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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 14.06.2005
Aktenzeichen: 19 Sa 251/05
Rechtsgebiete: KSchG, BGB


Vorschriften:

KSchG § 1
BGB § 613 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 06.01.2005 - 4 Ca 2215/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Der Streitwert wird auf 6.000,-- € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.

Der 31-jährige Kläger war seit dem 01.08.1989 bei der Beklagten als Kfz-Mechaniker zu einem monatlichen Bruttoeinkommen von zuletzt 2.000,-- € beschäftigt.

Die Beklagte betrieb als Vertragshändlerin der B4x AG in H2xx /B5xxxx-H3xxx auf einem gepachteten Betriebsgelände ein Autohaus, in dem auch die Fahrzeuge der Marke Mini vertrieben wurden. In dem Autohaus der Beklagten, das aus den Abteilungen Neuwagenverkauf, Gebrauchtwagenverkauf, Service mit den Unterabteilungen Werkstatt und Kundendienst, dem Teilevertrieb und der Verwaltung bestand, waren elf Arbeitnehmer beschäftigt, davon drei als Kfz-Mechaniker. Unter Berufung auf eine beabsichtigte Betriebsschließung zum 31.12.2004, die in der Folgezeit auch tatsächlich erfolgt ist, kündigte die Beklagte die Arbeitsverhältnisse aller bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer, unter anderem auch das des Klägers mit Schreiben vom 30.08.2004, zugegangen am 31.08.2004, zum 31.12.2004. Gegen diese Kündigung wehrt sich der Kläger mit der am 20.09.2004 beim Arbeitsgericht eingegangenen Kündigungsschutzklage vom 17.09.2004.

Auf dem bisher von der Beklagten genutzten Betriebsgelände betreibt ein Unterpächter der Beklagten einen Gebrauchtwagenhandel. Wegen der Beendigung des Hauptpachtvertrages mit dem Eigentümer des Betriebsgeländes R1xxxxxxx führt die Beklage einen Rechtstreit vor dem Zivilgericht.

Seit dem 01.01.2005 betreibt in H2xx nur noch die Firma G1xxx Automobilgesellschaft mbH (im Folgenden Firma G1xxx GmbH) eine B4x-Vertretung, deren Geschäftsführer der Geschäftsführer der Beklagten ist. Gegen diese Firma hat der Kläger zunächst mit der Berufungsbegründungsschrift vom 14.03.2005 die Klage unter Berufung auf einen Betriebsübergang nach § 613 a BGB erweitert, in der Berufungsverhandlung die Berufung und die Klagerweiterung aber wieder zurückgenommen.

Bei der Firma G1xxx GmbH waren bis zum 31.12.2004 regelmäßig ca. 37 bis 38 Arbeitnehmer beschäftigt. Seit dem 01.01.2005 beschäftigt die Firma G1xxx GmbH ca. 40 Arbeitnehmer, davon fünf Arbeitnehmer, die früher bei der Beklagten tätig waren. Auf Empfehlung der B4x AG installierte die Firma G1xxx GmbH eine Rufumleitung, so dass die für die Beklagten bestimmten Anrufe bei ihr eingehen. Seit Ende Februar 2005 ist die Firma G1xxx GmbH auch Vertragshändlerin für die Fahrzeuge der Marke Mini. Von der Beklagten kaufte die Firma G1xxx GmbH nach eigenem Vorbringen ca. 50 % der Ersatzteile, die die B4x AG nicht zurücknehmen wollte. Außerdem kaufte die Firma G1xxx GmbH von der Beklagten die Gebrauchtfahrzeuge sowie die Neufahrzeuge, die bereits zugelassen worden waren. Die nicht zugelassenen Fahrzeuge wurden von der B4x AG zurückgenommen. Ob die Firma G1xxx GmbH von der Beklagten weitere Betriebsmittel erwarb, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Schließung des Autohauses der Beklagten stelle keinen Kündigungsgrund dar. Denn aufgrund der Tatsache, dass von demselben Geschäftsführer eine weitere B4x-Vertretung in H2xx fortgeführt werde, liege lediglich eine Veränderung der Organisation vor, so dass es am dringenden betrieblichen Erfordernis für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses fehle. Darüber hinaus habe die Beklagte keine soziale Auswahl durchgeführt, so dass die Kündigung auch aus diesem Grunde unwirksam sei.

Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2004 zum 31.12.2004 endet, sondern fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger im Hinblick auf die beschlossene und später auch vollzogene Betriebsstilllegung wirksam sei.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 06.01.2005 die Kündigungsschutzklage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger sei aufgrund der im Zeitpunkt des Kündigungszugangs beschlossenen Betriebsstilllegung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 KSchG bedingt gewesen. Eine fehlerhafte soziale Auswahl stehe der Wirksamkeit der Kündigung nicht entgegen, weil die Beklagte alle Arbeitnehmer entlassen habe und Anhaltspunkte für einen gemeinsamen Betrieb der Beklagten und der Firma G1xxx GmbH vom Kläger nicht ausreichend dargelegt worden seien. Eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 613 a Abs. 4 BGB scheide ebenfalls aus, weil der Kläger auch das Vorliegen eines Betriebsüberganges nicht ausreichend dargelegt habe.

Gegen das am 13.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 10.02.2005 Berufung eingelegt und diese am 14.03.2005 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung sei unwirksam, weil deren Betrieb nicht stillgelegt, sondern von der Firma G1xxx GmbH übernommen worden sei. Dass die Firme G1xxx GmbH den Betrieb der Beklagten übernommen habe, folge bereits aus dem von dem Geschäftsführer der Beklagten unterzeichneten Schreiben vom 13.12.2004 (Bl. 58 d. GA), in dem der Grund für die Schließung des Autohauses der Beklagten dargelegt werde, und in dem der Geschäftsführer der Beklagten um Fortsetzung der Kundenkontakte mit dem "Hauptbetrieb B4x G1xxx" unter Hinweis auf Weiterbeschäftigung der bisherigen Ansprechpartner der Beklagten werbe. Insbesondere durch die Werbung mit der Weiterbeschäftigung des bisherigen Werkstattleiters Eckholt und des Serviceberaters Schilling, die aufgrund ihres direkten Kontaktes zu den Kunden der Beklagten einen besonderen "Wert" darstellten, werde bezweckt, die bisherigen Kunden der Beklagten an die Firma G1xxx GmbH zu binden. Darüber hinaus habe die Firma G1xxx GmbH nicht nur fünf ehemalige Arbeitnehmer der Beklagten, sondern auch die wesentlichen Betriebsmittel, Geschäftsbeziehungen und den "good will" übernommen, so dass ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB vorliege. Die Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung scheitere jedenfalls an einer fehlerhaften sozialen Auswahl, weil die Beklagten und die Firma G1xxx GmbH einen Gemeinschaftsbetrieb geführt hätten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm - 4 Ca 2215/04 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 31.08.2004 zum 31.12.2004 aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Sie ist der Ansicht, ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB liege nicht vor, weil sie ihren Betrieb zum 31.12.2004 tatsächlich stillgelegt habe. Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB liege schon deswegen nicht vor, weil die Firma G1xxx GmbH bereits vor der Schließung ihres Autohauses einen voll eingerichteten PKW-Handelsbetrieb mit einer Servicewerkstatt unterhalten habe, den sie auch weiterhin mit eigenen Betriebsmitteln und mit eigenem Personal fortführe. Die Tatsache, dass sie an die Firma G1xxx GmbH ihre Fahrzeuge sowie Ersatzteile verkauft habe, soweit sie nicht von der B4x AG zurückgenommen worden seien, stehe der Betriebsstilllegung ebenso wenig entgegen wie die Tatsache, dass die Firma G1xxx GmbH fünf ihrer Arbeitnehmer eingestellt habe. Sie habe an die Firma G1xxx GmbH auch nicht ihre Einrichtung und Ausstattung verkauft. Vielmehr würden diese Gegenstände auf dem Betriebsgelände der Firma G1xxx GmbH wegen der erfolgten Unterverpachtung ihres Autohauses an den Gebrauchtwagenhändler lediglich eingelagert.

