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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 03.09.2004
Aktenzeichen: 15 (19) Sa 507/04
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 30.01.2004 - 1 Ca 2256/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristgemäßen Kündigung.

Der am 27.12.1951 geborene, schwerbehinderte Kläger ist seit dem 01.04.1976 bei der Beklagten zu einem monatlichen Bruttoentgelt von zuletzt 2.516,50 EUR beschäftigt. Er ist zur Zeit als Montagearbeiter im Werk 1 der Beklagten eingesetzt. Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als 5 Arbeitnehmer. Bei ihr ist ein Betriebsrat gewählt.

Der Kläger war in der Vergangenheit in folgendem Umfang arbeitsunfähig krank:

1993 = 6 Arbeitstage

1994 = 70 Arbeitstage

1995 = 6 Arbeitstage

1996 = 126 Arbeitstage

1997 = 22 Arbeitstage

1998 = 130 Arbeitstage

2000 = 185 Arbeitstage

2001 = 121 Arbeitstage

2002 = 250 Arbeitstage

2003 = 118 Arbeitstage

Wegen der Fehlzeiten im einzelnen wird auf die Aufstellung Bl. 53 f. d.A. Bezug genommen.

An Lohnfortzahlung hat die Beklagte folgende Beträge für den Kläger aufgewendet:

1998

24.03. - 04.05. = 30 Arbeitstage = 6.383,86 DM

10.08. - 20.09. = 30 Arbeitstage = 6.527,56 DM

14.10. - 20.11. = 30 Arbeitstage = 6.102,12 DM

2000

13.03. - 23.04. = 28 Arbeitstage = 6.234,48 DM

07.08. - 17.09. = 30 Arbeitstage = 6.679,50 DM

2001

01.01. - 03.07. = 7 Arbeitstage = 1.591,69 DM

08.08. - 18.09. = 30 Arbeitstage = 6.829,76 DM

2003

10.07. - 11.07. = 2 Arbeitsage = 233,68 EUR

Mit Schreiben vom 27.05.2002 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer fristgemäßen, krankheitsbedingten Kündigung des Klägers an. Wegen der Einzelheiten der Betriebsratsanhörung wird auf Bl. 57 f. d.A. Bezug genommen. Mit Schreiben vom 03.06.2002 widersprach der Betriebsrat der Kündigung.

Auf Antrag der Beklagten vom 04.06.2002 erteilte das Integrationsamt beim Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit Bescheid vom 21.08.2003 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.

Mit Schreiben vom 26.08.2003 erklärte die Beklagte dem Kläger die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2004. Hiergegen richtet sich die am 29.08.2003 beim Arbeitsgericht Bochum eingegangene Feststellungsklage.

Mit Datum vom 15.12.2003 schloss die Beklagte mit dem Kläger einen "Arbeitsvertrag für eine verblockte Altersteilzeit zur Erlangung einer Erstattung durch die Bundesanstalt für Arbeit". Wegen der Einzelheiten dieses Arbeitsvertrages wird auf Bl. 92 - 99 d.A. verwiesen.

Der Kläger hat vorgetragen, die streitbefangene Kündigung sei bereits wegen des am 15.12.2003 abgeschlossenen Arbeitsvertrages für eine verblockte Altersteilzeit gegenstandslos geworden. Die Parteien hätten hierdurch ihre vertraglichen Beziehungen neu geordnet und auf eine neue Basis gestellt. Die streitbefangene Kündigung sei in diesem Vertrag nicht erwähnt; der Altersteilzeitvertrag sei auch nicht unter Vorbehalt oder der Bedingung geschlossen worden, dass das Arbeitsverhältnis durch die streitbefangene Kündigung nicht aufgelöst wird.

Jedenfalls aber sei die Kündigung vom 26.08.2003 sozial ungerechtfertigt. Schon eine Negativprognose hinsichtlich weiterer erheblicher krankheitsbedingter Fehlzeiten sei nicht gegeben. Im Rahmen eines stationären Krankenhausaufenthaltes in der Zeit vom 11.12.2002 bis zum 08.01.2003 sei erstmals festgestellt worden, dass er, der Kläger, an einem Diabetes mellitus leide, der mangels vorheriger Diagnose und Behandlung entgleist gewesen sei. Er sei daraufhin auf Insulin eingestellt und entsprechend geschult worden. Im übrigen bestehe bei ihm seit mehr als 20 Jahren eine Hepatitis B. Nach einem Kuraufenthalt in der Zeit vom 12.03. bis zum 02.04.2003 sei dann in Abstimmung mit dem Werksärztlichen Dienst der Beklagten in der Zeit vom 26.05. bis zum 22.06.2003 eine stufenweise Wiedereingliederung vorgenommen worden. Ab dem 23.06.2003 habe er vollschichtig arbeiten können. Lediglich vom 10.07. bis 11.07.2003 sei er noch einmal arbeitsunfähig gewesen, da sich Probleme bei der Einstellung des Diabetes mellitus und des Blutdrucks ergeben hätten. Damit sei im Zeitpunkt der Kündigung bereits eine erfolgreiche Therapie des erstmals 2002 diagnostizierten Diabetes mellitus durchgeführt worden. Er, der Kläger, sei in der Vergangenheit nur wegen dieser unentdeckten Erkrankung, nicht aber wegen der chronischen Lebererkrankung, arbeitsunfähig gewesen.

