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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 13.08.2009
Aktenzeichen: 16 Sa 1729/08
Rechtsgebiete: TV-Ärzte-KF


Vorschriften:

TV-Ärzte-KF § 11
Der TV-Ärzte-KF gilt nicht im Ganzen für Ärzte, deren Arbeitsverhältnis bis zum 30.06.2007 unter den BAT-KF fiel und die in Heimen der Behindertenhilfe tätig sind. Aus dem TVÜ-Ärzte-KF lässt sich ein solcher Anspruch nicht ableiten, da er lediglich die Vergütung der Ärzte betrifft. Diese richtet sich allerdings auch für Ärzte, die nicht an Krankenhäusern tätig sind, nach § 11 TV-Ärzte-KF.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 08.10.2008 - 6 Ca 1586/08 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Streitwert: 20.160,00 €

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Frage, welche Arbeitsvertragsbedingungen, ob der BAT-KF neu oder der TV-Ärzte-KF, auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

Die am 12.01.1959 geborene Klägerin ist Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie. Sie ist seit dem 01.01.1991 bei der Beklagten tätig. Ihr Arbeitsverhältnis richtet sich nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag vom 03.06.1997, der in § 1 Abs. 3 die Geltung der Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages in der für die Angestellten im Bereich der E4 Kirche von Westfalen jeweils geltenden Fassung (BAT-KF) sowie die sonstigen für die Angestellten im Bereich der E4 Kirche von Westfalen beschlossenen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, wie sie aufgrund des Kirchengesetzes über das Verfahren zur Regelung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter im kirchlichen Dienst (ARRG) geregelt sind, vorsieht. Im Übrigen wird auf Bl. 5 - 7 d.A. zu den weiteren Einzelheiten des schriftlichen Arbeitsvertrages Bezug genommen. Er bezog sich auf eine Tätigkeit der Klägerin als Oberärztin, die sie im Stiftungsbereich Integrationshilfen ausübte. Mit Wirkung zum 01.08.2006 wurde sie in den Stiftungsbereich Behindertenhilfe versetzt, womit ein Wegfall der Funktion als Oberärztin verbunden war. Auf ihre Eingruppierung hatte dies keine Auswirkungen. Die Klägerin ist in Teilzeit mit einer Arbeitszeit von 80 % einer Vollzeitstelle beschäftigt.

Die Beklagte ist eine kirchliche Stiftung privaten Rechts mit etwa 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ihr breit gefächertes Aufgabenfeld hat sie in verschiedene Stiftungsbereiche aufgeteilt. Der Stiftungsbereich Behindertenhilfe, in dem die Klägerin tätig ist, verfügte im Jahre 2008 über insgesamt 1.608 Plätze. Neben den Heimen, in denen 1.204 Bewohner untergebracht werden können, gibt es im Bereich der Behindertenhilfe ein Fachkrankenhaus, das 404 Plätze hat. Die Klägerin ist überwiegend im Heimbereich tätig, im Bereich des Fachkrankenhauses wird sie zu 25 bis 30 % eingesetzt. Das Fachkrankenhaus im Bereich der Behindertenhilfe ist im Krankenhausbedarfsplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen.

Im Stiftungsbereich Behindertenhilfe sind etwa 2.000 Beschäftigte tätig. Es ist eine Mitarbeitervertretung gebildet.

Nachdem in der Arbeitsrechtlichen Kommission eine Einigung über die Neufassung des BAT-KF nicht zustande gekommen war, beschloss die Arbeitsrechtliche Schiedskommission für Rheinland-Westfalen-Lippe in ihrer Sitzung am 22.10.2007 den BAT-KF/MTArb-KF gemäß der Vorlage Nr. 13/2007 einschließlich der Übergangsregelungen zu ändern. Die Änderungen und die Übergangsregelungen sollten am 01.07.2007 in Kraft treten. Ob und inwieweit durch die Arbeitsrechtliche Kommission am 21.11.2007 eine redaktionelle Überarbeitung bzw. eine Änderung der Vorlage Nr. 13/2007 beschlossen worden ist, ist zwischen den Parteien streitig. Im Kirchlichen Amtsblatt vom 14.12.2007 wurde sowohl der Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission veröffentlicht als auch der Text einer redaktionellen Anpassung der Arbeitsrechtsregelung zur Neufassung des BAT-KF, des MTA-KF und der Übergangsregelungen.

