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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 10.05.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 1674/06
Rechtsgebiete: ZPO, MTV Groß- und Außenhandel NRW


Vorschriften:

ZPO § 287
MTV Groß- und Außenhandel NRW § 15
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 12.09.2006 - 5 Ca 2868/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 10.290,00 €.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rückzahlung von Reisekosten, welche die Klägerin dem Beklagten aus Anlass bestimmter Geschäftsreisen in der Zeit von Januar 2002 bis März 2004 gezahlt hat. Darüber hinaus nimmt die Klägerin den Beklagten auf Abrechnung gezahlter Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 und Rückzahlung der sich zu ihren Gunsten ergebenden Beträge in Anspruch.

Der Beklagte war bis zum 30.06.2005 als Verkaufsleiter und Prokurist für die Klägerin tätig. Nach § 10 des schriftlichen Anstellungsvertrages war u.a. der Manteltarifvertrag Groß- und Außenhandel Nordrhein-Westfalen auf das Arbeitsverhältnis anwendbar.

In der Zeit von Januar 2002 bis März 2004 unternahm der Beklagte zahlreiche Dienstreisen für die Klägerin in die Vereinigten Arabischen Emirate und nach Saudi Arabien. Für diese Dienstreisen zahlte die Klägerin an den Beklagten Reisekosten entsprechend der von ihm erstellten Reisekostenabrechnungen. Mit Schreiben vom 26.08.2005 forderte die Klägerin den Beklagten auf, im Hinblick auf die Reisekosten der Monate Januar 2002 bis September 2003 bezifferte Beträge zurückzuzahlen. Gleichzeitig forderte sie den Beklagten auf, für die Jahre 1998 bis 2001 Reisekostenabrechnungen zu erstellen. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 26.08.2005 wird auf Bl. 7 ff. d. A. Bezug genommen. Mit vorliegender Klage, die am 20.09.2005 beim Arbeitsgericht Iserlohn einging, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche weiter.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe für die Reisemonate Januar/Februar 2002, Mai/Juli 2002, September/Oktober 2002, Februar/März 2003, Juni/Juli 2003, August/September 2003 und Februar/März 2004 bei Dienstreisen im arabischen Raum im Rahmen seiner Spesenabrechnungen zu hohe Kosten für Taxifahrten und Telefonate eingesetzt. Hinsichtlich der Telefon- und Faxgebühren fehlten die Nachweise völlig. An Taxikosten seien maximal 22,00 €/Tag als Pauschale anzusetzen. Bei Ansatz dieser Taxipauschale und außeracht lassen der Telefon- und Faxgebühren errechne sich ein Rückzahlungsanspruch zu ihren Gunsten in Höhe von 7.070,00 €, von dem ein Betrag von 5.290,00 € eingeklagt werde. Wegen der Einzelheiten der Berechnung verweise sie, die Klägerin, auf die Aufstellung in ihrer Klageschrift (Bl. 4 f. d. A.). Aufgrund jahrzehntelanger eigener Reisen ihres Geschäftsführers in die vorgenannten Länder wisse sie, dass die meisten Einzelfahrten mit Taxen extrem billig seien. Anerkannt werden könnten maximal 22,00 €/Tag. Weitere Kosten könnten nicht angefallen sein, so dass die darüber hinaus geltend gemachten Kosten vom Beklagten erfunden seien. Aufgrund der von ihr gewonnenen Erkenntnisse müsse sie davon ausgehen, dass selbst die von ihr zugestandenen Taxikosten in Höhe von 22,00 €/Reisetag tatsächlich nicht angefallen seien. Ihr, der Klägerin, seien die Hotels, in denen der Beklagte abgestiegen sei, sowie die Geschäftsräume der Kunden, die er besucht habe, aufgrund der Reiseberichte bekannt. Wäre die Abrechnung des Klägers richtig, so müsse er im Grunde den ganzen Tag nur im Taxi gesessen haben, ohne Kunden besuchen zu können.

Sie, die Klägerin, habe weiterhin Anspruch auf Erteilung von Reisekostenabrechnungen für die Jahre 1998 bis 2001. Der Beklagte habe in diesen Jahren jeweils Reisekostenvorschüsse erhalten, die abzurechnen gewesen seien. Dieser Anspruch sei spätestens seit dem 01.01.2002 fällig gewesen.

