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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 30.12.2008
Aktenzeichen: 14 Ta 118/08
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, GG


Vorschriften:

ArbGG § 1 a Abs. 2
ZPO § 121 Abs. 2 Alt.
GG Art. 103 Abs. 1
1. Das Arbeitsgericht ist verpflichtet, vor einer Entscheidung, mit der es Prozesskostenhilfe zurückweist, auf Mängel der Klagebegründung, die eine Erfolgsaussicht in Frage stellen oder eine Mutwilligkeit der Klageerhebung begründen zu können, zeitnah hinzuweisen, statt zunächst einen Antrag bis zur Beendigung der Instanz unbearbeitet zu lassen und erst dann nach Erinnerung an eine Entscheidung durch die Prozesskostenhilfe begehrende Partei kurz vor bzw. nach Instanzbeendigung das Prozesskostenhilfegesuch aus diesem Grund abzulehnen.

2. Gleiches gilt für etwaige Mängel bei der Darlegung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (so auch LAG Hamm, 8. November 2001, 4 Ta 708/01, LAG-Report 2002, S. 89)

3. Wird der Partei Prozesskostenhilfe bewilligt, ist im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 11 a Abs. 3 ArbGG, § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO ein Rechtsanwalt beizuordnen, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist. Eine Prüfung der Erforderlichkeit der Beiordnung findet nicht statt. § 11 a Abs. 2 ArbGG findet keine Anwendung im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren.

4. Bei einer rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach den Grundsätzen des "stecken gebliebenen" Prozesskostenhilfegesuchs eine rückwirkende Beiordnung dann vorzunehmen, wenn sich der Bewilligungszeitraum mit dem Zeitraum der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite deckt. Dies gilt im Falle einer Mandatsniederlegung auf der Gegenseite oder der Beendigung der Instanz auch dann, wenn bei sachgerechter Behandlung des Antrags durch das Arbeitsgericht gemäß Leitsatz 1 und 2 ein bewilligungsfähiges Prozesskostenhilfegesuch zuvor hätte vorliegen können.


Tenor:

Der Klägerin zu 1) wird Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Beschwerdefrist gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Bocholt vom 3. Januar 2008 (3 Ca 1600/07 PKH I) gewährt.

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger werden die Beschlüsse des Arbeitsgerichts Bocholt vom 18. Dezember 2007 (3 Ca 1600/07 PKH II) und vom 3. Januar 2008 (3 Ca 1600/07 PKH I) aufgehoben.

Den Klägern wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe jeweils in vollem Umfang mit Wirkung vom 25. September 2007 bewilligt.

Zur Wahrnehmung ihrer Rechte in diesem Rechtszug wird ihnen Rechtsanwalt M1 aus A1 beigeordnet.

Die Bewilligung erfolgt mit der Maßgabe, dass die Kläger keinen eigenen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten haben.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Kläger, Eheleute, erhoben unter dem 31. August 2007 Klage auf Herausgabe von Arbeitspapieren sowie nur der Kläger zu 2) auf Herausgabe diverser Gegenstände und beantragten zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der sie eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beifügten. Zur Begründung trugen sie vor, dass die Beklagte das Arbeitsverhältnis beider Kläger mündlich gekündigt habe, die Kläger jedoch zwischenzeitlich eine Anschlussbeschäftigung gefunden hätten. Die Beklagte habe sich jedoch geweigert, die in den Klageanträgen genannten Arbeitspapiere herauszugeben. Außergerichtliche Versuche der Kläger seien fehlgeschlagen. Darüber hinaus befänden sich bei der Beklagten noch persönliche im Eigentum des Klägers zu 2) stehende Gegenstände. Außergerichtlich habe die Beklagte über ihren Anwalt mitteilen lassen, dass die Herausgabe erst nach Erfüllung eines Schadensersatzanspruches in Höhe von 500,-- Euro erfolgen werde. Die Beklagte war ab dem 14. September 2007 anwaltlich vertreten, die Mandatsniederlegung erfolgte am 21. Dezember 2007. Das Verfahren endete durch ein Versäumnisurteil vom 10. Januar 2008.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Kläger mit Schriftsatz vom 13. Dezember 2007 um Bescheidung des Prozesskostenhilfeantrages gebeten hatte, entschied das Arbeitsgericht zunächst durch Beschluss vom 18. Dezember 2007 mit dem Aktenzeichen (3 Ca 1600/07 PKH II), dass "die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt" wird. Zur Begründung führte es aus, der Kläger habe nicht dargelegt, wann "der" die Beklagte zur Herausgabe der Arbeitspapiere aufgefordert haben wolle, was bei einem nicht wirksam gekündigten Arbeitsverhältnis auch eher unüblich sei. Im Übrigen habe der Kläger nicht dargetan, wann und wo er welche Gegenstände heraus verlangt habe, so dass eine Klage trotz des Anwalts auf der Gegenseite mutwillig gewesen sei. Selbst wenn die Herausgabe am Betriebssitz verlangt worden wäre, hätte es der Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht bedurft, weil die Antragstellung mühelos schriftlich oder über die Rechtsantragsstelle möglich gewesen wäre. Vorgerichtlich habe die Beklagte jedenfalls keinen Rechtsanwalt eingeschaltet.

