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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.06.2006
Aktenzeichen: 18 Sa 58/06
Rechtsgebiete: MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus


Vorschriften:

MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus § 19
MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus § 23
MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus § 24
MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus Anlage 7 II Nr. 1 (§ 100)
Die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach § 125 Abs. 1 SGB III auf Antrag des Arbeitnehmers bei langandauernder Erkrankung führt nicht dazu, dass der Arbeitnehmer so zu stellen ist, als ob kein Arbeitsverhältnis im Sinne der tariflichen Urlaubsregelung des MTV für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus mehr besteht. Maßgeblich für die tariflichen Urlaubsansprüche ist auch weiterhin der fortdauernde rechtliche Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Tenor:

Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.12.2005 - 4 Ca 4434/05 - unter Zurückweisung der Berufungen im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.250,80 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 807,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 73,38 € seit dem 01.09.2005, 01.10.2004, 01.11.2004, 01.12.2004, 01.01.2005, 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005 sowie 01.07.2005 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 1/5 und der Beklagten zu 4/5 auferlegt.

Tatbestand:

Der am 20.08.1957 geborene Kläger war in der Zeit vom 16.11.1973 bis zum 08.06.1979 bei der Firma B4xxxxx AG N2xxxxxxxxx als Bergjungarbeiter und zuletzt als Hauer tätig.

Am 02.09.1980 trat er in den Betrieb der Beklagten als Hauer ein.

Der Kläger ist seit dem 05.12.2002 arbeitsunfähig krank. Auf seinen Antrag hin erhielt er ab 12.07.2004 Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Durch Bescheid vom 21.07.2004 stellte das Versorgungsamt Dortmund die Schwerbehinderung des Klägers mit einem Grad der Behinderung von 50 seit dem 06.07.2004 fest. Die Beklagte zahlte letztmalig die monatliche tarifliche Energiebeihilfe im Monat Juli 2004 an den Kläger aus.

Durch Kündigung vom 10.11.2004 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.06.2005. Gegen die Kündigung erhob der Kläger die Kündigungsschutzklage - Arbeitsgericht Dortmund 5 Ca 6555/04 -.

Durch Vergleich vom 10.08.2005 wurde das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zum 30.06.2005 beendet gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 2.000,00 €.

Mit der Entgeltabrechnung für Juni 2005 rechnete die Beklagte 20 Tage Urlaubsabgeltung (20 Tage x 92,88 € = 1.857,60 € brutto) ab und zahlte den sich daraus ergebenden Nettobetrag an den Kläger aus.

Auf das am 30.06.2005 beendete Arbeitsverhältnis fanden aufgrund der Verweisung in § 2 Ziffer 1 des auf das Arbeitsverhältnis zur Anwendung kommenden Tarifvertrags für Arbeitnehmer der Bergbau-Spezialgesellschaften vom 07.12.1992 die tariflichen Vorschriften für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus Anwendung, so auch der Manteltarifvertrag, gültig ab 01.01.1990 (MTV).

Die vorliegende Klage hat der Kläger am 26.08.2005 erhoben. Mit der Klage verlangt er Urlaubsabgeltung in Höhe von 3.280,17 €, die er wie folgt berechnet:

38 Urlaubstage aus 2004 zuzüglich 19 Urlaubstage aus dem Urlaubsjahr 2005= 57 Urlaubstage x 99,61 € brutto abzüglich gezahlter Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.857,60 € brutto.

Weiter hat der Kläger mit der Klage die Vergütung für vier Freischichten in Höhe von 398,44 € brutto verlangt.

