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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 2183/05
Rechtsgebiete: BGB, BetrVG


Vorschriften:

BGB § 626 Abs. 1
BetrVG § 102 Abs. 1
Vorsätzliche Manipulationen am Bremssystem eines betrieblichen Transportfahrzeugs, welches von einem anderen Arbeitnehmer bedient wird, sind an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 27.10.2005 - 1 Ca 931/05 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung werden dem Kläger auferlegt.

Tatbestand:

Mit der Klage wendet sich der Kläger gegen die fristlose, vorsorglich fristgerechte Kündigung seines Arbeitsverhältnisses.

Der am 24.05.1955 geborene Kläger ist verheiratet und hat 11 Kinder, darunter ein behindertes Kind. Der Kläger ist noch für sieben Kinder unterhaltspflichtig. Eingesetzt war der Kläger zuletzt als Kranfahrer für das Röhrenwerk der Beklagten. Seine monatliche Vergütung betrug zuletzt durchschnittlich 2.600,-- € brutto.

Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb in B3xxxxxxx-B4xxxxxxx cirka 325 Arbeitnehmer. In dem Betrieb in B3xxxxxxx-B4xxxxxxx ist ein Betriebsrat gewählt.

Am 25.02.2005 manipulierte der Kläger die Bremse des von dem Zeugen K5xxxxxxxx geführten Transportfahrzeugs in dessen Abwesenheit.

Mit Schreiben vom 02.03.2005, welches dem Betriebsrat am 02.03.2005 zuging, teilte die Beklagte dem Betriebsrat ihre Kündigungsabsicht wie folgt mit:

Anhörung nach § 102 BetrVG

Sehr geehrte Herren,

sehr geehrter Herr M5xxxxxxx,

wir wenden uns an Sie im Fall von Herrn J1xxx T1xxxxxx, geb. am 24.05.1955, verheiratet, 11 Kinder, wohnhaft A1xxxxxxx 51, 31xxx A2xxxxxxxx, bei uns beschäftigt seit dem 02.01.1989 als gewerblicher Mitarbeiter, zuletzt als Kranfahrer im Bereich Feinrohradjustage.

Wir beabsichtigen, das mit Herrn T1xxxxxx bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgerecht zum nächstzulässigen Kündigungstermin (unter Berücksichtigung der in seinem Fall geltenden Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Monatsende) zu kündigen.

Die Kündigung sprechen wir als Tatkündigung aus. Herr T1xxxxxx wurde zu dem Sachverhalt im Einzelnen am 25.02.2005 und nochmals am 02.03.2005 angehört. Herr T1xxxxxx hat die Tat in dem am 25.02.2005 im Beisein der Herren von P5xxxxxxxxx, S6xxxxx, S7xxxx und S10xx geführten Gespräch eingeräumt. Am 02.03.2005 hat er den Sachverhalt gegenüber Herrn S8xxxxxxxxx und Herrn S7xxxx nochmals bestätigt.

Die beabsichtigte Kündigung stützen wir auf verhaltensbedingte Umstände.

