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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 24.01.2008
Aktenzeichen: 11 Sa 890/07
Rechtsgebiete: Lohnabkommen Metallindustrie NRW


Vorschriften:

Lohnabkommen Metallindustrie NRW vom 22.04.2006
Sieht ein firmenbezogener Verbandstarifvertrag eine Kürzung der Vergütung für die individuelle wöchentliche Arbeitszeit gegenüber dem Tariflohn des Flächentarifvertrages vor, so können die betroffenen Arbeitnehmer auch den Einmalbetrag von 310,00 € für die Monate März bis Mai 2006 nach dem Lohnabkommen der Metallindustrie NRW vom 22.04.2006 nur entsprechend verkürzt beanspruchen.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 28.02.2007 - 2 Ca 1858/06 - abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten, ob die Beklagte berechtigt war, den in dem Abkommen vom 22.4.2006 über die Tariflöhne in der Metall- u. Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens (LA 2006) vereinbarten Einmalbetrag von 310,00 € für die Monate März bis Mai 2006 um 10,86 % auf 276,34 € zu kürzen, wie dies die Beklagte im Hinblick auf einen für den Betrieb der Beklagten in G2 abgeschlossenen Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag meint.

Der Kläger ist bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden die Tarifverträge für die metallverarbeitende Industrie Nordrhein-Westfalens Anwendung. Der Kläger ist Mitglied der IG Metall. Die Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes Metall NRW.

Am 23.9.2004 wurde von dem Verband der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalen e.V. (Metall NRW) und der Bezirksleitung der IG Metall Nordrhein-Westfalen ein "Firmenbezogener Verbandstarifvertrag betreffend T1 / G2" für die Arbeitnehmer der Beklagten des Werkes G2 abgeschlossen, um eine weitreichende Verlagerung von Arbeitsplätzen nach T2 zu vermeiden. Auszugsweise ist dort bestimmt:

"§ 2 Beschäftigungs- und Standortsicherung / Abfindung bei betriebsbedingter Kündigung

..........

§ 3 Vergütung der regelmäßigen Arbeitszeit

Während der Laufzeit dieses Tarifvertrages wird die Vergütung für die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten unter Beibehaltung der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden / Woche analog zum Tarifvertrag Beschäftigungssicherung um 3 Stunden auf 32 Stunden / Woche abgesenkt. Auch die abgeleiteten Leistungen vermindern sich entsprechend.

Bei einem Beschäftigten mit einer von 35 Stunden abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erfolgt die Absenkung in dem entsprechenden Verhältnis."

Durch die Beibehaltung der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden / Woche bei einer Vergütung auf Basis einer Arbeitszeit von 32 Stunden / Woche multipliziert mit dem Faktor 0,975 gem. § 4 Abs. 3 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages ergibt sich hieraus eine reduzierte Vergütung i.H.v. von 89,14 % der Vergütung auf Basis der 35-Stundenwoche, mithin eine Kürzung von 10,86 %. Darüber hinaus wurden Weihnachts- u. Urlaubsgeld sowie sonstige Zuschläge und Zulagen entsprechend dem Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag auf der Basis der reduzierten Arbeitszeit multipliziert mit dem Faktor 0,975 gekürzt. Wegen des Wortlautes der weiteren Bestimmungen des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages betreffend T1 / G2 wird auf die zur Akte gereichte Kopie des Tarifvertrages Bezug genommen (Bl. 19 - 22 GA).

Der Tarifvertrag trat am 1.10.2004 in Kraft und hat eine Laufzeit bis zum 30.9.2007. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages beschäftigte die Beklagte etwa 770 Arbeitnehmer.

Unter dem 22. April 2006 vereinbarten der Verband der Metall- und Elektroindustrie NRW e.V. und die Gewerkschaft IG Metall, Bezirksleitung NRW, das Abkommen über die Tariflöhne in der Metall- und Elektroindustrie NRW (LA 2006) (auszugsweise Kopie Bl. 23, 24 GA). In dem Abkommen heißt es u. a.:

"§ 2

"Monatsgrundlohn - Summarische Arbeitsbewertung

1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Lohntabellen, gültig ab 1. März 2005, weiter.

2. Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten nach Maßgabe des § 6 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310 Euro beträgt.

3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2006 wird der gemeinsame Ecklohn der Monatsgrundlohntabelle von 1.860,67 Euro um 3 % auf 1.916,49 Euro erhöht ...

