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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 21.09.2004
Aktenzeichen: 19 Sa 575/04
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO, AGBG


Vorschriften:

BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 c
BGB § 305 c Abs. 1
BGB § 305 c Abs. 2
BGB § 306 Abs. 2
BGB § 307
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 S. 2
BGB § 308 Abs. 4
BGB § 308 Nr. 4
BGB § 310 Abs. 4
BGB § 310 Abs. 4 S. 2
BGB § 315
BGB §§ 556 ff
ArbGG § 64 Abs. 2
ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 256 Abs. 2
AGBG § 5
1. Will sich ein Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag vorbehalten, übertarifliche Leistungen einzustellen und nicht nur auf Tariflohnerhöhungen anzurechnen, so wird dies nicht hinreichend deutlich, wenn er den Vorbehalt mit einer Regelung darüber verbindet, mit welchen Tariflohnerhöhungen eine Verrechnung möglich sein soll.

2. In diesen Fällen ist von einem wirksamen Anrechnungsvorbehalt auszugehen. § 306 Abs. 2 BGB (Verbot einer geltungserhaltenden Reduktion) steht dem nicht entgegen.


Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2004 - 3 Ca 4143/03 - wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2004 - 3 Ca 4143/03 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Widerruf der außertariflichen Zahlungen mit Schreiben der Beklagten vom 11.04.2003 zum 01.05.2003 rechtsunwirksam ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.806,68 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2003 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu 5 % und die Beklagte zu 95 % zu tragen.

Der Streitwert wird auf 10.288,05 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Fortzahlung einer arbeitstäglichen Fahrtkostenerstattung in Höhe von 19,01 EUR und eines Lohnzuschlags in Höhe von 13 %.

Die Beklagte stellte den Kläger am 13.03.1989 unter Verwendung eines Vertragsformulars, das auf die Tarifverträge der Eisen-, Metall- und Elektroindustrie Bezug nimmt, "als Betriebsschlosser" zum 03.04.1989 "in der Betriebsstätte H7xx" ein. § 2 des Arbeitsvertrages lautet :

Entsprechend seiner Tätigkeit wird der Arbeitnehmer in die Stammlohngruppe 7 eingestuft.

Als Arbeitsentgelt erhält er für die Einarbeitszeit von einem Monat einen festen Stundenlohn und 15 % Prämiengarantie.

Aufgrund eines Prämiensystems (Zeitersparnisprämie) kann der vereinbarte Stundenlohn durch zusätzliche Leistung bereits im ersten Monat der Tätigkeit überschritten werden.

Nach Ablauf der Einarbeitszeit bestimmt sich der Stundenlohn aus der Summe von Prämienausgangslohn (Ecklohn) und Zeitersparnisprämie.

Darüberhinaus erhält der Arbeitnehmer einen Fahrkostenersatz in Höhe von DM ........... arbeitstäglich.

Die Firma behält sich vor, alle übertariflichen Bestandteile in seinem Lohn - gleich, welcher Art - bei einem Aufrücken in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine höhere Tariflohngruppe teilweise oder ganz anzurechnen. Abgesehen davon hat die Firma das Recht, diese übertariflichen Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen und mit etwaigen Tariferhöhungen, oder anderen Tarifbestandteilen zu verrechnen.

Auch jede andere Leistung, die über die in den Tarifverträgen festgelegten Leistungen hinausgeht, ist jederzeit unbeschränkt widerruflich und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft."

Die Beklagte zahlte dem Kläger den monatlichen Tariflohn, einen Zuschlag in Höhe des tariflichen Montagezuschlages, einen Prämienlohn und eine Fahrtkostenerstattung.

Am 27.11.1992 vereinbarte die Beklagte mit dem Kläger wiederum unter Verwendung eines Vertragsformulars die Versetzung "zur Betriebsstätte H7xx - W4xxxx" und eine Fahrtkostenpauschale in Höhe von 35,92 DM arbeitstäglich.

Mit der Lohnabrechnung für April 2003 rechnete die Beklagte als "Monatslohn" 2.137,73 EUR (1.891,83 EUR Tariflohn zuzüglich eines Zuschlages in Höhe des tariflichen Montagezuschlages von 13 % = 245,94 EUR) und als Prämienlohn 299,26 EUR ab. Das Fahrgeld betrug für 17 Tage 323,17 EUR.

Mit Schreiben vom 11.04.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie aufgrund der wirtschaftlichen Situation von dem arbeitsvertraglich vereinbarten Widerrufsvorbehalt Gebrauch mache und die freiwillig gewährte übertarifliche Zulage zum Monatsentgelt sowie die arbeitstägliche Fahrtkostenerstattung zum 01.05.2003 widerrufe.

Ferner teilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 05.06.2003 mit, dass zum 01.05.2003 eine Umstellung von Prämienlohn auf Zeitlohn gemäß § 9 Lohnrahmenabkommen für die Metall- und Elektroindustrie erfolge und der Kläger ab Mai neben dem Tariflohn in Höhe von 1.891,83 EUR eine tarifliche Leistungszulage von 18 % = 340,53 EUR, insgesamt also 2.232,36 EUR erhalte, die die Beklagte im Monat Mai als "Monatslohn" abrechnete. Mit Wirkung vom 01.06.2003 zahlte die Beklagte dem Kläger aufgrund einer Tariflohnerhöhung einen Monatslohn in Höhe von 2.290,39 EUR (1.971,01 EUR Tariflohn zuzüglich 18 % tarifliche Leistungszulage von 349,38 EUR).