Am 25.02.2005 stellte Herr A3x K5xxxxxxxx gegen 08.50 Uhr seinen Transportwagen zum Beladen von Rohren in der Halle 11 b ab, um ab 9.00 Uhr seine Frühstückspause in der Verzinkerei zu verbringen. Diese Zeit nutzte Herr T1xxxxxx, um die Lenkung und Bremse des Transportfahrzeugs von Herrn K5xxxxxxxx zu manipulieren. Er band das Lenkrad mit einem Bindfaden fest und manipulierte die Bremse mit drei Kabelbändern so, dass die Bremswirkung jedenfalls stark negativ beeinträchtigt wurde. Zusätzlich legte Herr T1xxxxxx ein Kantholz auf den zu diesem Zeitpunkt noch leeren Transportwagen. Als Herr K5xxxxxxxx gegen 9.20 Uhr aus der Frühstuckspause zurück kam, bemerkte er die Manipulation am Lenkrad sowie das Kantholz auf der Ladefläche, nicht aber die - nicht direkt sichtbare - Manipulation der Bremse. Da Herr K5xxxxxxxx sofort Herrn T1xxxxxx verdächtigte, versuchte er die Situation in einem Gespräch mit Herrn T1xxxxxx zu klären. Dieser räumte zwar ein, die Lenkung manipuliert zu haben und das Kantholz auf die Ladefläche gelegt zu haben, wies Herrn K5xxxxxxxx aber nicht auf die manipulierte Bremse hin. Herr K5xxxxxxxx nahm sodann gegen 09.30 Uhr seine Arbeit wieder auf und belud seinen Transportwagen mit vier Rohrpaketen (ca. 8 - 10 to), fuhr mit dem Transportwagen los und bemerkte beim Anbremsen in der zweiten Kurve (Halle 1 zur Halle 37), dass das Bremspedal blockierte und keine oder nur eine geringe Bremswirkung möglich war. Glücklicherweise konnte Herr K5xxxxxxxx sodann den Transportwagen ausrollen lassen und so zum Stehen bringen, dass niemand verletzt wurde oder Sachschäden entstanden wären.

Im später geführten Gespräch am 25.02.2005 wies Herr T1xxxxxx darauf hin, Herr K5xxxxxxxx habe ihn zuvor geärgert, indem er wiederholt beim Vorbeigehen an seinem Arbeitsplatz in der Adjustage 1 die Rückenlehne seines Stuhles verstellt habe.

Aus diesen Gründen ist eine weitere Zusammenarbeit mit Herrn T1xxxxxx selbst für die Dauer einer Kündigungsfrist untragbar.

Aus den oben genannten Gründen erbitten wir Ihre abschließende Stellungnahme gemäß § 102 BetrVG.

B3xxxxxxx, den 02.03.2005

Der Betriebsrat gab keine Stellungnahme ab.

Mit Schreiben vom 07.03.2005 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger u.a. wie folgt:

Sehr geehrter Herr T1xxxxxx,

hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung.

Vorsorglich sprechen wir Ihnen gleichzeitig eine ordentliche fristgerechte Kündigung zum 30.09.2005 aus.

Der Betriebsrat ist vor Ausspruch der Kündigungen angehört worden und hat keine Bedenken erhoben.

...

Die Kündigung wurde dem Kläger am 07.03.2005 übergeben.

Die vorliegende Kündigungsschutzklage hat der Kläger am 16.03.2005 erhoben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die außerordentliche Kündigung und auch die fristgerechte Kündigung seien nicht wirksam. Er sei durch den Zeugen K5xxxxxxxx so provoziert worden, dass er mit dem Feststellen der Bremsen das Fortfahren des Zeugen K5xxxxxxxx habe verhindern wollen. Er habe den Zeugen K5xxxxxxxx wegen der Vorfälle zur Rede stellen wollen. Es sei vorausgegangen, dass der Zeuge K5xxxxxxxx ihm mit einem Bund von Rohren fortlaufend über den Kopf gefahren sei und dies sei schon seit einigen Tagen so gewesen. Es habe Öl von den Rohren herabgetropft, und zwar auf ihn herab. Am 25.02.2005 habe er dann auf einmal ein Bündel von Rohren über sich gesehen und habe Furcht gehabt, diese könnten auf ihn herabfallen. Eine Gefährdung sei durch das Feststellen der Bremse in keiner Weise eingetreten. Eine Benutzung der Bremse sei ohne Weiteres weiterhin möglich gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien durch das Schreiben der Beklagten vom 07.03.2005 sowohl in Bezug auf die fristlose als auch auf die hilfsweise ordentliche fristgerechte Kündigung zum 30.09.2005 unwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Vertragsbedingungen weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die fristlose Kündigung begründet sei. Der Kläger versuche, den Sachverhalt nunmehr so darzustellen, dass sein Verhalten gerechtfertigt sei. Unstreitig sei jedoch, dass der Kläger das Lenkrad und auch die Bremsen des Transportwagens festgebunden habe. Soweit er jetzt behaupte, er habe nur deshalb bewusst das Lenkrad und die Bremse umfangreich festgebunden, damit dies zu sehen sei und der Zeuge K5xxxxxxxx nicht abfahren sollte, rechtfertige dieses in keiner Weise sein Verhalten.