Mit der am 20.10.2005 erhobenen Klageerweiterung hat der Kläger die Fortzahlung der Energiebeihilfe für die Zeit vom 01.08.2004 bis zum 30.06.2005 (11 x 73,38 € = 807,18 €) verlangt.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, ihm stünden die begehrten tariflichen Leistungen unabhängig davon zu, dass er seit dem 05.12.2002 keine Arbeitsleistung mehr erbracht habe.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den ihn 3.820,17 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2005 sowie weitere 398,44 € zu zahlen, die Beklagte weiter zu verurteilen, an ihn 807,18 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten aus dem Basiszinssatz aus je 73,38 € seit dem 01.09.2004, 01.10.2004, 01.11.2004, 01.12.2004, 01.01.2005, 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.06.2005 sowie 01.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ab Juli 2004 seien die rechtlichen Bindungen zwischen den Parteien derart gelockert, dass es unbillig sei, Ansprüche auf Urlaubsabgeltung und Energiebeihilfe gegen sie geltend zu machen. Nach dem Tarifvertrag zur Umwandlung der persönlichen Freischichten im deutschen Steinkohlebergbau vom 10.12.2001 sei sie an sich berechtigt gewesen, die vier gutgeschriebenen Freischichten mit der letzten Gehaltsabrechnung zu verrechnen, worauf sie jedoch aus Kulanzgründen verzichtet habe.

Durch Urteil vom 15.12.2005 hat das Arbeitsgericht dem Kläger die begehrte Urlaubsabgeltung zugesprochen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt. Der Wert des Streitgegenstandes ist auf 5.025,79 € festgesetzt worden.

In den Entscheidungsgründen hat das Arbeitsgericht ausgeführt, der Urlaubsabgeltungsanspruch stehe dem Kläger nach §§ 23, 24 MTV zu. Nach diesen tariflichen Vorschriften bestehe auch bei dauernder Arbeitsunfähigkeit ein Urlaubsabgeltungsanspruch für maximal zwei Jahre. Dagegen bestehe kein Anspruch auf die begehrte Energiebeihilfe ab August 2004, da ein Arbeitsverhältnis, wie es die Anlage 7 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus voraussetze, nicht mehr bestanden habe. Durch die Beantragung von Arbeitslosengeld durch den Kläger und Zahlung des Arbeitslosengeldes durch die Bundesagentur für Arbeit seien die arbeitsvertraglichen Bindungen zwischen den Parteien so gelockert worden, dass ein Arbeitsverhältnis im Sinne der Anlage 7 zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus nicht mehr vorliege.

Für den Anspruch auf Abgeltung der Freischichten fehle eine schlüssige Begründung.

Gegen diese ihm am 23.12.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Entscheidung hat der Kläger am 11.01.2006 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zum 23.03.2006 am 08.03.2006 begründet. Der Kläger greift das arbeitsgerichtliche Urteil an, soweit das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat. Er stützt die Berufung maßgeblich auf seinen erstinstanzlichen Vortrag.

Gegen das erstinstanzliche Urteil, welches der Beklagten am 23.12.2005 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 20.01.2006 und am 23.01.2006 per Telefax und am 24.01.2006 im Original Berufung eingelegt und diese am 22.02.2006 per Telefax und am 23.02.2006 im Original begründet.

Der Kläger beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.12.2005 - 4 Ca 4434/05 - teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn weitere 398,44 € brutto nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.06.2005 und weitere 807,17 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus je 73,78 € seit dem 01.09.2004, 01.10.2004, 01.11.2004, 01.12.2004, 01.01.2005, 01.02.2005, 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005 sowie 01.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

unter Zurückweisung der Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 15.12.2005 - 4 Ca 4434/05 - teilweise abzuändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen. Wegen des mündlichen Vortrag der Parteien in der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschriften der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

A. Die am 20.01.2006 bei dem Berufungsgericht eingegangene Berufung der Beklagten ist zulässig und teilweise begründet.

I. Dem Kläger steht für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 30.06.2005 ein Anspruch auf Abgeltung von 35 Urlaubstagen gemäß § 23 Abs. 2 MTV i.V.m. §§ 19, 24 MTV, § 125 SGB IX zu.