Mit seiner Klage vom 02.07.2003 und den Klageerweiterungen begehrt der Kläger für die Zeit vom 01.05.2003 bis zum 30.11.2003 die Fortzahlung eines Lohnzuschlags in Höhe von 13 % = 245,94 EUR für Mai bzw. je 252,33 EUR für die nachfolgenden Monate und die Fahrtkostenpauschale in Höhe von je 19,01 EUR für 133 Tage, die in den Lohnabrechnungen als Anwesenheitstage angegeben sind, insgesamt einen Betrag in Höhe von 4.288,05 EUR brutto.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen sei, die Zahlung des Lohnzuschlags in Höhe von 13 % und des Fahrgeldes einzustellen, da er Montagestammarbeiter im Sinne des Bundesmontagetarifvertrages sei und es sich deshalb um tarifliche Leistungen handele. Im Übrigen könne die Beklagte gemäß § 2 des Arbeitsvertrages nur eine Verrechnung übertariflicher Bestandteile mit Tariflohnerhöhungen vornehmen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Widerruf der freiwilligen außertariflichen Zahlungen gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 11.04.2003 zum 01.05.2003 rechtsunwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.288,05 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz gestaffelt nach Fälligkeitsterminen und bezüglich des zuletzt fälligen Betrages ab dem 01.12.2003 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, aus wirtschaftlichen Gründen zum Widerruf aller übertariflichen Leistungen gezwungen gewesen zu sein. Sie habe im Jahre 2002 einen Gesamtverlust in Höhe von 839.900,-- EUR erlitten und die Verluste seien weiter gestiegen (Beweis: Zeugnis ihres Personalleiters).

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, dass der Kläger aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen nicht Montagearbeiter sondern Betriebsstättenmitarbeiter sei. Insofern habe es sich bei den widerrufenen Leistungen um übertarifliche Leistungen gehandelt, die sie nach dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Vorbehalt nicht nur anrechnen, sondern auch habe widerrufen können.

Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die durch den Widerruf verursachten Einkommensverluste des Klägers sich dadurch reduzierten, dass sie gleichzeitig den tariflichen Prämienlohn durch eine tarifliche Leistungszulage ersetzt habe, die höher ausfalle als der Prämienlohn.

Sie behauptet, dass die in den Lohnabrechnungen angegebene Zahl der Anwesenheitstage auch die Zahl der Feiertage enthielte, an denen der Kläger gearbeitet hätte, wenn an diesen Tagen kein Feiertag gewesen wäre.

Das Arbeitsgericht Dortmund hat über die wirtschaftliche Situation der Beklagten Beweis erhoben durch die Vernehmung des von der Beklagten benannten Personalleiters. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 22.01.2004 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 22.01.2004 - 3 Ca 4143/03 - hat das Arbeitsgericht Dortmund der Klage bezüglich der Fahrtkostenpauschale unter Zugrundelegung von 128 Arbeitstagen anstelle der vom Kläger geltend gemachten 133 Arbeitstage im Hinblick auf die fünf in die Zeit vom 01.05. bis zum 30.11.2003 auf Arbeitstage fallenden Feiertage stattgegeben, weil die Parteien anlässlich der Versetzung des Klägers in das von seinem Wohnort etwa 30 km weiter entfernte W4xxxx eigens eine Fahrtkostenerstattung vereinbart hätten ohne Bezugnahme auf die im Arbeitsvertrag aufgenommene Vorbehaltsklausel. Im Übrigen hat das Arbeitsgericht jedoch die Klage abgewiesen, weil die Beklagte aufgrund des in § 2 vereinbarten Vorbehalts berechtigt gewesen sei, die Zulage in Höhe von 13 % zu widerrufen. Es handele sich um eine übertarifliche Zulage, weil der Kläger nicht Montagearbeiter sei. Der Widerruf entspreche aufgrund eingetretener Verluste auch billigem Ermessen.

Gegen das ihm am 27.02.2004 zugestellte Urteil, auf das wegen seiner Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Kläger am 24.03.2004 Berufung eingelegt und diese zugleich begründet.

Die Beklagte, der das Urteil des Arbeitsgerichts am 01.03.2004 zugestellt worden ist, hat am 29.03.2004 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 01.06.2004 am 27.05.2004 begründet.

Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, dass die Beklagte sich in § 2 des Arbeitsvertrages nur das Recht vorbehalten habe, übertarifliche Lohnbestandteile zu widerrufen und mit etwaigen Tariflohnerhöhungen zu verrechnen, also keinen Widerruf ohne entsprechende Tariflohnerhöhung. Ein anderer Wille der Beklagten sei jedenfalls nicht klar zum Ausdruck gekommen, so dass dies zu Lasten der Beklagten ginge. So habe er - wie er behauptet - bei Abschluss des Arbeitsvertrages angenommen, dass übertarifliche Lohnbestandteile nur mit Tariflohnerhöhungen verrechnet, also nur im Umfang von Tariflohnerhöhungen abgebaut werden könnten.

Bezüglich der Fahrtkostenpauschale verteidigt er das Urteil und behauptet, dass er sich keinesfalls nach W4xxxx habe versetzen lassen, wenn ihm nicht eine Fahrtkostenerstattung zugesagt worden wäre.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2004 - 3 Ca 4143/03 - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten teilweise abzuändern und

1. festzustellen, dass der Widerruf der freiwilligen außertariflichen Zahlungen gemäß dem Schreiben der Beklagten vom 11.04.2003 zum 01.05.2003 rechtsunwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.288,05 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2003 zu zahlen.

Im Übrigen hat er die Klage mit Zustimmung der Beklagten hinsichtlich der weitergehenden Zinsforderung zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Dortmund vom 22.01.2003 - 3 Ca 4143/03 - unter Zurückweisung der Berufung des Klägers teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte vertritt die Ansicht, dass das Arbeitsgericht mit Recht die Auffassung vertreten habe, dass sie sich im Arbeitsvertrag nicht nur den Widerruf übertariflicher Leistungen im Umfang von Tariflohnerhöhungen vorbehalten habe.

In der Vereinbarung über die Versetzung des Klägers nach W4xxxx sei es auch nicht erforderlich gewesen, nochmals auf den Arbeitsvertrag und die darin enthaltene Vorbehaltsklausel Bezug zu nehmen. Es sei für den Kläger erkennbar gewesen, dass in der Vereinbarung nur die Änderungen des Arbeitsvertrages aufgeführt seien.

Die Zulage in Höhe von 13 % und das Fahrgeld habe der Kläger lediglich aus Gründen der Gleichbehandlung erhalten vor dem Hintergrund, dass sie zunächst nur Arbeitnehmer als Montagearbeiter eingestellt habe, diese einen tariflichen Anspruch auf einen Lohnzuschlag in Höhe von 13 % und Fahrgeld hätten und der Kläger mit diesen Arbeitnehmern bei den gleichen Kunden teilweise zusammengearbeitet habe.