Die Beklagte bestreitet weiter, dass der Kläger versucht habe, den Zeugen K5xxxxxxxx an der Fahrt bzw. Weiterfahrt mit dem Transportwagen zu hindern. Insgesamt sei ihr somit eine Weiterbeschäftigung des Klägers vor dem Hintergrund seines bewusst gefährdenden Verhaltens gegenüber Kollegen in keiner Weise zumutbar.

Durch Urteil vom 27.10.2005 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Den Streitwert hat es auf 13.000,-- € festgesetzt.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliege, denn der Kläger habe eine bewusste Manipulation an einer Sicherheitseinrichtung des Transportfahrzeugs begangen. Dies sei nicht zu rechtfertigen und nicht zu entschuldigen. Auch im Rahmen der Interessenabwägung überwiege wegen der Art und Schwere der Pflichtverletzung das Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Klägers und der Zeit seiner Betriebszugehörigkeit.

Gegen dieses ihm am 07.11.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat der Kläger am 24.11.2005 Berufung eingelegt und diese ebenfalls am 24.11.2005 begründet.

Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Er stützt sich maßgeblich weiterhin auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 27.10.2005 - 1 Ca 931/05 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die fristlose noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche fristgerechte Kündigung zum 30.09.2005 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 27.10.2005 - 1 Ca 931/05 - zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung der Zeugen A3x K5xxxxxxxx, Y1xxxx S10xx und J2xx S6xxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 14.06.2006 verwiesen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Wegen der Erklärungen der Parteien in den mündlichen Verhandlungen wird auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

A. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 07.03.2005 mit Zugang des Kündigungsschreibens aufgelöst worden, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

I. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Solche Tatsachen liegen in dem Verhalten des Klägers am 25.02.2005.

1. Vorsätzliche Manipulationen am Bremssystem eines betrieblichen Transportfahrzeugs, die Auswirkungen auf die Bremswirkung des Fahrzeugs haben, sind an sich als Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung geeignet. Ein solches Verhalten stellt einen schweren Eingriff in die Betriebssicherheit dar mit der Folge der Unfallgefahr und der Verletzung von Arbeitnehmern bzw. Beschädigung betrieblicher Einrichtungen des Arbeitgebers.

2. Der Kläger hat die Manipulation der Bremse zugestanden.

a) Er hat das Bremspedal mit drei Kabelbändern fest an der Lenksäule des Transportfahrzeugs fixiert, wie auf dem von dem Zeugen S6xxxxx bei seiner Vernehmung übergebenen Kopie des Originalfotos zu sehen ist.

Entgegen der Behauptung des Klägers handelt es sich auch um eine sehr feste Verbindung. Mit den Plastikbändern hatte der Kläger die für den Transport bestimmten Rohre zusammen zu binden.

Entgegen seiner Behauptung hat der Kläger nicht zwei, sondern drei Bänder verwendet. Dies ergibt sich aus dem von dem Zeugen S6xxxxx übergebenen Foto. Weiter hat der Zeuge K5xxxxxxxx bekundet, dass das Bremspedal mit drei Plastikbändern festgebunden war und nicht nur mit zwei Bändern.

b) Durch die Fixierung des Bremspedals ist die Bremswirkung des Transportfahrzeugs erheblich herabgesetzt worden.