Nach § 23 Abs. 2 MTV ist der Urlaub abzugelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder zum Teil nicht mehr gewährt werden kann. Ein Abgeltungsanspruch des Klägers nach § 23 Abs. 2 MTV setzt voraus, dass bis zum 30.06.2005 ein Arbeitsverhältnis im Sinne der tariflichen Vorschrift zwischen den Parteien bestanden hat und dass dieses Arbeitsverhältnis zum 30.06.2005 beendet worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.

1. Im Urlaubsjahr 2004 ist für den Kläger ein Urlaubsanspruch in Höhe von 36 Urlaubstagen entstanden und gemäß § 24 Abs. 2 MTV auf das Urlaubsjahr 2005 übertragen worden.

a) Zwischen den Parteien bestand im gesamten Urlaubsjahr 2004 ein Arbeitsverhältnis.

Entgegen der Auffassung der Beklagten bestand auch über den 30.06.2004 hinaus ein Arbeitsverhältnis im Sinne der o.a. tariflichen Vorschriften zwischen den Parteien.

aa) Das Berufungsgericht verkennt nicht, dass durch die seit dem 05.12.2002 bestehende Erkrankung, durch die Beantragung von Arbeitslosengeld und die Zahlung des Arbeitslosengeldes ab Juli 2004 durch die Bundesagentur für Arbeit sich die arbeitsvertraglichen Bindungen der Parteien gelockert haben. Diese Lockerung führt aber nach dem Willen der Tarifvertragsparteien nicht dazu, dass über den 31.06.2004 hinaus kein Arbeitsverhältnis im Sinne des tariflichen Urlaubsrechtes zwischen den Parteien mehr bestand.

bb) Die Auslegung ergibt, dass die Tarifvertragsparteien den Grundsätzen des Bundesurlaubsgesetzes folgend (vgl. Leinemann-Linck, Urlaubsrecht, 2. Aufl., Einleitung, Rdz. 103, § 1 Rdn. 62 ff.) für den tariflichen Urlaubsanspruch maßgeblich allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abgestellt haben.

Aus dem Wortlaut des § 24 Abs. 2 MTV und des § 23 Abs. 2 MTV ergibt sich, dass eine Arbeitsunfähigkeit zunächst keinen Einfluss auf das Bestehen des Urlaubsanspruchs im laufenden Jahr noch auf den Verfall des im laufenden Jahr erworbenen Urlaubsanspruchs haben soll. Diese Sonderregelungen für den Fall der Arbeitsunfähigkeit gehen über die gesetzlichen Urlaubsregelungen hinaus. Sinn und Zweck der Regelungen war es über die gesetzlichen Regelungen hinaus, einen längeren Übertragungszeitraum zu schaffen sowie zum anderen im Falle des Ausscheidens in Folge dauernder Arbeitsunfähigkeit für den Arbeitnehmer einen Abgeltungsanspruch für maximal zwei Urlaubsjahre zu verschaffen, ohne Rücksicht darauf, ob der arbeitsunfähige Arbeitnehmer in diesen Zeiträumen Sozialversicherungsleistungen von Sozialversicherungsträgern erhielt oder nicht, wie das Arbeitsgericht im Einzelnen ausgeführt hat. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes wird insoweit verwiesen.

b) Für das Jahr 2004 ist ein Urlaubsanspruch in Höhe von 36 Urlaubstagen entstanden.

Nach § 19 Abs. 1 MTV bestand für den Kläger ein Jahresurlaubsanspruch auf 30 Urlaubstage. Dieser erhöhte sich für Arbeitnehmer unter Tage - wie dem Kläger - gemäß § 19 Abs. 3 MTV um weitere drei Arbeitstage.

Entgegen der Auffassung des Klägers standen ihm weiter nach § 125 Abs. 1 und 2 SGB IX nicht fünf Arbeitstage sondern gemäß § 125 Abs. 2 SGB IX anteilig nur drei zusätzliche Arbeitstage zu, da die Schwerbehinderung durch das Versorgungsamt Dortmund im Bescheid vom 23.07.2004 ab 06.07.2004 festgestellt wurde.

c) Der im Jahre 2004 erworbene Urlaubsanspruch in Höhe von 36 Urlaubstagen ist mit Ablauf des Urlaubsjahres nicht untergegangen, sondern gemäß § 24 Abs. 2 MTV auf das Urlaubsjahr 2005 übertragen worden.

