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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 07.01.2006
Aktenzeichen: 19 Sa 739/06
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 78 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 07.04.2006 - 1 BV 6/06 abgeändert.

Das am 01.02.2006 begründete Arbeitsverhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2. wird aufgelöst.

Gründe:

A

Die Beteiligten streiten über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung.

Die antragstellende Arbeitgeberin betreibt in B1xxxx einen Betrieb mit über 7.000 Arbeitnehmern, sie beschäftigt etwa 200 Auszubildende.

Seit dem 01.09.2002 befand sich der Beteiligte zu 2. aufgrund eines schriftlichen Berufsausbildungsvertrages vom 18.01.2002 (Bl. 8 ff.d.A.) in der Berufsausbildung zum Energieelektroniker. Der Beteiligte zu 2. gehörte der im Betrieb der Arbeitgeberin gebildeten Jugend- und Auszubildendenvertretung an, die zuletzt im November 2004 erneut gewählt wurde.

Zur Herstellung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Werkes B1xxxx führt die Arbeitgeberin seit Anfang des Jahres 2005 ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm durch. Dieses sieht vor, dass bis Ende des Jahres 2007 im Werk B1xxxx ein Personalabbau von 2.570 Vollzeitarbeitsplätzen erfolgen muss, der vor allem mittels Aufhebungsverträgen sowie Übergang in Qualifizierungsgesellschaften erfolgen soll. Grundlage der umfangreichen Restrukturierungsmaßnahmen ist eine mit dem im Betrieb der Arbeitgeberin gewählten Betriebsrat, dem Beteiligten zu 3., abgeschlossene Betriebsvereinbarung "Zukunftsvertrag 2010" vom 17.03.2005. Unter Ziffer D. "Berufsbildungs/Übernahme von Auszubildenden" ist in dieser Betriebsvereinbarung vom 17.03.2005 folgendes vereinbart:

"Es besteht Einvernehmen, dass die Geschäftsleitungen hinsichtlich der Auszubildenden, die in den Jahren 2006 und 2007 ihre Ausbildung erfolgreich beenden, mit Zustimmung des Gesamtbetriebsrats von der tarifvertraglich geregelten Übernahmeverpflichtung befreit werden, da die Voraussetzungen des § 3 Ziff. 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungssicherung (Tarifgebiet Hessen/Rheinland-Pfalz) bzw. des § 8 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Beschäftigungsbrücke (Tarifgebiet Nordrhein-Westfalen) erfüllt sind."

Mit Ausnahme des Beteiligten zu 2. und einem weiteren Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV), der Beteiligten zu 4., wurden alle früheren Auszubildenden der Arbeitgeberin, die seit Beginn des Jahres 2006 ihre Abschlussprüfung bestanden haben, als Leiharbeitnehmer aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages mit der Firma A6xxxx Personaldienstleistungen beschäftigt.

Bereits mit Schreiben vom 10.11.2005 (Bl. 10 d.A.) hatte die Arbeitgeberin dem Beteiligten zu 2. mitgeteilt, dass er nach dem Ende des Ausbildungsverhältnisses nicht in ein Arbeitsverhältnis übernommen werden könne.

Daraufhin verlangte der Beteiligte zu 2. mit Schreiben vom 21.12.2005 (Bl. 133 d.A.) sowie mit Schreiben vom 12.01.2006 (Bl. 11 d.A.) seine Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnisses nach § 78 a Abs. 2 BetrVG im Anschluss an seine Berufsausbildung.

Nachdem die Arbeitgeberin jegliche Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. abgelehnt hatte, machte die Arbeitgeberin im Wege der einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht Bochum - 2 Ga 2/06 - die Entbindung von der Weiterbeschäftigungsverpflichtung gegenüber dem Beteiligten zu 2., der am 27.01.2006 die mündliche Abschlussprüfung bestand, geltend. In diesem Verfahren kam es am 14.02.2006 zu folgendem Vergleich:

"Der Antragsgegner wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens 1 BV 6/06 in der Produktion im nichttaktgebundenen Bereich (als Beispiel Rohbau, Werkslogistik) weiterbeschäftigt und wird vergütet, wie ein Facharbeiter Energieelektroniker."

