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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.01.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1946/05
Rechtsgebiete: MTV im genossenschaftlichen Groß- und Außenhandel Niedersachsen vom 16.10.2003


Vorschriften:

MTV im genossenschaftlichen Groß- und Außenhandel Niedersachsen vom 16.10.2003 § 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 26.08.2005 - 2 Ca 146/05 - teilweise abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

Der Streitwert beträgt 1.024,00 EUR.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um eine tarifliche Sonderzahlung und um die Zahlung einer freiwilligen Weihnachtsgratifikation.

Der Kläger war seit dem 01.12.2002 als Kraftfahrer zunächst befristet bis zum 30.11.2003 beschäftigt. Wegen der Befristungsvereinbarung vom 21.11.2002 wird auf Bl. 5 d.A. verwiesen. Durch weitere Vereinbarung vom 30.04.2004 haben die Parteien das Arbeitsverhältnis befristet bis zum 30.11.2004 fortgesetzt. Mit Ablauf des 30.11.2004 endete das Arbeitsverhältnis der Parteien. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Manteltarifvertrag im genossenschaftlichen Groß- und Außenhandel Niedersachsen vom 16.10.2003 Anwendung, der am 01.01.2003 in Kraft getreten war. Das Tarifentgelt des Klägers betrug zuletzt 2.047,00 EUR.

Mit Datum vom 03.07.2003 richtete die Beklagte ein Schreiben an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und teilte ihnen die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine sogenannte freiwillige Weihnachtsgratifikation und eine freiwillige Ergebnisgratifikation im Jahr 2003 mit. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 03.07.2003 wird auf Bl. 67 ff. d.A. Bezug genommen. Entsprechend der Ankündigung in diesem Schreiben erhielt der Kläger im November 2003 die in Ziff. I geregelte freiwillige Weihnachtsgratifikation in Höhe von 50 % seines Tariflohns. Die in Ziff. II des Schreibens vom 03.07.2003 genannte freiwillige Ergebnisgratifikation zahlte die Beklagte an den Kläger im Juli 2004 in Höhe von 1.331,00 EUR aus.

Bereits unter dem Datum des 10.05.2004 teilte die Beklagte ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine freiwillige Weihnachtsgratifikation bzw. eine freiwillige Ergebnisgratifikation im Jahr 2004 mit. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 24 ff. d.A. Bezug genommen. Im November 2004 zahlte die Beklagte an die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die unter Ziff. I des Schreibens vom 10.05.2004 genannte freiwillige Weihnachtsgratifikation. Der Kläger erhielt die freiwillige Weihnachtsgratifikation für 2004 nicht.

Mit vorliegender Klage, die am 26.01.2005 beim Arbeitsgericht Minden einging, verlangt der Kläger Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gemäß Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 in Höhe von 1.024,00 EUR brutto, die aus der anteiligen tariflichen Sonderzahlung gemäß § 10 des genannten Manteltarifvertrages in Höhe von 11/12 des Anspruchs entsprechend 375,28 EUR brutto sowie einer freiwilligen Sonderzahlung in Höhe von 648,72 EUR brutto besteht.

Der Kläger hat zur Begründung seines Begehrens vorgetragen, er habe Anspruch auf Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 in Höhe von 50 % seines monatlichen Tariflohns. Die Nichtzahlung stelle einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar, da diese Leistung an die im Betrieb verbliebenen Mitarbeiter gezahlt worden sei. Da sein Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung geendet habe, habe er sich nicht in einem gekündigten Beschäftigungsverhältnis befunden. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei auch darin zu sehen, dass im Laufe des Jahres 2004 eingetretene Mitarbeiter eine zeitanteilige Weihnachtsgratifikation erhielten. Ein vernünftiger Grund, warum eintretende oder austretende Mitarbeiter unterschiedlich behandelt würden, sei nicht ersichtlich. Eine Berechtigung zur Verrechnung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation mit der Sonderzahlung aus Juli 2004 lasse sich den tarifvertraglichen Regelungen nicht entnehmen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.024,00 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I ihres Schreibens vom 10.05.2004, da er die dort geregelten Voraussetzungen nicht erfülle. Anspruch auf Zahlung dieser Gratifikation hätten nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, deren Beschäftigungsverhältnis über das Jahresende 2004 hinaus bestanden habe, und zwar ungekündigt. Die Zusage mit einer derartigen Stichstagsregelung sei auch nicht sachwidrig; mit einer solchen Sondervergütung solle die Betriebstreue und Betriebszugehörigkeit belohnt werden. Die tarifliche Sonderzahlung, die Bestandteil der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I ihres Schreibens vom 10.05.2004 sei, sei durch Zahlung der freiwilligen Ergebnisgratifikation im Juli 2004 in Höhe von 1.331,00 EUR erfüllt.

