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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss verkündet am 12.01.2007
Aktenzeichen: 2 Ta 286/06
Rechtsgebiete: ArbGG


Vorschriften:

ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Dortmund vom 29.03.2006 - 9 Ca 49/06 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 19.800,00 € festgesetzt.

Mangels Zulassung der Rechtsbeschwerde ist ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung nicht gegeben.

Gründe:

I

Die Parteien streiten im Beschwerderechtszug über die Zulässigkeit des Rechtsweges.

Der Kläger will feststellen lassen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 14.12.2005 weder fristlos noch fristgemäß beendet worden ist und auch nicht aufgrund der vereinbarten Befristung zum 31.12.2005 beendet worden ist.

Der am 08.10.1943 geborene Kläger schloss mit der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH am 21.12.1994 einen Dienstvertrag über die Tätigkeit als Geschäftsführers der RP-T1xxxxx GmbH M2xxxxxxxx, die ihren Geschäftsbetrieb zum 01.01.1995 aufnahm. Der Kläger wurde zum Geschäftsführer bestellt und hatte die Aufgabe, die neue Gesellschaft entsprechend den Gesetzen, dem Gesellschaftsvertrag und den Geschäftsordnungen zu führen. Im Hinblick auf die zum 01.01.1995 zu gründende RP-P5xxxxxxxxxxx GmbH begann der Kläger seine Tätigkeit aufgrund einer Vereinbarung mit der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH vom 16.09.1994 bereits zum 01.10.1994 als alleinverantwortlicher Geschäftsbereichsleiter für die RP-Rohre mit dem Status eines leitenden Angestellten. Die neu gegründete RP-T1xxxxx GmbH M2xxxxxxxx wurde 1998 in RP T1xxxxx GmbH P2xxxxxxxxxxx umbenannt. Der Anstellungsvertrag des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten wurde mehrfach, zuletzt bis zum 31.12.2005 verlängert. Der Kläger verdiente zuletzt im Durchschnitt 16.500,00 € monatlich.

Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 30.06.2005 wurde der Kläger aus seinem Amt als Geschäftsführer entlassen.

Gemäß Vereinbarung vom 06.07.2005 wurde der Kläger von seinen Tätigkeiten in der RP T1xxxxx GmbH bis auf weiteres entbunden und sollte ab sofort keine wie immer gearteten Aktivitäten im Wirkungsbereich der RP T1xxxxx GmbH vornehmen. Der Dienstvertrag blieb bis zum 31.12.2005 bestehen. Gleichzeitig verpflichtete sich der Kläger, während der Dienstvertragsdauer nicht in Konkurrenz zu den Beklagten zu treten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vereinbarung vom 06.07.2005 (Bl. 71 d.A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 14.12.2005 kündigte die Beklagte zu 1) den Geschäftsführeranstellungsvertrag mit dem Kläger aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos.

Die Beklagten haben die Unzulässigkeit des Rechtsweges gerügt.

Der Kläger vertritt die Auffassung, er habe im Jahre 2005, insbesondere auch über den 30.06.2005 hinaus, für die Beklagten als weisungsabhängiger Arbeitnehmer gearbeitet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat den Rechtsweg zum Arbeitsgericht Dortmund durch Beschluss vom 29.03.2006 für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht Dortmund verwiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger gelte als GmbH-Geschäftsführer nicht als Arbeitnehmer gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG. Mit dem Abschluss des Anstellungsvertrages als GmbH-Geschäftsführer ab 01.01.1995 sei der zunächst bestehende Arbeitsvertrag aufgehoben worden. Seine Abberufung als Geschäftsführer ändere an dem Rechtscharakter des mit den Beklagten bestehenden Anstellungsverhältnisses nichts. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, der dem Kläger am 18.04.2006 zugestellt worden ist, Bezug genommen.