Mit dem ebenfalls am 23.01.2006 beim Arbeitsgericht eingeleiteten vorliegenden Beschlussverfahren beantragte die Arbeitgeberin die Feststellung, dass zwischen ihr und dem Beteiligten zu 2. ein Arbeitsverhältnis nicht begründet wird. Nach Bestehen der Abschlussprüfung beantragte sie mit dem am 24.02.2006 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz die Auflösung des am 01.02.2006 begründeten Arbeitsverhältnisses.

Unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen vom 23.01.2006 (Bl. 12 d.A.) sowie vom 08.02.2006 (Bl. 30 d.A.) hat die Arbeitgeberin die Auffassung vertreten, ihr sei eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. nicht zuzumuten, da ein freier Arbeitsplatz für ihn nicht vorhanden sei. Zur Erreichung der erforderlichen Personalabbauzahlen müssten im Rahmen der Restrukturierungsmaßnahmen nach dem 13.01.2006 noch 630 Verträge mit Mitarbeitern über deren Austritt aus dem Unternehmen der Arbeitgeberin abgeschlossen werden, noch 630 Vollzeitarbeitsplätze müssten im Werk B1xxxx abgebaut werden. Hierzu gehörten allein in dem Fachbereich der Instandhaltung, dem die Energieelektroniker angehörten, noch 285 Vollzeitarbeitsplätze.

Der Beteiligte zu 2. könne sich auch nicht darauf berufen, dass im Betrieb der Arbeitgeberin noch Leiharbeitnehmer beschäftigt seien; der Einsatz von Leiharbeitnehmern, derzeit noch etwa 150 Arbeitnehmer, solle bis Mitte des Jahres 2006 auf Null reduziert werden. Im Übrigen sei es Teil der unternehmerischen Entscheidung, ob der Arbeitgeber den anfallenden Arbeitsbedarf mit eigenen oder mit fremden Arbeitnehmern verrichte. Die unternehmerische Entscheidung, Leiharbeitskräfte einzusetzen, sei darüber hinaus bereits vor der geplanten Nichtübernahme der Auszubildenden getroffen worden. Ein freier Arbeitsplatz sei für den Beteiligten zu 2. auf Dauer jedenfalls nicht vorhanden.

Auch der Umstand, dass der Beteiligte zu 2. seit Februar 2006 im Bereich der Logistik eingesetzt worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Da im Rahmen des Restrukturierungsprogramms anfangs mehr Mitarbeiter aus dem direkten Bereich (Produktion) als aus dem indirekten Bereich - u.a. Instandhaltung - ausgeschieden seien, habe sich ein temporärer Bedarf an Arbeitskräften in den Bereichen der Fertigungs- und Endmontage sowie der Werkslogistik ergeben, sodass Personalverschiebungen vom indirekten Bereich in den direkten Bereich notwendig gewesen seien. Nur diesem Umstand sei die Einsatzmöglichkeit des Beteiligten zu 2. im Bereich der Logistik zu verdanken.

Hätte der Beteiligte zu 3. seiner Beschäftigung bei der Firma A6xxxx Personaldienstleistungen zugestimmt, wäre er jedenfalls bis zum 30.06.2006 aufgrund der Zusagen von A6xxxx im Werk B1xxxx weiter eingesetzt worden.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

festzustellen, dass das am 01.02.2006 begründete Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,

den Antrag abzuweisen.