Mit der Neufassung des BAT-KF wurde für Ärzte als Anlage 6 eine besondere Regelung beschlossen, den TV-Ärzte-KF neu. Die Überleitungsregelung für Ärzte, der TVÜ-Ärzte-KF, ist in Anlage 7 zum BAT-KF enthalten. Mit einem an alle Ärzte und Ärztinnen des Stiftungsbereichs Behindertenhilfe gerichteten Schreiben des Leitenden Arztes Prof. Dr. S2 vom 08.11.2007 (Bl. 207 d.A.) informierte dieser die Ärztinnen und Ärzte über die wesentlichen Inhalte der neuen Bestimmungen. Zugleich heißt es in diesem Schreiben, dass noch keine Aussagen möglich seien, zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form die rückwirkende Abwicklung der neuen Regelungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung umgesetzt werden könne. Mit weiterem Schreiben vom 12.11.2007 (Bl. 210 d.A.) teilte der Leitende Arzt des Weiteren mit, dass ab sofort alle Ärztinnen und Ärzte, die eine Vollzeitstelle hätten, 42 Wochenstunden arbeiten sollten. Später teilte die Beklagte mit, dass diese Mitteilung irrtümlich erfolgt sei. Der TV-Ärzte-KF finde auf Ärzte, die nicht an Krankenhäusern tätig seien, keine Anwendung. Die Eingruppierung der Klägerin nahm die Beklagte in die Entgeltgruppe 15 der Berufsgruppe 6 - Mitarbeiterinnen mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulausbildung - des Allgemeinen Entgeltgruppenplans zum BAT-KF neu vor. Mit ihrer am 10.06.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin die Feststellung, dass der TV-Ärzte-KF seit dem 01.07.2007 auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finde.

Die Klägerin hat sich darauf berufen, dass aus dem eindeutigen und zweifelsfreien Wortlaut des § 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF folge, dass alle Ärzte, die am 30.06.2007 im Arbeitsverhältnis gestanden hätten und dem BAT-KF unterlegen seien, unabhängig vom konkreten Tätigkeitsbereich am 01.07.2007 in den TVÜ-Ärzte-KF übergeleitet werden sollten.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 01.07.2007 in den TV-Ärzte-KF übergeleitet ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich darauf bezogen, dass die Klägerin nicht an einem Krankenhaus im Sinne der tariflichen Regelungen beschäftigt sei.

Durch Urteil vom 08.10.2008, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Grundlage für die Beurteilung der Rechtssituation der BAT-KF neu in der Fassung sei, wie er im Kirchlichen Amtsblatt vom 14.12.2007 bekannt gemacht worden sei. Auf die Arbeitsverhältnisse aller Arbeitnehmer finde der BAT-KF neu Anwendung, lediglich für Ärzte und Zahnärzte an Krankenhäusern würden diese Regelungen im Wesentlichen vollständig durch die Anlage 6 ersetzt. Eine Anwendung der Anlagen 6 und 7 auf das Arbeitsverhältnis setze voraus, dass dieses aufgrund der Übergangsregelung zum BAT-KF neu bzw. des Anwendungsbereiches des BAT-KF neu gemäß § 1 BAT-KF neu diesen Anlagen zugeordnet werde. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.

Gegen das ihr am 30.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17.11.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 30.01.2009 fristgerecht begründet.