Darüber hinaus habe die Beklagte in den letzten drei Jahren an weniger als 30 Arbeitstagen Entgeltfortzahlung zu leisten gehabt. Betriebsablaufstörungen habe die Beklagte nicht substantiiert dargelegt.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 26.08.2003 zum 31.03.2004 nicht aufgelöst wird,

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Montagearbeiter an der Cockpit Montage tatsächlich weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Kündigung sei als sozial gerechtfertigt anzusehen. Denn die Fehlzeiten des Klägers in der Vergangenheit begründeten eine negative Prognose, die durch das Gutachten von Frau Dr. H1xxxxxxx vom 03.07.2003 bestätigt werde.

Die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers hätten auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen geführt. Vorrangig sei hier auf die Belastung mit Entgeltfortzahlungskosten hinzuweisen. Aber auch Betriebsablaufstörungen seien gegeben. Trotz einer vorausschauenden Personalplanung sei es zu betriebsorganisatorischen Störungen gekommen. Diese seien daraus entstanden, dass im Krankheitsfall entweder keine eingearbeiteten oder überhaupt keine Ersatzkräfte zur Verfügung gestanden hätten, weil das entsprechende Potential bereits anderweitig eingesetzt gewesen sei. Ein kurzfristiger Ausgleich durch Mehrarbeit sei regelmäßig wegen der erforderlichen Betriebsratszustimmung nicht möglich, könne überdies wegen der betrieblichen Organisationsstruktur als Schichtbetrieb nur begrenzt erfolgen und sei zudem kostenträchtiger. Auch durch Umsetzungen lasse sich eine derartige Lücke nicht in allen Fällen füllen, abgesehen davon, dass die betrieblichen Vorgesetzten in solchen Fällen mit organisatorischer Mehrarbeit belastet würden und von ihren eigenen Überwachungstätigkeiten betreffend die Produktion abgehalten würden. Auf die Umsetzung eines Arbeitnehmers auf einen anderen Arbeitsplatz erfolge darüber hinaus eine Anlernphase mit einhergehender größerer Fehlerhäufigkeit. Aufgrund der Tatsache, dass sie, die Beklagte, Vorhaltepersonal beschäftige, könnten ihr noch weitere Überbrückungsmaßnahmen nicht zugemutet werden, da sie sich bereits für das Vorhaltepersonal erheblich betriebswirtschaftlich belastet habe.

Auch die Interessenabwägung müsse zu Lasten des Klägers ausgehen.

Durch Urteil vom 30.01.2004 hat das Arbeitsgericht der Klage antragsgemäß stattgegeben. Gegen dieses Urteil, das der Beklagten am 08.03.2004 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 16.03.2004 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 30.04.2004 begründet worden ist.

Die Beklagte macht weiterhin geltend, die Kündigung vom 26.08.2003 sei sozial gerechtfertigt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen, die durch die Fehlzeiten des Klägers in der Vergangenheit indiziert sei. Nicht ersichtlich sei, inwieweit die Fehlzeiten in der Vergangenheit auf die unterschiedlichen Erkrankungen des Klägers zurückzuführen seien. Der Kläger sei seiner Darlegungspflicht hinsichtlich der Einwendungen gegen die Annahme einer Negativprognose nicht nachgekommen.

