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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 17 Sa 1857/06
Rechtsgebiete: RatSchTV Ang


Vorschriften:

RatSchTV Ang § 3
RatSchTV Ang § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.11.2006 - 3 (5) Ca 1203/06 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Wesentlichen darüber, ob dass zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung der Beklagten beendet ist.

Der am 11.12.1955 geborene, verheiratete, gegenüber zwei Kindern unterhaltsverpflichtete Kläger ist seit dem 01.02.2004 bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses ist ein von beiden Parteien unterzeichneter Arbeitsvertrag (Blatt 4 der Akte), den die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 17.12.2003 (Blatt 32 der Akte) zusandte. Gemäß § 1 der Arbeitsvertrages wurde der Kläger als Sparkassenangestellter eingestellt. Gemäß § 2 des Vertrages richtet sich das Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des Bundesangestelltentarifvertrages vom 23.02.1961 und der zusätzlich abgeschlossenen Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung. Daneben finden die für den Bereich des Arbeitgebers jeweils in Kraft befindlichen sonstigen Tarifverträge Anwendung. Gemäß § 4 ist der Kläger gemäß § 22 BAT in die Vergütungsgruppe I (Stufe 12) BAT auf der Basis - verheiratet ohne Kinder - eingereiht.

Er war Abteilungsleiter der Zentralen Immobilien-Betreuung Betriebsstelle 720 und erzielte ein Bruttojahresgehalt von 106.000,00 Euro zuzüglich der von der Beklagten getragenen Beiträge zu einer Direktversicherung. Ein verheirateter, zwei Kindern unterhaltsverpflichteter Mitarbeiter erhält aus der Vergütungsgruppe I Stufe 10 BAT ein jährliches Bruttoeinkommen von 78.045,00 Euro (Blatt 102 der Akte).

Der Kläger war zuvor beschäftigt bei der D2 B2 AG, bei der W3 L2 bzw. W4 AG und der W3 I1 B2. Wegen seines beruflichen Werdegangs im Einzelnen wird auf die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.10.2006 vorgelegte Kopie seines Werdegangs (Blatt 109 der Akte) Bezug genommen.

Wegen des Anforderungsprofils für einen Geschäftsbereichsleiter der Betriebsstelle 720 wird auf das von der Beklagten mit Schriftsatz vom 20.10.2006 in Kopie vorgelegte Anforderungsprofil (Blatt 106-107 der Akte) verwiesen.

Gemäß ihrem Schreiben vom 06.10.2005 (Blatt 118 der Akte) leitete die Beklagte den Kläger mit Wirkung zum 01.10.2005 in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD - VKA) über und wies die Einordnung seiner Vergütung in die Entgeltgruppe 15 Ü Stufe 6 + aus.

Unter dem 20.05.2005 erstellte der Vorstand eine innerbetriebliche Mitteilung (Blatt 120-121 der Akte), mit der er die Anpassung der Aufbauorganisation zur Verbesserung der Betriebssteuerung, Erhöhung der Produktivität und der Arbeitsqualität, zur Reduzierung der Schnittstellen zwischen den Betriebsstellen und zur Erfüllung aufsichtsrechtlicher Anforderungen (z. B. MAK) ankündigte. Insbesondere sollten die Marktfolgefunktionen aus den Vertriebsbereichen BS 520, 530, 540, 670 und 720 in einer neuen Abteilung BS 590 gebündelt werden, um einheitliche Prozesse, klare Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten bis in den Vorstand zu schaffen.

Ausweislich des Beschlusses des Vorstandes der Beklagten Nummer 5 vom 06.06.2006 (Blatt 103 der Akte) beschloss dieser am 12.05.2005, die Sachbearbeitung für die BS 520, 530, 540, 650 und 720 zentral in einer eigenen Einheit, der BS 590 "Zentrale Sachverarbeitung SGF 3 - 6" zu bündeln und einen Wechsel der Mitarbeiter mit ihren Aufgaben in die neue BS zu veranlassen. Die BS 720 sollte zum 30.09.2006 aufgelöst und ihre Funktionen Kundenbetreuung in die BS 530/01 Unternehmenskunden und die Sachbearbeitung in die BS 590/03 Marktfolgen/Unternehmenskunden übergeleitet werden. Gemäß Ziffer 3.1 "Geschäftsbereichsleiter/Führungsaufgaben" sollte die Funktion des Geschäftsbereichsleiters der BS 720 ersatzlos entfallen.

Mit Schreiben vom 18.09.2006 (Blatt 105 der Akte) teilte die Beklagte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter anderem mit, die BS 720/Bauträger und Immobilienkunden sei aufgelöst.

Die Parteien verhandelten erfolglos über Möglichkeiten der Fortführung des klägerischen Arbeitsverhältnisses sowie über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung.

Ohne zuvor den Personalrat zu beteiligen, kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12.06.2006 (Blatt 6 der Akte) fristgerecht zum 31.12.2006.

Mit seiner am 16.06.2006 bei dem Arbeitsgericht Münster eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Kündigung.

Er hat die Auffassung vertreten, § 72 a Absatz 1 Satz 2 LPVG/NW sei auf sein Arbeitsverhältnis nicht anwendbar, da er ausweislich § 4 des Arbeitsvertrages keine über die höchste Vergütungsgruppe des BAT hinausgehende Vergütung erhalte.

Er hat behauptet:

Aufsichtsrechtliche Vorschriften des Kreditwesengesetzes zwängen die Beklagte nicht zu einer Organisationsänderung.

Selbst wenn sie die Betriebsstelle 720 neu zugeordnet haben sollte, so sei seine Beschäftigungsmöglichkeit nicht entfallen. Er habe nicht nur Leitungsaufgaben wahrgenommen, sondern sei überwiegend im operativen Geschäft tätig gewesen. Der Wegfall der Abteilung stelle im Übrigen eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Tarifvertrages über den Rationalisierungsschutz für Angestellte (RatSchTV Ang) vom 09.01.1987 in der Fassung vom 29.10.2001 dar. Von der Maßnahme der Beklagten seien allein in der Betriebsstelle 720 neben ihm noch neun weitere Mitarbeiter betroffen gewesen.