Wegen des Parteienvorbringens im Übrigen wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift der Berufungsverhandlung vom 14.06.2005 (Bl. 96 bis 100 d. GA) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

I

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 c ArbGG statthaft. Sie wurde auch form- und fristgerecht eingelegt sowie ordnungsgemäß begründet, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO.

II

Die Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 30.08.2004, zugegangen am 31.08.2004, zum 31.12.2004 aufgelöst worden ist.

1. Die Kündigung der Beklagten vom 30.08.2004 ist durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG bedingt. Denn die Beklagte hat die angegriffene Kündigung wegen der im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits beschlossenen und später zum 31.12.2004 tatsächlich vollzogenen Betriebsstilllegung erklärt.

a. Die Stilllegung des gesamten Betriebes durch den Arbeitgeber stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG dar. Unter Betriebsstilllegung ist dabei die Auflösung der zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitnehmern bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und zugleich ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne zu unterlassen. Der Arbeitgeber muss endgültig entschlossen sein, den Betrieb stillzulegen. Von einer Betriebsstilllegung ist demnach auszugehen, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Mietverträge zum nächst möglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen kann, veräußert und die Betriebstätigkeit vollständig einstellt (BAG, Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93; Urteil vom 21.06.2001 - 2 AZR 137/00 - NZA 2002, 212; PlanderNZA 1999, 505 ff.).

aa. Der Arbeitgeber ist allerdings nicht gehalten, eine Kündigung erst nach vollständiger Durchführung der Betriebsstilllegung auszusprechen. Vielmehr kann eine Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung für wirksam erklärt werden, wenn die betrieblichen Umstände greifbare Formen angenommen haben. Grundsätzlich brauchen betriebliche Gründe noch nicht tatsächlich eingetreten zu sein, sondern es genügt, wenn sie sich konkret und greifbar abzeichnen. Sie liegen dann vor, wenn im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung aufgrund einer vernünftigen, betriebswirtschaftlichen Betrachtung davon auszugehen ist, dass zum Zeitpunkt des Ausscheidens mit einiger Sicherheit der Eintritt eines die Entlassung erforderlich machenden betrieblichen Grundes gegeben sei (BAG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 2004, 477; Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93).

bb. Eine Stilllegungsabsicht des Arbeitgebers liegt dagegen nicht vor, wenn dieser beabsichtigt, seinen Betrieb zu veräußern. Die Veräußerung des Betriebes allein ist - wie sich aus der Wertung des § 613 a BGB ergibt - keine Stilllegung, weil die Identität des Betriebes gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfindet. Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich also systematisch aus. Dabei kommt es auf das tatsächliche Vorliegen des Kündigungsgrundes und nicht auf die vom Arbeitgeber gegebene Begründung an. Eine vom Arbeitgeber mit einer Stilllegungsabsicht begründete Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn die geplante Maßnahme sich als Betriebsstilllegung und nicht als Betriebsveräußerung darstellt, weil für die Fortführung des Betriebes im Wesentlichen Gegenstände einem Dritten überlassen werden sollen, der Veräußerer diesen Vorgang aber rechtlich unzutreffend als Betriebsstilllegung bewertet (BAG, Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93; Urteil vom 09.02.1994 - 2 AZR 666/93 - AP § 613 a BGB Nr. 105).

b. Unter Zugrundelegung dieser Kriterien hat die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger wegen Betriebsstilllegung erklärt. Denn entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist der Betrieb der Beklagten nicht auf die Firma G1xxx GmbH nach § 613 a BGB übergegangen.

aa. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Beklagte bereits vor Ausspruch der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger den ernsthaften und endgültigen Beschluss gefasst hatte, das von ihr betriebene Autohaus zu schließen, was später tatsächlich auch zum 31.12.2004 erfolgt ist.

bb. Der Betrieb der Beklagten ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht mit Wirkung zum 01.01.2005 auf die Firma G1xxx GmbH übergegangen, weil durch die Schließung des von der Beklagten betriebenen Autohauses zum 31.12.2004 auch deren Betrieb stillgelegt worden ist. Ein Betriebsübergang auf die Firma G1xxx GmbH im Sinne des § 613 a BGB war demnach ausgeschlossen.