Im Termin vom 26.08.2005 hat das Arbeitsgericht folgendes Urteil verkündet:

"Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 375,28 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.12.2004 zu bezahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 63 % und die Beklagte zu 37 %.

Der Streitwert wird auf 1.024,00 EUR festgesetzt.

Die Berufung wird für die Beklagte zugelassen."

Gegen diese Entscheidung, die der Beklagten am 21.09.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Beklagten, die am 13.10.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 18.11.2005 begründet worden ist. Die Berufung des Klägers, dem das Urteil des Arbeitsgerichts am 20.09.2005 zugestellt worden ist, ist am 20.10.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 17.11.2005 begründet worden.

Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zahlung der anteiligen tariflichen Sonderzahlung in Höhe von 375,28 EUR brutto. Der tarifliche Anspruch des Klägers für das Jahr 2004 sei durch Zahlung einer Ergebnisgratifikation im Juli 2004 gemäß § 10 Ziff. 3 S. 1 des genannten Manteltarifvertrages erfüllt. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei die im Juli 2004 gezahlte Ergebnisgratifikation keine Leistung im Sinne des § 10 Ziff. 3 S. 3 des Manteltarifvertrages, deren Höhe durch die individuelle Leistung bestimmt sei. Die Höhe der freiwilligen Ergebnisgratifikation richte sich nicht nach der individuellen Leistung eines Arbeitnehmers. Die Höhe der Auszahlung setze sich nach der Zusage vielmehr aus zwei Teilbeträgen zusammen, nämlich einem Teilbetrag, der abhängig vom Gesamtergebnis der E1xxx M1xxxx-H1xxxxxx sei, und einem weiteren Teilbetrag, der abhängig von den Kosten der einzelnen Geschäftsbereiche sei. Das Gesamtergebnis der E1xxx M1xxxx-H1xxxxxx-Gruppe und die Kosten ihrer einzelnen Geschäftsbereiche resultierten aus den Leistungen aller Beschäftigten und aus sonstigen Faktoren, die nicht leistungsabhängig seien. Der Auszahlungsanspruch eines Arbeitnehmers werde damit gerade nicht durch dessen individuelle Arbeitsleistung bestimmt. Dass sie sich vorbehalten habe, die Ergebnisgratifikation pro Fehltag eines Arbeitnehmers um 1/60 zu kürzen, mache die Gratifikation nicht zu einer individuellen Sonderzahlung im Sinne des § 10 Ziff. 3 S. 3 des Manteltarifvertrages. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift erfüllten nur Leistungszuschläge im engeren Sinn den tariflichen Anspruch auf eine Sonderzahlung nicht. Die freiwillige Ergebnisgratifikation sei keine Leistungszulage, weil sie an das Gesamtergebnis des Konzerns und den Kosten des Unternehmens anknüpfe, mithin keine individuelle Leistung honoriere.

