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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 19.08.2002
Aktenzeichen: 19 (11) Sa 835/01
Rechtsgebiete: GG, TzBfG


Vorschriften:

GG Art. 3 Abs. 1
TzBfG § 4 Abs. 2
Die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber stellt die Gewährung einer Leistung dar, bei der der Gleichbehandlungsgrundsatz zu berücksichtigen ist.
Landesarbeitsgericht Hamm Im Namen des Volkes Urteil

Geschäfts-Nr.: 19 (11) Sa 835/01

Verkündet am: 19.08.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 19. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm auf die mündliche Verhandlung vom 19.08.2002 durch den Richter am Arbeitsgericht Dr. Wessel als Vorsitzenden sowie die ehrenamtlichen Richter Dr. Drüke und Stangier

für Recht erkannt :

Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger Beschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber auf das bestehende Arbeitsverhältnis anzurechnen.

Der Kläger absolvierte in der Zeit vom 01.09.1992 bis zum 26.01.1996 eine Ausbildung zum Industriemechaniker bei der Firma H5xxxx S4xxx AG, an die sich ab dem 27.01.1996 ein bis zum 31.12.1996 befristetes Arbeitsverhältnis mit der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG anschloss. Dieser befristete Arbeitsvertrag wurde zunächst bis zum 30.07.1997 und anschließend bis zum 30.06.1998 verlängert.

Seit dem 29.06.1998 ist der Kläger als Lagerarbeiter bei der Beklagten in deren Zentrallager beschäftigt. Grundlage des zunächst bis zum 30.06.1999 befristeten Arbeitsverhältnisses war das die mit dem Kläger geführten Verhandlungen bestätigende Schreiben der im Namen der Beklagten handelnden Firma T1xxxxx S1xxxxx Werkstoffe GmbH vom 30.07.1999 (Bl. 73 bis 78 d. A.). Nach dem 30.06.1999 setzten die Parteien das Arbeitsverhältnis auf der Basis des Schreibens vom 25.06.1999 (Bl. 79 f. d. A.) unbefristet vor. Die Beklagte rechnete bei einigen Arbeitnehmern, die von der Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG - der Rechtsnachfolgerin der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG - zu ihr übergewechselt waren, die Betriebszugehörigkeit zur Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG an. Dies geschah bei den Arbeitnehmern, die dort in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis gestanden hatten; nicht jedoch bei denen, die nach Ablauf einer Befristung zur Beklagten gewechselt waren.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Beklagte müsse seine Betriebszugehörigkeit zur Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. zur Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG anerkennen. Dies ergebe sich aus § 613 a BGB. Auch anderen Arbeitnehmern, die von Betrieben des T1xxxxx-Konzerns übernommen worden seien, habe die Beklagte die Betriebszugehörigkeit im Konzern anerkannt.

Zudem hat der Kläger gemeint, ihm stehe aus dem zwischen den Vorständen der Unternehmen T1xxxxx S4xxx AG und K2xxx H5xxxx S4xxx AG sowie den Gesamtbetriebsräten dieser Unternehmen abgeschlossenen Interessenausgleich und Sozialplan vom 22.08.1997 ein Anspruch auf Zahlung von Einkommenssicherungsbeträgen in Höhe von 8.216,18 DM zu.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis mit Wirkung ab 01.09.1992 besteht;

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.216,18 DM nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ein Betriebsübergang gemäß § 613 a BGB habe nicht stattgefunden. Sie habe bei Arbeitnehmern, die - wie der Kläger - bei der Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG einen befristeten Arbeitsvertrag gehabt und somit bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses keinen Besitzstand verloren hätten, Vorbeschäftigungszeiten nicht angerechnet.

Die Beklagte hat eine Verpflichtung zu Leistungen aus dem Interessenausgleich/Sozialplan vom 22.08.1997 bestritten, da sie in keinem Fall Verpflichtungen der Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG gegenüber deren früheren Arbeitnehmern übernommen habe.