Er hat seine Weiterbeschäftigung im Betrieb der Arbeitgeberin für zumutbar gehalten und die Auffassung vertreten, er könne auch außerhalb seines Fachbereichs eingesetzt werden. Für die weitere Einsatzmöglichkeit spreche bereits die Beschäftigung von zahlreichen Leiharbeitnehmern auch über dem Zeitpunkt des Bestehens der Abschlussprüfung hinaus. Auch der zwischen den Beteiligten abgeschlossene Vergleich vom 14.02.2006 zeige, dass eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. im Werk B1xxxx möglich sei.

Durch Beschluss vom 07.04.2006 hat das Arbeitsgericht den Antrag der Arbeitgeberin abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei der Arbeitgeberin nicht unzumutbar, ihn weiterzubeschäftigen. Es könne nämlich nicht von einem fehlenden Beschäftigungsbedarf für den Beteiligten zu 2. ausgegangen werden. Gegen das Fehlen eines derartigen Beschäftigungsbedarfs spreche schon die Tatsache, dass die weiteren früheren Auszubildenden tatsächlich bei der Arbeitgeberin eingesetzt und beschäftigt würden, allerdings aus Kostengründen über eine Verleihfirma. Auf einen fehlenden Beschäftigungsbedarf könne sich die Arbeitgeberin im Übrigen schon deshalb nicht berufen, weil der Beteiligte zu 2. nicht auf seiner Beschäftigung als Energieelektroniker beharre. Die bloße Behauptung, es geben keinen freien Arbeitsplatz, laufe dem Schutzgedanken der Vorschrift des § 78 a BetrVG zuwider.

Gegen den der Arbeitgeberin am 12.05.2006 zugestellten Beschluss, auf dessen Gründe ergänzend Bezug genommen wird, hat die Arbeitgeberin am 22.05.2006 Beschwerde zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit dem am 11.07.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags ist die Arbeitgeberin nach wie vor der Auffassung, eine Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. sei ihr unzumutbar. Hierzu bezieht sie sich u.a. auf einen Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum in einem Parallelverfahren vom 12.05.2006 - 5 BV 5/06 - (Bl. 110 ff.d.A.).

Die Arbeitgeberin ist weiter der Auffassung, dass ein freier Arbeitsplatz für den Beteiligten zu 2. auf Dauer im Werk B1xxxx nicht zur Verfügung stehe. Zum Zeitpunkt der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2. am 01.02.2006 sei der Personalabbau noch nicht abgeschlossen gewesen. Insgesamt müssten im Juni 2006 noch 388 Vollzeitarbeitsplätze abgebaut werden. Ende Mai 2006 hätte im indirekten Bereich noch ein Personalüberhang von 210 Vollzeitarbeitsplätzen bestanden. Würden diese vorgegebenen Abbauzahlen nicht erreicht, drohten betriebsbedingte Kündigungen. Ein Personalüberhang bestehe derzeit auch noch an Energieelektronikern.

Ein Beschäftigungsbedarf ergebe sich auch nicht daraus, dass die Arbeitgeberin derzeit noch Leiharbeitnehmer beschäftige. Auch derzeit würden die Arbeitsstellen von Leiharbeitnehmern abgebaut. Bis Mitte des Jahres 2006 sollten die Leiharbeitsverhältnisse möglichst bis auf Null reduziert werden. Es gebe auch keine langfristigen Verträge mit der Zeitarbeitsfirma A6xxxx über die Gestellung von Fremdpersonal. Die Beschäftigung bei A6xxxx für die Antragstellerin sei zeitlich bis zum 30.06.2006 befristet. Im Übrigen handele es sich bei dem Einsatz von Leiharbeitnehmern um eine unternehmerische Entscheidung, die die Annahme eines fehlenden Beschäftigungsbedarfs auf Dauer im Betrieb nicht ausschließe.

Die Arbeitgeberin beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Bochum vom 07.04.2006 - 1 BV 6/06 - abzuändern und das am 01.02.2006 begründete Arbeitsverhältnis mit dem Beteiligten zu 2. aufzulösen.