Die Klägerin rügt, dass das Arbeitsgericht seiner Entscheidung als unstreitig unterstellt habe, dass die Arbeitsrechtliche Kommission bzw. die Schiedskommission den BAT-KF in der von der Beklagten behaupteten - sogenannten einschränkenden - Fassung verabschiedet hätten. Die Arbeitnehmerseite habe mit ihrem unverändert durch die Schiedskommission beschlossenen Antrag durchaus sicherstellen wollen, dass alle zum 01.07.2007 bereits tätigen Ärzte bezogen auf die Überleitung hätten gleichbehandelt werden sollen. Aus diesem Grunde sei die im Antrag der Arbeitnehmerseite enthaltene - von der Schiedskommission so verabschiedete - Überleitungsbestimmung im TVÜ-Ärzte-KF weiter gefasst als der Anwendungsbereich des TV-Ärzte-KF selbst. Aus dem gleichen Grunde enthielte der Allgemeine BAT-KF neu auch keine weitergehenden Überleitungsbestimmungen für Ärzte. Die Änderung in den Überleitungsbestimmungen des BAT-KF neu mit der Einfügung der Worte "an Krankenhäusern" beruhe gerade nicht auf dem Beschluss der Schiedskommission bzw. der Arbeitsrechtlichen Kommission. Dies folge aus den von der Beklagten zur Änderung des Entgeltgruppenplans Nr. 6 im Parallelverfahren 5 Ca 1585/08, 16 Sa 1993/03 vorgelegten Unterlagen, die eine Beschlussfassung zu diesen Punkten gerade nicht vorgesehen hätten. Auf die Veröffentlichung im Kirchlichen Amtsblatt käme es entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht maßgeblich an. Im Übrigen sei der Ansicht des Arbeitsgerichts, dass die Überleitungsbestimmungen im TVÜ-Ärzte-KF keinesfalls zu einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des TV-Ärzte-KF führen sollten bzw. dürften, nicht zu folgen. In einem solchen Fall wäre der TVÜ-Ärzte-KF völlig überflüssig, denn die vom Arbeitsgericht inhaltlich für zutreffend erachtete Überleitung folge ja bereits aus den Überleitungsbestimmungen zum BAT-KF selbst. Nur für die ab dem 01.07.2007 einzustellenden Ärzte käme es hinsichtlich der Anwendung des TV-Ärzte-KF darauf an, ob diese an einem Krankenhaus tätig seien oder nicht. Das Arbeitsgericht habe außerdem nicht hinreichend gewürdigt, dass sich ihre überwiegend im sogenannten Heimbereich erbrachte Tätigkeit von Inhalt und Struktur nicht wesentlich von dem der Ärzte an Krankenhäusern unterscheide. Zwischenzeitlich habe die Arbeitsrechtliche Kommission eine eigene Definition des Krankenhausbegriffes vorgenommen, die auf alle Einrichtungen, in denen sie selbst bei der Beklagten tätig sei, zutreffe.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 08.10.2008 - 6 Ca 1586/08 - festzustellen, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.07.2007 der TV-Ärzte-KF (Anlage 6 zum BAT-KF) Anwendung findet.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behauptet, die Arbeitsrechtliche Kommission habe in ihrer Sitzung am 21.11.2007 rückwirkend zum 01.07.2007 den Text der Vorlage 13/2007 redaktionell überarbeitet sowie im Interesse der Vereinfachung der Abwicklung der Rückwirkung der Umstellung ergänzende Übergangsregelungen beschlossen. Diese Fassungen seien im Kirchlichen Amtsblatt vom 14.12.2007 veröffentlicht. In ihrer Sitzung vom 31.01.2008 habe die rheinisch-westfälisch-lippische Arbeitsrechtliche Kommission beschlossen, im Entgeltgruppenplan Nr. 6 eine Ergänzung um die Anmerkung 3 vorzunehmen.

Zum weiteren Sachvortrag der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Das Arbeitsgericht hat das Feststellungsbegehren der Klägerin zu Recht zurückgewiesen. Dieses hat es dahingehend ausgelegt, dass die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sich ihr Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des TV-Ärzte-KF richtet. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin diese Auslegung bestätigt und ihren Antrag dahingehend präzisiert, dass sie die Feststellung begehrt, dass auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.07.2007 der TV-Ärzte-KF (Anlage 6 zum BAT-KF) Anwendung findet. Diesem Antrag kann jedoch nicht entsprochen werden.

