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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 20.04.2006
Aktenzeichen: 15 Sa 1977/05
Rechtsgebiete: KSchG, MTV für das private Versicherungsgewerbe, Rationalisierungsschutzabkommen für das private Versicherungsgewerbe


Vorschriften:

KSchG § 1
MTV für das private Versicherungsgewerbe § 615 Abs. 3
Rationalisierungsschutzabkommen für das private Versicherungsgewerbe § 2
Rationalisierungsschutzabkommen für das private Versicherungsgewerbe § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.09.2005 - 4 Ca 1554/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen, betriebsbedingten Kündigung der Beklagten.

Die am 17.07.1957 geborene, geschiedene Klägerin, die zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, war seit dem 01.08.1973 bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, in der Niederlassung D1xxxxxx zu einem monatlichen Bruttoverdienst von zuletzt 4.112,00 € tätig. In der Niederlassung D1xxxxxx war ein Betriebsrat gewählt. Nach ihrer Ausbildung zur Versicherungskauffrau war die Klägerin ab dem 23.01.1976 zunächst als Sachbearbeiterin in der Schadensabteilung tätig. Mit Wirkung vom 01.04.1981 wurde sie erstmals mit der Stellvertretung der Gruppenleitung betraut und übernahm ab 1988 die Position einer Sachschadenregulierungsbeauftragten. In der Folgezeit wurde die Klägerin Gruppenleiterin. Ab 1998 nahm sie insbesondere übergeordnete Bereichsaufgaben wahr, leitete jedoch weiterhin disziplinarisch die Regulierungsbeauftragten des Außendienstes mit Schadensregulierungsvollmacht. Zum 01.05.2000 wurde die Klägerin in den Bereich Privatkunden umgesetzt und übernahm gleichzeitig die Stabsfunktion der Bildungswesenreferentin in D1xxxxxx, wobei sie unmittelbar der Niederlassungsleitung unterstellt war. Während ihrer Tätigkeit wurde die Klägerin in erheblichem Umfang auch projektbezogen eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fanden die Tarifverträge für das private Versicherungsgewerbe Anwendung.

Nachdem die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 08.04.2002 mitgeteilt hatte, dass im Rahmen der Personalplanung 2003 die Planstelle Bildungsreferentin in allen Niederlassungen entfalle, und eine Einigung der Parteien über einen anderen Einsatz der Klägerin nicht erzielt werden konnte, kündigte die Beklagte das mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 31.03.2004. Hiergegen erhob die Klägerin unter dem Aktenzeichen 7 Ca 4800/03 Klage vor dem Arbeitsgericht Dortmund. Durch Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 24.02.2004 wurde festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 24.02.2003 nicht aufgelöst worden ist. Darüber hinaus wurde die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt. Die gegen dieses Urteil eingelegte Berufung der Beklagten wurde durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 21.09.2004, AZ: 19 Sa 559/04, zurückgewiesen.

Mit Datum vom 17.12.2004 schloss die Beklagte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich und einen Sozialplan "Wachstumsstrategie G1xxxxx A1xxxxxxxx V3xxxxxxxxxxx AG". Danach soll die Niederlassung D1xxxxxx mit Ablauf des 30.09.2005 vollständig geschlossen werden. Wegen der Einzelheiten des genannten Interessenausgleichs und des Sozialplans wird auf Bl. 67 bis 104 d.A. verwiesen.

Mit Datum vom 09.02.2005 hörte die Beklagte den Betriebsrat der Niederlassung D1xxxxxx zur beabsichtigten fristgerechten Kündigung der Klägerin zum 30.09.2005 an und teilte zugleich mit, dass sie der Klägerin einen Arbeitsplatz als Sachbearbeiterin im neu eingerichteten Back-Office in der Hauptverwaltung K1xx unter Wahrung des finanziellen Besitzstandes anbieten werde. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 105 d.A. Bezug genommen. Der Betriebsrat widersprach der beabsichtigten Änderungskündigung mit der Begründung, die Klägerin könne auf einen freien Arbeitsplatz in K1xx im Bereich Back-Office Ausbildung beschäftigt werden. Diese Tätigkeit habe der Klägerin vor der Arbeitnehmerin S5xxx V1xx angeboten werden müssen, da die Klägerin über 75 Sozialpunkte, die Arbeitnehmerin V1xx dagegen nur über 32 Sozialpunkte verfüge. Wegen der weiteren Einzelheiten des Widerspruchsschreibens vom 16.02.2005 wird auf Bl. 39 f. d.A. verwiesen.