§ 3

Monatsgrundlohn - Analytische Arbeitsbewertung

1. Für die Monate März bis Mai 2006 gelten die bisherigen Lohntabellen, gültig ab 1. März 2005, weiter.

2. Die gewerblichen Arbeitnehmer erhalten nach Maßgabe des § 6 für diese drei Monate mit der Abrechnung für Mai 2006 einen Einmalbetrag, der für Vollzeitbeschäftigte 310 Euro beträgt.

3. Mit Wirkung ab 1. Juni 2006 wird der Steigerungsbetrag 1 der tariflichen analytischen Arbeitsbewertung von 25,1911 Euro um 3 % auf 25, 9468 Euro erhöht ...

...

§ 6

Einmalbetrag

1. Die Betriebsparteien können den Einmalbetrag gem. §§ 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 bei unterdurchschnittlicher, schlechter Ertragslage zeitlich innerhalb der Laufzeit des Tarifvertrages verschieben oder bis auf Null reduzieren oder bei überdurchschnittlicher, guter Ertragslage bis auf das Doppelte durch freiwillige Betriebsvereinbarung erhöhen.

Vereinbaren die Betriebsparteien keine Abweichung, ist der Einmalbetrag in der tariflich vorgeschriebenen Höhe nach §§ 2 Nr. 2, 3 Nr. 2 auszuzahlen.

Eine Erhöhung des Einmalbetrages kann der Arbeitgeber ausschließen, wenn es im Betrieb eine übertarifliche Regelung über eine Jahresabschlussvergütung, Gratifikationen, Jahresprämien, Ergebnisbeteiligungen, Weihnachtsgeld oder ähnliche Leistungen gibt.

2. Den Einmalbetrag erhalten gewerbliche Arbeitnehmer in voller Höhe, wenn sie im März, April und Mai 2006 Vollzeitbeschäftigte waren und einen vollen Anspruch auf Lohn-, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld hatten.

3. Teilzeitbeschäftigte erhalten den Einmalbetrag nach Maßgabe ihrer für die Monate März, April und Mai 2006 einzelvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden.

Diese Regelung gilt entsprechend für gewerbliche Arbeitnehmer, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung auf eine D3 zwischen 30 und unter 35 Stunden festgelegt ist.

4. Soweit für teilzeit- und vollzeitbeschäftigte gewerbliche Arbeitnehmer kein voller Anspruch auf Zahlung des Lohns, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld für die Monate März, April und/oder Mai 2006 bestand, ist der Einmalbetrag zeitanteilig zu kürzen.

5. Gewerbliche Arbeitnehmer, die während der Monate März, April oder Mai 2006 eingetreten bzw. ausgeschieden sind, erhalten den Betrag anteilig entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in diesen Monaten.

6. .Mit dem Einmalbetrag sind alle Ansprüche abgegolten, die sich aus der Erhöhung des Tariflohns gemäß § 2 und § 3 für die Monate März bis Mai 2006 ergeben.

7. Sofern die Monate März bis Mai 2006 ab Juni 2006 Referenzzeitraum für Durch-schnittsberechnungen aller Art sind, ist statt des Einmalbetrages eine prozentuale Erhöhung von 3,0 % zugrunde zu legen:"

Die Beklagte wandte auf den Einmalbetrag von 310,00 € die Kürzungsregeln des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages an und zahlte den Einmalbetrag um 10,86 % abgesenkt aus, 276,34 € statt 310,00 €.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner am 28.9.2006 bei Gericht eingegangenen Klage.