Der Beteiligte zu 2. beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Unter Bezugnahme auf seinen erstinstanzlichen Sachvortrag verteidigt der Beteiligte zu 2. den angefochtenen Beschluss und meint, seine Weiterbeschäftigung sei im Werk B1xxxx möglich. Dies ergebe sich allein daraus, dass nach wie vor im indirekten Bereich im Betrieb in erheblichem Umfang Leiharbeitnehmer tätig seien. Die Leiharbeitsverhältnisse seien nach wie vor nicht auf Null reduziert worden. Er, der Beteiligte zu 2., sei darüber hinaus im Bereich Logistik eingesetzt. Auch dieser Umstand zeige, dass freie Arbeitsplätze vorhanden seien. Ihm, dem Beteiligten zu 2., sei auf seine Nachfrage sogar Erholungsurlaub verwehrt worden, dabei sei ihm bedeutet worden, er könne keinen Urlaub bekommen, da er gebraucht werde, es seien keine Leute vorhanden. Anfang Juli 2006 sowie danach sei sogar samstags und sonntags gearbeitet worden. Im August und September 2006 sei der Beteiligte zu 2. gebeten worden, eine Sitzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung ausfallen zu lassen, da nicht genügend Leute vorhanden seien.

Die Beschwerdekammer hat die Akten des Rechtsstreits 2 Ga 2/06 Arbeitsgericht Bochum beigezogen. Auf den Inhalt dieser Akten wird ebenso Bezug genommen wie auf den weiteren Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen.

B

Die zulässige Beschwerde der Arbeitgeberin ist begründet.

Dem Auflösungsantrag der Arbeitgeberin war nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG stattzugeben.

I.

1. Die Arbeitgeberin verfolgt ihr Begehren zulässigerweise im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren nach den §§ 2 a,80 ArbGG. Zwischen den Beteiligten ist eine betriebsverfassungsrechtliche Angelegenheit nach § 78 a BetrVG streitig, nämlich die Übernahme eines Mitglieds der Jugend- und Auszubildendenvertretung in ein Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses.

2. Die Antragsbefugnis der Arbeitgeberin und die Beteiligung des betroffenen Auszubildenden ergeben sich aus den §§ 10, 83 Abs. 3 ArbGG. Nach § 78 a Abs. 4 Satz 2 BetrVG sind im vorliegenden Verfahren auch der Betriebsrat sowie die Jugend- und Auszubildendenvertretung beteiligt.

3. Die Arbeitgeberin hat ihr Begehren auch form- und fristgerecht nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 BetrVG beim Arbeitsgericht geltend gemacht. Der Feststellungsantrag nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BetrVG ist auch schon vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses - hier am 27.01.2006 - zulässig. Er wandelt sich bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses nach § 78 a Abs. 2 oder 3 BetrVG in einen Antrag nach Nr. 2 des § 78 a Abs. 4 Satz 1 BetrVG auf Auflösung des nunmehr begründeten Arbeitsverhältnisses um, ohne dass es einer förmlichen Antragsänderung, die vorliegend ausdrücklich vorgenommen worden ist, bedurft hätte (BAG, Beschluss vom 29.11.1989 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 20).

II.

Der Auflösungsantrag ist auch begründet.

Nach § 78 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BetrVG kann der Arbeitgeber nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht die Auflösung des nach § 78 a Abs. 2 oder 3 BetrVG begründeten Arbeitsverhältnisses verlangen, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Diese Voraussetzungen sind gegeben.

1. Zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2. ist ein Arbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 Satz 1 BetrVG begründet worden.

Der Beteiligte zu 2., Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, hat von der Arbeitgeberin schriftlich seine Weiterbeschäftigung vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses verlangt. Mit Schreiben vom 21.12.2005 sowie mit Schreiben vom 12.01.2006 hat er seine Übernahme in ein unbefristetes Vollzeitarbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 BetrVG im Anschluss an seine Ausbildung beantragt.

Die Dreimonatsfrist vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses ist mit den genannten Schreiben eingehalten.