Die nunmehr mit neuen Aufgaben aus der Betriebsstelle 720 betrauten Mitarbeiter seien schon in der Vergangenheit ausgelastet gewesen. Eine Aufgabenübertragung ohne überobligatorische Belastung sei nicht möglich.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2006 beendet worden ist,

die Beklagte ist zu verurteilen, ihn als Sparkassenangestellten gemäß seinem Arbeitsvertrag in der zuletzt gültigen Fassung tatsächlich zu beschäftigen bis zur Rechtskraft eines Urteils in diesem Verfahren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, eine Beteiligung des Personalrats sei angesichts der Bruttojahresvergütung des Klägers nicht erforderlich gewesen.

Sie hat behauptet:

Gemäß § 25 a KWG seien die Kreditinstitute zur einer ordnungsgemäßen Geschäftsorganisation verpflichtet. Im Bereich des Kundenkreditgeschäfts habe die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) als Kontrollorgan die an die Organisation gestellten Anforderungen mit den "Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft (MAK)" konkretisiert. Publiziert seien die Mindestanforderungen in dem Rundschreiben der BaFin Nummer 34/2002 vom 20.12.2002. Die Mindestanforderungen seien dann übernommen worden in die aktuell gültigen "Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk - Rundschreiben der BaFin 18/2005 vom 20.12.2005).

Bei der Umsetzung der Mindestanforderungen seien die Kreditinstitute gehalten, eine Trennung bestimmter Funktion vorzunehmen. Durch Trennung einerseits der Votierung und andererseits der Bearbeitung von Krediten solle gewährleistet werden, dass diejenigen, die einen Kredit gewährten, nicht gleichzeitig für dessen Bearbeitung zuständig seien. Die notwendige Funktionstrennung habe auf verschiedenen Wegen erreicht werden können. Zum einen habe die Möglichkeit bestanden, die relevanten Funktionen/Aufgaben bei der Kreditgewährung (insbesondere Votierung und Bewilligung) zu trennen und einer vom Vertrieb unabhängigen Stelle zuzuordnen. Zum anderen habe es die Möglichkeit gegeben, eine klare Trennung von Vertrieb und nachgelagerten Marktfolgearbeiten (unter anderem Votierung und Bewilligung) herbeizuführen. Im Rahmen dieser Lösung könnten die Aufgaben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker auf die jeweiligen Kernbereiche ausgerichtet werden.

Sie habe sich deshalb entsprechend den Empfehlungen des Deutschen Sparkassen-Giroverbandes für die zweite Alternative entschieden.

Sie habe die zwei in der Betriebsstelle 720 beschäftigten Kundenbetreuer der Betriebsstelle 530, die fünf Sachbearbeiter der Betriebsstelle 590 zugeordnet. Die Sekretärin habe eine Sekretariatsstelle in einer anderen Betriebsstelle übernommen. Die Betriebsstelle selbst sei wie geplant zum 01.10.2006 entfallen. Damit bestehe auch keine Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger.

Wegen des Vortrags der Beklagten zum Fortfall der klägerischen Aufgaben bzw. hinsichtlich ihrer Übertragung auf andere Referatsleiter wird auf ihren Schriftsatz vom 20.10.2006 (Blatt 84-87 der Akte) Bezug genommen. Die Referatsleiter seien durch eine Neuorganisation im Jahre 2005 entlastet worden und hätten die ihnen zugewiesenen Aufgaben des Klägers ohne Überbeanspruchung übernehmen können. Das gelte auch für seine weiteren Aufgaben.

Eine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit bestehe nicht.

Die Auswahlentscheidung sei zu Recht auf den Kläger gefallen. Da er im Rahmen seines beruflichen Werdeganges ausschließlich im klassischen Kreditgeschäft tätig gewesen sei, bestünden Bedenken hinsichtlich seiner Vergleichbarkeit mit anderen Bereichsleitern. Mit einer Beschäftigungszeit von zwei Jahren, zwei Unterhaltspflichten und einem Alter von 50 Jahren sei er im Übrigen weniger schutzbedürftig als die anderen Bereichsleiter. Wegen des diesbezüglichen Vorbringens der Beklagten wird auf die mit Schriftsatz vom 20.10.2006 in Kopie vorgelegte Übersicht Bereichsleiter (Stand 30.06.2006) (Blatt 108 der Akte) Bezug genommen.

Ihre Maßnahme stelle keine Rationalisierung im Sinne des RatSchTV Ang dar, da sie nur aufsichtsrechtliche Vorgaben umgesetzt habe.

Mit Urteil vom 07.11.2006 hat das Arbeitsgericht Münster festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2006 sein Ende finden wird, und die Beklagte verurteilt, den Kläger als Sparkassenangestellten gemäß seinem Arbeitsvertrag in der zuletzt gültigen Fassung tatsächlich zu beschäftigen bis zur Rechtskraft des Urteils in diesem Verfahren.

Es hat ausgeführt:

Es könne dahinstehen, ob die Beklagte den Personalrat zu Recht nicht beteiligt habe. Die Kündigung sei nämlich sozial ungerechtfertigt nach § 1 Absatz 2 KSchG. Die Kündigung sei nicht durch betriebliche Gründe gerechtfertigt. Zwar sei es alleinige Aufgabe des Unternehmers zu entscheiden, wie er seinen Betrieb organisiere. Die Entscheidung, einen Arbeitsplatz entfallen zu lassen, stelle jedoch keine Unternehmerentscheidung dar, die eine Kündigung rechtfertigen könne. Die Beklagte habe sich zwar auf die Umorganisation der Betriebsstelle 720 und den Fortfall der Leitungsfunktion berufen. Sie habe allerdings nicht detailliert vorgetragen, wer die übrigen Aufgaben, die der Kläger unstreitig verrichtet habe, nunmehr wahrnehmen solle. Sie hätte vortragen müssen, welcher Mitarbeiter im Rahmen von wie viel Stunden seine Tätigkeiten übernommen habe. Weiterhin hätte sie darlegen müssen, dass die Übernahme dieser Tätigkeit ohne überobligatorische Mehrarbeit zu leisten gewesen sei.