Der Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die von ihr geltend gemachten Ansprüche nach den Bestimmungen des MTV Groß- und Außenhandel NRW verfallen seien; Schadenersatzansprüche aus strafbaren Handlungen würden vom Tarifvertrag nicht erfasst.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 5.290,00 € netto nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 23.09.2005 zu zahlen,

2. den Beklagten zu verurteilen, die Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis einschließlich 2001 abzurechnen und sich zu Gunsten der Klägerin ergebende Rückzahlungsbeträge an sie nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2002 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen, er halte die Klage für unschlüssig. Er habe die Kosten, die tatsächlich angefallen seien, abgerechnet. Die Abrechnungen seien auch nicht unkorrekt gewesen. Bei dem Vorbringen der Klägerin, er habe in betrügerischer Weise zu hohe Spesen angesetzt, handele es sich um haltlose Unterstellungen, die durch nichts gerechtfertigt seien und nicht durch Tatsachenvortrag belegt seien. Nicht nachvollziehbar sei, warum die Klägerin für Taxifahrten nur maximal 22,00 €/Tag anerkennen wolle. Die Forderungen der Klägerin seien jedenfalls nach dem MTV Groß- und Außenhandel verfallen.

Durch Urteil vom 12.09.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die der Klägerin am 18.09.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 18.10.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 10.12.2006 - am Montag, dem 11.12.2006 begründet worden ist.

Die Klägerin vertritt weiterhin die Auffassung, der Beklagte sei zur Rückzahlung von 5.290,00 € verpflichtet. Bereits erstinstanzlich sei im Einzelnen dargelegt worden, dass die vom Beklagten angegebenen Spesen nicht ordnungsgemäß gewesen sein könnten. Zur Glaubhaftmachung habe sie auf die üblichen Sätze verwiesen, die an Telefon- und Taxikosten anfielen. Der Beklagte habe in strafrechtlich relevanter Weise zu hohe Kosten angesetzt. Sie, die Klägerin, habe die gültigen Taxikosten angegeben, aus denen sich das Missverhältnis zwischen den möglicherweise angefallenen und den tatsächlich abgerechneten Spesen ergebe. Die bezifferte Klageforderung ergebe sich aus den maximal angefallenen Kosten und den vom Beklagten abgerechneten Kosten. Die Differenzbeträge habe der Beklagte zu erstatten. Diese Forderung sei auch nicht nach den Bestimmungen des MTV Groß- und Außenhandel verfallen. Der Beklagte habe insoweit offensichtlich in betrügerischer Weise gehandelt. Das Arbeitsgericht habe unzutreffenderweise eine Täuschungshandlung i.S.d. § 263 StGB verneint. Allein der Umstand, dass sie, die Klägerin, die Taxipauschalen an den Beklagten gezahlt habe, rechtfertige nicht diese Annahme. Der Beklagte sei 37 Jahre bei ihr, der Klägerin, beschäftigt gewesen. Die Zahlungen seien automatisch über die Buchhaltung gelaufen, ohne dass jemand im Buchhaltungsbereich beim Beklagten als Prokuristen eine Nachprüfung vorgenommen habe. Erst durch die Umstände hinsichtlich des Verstoßes gegen Wettbewerbsverbote sei sie misstrauisch geworden und habe die Vorgänge überprüft.

Auch der Klageantrag zu 2. hinsichtlich der Abrechnungen für 1998 bis 2001 sei begründet. Mangels Abrechnung dieser Zeiträume durch den Beklagten könne sie die ihr zustehenden Rückzahlungen nicht zahlenmäßig genau angeben, so dass dieser Anspruch in zulässiger Weise im Wege der Stufenklage geltend gemacht worden sei. Auch diese Forderung sei nicht nach den Bestimmungen des genannten MTV verfallen.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den in Schlussverhandlung erster Instanz gestellten Anträgen der Berufungsklägerin zu erkennen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, die Klägerin habe nicht dargelegt, dass die von ihm angegebenen Spesen nicht ordnungsgemäß sein könnten. Die Klägerin verweise lediglich auf Sätze, bei denen bestritten werde, dass diese überhaupt üblich seien. Sie seien jedenfalls nicht üblich für Geschäftsreisen in Gebiete, in denen er, der Beklagte, sich für die Klägerin aufgehalten habe. Unabhängig davon seien Reisekosten so entstanden, wie sie von ihm abgerechnet worden seien. Teilweise hätten die Reisekosten sogar die Reisekostenvorschüsse, die er erhalten habe, überstiegen. Aufgrund der langjährigen Betriebszugehörigkeit habe er damals darauf verzichtet, die überschießenden Beträge geltend zu machen. Insbesondere die Taxikosten seien entsprechend angefallen. Er, der Beklagte, habe zahlreiche Kunden besucht und sich dementsprechend mit dem Taxi bewegen müssen. Dabei seien erhebliche Wegestrecken zurückgelegt worden. Zu berücksichtigen sei, dass er sich fast ausschließlich in auch von der Flächenausdehnung her sehr großen Städten aufgehalten und dort Kunden besucht habe, die auch geographisch weit voneinander entfernt gelegen hätten. Demzufolge seien entsprechende Wegstrecken aufgelaufen, die entsprechende Taxikosten verursacht hätten. Er, der Beklagte, habe weder eine überhöhte Spesenforderung vorgelegt noch nicht entstandene Telefon- oder Taxikosten angegeben bzw. abgerechnet oder entsprechende Kosten nicht zurückgezahlt. Er habe sich in keiner Weise strafrechtlich relevant verhalten.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht den Antrag zu Ziffer 2. als unzulässig abgewiesen. Der Antrag sei jedoch auch unbegründet. Er, der Beklagte, habe die erhaltenen Reisekostenvorschüsse jederzeit ordnungsgemäß abgerechnet.