I

Die Feststellungsklage ist, wovon auch das Arbeitsgericht ausgegangen ist, entsprechend der in der mündlichen Verhandlung am 13.08.2009 vorgenommenen Präzisierung, nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

Zwar muss ein Feststellungsantrag im Sinne des § 256 ZPO auf das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet sein. Damit soll jedoch nur ausgeschlossen werden, dass einzelne Vorfragen oder Elemente eines Rechtsverhältnisses und abstrakte Rechtsfragen zum Gegenstand einer Feststellungsklage gemacht werden. Als Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 ZPO wird deshalb auch der einzelne aus ihm entspringende An-spruch angesehen. Mit ihrem Antrag begehrt die Klägerin die gerichtliche Entscheidung darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis inhaltlich durch den TV-Ärzte-KF bestimmt ist. Die Parteien streiten deshalb über das Bestehen einer konkreten Anspruchs- und Pflichtenbeziehung (vgl. BAG vom 16.09.1998, 5 AZR 183/97, NZA 1999, 384).

II

Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Dies gilt auch dann, wenn der Sachvortrag der Klägerin - soweit er streitig ist - zu ihren Gunsten der Entscheidung zugrunde gelegt wird. Das Ergebnis folgt aus der Auslegung der auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findenden Bestimmungen des Kirchlichen Regelungswerks.

1) Bei diesem als "Tarifvertrag" bezeichneten Regelungswerk für kirchliche Beschäftigte oder Beschäftigtengruppen handelt es sich um Kollektivvereinbarungen besonderer Art, in denen allgemeine Bedingungen für die Vertragsverhältnisse der bei den Kirchen beschäftigten Arbeitnehmer durch die paritätisch zusammengesetzten arbeitsrechtlichen Kommissionen festgelegt werden (vgl. BAG vom 26.10.2006, 6 AZR 307/06, NZA 2007, 1179 m.w.N.). Diesen Regelungen kommt allerdings keine normative Wirkung zu. Sie finden - wie vorliegend - auf das Arbeitsverhältnis nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme Anwendung. Auch wenn das der Fall ist und die Auslegung von Normen anderen Regeln als die Auslegung von Verträgen folgt, so finden jedenfalls in den Fällen, in denen die kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen Tarifverträgen nachgebildet sind, auf die Auslegung dieser Allgemeinen Vertragsregelungen die gleichen Grundsätze wie sie für die Tarifauslegung maßgeblich sind Anwendung (BAG vom 26.10.2006, 6 AZR 307/06, aaO., vom 14.01.2004, 10 AZR 188/03, AP Nr. 3 zu AVR Caritasverband Anlage 1). Danach ist vom Wortlaut der Regelung auszugehen und anhand dessen der Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Wortlaut zu haften. Der wirkliche Wille der Richtliniengeber und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Bestimmungen ist mit zu berücksichtigen soweit sie in den Vorschriften der Regelung ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist auch auf den systematischen Zusammenhang. Verbleibende Zweifel können durch die Heranziehung weiterer Auslegungskriterien wie der Entstehungsgeschichte der Regelung oder einer praktischen Handhabbarkeit geklärt werden (vgl. BAG vom 23.09.2004, 6 AZR 430/03, EzA BGB 2002 Kirchlicher Arbeitnehmer Nr. 11). Im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (BAG vom 24.09.2008, 10 AZR 190/08, NZA-RR 2009, 107).

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Das von der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission beschlossene Regelungswerk ist den Tarifverträgen des Öffentlichen Dienstes nachempfunden. Erstmalig ist für Ärzte und Ärztinnen an Krankenhäusern im Bereich der VKA ein eigenständiges Tarifwerk geschaffen worden. Dem entsprechen die für kirchliche Arbeitgeber beschlossenen Regelungen.