So hat der Zeuge K5xxxxxxxx bekundet, dass er das Fahrzeug in einer Kurve zum Stehen gebracht habe, weil die Bremse noch etwas gebremst habe und er in der Kurve sowieso langsamer gefahren sei. Der Zeuge K5xxxxxxxx hat weiter ausgesagt, dass er eine Vollbremsung nicht hätte machen können mit einer Last auf dem Hänger von 8 bis 10 Tonnen. Er hat den Bremsweg so auf 1 1/2 Meter geschätzt.

c) Das Verhalten des Klägers war rechtswidrig.

Auch wenn der Zeuge K5xxxxxxxx den Kläger zuvor mehrfach geärgert hat durch eine Verstellung der Rückenlehne und auch am Morgen des 25.02.2005 Rohre über dem Kopf des Klägers transportiert hat, so dass Öl herabtropfte, war der Kläger nicht berechtigt, die Manipulation an der Bremse des Transportfahrzeugs vorzunehmen. Eine Notwehrsituation lag nicht vor.

d) Der Kläger hat vorsätzlich gehandelt.

aa) Selbst wenn der Kläger die Bremse blockiert hat, um ein klärendes Gespräch mit dem Zeugen K5xxxxxxxx führen zu können, so wird hierdurch der Vorsatz nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat durch das Festbinden des Lenkers des Transportfahrzeuges mit einem Bindfaden und durch ein aufgeladenes Kantholz erreicht, dass der Zeuge K5xxxxxxxx, nachdem er aus der Frühstückspause zurückgekommen ist, ein solches Gespräch mit ihm geführt hat. So hat der Zeuge K5xxxxxxxx ausgesagt, dass er den Bindfaden durchgeschnitten hat und dann zum Arbeitsplatz des Klägers gegangen ist und der Kläger gesagt hat, "Ja das war ich, aber Du machst auch Spaß mit mir, Du hast gegen meinen Stuhl getreten und Du hast meinen Stuhl verstellt."

bb) Dass der Kläger mehr wollte als dieses Gespräch, zeigt sein sich hieran anschließendes Verhalten. Der Kläger macht den Zeugen K5xxxxxxxx nicht darauf aufmerksam, dass er auch weiter die Bremse blockiert hat, sondern lässt den Zeugen K5xxxxxxxx losfahren mit dem Fahrzeug, dessen Bremse manipuliert ist.

Zwar steht nach der Aussage des Zeugen S10xx fest, dass, nachdem der Zeuge K5xxxxxxxx mit dem Transportfahrzeug losgefahren ist, der Kläger ihm etwas hinterhergerufen hat. Der Zeuge S10xx hat weiter bekundet, dass der Kläger auch so fünf bis sechs Meter hinter dem Fahrzeug hergelaufen ist und etwas gerufen hat. Zu diesem Zeitpunkt sei das Fahrzeug aber schon 25 bis 30 Meter entfernt gewesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht weiter fest, dass der Zeuge K5xxxxxxxx das Fahrzeug nicht angehalten und auch nicht zurückgeschaut hat und dann weitergefahren ist. Sowohl der Zeuge K5xxxxxxxx als auch der Zeuge S10xx haben übereinstimmend bestätigt, dass das Fahrzeug nicht angehalten wurde, sondern ohne Halt weitergefahren ist. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass wegen des Lärms in der Halle sowohl der Zeuge S10xx als auch der Zeuge K5xxxxxxxx einen Hörschutz getragen haben und der Kläger so nicht davon ausgehen durfte, dass der Zeuge K5xxxxxxxx sein Rufen verstehen würde.

cc) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, dass er von dem Zeugen K5xxxxxxxx provoziert worden ist, die Manipulation vorzunehmen.