Durch Urteil vom 10.04.2001 hat das Arbeitsgericht Dortmund die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es zunächst dahinstehen könne, ob für den Feststellungsantrag ein rechtlich anerkennenswertes Feststellungsinteresse bestehe, denn dieses sei besondere Prozessvoraussetzung nur für ein stattgebendes Urteil. Ein Anspruch des Klägers auf Anrechnung seiner Vorbeschäftigungszeiten bei der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. T1xxxxx K2xxx S4xxx AG bestehe jedoch nicht. Eine Anrechnung der früheren Beschäftigungszeiten ergebe sich nicht aus dem Gesichtspunkt eines Betriebsübergangs gemäß § 613 a BGB, für den der Kläger nichts vorgetragen habe; ebenso wenig aus dem Sozialplan vom 22.08.1997, der Verpflichtungen der Beklagten nicht erkennen lasse. Eine Anrechnung könne der Kläger aber auch nicht unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes verlangen. Denn es stelle letztlich einen eine Ungleichbehandlung rechtfertigenden sachlichen Gesichtspunkt dar, wenn die Beklagte Vorbeschäftigungszeiten bei zuvor befristet beschäftigten Arbeitnehmern nicht angerechnet habe, da bei diesen kein Besitzstand aufgegeben worden sei.

Einkommenssicherungsbeträge könne der Kläger nicht verlangen, da sich ein entsprechender Anspruch jedenfalls gegen die Beklagte aus dem Interessenausgleich und Sozialplan vom 22.08.1997 nicht ergebe.

Der Kläger hat gegen das ihm am 02.05.2001 zugestellte erstinstanzliche Urteil mit am 31.05.2001 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 28.06.2001 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger verfolgt mit der Berufung allein noch seinen Anspruch auf Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten und führt hierzu aus, dass die Beklagte bei seiner Einstellung zwar grundsätzlich nicht verpflichtet gewesen sei, Beschäftigungszeiten bei der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. T1xxxxx K2xxx S4xxx AG anzuerkennen, denn es habe sich mangels Vorliegens eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB und mangels Anwendbarkeit des Sozialplans vom 22.08.1997 um eine Neueinstellung und damit eine freiwillige Leistung der Beklagten gehandelt. Wenn die Beklagte jedoch mehrere Arbeitnehmer von der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. T1xxxxx K2xxx S4xxx AG übernehme, sei sie sowohl an den Gleichbehandlungsgrundsatz wie auch an § 4 Abs. 2 TzBfG gebunden. Sie dürfe daher Arbeitnehmer, die dort in einem befristeten Arbeitsverhältnis gestanden hätten, nicht schlechter behandeln als zuvor unbefristet beschäftigte Arbeitnehmer.

Der Kläger beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Dortmund vom 10.04.2001 - 7 Ca 5507/00 - festzustellen, dass die Beklagte auf das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis die ab dem 01.09.1992 bestandenen Vordienstzeiten bei der K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. bei der T1xxxxx K2xxx S4xxx AG anzurechnen hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie führt aus, die Klage sei wegen Fehlens eines konkreten Streitgegenstandes unzulässig. Zu einer Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten sei sie nicht nach § 4 Abs. 2 TzBfG verpflichtet. Denn sie habe den Kläger am 29.06.1998 neu eingestellt. Auch sei die zunächst vorgenommene Befristung zulässig erfolgt. Das gesetzliche Diskriminierungsverbot sei grundsätzlich betriebsbezogen und betreffe allein Arbeitnehmer in einem bestehenden Arbeitsverhältnis. Der Kläger habe nicht vorgetragen, dass er wegen seines zunächst befristeten Arbeitsvertrages schlechter behandelt worden sei als ein vergleichbarer unbefristet beschäftigter Arbeitnehmer.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Protokolle der öffentlichen Sitzungen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig.

Sie ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG) und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes zulässig (§ 64 Abs. 2 Buchst. b ArbGG). Sie ist auch form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 64 Abs. 6 S. 1, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG; §§ 518, 519 ZPO, in der bis zum 31.12.2001 jeweils geltenden Gesetzesfassung, § 26 Ziff. 5 EGZPO).