Der im Arbeitsvertrag vereinbarte Vorbehalt bezüglich der übertariflichen Leistungen sei auch nicht gemäß den §§ 307 Abs. 1 und 308 Abs. 4 BGB unwirksam, weil im Arbeitsvertrag nicht angegeben sei, aus welchen Gründen von dem Vorbehalt Gebrauch gemacht werden könne. Insofern seien die Besonderheiten des Arbeitsrechts gemäß § 310 Abs. 4 BGB zu berücksichtigen, weil solche Klauseln bezüglich übertariflicher Leistungsbestandteile im Arbeitsrecht üblich seien, zumindest aber üblich gewesen seien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Auf diesen Zeitpunkt sei jedoch abzustellen.

Bei der unter Umständen sehr langen Dauer eines Arbeitsverhältnisses sei es kaum möglich, schon beim Abschluss des Arbeitsvertrages die möglichen Gründe für einen Widerruf anzugeben.

Die Vorbehaltsklausel beschränke sich auch auf die nach der Rechtsprechung zulässigen Möglichkeiten zur Verringerung der übertariflichen Zulagen, nämlich die Anrechnung bei Tariflohnerhöhungen, den Widerruf und den Hinweis, dass hinsichtlich der übertariflichen Bestandteile auch in Zukunft kein Rechtsanspruch entsteht. Dies sei nicht widersprüchlich, sondern eine äußerst genaue Darstellung dessen, was der Arbeitnehmer möglicherweise zu erwarten habe.

Letztlich habe sie die übertariflichen Leistungen auch nicht im rechtstechnischen Sinne widerrufen wollen, sondern lediglich die Zahlung einstellen wollen, so dass eine Überprüfung nach den §§ 305 ff. BGB nicht in Betracht komme.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Sowohl die Berufung der Klägerin als auch die Berufung der Beklagten ist gemäß § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und gemäß den §§ 519, 520 ZPO fristgerecht eingelegt und begründet worden.

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet, die Berufung des Klägers überwiegend begründet, im Übrigen unbegründet.

A

Die Feststellungsklage ist zulässig und begründet.

I

Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Kläger hat an der begehrten Feststellung ein rechtliches Interesse (§ 256 ZPO).

Die Feststellungsklage kann auf einzelne Beziehungen und Folgen aus einem Rechtsverhältnis beschränkt werden. Streiten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber eine Änderung der Arbeitsbedingungen durch einen Widerruf einzelner Leistungen herbeiführen konnte, kann der Arbeitnehmer dies nach ständiger Rechtsprechung im Wege der Feststellungsklage klären lassen, da dieser Streit zwar nicht den Bestand, aber die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen den Parteien betrifft und der Arbeitnehmer ein berechtigtes Interesse an der Feststellung hat, welche Rechte sich für ihn aus dem Rechtsverhältnis auch in Zukunft ergeben (vgl. BAG, Urteil vom 21.02.1998 - 5 AZR 472/97 - AP Nr. 54 zu § 611 BGB Direktionsrecht).

Im Übrigen ist die Feststellungsklage auch als Zwischenfeststellungsklage gemäß § 256 Abs. 2 ZPO zulässig, weil die Begründetheit der Zahlungsanträge von der Wirksamkeit des Widerrufs der übertariflichen Zulage abhängt.

II

Die Feststellungsklage ist auch begründet.

Die Beklagte war aufgrund des in § 2 des Arbeitsvertrages vereinbarten Vorbehalts nicht berechtigt, die Zahlung des Lohnzuschlages in Höhe von zuletzt 245,94 EUR und der Fahrtkostenerstattung ab dem 01.05.2003 einzustellen.

1. In § 2 des Arbeitsvertrages hat die Beklagte sich nicht den Widerruf übertariflicher Leistungen unabhängig von der Anhebung des Tariflohns durch Aufrücken in eine höhere Altersstufe bzw. in eine höhere Lohngruppe oder durch Tariflohnerhöhungen vorbehalten.

Es wird nicht deutlich, dass die Beklagte sich vorbehalten wollte, übertarifliche Leistungen nicht nur im Umfang von zusätzlichen tariflichen Leistungen zu kürzen. Vielmehr ist § 2 des Arbeitsvertrages so zu verstehen, dass sie sich nur vorbehalten wollte, übertarifliche Leistungen zu kürzen durch Anrechnung und Verrechnung mit tariflichen Zuwächsen.

Im ersten Satz der Klausel heißt es, dass die Beklagte sich vorbehält, alle tariflichen Lohnbestandteile bei einem Aufrücken in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine höhere Tariflohngruppe teilweise oder ganz anzurechnen.

Erst im zweiten Satz erwähnt sie das Wort "widerrufen", fügt aber sofort "und mit etwaigen Tariferhöhungen oder anderen Tarifbestandteilen zu verrechnen" hinzu, was darauf hindeutet, dass mit dem zweiten Satz nur herausgestellt werden soll, dass selbst Tariferhöhungen entfallen können. Hätte die Beklagte das Wort "widerrufen" in einem von Anrechnungsmöglichkeiten losgelösten Sinne gebrauchen wollen, hätte es dieser komplizierten Anrechnungsregelungen nicht bedurft, da der Widerruf mangels zusätzlicher Regelungen bedeutet, dass der Arbeitgeber sich nicht auf eine Anrechnung übertariflicher Bestandteile auf Tariferhöhungen beschränken will.

Der dritte Satz beginnt dann mit "auch jede andere Leistung", so dass schon zu Beginn des Satzes der Eindruck entsteht, dass das bereits Gesagte auch für jede andere übertarifliche Leistung gelten soll, im Übrigen der Satz aber eine Wiederholung des bereits Gesagten enthält, wenn auch etwas anders verklausuliert (so z.B. statt "übertariflich" ein ganzer Nebensatz "die über die in den Tarifverträgen festgelegten Leistungen hinausgehen"). Nach den vorangegangenen Sätzen und der Einleitung des dritten Satzes kann dem restlichen Teil nicht die gleiche Bedeutung beigemessen werden, als wenn der Vorbehalt allein aus diesem restlichen Satz bestünde. Würde man die ersten beiden Sätze und die Einleitung des dritten Satzes bei der Auslegung des dritten Satzes nicht berücksichtigen, wären die ersten beiden Sätze und die Einleitung des dritten Satzes sinnlos und irreführend und würden zudem die Aufmerksamkeit dem letzten Satz entziehen. Gerade aber bei einem vom Arbeitgeber verwendeten Formulararbeitsvertrag kann davon ausgegangen werden, dass der Arbeitgeber nicht im Laufe seiner Formulierung sogar von Satz zu Satz seinen Willen immer wieder geändert hat, ohne bisherige Formulierungen, die obsolet geworden sind, wieder zu streichen, sondern darf man unterstellen, dass dem gesamten Text Bedeutung zukommen soll, dass bezüglich eines Themenbereiches das Vorangestellte sogar vorrangig ist und dass das Nachfolgende lediglich Einzelheiten ergänzt oder allenfalls einen Hinweis darauf enthält, dass das zunächst Gesagte auch für andere ähnliche Sachverhalte gelten soll.