Beide haben, nachdem der Kläger die Bremse manipuliert hatte, miteinander gesprochen, wobei der Kläger sich auch über das Verhalten des Herrn K5xxxxxxxx beschwert hatte. Dieses Gespräch wollte der Kläger nach seinem Vortrag durch die Manipulation herbeiführen. Er hat dieses Gespräch geführt. Er hätte aber am Ende des Gesprächs den Zeugen K5xxxxxxxx auf die Manipulation der Bremse hinweisen müssen. Hierzu war er verpflichtet. Das Hinterherrufen reichte nicht. Der Kläger hat den Zeugen K5xxxxxxxx fahren lassen, obwohl er wusste, dass die Bremse des Fahrzeugs nicht voll funktionsfähig war.

dd) Der Kläger handelte zumindest mit Eventualvorsatz. Er wollte die Funktionsfähigkeit der Bremse beeinträchtigen. Auch wenn er damit gerechnet hat, dass der Zeuge K5xxxxxxxx nach unten schauen würde, so konnte sich der Kläger hierauf nicht verlassen.

3. Die Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung scheitert nicht an einem Abmahnungserfordernis.

Ein Arbeitnehmer, der bewusst die Bremse eines betrieblichen Fahrzeugs manipuliert mit der Folge, dass die Bremswirkung beeinträchtigt ist, kann nicht davon ausgehen, dass er von seinem Arbeitgeber nur abgemahnt wird. Durch ein solches Verhalten bricht der Arbeitnehmer erheblicherweise das in ihn gesetzte Vertrauen des Arbeitgebers. Eine Abmahnung ist in diesen Fällen entbehrlich, weil regelmäßig davon auszugehen ist, dass das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen auf Dauer zerstört ist.

4. Auch die gebotene Interessenabwägung führt nicht zur Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung.

Es handelt sich um eine schwere Pflichtverletzung. Der Kläger hat rechtswidrig und vorsätzlich gehandelt. Die Beklagte kann zu Recht darauf hinweisen, dass im Rahmen der Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung in ihrem Betrieb eine solche Verhaltensweise, wie sie der Kläger gezeigt hat, nicht hingenommen werden kann. Das Verhalten des Klägers führte zu einer Gefährdung von Leib und Leben seiner Kollegen und des Eigentums der Beklagten. Die Beklagte muss berücksichtigen, wie sich ein solches Verhalten auf die übrigen Arbeitnehmer und den Betrieb auswirkt. Sie kann darauf verweisen, dass sie wegen des Verhaltens des Klägers kein Vertrauen mehr in diesem hat und mit weiteren Gefährdungen rechnen muss. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Klägers und der Zeit seiner Betriebszugehörigkeit ist das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses angesichts der Schwere und der Auswirkungen der Vertragsverletzung des Klägers höher zu bewerten als das Interesse des Klägers an einem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

II. Die außerordentliche Kündigung ist weiter nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG nichtig.

1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung anzuhören. Der Arbeitgeber hat nach § 102 Abs. 1 BetrVG dem Betriebsrat die Gründe der Kündigung mitzuteilen, d.h., er muss dem Betriebsrat neben den näheren Informationen über die Person des betroffenen Arbeitnehmers die Art und den Zeitpunkt sowie die Gründe für die beabsichtigte Kündigung mitteilen (vgl. KR-Etzel, 7. Aufl., § 102 BetrVG Nr. 62). Dabei ist die Mitteilungspflicht des Arbeitgebers bei der Betriebsratsanhörung zur Kündigung subjektiv determiniert. Der Betriebsrat ist ordnungsgemäß angehört, wenn ihm der Arbeitgeber die aus seiner Sicht subjektiv tragenden Kündigungsgründe mitgeteilt hat (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 06.10.2005 - 2 AZR 280/04 - NZA 2006, 431 m.w.N.).

2. Dieser Verpflichtung ist die Beklagte nachgekommen. Mit Schreiben vom 02.03.2005 hat die Beklagte dem Betriebsrat die Sozialdaten und auch die Kündigungsgründe mitgeteilt. Laut Empfangsbestätigung des Betriebsrats hat dieser das Anhörungsschreiben vom 02.03.2005 am 02.03.2005 erhalten. Der Betriebsrat hat gegen die beabsichtigte Kündigung keine Bedenken erhoben.

B. Nach alledem hat das Rechtsmittel keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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