II.

In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg.

Der Streit der Parteien geht allein noch um die Frage, ob die Beklagte dadurch, dass sie Arbeitnehmern, die vor Eintritt in ein Beschäftigungsverhältnis zu ihr befristet bei der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin T1xxxxx K2xxx S4xxx AG tätig waren, deren Vorbeschäftigungszeiten - im Gegensatz zu dort zuvor unbefristet Beschäftigten - nicht anrechnet, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz oder gegen die gesetzliche Vorschrift des § 4 Abs. 2 TzBfG verstößt.

1) Prozessvoraussetzung für einen Feststellungsantrag ist neben den allgemeinen Sachurteilsvoraussetzungen einschließlich des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses das schutzwürdige Interesse des Klägers an alsbaldiger Feststellung, § 256 Abs. 1 ZPO. Fehlt es, ist die Klage unzulässig.

Zutreffend hat das Arbeitsgericht jedoch angenommen, dass es dahinstehen könne, ob der Kläger für seinen Feststellungsantrag ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO hat. Ist nämlich die Klage bereits in der Sache abweisungsreif, wäre eine bloße Prozessabweisung sinnwidrig (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rdnr. 7). Die Rechtsschutzvoraussetzungen stellen insofern nur bedingte Voraussetzungen eines Sachurteils dar; bei Unbegründetheit des Begehrens kann auch eine Sachabweisung erfolgen, d. h. bei Unbegründetheit darf offen bleiben, ob die Rechtsschutzvoraussetzungen gegeben sind (so schon BGHZ 12, 308 [316]; BGH, Urteil vom 14.03.1978 - VI ZR 68/76 -, NJW 1978, 2031; Stein-Jonas/Schumann, ZPO, Vorbem. zu § 253 Rdnr. 129 f. m. w. N.). So liegt der Fall hier.

2) Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

a) Die Beklagte verstößt durch die geübte Praxis, Vorbeschäftigungszeiten von zuvor unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern, nicht dagegen befristet Beschäftigten bei der Firma K2xxx H5xxxx S4xxx AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin auf die bei ihr erworbene Betriebszugehörigkeit anzurechnen, nicht gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz; eine willkürliche Schlechterstellung der zuvor befristet beschäftigten Arbeitnehmer liegt nicht vor.

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist ein tragendes Strukturprinzip des gesamten Arbeitsrechts. In Abgrenzung im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist er mit diesem gleichwohl über den beiden Rechtsprinzipien zugrunde liegenden Gerechtigkeitsgedanken eng verwandt und wird durch ihn inhaltlich bestimmt. Losgelöst von seiner in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich begründeten dogmatischen Ableitung kennzeichnet das Bundesarbeitsgericht den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz in ständiger Rechtsprechung dahin, dass er die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmergruppen, die sich in einer vergleichbaren Lage befinden, verbiete (vgl. nur BAG, Urteil vom 23.04.1997 - 10 AZR 603/96 -, NZA 1997, 1177; BAG, Urteil vom 21.03.2001 - 10 AZR 444/00 -, NZA 2001, 782).

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt. Gewährt der Arbeitgeber den Beschäftigten nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip Leistungen, so hat er die Leistungsvoraussetzungen so abzugrenzen, dass kein Arbeitnehmer hiervon aus sachfremden oder willkürlichen Gründen ausgeschlossen bleibt (BAG, Urteil vom 06.12.1995 - 10 AZR 123/95 -, NZA 1996, 531; LAG Hamburg, Urteil vom 15.11.2000 - 4 Sa 32/00 -, NZA 2001, 562). Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muss diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen. Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind. Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist nur dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG, Urteil vom 23.04.1997 a.a.O.; BAG, Urteil vom 21.03.2001 a.a.O.). Sachfremd ist eine Differenzierung dann, wenn es keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine an Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (BAG, Urteil vom 23.04.1997 a.a.O.), wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine Differenzierung nicht finden lässt (BAG, Urteil vom 24.02.2002 - 6 AZR 611/98 -, NZA 2001, 677).