Mit Schreiben vom 21.02.2005 erklärte die Beklagte der Klägerin die fristgerechte Kündigung zum 30.09.2005 und bot ihr gleichzeitig die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach Ablauf der Kündigungsfrist unter geänderten Bedingungen an. Wegen der Einzelheiten der Änderungskündigung vom 22.02.2005 wird auf Bl. 12 f. d.A. Bezug genommen. Gegen diese Kündigung, die der Klägerin am 24.02.2005 zuging, richtet sich die Feststellungsklage, die am 16.03.2005 beim Arbeitsgericht Dortmund einging. Gleichzeitig begehrt die Klägerin weiterhin Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen.

Die Klägerin hat das Angebot der Beklagten auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu veränderten Bedingungen nicht unter Vorbehalt angenommen und im Termin vom 06.06.2005 vor dem Arbeitsgericht Dortmund erklärt, auch die der Arbeitnehmerin S5xxx V1xx angebotene Stelle sei für sie nicht in Betracht gekommen, da dieses Angebot nicht angemessen sei.

Die Klägerin hat vorgetragen, die Kündigung sei schon deshalb rechtsunwirksam, weil sie den Vorschriften des Manteltarifvertrages für das private Versicherungsgewerbe (im Folgenden MTV) nicht Rechnung trage. Sie, die Klägerin, sei gemäß § 15 Nr. 3 des MTV nur noch aus wichtigem Grunde kündbar.

Die ihr, der Klägerin, angebotenen geänderten Arbeitsbedingungen seien auch bei gleichbleibender Vergütung nicht zumutbar. Die angebotene Sachbearbeiterstelle beinhalte eine erhebliche Änderung des Gesamtbildes der Tätigkeit, der Art und Weise der Arbeitsleistung und insbesondere auch der hierarchischen Anbindung. Ein Angebot zur Weiterführung ihrer Aufgaben in dem neuen Bereich in K1xx habe sie nicht erhalten. Offene Abteilungs- oder Gruppenleiterstellen sowie sonstige vergleichbaren Stellen seien ihr nicht angeboten worden. Ihren Bewerbungen auf ausgeschriebene Stellen, zuletzt im BOFF-Manager KB und KF sei nicht entsprochen worden. Darüber hinaus sei auf Ausschreibungen häufig verzichtet und Stellen nach nicht bekannten Kriterien besetzt worden.

Soweit die Betriebsratsanhörung in Frage stehe, sei nicht zu ersehen, dass das Anhörungsschreiben zu Händen des Betriebsratsvorsitzenden erfolgt sei. Zudem fehlten Angaben zu dem Sonderkündigungsschutz und zu anderen Arbeitnehmern mit vergleichbaren Tätigkeiten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 22.02.2005, zugegangen am 24.02.2005, nicht zum 30.09.2005 aufgelöst wird,

die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hält die Kündigung vom 22.02.2005 aus betriebsbedingten Gründen für sozial gerechtfertigt. Mit der unternehmerischen Entscheidung, die Niederlassung D1xxxxxx vollständig zu schließen, sei das Beschäftigungsbedürfnis für die Klägerin fortgefallen. Zentraler Kernpunkt der tiefgreifenden Umstrukturierung ihres Unternehmens sei u.a. der Aufbau eines zentralen Back-Office in der Hauptverwaltung in K1xx. In der Niederlassung D1xxxxxx seien damals noch etwa 120 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Damit habe es sich bei der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung um eine Maßnahme im Sinne des tarifvertraglichen Rationalisierungsschutzabkommens gehandelt, die den Sonderkündigungsschutz der Klägerin habe entfallen lassen. Mit der vollständigen Schließung der Niederlassung D1xxxxxx sei auch im Ergebnis das Bedürfnis einer Sozialauswahl entfallen. Der Arbeitsplatz sämtlicher Mitarbeiter der Niederlassung D1xxxxxx werde zum 30.09.2005 in Wegfall geraten.