Damit galt nach § 78 a Abs. 2 zwischen der Arbeitgeberin und dem Beteiligten zu 2. nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als begründet.

2. Der Auflösungsantrag der Arbeitgeberin ist begründet, weil Tatsachen vorliegen, aufgrund derer ihr unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. nicht zugemutet werden kann.

a) Die Weiterbeschäftigung eines Jugend- und Auszubildendenvertreters nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses in einem Arbeitsverhältnis ist einem Arbeitgeber grundsätzlich dann unzumutbar, wenn zu diesem Zeitpunkt im Ausbildungsbetrieb kein freier Arbeitsplatz vorhanden ist, auf dem der Auszubildende mit seiner durch die Ausbildung erworbenen Qualifikation beschäftigt werden kann. Der Begriff der Unzumutbarkeit im Sinne des § 78 a Abs. 4 BetrVG ist dabei unabhängig von den zu § 626 Abs. 1 BGB entwickelten Grundsätzen zu bestimmen. Während diese Vorschrift darauf abstellt, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses lediglich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist bzw. zur vereinbarten Beendigung zugemutet werden kann, ist bei § 78 a Abs. 4 BetrVG zu entscheiden, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis auf Dauer zumutbar ist. Dies ist grundsätzlich zu verneinen, wenn der Arbeitgeber keinen andauernden Bedarf für die Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers hat (BAG, Beschluss vom 24.07.1991 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 23; BAG, Beschluss vom 16.08.1995 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 25; BAG, Beschluss vom 06.11.1996 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 26; BAG, Beschlüsse vom 12.11.1997 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 30 und 31; BAG, Beschluss vom 28.06.2000 - ZTR 2001, 139; Fitting/Engels/ Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, BetrVG, 23. Aufl., § 78 a Rz. 46 und 54; Däubler/Kittner/Klebe/Bachner, BetrVG, 10. Aufl., § 78 a Rz. 36; Oetker, GK-BetrVG, 8. Aufl., § 78 a Rz. 90 ff., 95, 97; ErfK/Kania, 6. Aufl., § 78 a Rz. 9).

Für die Feststellung der Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung im Sinne des § 78 a Abs. 4 BetrVG ist auf den Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch das Arbeitsgericht abzustellen (BAG, Beschluss vom 16.08.1995 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 25; BAG, Beschluss vom 28.06.2000 - ZTR 2001, 139).

b) Ausgehend von diesen Grundsätzen musste dem Auflösungsantrag der Arbeitgeberin stattgegeben werden. Der Arbeitgeberin war die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2. unzumutbar. Im Januar 2006, seit dem Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses, war nämlich im Betrieb der Arbeitgeberin kein freier Arbeitsplatz als Energieelektroniker vorhanden.

aa) Die Arbeitgeberin hat unbestritten vorgetragen, dass aufgrund der Notwendigkeit der Durchführung eines Restrukturierungsprogramms zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2. noch ein Arbeitsplatzabbau von 630 Arbeitsplätzen erforderlich gewesen ist. Unstreitig ist zwischen den Beteiligten darüber hinaus, dass die Betriebsparteien durch die Betriebsvereinbarung "Zukunftsvertrag 2010" vom 17.03.2005 die Entscheidung getroffen haben, keine Auszubildenden zu übernehmen, die in den Jahren 2006 und 2007 ihre Ausbildung erfolgreich beenden. Auch der Beteiligte zu 2. hat einen freien Arbeitsplatz als Energieelektroniker im Laufe des Verfahrens nicht aufzeigen können. Die Arbeitgeberin war auch nicht verpflichtet, für den Beteiligten zu 2. als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen oder einen vorhandenen frei zu machen (Fitting, a.a.O., § 78 a Rz. 55).