Unerheblich sei, dass die freiwillige Ergebnisgratifikation bereits im Jahre 2003 zugesagt worden sei und es sich um eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des Geschäftsjahres 2003 gehandelt habe. Maßgeblich sei der Zeitpunkt der Fälligkeit der Gratifikation und deren Auszahlung. Mit der Zahlung der Ergebnisgratifikation im Juli 2004 sei damit der tarifliche Anspruch des Klägers auf eine Sonderzahlung im Jahre 2004 erfüllt worden. Dass es für die Erfüllungswirkung einer Sonderleistung nach § 10 Ziff. 3 S. 1 des Manteltarifvertrages nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die Sonderleistung ankomme, sondern auf die Fälligkeit und die Auszahlung, ergebe sich aus § 10 Ziff. 3 S. 2 des Manteltarifvertrages.

Zu Recht habe das Arbeitsgericht die Klage dagegen abgewiesen, soweit der Kläger Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I des Schreibens vom 10.05.2004 begehre. Der Kläger habe die Voraussetzungen für diese Leistung nicht erfüllt, weil er per 30.11.2004 ausgeschieden sei. Bedenken gegen die Wirksamkeit der Zusage vom 10.05.2004 seien unbegründet. Sie, die Beklagte, habe ersichtlich den Verbleib im Betrieb über das Jahresende 2004 hinaus honorieren wollen.

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Minden abzuändern und die Klage abzuweisen,

2. die Berufung des Klägers kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 26.08.2005 - 2 Ca 146/05 - abzuändern und nach den Schlussanträgen der 1. Instanz zu erkennen;

2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, er habe Anspruch auf Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gemäß Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004. Er sei nicht aufgrund einer Kündigung, sondern wegen des Ablaufs des befristeten Arbeitsverhältnisses ausgeschieden.

Jedenfalls aber habe er Anspruch auf Zahlung der anteiligen Sonderzahlung gemäß § 10 des genannten Manteltarifvertrages. Das Arbeitsgericht habe § 10 des Manteltarifvertrages rechtsfehlerfrei angewendet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 26.08.2005, durch das sie zur Zahlung von 375,28 EUR brutto nebst Zinsen an den Kläger verurteilt worden ist, ist an sich statthaft. Zwar übersteigt der Wert des Beschwerdegegenstandes im Hinblick auf die Verurteilung der Beklagten nicht den Betrag von 600,00 EUR. Das Arbeitsgericht hat die Berufung für die Beklagte im Urteil aber ausdrücklich zugelassen. Die danach statthafte Berufung der Beklagten ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG an sich statthaft; der Wert des abgewiesenen Teils der Klage beträgt 648,72 EUR. Auch die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung der Beklagten hat auch der Sache nach Erfolg. Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Sonderzahlung gemäß § 10 des genannten Manteltarifvertrages in Höhe von 375,28 EUR brutto. Demgegenüber war die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Denn das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 in Höhe von 648,72 EUR brutto hat.

1. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts hat der Kläger keinen Anspruch auf eine anteilige Sonderzahlung gem. § 10 des Manteltarifvertrages Groß- und Außenhandel Niedersachsen vom 16.10.2003 für das Jahr 2004 in Höhe von 375,28 EUR brutto.

a) Nicht streitig zwischen den Parteien ist, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen der tariflichen Sonderzahlung grundsätzlich erfüllt. Der Kläger war seit dem 01.12.2002 bei der Beklagten beschäftigt und konnte damit eine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit von 6 Monaten aufweisen. Unerheblich ist, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 30.11.2004 geendet hat. Gemäß § 10 Ziff. 5 des genannten Manteltarifvertrages erhalten Arbeitnehmer, die im Laufe eines Kalenderjahres eintreten und die Voraussetzungen der Ziff. 1 erfüllen oder ausscheiden, je vollen Kalendermonat ihrer Betriebszugehörigkeit im laufenden Kalenderjahr 1/12 der Sonderzahlung. Da das Ausscheiden des Klägers nicht aus den in § 10 Ziff. 8 des Manteltarifvertrages genannten Gründen erfolgt ist, stand ihm ein Anspruch auf die tarifliche Sonderzahlung im Umfang von 11/12 des Jahresanspruchs zu.