Zu den Betriebsablaufstörungen wegen der hohen Fehlzeiten des Klägers habe sie, die Beklagte, bereits erstinstanzlich ausführlich vorgetragen. Der Umstand, dass im Jahre 2002 keine Entgeltfortzahlung geleistet worden sei, beruhe darauf, dass der Kläger nicht einen einzigen Arbeitstag gearbeitet habe, sondern durchgehend erkrankt gewesen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bochum vom 30.01.2004 - 1 Ca 2256/03 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt vor, die Beklagte habe bereits die erforderliche negative Zukunftsprognose nicht dargelegt. Vielmehr sei zum Kündigungszeitpunkt eine positive Zukunftsprognose zu stellen, die sich auch durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt habe. Nachdem er, der Kläger, im Jahre 1999 an keinem Arbeitstag arbeitsunfähig krank gewesen sei, habe er in den Jahren 2000 bis 2002 tatsächlich erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten aufzuweisen gehabt. Da bei ihm, dem Kläger, seit mehr als 20 Jahren eine Hepatitis B bekannt gewesen sei, seien diese Ausfallzeiten von den behandelnden Ärzten teilweise dieser Lebererkrankung zugeordnet worden. Diese Diagnosen hätten sich als fehlerhaft erwiesen. Am 11.12.2002 sei er notfallmäßig in das Knappschaftskrankenhaus Bochum-Langendreer eingeliefert worden. Dort sei erstmals die zutreffende Diagnose gestellt worden, dass er an einem bis zu diesem Zeitpunkt unentdeckt gebliebenen und daher auch nicht therapierten Diabetes mellitus Typ II leide, der wegen der fehlenden Behandlung völlig entgleist gewesen sei. Zu diesem Zeitpunkt sei erstmals die entsprechende Therapie eingeleitet worden; während des bis zum 08.01.2003 andauernden stationären Aufenthaltes sei er auf Insulin eingestellt und entsprechend geschult worden. Nach der erfolgreich durchgeführten Kur vom 12.03. bis zum 02.04.2003 sei er stufenweise wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert worden. Ab dem 23.06.2003 habe er wieder vollschichtig arbeiten können und seither auch tatsächlich gearbeitet. Seitdem sei er nur zwei Tage krankheitsbedingt am 10. und 11.07.2003 arbeitsunfähig gewesen, weil die Einstellung des Diabetes mellitus nicht zufriedenstellend funktioniert habe. Dieser Umstand sei jedoch kurzfristig behoben worden. Bis heute habe er, der Kläger, keine weiteren Ausfallzeiten mehr aufzuweisen, sondern arbeite seit einem Jahr fehlzeitenfrei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Denn das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt.

1. Die Kündigung der Beklagten vom 26.08.2003 ist sozial ungerechtfertigt im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG, das streitlos auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist. Dies hat der Kläger rechtzeitig im Sinne des § 4 KSchG gerichtlich geltend gemacht.

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts können häufige Kurzerkrankungen eines Arbeitnehmers zum Anlass einer personenbedingten Kündigung genommen werden, wenn objektive Tatsachen vorliegen, welche die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang rechtfertigen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können für ein entsprechendes Erscheinungsbild in der Zukunft sprechen (vgl. BAG, Urteil vom 24.11.1983 - 2 AZR 347/82 -, NZA 1984, 93; BAG, Urteil vom 12.11.1995 - 2 AZR 366/94 -).

Ist danach mit künftigen Fehlzeiten im gleichen Ausmaß zu rechnen, so ist weiter zu prüfen, ob sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Hierbei kommen zwei Arten von Beeinträchtigungen in Betracht. Zum einen können wiederholte kurzfristige Ausfallzeiten des Arbeitnehmers zu schwerwiegenden Störungen im Produktionsprozess führen (Betriebsablaufstörungen). Sie sind nur dann als Kündigungsgrund geeignet, wenn sie nicht durch mögliche Überbrückungsmaßnahmen vermieden werden können. Hierzu gehören Maßnahmen, die anlässlich des konkreten Ausfalls eines Arbeitnehmers ergriffen werden, aber auch der Einsatz eines Arbeitnehmers aus einer vorgehaltenen Personalreserve. Werden auf diese Weise Ausfälle überbrückt, so liegt bereits objektiv keine Betriebsablaufstörung und damit insoweit kein zur sozialen Rechtfertigung geeigneter Grund vor (vgl. BAG, Urteil vom 06.09.1989 - 2 AZR 224/89 -, NZA 1990, 434).

Kündigungsgrund kann zum anderen auch eine erhebliche wirtschaftliche Belastung des Arbeitgebers sein. Davon ist auszugehen, wenn bei dem zu kündigenden Arbeitnehmer in Zukunft mit immer neuen, außergewöhnlich hohen Lohnfortzahlungskosten zu rechnen ist, die für jährlich jeweils einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen aufzuwenden sind (vgl. BAG, Urteil vom 06.09.1989 - 2 AZR 224/89 -, NZA 1990, 434).