(1) Ein die Betriebsstilllegung ausschließender Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit "Betrieb" bei dem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles. Zu den maßgeblichen Tatsachen hierfür zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebes, der Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter sowie deren Wert und Bedeutung, die Übernahme der immateriellen Betriebsmittel und der vorhandenen Organisation, der Grad der Ähnlichkeit mit der Betriebstätigkeit des bisherigen Inhabers, die Weiterbeschäftigung der Hauptbelegschaft, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung. Dabei darf eine Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit kann sich aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und gegebenenfalls den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu. In Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann auch die Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit verbunden sind, eine wirtschaftliche Einheit darstellen (BAG, Urteil vom 05.02.2004 - 8 AZR 639/02 - NZA 2004, 845; Urteil vom 25.09.2003 - 8 AZR 421/02 - NZA 2004, 316; Urteil vom 16.05.2002 - 8 AZR 319/01 - NZA 2003, 93). Bei Produktionsbetrieben ist regelmäßig die Übernahme der sachlichen Betriebsmittel entscheidend, weil die Arbeitsplätze in der Regel an Maschinen und Einrichtungsgegenstände gebunden sind, um die Produktion in der bisherigen Weise fortsetzen zu können. Bei Handels- und Dienstleistungsbetrieben werden demgegenüber meist die immateriellen Betriebsmittel wie Kundenstamm, Kundenlisten, die Geschäftsbeziehungen zu Dritten, das "know-how" und der "good will" ebenso wie die Einführung des Unternehmens auf dem Markt im Vordergrund stehen (BAG, Urteil vom 25.05.2000 - 8 AZR 335/99 - Juris; Urteil vom 22.09.1994 - 2 AZR 54/94 - NZA 1995, 165; Urteil vom 25.06.1985 - 3 AZR 254/83 - DB 1985, 2459).

(a) Das Betriebsgelände, auf dem die Beklagte als Vertragshändlerin der B4x AG Neu- und Gebrauchtwagen verkaufte und in dem sie auch eine Kfz-Werkstatt betrieb, ist unstreitig nicht von der Firma G1xxx GmbH übernommen worden. Vielmehr wird dort von dem Unterpächter ein Gebrauchtwagenhandel betrieben. Bei dem Betriebsgelände handelt es sich aber um ein wesentliches Betriebsmittel eines Autohändlers, der eine Kfz-Werkstatt betreibt. Die Tatsache, dass das Betriebsgelände nicht im Eigentum des Betriebsinhabers steht, ist dabei unerheblich. Denn einem Betrieb im Sinne des § 613 a BGB sind auch solche sachlichen Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser aufgrund einer mit einem Dritten getroffenen Nutzungsvereinbarung zur Erfüllung seines Betriebszweckes (z.B. aufgrund eines Pachtvertrages) einsetzen kann (BAG, Urteil vom 11.12.1997 - 8 AZR 426/94 - BB 1998, 697; Urteil vom 05.02.2004 - 8 AZR 639/02 - NZA 2004, 845).

(b) Der Händlervertrag, den die Beklagte mit der B4x AG hatte, ist ebenfalls nicht auf die Firma G1xxx GmbH übergegangen, weil diese Firma bereits vor der Schließung des Autohauses der Beklagten Vertragshändlerin der B4x AG war, so dass eine Übernahme des Händlervertrages nicht erforderlich war, um eine B4x-Vertragshandlung und eine Kfz-Reparaturwerkstatt zu betreiben. Der Händlervertrag ist aber bei einem Autohaus das wesentliche immaterielle Betriebsmitteln. Denn unter dem Markenzeichen der vertriebenen Fahrzeuge tritt das Autohaus nach außen in Erscheinung und wird so werbend tätig (LAG Hamm, Urteil vom 23.12.1998 - 18 Sa 1021/98 - Juris).