2) Der TV-Ärzte-KF findet nicht schon deshalb auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin Anwendung, weil dieses von seinem Geltungsbereich erfasst worden wäre.

a) Nach § 1 Abs. 1 TV-Ärzte-KF in der im Kirchlichen Amtsblatt vom 14.12.2007 veröffentlichten Fassung gilt dieser für Ärzte, die "an Krankenhäusern" tätig sind. Dieser Zusatz war auch in der ursprünglichen, von der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission verabschiedeten Fassung des § 1 Abs. 1 TV-Ärzte enthalten. Dies wird von der Klägerin auch nicht bestritten. Sie verweist lediglich darauf, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 des BAT-KF einen solchen Zusatz ursprünglich nicht enthielt.

§ 1 Abs. 3 BAT-KF lautet in der im Kirchlichen Amtsblatt vom 14.12.2007 veröffentlichten Fassung wie folgt:

"Die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte sowie der Zahnärztinnen und Zahnärzte an Krankenhäusern richtet sich ausschließlich nach der Anlage 6 (TV-Ärzte-KF). Die Überleitung der vorhandenen Mitarbeitenden richtet sich ausschließlich nach der Anlage 7 (TVÜ-Ärzte-KF)."

Für die Bestimmung des Geltungsbereichs des TV-Ärzte-KF kommt es auf § 1 Abs. 3 BAT-KF neu nicht an. Für den TV-Ärzte KF war von vornherein klar, dass es nur für Ärztinnen und Ärzte an Krankenhäusern geltend sollte. Dies ergibt sich nicht nur aus dem in § 1 Abs. 1 TV-Ärzte-KF ausdrücklich festgelegten Geltungsbereich, sondern auch aus dem Inhalt der getroffenen Regelungen, die auf die Arbeitsbedingungen der Krankenhausärzte und -Ärztinnen zugeschnitten sind. Mit dieser Regelung stände § 1 Abs. 3 Satz 1 BAT-KF neu im Widerspruch, wäre er dahingehend zu verstehen, dass die Arbeitsverhältnisse aller Ärzte, die im Dienst eines vom BAT-KF neu erfassten kirchlichen Arbeitgebers stehen, sich nach dem TV-Ärzte-KF richtet, unabhängig davon, welcher Tätigkeit sie nachgehen. Neben der hier in Frage stehenden Tätigkeit in Heimen der Behindertenhilfe ist ärztliche Tätigkeit z.B. auch im Verwaltungsbereich denkbar. Es ist kaum anzunehmen, dass durch § 1 Abs. 3 Satz 1 BAT-KF neu für die Arbeitsverhältnisse solcher Ärzte und Ärztinnen konstitutiv die Anwendung des TV-Ärzte-KF bewirkt werden sollte. Auch wenn der Zusatz "an Krankenhäusern" nicht verbindlich in den Text des § 1 Abs. 3 Satz 1 BAT-KF neu aufgenommen worden wäre, weil es womöglich an einer formell wirksamen Beschlussfassung der Arbeitsrechtlichen Kommission am 21.11.2007 fehlen würde, so wäre diese Bestimmung dennoch dahingehend auszulegen, dass die Anlage 6, der TV-Ärzte-KF, nur die unter den Geltungsbereich dieses Regelungswerks fallenden Ärzte erfassen sollte. Dies entspricht nicht nur den oben zitierten Auslegungsregeln, wonach einem sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Auslegungsergebnis der Vorzug zu geben ist. Es wird auch unterstützt durch Satz 2 des § 1 Abs. 3 BAT-KF neu, der für die Überleitung der "vorhandenen Mitarbeitenden" bestimmt, dass sich dieser ausschließlich nach der Anlage 7, dem TVÜ-Ärzte-KF richtet. Der Geltungsbereich dieses Regelungswerks ist jedoch weiter gefasst als der des TV-Ärzte-KF, wie noch im Einzelnen auszuführen sein wird.