Gegebenenfalls hätte sie den Kläger mit anderen Abteilungsdirektoren vergleichen müssen. Er sei immerhin schon langjährig im Bankgeschäft tätig und Kreditspezialist. Es sei nicht einzusehen, weshalb es im Hause der Beklagten für ihn keine Beschäftigungsmöglichkeit geben solle.

Der Weiterbeschäftigungsantrag sei begründet. Die Beklagte habe keine Gründe vorgetragen, die eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zur Rechtskraft des Urteils unzumutbar machten.

Wegen der Einzelheiten von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf das Urteil vom 07.11.2006, (Blatt 124-131 der Akte) Bezug genommen.

Gegen das ihr am 15.11.2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 27.11.2006 bei dem Landesarbeitsgericht eingehend Berufung eingelegt und diese am 15.01.2007 eingehend begründet.

Sie behauptet:

Die unternehmerische Entscheidung ihres Vorstandes, gemäß den Empfehlungen des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes die Betriebsstellen 520, 530, 540 und 650 sowie 720 neu zu ordnen, habe dazu geführt, dass in den Betriebsstellen 520, 530, 540 und 650 die Kundenbetreuer verblieben seien, während die Kreditsachbearbeiter aus diesen Betriebsstellen herausgelöst und in einer neuen Betriebsstelle 590 gebündelt worden seien. Deren Bereichsleiter sei K1 D4.

Der Betriebsstelle 590 seien 94 Mitarbeiterstellen zugewiesen worden. Aufgrund ihres Umfanges seien die Betriebsstellen in fünf Referate untergliedert worden (Stellen 590/01-590/05). Die Referate würden von Referatsleitern geführt. Gemäß der von ihr vorgelegten Bewegungsbilanz (Blatt 219 der Akte) seien die Mitarbeiter auf andere Betriebsstellen verteilt worden.

Die klägerischen Tätigkeiten hätten ohne weiteres verlagert werden können. Wegen des Umfanges der einzelnen Aufgaben des Klägers sowie der Neuzuordnung verweise sie auf die von ihr mit Schriftsatz vom 10.01.2007 vorgelegte Kopie "Verlagerung der Tätigkeiten Herrn D1. P1" (Blatt 221 der Akte).

Mit der Umorganisation seien andere Mitarbeiter nicht überobligatorisch belastet worden. Der Referatsleiter der Betriebsstelle 530/01 habe insgesamt 0,25 Mitarbeiterkapazitäten (MAK) hinzubekommen. Er sei um 0,35 MAK aufgrund des Vorstandsbeschlusses entlastet worden.

Der Referatsleiter der Betriebsstelle 590/03 sei mit zusätzlich 0,16 MAK belastet worden. Er sei bis dahin nicht ausgelastet gewesen (vergleiche Tätigkeitsaufschlüsselung Referatsleiter BS 590/03, Blatt 224 der Akte).

Der Referatsleiter der Betriebsstelle 590/01 sei mit 0,13 MAK belastet worden. Die Mehrbelastung sei jedoch durch das Ausscheiden von 2 Mitarbeiterinnen ausgeglichen worden.

Die Kundenbetreuer seien zuvor nicht voll ausgelastet gewesen (vergleiche Aufstellung Kunden/Betreuer-Relation vor und nach dem 30.06.2006, Blatt 225 der Akte).

Eine freie Stelle habe es für den Kläger nicht gegeben.

Der Kläger sei nicht vergleichbar mit den übrigen Bereichsleitern, soweit sie annähernd seine Jahresbruttovergütung erzielten. Er habe nämlich keinerlei Erfahrung im Filialbetrieb oder im kreditfernen Marktfolgegeschäft. Er wäre nicht in der Lage gewesen, sich innerhalb kürzester Zeit in die Aufgaben eines anderen Bereichsleiters einzuarbeiten.

Im Übrigen sei er sozial weniger schutzbedürftig als andere möglicherweise vergleichbare Mitarbeiter.

Der Leiter der Betriebsstelle 85 erziele aus der Vergütungsgruppe I a BAT nur eine Jahresvergütung von etwa 79.000,00 Euro.

Die Beklagte begehrt die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung und behauptet zur Begründung des Antrags:

Die Vertrauensbasis zwischen ihrem Vorstand und dem Kläger sei gestört.

Seine Stelle erfordere eine unmittelbare, vertrauensvolle Zusammenarbeit. Gleichwohl habe der Kläger unmissverständlich deutlich gemacht, dass er die Entscheidungen des Vorstandes nicht mittrage. So habe er sich bereits vor Ausspruch der Kündigung dahingehend geäußert, dass er die Auflösung der Betriebsstelle 720 für unsinnig halte. Auch im Prozess habe er vorgetragen, die Betriebsstelle habe nicht aufgelöst werden müssen.

Bereits im Jahre 2005 hätten das Vorstandsmitglied R1 und der Personalleiter L3 mit dem Kläger Gespräche über seine beruflichen Perspektiven geführt. Er habe immer wieder verdeutlicht, an seinem bisherigen Status festhalten zu wollen.