(c) Die Begründung des Betriebsübergangs kann auch nicht mit der Übernahme von "know how" und "good will" sowie der Einführung des Unternehmens der Beklagten auf dem Markt gerechtfertigt werden, weil die Firma G1xxx GmbH seit längerer Zeit neben der Beklagten als Vertragshändlerin der B4x AG in H2xx ein Autohaus mit einer Kfz-Werkstatt betrieb, so dass sie bereits selbst über diese immateriellen Betriebsmittel verfügte, zumal sie im Verhältnis zu der Beklagten auch das größere Autohaus betrieb.

(d) Die Tatsache, dass die Firma G1xxx GmbH Fahrzeuge und Ersatzteile der Beklagten erworben hat, 5 von 11 Arbeitnehmer der Beklagten weiterbeschäftigt und die Rufumleitung installiert hat, reicht unter Berücksichtigung der o.g. Umstände selbst dann nicht für die Annahme eines Betriebsübergangs aus, wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Firma G1xxx GmbH auch die Büroeinrichtung und die Werkzeuge der Beklagten erworben hat und diese auch nutzt. Denn dies ändert nichts daran, dass die Firma G1xxx GmbH als Vertragshändlerin der B4x AG nicht unter Wahrung der wirtschaftlichen Einheit den Betrieb der Beklagten als neue Rechtsinhaberin weiterführt. Vielmehr verfolgt diese Firma nach wie vor mit eigenen sachlichen und personellen Mitteln, mit eigener Arbeitsorganisation und eigenen Betriebsmethoden sowie mit eigenen immateriellen Betriebsmitteln ihren eigenen Betriebszweck weiter, der identisch mit dem Betriebszweck der Beklagten war und ist. Sie hat also nicht den Betrieb der Beklagten unter Wahrung von deren Identität übernommen, sondern führt ihren eigenen Betrieb weiter, in den sie allenfalls Teile der Betriebsmittel der Beklagten eingegliedert hat, was aber für die Annahme eines Betriebsüberganges im Sinne des § 613 a BGB nicht ausreicht (vgl. auch BAG, Urteil vom 25.09.2003 - 8 AZR 521/02 - NZA 2004, 316).

(2) Am Vorliegen des dringenden betrieblichen Erfordernisses im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger ändert auch die Tatsache nichts, dass die Firma G1xxx jetzt auch Fahrzeuge der Marke Mini vertreibt, die bisher in H2xx nur die Beklagte vertrieb. Denn dieser Umstand führt nur dazu, dass die Firma G1xxx GmbH durch Abschluss eines entsprechenden Vertragshändlervertrages mit dem Fahrzeughersteller eine zusätzliche Aufgabe übernommen und damit ihren Geschäftsbereich um den Vertrieb der Fahrzeuge der Marke Mini erweitert hat. Ob die Firma G1xxx GmbH insoweit Funktionsnachfolgerin der Beklagten ist und damit diese Aufgabe von ihr übernommen oder mit dem Fahrzeughersteller einen von den Aufgaben der Beklagten unabhängigen Vertragshändlervertrag abgeschlossen hat, kann dahinstehen. Denn selbst wenn die Firma G1xxx GmbH insoweit Funktionsnachfolgerin der Beklagten geworden wäre, was allein für die Annahme eines Betriebs- bzw. Betriebsteilübergangs im Sinne des § 613 a BGB nicht ausreicht, käme nur ein Übergang eines Betriebsteils im Sinne des § 613 a BGB in Betracht, so dass für die in diesem Betriebsteil beschäftigten Arbeitnehmer kein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG vorläge. Voraussetzung dafür ist aber, dass es sich bei den insoweit übertragenen sachlichen und immateriellen Betriebsmitteln um eine organisatorische Untergliederung handelt, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wird, auch wenn es sich nur um eine untergeordnete Hilfsfunktion handelt. § 613 a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils hatten (BAG, Urteil vom 05.02.2004 - 8 AZR 639/02 - NZA 2004, 845; Urteil vom 25.09.2003 - 8 AZR 421/02 - NZA 2004, 316). Dass aber dieser Bereich bereits bei der Beklagten die Qualität eines nach § 613 a BGB übergangsfähigen Betriebsteils hatte, ist nach der von der Beklagten in der Berufungsverhandlung dargestellten Organisationsstruktur weder ersichtlich noch vom Kläger geltend gemacht worden. Im Übrigen wäre der Kläger als Kfz-Mechaniker auch nicht in diesem Betriebsteil beschäftigt gewesen, so dass auch aus diesem Grunde das dringende betriebliche Erfordernis für die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses nicht wegen eines Betriebsteilsübergangs im Sinne des § 613 a BGB ausgeschlossen wäre.