Im Ergebnis macht auch die Klägerin nicht geltend, dass § 1 Abs. 3 Satz 1 BAT-KF neu in der von der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission verabschiedeten Fassung die Bedeutung besitzt, dass sich die Arbeitsverhältnisse aller Ärztinnen und Ärzte sowie Zahnärztinnen und Zahnärzte ausschließlich nach der Anlage 6 richten sollten. Sie hält dies vielmehr für einen Gesichtspunkt, der für die Auslegung des Überleitungstarifvertrages - TVÜ-Ärzte-KF - von Bedeutung ist.

b) Die Klägerin ist nicht an einem Krankenhaus tätig. Sie ist überwiegend im sogenannten Heimbereich der Behindertenhilfe eingesetzt. Zwar beruft sie sich darauf, dass ihre Tätigkeit sich von Inhalt und Struktur nicht wesentlich von dem der Ärzte an Krankenhäusern unterscheidet. Hierauf kommt es jedoch nicht an. Für die Anwendung des TV-Ärzte-KF ist ausdrücklich darauf abgestellt, dass es sich um eine Tätigkeit "an Krankenhäusern" handelt. Eine Gleichstellung der Ärzte, die im Heimbereich eingesetzt sind, mit denen, die an Krankenhäusern tätig sind, ist hinsichtlich der Anwendung des TV-Ärzte-KF nicht erfolgt.

Der Klägerin kann auch nicht darin gefolgt werden, dass die zum 01.01.2010 wirksam werdende Änderung des § 6 BAT-KF neu zur Folge hätte, dass ihre Tätigkeit im Heimbereich zur Anwendung des TV-Ärzte-KF führt. Unabhängig von der Frage, dass es sich hierbei um eine künftige Regelung handelt, gilt diese Protokollerklärung nur in Bezug auf die regelmäßige Arbeitszeit.

3) Ebenso wenig kann die Klägerin ihr Feststellungsbegehren allerdings auf den Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte (TVÜ-Ärzte-KF) in den TV-Ärzte KF stützen.

a) Der TVÜ-Ärzte-KF gilt nach § 1 Abs. 1 ohne Einschränkung für alle Ärztinnen und Ärzte, deren Arbeitsverhältnis über den 30.06.2007 hinaus fortbesteht und die am 01.07.2007 unter den Geltungsbereich des BAT-KF fallen. Zu diesem Personenkreis gehört die Klägerin. Der Geltungsbereich dieses Überleitungstarifvertrages ist nicht auf Ärzte an Krankenhäusern beschränkt. Dies kann sogar dann angenommen werden, wenn davon ausgegangen wird, dass ein formell wirksamer Beschluss der Rheinisch-Westfälisch-Lippischen Arbeitsrechtlichen Kommission über die Anpassung und Änderung des durch die Arbeitsrechtliche Schiedskommission verabschiedeten Regelungswerks vorliegt. In § 1 TVÜ-Ärzte-KF ist, entgegen der Handhabung in anderen Bestimmungen, der Zusatz "an Krankenhäusern" nicht aufgenommen worden. Nach dem Wortlaut dieser arbeitsrechtlichen Regelung ist damit davon auszugehen, dass die überwiegend im Heimbereich tätige Klägerin unter den Geltungsbereich des TVÜ-Ärzte-KF fällt.

b) Dieses Zwischenergebnis hat jedoch nicht zur Folge, dass auf ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.07.2007 die Anlage 6 zum BAT-KF, der TV-Ärzte-KF Anwendung findet. Der Regelungsgegenstand des TVÜ-Ärzte-KF umfasst nicht die Anwendbarkeit des TV-Ärzte-KF im Ganzen. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der getroffenen Regelung, die sich auch dann als sinnvoll erweist, wenn ihr eine nur eingeschränkte Bedeutung zukommt als auch aus systematischen Zusammenhängen.

aa) Die im Abschnitt II des TVÜ-Ärzte-KF enthaltenen Überleitungsregelungen haben den folgenden Wortlaut:

"§ 2

Überleitung in den TV-Ärzte-KF

Die von § 1 Absatz I erfassten Ärzte werden am 1. Juli 2007 gemäß den nachfolgenden Regelungen in den TV-Ärzte-KF übergeleitet.