Am 22.03.2006 habe es ein Gespräch mit dem Kläger, dem Personalleiter L3 und den Prozessbevollmächtigten gegeben. In diesem Gespräch sei es um die Frage gegangen, welche Perspektiven ihm hätten eröffnet werden können, um eine betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. Er habe wiederum hartnäckig an seiner Auffassung festgehalten, die Betriebsstelle 720 müsse nicht aufgelöst werden. Er habe sich in keiner Hinsicht kompromissbereit gezeigt und sei nicht flexibel auf ihre Vorschläge eingegangen. Sie habe ihm unter anderem angeboten, ihn für eine gewisse Zeit weiterzubeschäftigen, um ihm eine Bewerbung aus einem ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen. Deshalb habe sie sogar Ende März 2006 auf den Ausspruch einer Kündigung verzichtet.

Sie habe dem Kläger auch eine Abfindung in Höhe von einem Bruttojahresgehalt angeboten. Er sei auf dieses Angebot nicht eingegangen, sondern habe sich stur gezeigt und weiter darauf beharrt, dass die Betriebsstelle erhalten bleiben könne.

Sie habe ihm auch angeboten, im Wege einer außergerichtlichen Einigung eine weitere Fortbildungsmaßnahme zu finanzieren. Er habe dagegen gefordert, dass sie ihm eine Fortbildung über zwölf Monate ermöglichen und den Verdienstausfall bis zum Endalter 67 Jahre ausgleichen sollte. Diesen Vorschlag habe sie nicht annehmen können.

Am 27.09.2006 hätten das Vorstandsmitglied R1 und ihr Syndikus K5 ein weiteres Gespräch mit dem Kläger über einvernehmliche Lösungen geführt. Er habe sinngemäß erklärt: "Über die Sache rede ich nicht mit Ihnen, das geht jetzt nur noch alles über die Anwälte". Er habe Herrn K5 wissen lassen, dass er seine Abfindungsvorstellungen bereits genannt habe. Auf den Hinweis K6, er habe gar keinen Betrag genannt, habe der Kläger erklärt: "Ja genau. Da müssen Sie mit Phantasie herangehen". In den weiteren Erörterungen habe sich ergeben, dass er Abfindungsvorstellungen in einer Größenordnung vom 500.000,00 Euro gehabt habe.

Nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils habe sie ihm im Rahmen der Vollstreckung des vorläufigen Weiterbeschäftigungsanspruchs die Durchführung von Projektaufgaben angeboten. Alternativ hätte er sich für eine weitere Freistellung entscheiden können. Ohne weitere Nachfrage, worum es sich bei diesen Projektaufgaben gehandelt habe, habe er die Vollstreckung eingeleitet. Er sei nicht bereit, den Vollstreckungsantrag zurückzunehmen. Deshalb habe sie eine Vollstreckungsgegenklage erheben müssen.

Der Kläger sei stur und uneinsichtig. Er sei nicht in der Lage, sich kompromissbereit zu zeigen und notwendige Entscheidungen des Vorstandes mitzutragen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Münster vom 07.11.2006 - 3 (5) Ca 1203/06 - abzuweisen,

hilfsweise das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung zum 31.12.2006 aufzulösen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung und den Auflösungsantrag zurückzuweisen.

Er bestreitet nach wie vor die unternehmerische Entscheidung, die Betriebsstelle 720 aufzulösen, zumal die BaFin als Kontrollorgan der Banken § 25 a KWG bereits im Jahre 2002 konkretisiert, die Beklagte Anlass für eine Umorganisation jedoch erst im Jahre 2006 gesehen habe.

Er behauptet:

Die kleinanteilige Bewertung seiner Aufgaben durch die Beklagte sei nicht nachvollziehbar. Die Berechnungen zu den MAK-Einsätzen seien falsch.

Er sei mit den weiteren Bereichsleitern nach Qualifikation und beruflicher Bankerfahrung vergleichbar. Er verfüge über eine Ausbildung zum Diplom-Kaufmann und habe im Rahmen seiner Promotion eine Dissertation mit dem Thema "Die Bilanzierung von Devisentermingeschäften bei aktienrechtlichen Kreditinstituten" geschrieben. Er sei im Rechnungswesen hochqualifiziert und ebenso im Bereich Controlling. So sei er ohne weiteres vergleichbar mit den Bereichsleitern der Betriebsstellen 110-170. Nach einer Einarbeitung von längstens 3 Monaten könne er deren Aufgaben übernehmen. Das gelte auch für die Bereichsleiter der Betriebsstellen 390, 570 und 910. Auch die Bereichsleiter Markt der Betriebsstellen 60-85 seien mit ihm vergleichbar, ebenso der Geschäftsbereichsleiter der Betriebsstelle 650. Die Betreuung von Freiberuflern stelle keine besonderen Anforderungen.

Vergleichbar sei er nicht mit dem Bereichsleiter BS 850 sowie mit dem Personalleiter L3.

Die Beklagte habe die Vorgaben des RatSchTV Ang nicht beachtet.

Auflösungsgründe seien nicht gegeben. Insbesondere könne ihm nicht die Zwangsvollstreckung des Weiterbeschäftigungsanspruchs entgegengehalten werden. Bereits mit Schreiben vom 23.11.2006 (Bl. 139 der Akte) habe er darauf hingewiesen, dass Projektarbeiten ohne nähere Spezifizierung nicht zu dem vertraglichen Aufgabenbereich, nicht zu den Tätigkeiten der Vergütungsgruppe I BAT bzw. der entsprechenden Entgeltgruppe des TVöD gehörten. Gemäß Schreiben vom 04.12.2006 (Blatt 158 der Akte) und 13.12.2006 (Blatt 170 der Akte) habe er um Übermittlung einer Stellenbeschreibung des Aufgabengebietes "Sonderaufgaben" zwecks Prüfung der Vertragsgemäßheit der Aufgabenzuweisung gebeten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 64 Absatz 2 c, 66 Absatz 1, 64 Absatz 6 ArbGG, 519, 520 ZPO an sich statthafte und form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 07.11.2006 ist unbegründet.