Bei der Auslegung eines Formulararbeitsvertrages ist auf den Empfängerhorizont eines durchschnittlichen Arbeitnehmers abzustellen, der weder juristisch vorgebildet noch argwöhnisch ist und nicht davon ausgeht, dass der Arbeitgeber einen Vorbehalt, dass bisher im Betrieb übliche regelmäßige Zahlungen jederzeit unabhängig von Tariferhöhungen entfallen können, hinter einer komplizierten Regelung verbergen will, der es nur bedarf, wenn nur an die Kürzung übertariflicher Leistungen durch ihre Anrechnung auf zusätzliche tarifliche Leistungen gedacht ist.

Im Zweifel sind Abreden, die wesentliche Rechte einer Partei einschränken, eng auszulegen und ist davon auszugehen, dass insbesondere der Verwender eines Formularvertrages bei der Formulierung des Vertrages nicht widersprüchlich vorgeht (vgl. auch Palandt, BGB, 63. Aufl., § 133 Rdnr. 23 ff.).

Im Übrigen gehen gemäß § 305 c BGB, der ab dem 01.01.2003 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung findet, bei der Auslegung von Formulararbeitsverträgen Zweifel grundsätzlich zu Lasten des Verwenders, also hier der Beklagten. Die Norm beruht auf dem Gedanken, dass es Sache derjenigen Partei ist, welche die Vertragsgestaltung für sich in Anspruch nimmt, sich klar und unmissverständlich auszudrücken. Diese Unklarheitenregel des § 305 c Abs. 2 BGB stimmt mit der bisherigen Regelungen des § 5 AGBG überein, die als Rechtsgrundsatz schon seit langem in der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung anerkannt war (vgl. Erf.Komm. - Preis, 4. Aufl., §§ 305 - 310 BGB Rdnr. 34 und BAG, Urteil vom 18.08.1998, NZA 1999 ,659).

2. Legt man aber die von der Beklagten in den Formulararbeitsvertrag aufgenommene Vorbehaltsregelung trotz der in den ersten Sätzen geregelten Möglichkeiten der teilweisen oder vollständigen Anrechnung bei einem Aufrücken in eine höhere Altersstufe in der Lohngruppe oder in eine höhere Tariflohngruppe und der Verrechnung mit etwaigen Tariferhöhungen oder anderen Tarifbestandteilen so aus, dass alle übertariflichen Leistungen der Beklagten ersatzlos unabhängig von zusätzlichen tariflichen Leistungen entfallen können, so wäre dies nach den vorangegangenen Regelungen gemäß § 305 c Abs. 1 BGB eine überraschende Klausel, mit dem ein durchschnittlicher Arbeitnehmer bereits nach dem ersten Satz der Vorbehaltsregelung nicht mehr zu rechnen brauchte und wäre damit nicht Vertragsbestandteil geworden. Auch das Verbot überraschender Klauseln in § 305 c Abs. 1 BGB war bereits vor der Schuldrechtsreform im Arbeitsrecht anerkannt (vgl. Erf.Komm., a.a.O., Rdnr. 32; BAG, Urteil vom 06.08.2003 - 7 AZR 9/03 - NZA 2004 ,96, 97 unter I 2 der Entscheidungsgründe; BAG NZA 1996, 702).

3. Aber selbst wenn ein solch weitgehender Vorbehalt Vertragsbestandteil geworden wäre, würde er einer Inhaltskontrolle gemäß den §§ 307, 308 Nr. 4 BGB nicht standhalten. Hiernach sind Bestimmungen in vorformulierten Verträgen auch dann unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen bzw. Änderungsvorbehalte für den Vertragspartner unzumutbar oder die Bestimmungen nicht klar und verständlich sind und damit gegen das Transparenzgebot verstoßen, was ebenfalls bereits vor Einführung des § 307 BGB auch im Arbeitsrecht zugrundegelegt worden ist (vgl. Erf.Komm. - Preis, a.a.O., Rdnr. 44; Gotthardt, Arbeitsrecht nach der Schuldrechtsreform, E II 6 c) dd) (2)).

a) Zunächst wäre zu prüfen, ob eine unangemessene Benachteiligung oder eine Unzumutbarkeit bereits darin liegen kann, dass die Vorbehaltsklausel - legt man die Rechtsansicht der Beklagten zugrunde - sowohl den Lohnzuschlag in Höhe von 13 % des Tarifgrundlohns als auch das Fahrgeld in Höhe von zuletzt 323,17 EUR monatlich bei 17 Arbeitstagen im Monat gleich 17 % des Tarifgrundlohns erfasst, zumal bereits der tarifliche Prämienlohn flexibel ist und im Arbeitsvertrag nur im ersten Monat in Höhe von 15 % des Tarifgrundlohns garantiert wird, danach aber auch bis gegen null Prozent sinken kann.

Allerdings bestehen Bedenken, die Angemessenheit eines Vorbehalts der Einstellung aller übertariflicher Leistungen danach zu bemessen, in welchem Umfang übertarifliche Leistungen gezahlt werden. Es ist wenig überzeugend, dass der Vorbehalt umso unangemessener sein soll, umso höher die übertarifliche Vergütung ist.

Auch wäre dann die Wirksamkeit des Vorbehalts nicht zu jeder Zeit des Arbeitsverhältnisses gleich zu beurteilen. Der Vorbehalt könnte unwirksam werden, wenn der Arbeitgeber die übertariflichen Leistungen anheben würde oder wirksam werden, wenn die übertariflichen Leistungen bei Tariflohnanhebungen aufgesogen würden.

