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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.04.2007
Aktenzeichen: 15 Sa 1885/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Herne vom 24.10.2006 - 4 Ca 1186/06 - teilweise abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 02.04.2006 nicht aufgelöst worden ist.

Von den Kosten der 1. Instanz trägt der Kläger 4/10, die Beklagte 6/10. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 3.600,00 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Kündigung der Beklagten.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.01.2002 als Taxifahrer zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt 1.200,00 € beschäftigt. Daneben tritt der Kläger als Sänger und Alleinunterhalter unter dem Namen "S7xxx C2xxxxxx" auf.

Am 28.03.2006 begab der Kläger sich zu seinem behandelnden Arzt, dem Zeugen D3. T1xxxxxx. Der Zeuge D3. T1xxxxxx stellte dabei eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 28.03.2006 bis zum 04.04.2006 aus, die der Kläger der Beklagten vorlegte. Am 04.04.2006 und 11.04.2006 stellte der Zeuge D3. T1xxxxxx Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus, die der Kläger ebenfalls der Beklagten vorlegte. Am 13.04.2006 wurde der Kläger vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung W5xxxxxxx-L1xxx in H1xxx zwecks Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit untersucht. Ausweislich einer Bescheinigung des Medizinischen Dienstes vom 13.04.2006 bestand aufgrund des dabei erhobenen ärztlichen Befundes beim Kläger weiterhin Arbeitsunfähigkeit. Wegen der Einzelheiten der Bescheinigung vom 13.04.2006 wird auf Bl. 134 d.A. Bezug genommen. In der anschließenden Zeit stellte der Zeuge D3. T1xxxxxx weitere Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 05.05.2006 aus.

Während der Zeit der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit trat der Kläger in der Nacht von Samstag, dem 01.04.2006, zu Sonntag, den 02.04.2006, als Sänger in der Diskothek "T2xxx" in H2xx auf. Der Gesellschafter der Beklagten, Herr W4xx, sowie der Zeuge S5xxxxx hatten von dem Auftritt, der auf der Internet-Seite der Diskothek "T2xxx" angekündigt worden war, Kenntnis erlangt und begaben sich an dem fraglichen Abend nach H2xx. Nachdem der Kläger in der Nacht als Sänger aufgetreten und zumindest zwei Lieder gesungen hatte, erklärte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 02.04.2006 die fristlose Kündigung, die dem Kläger am 11.04.2006 zuging. Hiergegen richtet sich die am 18.04.2006 beim Arbeitsgericht Herne eingegangene Feststellungsklage.

Der Kläger hat vorgetragen, die fristlose Kündigung sei rechtsunwirksam. Er, der Kläger, sei am 01.04.2006 arbeitsunfähig krank gewesen und habe seinen Dienst bei der Beklagten nicht wahrnehmen können. Unabhängig davon hätte er an diesem Tag ohnehin frei gehabt. Jedenfalls aber wäre die Arbeitszeit um 16.00 Uhr beendet gewesen. Der Auftritt in der "T2xxx" in H2xx habe also an einem arbeitsfreien Tag und nach Ende der regulären Dienstzeit stattgefunden. Er, der Kläger, gehe mit dem Singen lediglich einem Hobby nach; für seine Auftritte erhalte er kein Geld. Auch bei dem Auftritt am 01.04.2006 um ca. 23.00 Uhr in der Diskothek "T2xxx" habe er lediglich zwei Lieder gesungen; der Auftritt sei unentgeltlich erfolgt und habe nur Promotionszwecken gedient.

Entgegen der Auffassung der Beklagten habe der Auftritt auch nicht im Widerspruch zur ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gestanden. Der Auftritt habe vielmehr seiner Heilung bzw. Gesundung gedient und habe seine psychische Situation stabilisiert. Die eigentliche Erkrankung und letztendliche Diagnose, eine Erkrankung des vegetativen Nervensystems, habe erst später gestellt werden können, nachdem er sich seinem behandelnden Arzt offenbart habe. Zu seinem Krankheitsbild hätten die Symptome Herzrasen, Angstzustände, Depressionen, Schlaflosigkeit und Schwindelanfälle gehört. Zu keinem Zeitpunkt habe er seine Krankmeldung vorgeschoben. Er, der Kläger, befreie seinen behandelnden Arzt von der ärztlichen Schweigepflicht.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 02.04.2006 unwirksam ist und