bb) Der Umstand, dass die Arbeitgeberin zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses im Werk B1xxxx zahlreiche Leiharbeitnehmer beschäftigt hat, führt nicht zu der Annahme, dass freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen sind.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bestimmt sich das Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes nicht danach, ob eine tatsächliche Beschäftigungsmöglichkeit besteht oder eine nach objektiven Kriterien messbare Arbeitsmenge vorliegt. Maßgeblich ist vielmehr, ob nach den arbeitsorganisatorischen Vorgaben des Arbeitgebers ein Arbeitsplatz frei, d.h. unbesetzt ist. Welche Arbeiten im Betrieb verrichtet werden sollen und wie viele Arbeitnehmer damit beschäftigt werden, bestimmt der Arbeitgeber hierbei durch seine arbeitstechnischen Vorgaben und seine Personalplanung. Entscheidet er sich dafür, keine Arbeiten durch zusätzliche Arbeitnehmer verrichten zu lassen, hat er mithin keinen Einstellungsbedarf, so ist ein freier Arbeitsplatz nicht vorhanden. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, durch eine Änderung seiner Arbeitsorganisation einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen, um einen durch § 78 a BetrVG geschützten Auszubildenden weiter beschäftigen zu können (BAG, Beschluss vom 06.11.1996 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 26; BAG, Beschluss vom 12.11.1997 - AP BetrVG 1972 § 78 a Nr. 31; BAG, Beschluss vom 28.06.2000 - ZTR 2001, 139 m.w.w.N.).

Hiernach folgt aus dem Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht, dass ein freier Arbeitsplatz für den Beteiligten zu 2. vorhanden gewesen wäre. Die Arbeitgeberin hatte sich entschlossen, den Beschäftigungsbedarf nicht mit eigenen Arbeitnehmern abzudecken, sondern mit Leiharbeitnehmern. Sie hatte demnach zum Zeitpunkt der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2. keinen Einstellungsbedarf. Es ist Teil der unternehmerischen Entscheidung eines Arbeitgebers, mit wie vielen Arbeitnehmern er die vorhandene Arbeitsmenge erledigen lässt. Ebenso entscheidet der Arbeitgeber, ob die vorhandene Arbeit mit eigenem Personal oder mit Fremdpersonal erledigt wird.

Aus diesem Grund führt auch das Vorbringen des Beteiligten zu 2., es seien ausreichend Arbeitsaufgaben vorhanden, mit denen der Beteiligte zu 2. betraut werden könne, es würden sogar Überstunden geleistet, nicht zu einem anderweitigen Ergebnis. Wie der Beschäftigungsbedarf im Einzelnen umgesetzt wird, ist Sache des Arbeitgebers. Die Arbeitgeberin hat im vorliegenden Fall mit dem Betriebsrat entschieden, keine Auszubildende zu übernehmen. Angesichts der Notwendigkeit der Durchführung des Restrukturierungsprogramms zur Aufrechterhaltung des Werkes B1xxxx ist diese Entscheidung auch nicht rechtsmissbräuchlich oder willkürlich.

Auch der Umstand, dass der Beteiligte zu 2. seit der Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses im Bereich Logistik beschäftigt worden ist, führt nicht zu der Annahme, dass freie Arbeitsplätze vorhanden wären. Eine Weiterbeschäftigung nach § 78 a BetrVG könnte der Beteiligte nur dann erreichen, wenn ein freier Arbeitsplatz vorhanden wäre, auf dem er mit seiner durch die Ausbildung erworbenen Qualifikation - mithin als Energieelektroniker - beschäftigt werden könnte. Das ist, wie ausgeführt, gerade nicht der Fall. Die Weiterbeschäftigung des Beteiligten zu 2. im Anschluss an die Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses beruhte nicht auf einem Beschäftigungsbedarf seitens der Arbeitgeberin oder auf dem Vorhandensein eines freien Arbeitsplatzes, sondern sie erfolgte lediglich wegen der gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses aufgrund des Weiterbeschäftigungsverlangens des Beteiligten zu 2..

III.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht bestand nach den §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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