Ferner wäre die Wirksamkeit bei den Arbeitnehmern eines Betriebes je nach Höhe der individuellen übertariflichen Zulage unterschiedlich zu beurteilen.

In der Regel hat aber nicht nur der Arbeitgeber sondern auch die Mehrzahl der Arbeitnehmer ein Interesse daran, bei schlechter Ertragslage die übertariflichen Vergütungen möglichst aller im Betrieb Tätigen rechtzeitig und gleichzeitig aufgrund eines vereinbarten Vorbehalts anpassen zu können, um dadurch möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und die Überlebensfähigkeit des Betriebes auch ohne Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers sichern zu können.

Der Kündigungsschutz ist teilweise sehr umfassend und nicht vergleichbar mit dem Kündigungsschutz bei anderen Dauerschuldverhältnissen, da wegen der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer sein Kernbereich möglichst umfassend geschützt sein soll. Er erschwert allerdings erheblich eine schnelle und gleichzeitige Anpassung der Arbeitsbedingungen bei einer Vielzahl von Arbeitnehmern.

Die Arbeitnehmer untereinander aber auch zusammen mit dem Arbeitgeber oder der Unternehmensführung bilden anders als die Kunden und der Unternehmer bei anderen Schuldverhältnissen eine (Gefahren-)Gemeinschaft. Sie sind aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen in vielfältiger Weise aufeinander angewiesen. Sie arbeiten zusammen und sichern dadurch ihren Lebensunterhalt. Der Arbeitnehmer hat häufig seinen Wohnsitz in der Nähe des Betriebssitzes, er hat eine Berufserfahrung gewonnen, die auf den Betrieb und die Zusammenarbeit mit der Belegschaft zugeschnitten ist, es sind persönliche Beziehungen zu Arbeitskollegen, Vorgesetzten und eventuell auch zum Arbeitgeber gewachsen und er hat häufig einen Kündigungsschutz erworben. Für den Arbeitgeber steht das materielle und immaterielle Betriebsvermögen, zu dem auch die speziellen Erfahrungen seiner Arbeitnehmer und die eingespielte Zusammenarbeit der Belegschaft gehören, vielleicht sogar sein weiteres Vermögen und wie auch für die Arbeitnehmer seine berufliche Zukunft auf dem Spiel. Für sie beide ist deshalb in der Regel der Erhalt des Betriebes vorrangig.

Es ist durchaus nicht immer im Interesse des Arbeitnehmers oder eines Verbrauchers, dass das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung festgeschrieben wird. So können Vermieter bereits aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 556 ff BGB höhere Betriebskosten auf die Mieter umlegen, bei erforderlichen besonderen Aufwendungen für eine Modernisierung die Miete anheben oder sogar bereits eine höhere Miete verlangen, wenn die örtliche Vergleichsmiete gestiegen ist, also sogar das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung der Marktlage anpassen, ohne dass die Ertragslage sich für den Vermieter verschlechtert hat, während der Arbeitgeber die Vergütung nicht allein deshalb ändern kann, weil sich die Arbeitsmarktlage geändert hat und soweit ersichtlich schon nach bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung auch nicht bei wirksam vereinbartem Widerrufsvorbehalt.

Andererseits kann der Arbeitgeber sich bei guter Ertragslage kaum dem Erwartungsdruck der Arbeitnehmer entziehen, die Arbeitsbedingungen einschließlich der Vergütung zu verbessern, weil die Arbeitnehmer wissen, dass er nur mit Ihnen diese gestiegenen Erträge erzielen kann.

Bei einer starren Festlegung des Verhältnisses von Leistung und Gegenleistung muss der Arbeitgeber ein erheblich höheres Risiko tragen, zusätzliche Rücklagen bilden, was wiederum ungünstige Auswirkungen auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung und die Vermögensverteilung hat, und wahrscheinlich häufiger den Betrieb ganz oder teilweise wegen Insolvenz einstellen, wodurch materielles und immaterielles Betriebsvermögen nicht nur zu Lasten des Arbeitgebers sondern auch der Arbeitnehmer des Betriebes vernichtet wird.

Insofern dürfte es im Hinblick auf die Interessenlage geboten sein, nicht schon wegen des Umfangs der von einem Widerrufsvorbehalt erfassten übertariflichen Leistungen von dessen Unangemessenheit oder Unzumutbarkeit auszugehen, sondern, wenn auch andere Unwirksamkeitsgründe nicht vorliegen, lediglich bei jedem Widerruf zu überprüfen, ob in angemessenem Umfang von dem Widerrufsvorbehalt Gebrauch gemacht wurde und die für einen Widerruf vorliegenden Gründe den Umfang der widerrufenen übertariflichen Leistungen rechtfertigten, also sich bezüglich der Höhe der betroffenen übertariflichen Leistungen auf eine Ausübungskontrolle zu beschränken.

b) Aus ähnlichen Erwägungen ist zweifelhaft, ob ein Widerrufsvorbehalt, wenn er Vertragsinhalt geworden wäre, deshalb unwirksam wäre, weil in ihm nicht die Gründe benannt werden, aus denen ein Widerruf möglich sein soll. Die Angabe der möglichen Widerrufsgründe im Arbeitsvertrag wird vielfach in der Literatur und nun teilweise auch in der Rechtsprechung für erforderlich gehalten (vgl. Erf. Komm./ Preis, 4. Aufl., §§ 305 - 310 BGB Rdnr. 54 ff.; Preis, NZA 2004, 1014; Gotthardt, a.a.O., E II 6 c) ee) (2); Stoffels, NZA Sonderbeilage 1/2004, 19, 25 und insbesondere LAG Hamm, Urteil vom 11.05.2004 - 19 Sa 90/04 - NZA-RR 2004, 515 in einem Parallelfall, dem eine Klage eines Arbeitskollegen des Klägers gegen die Beklagte zugrunde liegt, Revision anhängig unter - 5 AZR 364/04 -; ArbG Düsseldorf, Urteil vom 18.09.03 - 2 Ca 2548/03, DB 2004, 81f , a.A.: LAG Berlin, Urteil vom 30.03.04 - 3 Sa 2206/03 - Revision anhängig unter 10 AZR 331/04; Lingemann, NZA 2002,191 und Schnitker/Grau, BB 2002, 2124).