Die Beklagte hat sich zwar in der Berufungsschrift nicht gesondert mit der erstinstanzlichen Entscheidung über den Weiterbeschäftigungsantrag auseinandergesetzt. Gleichwohl ist die Begründung ausreichend auf den Streitstoff zum allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch zugeschnitten, da dieser unbegründet ist, wenn die Kündigung das Arbeitsverhältnis beendet hat (vergleiche zur Berufungsbegründung bei mehreren Ansprüchen Zöller/Gummer/Heßler, ZPO, 26. Auflage, § 320 ZPO, Randnummer 37).

Zu Recht hat das erstinstanzliche Gericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 12.06.2006 nicht sein Ende gefunden hat, und die Beklagte zur Weiterbeschäftigung des Klägers verurteilt.

1. Der gemäß § 4 Satz 1 KSchG zulässige Kündigungsschutzantrag ist begründet.

a. Der Kläger hat die gemäß §§ 187 Absatz 1, 188 Absatz 2 BGB zu berechnende Klagefrist von 3 Wochen, § 4 Satz 1 KSchG, gewahrt. Die Kündigung ist ihm am 14.06.2006 zugegangen. Bereits am 16.06.2006 bei dem erstinstanzlichen Gericht eingehend hat er die Kündigungsschutzklage erhoben.

b. Dahinstehen kann, ob die Beklagte zu Recht gemäß § 72 a Absatz 1 Satz 2, 72 Absatz 1 Satz 2 Ziffer 2 LPVG/NW von der Beteiligung des bei ihr bestehenden Personalrats abgesehen hat. Die Kammer neigt jedoch zu der Auffassung, dass der gemäß § 4 des undatierten Arbeitsvertrags in die Vergütungsgruppe I, Stufe 12 BAT, "eingereihte" Kläger zu den Angestellten gehört, die eine über die höchste Vergütung des BAT hinausgehende Vergütung erhalten. Nach dem Wortlaut des § 72 Absatz 1 Satz 2 Ziffer 2 LPVG/NW kommt es allein auf die tatsächlich bezahlte Vergütung, nicht auf die Funktion bzw. Tätigkeit des Arbeitnehmers an. Das Abstellen allein auf die Höhe des bezogenen Entgelts erlaubt eine klare, handhabungsfähige Abgrenzung des betroffenen Personenkreises (vergleiche auch OVG Münster, Beschluss vom 25.05.1977 - CL 23/76. Die Personalvertretung 1980, 114; Beschluss vom 30.09.1980 - CL 20/79). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger eine Vergütung bezogen hat, die deutlich über dem Entgelt der Vergütungsgruppe I BAT liegt.

c. Die Kammer brauchte auch nicht abschließend zu beurteilen, ob sich die Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung vom 12.06.2006 aus § 1 Absatz 3 Satz 1 KSchG ergibt. Bedenken gegen eine ausreichende Sozialauswahl (vergleiche dazu BAG, Urteil vom 05.12.2002 - 2 AZR 549/01, NZA 2003, 791) bestehen deshalb, weil die Beklagte als Geschäftsleiter Filialvertrieb M2-S5 (Stelle 85) einen deutlich jüngeren, unwesentlich länger bei ihr tätigen Mitarbeiter weiterbeschäftigt, der keine Unterhaltspflichten zu erfüllen hat. Entscheidungserheblich ist die Vergleichbarkeit des Klägers mit diesem Arbeitnehmer, die sich zu einem nach objektiven, arbeitsplatzbezogenen Merkmalen bestimmt, nach seiner bisher ausgeübten Tätigkeit, nach seiner Ausbildung und Qualifikation, aber auch nach seiner rechtlichen Einsetzbarkeit (vergleiche BAG, Urteil vom 21.06.1995 - 2 AZR 693/94,

RzK I 5 d Nr. 50; Urteil vom 05.12.2002 - 2 AZR 697/01, BAGE 104, 138; Urteil vom 23.11.2004 - 2 AZR 38/04 - BAGE 112, 361; Urteil vom 24.05.2005 - 8 AZR 398/04, DB 2005, 2472). Der Arbeitgeber muss in der Lage sein, den Arbeitnehmer nach den arbeitsvertraglichen Vorgaben kraft seines Direktionsrechtes auf den in Betracht kommenden Arbeitsplatz umzusetzen. Die Beklagte hat sich zwar in § 1 des Arbeitsvertrages insoweit ein weites Direktionsrecht eingeräumt, als der Kläger als Sparkassenangestellter eingestellt wurde. Sie kann ihm damit grundsätzlich jede für einen Sparkassenangestellten typische Tätigkeit zuweisen (vergleiche BAG, Urteil vom 27.03.1980 - 2 AZR 506/78, AP Nr. 26 zu § 611 BGB Direktionsrecht), soweit sie nicht unterwertig ist und geringer bezahlt wird (vergleiche BAG, Urteil vom 28.02.1968 - 4 AZR 144/62, AP Nr. 22 zu § 611 BGB Direktionsrecht). Nach Vortrag der Beklagten erzielt der Mitarbeiter der Stelle 85 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe I a BAT, die deutlich unter dem Monatseinkommen des Klägers liegt.

d. Die Kündigung ist unwirksam, weil sie gegen den RatSchTV Ang verstößt.

aa. Der Tarifvertrag ist gemäß § 2 des Arbeitsvertrages auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Insoweit besteht zwischen den Parteien kein Streit.

Gemäß § 36 b) TVöD - VKA gilt er auch nach Überführung des Klägers in den TVöD weiter.

§ 5 Absatz 2 Unterabsatz 2 RatSchTV ANG findet keine Anwendung, da der Kläger nicht mehr als 15 Beschäftigungsjahre bei der Beklagten aufweist.

bb. Die Kündigung verletzt § 5 Absatz 2 Unterabsatz 1 RatSchTV Ang.