Der Beschluss vom 18. Dezember 2008 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 7. Januar 2008 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am 17. Januar 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangene, von beiden Parteien eingelegte sofortige Beschwerde.

Mit einem weiteren Beschluss vom 3. Januar 2008 mit dem Aktenzeichen (3 Ca 1600/07 PKH I) entschied das Arbeitsgericht erneut, dass "die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt" wird. Mit Ausnahme des Wortes "Klägerin" statt "Kläger" enthält der Beschluss eine gleichlautende Begründung. Er wurde dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 21. Januar 2008 zugestellt. Eine erneute Einlegung einer sofortigen Beschwerde erfolgte nicht. Mit gerichtlichen Schreiben vom 17. November 2008, der Klägerin am 18. November 2008 zugegangen, wurde sie hierauf hingewiesen. Mit dem am 26. November 2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz hat die Klägerin zu 1) sofortige Beschwerde eingelegt und zugleich die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

In der Sache rügen die Kläger, sie hätten mit Schreiben vom 1. Juni 2007 außergerichtlich ihre Ansprüche geltend gemacht. Im Übrigen sei bereits in der Klageschrift mitgeteilt worden, dass die Herausgabe vergeblich verlangt worden sei.

II.

Die zulässigen sofortigen Beschwerden sind begründet. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht die beantragte Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussicht und Mutwilligkeit sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels Erforderlichkeit abgelehnt.

1. a) Die sofortige Beschwerde des Klägers zu 2) vom 11. Januar 2008 ist nach den § 46 Abs. 2 Satz 3, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3, §§ 567 ff. ZPO zulässig. Sie ist rechtzeitig innerhalb der maßgebliche Notfrist von einem Monat (§ 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO) für die Einlegung der sofortigen Beschwerde erhoben worden.

b) Die sofortige Beschwerde der Klägerin zu 1) vom 11. Januar 2008 ist unzulässig, da sie durch den Beschluss des Arbeitsgerichts vom 18. Dezember 2007 nicht beschwert ist. Im Ergebnis wurde lediglich das Prozesskostenhilfegesuch ihres Ehemanns zurückgewiesen. Der Beschluss vom 3. Januar 2008 war ihr erst am 21. Januar 2008 und damit nach Eingang ihrer sofortigen Beschwerde beim Landesarbeitsgericht zugestellt worden. gegen diesen Beschluss konnte sie nicht fristwahrend im Vorgriff Rechtsmittel einlegen.

c) Die sofortige Beschwerde vom 25. November 2008 ist zwar erst nach Ablauf der vorgenannten Monatsfrist des § 127 Abs. 2 Satz 3 ZPO beim Landesarbeitsgericht eingegangen. Der Klägerin zu 1) war jedoch wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert war (§ 233 ZPO). Die Klägerin zu 1) hat zur Begründung ausgeführt, dass ihr Prozessbevollmächtigter bei Erhalt des Beschlusses vom 18. Dezember 2007 davon ausgegangen sei, dass das Prozesskostenhilfegesuch beider Kläger zurückgewiesen worden sei. Da der Beschluss vom 3. Januar 2008 denselben Wortlaut habe, sei er von einem lediglich wiederholenden Charakter ausgegangen. Ihm sei nicht aufgefallen, dass die Beschlüsse jeweils nur einen der beiden Kläger betroffen hätten.