Ob die Vereinbarung eines Widerrufsvorbehalts dadurch an Transparenz gewinnt, dass in der Vereinbarung die Gründe angegeben werden, aus denen widerrufen werden kann, ist fraglich.

Ist im Arbeitvertrag nicht angegeben, unter welchen Voraussetzungen in welcher Höhe ein Widerruf übertariflicher Lohnbestandteile möglich sein soll, ist nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bei jedem Widerruf zu prüfen, ob er keine Umgehung des Kündigungsschutzes darstellt und gemäß § 315 BGB billigem Ermessen entspricht.

Wären die für einen Widerruf erforderlichen Gründe im Arbeitsvertrag anzugeben, wäre die Rechtslage je nach Formulierung der Gründe im Arbeitsvertrag und seinen Ergänzungen unterschiedlich und könnte der Arbeitnehmer bei der Prüfung, ob ein ausgesprochener Widerruf rechtmäßig ist, nicht mehr auf eine einheitliche Rechtsprechung zurückgreifen. Es ist auch davon auszugehen, dass dann bei Arbeitnehmern eines Betriebes je nach Einstellungszeitpunkt, vorangegangenen Betriebsübernahmen, gezeigter Bereitschaft, Vertragsänderungen zuzustimmen und evtl. je nach Zugang ergänzender Erklärungen des Arbeitgebers (vgl. zur möglichen Vertragsanpassung die Vorschläge von Preis NZA 2003, Sonderbeilage zu Heft 16 Seite 19, 29) unterschiedliche Formulierungen maßgeblich wären, zumal wenn der Arbeitgeber bemüht wäre, die Arbeitsverträge immer wieder der neuesten Rechtsprechung zu möglichen Widerrufsgründen anzupassen, um die gegebenen Möglichkeiten auszuschöpfen, andererseits aber auch nicht eine zu weitgehende oder nicht ausreichend aussagefähige Formulierung zu gebrauchen, die die Wirksamkeit des Widerrufsvorbehalts gefährden könnte. Dadurch würde die Vertragssituation zunehmend unübersichtlich, es käme zu einer umfangreichen Kasuistik und einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer im Betrieb, insbesondere zwischen denen mit wirksamen und denen mit unwirksamen Widerrufsvorbehalt, obwohl ein Widerrufsvorbehalt auch dazu führen soll, dass im Falle notwendiger Vergütungskürzungen die Gleichbehandlung erleichtert wird und nach Möglichkeit für alle Arbeitnehmer die Frage gleich zu beurteilen ist, ob ein Widerruf wirksam ist.

Ausführungen im Arbeitsvertrag zu Rechtsfragen, die nicht abweichend von gesetzlichen Regelungen oder der Rechtsprechung geregelt werden sollen, sind in der Regel nicht im Interesse des Arbeitnehmers, weil sie eher die Einschätzung der Rechtslage erschweren und dazu zwingen, zu überprüfen, inwieweit die im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen von den gesetzlichen Regelungen und der hierzu ergangenen Rechtsprechung und eventuell auch von der Vertragsgestaltung bei Arbeitskollegen oder anderen Arbeitgebern abweichen und sich insoweit eine andere Rechtslage mit anderen Vor- und Nachteilen ergibt. Die Vergleichbarkeit und Transparenz der Arbeitsbedingungen würde darunter leiden. Auch ist das Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Gleichbehandlung gerade auch in Zeiten, in denen aus wirtschaftlichen Gründen in zahlreichen Betrieben Einkommenseinbußen hinzunehmen sind, im Arbeitsverhältnis besonders groß und vorrangig vor dem Interesse an einer möglichst umfassenden Regelung aller Rechtsfragen im Arbeitsvertrag.

Möchte ein Arbeitnehmer wissen, unter welchen Voraussetzungen ein Widerruf welcher Leistungen in welchem Umfang möglich ist, so reichen kurze Angaben im Arbeitsvertrag nicht aus, zumal auch weitere Gesichtspunkte wie der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu beachten sind und im Falle eines Widerrufs neben der Rechtslage zusätzlich auch die für sie maßgeblichen tatsächlichen Umstände aufzuklären sind, bevor die Frage der Wirksamkeit eines Widerrufs beantwortet werden kann.

Insofern ist die Situation nicht anders, als wenn der Arbeitgeber unter Einhaltung einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsregelung eine Kündigung ausspricht oder das Arbeitsverhältnis mit Ablauf einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Befristung auslaufen lässt. Auch in diesen Fällen kann der Arbeitnehmer nicht aus dem Arbeitsvertrag entnehmen, ob und welche Voraussetzungen für die Wirksamkeit der Kündigung oder die Befristung vorliegen müssen, kann aber sogar nur innerhalb von drei Wochen Klage erheben, wenn er die Unwirksamkeit geltend machen will. Die verschiedenen gesetzlichen Kündigungs- und Befristungsschutzbestimmungen sind zudem zumindest für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer schwieriger zu überblicken und kaum aussagefähiger als die Regelung des § 315 BGB, wonach der Widerruf nur nach billigem Ermessen erfolgen darf, eine Regelung, die immer Anwendung findet und einem allgemeinem Rechtsgrundsatz entspricht.

Es besteht nicht die Gefahr, dass ein Arbeitnehmer aufgrund der Nichtangabe möglicher Gründe für einen Widerruf übertariflicher Leistungen zusätzlich verunsichert wird. Er wird weit mehr eine Kündigung fürchten, selbst wenn er nicht wissen sollte, dass ein Widerruf an Vorraussetzungen geknüpft ist. Vielmehr besteht die Gefahr, dass so länger und komplizierter der Vertrag ist und umso mehr er allgemeine Rechtsbelehrungen enthält, der Arbeitnehmer diesen nicht ausreichend liest und er dann auch den Widerrufsvorbehalt nicht wahrnimmt.

c) Wäre ein Widerrufsvorbehalt Vertragsinhalt geworden, so würde er jedoch gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs 1 S 2 BGB insoweit verstoßen, als sich aus ihm nicht klar ergibt, welche Leistungen jederzeit ersatzlos wegfallen können.

Der Hinweis auf übertarifliche Leistungen reicht für einen Widerrufsvorbehalt dann nicht aus, wenn nicht offensichtlich ist, welche der im Arbeitsvertrag erwähnten und/oder im Betrieb üblichen Leistungen übertariflich sind. Umso einschneidender der vorbehaltene Widerruf ist, umso höhere Anforderungen sind an die Transparenz zu stellen (Stoffels, NZA Sonderbeilage 1/2004, 25).

