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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 09.06.2006
Aktenzeichen: 13 Sa 230/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 13.01.2006 - 3 Ca 959/05 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten (noch) um Vergütungsansprüche nach einer erfolgten Freistellung.

Der Kläger war vom 01.01.1997 bis zum 15.04.2005 als Betriebsmeister bei der Beklagten, einem Dachdeckermeisterbetrieb, gegen einen Bruttostundenlohn von zuletzt 16,00 € und einer täglichen Arbeitszeit von 7,5 Stunden beschäftigt. Die Grundlage bildete ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 21.11.1996, in dem es unter anderem heißt:

§ 13 Beendigung des Arbeitsverhältnisses

Die Kündigung des unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrages unterliegt den gesetzlichen Kündigungsfristen.

§ 15 Schlussbestimmungen

(2) Änderungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Die Schriftformerfordernis ist selbst nur durch schriftliche Vereinbarung abänderbar.

Wegen des weiteren Inhalts des Arbeitsvertrages wird verwiesen auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 29.06.2005 eingereichte Kopie (Bl. 17 ff. d. Akten).

Das Arbeitsverhältnis endete durch eine Eigenkündigung des Klägers vom 04.03.2005 zum 15.04.2005, weil dieser sich selbständig machen wollte. Seit dem 07.03.2005 wurde er arbeitgeberseits von der Arbeit freigestellt, und zwar zunächst unter Gewährung des ihm noch zustehenden Resturlaubs. Für den Monat März 2005 hat die Beklagte den 23., 24. und 29. nicht bezahlt und dazu in der Gehaltsabrechnung "unbezahlter Urlaub" vermerkt. Vom 30.03. bis 01.04.2005 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt. Für den Monat April 2005 hat die Beklagte einen weiteren Urlaubstag, der versehentlich im März 2005 unberücksichtigt geblieben war, vergütet. Der 01.04.2005 und weitere 9 Arbeitstage bis zum 15.04.2005 blieben unbezahlt.

Soweit hier noch von Interesse, hat der Kläger behauptet, der Geschäftsführer der Beklagten habe ihm überraschend am 07.03.2005 erklärt, er wünsche nicht, dass er, der Kläger, weiter für ihn arbeite.

Soweit hier noch relevant, hat der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn restlichen Lohn für März 2005 in Höhe von 360,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.04.2005 zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihm Aprillohn in Höhe von 1.200,00 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 01.05.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, die Kündigungserklärung habe den Geschäftsführer am 04.03.2005 wie einen Blitz aus heiterem Himmel getroffen. Deshalb habe er sich zunächst Bedenkzeit auserbeten. Am 07.03.2005 habe der Geschäftsführer dem Kläger dann erklärt, er werde ihm hinsichtlich des von ihm gewünschten Beendigungsdatums zum 15.04.2005 zwar keine Steine in den Weg legen, könne sich jedoch eine Weiterarbeit mit ihm bis dahin nicht vorstellen, da er zum Wettbewerber werde. Der Kläger habe deshalb seinen Resturlaub und danach unbezahlten Urlaub nehmen sollen. Davon, dass die Freistellung bezahlt werde, sei zu keinem Zeitpunkt die Rede gewesen. Für sie, die Beklagte, sei selbstverständlich gewesen, dass die Freistellung unentgeltlich erfolge.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.01.2006 der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, durch die erfolgte Freistellung sei die Beklagte in Annahmeverzug geraten und müsse deshalb die vertragliche Vergütung fortzahlen. Ein substanziierter Vortrag zu einer Vereinbarung einer unbezahlten Freistellung liege nicht vor.

Gegen dieses ihr am 07.02.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 08.02.2006 Berufung eingelegt und diese am 22.02.2006 begründet.

Sie behauptet, der Kläger habe wegen der Existenzgründerförderung darum gebeten, das Arbeitsverhältnis zu beenden, aber offiziell noch bis zum 15.04.2005 fortzuführen. Sie, die Beklagte, habe sich ihrerseits nicht vorstellen können, den Kläger als potenziellen Wettbewerber weiter tätig werden zu lassen. Aufgrund dessen habe der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger am 07.03.2005 erklärt, das Arbeitsverhältnis bis Mitte April 2005 laufen zu lassen, den Kläger jedoch unter Anrechnung des Resturlaubs und im Übrigen unter Gewährung unbezahlten Urlaubs freizustellen. Damit sei dieser einverstanden gewesen.