Danach ist eine Beendigungskündigung nur dann zulässig, wenn dem Angestellten ein Arbeitsplatz nach § 3 Absatz 2-5 RatSchTV Ang nicht angeboten werden kann oder der Angestellte einen Arbeitsplatz entgegen § 3 Absatz 6 RatSchTV Ang nicht annimmt.

Im Falle von Rationalisierungsmaßnahmen genießt der Angestellte einen über die Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes hinausgehenden Kündigungsschutz (vgl. Utling/Breier/Kiefer/Hoffmann/Dassau, BAT, Erläuterung 10.2.6).

(1) Gemäß § 1 Absatz 1 RatSchTV Ang sind Rationalisierungsmaßnahmen vom Arbeitgeber veranlasste erhebliche Änderungen der Arbeitstechnik oder wesentliche Änderungen der Arbeitsorganisation mit dem Ziel einer rationelleren Arbeitsweise, wenn die Maßnahmen für die Angestellten zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen. In § 1 Absatz 1 Unterabsatz 2 RatSchTV Ang sind vom Tarifvertrag erfasste Maßnahmen beispielhaft aufgeführt. Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme ist in allen Fällen, dass durch sie die Leistung des Betriebes oder der Dienststelle infolge einer zweckmäßigeren Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden soll, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit und Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 17.06.1992 - 6 P 17.91 - AP Nr. 40 zu § 75 BPersVG). Nicht erfasst werden personalwirtschaftliche Maßnahmen, die lediglich den Personalbedarf an geänderte Gegebenheiten anpassen und dadurch unter Umständen auch zu höheren Personalbelastungen führen. In diesen Fällen soll durch die Personalmaßnahme keine Leistungssteigerung der Dienststelle herbeigeführt werden. So ist die Streichung eines Personalpostens zur Anpassung der Personalbestandes an den vorhandenen Arbeitsanfall keine Rationalisierungsmaßnahme (vergleiche BAG, Urteil vom 24.03.1994 - 6 AZR 712/93, AP Nr. 3 zu § 29 TV Ang. Bundespost). Das ergibt sich auch aus der Protokollnotiz Nummer 2 zu § 1 Absatz 1 RatSchTV Ang.

Die Maßnahme muss vom Arbeitgeber veranlasst sein, das heißt, sie darf ihre Ursache nicht außerhalb der Verwaltung oder des Betriebes haben, wie zum Beispiel bei von Dritten verursachten Aufgabeneinschränkungen oder dem Wegfall von zweckgebundenen Drittmitteln (vergleiche Protokollnotiz Nummer 2 zu § 1 Absatz 1 RatSchTV Ang; Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese, RatSchTV Ang, Erläuterung 3.1).

Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich hier um eine vom Arbeitgeber, nicht von einem Dritten veranlasste Maßnahme. Anlass für die unternehmerische Entscheidung vom 06.06.2006, die BS 720, deren Geschäftsbereichsleiter der Kläger war, aufzulösen, mögen aufsichtsrechtliche Vorgaben nach § 25 a KWG gewesen sein, konkretisiert durch die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft in dem Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Die Beklagte hat allerdings eingeräumt, dass sie Spielräume für eine eigene unternehmerische Entscheidung im Rahmen der Vorgaben hatte und die notwenige Funktionstrennung auf mindestens zwei Wegen hätte erreichen können. Sie konnte die relevanten Funktionen/Aufgaben bei der Kreditgewährung trennen und einer vom Vertrieb unabhängigen Stelle zuweisen oder Vertrieb und nachgelagerte Marktfolgearbeiten trennen und die Aufgaben der Beschäftigten stärker auf den jeweiligen Kernbereich ausrichten. Sie hat sich für die zweite Alternative entschieden und damit eine arbeitgeberseitige Maßnahme im Sinne des § 1 Absatz 1 RatSchTV Ang beschlossen.

Die Auflösung der Betriebsstelle 720, in der neben dem Kläger noch neun weitere Mitarbeiter tätig waren, diente der zweckmäßigen Gestaltung der Arbeitsabläufe. Zum einen wird nach Vortrag der Beklagten eine klare Trennung zwischen Vertrieb (Markt) und Sachbearbeitung (Marktfolge) herbeigeführt, wobei die Aufgabenkreise der eingesetzten Mitarbeiter stärker auf ihren jeweiligen Kernbereich ausgerichtet werden. Die Kundenbetreuung befindet sich nach der Neuausrichtung in der Betriebsstelle 530/01 Unternehmenskunden und der Bereich der Sachbearbeitung in der Betriebsstelle 590/03 Marktfolge Unternehmenskunden. Die Neuorganisation der Betriebsabläufe führte nach der von der Beklagten vorgelegten Bewegungsbilanz zur Umsetzung der neun anderen Mitarbeiter. Die Beklagte nannte in ihrem Vorstandsbeschluss vom 06.06.2006 als Ziel die Optimierung ihrer Strukturen. Tatsächlich erreichte sie eine Reduzierung des menschlichen Aufwands zur Aufgabenerledigung und eine Reduzierung des Kapitaleinsatzes dadurch, dass die Stelle des Klägers mit einem Personalkostenaufwand ohne Berücksichtigung der Arbeitgeberanteile von über 106.000,00 Euro entfiel. Weitere Rationalisierungseffekte im Sinne einer Verringerung von Zeit- und Energieeinsatz dürften sich aus der Konzentration der Mitarbeiter auf Kernaufgaben ergeben.