§ 3

Eingruppierung

(1) Die Ärzte werden derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Dabei werden Ärzte der Vergütungsgruppe II in die Entgeltgruppe 1 und Ärzte der Vergütungsgruppe Ib BAT-KF in die Entgeltgruppe 2 eingruppiert. Ärzte der Vergütungsgruppe Ia BAT-KF werden in die Entgeltgruppe 3 eingruppiert, es sei denn, sie sind überwiegend in Assistenzarzt-/Stationsarztfunktion tätig; als Assistenzarzt/Stationsarzt gelten Ärzte nicht, die mehrmals monatlich im fachärztlichen Hintergrunddienst Aufsicht führend eingesetzt oder mit der fachlichen Beaufsichtigung anderer Ärzte beauftragt sind. Ärzte der Vergütungsgruppe I BAT-KF werden in die Entgeltgruppe 4 eingruppiert.

(2) Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung gilt § 15 Absatz 2 TV-Ärzte-KF."

Wie dem Hinweis auf die Überleitung "gemäß den nachfolgenden Regelungen" in § 2 zu entnehmen ist, findet keine Überleitung in das Gesamtregelungswerk des TV-Ärzte-KF statt. Die Überleitung betrifft nach § 3 lediglich die in § 11 TV-Ärzte-KF geregelte Eingruppierung und in diesem Zusammenhang § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF für die zur Stufenbildung anrechenbaren Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit.

bb) Das damit gefundene Ergebnis ist sachgerecht. Die von der Klägerin reklamierte Besitzstandswahrung findet bei der Vergütung statt, die auf eine Tätigkeit im Krankenhaus zugeschnittenen weiteren Regelungen des TV-Ärzte KF gelten dagegen für sie nicht. Dies bedeutet, dass die regelmäßige Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten nach § 6 Abs. 1 BAT-KF neu 38,5 Stunden beträgt, wohingegen die regelmäßige Arbeitszeit für Ärzte an Krankenhäusern mit 42 Wochenstunden festgelegt ist (§ 5 Abs. 1 TV-Ärzte-KF), die durch Dienstvereinbarung allerdings auf 40 Stunden herabgesetzt werden kann. In das Tabellenentgelt für Ärzte an Krankenhäusern ist die Erhöhung der Arbeitszeit gegenüber der für sie früher geltenden 38,5 Stundenwoche eingerechnet. Ausweislich der in den Anlagen A 1 und A 2 zum TV-Ärzte-KF enthaltenen Entgelttabellen gelten die dort ausgewiesenen Monatsbeiträge bei 42 Wochenstunden. Dies hat zur Folge, dass sich bei einer geringeren Arbeitszeit, wie sie durch Dienstvereinbarung auch für Ärzte an Krankenhäusern vorliegen kann, und wie sie für Ärzte in anderen Bereichen gilt, das monatliche Entgelt zeitanteilig zu mindern ist.