Dem Interessenausgleich sei weiter zu entnehmen, dass mehrere Funktionen in ihrem Unternehmen im Rahmen der Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung neu eingerichtet worden seien, so insbesondere eine Mehrzahl von unterschiedlichen Arbeitsplätzen in dem neu eingerichteten Back-Office der Hauptverwaltung in K1xx. Sämtlichen im Zuge der Umstrukturierung neu eingerichteten und auch sonst freien Arbeitsplätze seien unter Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte Mitarbeitern, die von einem Wegfall ihres bisherigen Arbeitsplatzes betroffen gewesen sein, angeboten worden. So habe auch die Klägerin aufgrund ihrer sozialen Schutzbedürftigkeit mit Kündigungsschreiben vom 22.02.2005 das Angebot erhalten, zukünftig in dem neu eingerichteten Back-Office als Sachbearbeiterin in der Hauptverwaltung K1xx zu unveränderten Arbeitsbedingungen und unter Inanspruchnahme der Mobilitätsleistungen aus dem abgeschlossenen Sozialplan tätig zu werden. Dieses Angebot habe die Klägerin nicht angenommen und zu Protokoll des Arbeitsgerichts erklärt, dass sie weder bereit sei, den ihr bislang angebotenen Arbeitsplatz noch einen Arbeitsplatz im Bereich Ausbildung im Back-Office in K1xx anzunehmen. Wirksamkeitsbedenken gegen die Kündigung im Hinblick auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestünden deshalb nicht. Sie, die Beklagte, habe das Gebotene getan und der Klägerin einen geeigneten freien Arbeitsplatz angeboten. Andere freie Arbeitsplätze seien zum Zeitpunkt der Kündigung und auch derzeit nicht vorhanden. Soweit die Klägerin auf die neu geschaffenen Stellen in den Managerfunktionen des Back-Office verweise, handele es sich hierbei um Beförderungsstellen, die einen juristischen oder wirtschaftswissenschaftlichen (Fach-) Hochschulabschluss voraussetzten. Dies ergebe sich aus den internen Ausschreibungen (Bl. 130 bis 133 d.A.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin verstoße die Kündigung auch nicht gegen die Systematik der tarifvertraglichen Kündigungsregelungen im MTV sowie des Rationalisierungsschutzabkommens in der ab 01.01.2004 geltenden Fassung.

Durch Urteil vom 08.09.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die der Klägerin am 29.09.2005 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung der Klägerin, die am 18.10.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 29.12.2005 - am 28.12.2005 begründet worden ist.

Die Klägerin vertritt unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Auffassung, die Kündigung vom 22.05.2005 sei als rechtsunwirksam anzusehen. Dringende betriebliche Erfordernisse seien nicht gegeben. Darüber hinaus sei sie gemäß § 15 Nr. 3 b des MTV nur noch aus wichtigem Grunde kündbar. Diese Einschränkung gelte nur dann nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz in Folge einer Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens oder aus sonstigen betrieblichen Gründen nicht möglich ist und die Kündigung nicht durch eine Maßnahme entsprechend dem Rationalisierungsschutzabkommens vermieden werden kann. Vorliegend habe es sich um eine Maßnahme der Beklagten im Sinne des § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens gehandelt. Gemäß § 5 Abs. 2 des Rationalisierungsschutzabkommens sei der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer einen gleichwertigen Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb des Unternehmens anzubieten, der für den Arbeitnehmer geeignet und zumutbar sei. Diesen Pflichten sei die Beklagte nicht nachgekommen. Sie habe ihr beispielsweise die Positionen für Boff-Manager in der Hauptverwaltung K1xx nicht angeboten, die sie ab dem 01.03. bzw. 01.04.2005 mit den Kollegen G5xxxxx, P2xxxx und S6xxxx besetzt habe. Vergleichbare Stellen seien zumindest bis zum damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten auch durch Führungskräfte besetzt worden, die nicht über einen (Fach-) Hochschulabschluss verfügt hätten.

Weiterhin habe es sich bei der Maßnahme der Beklagten um eine Sitzverlegung gemäß § 16 Abs. 2 MTV gehandelt. Danach sei die Beklagte verpflichtet, sie, die Klägerin, auf ihren Antrag am neuen Sitz in ihrer bisherigen Stellung weiterzubeschäftigen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 08.09.2005 - 4 Ca 1554/05 - aufzuheben und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die arbeitgeberseitige Kündigung vom 22.02.2005, zugegangen am 24.02.2005, nicht zum 30.09.2005 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, aufgrund der unstreitig vollständigen Schließung der Niederlassung in D1xxxxxx zum 30.09.2005 seien dringende betriebliche Erfordernisse zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin gegeben. Durchgreifende Zweifel an der unternehmerischen Entscheidung, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes der Klägerin geführt habe, seien nicht zu erkennen.