b) Der Anspruch des Klägers auf die tarifliche Sonderzahlung ist jedoch durch Zahlung der Jahresergebnisbeteiligung in Höhe von 1.331,00 EUR durch die Beklagte in Juli 2004 erfüllt worden. Gemäß § 10 Ziff. 3 des genannten Manteltarifvertrages gelten Sonderleistungen des Arbeitgebers, wie Weihnachtsgeld, Jahresergebnisbeteiligung u.a. als Sonderzahlung im Sinne dieser Vereinbarung und erfüllen den tariflichen Anspruch, soweit sie zusammengerechnet die Höhe der tariflich zu erbringenden Leistung erreichen. Dies gilt gemäß § 10 Ziff. 3 S. 2 des genannten Manteltarifvertrages auch, wenn die betrieblichen Sonderzahlungen aufgrund von Betriebsvereinbarungen, betrieblicher Übung oder Einzelarbeitsvertrag für einen vor Inkrafttreten dieser Vereinbarung liegenden Zeitraum entstanden sind, aber erst nach Inkrafttreten dieses Tarifvertrages zur Auszahlung gelangen. Allerdings gelten als Sonderzahlung im Sinne dieser Vereinbarung nicht solche Leistungen, deren Höhe durch die individuelle Leistung bestimmt ist sowie das tarifliche Urlaubsgeld.

aa) Die Beklagte hat ihren Arbeitnehmern mit Schreiben vom 03.07.2003 eine sogenannte freiwillige Ergebnisgratifikation zugesagt und in Erfüllung dieser Zusage an den Kläger im Juli 2004 einen Betrag von 1.331,00 EUR gezahlt. Diese Zahlung ist als Sonderleistung der Beklagten im Sinne des § 10 Ziff. 3 des Manteltarifvertrages zu werten und erfüllt damit den Anspruch des Klägers auf die tarifliche Sonderzahlung. Denn sie übersteigt der Höhe nach die tariflich zu erbringende Leistung. Unerheblich ist, dass die freiwillige Ergebnisgratifikation bereits im Jahre 2003 zugesagt worden war und es sich insoweit um eine Beteiligung der Arbeitnehmer am Ergebnis des Geschäftsjahres 2003 gehandelt hat. Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass es für die Erfüllungswirkung einer Sonderleistung nach § 10 Ziff. 3 Satz 2 des Manteltarifvertrages nicht auf den Zeitpunkt des Entstehens des Anspruchs auf die Sonderleistung ankommt, sondern auf die Fälligkeit und die Auszahlung. Gemäß Ziff. II des Schreibens der Beklagten vom 03.07.2003 erfolgte die Auszahlung der freiwilligen Ergebnisgratifikation nach Genehmigung des Jahresabschlusses 2003 durch die Gesellschafterversammlung per 31.07.2004.

bb) Nach Auffassung der erkennenden Kammer sind die Voraussetzungen des § 10 Ziff. 3 letzter Absatz des genannten Manteltarifvertrages nicht gegeben. Denn bei der freiwilligen Ergebnisgratifikation gemäß Schreiben der Beklagten vom 03.07.2003 handelt es sich nicht um eine Zahlung, deren Höhe durch die individuelle Leistung bestimmt ist.

(1) Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass die Höhe der Ergebnisgratifikation durch Faktoren bestimmt wird, die nicht durch die individuelle Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers beeinflusst ist. Ausweislich des Schreibens der Beklagten vom 03.07.2003 setzt sich die Höhe der freiwilligen Ergebnisgratifikation aus zwei Teilbeträgen zusammen und wird wie folgt bestimmt:

1. Abhängig vom Gesamtergebnis der E1xxx M1xxxx-H1xxxxxx (Ergebnis der konsolidierten Bilanz) erhält jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin maximal 20 % eines monatlichen Tariflohnes/-gehaltes.

5 % kommen zur Ausschüttung, wenn das von der Gesellschafterversammlung verabschiedete Konzernplanergebnis erreicht wird. Die freiwillige Ergebnisgratifikation erhöht sich um je 5 % bis auf maximal 20 %, wenn das Konzernergebnis jeweils um 600.000,00 EUR über dem geplanten und verabschiedeten Konzernergebnis liegt.