Dagegen hat der Kläger

sofortige Beschwerde

eingelegt, die am 02.05.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangen ist und der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

Zur Begründung seines Rechtsmittels trägt er vor, anders als vom Arbeitsgericht angenommen sei das durch den Arbeitsvertrag vom 16.09.1994 vereinbarte Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.1994 aufgehoben oder beendet worden. Der Arbeitsvertrag sei nicht durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag ersetzt worden. Jedenfalls habe er sein Amt als Geschäftsführer durch die Abberufung und infolge der Vereinbarung vom 06.07.2005 verloren. Seit dem 06.07.2005 sei er kein Geschäftsführer mehr gewesen, sondern habe Tätigkeiten nach Weisung erledigt.

Die Beklagten verteidigen den angefochtenen Beschluss und treten dem Vorbringen des Klägers entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

II

Die gemäß den §§ 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG, 48 Abs. 1 Nr. 2, 78 Satz 1 ArbGG, 569 ZPO zulässige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet. Zu Recht hat das Arbeitsgericht den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG an das zuständige Landgericht Dortmund verwiesen. Das Beschwerdegericht folgt der zutreffenden Begründung des Arbeitsgerichts und nimmt darauf Bezug. Das Vorbringen des Klägers in der Beschwerdeinstanz nötigt lediglich zu folgenden Ergänzungen:

1. Der Kläger gilt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht als Arbeitnehmer. Bei Organvertretern wollte der Gesetzgeber unabhängig von dem materiell-rechtlichen Status dieser Personengruppe festlegen, dass sie nicht als Arbeitnehmer zu behandeln sind (vgl. dazu Wank, Anm. zu BAG vom 20.08.2003 - 5 AZB 79/02 - AP Nr. 58 zu § 5 ArbGG 1979). Stehen gesellschaftsrechtliche und arbeitsrechtliche Fragen im Streit, ist die Aufspaltung auf zwei Rechtswege nicht sinnvoll. Deshalb hat der Gesetzgeber für diesen Konfliktfall die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte bestimmt.

2. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auf die schuldrechtliche Grundlage des Tätigwerdens des Klägers abgestellt. Aus dem Bestätigungsschreiben der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH vom 16.09.1994 geht hinreichend deutlich hervor, dass von Anfang an beabsichtigt war, den Kläger ab 01.01.1995 mit der Geschäftsführung der neu zu gründenden Beklagten zu beauftragen. Wie der Kläger selbst vorträgt sollte das Werk 1 der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH ausgegliedert und von den Beklagten übernommen werden. Vorbereitend sollte der Kläger ab 01.10.1994 bis zum 31.12.1994 als leitender Angestellter der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH tätig werden, um die Überführung des Geschäftsbereichs RP-Rohre auf die Beklagten in die Wege zu leiten und zu organisieren. Dieses Vertragsverhältnis ist durch den Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages am 21.12.1994 abgelöst worden. Es ist unerheblich, dass dieser Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht mit den Beklagten, sondern mit ihrer Gesellschafterin, der M2xxxxxxxx H3xxxx P4xxxxxxxx GmbH, geschlossen worden ist. Dem Kläger wurde jedenfalls die selbständige Geschäftsführung der Beklagten ohne arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis übertragen. Auf den Inhalt des Vertrages vom 21.12.1994 wird verwiesen. Der Geschäftsführeranstellungsvertrag des Klägers ist im weiteren Verlauf bis zum 31.12.2005 verlängert worden.

a) Die vom Kläger angegriffene Kündigung und die von ihm für unwirksam gehaltene Befristung betrifft die zwischen den Parteien bestandenen schuldrechtlichen Beziehungen, nämlich die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages. Ob es sich dabei möglicherweise um ein Arbeitsverhältnis gehandelt hat, ist unerheblich (vgl. BAG vom 24.11.2005 - 2 AZR 614/04 - NZA 2006, 366 unter B I c bb der Gründe; BAG vom 23.08.2001 - 5 AZB 9/01 - NZA 2002, 52). Dabei darf die vom Kläger hervorgehobene Weisungsabhängigkeit nicht als arbeitsbegleitendes Weisungsrecht missverstanden werden. Davon zu unterscheiden ist das interne unternehmerische Weisungsrecht, welches der Gesellschaft auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer zusteht (BAG vom 24.11.2005 - 2 AZR 614/04 - NZA 2006, 366 unter B I c bb der Gründe). Durch die Vereinbarung vom 06.07.2005 und die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer der Beklagten ist der Geschäftsführeranstellungsvertrag nicht aufgehoben worden, sondern die Parteien haben eine Vereinbarung über die Abwicklung des zum 31.12.2005 beendeten Geschäftsführeranstellungsvertrages getroffen. Sie haben sich auf den Fortbestand des Geschäftsführerdienstvertrags bis zum 31.12.2005 bei gleichzeitiger Abberufung als Geschäftsführer verständigt. Der Kläger sollte noch bis zum Ende des Dienstvertrages zur Verfügung stehen, sich aber nicht mehr aktiv an der Geschäftsführung der Beklagten beteiligen. Die Abwicklung des der Organstellung zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses lässt die Fiktion des § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG unberührt (vgl. BAG vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05 - ZIP 2006, 1692 und Beschluss der Kammer vom 06.08.2003 - 2 Ta 89/03).