Ein Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat zur Folge, dass übergangene Beschäftigte die Leistung verlangen können, von der sie ohne sachlichen Grund ausgeschlossen worden sind (st. Rspr., BAG, Urteil vom 24.04.1991 - 4 AZR 570/90 -, AP Nr. 140 zu § 242 BGB Gleichbehandlung; BAG, Urteil vom 07.03.1995 - 3 AZR 282/94 -, BB 1995, 2217; BAG, Urteil vom 21.03.2001, a.a.O.).

bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist vorliegend der Gleichbehandlungsgrundsatz anzuwenden. Denn bei der Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten handelt es sich um eine generelle betriebliche Regelung und nicht um eine einzelvertraglich frei ausgehandelte Arbeitsbedingung. Zwar hat bei der Festlegung einzelner Arbeitsbedingungen der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Das gilt aber nur für individuell vereinbarte Bedingungen des Arbeitsvertrags. Hingegen beansprucht der Gleichbehandlungsgrundsatz uneingeschränkt Geltung, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbaren und generalisierenden Prinzip festlegt (st. Rspr., z. B. BAG, Urteil vom 21.03.2001 a.a.O.). Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist insbesondere dann anzuwenden, wenn der Arbeitgeber in seinem Betrieb für eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern nach einheitlichen Merkmalen Leistungen gewährt.

Dies ist vorliegend der Fall. Die Beklagte rechnet bei der Gruppe der zuvor bei der Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer deren dort erworbene Beschäftigungszeiten auf die bei ihr erworbene bzw. noch zu erwerbende Betriebszugehörigkeit an. Diese vorgenommene Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten stellt sich nach Auffassung der Kammer auch als Gewährung einer Leistung dar. Zwar hat sich die umfangreiche Rechtsprechung zum Gleichbehandlungsgrundsatz in zahlreichen Einzelfällen zumeist mit der Vereinbarung unterschiedlicher Arbeitsentgelte, Gratifikationen, Zulagen, Abfindungszahlungen, Leistungen der betrieblichen Altersversorgung etc. befasst. Doch stellt auch die Anrechnung von Beschäftigungszeiten bei einem anderen Arbeitgeber die Gewährung einer Leistung an den Arbeitnehmer dar, der etwa im Falle einer (insbesondere betriebsbedingten) Kündigung durch eine längere Betriebszugehörigkeit sein Arbeitsverhältnis gegenüber anderen, kürzer beschäftigten Arbeitnehmern weitgehender zu sichern in der Lage ist.

cc) Die Beklagte behandelt die Gruppe von Arbeitnehmern, die zuvor in einem befristeten Arbeitsverhältnis zu der Firma T1xxxxx K2xxx S4xxx AG standen, gegenüber den dort zuvor unbefristet beschäftigten Arbeitnehmern ungleich, weil sie ersterer Gruppe die Vorbeschäftigungszeiten nicht anrechnet. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch sachlich gerechtfertigt. Es bedeutet keine sachfremde Differenzierung, wenn die Beklagte aus dem Gesichtspunkt der Aufgabe des Besitzstandes eine Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten bei Arbeitnehmern vornimmt, die aus einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu ihr gewechselt sind. Arbeitnehmer erwerben zwar auch in befristeten Arbeitsverhältnissen Besitzstände in Form von Betriebszugehörigkeitszeiten und daraus resultierenden Ansprüchen, die jedoch - dies folgt bereits aus der Natur des befristeten Arbeitsverhältnisses - regelmäßig, wenn auch nicht in jedem Einzelfall, geringer ausgeprägt sind als die in unbefristeten Arbeitsverhältnissen erwobenen.