Nach § 24 Abs. 2 Satz 1 MTV ist der Urlaub auf das folgende Kalenderjahr zu übertragen, wenn ein Arbeitnehmer infolge Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub im laufenden Kalenderjahr nicht nehmen kann.

Der Kläger erfüllt diese tariflichen Voraussetzungen. Seinen Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2004 war auf das Urlaubsjahr 2005 zu übertragen, da er infolge Arbeitsunfähigkeit seinen Urlaub im Urlaubsjahr 2004 nicht nehmen konnte.

2. Für das Urlaubsjahr 2005 ist der vom Kläger begehrte anteilige Urlaubsanspruch für die Zeit des Bestehens des Arbeitsverhältnisses bis zum 30.06.2005 in Höhe von 19 Urlaubstagen entstanden (§ 19 Abs. 1, 3 und 4 MTV, § 125 Abs. 1 SGB IX).

3. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.06.2005 wandelte sich der zum Zeitpunkt der Beendigung bestehende Urlaubsanspruch aus den Jahren 2004 und 2005 (55 Urlaubstage) in einen Abgeltungsanspruch um (§ 23 Abs. 2 Satz 1 MTV), da die Erfüllung des Urlaubsanspruchs wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unmöglich geworden war.

Die Urlaubsabgeltung war nach § 23 Abs. 2 Satz 2 MTV mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällig und auszuzahlen.

Die Regelung in § 23 Abs. 2 Satz 2 MTV geht über die gesetzliche Urlaubsabgeltungsregelung in § 7 Abs. 4 i.V.m. § 7 Abs. 3 BUrlG hinaus. § 23 Abs. 2 Satz 2 MTV verlangt nicht die Erfüllbarkeit des Urlaubsanspruchs, wenn das Arbeitsverhältnis fortgesetzt worden wäre (vgl. zur gesetzlichen Regelung z.B. BAG, Urteil vom 05.09.1995 - 9 AZR 455/94 - ZTR 1996, 28; BAG, Urteil vom 09.11.1999 - 9 AZR 99/98 - NZA 2000, 603). Nach § 23 Abs. 2 Satz 2 MTV ist für den tariflichen Abgeltungsanspruch nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer bei Fortdauer des Arbeitsverhältnisses jedenfalls für die Dauer des Urlaubsanspruchs seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung hätte erbringen können.

Nach § 23 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 MTV hat eine Abgeltung des Urlaubs auch dann zu erfolgen, wenn der Arbeitnehmer infolge fortdauernder Arbeitsunfähigkeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet (zur Auslegung siehe auch oben unter 1. a), bb)).

4. Dem Kläger steht als Urlaubsabgeltung ein Zahlungsanspruch in Höhe von 3.250,80 € brutto zu.

Der Gesamtabgeltungsanspruch für die Urlaubsjahre 2004 und 2005 betrug 55 Tage.

Durch die erfolgte Urlaubsabgeltung von 20 Urlaubstagen durch die Beklagte ist dieser Anspruch gem. § 362 Abs. 1 BGB insoweit erloschen. Es verbleibt ein Resturlaubsanspruch des Klägers in Höhe von 35 Urlaubstagen. Für diese 35 Urlaubstage ergibt sich ein Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 3.250,80 € (35 Urlaubstage x 92,88 €).

Der Kläger hat als Vergütung für einen Urlaubstag 99,61 € in Ansatz gebracht unter Stützung auf die Lohnabrechnung aus 11/02. Wie sich dieser Betrag zusammensetzt, lässt sich der Abrechnung nicht entnehmen. Da die Beklagte in ihrer Urlaubsabrechnung vom 30.06.2005 den Betrag von 92,88 € pro Urlaubstag zugestanden hat, ist dieser Betrag in Ansatz gebracht worden, so dass sich ein Abgeltungsanspruch in Höhe von 3.250,80 € für den Kläger (35 Urlaubstage x 92,88 €) ergibt.