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn entsprechend den arbeitsvertraglichen Bedingungen bis zum rechtmäßigen Abschluss des Verfahrens auf demselben Arbeitsplatz weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe seine Arbeitsunfähigkeit für den 01.04.2006 nur vorgetäuscht. Der Kläger, der an diesem Tage bis 16.00 Uhr als Taxifahrer eingeteilt gewesen sei, sei nicht krank gewesen. Er sei in der Diskothek "T2xxx" zumindest von 0.15 Uhr bis 0.45 Uhr aufgetreten und habe dort in keiner Weise krank gewirkt. Die vom Kläger vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sei damit bereits erschüttert. Dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, aufgrund welcher konkreten Erkrankung er am 01.04.2006 arbeitsunfähig gewesen sei, welche Untersuchungen oder Behandlungen bei ihm vorgenommen und welche Ergebnisse festgestellt worden seien. Der Kläger habe lediglich allgemeine Aussagen darüber gemacht, dass er nervliche Probleme habe. Unverständlich sei, wie der Zeuge D3. T1xxxxxx als Allgemeinmediziner zur Diagnose kommen könne, der Kläger könne zwar nicht Taxi fahren, aber ohne Weiteres mitten in der Nacht einen großen Auftritt in einer Diskothek durchführen. Die vom Kläger geschilderten Symptome, wie Herzrasen, Angstzustände, Depressionen, Schlaflosigkeit und Schwindelanfälle, seien nicht geeignet, einen Auftritt vor großem Publikum zu ermöglichen. Darüber hinaus habe der Kläger unmittelbar nach der Kündigung eine Tätigkeit bei einem anderen Taxiunternehmen aufgenommen und fahre dort bis heute Taxi. Die psychischen Erkrankungen des Klägers müssten daher bereits kurz nach Erhalt der Kündigung abgeklungen sein.

Das Arbeitsgericht hat zu der Frage, ob der Kläger am 01.04.2006 arbeitsunfähig erkrankt war, Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen D3. T1xxxxxx, bei dem es zunächst eine schriftliche Auskunft eingeholt hat. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der schriftlichen Stellungnahme des Zeugen D3. T1xxxxxx wird auf das Sitzungsprotokoll vom 24.10.2006 (Bl. 65 ff. d.A.) und auf Bl. 61 f. d.A. verwiesen.

Durch Urteil vom 24.10.2006 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 22.11.2006 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 01.12.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 10.01.2007 begründet worden ist.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, die Beklagte habe keinen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt. Er, der Kläger, sei am 01.04.2006 arbeitsunfähig krank gewesen. Dies habe der Zeuge D3. T1xxxxxx ausdrücklich erklärt. Der Zeuge habe ihn, den Kläger, als langjährigen Patienten gekannt. Der Zeuge habe ausdrücklich erklärt, dass der Auftritt am 01.04.2006 der Arbeitsunfähigkeit nicht entgegen gestanden habe. Zu berücksichtigen sei hierbei, dass er, der Kläger, am 01.04.2006 nicht für die Beklagte habe tätig werden müssen. Er habe an diesem Wochenende frei gehabt. Ferner habe es sich lediglich um einen Kurzauftritt im Rahmen einer Promotionsveranstaltung gehandelt, für die er kein Geld erhalten habe. Er habe gegen 23.00 Uhr lediglich zwei Lieder gesungen; der Auftritt habe insgesamt zehn Minuten gedauert.