Ein Irrtum über den Inhalt eines Gerichtsbeschlusses führt dann zur Wiedereinsetzung, wenn sie auf der objektiven Unklarheit des Beschlusses beruht (vgl. BGH, 18. Oktober 2000, IV ZB 9/00, NJW-RR 2000, S. 570; Zöller/Greger, ZPO, 27. Auflage, § 233 Rn. 23 - Irrtum). Dies ist vorliegend der Fall. Der Beschluss vom 18. Dezember 2007, in dessen Rubrum beide Kläger aufgeführt sind, enthält im Tenor nur die Formulierung, dass die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wird. In der Begründung heißt es zwar "der Kläger", ein redaktionelles Versehen liegt aber nahe, wie sowohl die Erhebung der sofortigen Beschwerde für beide Kläger als auch die Behandlung des Rechtsmittels durch die Beschwerdekammer bis zum Hinweis vom 17. November 2008 zeigt. Der Beschluss vom 3. Januar 2008 ist inhaltlich und äußerlich gleich gestaltet mit Ausnahme des Zusatzes "I" statt "II" beim Aktenzeichen und des Austausches der Worte "Kläger" und "Klägerin" in der Begründung. Insbesondere wird die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für einen Antrag abgelehnt, den nur der Kläger zu 2) und nicht die Klägerin zu 1) gestellt hat. Soweit das unterschiedliche Datum überhaupt auffiel, war jedenfalls das Verständnis einer bloßen Wiederholung des Beschlusses vom 18. Dezember 2007 ohne eigenständige Bedeutung begründet. Die durch diese Art und Weise der Beschlussfassung des Arbeitsgerichts verursachte Unklarheit begründet die Wiedereinsetzung, deren übrige formalen Voraussetzungen (§ 234, § 236 ZPO) ebenfalls eingehalten sind.

2. Gemäß § 114, § 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Insoweit ist es erforderlich, aber auch ausreichend, dass bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Obsiegen des Antragstellers besteht und das Prozesskostenhilfegesuch den gesetzlichen Mindestanforderungen genügt. Eine Rechtsverfolgung ist allerdings dann mutwillig, wenn - gegebenenfalls trotz hinreichender Erfolgsaussicht - eine verständige, nicht hilfsbedürftige Partei ihre Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Auflage, Rdnr. 447 m.w.N.).

a) Bei Anwendung dieser Grundsätze im vorliegenden Fall besaß die Klage beider Kläger bezüglich der Herausgabe der Arbeitspapiere hinreichende Aussicht auf Erfolg und war auch nicht mutwillig. Die Herausgabe der Arbeitspapiere ist eine der Pflichten des Arbeitgebers bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (ErfK/Preis, § 611 BGB Rn. 752; Schaub/Link, Arbeitsrechtshandbuch 12. Auflage, § 149 Rn. 1; HK-ArbR/Ring, § 611 BGB Rn. 658). Zwar besteht diese Verpflichtung grundsätzlich erst bei rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses (vgl. Schaub/Link, a.a.O.). Kündigt allerdings wie hier der Arbeitgeber mündlich das Arbeitsverhältnis und tritt der Arbeitnehmer daraufhin eine Anschlussbeschäftigung an, kann der Arbeitgeber im Hinblick auf § 242 BGB die Herausgabe der ausgefüllten Arbeitspapiere nicht verweigern.

b) Darüber hinaus hat die Beklagte gemäß § 985 BGB die im Eigentum des Klägers zu 2) stehenden Gegenstände herauszugeben.

c) Die Erhebung der Klage war auch nicht mutwillig. Das Arbeitsgericht würdigt das Vorbringen der Kläger in der Klageschrift unzutreffend. Aus der Klagebegründung ergibt sich, dass die Kläger außergerichtlich sowohl die Herausgabe der Arbeitspapiere als auch die Herausgabe der dem Kläger zu 2) gehörenden Gegenstände verlangt haben. Soweit das Arbeitsgericht eine weitere Substantiierung des Herausgabeverlangens für erforderlich hielt, hätte es vor einer ablehnenden Entscheidung die Kläger hierauf hinweisen müssen, statt den Antrag über drei Monate hinweg unbearbeitet zu lassen und auf eine Erinnerung, über die beantragte Prozesskostenhilfe zu entscheiden, mit einer Ablehnung des Antrags wegen Mutwilligkeit zu reagieren. Mangels vorherigen Hinweises stellt die Entscheidung des Arbeitsgerichts eine gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verstoßende Überraschungsentscheidung dar.

3. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts war den Klägern auch ein Rechtsanwalt beizuordnen. Es geht zu Unrecht davon aus, dass im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bei einer Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO in dem Fall, dass die Gegenseite anwaltlich vertreten ist, noch eine Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen ist.

a) Nach § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO wird einer Partei, wenn eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben ist, auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist. Das Erfordernis der Anwaltsbeiordnung, um Waffengleichheit zu schaffen, kann auch nachträglich eintreten. Sind zunächst beide Parteien nicht anwaltlich vertreten, erteilt aber im Laufe des Verfahrens der Gegner ein Mandat, dann folgt aus § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO die Pflicht des Gerichts, nunmehr dem Hilfsbedürftigen auf Antrag nachträglich einen Wahlanwalt beizuordnen, ohne die Erforderlichkeit der Beiordnung zu prüfen, das Gericht hat insoweit keinen Ermessensspielraum (vgl. LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08; 9. September 2008, 4 Ta 613/08; OLG Köln, 1. August 1997, 4 WF 184/97, FamRZ 1989, S. 1522; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn. 569; Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl., § 121 Rn. 10; Zöller/Philippi, ZPO, 27. Auflage, § 121 Rn. 10).

aa) Dies gilt uneingeschränkt in dem Fall, dass bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Arbeitsgerichts die Gegenpartei noch anwaltlich vertreten ist (vgl. LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08; 9. September 2008, 4 Ta 613/08). Im vorliegenden Fall bestand bei der Fassung des Beschlusses über das Prozesskostenhilfegesuch des Klägers zu 2) am 18. Dezember 2007 eine anwaltliche Vertretung noch. Die Mandatsniederlegung, die gemäß § 87 Abs. 1 ZPO zum Erlöschen der Vollmacht führte, erfolgte erst am 21. Dezember 2007.

bb) Die Mandatsniederlegung und die Beendigung der Instanz stehen unter prozesskostenhilferechtlichen Gesichtspunkten einer Beiordnung bezüglich der Klägerin zu 1) nicht entgegen. Soweit das Arbeitsgericht rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt oder zu bewilligen hat, hat auch eine Beiordnung rückwirkend jedenfalls dann zu erfolgen, wenn die gegnerische Partei im Bewilligungszeitraum anwaltlich vertreten war. Denn mit der rückwirkenden Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht fest, dass in diesem Zeitraum ein Anspruch auf Beiordnung bestand. Eine rückwirkende Beiordnung ist nach den für eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe geltenden Grundsätzen zulässig (Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn. 592). Insoweit gelten die Grundsätze für ein "stecken gebliebenes" Prozesskostenhilfegesuch, wenn das Arbeitsgericht erst nach Beendigung der Instanz über eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe entscheidet, aber ein vollständiges, bewilligungsfähiges Prozesskostenhilfegesuch bereits vorher vorlag, über das das Arbeitsgericht nicht entschieden hat (vgl. allgemein dazu LAG Hamm, 11. Dezember 2003, 4 Ta 95/03; 6. Februar 2002, 4 Ta 49/02, LAGReport 2002, S. 117), oder dieses bewilligungsfähige Gesuch bei sachgerechter Behandlung des Antrags durch das Arbeitsgericht hätte vorliegen können (vgl. zu Letzterem allgemein dazu LAG Hamm, 25. August 2008, 14 Ta 394/08; 8. November 2001, 4 Ta 708/01, LAGReport 2002, S. 89). In beiden Fällen ist Prozesskostenhilfe nebst Beiordnung rückwirkend zu bewilligen (vgl. LAG Hamm, 10. November 2008, 14 Ta 123/08). Im vorliegenden Fall ist kein Grund ersichtlich, dass nicht bereits am 18. Dezember 2008 über das Prozesskostenhilfegesuch der Klägerin zu 1) hätte entscheiden werden können, d.h. zu einem Zeitpunkt, zu dem eine anwaltliche Vertretung der Gegenseite noch bestand.

b) § 11a Abs. 2 ArbGG ist auch nicht entsprechend im Rahmen des § 121 Abs. 2 Alt. 2 ZPO anwendbar. Die im Falle einer Beiordnung nach § 11a Abs. 1 ArbGG vorgesehene Prüfung ihrer Erforderlichkeit gemäß § 11a Abs. 2 ArbGG ist auf dieses Beiordnungsverfahren beschränkt. Das Verfahren der Beiordnung nach § 11a Abs. 1 ArbGG und der Bewilligung von Prozesskostenhilfe einschließlich Beiordnung eines Rechtsanwalts nach §§ 114 ff. ZPO stehen nebeneinander (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 6. Aufl., § 11a Rn. 1; Hauck/Helml, ArbGG, 3. Aufl., § 11a Rn. 2; GK-ArbGG/Bader, § 11a Rn. 5, 166; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O, Rn. 25 f.; Schwab/Weth/Vollstädt, ArbGG, 2. Aufl., § 11a Rn. 3; Schwab, NZA 1995, S. 115; a. A. Wieser, Arbeitsgerichtsverfahren, Rn. 183).