Jedenfalls aber seien die geltend gemachten Forderungen gemäß § 15 des MTV Groß- und Außenhandel verfallen. Von dieser Verfallklausel werde auch ein möglicher Abrechnungsanspruch der Klägerin erfasst.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückzahlung von Reisekosten in Höhe von 5.290,00 €, die der Beklagte aus Anlass bestimmter Reisen in der Zeit von Januar 2002 bis März 2004 erhalten hat. Hierbei kann dahin stehen, ob diese Forderung gemäß § 15 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren MTV Groß- und Außenhandel NRW verfallen ist. Denn die erkennende Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Klägerin ein Rückzahlungsanspruch in dieser Höhe zusteht.

a) Ein eventueller Rückzahlungsanspruch hinsichtlich zuviel erhaltener Reisespesen kann der Höhe nach zum einen in der Weise dargelegt werden, dass die dem Beklagten entstandenen Taxikosten bzw. Telefon- und Faxkosten konkret berechnet werden. Hierzu hätte die Klägerin darlegen müssen, welche Kilometerstrecken der Beklagte an den jeweiligen Reisetagen im Taxi zurückgelegt hat und welche Fahrtkosten hierdurch im Einzelnen entstanden sind. Darüber hinaus hätte die Klägerin zwecks Darlegung der konkreten Höhe ihres eventuellen Rückzahlungsanspruchs vortragen müssen, in welcher Höhe dem Beklagten tatsächlich Telefon- bzw. Faxkosten anlässlich seiner Dienstreisen entstanden sind. Eine Darlegung der Rückzahlungsforderung in dieser Weise erscheint durchaus möglich. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, ihr seien aufgrund der Reiseberichte des Beklagten die besuchten Kunden, die Hotels, in denen der Beklagte abgestiegen war, und die Geschäftsräume der Kunden bekannt gewesen. Darüber hinaus war dem Geschäftsführer der persönlich haftenden Gesellschafterin der Klägerin nach eigenem Sachvortrag aufgrund jahrzehntelanger eigener Reisen in die Arabischen Emirate und nach Saudi Arabien bekannt, wie hoch die Taxigebühren nach Standgebühr und gefahrenem Kilometer waren. Auf dieser Grundlage hätte die Klägerin die konkret vom Beklagten im Taxi zurückgelegten Entfernungen und unter Ansatz der ihr bekannten Taxigebühren die tatsächlich entstandenen Taxikosten errechnen und somit darlegen können, in welcher Höhe der Beklagte Taxikosten vereinnahmt hat, die ihm nicht zustanden. Auf diese Weise hat die Klägerin den von ihr geltend gemachten Rückzahlungsanspruch hinsichtlich der Reisekosten allerdings der Höhe nach nicht dargelegt.

b) Bei Geltendmachung von Schadenersatz oder sonstigen vermögensrechtlichen Ansprüchen kann die Höhe der Forderung jedoch auch im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO ermittelt werden. Allerdings muss die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin in diesem Fall ausreichende Anhaltspunkte vortragen, die für das Gericht eine hinreichende Schätzungsgrundlage darstellen können. Eine Schätzung ist unzulässig, wenn sie mangels greifbarer Anhaltspunkte "völlig in der Luft hängen" würde (vgl. Zöller-Greger, Kommentar zur ZPO, 25. Aufl. § 287 Rdnr. 4 m.w.N.).

Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte kommt eine Schätzung der eventuell vom Beklagten zurückzuzahlenden Reisekosten nicht in Betracht. Mangels Darlegung konkreter Schätzgrundlagen sah sich das Gericht nicht in der Lage, den eventuell gegebenen Rückzahlungsanspruch der Höhe nach auch nur annähernd zu schätzen. Die Klägerin hat weder vorgetragen, an welchen konkreten Tagen der Beklagte sich anlässlich seiner Dienstreisen in welchem Hotel aufgehalten hat, welche Kunden er an diesen Tagen besucht hat und in welcher Entfernung zum Hotel sich die Geschäftsräume des Kunden befanden. Nur bei Kenntnis der Zahl der Kundenbesuche und der jeweiligen Entfernungen zwischen Hotel und Geschäftsräumen des Kunden wäre eine hinreichende Grundlage für eine Schätzung der dem Beklagten allenfalls entstandenen Taxikosten gegeben gewesen. Die Darlegung dieser Schätzgrundlagen wäre der Klägerin möglich gewesen. Sie hat selbst vorgetragen, ihr seien aufgrund der Reisekostenabrechnungen des Beklagten die Hotels und die Geschäftsräume der Kunden bekannt.

Angesichts der fehlenden Schätzgrundlagen sah sich die erkennende Kammer außerstande, die Angemessenheit der von der Klägerin angesetzten Taxipauschale von 22,00 €/Tag zu überprüfen. Mangels Darlegung der genannten Schätzgrundlagen hätte auch der Ansatz jeder anderen Taxipauschale in Betracht gezogen werden können. Dies zeigt, dass eine Schätzung der Höhe des eventuellen Rückzahlungsanspruchs der Klägerin "völlig in der Luft" hängen würde.

Gleiches gilt auch für eine eventuelle Schätzung der dem Beklagten entstandenen Telefon- und Faxkosten. Auch insoweit fehlt ein Sachvortrag der Klägerin, auf welche Weise die Höhe der dem Beklagten anlässlich seiner Dienstreisen entstandenen Telefon- bzw. Faxkosten geschätzt werden könnte. Allein der Hinweis der Klägerin, diese Kosten seien "exorbitant hoch" gewesen, kann insoweit nicht genügen. Soweit die Klägerin geltend macht, der Beklagte habe hinsichtlich der Telefon- und Faxkosten keine Belege vorgelegt, hat der Beklagte dies bestritten. Beweis dafür, dass der Beklagte insoweit keine Belege vorgelegt hat, hat die Klägerin nicht angetreten.

2. Soweit die Klägerin den Beklagten auf Abrechnung der Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 und Zahlung der sich eventuell zu ihren Gunsten ergebenden Rückzahlungsbeträge in Anspruch nimmt, ist die Klage ebenfalls unbegründet. Denn diese Forderungen der Klägerin sind gemäß § 15 des MTV Groß- und Außenhandel NRW verfallen.

a) Die Anwendbarkeit des MTV Groß- und Außenhandel NRW kann nicht in Zweifel gezogen werden. Der Beklagte hat vorgetragen, in § 10 des schriftlichen Anstellungsvertrages sei die Anwendung tarifvertraglicher Bestimmungen festgeschrieben worden; insbesondere sei hinsichtlich der Fälligkeit und des Erlöschens von Ansprüchen auf den MTV Groß- und Außenhandel Bezug genommen worden. Diesen Sachvortrag hat die Klägerin nicht bestritten.

b) Ist der genannte MTV auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar, so sind die mit Klageantrag zu 2. geltend gemachten Ansprüche verfallen.

aa) Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass der geltend gemachte Abrechnungsanspruch für die Jahre 1998 bis einschließlich 2001 spätestens seit dem 01.01.2002 fällig war. Er hätte damit innerhalb der Fristen des § 15 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren MTV Groß- und Außenhandel NRW geltend gemacht werden müssen. Der Anspruch auf Abrechnung erhaltener Reisekostenvorschüsse ist wie die Rückzahlungsforderung selbst ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis i.S.v. § 15 Ziffer 2 des genannten MTV. Er soll dem Arbeitgeber die Durchsetzung seiner eventuellen Rückzahlungsansprüche im Hinblick auf die bereits gezahlten Reisekostenvorschüsse erleichtern (vgl. BAG, Urteil vom 30.04.1971 - 3 AZR 198/70, AP Nr. 15 zu § 9 ArbGG 1953 zum Abrechnungsanspruch über Provisionsansprüche). Auch Abrechnungsansprüche als sog. Hilfsansprüche unterliegen tariflichen Verfallfristen (vgl. BAG, Urteil vom 23.03.1982 - 3 AZR 637/79, AP Nr. 18 zu § 87c HGB). Dass die Geltendmachungsfristen gemäß § 15 des genannten MTV hinsichtlich der von der Klägerin eingeklagten Abrechnungsansprüche für die Jahre 1998 bis 2001 abgelaufen sind, kann nicht zweifelhaft sein. Sie sind erstmalig mit Schreiben vom 26.08.2005 geltend gemacht worden.