cc) Der systematische Zusammenhang der verschiedenen tariflichen Übergangsregelungen bestätigt ebenfalls das gefundene Ergebnis. Nach § 1 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF fallen unter diese Überleitungsregelung diejenigen Ärztinnen und Ärzte, deren Arbeitsverhältnis über den 30.06.2007 hinaus fortbesteht und die am 01.07.2007 unter den Geltungsbereich des BAT-KF fallen. Bei Letzterem handelt es sich um die Neufassung des BAT-KF, die mit Wirkung vom 01.07.2007 wirksam geworden ist. Dies bedeutet, dass Ärzte an Krankenhäusern durch den in § 1 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF geregelten Geltungsbereich nicht erfasst sind. Hierfür bedurfte es einer weiteren Regelung, die sich in § 11 der Arbeitsrechtsregelung zu Übergangsregelungen im Zuge der Neufassung des BAT-KF und MTArb-KF findet. Danach richtet sich die Überleitung der vorhandenen Ärztinnen/Ärzte und Zahnärztinnen/Zahnärzte ausschließlich nach der Anlage 7 zum BAT-KF (TVÜ-Ärzte-KF). Die §§ 1 bis 10 der Übergangsregelung finden keine Anwendung. Diese Bestimmung ist auch dann keine bloße Wiederholung der Überleitungsregelungen des TVÜ-Ärzte-KF, wenn der später hinzugefügte Zusatz "an Krankenhäusern" nicht mitgelesen wird. Wie soeben dargestellt, findet nach seinem Geltungsbereich der TVÜ-Ärzte-KF nur auf diejenigen Ärzte Anwendung, die am 01.07.2007 unter den Geltungsbereich des BAT-KF fallen. Dies sind jedoch nicht die Ärzte an Krankenhäusern, für die der TV-Ärzte-KF gilt. Indem § 11 der Allgemeinen Übergangsregelung bestimmt, dass die Überleitung der vorhandenen Ärzte und Ärztinnen, also aller bereits beschäftigten Ärzte und Ärztinnen sich nach der Anlage 7 zum BAT-KF, dem TVÜ-Ärzte-KF, richtet, werden auch die sonst nicht erfassten Ärzte an Krankenhäusern einbezogen, ohne dass dies ausdrücklich im § 11 niedergelegt sein musste. Auch für diese ist die Überleitung nach Abschnitt II vorzunehmen, für sie richtet sich die Besitzstandswahrung nach Abschnitt III des TVÜ-Ärzte-KF.

dd) Dem gefundenen Ergebnis steht nicht entgegen, dass Mitarbeitende nach § 19 BAT-KF neu einen Anspruch auf Jahressonderzahlung haben, dieser für Ärzte an Krankenhäusern nach § 19 TV-Ärzte-KF jedenfalls bis zum 31.12.2009 nicht gewährt wird. Dies hat seinen Grund darin, dass in das Tabellenentgelt die bis dahin auch an alle Ärzte gezahlte Jahressonderzahlung eingearbeitet worden ist. § 19 BAT-KF neu ist jedoch zu entnehmen, dass der Klägerin, wenn sich ihre Eingruppierung nach § 11 TV-Ärzte-KF richtet, keine Sonderzahlung zusteht. § 19 BAT-KF neu stellt für die Zahlung einer Sonderzahlung auf die im Allgemeinen Entgeltgruppenplan geregelten Entgeltgruppen ab. Sie beträgt für die Entgeltgruppen 13 bis 15 - die Klägerin ist der Entgeltgruppe 15 zugeordnet worden - 60 vom Hundert. Erhält die Klägerin aber kein Entgelt nach den Entgeltgruppen des Allgemeinen Entgeltgruppenplans, sondern entsprechend den Entgeltgruppen für Ärzte an Krankenhäusern, die mit Ä 1 bis Ä 4 bezeichnet sind, so ist hieraus erkennbar, dass ihr die Jahressonderzahlung nach § 19 BAT-KF neu nicht zustehen soll.

4) Keine einen Anspruch auf umfassende Anwendung des TV-Ärzte-KF begründenden Umstände kann die Klägerin aus den Schreiben des Leitenden Arztes Prof. Dr. S2 vom 08.11.2007 bzw. 12.11.2007 herleiten. Es handelt sich bei dem Schreiben vom 08.11.2007 um ein bloßes Informationsschreiben, das keine Aussagen zu einer von der Beklagten beabsichtigten umfassenden Anwendung der Anlage 6, des TV-Ärzte-KF, enthält. Mit Schreiben vom 12.11.2007 ist zwar die Arbeitszeit für alle Ärztinnen und Ärzte auf eine 42-Stunden-Woche bzw. für Teilzeitbeschäftigte auf einen zeitanteiligen Umfang heraufgesetzt worden. Dem Schreiben ist jedoch zu entnehmen, dass dies - vorsorglich - geschehen ist, um einem eventuellen gehaltsschädlichen Auflaufen von Minusstunden vorzubeugen. Zur Anwendbarkeit des TV-Ärzte-KF auf alle Ärztinnen und Ärzte, unabhängig davon, ob sie an Krankenhäusern beschäftigt sind, verhält sich dieses Schreiben nicht.

III

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Kammer hat die Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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