Gemäß § 11a Abs. 3 ArbGG gelten die Vorschriften der Zivilprozessordnung über die Prozesskostenhilfe im arbeitsgerichtlichen Verfahren entsprechend. Diese Regelung verweist umfassend ohne Einschränkung auf §§ 114 ff. ZPO, d. h. auch auf § 121 ZPO. Wenn der Gesetzgeber die Beiordnung eines Rechtsanwalts im arbeitsgerichtlichen Verfahren ausschließlich in § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG hätte regeln wollen, hätte es nahe gelegen, die Vorschriften des Prozesskostenhilferechts nur "im Übrigen" für anwendbar zu erklären. Das ist gerade nicht geschehen und steht der Annahme entgegen, dass es sich bei § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG um eine spezialgesetzliche Regelung (so aber Wieser, a.a.O.) handelt.

Die Voraussetzungen der Beiordnung nach § 11a Abs. 1 und 2 ArbGG einerseits, nach § 121 Abs. 2 ZPO andererseits sind zudem unterschiedlich geregelt. Für die Beiordnung nach § 11a ArbGG bedarf es keiner Erfolgsaussicht, aber zwingend der anwaltlichen Vertretung der Gegenseite. Die Beiordnung nach § 121 Abs. 2 ZPO setzt eine Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraus, kann aber bei fehlender anwaltlicher Vertretung der gegnerischen Partei auch dann angeordnet werden, wenn sie erforderlich ist. Die Rechtsfolgen sind ebenfalls unterschiedlich: § 11a ArbGG ermöglicht eine auf die Anwaltskosten begrenzte Prozesskostenhilfe, die Bewilligung von Prozesskostenhilfe umfasst bei einer Beiordnung auch die Gerichtskosten. Unterschiedliche Voraussetzungen und Rechtsfolgen sprechen dafür, dass der bedürftigen Partei beide Möglichkeiten zur Herstellung der Chancengleichheit im arbeitsgerichtlichen Verfahren offen stehen, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten ist (vgl. Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, a.a.O.; Schwab/Weth/Vollstädt, a.a.O.).

c) Im Übrigen verkennt das Arbeitsgericht - jedenfalls teilweise - erneut den Inhalt der Klageschrift, wenn es ausführt, die Beklagte habe vorgerichtlich keinen Anwalt eingeschaltet. Das Gegenteil ergibt sich aus der Klagebegründung, wonach das Herausgabeverlangen des Klägers zu 2) von dem späteren Prozessbevollmächtigten der Beklagten unter Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches der Beklagten abgelehnt worden sei. Die Beklagte hat dies nicht bestritten.

4. Die Kläger sind nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage, einen Beitrag zu den Kosten der Prozessführung zu leisten, wegen der Einzelheiten zur Berechnung wird auf die diesem Beschluss beigefügten Anlagen Bezug genommen.

Es geht nicht zu Lasten der Kläger, dass eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst nach Instanzbeendigung vorlag. Dies beruht darauf, dass auch hier das Arbeitsgericht verfahrensfehlerhaft den Antrag bis zur Entscheidung nicht bearbeitet hat. Nach Eingang eines Prozesskostenhilfegesuchs darf das Arbeitsgericht nicht bis zur Instanz- bzw. Verfahrensbeendigung warten und dann den Prozesskostenhilfeantrag wegen Unvollständigkeit des Vordrucks und/oder der Unterlagen zurückweisen. Es muss vielmehr so rechtzeitig unter Fristsetzung auf die Mängel des Gesuchs hinweisen, dass diese vor dem (nächsten) Termin, der je nach dem Zeitpunkt der Einreichung des Prozesskostenhilfegesuchs bzw. der Unterlagen der Güte- oder Kammertermin sein kann, und damit vor der (möglichen) Instanz- oder Verfahrensbeendigung behoben werden können (vgl. LAG Hamm, 25. August 2008, 14 Ta 394/08; 30. Januar 2006, 4 Ta 830/05; 8. November 2001, 4 Ta 708/01, LAG-Report 2002, Seite 89).

Gleiches gilt, wenn wie hier die Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen angeblich fehlender Erfolgsaussicht sowie wegen Mutwilligkeit zurückgewiesen wird, auf die das Arbeitsgericht zuvor ebenso wenig hingewiesen hat wie auf eine gegebenenfalls bestehende Unvollständigkeit des Antrags. Insoweit war rückwirkend ab dem Zeitpunkt des zuerst anberaumten Gütetermins vom 25. September 2007 Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Es ist davon auszugehen, dass bei einem entsprechenden Hinweis mit der Ladung zu diesem Termin die Kläger bis zu diesem Zeitpunkt etwaige Substantiierungen in der Klagebegründung sowie fehlende Belege für den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nachgereicht hätten.

III.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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