Der Zinsanspruch ist wegen Verzuges gerechtfertigt.

B. Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet.

I. Dem Kläger steht der begehrte Anspruch auf Zahlung der tariflichen Energiebeihilfe (Hausbrand) nach § 54 MTV i.V.m. Anlage 7 II Nr. 1 (§ 100 Abs. 1) zum Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer des rheinisch-westfälischen Steinkohlebergbaus (Anlage 7) zu.

1. Es kann dahingestellt bleiben, ob durch die Beantragung und Gewährung von Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit ab August 2004 kein Arbeitsverhältnis mehr im Sinne der tariflichen Vorschriften über die Zahlung der tariflichen Energiebeihilfe nach Anlage 7 bestanden hat, wie das Arbeitsgericht entschieden hat.

Falls die tarifliche Vorschrift allein auf den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses abstellt, so durfte die Beklagte die Zahlung der Energiebeihilfe nicht im Juli 2004 einstellen.

Geht man davon aus, dass die rechtlichen Bindungen zwischen den Parteien durch die Beantragung des Arbeitslosengeldes so gelockert waren, dass ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Tarifvertrages nicht mehr anzunehmen war, so musste dieser Fall mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen Zuerkennung des Altersruhegeldes, der Rente wegen Erwerbs- und Berufsunfähigkeit oder der Knappschaftsausgleichsleistung gleichbehandelt werden (vgl. BAG, Urteil vom 10.04.1996 - 10 AZR 600/95 - unter II. 3. der Entscheidungsgründe, NZA 1997, 498).

2. Nach Anlage 7 II 1 (§ 100 Nr. 1 Buchst. a)) erhalten auf Antrag Empfänger von Bergmannsrente, von Knappschaftsrente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung von Knappschaftsaltersrente oder Knappschaftsausgleichsleistungen und Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins, die 25 Jahre oder mehr im deutschen Steinkohlebergbau, davon zuletzt mindestens fünf Jahre zusammenhängend bei Mitgliedern des Unternehmensverbandes Steinkohlebergbau beschäftigt waren, Hausbrandkohle.

a) Diese Voraussetzungen hat der Kläger nachgewiesen. Er ist Inhaber des Bergmannsversorgungsscheins Nr. 129 349. Er ist seit mehr als 25 Jahre im deutschen Steinkohlebergbau beschäftigt, davon zuletzt mindestens fünf Jahre zusammenhängend, wie sich aus dem vorgelegten Bergmannsbuch ergibt.

b) Die Beklagte hat das Vorliegen der Voraussetzungen für den vom Kläger begehrten Anspruch auch anerkannt bei Bewilligung einer Energiebeihilfe in der vom Kläger verlangten Höhe unmittelbar nach Ablauf der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab 01.07.2005.

3. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, dass der Kläger keinen ausdrücklichen Antrag gestellt hat.

Die Beklagte hat die Leistung der Energiebeihilfe mit dem Monat Juli 2004 einseitig eingestellt. Sie hätte den Kläger darauf hinweisen müssen, dass die Einstellung erfolgte wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dass er nunmehr einen Antrag auf Energiebeihilfe für ausgeschiedene Arbeitnehmer stellen müsse.

4. Der Zinsanspruch ist wegen Verzuges gerechtfertigt.

II. Dem Kläger steht dagegen der begehrte Anspruch auf Abgeltung von vier Freischichten nicht zu, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Der Kläger hat schon nicht vorgetragen, wann der begehrte Anspruch auf vier Freischichten entstanden ist. In den Abrechnungen, auf die sich der Kläger beruft, wurden diese Freischichten seit 2002 als Minusschichten angeführt, was für die Richtigkeit des Vortrags der Beklagten spricht.

C. Nach alledem hatten die Rechtsmittel teilweise Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Revision für die Beklagte erfolgte gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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