.05.2005 AP BGB § 310 Nr. 1 unter V 1; ErfK-Preis, 6.Aufl.2006, §§ 305-310 BGB Rz.26).

Die vertragliche Vereinbarung hält der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB stand. Der Nachteil, den die Klägerin durch die Vereinbarung erfährt, dass die Erhöhung der Arbeitszeit nur befristet für die sechs Monate von Juni 2004 bis zum November 2004 eintritt und nach Ablauf des vereinbarten Zeitraumes ohne das Erfordernis einer sozial gerechtfertigten Änderungskündigung wieder die vormalige geringere Arbeitszeit maßgebend wird, ist nicht unangemessen. Ihm stehen begründete und billigenswerte Interessen der Hochschule an der Befristung der Arbeitzeiterhöhung gegenüber. Die Befristung der Arbeitzeiterhöhung stimmt überein mit den Wertungen des Gesetzgebers zum Problembereich der Befristung von Arbeitsverträgen im Hochschulbereich.

Im Anwendungsbereich der §§ 53, 57 a, 57 b HRG n.F. erkennt der Gesetzgeber ein über das sonstige Befristungsrecht hinausgehendes Bedürfnis für eine Befristung von Arbeitsverträgen an (s.o.). Mit dem HRG 2002 und damit auch mit den HRG n. F. hat der Gesetzgeber das vormalige Hochschulbefristungsrecht mit seinem System der Sachgrundbefristung nach leichteren Maßstäben durch ein Zeitsystem mit einer Höchstdauerregelung ersetzt, das in der Sache die Möglichkeit sachgrundloser Befristungen schafft (Dörner, der befristete Arbeitsvertrag 2004, Rz. 631). In diesem Bereich unterstellt der Gesetzgeber, dass die Beschäftigung der wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum einen der eigenen Aus-, Fort- und Weiterbildung dient und zum anderen der regelmäßige Austausch des Personals zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre an den Hochschulen notwendig ist (s.o.). Diese Zielsetzung baut auf der Erkenntnis des Bundesverfassungsgerichts auf, dass es im Hochschulbereich eine ständige Fluktuation braucht, um einen laufenden Zustrom junger Wissenschaftler und neuer Ideen zu gewährleisten, weil ansonsten die Forschung erstarren würde. Um zu sichern, dass vorhandene Stellen nicht auf Dauer besetzt und blockiert werden und damit dem wissenschaftlichen Nachwuchs vorenthalten bleiben, wird die nur an zeitliche Höchstgrenzen gebundene Befristung von Arbeitsverträgen zugelassen (BVerfG 24.04.1996 AP HRG § 57 a Nr. 2; KR-Lipke, 7. Aufl. 2004, § 57 a HRG Rz. 8). Diese Interessenbewertung trägt nach Auffassung der Kammer auch die zeitlich befristete Aufstockung der Arbeitszeit im Anwendungsbereich der genannten Vorschriften. Auch die befristete Arbeitszeiterhöhung ist ein Mittel, einerseits Ausbildungsmöglichkeit für wissenschaftlichen Nachwuchs zu bieten und andererseits die gewünschte Fluktuation zu ermöglichen.

Vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlich legitimen gesetzgeberischen Entscheidung für die Schaffung erleichterter Befristungsmöglichkeit im Hochschulbereich erscheint die hier vereinbarte vorübergehende befristete Erhöhung der Arbeitszeit nicht unangemessen. Sie ermöglicht der Klägerin eigene Aus-, Fort- und Weiterbildung durch eine wissenschaftliche Tätigkeit an einer Hochschule, ohne andererseits der für notwendig erachteten Fluktuation und Innovation an der Hochschule im Wege zu stehen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien unterfällt den Voraussetzungen der §§ 53, 57 a, 57 b HRG (s. o.). Die befristete Erhöhung der Arbeitszeit ist ausweislich der schriftlichen Vereinbarung nicht mit einer inhaltlichen Änderung der Tätigkeit verbunden. Die Lehrtätigkeit der Klägerin wurde proportional erhöht. Die Laufzeit umfasst wie der mehrjährige befristete Arbeitsvertrag sowohl Zeiten des Vorlesungsbetriebs wie auch vorlesungsfreie Zeiten Die dem Grundgedanken des Hochschulbefristungsrechts verpflichtete Zielsetzung des Änderungsvertrages vom 18.03.2004 ist zudem durch die ausdrückliche Benennung des § 57 b Abs. 1 Satz 1 HRG im Vertragtext des Änderungsvertrages ausgewiesen. Die Klägerin ist durch die Befristung der am 18.03.2004 vereinbarten Arbeitszeiterhöhung nicht unangemessen benachteiligt.

Die Problematik der Verfassungswidrigkeit des HRG 2002 stellt sich aus den unter II 1 abgehandelten Gründen für die Vereinbarung vom 18.03.2004 nicht. Sonstige Gründe für eine Unwirksamkeit der Befristungsvereinbarung vom 18.03.2004 werden von der Klägerin nicht geltend gemacht und sind für die Kammer nicht ersichtlich. Die wirksam vereinbarte Befristung der Arbeitzeiterhöhung führt zu deren Auslaufen mit dem vereinbarten Endtermin 30.11.2004. Der gegen das anschließende Absinken der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auf die vertraglich vereinbarte hälftige Arbeitszeit gerichtete Feststellungsantrag der Klägerin ist unbegründet.

III. Es verbleibt bei dem klagabweisenden Erkenntnis des Arbeitsgerichts. Die mit ihrer Berufung unterlegene Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revision wurde gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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