Soweit eventuelle Rückzahlungsbeträge in Frage stehen, die sich aus einer Abrechnung der Reisekostenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 durch den Beklagten ergeben könnten, sind diese ebenfalls verfallen. Der Lauf einer Verfallfrist hinsichtlich eines Zahlungsanspruchs wird durch die Nichterteilung der Abrechnung nur solange gehemmt, wie die fehlende Abrechnung noch verlangt werden kann. Der Lauf der Verfallfrist für den Zahlungsanspruch beginnt aber dann, wenn der Anspruch auf Erteilung einer Abrechnung erloschen ist, weil er seinerseits nicht innerhalb der tariflichen Ausschlussfrist erhoben wurde (vgl. BAG, Urteil vom 27.11.1984 - 3 AZR 596/82, AP Nr. 89 zu § 4 TVG Ausschlussfristen m.w.N.). Auch im Hinblick auf etwaige Rückzahlungsansprüche der Klägerin bezüglich der in den Jahren 1998 bis 2001 an den Beklagten gezahlten Spesenvorschüsse sind die Ausschlussfristen gemäß § 15 des MTV Groß- und Außenhandel NRW zweifellos abgelaufen. Die Klägerin hat die von ihr geltend gemachten Abrechnungsforderungen für die Jahre 1998 bis 2001 erstmalig mit Schreiben vom 26.08.2005 dem Beklagten gegenüber geltend gemacht und am 20.09.2005 eingeklagt.

bb) Soweit die Forderung der Klägerin auf Abrechnung der Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 und Rückzahlung der sich insoweit zugunsten der Klägerin ergebenden Beträge in Frage steht, ist § 15 Ziffer 5 des MTV Groß- und Außenhandel NRW nicht einschlägig. Nach dieser Tarifbestimmung gelten die Ausschlussfristen zur Geltendmachung und Klageerhebung nicht für Schadenersatzansprüche aus Verkehrsunfällen und mit Strafe bedrohten Handlungen sowie für Ansprüche aus der betrieblichen Altersversorgung. Soweit die Ansprüche der Klägerin auf Erteilung von Abrechnungen für die von ihr gezahlten Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 in Frage stehen, beruhen diese Forderungen nicht auf mit Strafe bedrohten Handlungen des Beklagten. Gleiches gilt für eventuelle Rückzahlungsansprüche der Klägerin hinsichtlich der Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001. Da der Beklagte in diesen Jahren keine Abrechnungen über die Vorschüsse erteilt hat, kann er die Klägerin auch nicht über die Höhe der ihm für diese Jahre zustehenden Spesen getäuscht haben. Vielmehr hat der Beklagte in diesen Jahren die Spesenvorschüsse, welche die Klägerin gezahlt hat, vereinnahmt und keine Abrechnungen über seine tatsächlichen Reiseauslagen erteilt. Die Klägerin hat es unterlassen, die ihr zustehenden Ansprüche auf Erteilung von Abrechnungen, die der Beklagte im Anschluss an die von ihm in diesen Jahren durchgeführten Dienstreisen zu erteilen hatte, rechtzeitig i.S.v. § 15 MTV Groß- und Außenhandel NRW schriftlich geltend zu machen bzw. den Beklagten innerhalb der Verfallfristen schriftlich aufzufordern, die nicht abgerechneten Spesenvorschüsse an sie zurückzuzahlen. Da im Unterlassen der Erteilung von Abrechnungen über die Spesenvorschüsse für die Jahre 1998 bis 2001 sowie in der Nichtrückzahlung eventuell nicht verbrauchter Spesenvorschüsse durch den Beklagten keine mit Strafe bedrohte Handlung i.S.v. § 15 Ziffer 5 des genannten MTV zu sehen ist, sind die Ausschlussfristen bei diesen Ansprüchen der Klägerin ohne Weiteres anwendbar.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich in zweiter Instanz nicht geändert.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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