Der Kläger hat ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht den in § 2 Ziffer 2 des Lohnabkommens vorgesehenen Einmalbetrag auf der Basis des § 3 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages gekürzt. Er arbeite weiterhin im Rahmen der tariflichen Arbeitszeit von 35 Wochenstunden, auch wenn er den Lohn lediglich für 32 Wochenstunden erhalte. Die tariflich vereinbarte Einmalzahlung werde von der Entgeltkürzung des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages nicht erfasst.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 33,66 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Fälligkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat geltend gemacht, die Tarifparteien seien sich bei Abschluss des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages einig gewesen, dass während der Laufzeit des Tarifvertrages sämtliche Entgelte und sonstige Entgeltbestandteile sowie Zulagen und Zuschläge sowie sonstige tarifliche Zuwendungen auf der Basis der verringerten Arbeitszeit multipliziert mit dem Faktor von 0,975 gezahlt werden sollten. Dies komme auch in der Formulierung in § 3 des Tarifvertrages "auch die abgeleiteten Leistungen vermindern sich entsprechend" zum Ausdruck. Bei dem in dem Lohnabkommen vereinbarten Einmalbetrag handele es sich um einen tariflichen Entgeltbestandteil. Aus § 6 Ziffer 3 des Lohnabkommens, der eine Absenkung des Einmalbetrages bei Teilzeitbeschäftigung bzw. einer Absenkung der Stunden nach dem Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung vorsehe, gehe hervor, dass auch der Einmalbetrag an die individuelle Arbeitszeit des Beschäftigten und an seinen entsprechenden Lohn gekoppelt sei. Dementsprechend sei hier zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Vergütung lediglich auf der Basis einer Wochenarbeitszeit von 32 Stunden erhalte. Darüber hinaus stellten die Ziffern 6 und 7 des § 6 des Lohnabkommens eine direkte Beziehung zwischen der vereinbarten Einmalzahlung und der 3%igen Lohnerhöhung her.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und wie von den Parteien beantragt die Berufung zugelassen. Die Voraussetzungen des § 2 Ziffer 2 LA 2006 für die Zahlung des vollen Einmalbetrages von 310,00 € seien erfüllt, da der Kläger als Vollzeitbeschäftigter mit 35 Wochenstunden bei der Beklagten beschäftigt sei, auch wenn er den Lohn lediglich auf Grund einer abgesenkten Arbeitszeit von 32 Stunden erhalte. Die Voraussetzungen für eine Kürzung des Einmalbetrages nach § 6 Ziffer 3 des Lohnabkommens seien nicht gegeben. Zwar sei der Einmalbetrag für die Monate März bis Mai 2006 nach § 2 LA 2006 das Korrelat für die ab 1.6.2006 vereinbarte 3%ige Lohnerhöhung und insofern ebenfalls Vergütung. § 2 Ziffer 2 sowie § 6 Ziffer 3 LA 2006 des Lohnabkommens knüpften jedoch lediglich an den Zeitfaktor, nämlich den Umstand der Vollbeschäftigung im Sinne der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden an, wie sie hier gegeben sei. Da der Tarifvertrag für den Einmalbetrag lediglich an den Umstand der Vollbeschäftigung anknüpfe, werde der Einmalbetrag von der Regelung des § 3 des firmenbezogenen Verbandstarifvertrages nicht erfasst.

Gegen das ihr am 23.04.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 21.05.2007 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 23.07.2007 am 20.07.2007 begründet.

Die Beklagte wendet ein, entgegen der Argumentation des Arbeitsgerichtes sei der Einmalbetrag des LA 2006 entsprechend den Regeln des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages um 10,86 % zu kürzen. Dies folge aus § 3 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages. In diesem Sinne habe auch das ArbG Koblenz in einem Rechtsstreit eines weiteren Unternehmens des T1-Konzerns zur Frage der Verrechnung des Einmalbetrages auf übertarifliche Entgeltbestandteile entschieden (ArbG Koblenz 28.02.2007 - 1 Ca 2311/06 - Bl. 90 ff GA). Das ArbG Koblenz habe überzeugend begründet, dass der Einmalbetrag gegenleistungsabhängiges Arbeitsentgelt sei. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass die Flächentarifvertragsregelung durch den hier einschlägigen firmenbezogenen Verbandstarifvertrag modifiziert werde.

Die Beklagte beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichtes. Der Einmalbetrag sei aus Vereinfachungsgründen ohne Differenzierung zwischen den einzelnen Lohn- und Gehaltsgruppen pauschaliert vereinbart worden und knüpfe lediglich an den Umstand der Vollbeschäftigung an, so dass er von § 3 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages nicht erfasst werde. Der Einmalbetrag sei entgegen der Ansicht auch des Arbeitsgerichtes nicht als Vergütung anzusehen, weil er nach § 6 Nr. 1 LA 2006 von den Tarifvertragsparteien je nach Ertragslage reduziert oder erhöht werden könne. Der Einmalbetrag werde damit nicht wie der Tariflohn als Gegenleistung für erbrachte Arbeit gewährt sondern vielmehr für eine nicht unterdurchschnittliche und nicht schlechte Ertragslage. Er sei vergleichbar mit einer Jahreszuwendung wegen eines guten Jahresabschlusses. Wegen dieses anderen Zweckes sei der Einmalbetrag nicht als Vergütung i.S.v. § 3 des Firmenbezogenen Verbandstarifvertrages anzusehen. Das Urteil des ArbG Koblenz behandle eine andere Problematik.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 8 Abs.2, 64 Abs. 1, Abs. 2 a) ArbGG statthaft und zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht entsprechend den Anforderungen der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist erfolgreich. Entgegen der Entscheidung des Arbeitsgerichts war die Beklagte berechtigt, den Einmalbetrag an den Kläger verkürzt auszuzahlen. Dies folgt aus dem für den Betrieb der Beklagten in G2 abgeschlossenen "Firmenbezogenen Verbandstarifvertrag betreffend T1 / G2" (fortan: Firmen-Verbands-TV)