2. Abhängig von den Kosten der einzelnen Geschäftsbereiche der E1xxx M1xxxx-H1xxxxxx I1-/l2xxxxxx s1xxxxx GmbH erhält jeder Mitarbeiter/jede Mitarbeiterin maximal 45 % eines monatlichen Tariflohnes/-gehaltes. 15 % kommen bei Planerreichung zur Auszahlung. Bei Verbesserung des Bereichsergebnisses um je 1 % steigt die Gratifikation um je 5 % bis zum Maximum von 45 %.

Hieraus folgt, dass die Höhe der freiwilligen Ergebnisgratifikation durch Faktoren bestimmt wird, auf die der einzelne Arbeitnehmer durch seine individuelle Leistung keinen Einfluss hat.

(2) Zwar ist im Schreiben der Beklagten vom 03.07.2003 weiter geregelt, dass pro Fehltag des Arbeitnehmers 1/60, bezogen auf eine 5-Tage-Woche, von der erreichten Ergebnisgratifikation abgezogen wird, wobei Urlaub, Sonderurlaub laut Tarifvertrag und die Tage während der Mutterschutzfrist nicht als Fehltage gelten. Hierdurch wird die freiwillige Ergebnisgratifikation nicht zu einer Sonderzahlung, deren Höhe im Sinne von § 10 Ziff. 3 letzter Satz des Manteltarifvertrages durch die individuelle Leistung bestimmt wird. Zwar kann durch die Regelung der Beklagten vom 03.07.2003 die freiwillige Ergebnisgratifikation in voller Höhe entfallen, falls der einzelne Arbeitnehmer 60 oder mehr Fehltage im Sinne der o.g. Regelung aufzuweisen hat. Das Nichtvorhandensein von Fehltagen als Voraussetzung für die ungekürzte Zahlung der freiwilligen Ergebnisgratifikation hat jedoch nicht zur Folge, dass diese Zahlung der Beklagten der Höhe nach durch die individuelle Leistung des Arbeitnehmers bestimmt wird. Soweit der einzelne Arbeitnehmer krankheitsbedingte Fehlzeiten aufzuweisen hat, reduziert sich die freiwillige Ergebnisgratifikation nicht infolge mangelnder individueller Leistung des Arbeitnehmers. Krankheit als plötzliches unvorhergesehenes Ereignis ist nicht dem Leistungsbereich zuzuordnen; vielmehr sind krankheitsbedingte Fehlzeiten auf Gründe in der Person des Arbeitnehmers zurückzuführen.

Soweit ein Arbeitnehmer unentschuldigte Fehltage aufzuweisen hat, beruht die Kürzung der freiwilligen Ergebnisgratifikation ebenfalls nicht auf mangelhafter individueller Leistung im Sinne des § 10 Ziff. 3 letzter Absatz des Manteltarifvertrages. Unentschuldigte Fehltage betreffen nicht die individuelle Leistung, sondern das Verhalten des Arbeitnehmers.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gemäß Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 in Höhe von insgesamt 50 % des jeweiligen monatlichen Tariflohnes hat.

a) Gemäß Ziff. I Abs. 2 des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 setzt die freiwillige Weihnachtsgratifikation sich zusammen aus der tariflichen Sonderzahlung und aus einer freiwilligen Sonderzahlung und beträgt 50 % des jeweiligen monatlichen Tariflohnes/-gehaltes. Soweit die tarifliche Sonderzahlung gemäß § 10 des genannten Manteltarifvertrages in Frage steht, ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass der dahingehende Anspruch des Klägers, der grundsätzlich gegeben war, durch Zahlung der Jahresergebnisbeteiligung durch die Beklagte im Juli 2004 in Höhe von 1.331,00 EUR erfüllt worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist die erkennende Kammer auf die obigen Ausführungen.

b) Soweit die freiwillige Sonderzahlung als weiterer Bestandteil der Leistung gemäß Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 in Frage steht, ist ein Anspruch des Klägers hierauf nicht gegeben. Denn der Kläger ist mit Ablauf der Befristung am 30.11.2004 aus dem Beschäftigungsverhältnis bei der Beklagten ausgeschieden, so dass sein Beschäftigungsverhältnis über das Jahresende 2004 hinaus nicht fortbestand.