Davon abgesehen sei der Kläger gar nicht mehr in der Lage gewesen, seine Arbeitsleistung seit dem 18.03.2005 zu erbringen, weil er ab diesem Zeitpunkt als Geschäftsführer der von ihm gegründeten und am 11.04.2005 ins Handelsregister eingetragenen GmbH verpflichtet gewesen sei, seine gesamte Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen. Daraus resultiere auch ein zur Aufrechnung gestellter Schadensersatzanspruch, weil sie, die Beklagte, hätte sie davon gewusst, darauf bestanden hätte, das Arbeitsverhältnis bereits mit Ablauf des 19.03.2005 zu beenden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Siegen vom 13.01.2006 - 3 Ca 959/05 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er bestreitet, dass es eine Vereinbarung zur unbezahlten Freistellung gegeben habe. Seinen eigenen Betrieb habe er erst nach dem 15.04.2005 aufgenommen, so dass er bis zum Schluss arbeitsbereit gewesen sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Kläger hat gegenüber der Beklagten für den 23., 24. und 29.03.2005 und für 9 Arbeitstage im April 2005 einen aus §§ 611 Abs. 1, 615 BGB folgenden Anspruch auf Zahlung der vertragsgemäßen Vergütung, während sich der Entgeltfortzahlungsanspruch für den 01.04.2005 aus den §§ 611 Abs. 1, 615 BGB in Verbindung mit § 3 Abs. 1 S. 1 EFZG und § 11 Zif. 1 des Arbeitsvertrages ergibt.

In dem Zusammenhang folgt die Berufungskammer in allen Punkten der sorgfältig begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts zu 1. und 2. der Gründe und nimmt auf sie zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung geben lediglich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen Anlass:

I.

Die Beklagte hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zweiter Instanz nicht schlüssig dargelegt, auf welche konkrete Art und Weise am 07.03.2005 die erforderliche Vereinbarung über die unbezahlte Freistellung des Klägers für die streitbefangenen Tage zustande gekommen sein soll. Zwar nimmt sie im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 21.02.2006 die bereits im erstinstanzlichen Schriftsatz vom 29.06.2005 aufgestellte Behauptung wieder auf, der Geschäftsführer habe dem Beklagten gesagt, er solle unbezahlten Urlaub nehmen. Es wird aber nicht erklärt, auf welchem Wege der Kläger dieses Angebot angenommen haben soll. Allein die Tatsache, dass er das Büro verlassen hat, reicht in dem Zusammenhang nicht aus, um zumindest von einer (konkludenten) Annahme ausgehen zu können.

II.

Abgesehen davon läge in einer solchen Abrede, wonach in einem laufenden Arbeitsverhältnis auf die Erfüllung der Hauptleistungspflicht des Arbeitgebers verzichtet wird, eine Änderung des Arbeitsvertrages im Sinne des § 15 Zif. 2 des Arbeitsvertrages, so dass das darin vereinbarte qualifizierte Schriftformerfordernis hätte gewahrt werden müssen.

III.

Dem Anspruch des Klägers steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass er bereits Mitte März 2005 seine eigene GmbH gegründet und sich zum Geschäftsführer hat berufen lassen. Denn angesichts seines Vortrages, die GmbH sei erst nach dem 15.04.2005 geschäftlich tätig geworden, hätte die Beklagte im Einzelnen darlegen müssen, welche Leistungen der Kläger Ende März bis Mitte April 2005 erbracht hat, die ihn gehindert hätten, noch als Betriebsmeister für die Beklagte tätig zu werden.

IV.

Schadensersatzansprüche sind ebenfalls nicht erkennbar. Denn entgegen der Ansicht der Beklagten hat der Kläger am 04.03.2005 unter Wahrung der in § 13 S. 1 des Arbeitsvertrages vereinbarten gesetzlichen Kündigungsfrist von 4 Wochen (§ 622 Abs. 1 BGB) das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zum 15.04.2005 gekündigt. Es bedurfte also insoweit keinerlei Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, so dass auch eine behauptete Täuschungshandlung zu keinerlei kausal herbeigeführtem Schaden geführt haben kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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