b) Durch die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer wandelt sich der Geschäftsführerdienstvertrag nicht automatisch in ein Arbeitsverhältnis (BAG vom 21.02.1994 2 AZB 28/93 - und vom 06.05.1999 - 5 AZB 22/98 - AP Nrn. 17 und 46 zu § 5 ArbGG 1979). Bei der Abberufung handelt es sich um einen körperschaftlichen Akt, der das Verhältnis zwischen den Gesellschaftsorganen betrifft, aber an der schuldrechtlichen Grundlage des Tätigwerdens des Klägers nicht ändert. Die Parteien haben in der Vereinbarung vom 06.07.2005 den Fortbestand des Dienstvertrages bis zum 31.12.2005 ausdrücklich bestätigt. Die Umwandlung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses in ein Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen und mit einem arbeitsbegleitenden Weisungsrecht ist gerade nicht vereinbart worden.

3. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, es gehe im vorliegenden Fall um das wiederaufgelebte Arbeitsverhältnis gemäß der Vereinbarung vom 16.09.1994. Dem steht bereits entgegen, dass es dem Kläger nicht um die Klärung eines unabhängig von der Geschäftsführeranstellung bestehenden weiteren Rechtsverhältnisses geht. Der Kläger vertritt vielmehr die Auffassung, die Arbeitsgerichte seien zuständig, weil das ursprünglich ab 01.10.1994 bestandene Arbeitsverhältnis nicht aufgehoben worden sei. Außerdem sei der Geschäftsführeranstellungsvertrag zum 30.06.2005 beendet und im Anschluss daran ein Arbeitsverhältnis begründet worden. Dem kann nicht gefolgt werden, weil der ursprünglich bestandene Arbeitsvertrag ausdrücklich ab 01.01.1995 aufgehoben und durch den Geschäftsführeranstellungsvertrag ersetzt worden ist. Das bis dahin bestandene Arbeitsverhältnis ist nicht bloß durch schlüssiges Verhalten, sondern kraft ausdrücklicher Vereinbarung aufgehoben worden. Das vorgeschaltete Arbeitsverhältnis war bis zum 31.12.1994 befristet. Im Anschluss daran ist ein neuer Geschäftsführeranstellungsvertrag ab 01.01.1995 geschlossen, der durch die Vereinbarung vom 06.07.2005 nicht zum 30.06.2005 beendet worden ist, sondern bis zum 31.12.2005 gelten sollte. Um den Fortbestand dieser schuldrechtlichen Beziehung geht es dem Kläger (vgl. Beschlüsse der Kammer vom 09.05.2005 - 2 Ta 662/04 und vom 06.08.2003 - 2 Ta 89/03). Dafür sind die Arbeitsgerichte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG nicht zuständig. Das Arbeitsgericht hat den Rechtsstreit daher zu Recht an das gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG zuständige Landgericht verwiesen.

II

Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des erfolglos gebliebenen Rechtsmittels zu tragen.

III

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens richtet sich nach dem Wert der Hauptsache. Wegen der eingeschränkten Rechtskraft im Rechtswegbestimmungsverfahren sind davon 3/10 in Ansatz gebracht worden.

Ende der Entscheidung

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