1. Zwar sieht in der Tat das LA 2006 für einen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer in der Metallindustrie NRW einen mit der Abrechnung Mai 2006 auszuzahlenden Einmalbetrag von 310,00 € vor (§ 2 Nr.2 LA 2006). Auch ist der Kläger mit der für ihn maßgeblichen Arbeitszeit von 35 Stunden ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer. Nach den Regeln des Flächentarifvertrages LA 2006 könnte er deshalb den Einmalbetrag in der ungekürzten Höhe von 310,00 € beanspruchen.

2. Die strittige Kürzung des Einmalbetrages auf 89,14 % von 310,00 € ist jedoch gedeckt durch den hier zu beachtenden Firmen-Verbands-TV vom 23.09.2004 mit der Laufzeit vom 01.10.2004 bis zum 30.09.2007.

Nach § 3 Firmen-Verbands-TV wird für die Arbeitnehmer des W2 G2 die Vergütung für die individuelle regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Vollbeschäftigten unter Beibehaltung der tariflichen Arbeitszeit von 35 Stunden / Woche um drei Stunden auf 32 Stunden / Woche abgesenkt, auch die abgeleiteten Leistungen vermindern sich entsprechend. Die Leistungs- bzw. Zeitentgelte incl. Zulagen sowie die daraus abgeleiteten Zulagen kommen zudem gemäß § 4 Firmen-Verbands-TV multipliziert mit dem Faktor 0,975 zur Auszahlung (32/35 x 0,975 = 89,14 %).