Die Änderungen sind wesentlich. Nach der Protokollnotiz Nummer 1 zu § 1 Absatz 1 RatSchTV Ang reicht es aus, wenn die Änderung für einen Verwaltungs- bzw. Betriebsteil erheblich bzw. wesentlich ist. Die Frage nach der Wesentlichkeit ist von den Auswirkungen der Änderung her zu beurteilen. Es kommt entscheidend darauf an, dass die Maßnahme für den betroffenen Teil der Verwaltung oder des Betriebs erhebliche oder wesentliche Folgen in arbeitstechnischer oder arbeitsorganisatorischer Hinsicht hat. Wie viele Arbeitsplätze betroffen sind und wie sich die Maßnahme auf die dort Beschäftigten auswirkt, ermöglicht ebenfalls die Beurteilung der Erheblichkeit.

Nicht erforderlich ist es, dass die Maßnahme für mehrere Angestellte zu einem Wechsel der Beschäftigung oder zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt (vergleiche Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese a.a.O. RatSchTV Ang, Erläuterung 3.2).

Hier ist die Änderung der Betriebsabläufe schon deshalb wesentlich, weil die Arbeitsstrukturen von mehreren Betriebsstellen betroffen sind. Die BS 720 wurde komplett aufgelöst, die Arbeitsorganisation .in den BS 530/01, 590/03, 590/01, 590/41 und 420/00 unter anderem durch Integration von Angestellten aus der Betriebsstelle 720 verändert. Die Gruppen- und Referatsleiter haben Teilaufgaben des Klägers übernommen.

(2) Die Beklagte hat dem Kläger ein Arbeitsplatzangebot nach § 3 Absatz 2 - 5 RatSchTV Ang nur deshalb nicht unterbreitet, weil sie sich zu einer Prüfung von Maßnahmen zur Arbeitsplatzsicherung nicht verpflichtet gesehen hat. Sie hätte zunächst versuchen müssen, ihm einen gleichwertigen Arbeitsplatz in der Reihenfolge des § 3 Absatz 2 Unterabsatz 3 a - c RatSchTV Ang anzubieten. Gemäß § 3 Absatz 2 Untersatz 4 RatSchTV Ang ist gegebenenfalls eine Fortbildung oder Umschulung zu veranlassen und durchzuführen, wenn damit verbunden dem Angestellten ein gleichwertiger Arbeitsplatz im Bereich des Arbeitgebers angeboten werden kann.

Mit Anwaltschreiben vom 28.03.2006 hat der Kläger darauf hingewiesen, dass eine Fortbildung im Rahmen des "Private Banking" über zwölf Monate seine Marktschancen erhöhen würde. Ob diese Fortbildung zur Sicherung eines Arbeitsplatzes bei der Beklagten geführt hätte, ist nach dem Parteivorbringen nicht zu beurteilen.

Steht auch nach entsprechender Fortbildung kein gleichwertiger Arbeitsplatz zur Verfügung, hat der Arbeitgeber gemäß § 3 Absatz 3 RatSchTV Ang zu prüfen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch das Angebot eines anderen, nicht gleichwertigen Arbeitsplatzes verhindert werden kann. Gemäß § 3 Absatz 4, Absatz 5 RatSchTV Ang hat sich der Arbeitgeber, kann er dem Angestellten keinen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, um einen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes am selben Ort zu bemühen und, sollte auch diese Bemühung ergebnislos sein, ihm einen Arbeitsplatz bei einem anderen Arbeitgeber im Sinne des § 29 B Absatz 7 BAT vorzugsweise am selben Ort nachzuweisen. Auch diesen Anforderungskatalog hat die Beklagte nicht abgearbeitet.

2. Das Arbeitsverhältnis war nicht auf den gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 KSchG zulässig erst in der Berufungsinstanz gestellten Auflösungsantrag der Beklagten durch gerichtliche Entscheidung zum 31.12.2006 zu beenden.

Der Antrag ist schon deshalb unbegründet, weil keine Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit der Parteien nicht erwarten lassen, § 9 Absatz 1 Satz 2 KSchG.

Unter Beachtung der primären Zielsetzung des Kündigungsschutzgesetzes, den Arbeitnehmer im Interesse eines wirksamen Bestandschutzes vor dem Verlust des Arbeitsplatzes durch eine sozialwidrige Kündigung zu schützen, sind an den Auflösungsantrag des Arbeitgebers strenge Anforderungen zu stellen (vergleiche BVerfG, Beschluss vom 22.10.2004 - 1 BvR 1944/01, EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 49; BAG, Urteil vom 16.05.1984 - 7 AZR 280/82, EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 16). Das bedeutet jedoch nicht, dass nur solche Gründe in Betracht kommen, die dazu geeignet sind, eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB zu rechtfertigen, da sich der Arbeitgeber nämlich in diesem Fall durch eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ohne Zahlungsverpflichtung vom dem Arbeitsverhältnis lösen kann (vergleiche KR-Spilger, 8. Auflage, § 9 KSchG Rdnr. 52).

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit zu erwarten ist, ist der Zeitpunkt der Entscheidung über den Auflösungsantrag (vergleiche BAG, Urteil vom 07.03.2002 - 2 AZR 158/01, EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 45; KR-Spilger a.a.O., § 9 KSchG Rdnr. 54).

Als Gründe, die einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit entgegenstehen können, kommen nur Umstände in Betracht, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitgeber, die Wertung der Persönlichkeit des Arbeitnehmers, seiner Leistungen oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben oder sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen (vergleiche BAG, Urteil vom 14.10.1954 - 2 AZR 34/53, AP Nr. 6 zu § 3 KSchG 1951). Betriebliche Gegebenheiten sind dabei nur insoweit zu berücksichtigen, als sie die Stellung des Arbeitnehmers im Betrieb betreffen (vergleiche BAG, Urteil vom 26.06.1997 - 2 AZR 502/96) oder die Würdigung des jeweiligen Betriebszweckes (vergleiche BAG, Urteil vom 07.03.2002 a.a.O.).