Aufgrund des Arbeitsvertrages war für den Kläger nicht ohne weiteres erkennbar, welche der im Betrieb erbrachten Leistungen die Beklagte als übertariflich ansah und jederzeit wegfallen konnten, zumal bereits bei der Beklagten beschäftigte Arbeitnehmer, die für die gleichen Kunden eingesetzt wurden, eine Montagezulage und Fahrtkostenerstattung als tarifliche Leistungen erhielten. Die Beklagte wäre zur Klarstellung ohne weiteres in der Lage gewesen, diese Leistungen als übertariflich und jederzeit widerrufbare Leistungen im Arbeitsvertrag zu kennzeichnen. Im Arbeitsvertrag sowie in dem Änderungsvertrag wird die Fahrtkostenerstattung aufgeführt, ohne dass auch nur mit einem Wort erwähnt wird, dass es sich um eine übertarifliche und insbesondere jederzeit widerrufbare Leistung handeln soll. Bei einer solchen ausdrücklichen Hervorhebung einer Leistung im Arbeitsvertrag erwartet ein Arbeitnehmer nicht, dass er erst an anderer Stelle ohne konkrete Bezugnahme verklausuliert darauf hingewiesen wird, dass insofern keine Verpflichtung begründet werden soll.

B

Die Zahlungsklage ist aufgrund der Unwirksamkeit des Widerrufs in Höhe von 2.433,28 EUR brutto Fahrtkostenerstattung (128 Arbeitstage x 19,01 EUR) und in Höhe von 1.373,40 EUR brutto Lohnzuschlag (245,94 EUR brutto für den Monat Mai 2003 und 6 x 187,91 EUR brutto für die Monate Juni bis November 2003) begründet, im Übrigen unbegründet.

I

Bezüglich der Fahrtkostenerstattung in Höhe von 19,01 EUR brutto täglich ist nur die unstreitige Zahl von 128 Arbeitstagen zugrunde zu legen, nämlich 133 Tage entsprechend den Angaben in der Lohnabrechnung abzüglich der fünf Feiertage, die auf einen Wochentag fallen, da die Beklagte behauptet hat, dass in den Lohnabrechnungen die jeweilige Zahl der Anwesenheitstage auch die Feiertage erfasst, an denen der Kläger sonst gearbeitet hätte. Der Kläger hat hierzu nicht Stellung genommen und insbesondere nicht die einzelnen Arbeitstage dargelegt und unter Beweis gestellt. Bei fünf freien Tagen in der Zeit von Mai bis November 2003, die auf einen Wochentag fallen, verbleiben 128 Tage, die multipliziert mit 19,01 EUR 2.433,28 EUR ergeben.

II

Als Lohnzuschlag kann der Kläger für die Zeit von Mai bis November 2003 insgesamt 1.373,40 EUR beanspruchen.

1. Für Mai 2003 ergibt sich wie in den Vormonaten ein Betrag in Höhe von 245,94 EUR brutto.

Die Differenz zwischen dem noch im April 2003 gezahlten Prämienlohn und der Leistungszulage ab Mai 2003 muss der Kläger sich nicht auf den Lohnzuschlag anrechnen lassen, da dadurch, dass an die Stelle des Prämienlohns die Leistungszulage getreten ist, der Kläger keine zusätzliche tarifliche Leistung erhält. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger ab Juni 2003 nicht Anspruch auf eine entsprechend hohe Prämie hätte haben können und Prämie und Leistungszulage keine gleichwertigen tariflichen Leistungen darstellen, wenn ihre Bemessung auch nach unterschiedlichen Kriterien vorgenommen wird.

2. Ab Juni muss der Kläger sich jedoch die Tariflohnerhöhung, mit der die Vergütung um 58,03 EUR von 1.891,83 EUR zuzüglich 340,53 EUR (18 % Leistungszulage) gleich 2.232,36 EUR auf 1.941,01 EUR zuzüglich 349,38 EUR (18 % Leistungszulage) gleich 2.290,39 EUR angehoben wurde, auf den Zuschuss von 245,94 EUR aufgrund des vereinbarten Vorbehaltes anrechnen lassen, so dass der monatliche Zuschuss nur noch 187,91 EUR beträgt und die Vergütungsansprüche des Klägers im Monat Juni 2004 nicht steigen.

a) Der dem Kläger bisher gewährte Zuschlag in Höhe von zuletzt 245,94 EUR wird von dem Anrechnungsvorbehalt erfasst.

Es handelt sich nicht um eine tarifliche Leistung.

Der Bundesmontagetarifvertrag, der für Montagearbeiter einen Montagezuschlag vorsieht, findet auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung. Der Kläger ist nicht als Montagestammarbeiter oder Montagezeitarbeiter eingestellt worden, sondern als Betriebsschlosser in der Betriebsstätte H7xx und ist auch später nicht auf eine Montage entsandt worden, sondern gemäß Vereinbarung vom 27.11.1992 lediglich zur Betriebsstätte H7xx-W4xxxx versetzt worden. Er hat nicht dargelegt, dass er als Betriebsschlosser auf einer gemäß § 2 des Bundestarifvertrages für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter außerbetrieblichen Arbeitsstelle eingesetzt wurde. Gemäß § 2.1.1 des Tarifvertrages ist als Betrieb nicht nur der Hauptbetrieb, sondern auch der Zweigbetrieb, Nebenbetrieb und ein Stützpunkt anzusehen.

Der Kläger ist aber für das Vorliegen der Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Bundestarifvertrages für die besonderen Arbeitsbedingungen der Montagearbeiter darlegungs- und beweispflichtig, da er geltend macht, dass er nach dem Tarifvertrag Anspruch auf einen Montagezuschlag habe.

b) Eine Anrechenbarkeit scheidet auch nicht deshalb aus, weil es sich bei der Zulage in Höhe von 13 % des bisherigen Lohnes eventuell um eine selbständige Zulage mit einem besonderen Zweck handelt, der dem Zweck der tariflichen Leistungen nicht entspricht.