Der Einmalbetrag von 310,00 € gemäß § 2 Nr. 2 LA 2006 ist Vergütung / Entgelt i.S.d. vorgenannten Bestimmungen, wie eine Gesamtbetrachtung der Regelungen des LA 2006 ergibt. Es gelten Überlegungen, wie sie auch bei der Frage anzustellen sind, ob eine Tariferhöhung auf übertarifliches Arbeitsentgelt angerechnet werden kann. Ebenso wie bei der Einmalzahlung des BAG-Urteils vom 16.04.2002 (AP TVG § 4 Übertariflicher Lohn und Tariflohnerhöhung Nr. 38) ergibt sich auch für die hier streitgegenständliche Einmalzahlung aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass der "Einmalbetrag" von 310,00 € als pauschalierte Lohnerhöhung anzusehen ist. Die Einmalzahlung ist in §§ 2, 3 LA 2006 jeweils unter der Überschrift "Monatsgrundlohn" geregelt. Wie im Fall des BAG ist auch hier die Einmalzahlung zeitanteilig zu kürzen, soweit die Arbeitnehmer im März, April oder Mai 2006 keinen ungekürzten Anspruch auf Zahlung des Lohns, auf Weiterzahlung des regelmäßigen Arbeitsentgelts oder auf Kurzarbeitergeld haben (§§ 6 Nr. 2, 4 LA 2006). Teilzeitbeschäftigte erhalten den Einmalbetrag gemäß § 6 Nr. 3 LA 2006 nur nach Maßgabe ihrer für die Monate März, April und Mai 2006 einzelvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit im Verhältnis zur regelmäßigen tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden. Ausscheidende Arbeitnehmer erhalten nach § 6 Nr. 5 LA 2006 den Einmalbetrag nur anteilig entsprechend der Dauer ihres Arbeitsverhältnisses in diesen Monaten. Nach § 6 Nr. 6 LA 2006 sind mit dem Einmalbetrag ausdrücklich alle Ansprüche abgegolten, die sich aus der Erhöhung des Tariflohns gemäß § 2 und § 3 LA 2006 für die Monate März bis Mai 2006 ergeben. Das alles macht deutlich, dass die Höhe des nach dem LA 2006 geschuldeten Einmalbetrages in einem unmittelbaren Bezug zum Umfang der Arbeitsleistung des Beschäftigten in den Monaten März bis Mai 2006 steht. Sie unterscheidet sich darin nicht von einer linearen Lohnerhöhung. Wie diese ist sie in ihrer Höhe ganz unmittelbar von der Anzahl der Stunden abhängig, für die der Arbeitnehmer im fraglichen Zeitraum Arbeitsentgelt beanspruchen kann. Sind es weniger Stunden als bei einem vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmer, reduziert sich der Anspruch proportional. Werden vom Arbeitnehmer keine entgeltpflichtigen Arbeitsstunden im Anspruchszeitraum abgeleistet, sinkt der Einmalbetrag auf 0,00 € - und zwar selbst dann, wenn die Betriebsparteien eines florierenden Unternehmens den Einmalbetrag wegen guter Ertragslage nach § 6 Nr. 1 LA 2006 auf das Doppelte erhöht haben. Dieser Regelungsgehalt steht der vom Kläger favorisierten Qualifizierung entgegen, der Einmalbetrages sei als gegenleistungsunabhängige Sonderzuwendung in Abhängigkeit von der betrieblichen Ertragslage geschuldet - vergleichbar etwa einer Jahresabschlusszuwendung wegen guter Ertragslage -. Auch bei einem in der Höhe ggf. modifizierten Einmalbetrag handelt es sich wegen der vorstehend aufgezeigten Zusammenhänge im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer um die Gegenleistung des Arbeitgebers für die vom Arbeitnehmer in den Monaten März, April und Mai 2006 geleisteten Arbeiten. Unter den hier gegebenen Umständen ist wie im Fall des BAG nicht ersichtlich, welchen anderen Zweck als den einer pauschalierten Lohnerhöhung die Einmalzahlung nach dem LA 2006 für die Monate März bis Mai 2006 haben soll, zumal die Einmalzahlung ersichtlich und ausdrücklich den Zeitraum bis zur tabellenwirksamen Lohnerhöhung ab dem 01.06.2006 überbrücken soll. Der "Einmalbetrag" ist Arbeitsentgelt im eigentlichen und engeren Sinne. Er ist Vergütung / Entgelt, das der Absenkung gemäß §§ 3, 4 Firmen-Verbands-TV unterfällt.

3. In der Konkurrenz der unterschiedlichen Ergebnisse nach dem Flächentarifvertrag LA 2006 einerseits (oben 1.) und nach dem Firmen-Verbands-TV andererseits (oben 2.) setzt sich die Regelung des Firmen-Verbands-TV als die des sachnäheren und spezielleren Tarifvertrages durch. Nach dem Grundsatz der Spezialität kommt im Fall einer Tarifkonkurrenz der Tarifvertrag zur Anwendung, der dem Betrieb räumlich, betrieblich, fachlich und persönlich am nächsten steht und deshalb den Erfordernissen und Eigenarten des Betriebes und der darin tätigen Arbeitnehmer am besten gerecht wird (BAG 15.11.2006 AP TVG § 4 Tarifkonkurrenz Nr. 34; BAG 21.06.2005 EzA § 4 TVG Altersteilzeit Nr. 16; Wiedemann-Wank TVG, 7.Auflage, § 4 TVG Rz. 298, 299 - jeweils mwN). Beide hier interessierende Tarifverträge sind von den identischen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden. Beide Parteien dieses Rechtsstreits sind kraft ihrer Verbandszugehörigkeit an die von diesen Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifverträge gemäß § 3 Abs.1 TVG gebunden. Dem Betrieb der Beklagten in G2 steht der Firmen-Verbands-TV näher. Dieser im Anwendungsbereich auf die Arbeitnehmer der Beklagten im Werk G2 beschränkte und damit speziellere Tarifvertrag ist vorrangig zu beachten.

4. Die strittige Kürzung ist im vorrangigen Firmen-Verbands-TV vorgesehen und damit rechtens. Die Klage auf den Differenzbetrag zum vollen Einmalbetrag von 310,00 € ist unbegründet.

5. Der mit seinem Klagebegehren unterlegene Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache hat die Kammer nach § 72 Abs.2 Nr.1 ArbGG die Revision zugelassen.

Ende der Entscheidung

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