aa) Zutreffend hat das Arbeitsgericht erkannt, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation zweigeteilt sind. Ziff. I des Schreibens der Beklagten vom 10.05.2004 setzt zum einen voraus, dass das Arbeitsverhältnis über das Jahresende 2004 hinaus fortbesteht und verlangt zum anderen, dass es ungekündigt sein muss. Da das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Ablauf der Befristung am 30.11.2004 geendet hat, kann er bereits den ersten Teil der Leistungsvoraussetzung nicht erfüllen. Denn sein Arbeitsverhältnis besteht nicht über das Jahresende 2004 hinaus fort.

bb) Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation gem. Ziff. I des Schreibens vom 10.05.2004 ergibt sich auch nicht aus Gleichbehandlungsgrundsätzen.

(1) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Arbeitgeber, der in seinem Betrieb nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln freiwillige Leistungen gewährt, an den arbeitsrechtlichen Grundsatz der Gleichbehandlung gebunden. Danach ist es ihm verwehrt, in seinem Betrieb einzelne oder Gruppen von Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund von allgemein begünstigenden Regelungen auszunehmen oder sie schlechter zu stellen. Bei freiwilligen Leistungen muss der Arbeitgeber die Voraussetzungen so abgrenzen, dass nicht sachwidrig oder willkürlich ein Teil der Arbeitnehmer von den Vergünstigungen ausgeschlossen wird (vgl. BAG, Urteil vom 08.03.1995 - 10 AZR 208/94 -, NJW 1996, 948, 949 m.w.N.).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der Ausschluss des Klägers vom Bezug der freiwilligen Weihnachtsgratifikation als sachlich gerechtfertigt anzusehen. Unerheblich ist hierbei, dass Arbeitnehmer der Beklagten, die im Laufe des Jahres 2004 eingetreten sind, gemäß Ziff. I Abs. 3 des Schreibens vom 10.05.2004 eine zeitanteilige Weihnachtsgratifikation in Höhe der Sonderzahlung gemäß der tariflichen Regelung erhalten. Der Arbeitgeber darf bei der Gewährung einer freiwilligen Leistung danach differenzieren, ob die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses am Auszahlungstag feststeht oder nicht. Freiwillige Leistungen sollen - unabhängig davon, inwieweit mit ihnen auch eine künftige Betriebstreue bewirkt oder honoriert werden soll - den Arbeitnehmer grundsätzlich auch für die Zukunft zu reger und engagierter Mitarbeit motivieren. Eine solche motivierende Wirkung kann eine Sonderzahlung gegenüber bereits ausgeschiedenen oder alsbald ausscheidenden Arbeitnehmern nicht mehr entfalten. Schon diese am Motivationszweck orientierte Differenzierung danach, ob das Arbeitsverhältnis am Auszahlungstag noch besteht oder seinem Ende zugeht, ist sachlich gerechtfertigt. Dies gilt auch dann, wenn mit der Sonderzahlung gleichzeitig in der Vergangenheit geleistete Dienste für den Betrieb zusätzlich anerkannt werden sollen. Der Zweck einer Sonderzuwendung allein vermag über die gesetzten Anspruchsvoraussetzungen hinaus einen Anspruch auf die Sonderzuwendung nicht zu begründen (vgl. BAG, Urteil vom 08.03.1995, a.a.0., m.w.N.).

Angesichts dessen war die Beklagte wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf der Befristung am 30.11.2004 ohne weiteres berechtigt, den Kläger von der Zahlung der freiwilligen Weihnachtsgratifikation auszunehmen. Tatsachen, die den Schluss zulassen, die Beklagte habe anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage im Jahre 2004 die freiwillige Weihnachtsgratifikation gezahlt, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 97 ZPO.

Der Streitwert hat sich im Berufungsverfahren nicht geändert.

Das Gericht hat die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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