Durch die Zusammenführung der Stahlaktivitäten der K2xxx H5xxxx S4xxx AG und der T1xxxxx S4xxx AG zu dem Gemeinschaftsunternehmen T1xxxxx K2xxx S4xxx AG verlor in den Jahren 1997/1998 eine große Zahl von Arbeitnehmern den Arbeitsplatz. Gleichzeitig wurde im Rahmen der Fusion ein Personalkonzept entwickelt, um möglichst vielen Arbeitnehmern Ersatzarbeitsplätze anbieten zu können. In diesem Zusammenhang stellte die Beklagte zahlreiche Arbeitnehmer ein, so auch den Kläger. Dass die Beklagte bei den von T1xxxxx K2xxx Stahl zu ihr übergewechselten Arbeitnehmern hinsichtlich deren Vorbeschäftigungszeiten zwischen zuvor unbefristet und befristet Beschäftigten differenziert, ist aufgrund der verschieden stark ausgeprägten Besitzstände sachlich gerechtfertig. Die Beklagte war - das ist zwischen den Parteien unstreitig geworden - rechtlich aus keinem Gesichtspunkt verpflichtet, überhaupt Vorbeschäftigungszeiten der von der T1xxxxx K2xxx S4xxx AG zu ihr gewechselten Arbeitnehmer zu berücksichtigen, gleichviel, ob diese zuvor befristet oder unbefristet beschäftigt waren. Entscheidet sie sich jedoch dafür, Vorbeschäftigungszeiten bei zuvor befristet Beschäftigten anzurechnen, handelt es sich insoweit um eine freiwillige Leistung, die erkennbar erworbenen Besitzstand honorieren will. Dass die Beklagte diese Problematik hinsichtlich der zuvor befristet beschäftigten Arbeitnehmer nicht so bewertet, ist nicht unvernünftig. Die vorgenommene Differenzierung der beiden Gruppen berücksichtigt vielmehr sachlich einleuchtend den grundsätzlich stärkeren Besitzstand der zuvor unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer, den die Beklagte in rechtlich nicht zu beanstandener Weise erhalten will.

b) Die von der Beklagten gehandhabte Anrechnungspraxis hinsichtlich der Vorbeschäftigungszeiten verstößt auch nicht gegen § 4 Abs. 2 TzBfG.

Der Grundtatbestand des Diskriminierungsverbots des § 4 Abs. 2 S. 2 TzBfG gebietet es, einen Arbeitnehmer in einem befristeten Arbeitsverhältnis wegen der Befristung des Arbeitsvertrags nicht schlechter zu behandeln als einen vergleichbaren unbefristet beschäftigten Arbeitnehmer, es sei denn, sachliche Gründe rechtfertigen eine unterschiedliche Behandlung.

Die Annahme einer Diskriminierung setzt somit nach dem Wortlaut der Norm des § 3 Abs. 2 S. 1 TzBfG zweierlei voraus: Zum einen ist Schutzsubjekt des gesetzlichen Diskriminierungsverbots der befristet beschäftigte Arbeitnehmer (KR-Bader, 6. Aufl., § 4 TzBfG, Rdnr. 6); zum anderen muss die Schlechterbehandlung wegen der Befristung erfolgen.

Zutreffend weist die Beklagte darauf hin, dass das Diskriminierungsverbot des § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG allein Arbeitnehmer in einem bestehenden befristeten Arbeitsverhältnis erfasst. Der Kläger war zwar zunächst bis zum 30.06.1999 befristet bei der Beklagten eingestellt. Dieses befristete Arbeitsverhältnis setzten die Parteien jedoch nach dem 30.06.1999 übergangslos als unbefristetes Arbeitsverhältnis fort; in diesem rechtlichen Zustand befand es sich im Zeitpunkt der Klageerhebung am 03.11.2000 und im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Somit liegt die Voraussetzung des befristet beschäftigten Arbeitnehmers gemäß § 4 Abs. 2 S. 1 TzBfG nicht vor mit der Folge, dass eine Diskriminierung des Klägers wegen der Befristung ausscheidet.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

III.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache war die Berufung zuzulassen, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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