Die Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses muss ihren Grund in dem prozessualen oder außerprozessualen Verhalten oder in der Person des Arbeitnehmers finden (vergleiche BAG, Urteil vom 23.06.2005 - 2 AZR 256/04, EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 52).

Die Beklagte hält die Vertrauensbasis zwischen dem Kläger und ihrem Vorstand für zerstört, ohne diese Zerrüttung ausreichend durch Vortrag von Tatsachen zu begründen. Sie trägt aber die Darlegungs- und Beweislast für die einer gedeihlichen Zusammenarbeit entgegenstehenden Gründe (vergleiche BAG, Urteil vom 25.10.1989 - 2 AZR 633/88, AP Nr. 36 zu § 611 BGB Direktionsrecht; KR-Spilger a.a.O., § 9 KSchG, Rdnr. 60).

Dass der Kläger die Vorstandsentscheidung vom 06.06.2006 zur Auflösung seiner Betriebsstelle kritisiert hat, ohne sich ehrkränkend oder beleidigend zu äußern, entspricht nicht nur einer legitimen Interessenwahrnehmung, sondern ist ein Verhalten, dass ein vernünftiger Arbeitgeber nicht nur hinnimmt, sondern im Sinne einer fruchtbaren Zusammenarbeit mit einem dem Management zugeordneten Mitarbeiter geradezu wünscht. Die für das Vertrauensverhältnis zwischen Vorstand und ihm unmittelbar zugeordneten Mitarbeitern erforderliche Loyalität ist durch eine interne Kritik noch nicht in Frage gestellt.

Eine legitime Interessenwahrnehmung liegt auch in dem Beharren des Klägers auf Durchführung des Kündigungsschutzprozesses, in der Ablehnung eines Vergleichsschlusses. Zwar mag es üblich sein, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines in der betrieblichen Hierarchie herausgehobenen Mitarbeiters im gegenseitigen Einvernehmen ohne Durchführung eines Kündigungsschutzprozesses erfolgt. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung bereits 50 Jahre alt war und Unterhaltspflichten gegenüber zwei Kindern zu erfüllen hat. Angesichts seines Alters und seiner auf den Geschäftsbereich Kredit ausgerichteten Berufsbiographie mag er jedoch zu Recht davon ausgegangen sein, eine vergleichbare berufliche Position bei keinem anderen Arbeitgeber zu finden.

Ihm kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe das Vertrauensverhältnis dadurch geschädigt, dass er an seinem Status habe festhalten wollen. Solange ihm die Beklagte keine zumutbaren Angebote nach § 3 Absatz 2 - 5 RatSchTV Ang unterbreitete, durfte er an seiner bisherigen beruflichen Position unschädlich festhalten, § 3 Absatz 6 RatSchTV Ang. Ein Arbeitnehmer muss sich erst dann einsichtig zeigen, wenn rechtskräftig die Wirksamkeit der Kündigung festgestellt ist, vorausgesetzt, er führt den Prozess - wie hier - ohne Ehrkränkungen, Verleumdungen und ohne üble Nachrede.

Dass der Kläger in dem Gespräch vom 27.09.2006 mit dem Vorstandsmitglied R1 und dem Syndikus K5 auf Nachfrage eine Abfindungsvorstellung von ca. 500.000,00 Euro genannt hat, ist nicht an sich unredlich. Der Hinweis, die Verhandlungen sollten über die Rechtsanwälte geführt werden, war nach deren Einschaltung folgerichtig.

Mit der Vollstreckung des Weiterbeschäftigungsurteils hat der Kläger in zulässiger Weise ein aus dem erstinstanzlichen Urteil folgendes Recht wahrgenommen. Das mag vielleicht aus Sicht der Beklagten nicht klug gewesen sein, stellt aber noch keine Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses dar.

Die Ablehnung einer Tätigkeit in der Projektarbeit ist nicht abschließend erfolgt. Mit Schreiben vom 04.12.2006 und 13.12.2006 hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigten um eine Stellenbeschreibung zur Prüfung der Vertragsgemäßheit der angebotenen Tätigkeit gebeten. Das ist zulässig.

3. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist ebenfalls zulässig und begründet.

Nach der Grundsatzentscheidung des Großen Senats des Bundesarbeitsgerichts (Gs 1/84, DB 1985, 551) hat der Arbeitnehmer einen allgemeinen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzverfahrens, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Abgesehen von dem Fall der offenkundig unwirksamen Kündigung begründet die Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzprozesses ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung bis zu dem Zeitpunkt, in dem ein die Unwirksamkeit der Kündigung feststellendes Urteil ergeht. Solange ein solches Urteil besteht, kann die Ungewissheit des Prozessausgangs für sich keine überwiegenden Gegeninteressen des Arbeitgebers begründen.

Hier ist die Berufung der Beklagten gegen die erstinstanzliche Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten beendet ist, unbegründet. Dem Auflösungsantrag ist nicht stattzugeben.

Ein über die Ungewissheit des Prozessausgangs hinausgehendes überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung des Klägers hat die Beklagte nicht dargetan. Sie hat sich nicht darauf berufen, ihr sei eine Beschäftigung des Klägers unmöglich. Gemäß § 1 des Arbeitsvertrags ist er als Sparkassenangestellter angestellt. Die Beklagte hat damit hinsichtlich der Art der Tätigkeit ein weites Weisungsrecht gemäß § 106 GewO. Sie kann ihm jede Tätigkeit zuweisen, die nach Vergütung und Status nicht geringwertiger ist als die bisher ausgeübte Tätigkeit.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Gründe im Sinne des § 72 Absatz 3 ArbGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Die Entscheidung insbesondere zu Anwendbarkeit des RatSchTV Ang ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung, da es sich um eine einzelfallbezogene Anwendung höchstrichterlicher Rechtsprechung handelt, von der abzuweichen das Landesarbeitsgericht keinen Anlass gesehen hat.

Ende der Entscheidung

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