Ohne Vereinbarung ist nur die Anrechnung allgemeiner übertariflicher Zulagen, die keinen besonderen Zweck verfolgen, möglich, weil die Anrechnungsmöglichkeit sich bereits daraus ergibt, dass das Arbeitsentgelt nominal unverändert bleibt sowie die bisherige Zulage und die Tariflohnerhöhung keinen unterschiedlichen Zweck verfolgen (vgl. Erf. Komm. - Preis, 4. Aufl., Rdnr. 65 zu §§ 305 - 310 BGB; Stoffels, NZA Sonderbeilage 1/2004, 19, 25).

Hier haben die Parteien aber einen Anrechnungsvorbehalt vereinbart, und zwar für alle übertariflichen Leistungen unabhängig davon, ob eine Zweckidentität zwischen bisheriger übertariflicher Leistung und Tariflohnanhebung bzw. Tariflohnerhöhung vorliegt.

c) Dem Anrechnungsvorbehalt kann auch nicht wie einem Widerrufsvorbehalt entgegen gehalten werden, dass er dem Transparenzgebot nicht genügt. Da der Anrechnungsvorbehalt nicht dazu führen kann, dass das Arbeitsentgelt nominal sinkt, sind an die Transparenz eines Anrechnungsvorbehalts nicht die gleichen Anforderungen zu stellen, wie an einen Widerrufsvorbehalt (Stoffels a.a.O.) Auch dann, wenn es für den Arbeitgeber ungewiss ist, inwieweit die vereinbarten Zahlungen auf tariflichen Ansprüchen basieren, muss er die Möglichkeit haben, Lohnerhöhungen nur für den Fall zuzusagen, dass tarifliche Ansprüche unterschritten werden. Es ist nicht unangemessen, wenn für den Arbeitnehmer unklar bleibt, ob es zu Lohnerhöhungen kommt. Er hat die klare Zusage, dass es bei der bisherigen Vergütung jedenfalls verbleibt. Die Anrechnung führt nicht zu einer Leistungsänderung gemäß § 308 Nr. 4 BGB.

d) Sofern die Auslegung der Vorbehaltsklausel nicht bereits zur Annahme eines ausschließlichen Anrechnungsvorbehalts führt, ergibt sich eine Unwirksamkeit des Anrechnungsvorbehalts auch nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB (Verbot der geltungserhaltenden Reduktion) daraus, dass der mit ihm verbundene Widerrufsvorbehalt gemäß § 305 c BGB nicht Vertragsbestandteil geworden ist oder zumindest gemäß den §§ 307 Abs. 1 und 308 Nr. 4 BGB unwirksam ist. Dann wäre von zwei selbstständig voneinander vereinbarten Vorbehalten auszugehen, von denen nur der Widerrufsvorbehalt unwirksam ist.

Im übrigen ist fraglich, ob im Hinblick auf § 310 Abs. 4 S. 2 BGB im Arbeitsrecht das Verbot der geltungserhaltenen Reduktion auch für Vertragsklauseln gelten kann, die dauerhaften Einfluss auf das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung haben können. Der Sanktionszweck des § 306 Abs. 2 BGB dürfte kaum eine fortwährende Beeinträchtigung betrieblicher Belange rechtfertigen, weil diese auch für die Arbeitnehmer von Bedeutung sind, in deren Interesse die Sanktionierung erfolgen soll und natürlich auch für ihre Arbeitskollegen.

Es kann den Betriebsfrieden beeinträchtigen, dass Arbeitnehmer, die sich z.B. den Arbeitsvertrag durchgelesen und mit dem Arbeitgeber Änderungen vereinbart haben oder unmittelbar einen Vertrag mit wirksamen Bestimmungen erhalten haben, unter Umständen auf Dauer wesentlich schlechter gestellt sind.

Im Hinblick auf ein wünschenswertes Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist es unbefriedigend, dass ein Arbeitnehmer bei Unterzeichnung eines Arbeitsvertrages, um keine Nachteile zu erleiden, auch bezüglich der zentralen Frage der Vergütung mit dem Arbeitgeber hierüber nicht verhandeln darf, bevor er nicht soweit wie möglich geklärt hat, welche Vereinbarungen durchsetzbar sind und ob der ihm vorgelegte Formulararbeitsvertrag insoweit unwirksame Regelungen enthält, die für ihn letztlich günstiger sind, als die eventuell durchsetzbaren verbesserten und damit wirksamen Regelungen.

Der Arbeitnehmer kann zudem nur schwer einschätzen, welche Klauseln unwirksam sind, welche Vorteile sich daraus ergeben und vor Beginn der Verhandlungen auch kaum beurteilen, ob er eine noch günstigere Vereinbarung durchsetzen kann wie z.B. die generelle Nichtanrechenbarkeit übertariflicher Zulagen auf Tariflohnerhöhungen.

Diese Probleme sind allerdings, wie dieser Fall zeigt, nicht nur mit dem Verbot der geltungserhaltenden Reduktion verbunden, sondern sie treten auch bei Auslegungsschwierigkeiten, mehrdeutigen und überraschenden Klauseln auf, ohne dass sie durch eine geltungserhaltende Reduktion vermieden werden können. Durch ein Verbot der geltungserhaltenden Reduktion können sie aber insbesondere im Bereich von Leistung und Gegenleistung auf eine für innerbetriebliche Verhältnisse kaum zu rechtfertigende Weise verschärft werden, zumal das Verbot eine undifferenzierte Strafe darstellt, deren Höhe sich nicht danach richtet, wie weit der Verwender vorformulierter Verträge von einer wirksamen Vereinbarung abgewichen ist, sondern von dem mit der bestraften Pflichtwidrigkeit in keinem Zusammenhang stehenden Umstand abhängt, ob und wie weit eine in der vorformulierten Vereinbarung enthaltene allen Anforderungen gerecht werdende Regelung sich von der gesetzlichen Regelung unterscheidet.

Die Kosten des Rechtsstreits waren den Parteien entsprechend des Verhältnisses ihres Obsiegens und Unterliegens gemäß § 92 ZPO aufzuerlegen.

Die Revision war zuzulassen im Hinblick auf die grundsätzliche Bedeutung der dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Rechtsfragen und im Hinblick auf die Zulassung der Revision im Parallelverfahren 19 Sa 2132/03 = 5 AZR 364/04.

Ende der Entscheidung

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