(3) Schließlich scheitert das Vorliegen des dringenden betrieblichen Erfordernisses auch nicht daran, dass die Beklagte das bisher von ihr genutzte Betriebsgelände aufgrund eines Unterpachtvertrages auf einen Gebrauchtwagenhändler übertragen hat.

Die Tatsache, dass die Beklagte nicht Eigentümerin des Betriebsgeländes ist, welches ein wesentliches Betriebsmittel eines Autohauses mit einer Kfz-Werkstatt ist, steht zwar einem Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB auf einen anderen Autohändler nicht entgegen. Denn dem Betrieb im Sinne des § 613 a BGB sind auch solche sachlichen Betriebsmittel zuzurechnen, die nicht im Eigentum des Betriebsinhabers stehen, sondern die dieser aufgrund einer mit Dritten getroffenen Nutzungsvereinbarung (z.B. Pachtvertrag) zur Erfüllung seines Betriebszwecks einsetzen kann, so dass auch die Übertragung dieser Nutzungsberechtigung einen Betriebsübergang im Sinne des § 613 a BGB begründen kann (BAG, Urteil vom 25.05.2000 - 8 AZR 337/99 - Juris; Urteil vom 11.12.1997 - 8 ZR 426/94 - BAGE 87, 296, 300). Der Gebrauchtwagenhändler führt aber wegen der wesentlichen Änderung des Betriebszweckes nicht den Betrieb der Beklagten unter Wahrung der wirtschaftlichen Einheit weiter, sondern nutzt lediglich das Betriebsgelände für eigene Betriebszwecke (vgl. auch LAG Hamm, Urteil vom 23.12.1998 - 18 Sa 1021/98 - Juris). Im Übrigen hat sich der Kläger in der Berufungsverhandlung auch selbst nicht darauf berufen, dass der Betrieb der Beklagten auf den Gebrauchtwagenhändler im Sinne des § 613 a BGB übergegangen ist.

2. Die Wirksamkeit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses scheitert entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht wegen einer fehlerhaften sozialen Auswahl an § 1 Abs. 3 KSchG. Denn für die Durchführung einer sozialen Auswahl war angesichts der Stilllegung des Betriebes der Beklagten kein Raum.

a. Ob die Beklagte und die Firma G1xxx GmbH entsprechend dem Vorbringen des Klägers als zwei rechtlich selbständige Unternehmer einen gemeinsamen Betrieb unterhielten, kann offen bleiben. Denn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger erfolgte wegen der zum 31.12.2004 beschlossenen und später zu diesem Zeitpunkt auch vollzogenen Stilllegung des Betriebes der Beklagten, so dass die Durchführung einer sozialen Auswahl im Sinne des § 1 Abs. 3 KSchG nicht erforderlich war.

b. Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass beim Bestehen eines gemeinsamen Betriebes zweier rechtlich selbständiger Unternehmen die soziale Auswahl unternehmensübergreifend innerhalb des gemeinsamen Betriebes durchzuführen ist (BAG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 2004, 477; Urteil vom 05.05.1994 - 2 AZR 917/93 - NZA 1994, 1023; LAG Köln, Urteil vom 25.04.2001 - 8 (7) Sa 96/01 - NZA-RR 2002, 422). Voraussetzung dafür ist aber, dass der Gemeinschaftsbetrieb fortbesteht. Die Verpflichtung zur Durchführung einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl entfällt dagegen, wenn der gemeinsame Betrieb im Zeitpunkt des Kündigungszugangs bereits aufgelöst war, was auch stillschweigend durch Stilllegung eines der Unternehmen erfolgen kann (BAG, Urteil vom 13.09.1995 - 2 AZR 954/94 - NZA 1996, 307; Urteil vom 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 2004, 477; LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.05.2003 - 1 Sa 48/03 - NZA-RR 2004, 79; LAG Bremen, Urteil vom 17.10.2002 - 3 Sa 147/02 - NZA-RR 2003, 189). Das gleiche gilt, wenn das Unternehmen im Zeitpunkt des Kündigungszugangs zwar noch nicht aufgelöst worden ist, die Kündigung aber wegen einer beabsichtigten Stilllegung ausgesprochen worden ist mit der Folge, dass bei Ablauf der Kündigungsfrist kein gemeinsamer Betrieb mehr besteht. Denn auch in diesem Fall fällt durch die Auflösung des Gemeinschaftsbetriebes die "gemeinsame Klammer" weg, die die Durchführung einer unternehmensübergreifenden Sozialauswahl veranlasst hat (BAG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 2004, 477; Urteil vom 18.09.2003 - 2 AZR 79/02 - NZA 2004, 375). Da die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger wegen der beabsichtigten Stilllegung zum 31.12.2004 gekündigt hat und zu diesem Zeitpunkt der Betrieb der Beklagten auch stillgelegt worden ist, wäre die Sozialauswahl auch dann nicht unternehmensübergreifend durchzuführen, wenn die Beklagte und die Firma G1xxx GmbH entsprechend dem Vorbringen des Klägers einen gemeinsamen Betrieb geführt hätten. Denn mit der Stilllegung des Betriebes der Beklagten wäre auch der gemeinsame Betrieb aufgelöst worden, so dass die für die Durchführung der unternehmensübergreifenden sozialen Auswahl erforderliche "gemeinsame Klammer" weggefallen wäre.

3. Schließlich ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger auch nicht nach § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Denn die Beklagte hat die Kündigung nicht wegen eines Betriebsübergangs im Sinne des § 613 a BGB, sondern wegen Stilllegung ihres Betriebes erklärt. Dies gilt auch dann, wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass die Beklagte mit der Firma G1xxx GmbH einen gemeinsamen Betrieb gebildet hat. Denn das Ausscheiden eines Unternehmens aus einem gemeinsamen Betrieb hat nicht zwangsläufig den bergang des Betriebes auf den verbleibenden Unternehmer zur Folge. Voraussetzung ist vielmehr auch in diesem Fall, dass der verbliebene Unternehmer den bisherigen Gemeinschaftsbetrieb unter Wahrung seiner wirtschaftlichen Einheit nunmehr allein und jedenfalls im Wesentlichen ungeschmälert fortführt (BAG, Urteil vom 27.11.2003 - 2 AZR 48/03 - NZA 2004, 477; LAG Hessen, Urteil vom 16.04.1997 - 8 Sa 1202/95 - NZA-RR 1998, 242). Daran fehlt es vorliegend aus den unter II 1 b dargelegten Gründen. Denn die Beklagte führt nicht den - unterstellten - Gemeinschaftsbetrieb nach Übernahme der materiellen und immateriellen Betriebsmittel der Beklagten im Wesentlichen ungeschmälert fort. Vielmehr betreibt sie auf dem eigenen Betriebsgelände lediglich den eigenen Betrieb weiter.

Aus alldem folgt, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger wirksam ist.

III

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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