Entgegen der Auffassung der Klägerin sei sie, die Beklagte, nicht verpflichtet gewesen, ihr die zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung offenen Arbeitsplätze als BOFF-Manager anzubieten. Unstreitig sei als Einstellungsvoraussetzung für diese Stellen ein juristischer oder wirtschaftswissenschaftlicher (Fach-) Hochschulabschluss gefordert. Ebenso unstreitig weise die Klägerin diese Qualifikation nicht auf. Ihr, der Beklagten, stehe es frei, für die in ihrer Organisation eingerichteten Arbeitsplätze bestimmte Anforderungsprofile zu definieren. Gerade bei Führungsaufgaben, bei denen eine erhebliche Anzahl von Mitarbeitern fachlich und disziplinarisch zu führen seien und die von besonderer Bedeutung für die Unternehmensorganisation seien, sei es nachvollziehbar, dass das Erfordernis eines entsprechenden Hochschulabschlusses aufgestellt werde. Soweit die Klägerin sich darauf berufe, sie könne die geforderten Qualifikationen auch durch angemessene Einarbeitung erreichen, bleibe sie eine Erklärung dafür schuldig, wie sie hierdurch einen Hochschulabschluss erreichen wolle. Unzutreffend sei, dass vergleichbare Stellen seinerzeit auch durch Mitarbeiter ohne einen entsprechenden Hochschulabschluss besetzt worden seien. Die völlig unsubstantiierte Behauptung der Klägerin sei nicht einlassungsfähig. Sie treffe aber auch nicht zu.

Zum angeblichen Verstoß gegen den MTV oder das Rationalisierungsabkommen beziehe sie, die Beklagte, sich auf ihren erstinstanzlichen Sachvortrag. Die Berufungsbegründung enthalte insoweit keine neuen Argumente.

Unzutreffend sei, dass sie, die Beklagte eine Sitzverlegung vollzogen habe. Seit ihrer Handelsregistereintragung im Juni 2001 in K1xx unterhalte sie dort ihren Sitz. Geschlossen worden sei lediglich mit der Niederlassung D1xxxxxx einer ihrer Betriebe. § 16 MTV sei somit nicht einschlägig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Der Sache nach bleibt die Berufung erfolglos. Das Arbeitsgericht hat die Feststellungsklage zu Recht abgewiesen. Denn die Kündigung vom 22.02.2005 ist sozial gerechtfertigt im Sinne des § 1 KSchG, das streitlos auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

1. Gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Diese Voraussetzungen sind im Hinblick auf die Kündigung vom 22.02.2005 gegeben. Unstreitig hat die Beklagte bereits im Jahre 2003 die Organisationsentscheidung getroffen, die Arbeitsplätze der in ihren Niederlassungen tätigen Bildungsreferenten bis zum Ende des Jahres 2003 entfallen zu lassen. Sie hat ferner auf der Grundlage des Interessenausgleichs und Sozialplans "Wachstumsstrategie G1xxxxx A1xxxxxxxx V3xxxxxxxxxxx AG" vom 17.12.2004 die Entscheidung getroffen, u.a. die Niederlassung in D1xxxxxx vollständig zu schließen und die Arbeitsplätze aller Mitarbeiter in der Niederlassung D1xxxxxx mit Ablauf des 30.09.2005 entfallen zu lassen. Diese Maßnahmen, die streitlos streitig umgesetzt worden sind, stellen zweifellos dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG dar, die einer Weiterbeschäftigung der Klägerin in der Niederlassung D1xxxxxx entgegenstehen. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt. Die erkennende Kammer folgt insoweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

2. Entgegen der Auffassung der Klägerin konnte die Kündigung nicht durch Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen der Beklagten vermieden werden. Auch dies hat das Arbeitsgericht überzeugend dargelegt.

a) Soweit die Klägerin zweitinstanzlich weiterhin die Auffassung vertritt, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihr die Position eines BOFF-Managers in der Hauptverwaltung K1xx anzubieten, muss sie sich entgegenhalten lassen, dass für diese Stellen als Einstellungsvoraussetzung ein juristischer oder wirtschaftswissenschaftlicher (Fach-) Hochschulabschluss gefordert ist. Über diese Qualifikation verfügt die Klägerin nicht. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass es ihr frei steht, für die in ihrer Organisation eingerichteten Arbeitsplätze bestimmte Anforderungsprofile zu definieren. Dies kann nicht als willkürlich bezeichnet werden.