Er, der Kläger, habe Vertrauen zu seinem A3xx D3. T1xxxxxx gehabt. Nach der Untersuchung habe der Zeuge D3. T1xxxxxx Arbeitsunfähigkeit festgestellt. Dieser Diagnose seines Arztes habe er vertraut. Zu keinem Zeitpunkt habe er bewusst über seine Arbeitsfähigkeit getäuscht. Die Diagnose des Zeugen D3. T1xxxxxx sei letztlich auch im Rahmen einer Nachuntersuchung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bestätigt worden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 24.10.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Herne vom 24.10.2006 - 4 Ca 1186/06 - festzustellen, dass die Kündigung der Beklagten vom 02.04.2006, zugestellt am 11.04.2006, unwirksam ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Sie vertritt weiter die Auffassung, der Kläger habe am 01.04.2006 eine Arbeitsunfähigkeit nur vorgetäuscht. Nachdem der durch Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung begründete Anschein der Arbeitsunfähigkeit durch den mitternächtlichen Soloauftritt in einer weit entfernten Diskothek erschüttert worden sei, sei der Kläger dem Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit durch andere Beweismittel schuldig geblieben. Die Vernehmung des Zeugen D3. T1xxxxxx habe diesen Beweis nicht erbracht. Der Zeuge habe zum Ausdruck gebracht, dass er den Kläger seit vielen Jahren kenne und mit ihm die Begeisterung für seine Schlagermusik teile. Der Zeuge sei in keiner Weise psychiatrisch ausgebildet oder geschult, vielmehr habe er aus Gründen der Besitzstandswahrung für ältere Mediziner zwei nicht einschlägige Ziffern abrechnen dürfen. Trotz seiner angeblichen Diagnose habe er keinen Anlass gesehen, den Kläger zu einem Facharzt zu überweisen. Das angeblich verschriebene, stimmungsaufhellende Beruhigungsmittel sei vom Zeugen D3. T1xxxxxx erst nach dem streitigen Zeitpunkt und damit auch nach dem angeblich heilsamen Auftritt verschrieben worden. Vorher habe der Zeuge offensichtlich weder einen Anlass für eine Überweisung noch für eine Medikation gesehen. Soweit der Zeuge dem Kläger "neurovegetative Stigmata" attestiert habe, setze dies eine körperliche Untersuchung voraus, die der Zeuge nicht durchgeführt habe. Auch auf Vorhalt habe der Zeuge sich nicht in der Lage gesehen, den Inhalt eines sog. "explorativen Gesprächs" näher darzulegen. Auch die Auslegung des Begriffs "Musiktherapie" durch den Zeugen zeige, dass eine reine Gefälligkeitsbescheinigung ausgestellt worden sei. Schließlich habe der Zeuge nicht in Abrede gestellt, den Kläger seit mehr als zehn Jahren zu kennen, ebenfalls Musiker zu sein und mehrere CDs vom Kläger zu besitzen. Der Zeuge habe erklärt, er wisse, dass der Kläger "für seine Musik lebe". Er habe auch keinen Hehl daraus gemacht, große Sympathien für den Kläger zu haben und dessen Einstellung zu seiner Musik zu kennen. Auch dies verstärke ganz massiv den Eindruck, dass der Zeuge eine Bescheinigung ausgestellt habe, um den Auftritt des Klägers zu ermöglichen. Insgesamt habe die Vernehmung deutlich gemacht, dass der Zeuge ohne jegliche Untersuchung und ohne substantiierte Diagnose einem langjährigen Freund und Musikkollegen ein Attest ausgestellt habe. Der Beweis einer Arbeitsunfähigkeit sei damit nicht erbracht worden.

Soweit der Kläger auf die Feststellungen des Medizinischen Dienstes verweise, sei diese Untersuchung mehrere Wochen nach dem hier in Frage stehenden Ereignis erfolgt. Für die Frage, ob am 01.04.2006 Arbeitsunfähigkeit bestanden habe oder nicht, sei diese Untersuchung ohne Belang.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach hat die Berufung des Klägers Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 02.04.2006 nicht aufgelöst worden. Denn ein wichtiger Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist nicht gegeben.

1. Die erkennende Kammer konnte sich nicht davon überzeugen, dass der Kläger am 01.04.2006 eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat.

a) Zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass ein wichtiger Grund zur Kündigung i.S.d. § 626 BGB gegeben sein kann, wenn der Arbeitnehmer unter Vorlage eines Attestes der Arbeit fern bleibt, obwohl es sich in Wahrheit nur um eine vorgetäuschte Krankheit handelt. Wenn schon der dringende Verdacht, der Arbeitnehmer habe sich eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit unlauteren Mitteln erschlichen, einen wichtigen Grund zur Kündigung darstellen kann, so kann nicht zweifelhaft sein, dass ein Arbeitnehmer, der nachgewiesenermaßen seine Krankheit nur vortäuscht, dadurch eine schwere Vertragsverletzung begeht, die je nach den Umständen des Einzelfalls eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann (vgl. BAG, Urteil vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93, NZA 1994, 63 ff. m.w.N.).

Da der kündigende Arbeitgeber den Kündigungsgrund zu beweisen hat, obliegt ihm nicht nur der Nachweis dafür, dass der Arbeitnehmer überhaupt gefehlt hat, sondern auch dafür, dass er unentschuldigt gefehlt hat, die vom Arbeitnehmer behauptete Krankheit also nicht vorgelegen hat. Dies folgt schon daraus, dass jede Partei die ihr günstigen Tatbestandsmerkmale zu beweisen hat (vgl. BAG a.a.O. m.w.N.). Legt der Arbeitnehmer ein ärztliches Attest vor, so begründet dieses i.d.R. den Beweis für die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit. Bezweifelt der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, beruft er sich insbesondere darauf, der Arbeitnehmer habe den die Bescheinigung ausstellenden Arzt durch Simulation getäuscht oder der Arzt habe den Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit verkannt, dann muss er die Umstände, die gegen die Arbeitsunfähigkeit sprechen, näher darlegen und notfalls beweisen, um dadurch die Beweiskraft des Attestes zu erschüttern bzw. zu entkräften. Gelingt dem Arbeitgeber dies, so tritt hinsichtlich der Behauptungs- und Beweislast wieder derselbe Zustand ein, wie er vor Vorlage des Attestes bestand. Es ist nunmehr Sache des Arbeitnehmers, angesichts der Umstände, die gegen eine Arbeitsunfähigkeit sprechen, weiter zu substanziieren, welche Krankheiten vorgelegen haben, welche gesundheitlichen Einschränkungen bestanden haben, welche Verhaltensmaßregeln der Arzt gegeben hat, welche Medikamente z.B. bewirkt haben, dass er zwar immer noch nicht die geschuldete Arbeit bei seinem Arbeitgeber verrichten konnte, aber zu leichten anderweitigen Tätigkeiten in der Lage war. Erst wenn der Arbeitnehmer insoweit seiner Substanziierungspflicht nachgekommen ist und ggf. die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht entbunden hat, muss der Arbeitgeber aufgrund der ihm obliegenden Beweislast den konkreten Sachvortrag des Arbeitnehmers widerlegen. Mit der Patientenkartei und der Vernehmung des behandelnden Arztes kommen dabei regelmäßig Beweismittel in Betracht, die eine weitere Sachaufklärung versprechen (vgl. BAG a.a.O. m.w.N.).

b) Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung, der die erkennende Kammer sich anschließt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger am 01.04.2006 tatsächlich eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat. Zwar mögen angesichts der Tatsache, dass der Kläger trotz attestierter Arbeitsunfähigkeit in der Nacht vom 01.04.2006 auf den 02.04.2006 in einer Diskothek in H2xx als Sänger aufgetreten ist, Zweifel berechtigt sein, ob er tatsächlich zu dieser Zeit arbeitsunfähig krank war. Auch wenn vor diesem Hintergrund die vom Kläger vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als erschüttert bzw. entkräftet angesehen wird, kann unter Berücksichtigung der vom Arbeitsgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht als bewiesen angesehen werden, dass der Kläger die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit am 01.04.2006 tatsächlich vorgetäuscht hat. Die Kammer hat hierbei berücksichtigt, dass der Zeuge D3. T1xxxxxx im Anschluss an die Erstbescheinigung vom 28.03.2006 weitere Folgearbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgestellt hat, die dem Kläger Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 05.05.2006 attestiert haben und dass der Medizinische Dienst der Krankenversicherung auf der Grundlage einer ärztlichen Untersuchung am 13.04.2006 bestätigt hat, dass weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht. Angesichts dieser ärztlichen Bescheinigung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung verbleiben trotz der nach Vernehmung des Zeugen D3. T1xxxxxx verbleibenden Bedenken, ob der Kläger am 01.04.2006 arbeitsunfähig krank war, Zweifel, ob der Kläger eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat. Diese Zweifel müssen im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses zu Lasten der Beklagten als der beweisbelasteten Partei gehen.

Die erkennende Kammer hat mit den Parteien im Termin vom 19.04.2007 die Beweislastverteilung eingehend erörtert und darauf hingewiesen, dass die zu Lasten der Beklagten gehenden Zweifel daran, ob der Kläger eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorgetäuscht hat, möglicherweise durch eine ergänzende Beweisaufnahme ausgeräumt werden könnten. In Betracht gekommen wäre in diesem Zusammenhang die erneute Vernehmung des Zeugen D3. T1xxxxxx, eine Vernehmung des untersuchenden Arztes des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung sowie die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Trotz dieser Hinweise hat die Beklagte weiteren Beweis nicht angetreten. Konnten die bestehenden Zweifel daran, ob der Kläger im Sinne einer Tatkündigung eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit am 01.04.2006 nur vorgetäuscht hat, durch weitere Beweiserhebung nicht ausgeräumt werden, so ist die Beklagte beweisfällig geblieben.

2. Auf den Verdacht, der Kläger habe eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit am 01.04.2006 nur vorgetäuscht, kann die Beklagte die Kündigung vom 02.04.2006 nicht stützen. Denn die Beklagte hat den Kläger vor Ausspruch der Kündigung nicht angehört. Verletzt der Arbeitgeber schuldhaft die ihm obliegende Pflicht, den Arbeitnehmer vor Ausspruch einer Verdachtskündigung zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen zu hören, so ist die auf den Verdacht gestützte Kündigung unwirksam (vgl. BAG, Urteil vom 26.08.1993 - 2 AZR 154/93, NZA 1994, 63 ff. m.w.N.).

III.

Von den Kosten der ersten Instanz muss der Kläger einen Anteil von 4/10 tragen. Denn der von ihm erstinstanzlich geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch ist rechtskräftig abgewiesen worden. Im Berufungsverfahren hat der Kläger lediglich den Feststellungsantrag hinsichtlich der Kündigung vom 02.04.2006 weiterverfolgt. Im Übrigen hat die Beklagte die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens sowie die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren auf 3.600,00 € ermäßigt.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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