In einer dritten Stufe ist schließlich im Rahmen der nach § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalles dem Arbeitgeber noch zuzumuten sind. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob bzw. wie lange das Arbeitsverhältnis zunächst ungestört verlaufen ist, ferner das Alter und der Familienstand des Arbeitnehmers; zu berücksichtigen ist auch, ob die Fehlzeiten des gekündigten Arbeitnehmers deutlich höher sind als die der Arbeitnehmer mit vergleichbaren Tätigkeiten (vgl. BAG, Urteil vom 16.02.1989 - 2 AZR 299/88 -, DB 1989, 2075; Urteil vom 10.05.1990 - 2 AZR 580/89 -, EZA Nr. 31 zu § 1 KSchG Krankheit).

b) Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Gesichtspunkte kann die Kündigung der Beklagten vom 26.08.2003 nicht als sozial gerechtfertigt angesehen werden. Hierbei kann dahinstehen, ob angesichts der Tatsache, dass im Zeitpunkt der Kündigung eine erfolgversprechende Therapie bezüglich der Zuckererkrankung des Klägers eingeleitet war, so dass der Kläger im Anschluss an die Wiedereingliederung vom 26.05. bis zum 22.06.2003 und der sich anschließenden Weiterbeschäftigung über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr nur an zwei Tagen arbeitsunfähig erkrankt ist, von einer negativen Gesundheitsprognose ausgegangen werden kann. Denn die Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass die Fehlzeiten des Klägers zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen.

aa)

Entgegen der Auffassung der Beklagten kann nicht angenommen werden, dass beim Kläger in Zukunft mit immer neuen, außergewöhnlich hohen Entgeltfortzahlungskosten zu rechnen ist, die für einen Zeitraum von mehr als 6 Wochen pro Jahr aufzuwenden sind. Ausweislich der von der Beklagten zur Akte gereichten Aufstellung hat sie in den letzten drei Jahren vor Ausspruch der Kündigung (26.08.2000 bis 26.08.2003) an insgesamt 69 Arbeitstagen Entgeltfortzahlung an den Kläger geleistet. Im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor Ausspruch der Kündigung errechnen sich damit Entgeltfortzahlungskosten für 23 Arbeitstage im Jahr. Hierin kann eine erhebliche wirtschaftliche Belastung der Beklagten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Krankheitskündigung nicht gesehen werden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Beklagte im Jahre 2002 an den Kläger deswegen keine Entgeltfortzahlung geleistet hat, weil er durchgehend arbeitsunfähig krank war. Bei der Frage der künftig zu erwartenden Entgeltfortzahlungskosten bleiben Ausfallzeiten unberücksichtigt, für die keine Entgeltfortzahlungspflicht mehr besteht (vgl. KR-Etzel, 7. Aufl., § 1 KschG Rdnr. 344 m.w.N.).

bb)

Soweit die Beklagte geltend macht, die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers hätten zu Betriebsablaufstörungen geführt, ist ihr Sachvortrag unsubstantiiert. Der Sachvortrag der Beklagten ist vollkommen allgemein gehalten und wird durch keinerlei konkrete Fakten gestützt. Welche betriebsorganisatorischen Störungen die krankheitsbedingten Fehlzeiten des Klägers jeweils im einzelnen ausgelöst haben, lässt sich dem Vorbringen der Beklagten jedenfalls nicht entnehmen. Im übrigen fehlt es insoweit auch an einem Beweisantritt.

2. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die Rechtsfolgen der Kündigung vom 26.08.2003, sollte sie als sozial gerechtfertigt anzusehen sein, jedenfalls durch den am 15.12.2003 zwischen den Parteien geschlossenen "Arbeitsvertrag für eine verblockte Altersteilzeit zur Erlangung einer Erstattung durch die Bundesanstalt für Arbeit" einvernehmlich aufgehoben worden sind. Anders konnte der Kläger als sorgfältiger Erklärungsempfänger das Angebot der Beklagten auf Abschluss des genannten Altersteilzeitvertrages nicht verstehen. In § 1 des genannten Vertrages heißt es, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis werde unter Abänderung und Ergänzung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 01.11.2009 als Altersteilzeitarbeitsverhältnis fortgesetzt. Ein Hinweis auf die streitbefangene Kündigung findet sich in den Bestimmungen des Vertrages nicht; der Altersteilzeitvertrag ist auch nicht unter dem Vorbehalt oder der Bedingung geschlossen, dass das Arbeitsverhältnis nicht bereits durch die streitbefangene Kündigung aufgelöst worden ist. Von Bedeutung erschien der Kammer auch die Regelung in § 9 des Altersteilzeitvertrages. Danach endet das Arbeitsverhältnis, insbesondere das Altersteilzeitarbeitsverhältnis spätestens in dem Monat, in dem der Werksangehörige das 60. Lebensjahr vollendet hat. Angesichts dessen und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Altersteilzeitvertrag - wie die Kündigung vom 26.08.2003 - durch den Zeugen L2xxxx auf Seiten der Beklagten unterzeichnet worden ist, konnte der Kläger als sorgfältiger Erklärungsempfänger nur davon ausgehen, dass die streitbefangene Kündigung durch den Abschluss des Altersteilzeitvertrages gegenstandslos geworden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.



Ende der Entscheidung

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