Der Einwand der Klägerin, vergleichbare Stellen seien "zumindest bis zum damaligen Zeitpunkt bei der Beklagten auch durch Führungskräfte, die nicht über einen (Fach-) Hochschulabschluss verfügten, besetzt" worden, ist unsubstantiiert. Im Übrigen ist die Beklagte nicht gehindert, mit Wirkung für die Zukunft für bestimmte Arbeitsplätze Anforderungsprofile neu zu definieren und dabei höhere Qualifikationsanforderungen als möglicherweise in der Vergangenheit aufzustellen. Vor allem bei Arbeitsplätzen für Führungskräfte, um die es vorliegend geht, kann die Beklagte nicht gehindert sein, bestimmte Hochschulabschlüsse im Rahmen der Aufstellung von Anforderungsprofilen bei künftiger Besetzung zu fordern.

Soweit der Arbeitsplatz in Frage steht, den die Beklagte der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 22.02.2005 angeboten hat, hat die Klägerin dieses Angebot nicht einmal unter Vorbehalt angenommen. Auch den Arbeitsplatz in der sogenannten BOFF-Ausbildung in K1xx, den die Beklagte der Arbeitnehmer S5xxx V1xx angeboten hatte, hat die Klägerin als unangemessen abgelehnt. Andere freie Arbeitsplätze im Unternehmen der Beklagten, die der Klägerin zur Vermeidung der Kündigung vom 22.02.2005 hätten angeboten werden müssen, waren für die erkennende Kammer nicht ersichtlich.

3. Da zum 30.09.2005 die Arbeitsplätze sämtlicher Arbeitnehmer der Niederlassung in D1xxxxxx entfallen sind, da dieser Betrieb geschlossen worden ist, scheidet eine Sozialauswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG aus.

4. Entgegen der Auffassung der Klägerin steht ihr der Sonderkündigungsschutz gemäß § 15 Abs. 3 des MTV für das private Versicherungsgewerbe nicht zu. Zwar gehört die Klägerin dem Unternehmen der Beklagten mehr als 25 Jahre an, so dass ihr grundsätzlich nur noch aus wichtigem Grunde gekündigt werden könnte. Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 2 b des MTV gilt diese Einschränkung aber nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung der/des Angestellten an ihrem/seinem bisherigen Arbeitsplatz in Folge einer Rationalisierungsmaßnahme i.S.v. § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens oder sonstigen betrieblichen Gründen nicht möglich ist und die Kündigung nicht durch eine Maßnahme entsprechend dem Rationalisierungsschutzabkommen vermieden werden. Diese Voraussetzungen sind im Falle der Klägerin gegeben.

a) Nicht zweifelhaft kann sein, dass es sich bei der Schließung der Niederlassung der Beklagten in D1xxxxxx, die eine Weiterbeschäftigung der Klägerin an ihrem bisherigen Arbeitsplatz unmöglich gemacht hat, um eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des § 2 des Rationalisierungsschutzabkommens für das private Versicherungsgewerbe gehandelt hat.

b) Ist eine Maßnahme im Sinne des Rationalisierungsschutzabkommens gegeben, so ist die Beklagte zwar grundsätzlich zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verpflichtet, allerdings nur nach Maßgabe der Regelungen in § 5 des genannten Abkommens. Dem hat die Beklagte insoweit Rechnung getragen, als sie der Klägerin mit der Änderungskündigung vom 22.02.2005 die Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen in K1xx angeboten hat. Dieses Angebot hat die Klägerin auch nicht unter Vorbehalt angenommen. Den weiteren freien Arbeitsplatz in K1xx, den die Beklagte der Arbeitnehmerin S5xxx V1xx angeboten hat, hat die Klägerin ebenfalls als unangemessen abgelehnt.

c) Da andere freie, geeignete und zumutbare Arbeitsplätze nicht ersichtlich sind, konnte die Kündigung der Klägerin weder durch Weiterbeschäftigung an ihrem bisherigen Arbeitsplatz noch durch eine Maßnahme entsprechend dem Rationalisierungsschutzabkommen vermieden werden. Dementsprechend kommt die Einschränkung des § 15 Abs. 3 Satz 1, dass die Klägerin nur aus wichtigem Grunde gekündigt werden kann, nicht zum Tragen.

5. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist § 16 Abs. 2 des MTV nicht einschlägig. Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass sie ihren Sitz seit ihrer Handelsregistereintragung im Juni 2001 in K1xx hat. Hieran hat sich durch die Schließung der Niederlassung der Beklagten in D1xxxxxx nichts geändert.

6. Die Beklagte hat auch den Betriebsrat entsprechend den Bestimmungen des § 102 BetrVG ordnungsgemäß angehört. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Einwende hiergegen macht die Berufung nicht geltend. Die erkennende Kammer verweist deshalb auch insoweit auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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