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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 01.09.2006
Aktenzeichen: 4 Sa 564/05
Rechtsgebiete: BGB, AGG


Vorschriften:

BGB § 612 Abs. 3 a.F.
AGG § 7
AGG § 8 Abs. 2
Ist nach einer tariflichen Eingruppierungssystematik für bestimmte Tätigkeitsbereiche nach Ablauf einer bestimmten Beschäftigungsdauer eine Höhergruppierung vorgesehen, können Arbeitnehmer, für deren Tätigkeitsbereich dies nicht der Fall ist, jedenfalls dann nicht unter Berufung auf den allgemeinen Lohngleichheitsgrundsatz gleichwohl Höhergruppierung verlangen, wenn tatsächlich in der begünstigten Tätigkeitsgruppe gar keine Arbeitnehmer beschäftigt werden. Betrifft eine tarifvertragliche Eingruppierungsregel ausschließlich oder überwiegend Angehörige eines Geschlechts, kann eine mittelbare Diskriminierung nicht festgestellt werden.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 10.02.2004 - 1 Ca 2442/02 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Beklagte ist Trägerin einiger Kur- und Rehabilitationskliniken, darunter dem Klinikum für Rehabilitation in B1x O1xxxxxxxx, in dem die Klägerin seit dem 18.09.1995 als teilzeitbeschäftigte Serviererin tätig ist. Grundlage des Arbeitsverhältnisses der Parteien ist ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 18.09.1995, hinsichtlich dessen Einzelheiten auf Aktenblatt 5 Bezug genommen wird. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden ferner kraft beiderseitiger Tarifbindung die Tarifverträge für die Kliniken der Unternehmensgruppe Dr. M3xx Anwendung. Die Regeln über die Eingruppierung und Vergütung bestimmen sich nach dem Entgelttarifvertrag vom 01.03.1999 (ETV), der nach Kündigung zum 31.01.2005 derzeit noch Kraft Nachwirkung gilt. Der Tarifvertrag enthält u.a. die nachfolgenden Bestimmungen:

"§ 2 Allgemeine Einstufungsgrundsätze

(1) ...

(2) Für die Eingruppierung des/der Arbeitnehmers/-in sind die Art der von ihm/ihr ausgeübten Tätigkeit und, soweit dies in den einzelnen Gruppen vorausgesetzt wird, seine/ihre Berufsausbildung entscheidend, es sei denn, dass der/die Arbeitnehmer/-in in dieser Tätigkeit dem-/derjenigen mit Berufsausbildung gleichwertig ist.

Soweit bei den einzelnen Vergütungsgruppen Tätigkeitsmerkmale aufgeführt sind, bilden diese keinen vollständigen Katalog, sondern dienen der Erläuterung. Anderweitige, gar nicht in vollem Umfang zutreffend aufgeführte Tätigkeiten sind unter Berücksichtigung der Merkmale und vergleichbarer Beispiele einzugruppieren.

(3) Umfasst das Arbeitsgebiet des/der Arbeitnehmers/-in mehrere Tätigkeiten, die verschiedenen Gruppen zugeordnet sind, ist er/sie entsprechend seiner/ihrer überwiegenden Tätigkeit einzustufen.

Bei der Entgeltbemessung sind die übrigen Tätigkeiten, soweit sie höherwertig sind, durch eine Leistungszulage angemessen zu entgelten.

(4) bis (7) ...

§ 3 Höhe der Vergütung

(1) Bei seiner/ihrer Einstellung erhält der/die Arbeitnehmer/-in die Anfangsgrundvergütung einer Vergütungsgruppe. Nach Ablauf von sechs Beschäftigungsmonaten erhält er/sie die Grundvergütung der jeweiligen Vergütungsgruppe (Anlage 1 und 1a):

Ab dem 03., 05., 10., 20. und 25. Beschäftigungsjahr erhält der/die Arbeitnehmer/-in eine Betriebszugehörigkeitszulage (Anlage 1 und 1a).

Die Betriebszugehörigkeitszulage errechnet sich jeweils auf die Vergütung (zuzüglich der bisher erworbenen Betriebszugehörigkeitszulage) des/der Arbeitnehmers/-in, die er/sie vor dem Stichtag zur Anpassung an die Beschäftigungsjahre erhalten hat. Die Betriebszugehörigkeitszulage ist separat zu der Grundvergütung auszuweisen.

(2) bis (4) ...

§ 4 Tätigkeitsbereiche und Vergütungsgruppen

I. Ärztlicher Dienst

Arzt/Ärztin Verg.Gr. 8

Arzt/Ärztin mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung im auszuübenden Fachgebiet Verg.Gr. 9

Arzt/Ärztin nach Ende AiP Verg.Gr. 8

Arzt/Ärztin mit besonderer Verantwortlichkeit und Zusatzqualifikation Verg.Gr. 9

II. Pflegedienst

Pflegehelfer/in / Stationshilfe Verg.Gr. 1

Krankenpflegehelfer Verg.Gr. 2

Altenpflegehelfer Verg.Gr. 2

Krankenschwester/Krankenpfleger im 1. Berufsjahr Verg.Gr. 3

Altenpfleger/-in im 1. Berufsjahr Verg.Gr. 3

Hausschwester Verg.Gr. 3

Krankenschwester/Krankenpfleger Verg.Gr. 4

Krankenschwester/Krankenpfleger im Nachtdienst Verg.Gr. 4

Altenpfleger/-in Verg.Gr. 4

Fachkrankenschwester Verg.Gr. 5

Oberschwester/-pfleger als Ressortleiter/-in Verg.Gr. 6

Oberin Verg.Gr. 7

III. Psychosozialer Dienst

Psychologische Hilfskraft Verg.Gr. 1

Angestellte/-r in der Tätigkeit der PTA Verg.Gr. 2

PTA (Psychologisch techn. Assistent/-in Verg.Gr. 3

Verhaltenstherapeut/-in Verg.Gr. 4

Freizeitberater/-in Verg.Gr. 4

Beschäftigungstherapeut/-in Verg.Gr. 4

Ergotherapeut/-in Verg.Gr. 4

Gestaltungstherapeut/-in Verg.Gr. 4

Angestellte/-r in Tätigkeit als Sozialarbeiter/-in Verg.Gr. 4

Logopäde/-in Verg.Gr. 4

Meister/-in der Arbeitstherapie Verg.Gr. 5

Sozialarbeiter/-in Verg.Gr. 5

Rehaberater/-in Verg.Gr. 5

Sprachheiltherapeut/-in Verg.Gr. 5

Gesundheitsberater/-in Verg.Gr. 5

Dipl. Psychologe/-in Verg.Gr. 6

Dipl. Psychologe/-in mit Zusatzausbildung Verg.Gr. 7

Dipl. Psychologe/-in Verg.Gr. 8

IV. Diagnostischer Dienst

Laborhilfe Verg.Gr. 1

Laborant/-in mit mindestens zweijähriger Berufsausbildung Verg.Gr. 2

Laborant/-in in der Tätigkeit als MTRA/MTLA Verg.Gr. 3

Med. techn. Laborassistent/-in (MTLA) Verg.Gr. 4

Med. techn. Röntgenassisten/-in (MTRA) Verg.Gr. 4

MTLA/MTRA als Ressortleiter/-in Verg.Gr. 5

V. Physikalische und balneologische Therapie

Badehelfer/-in Verg.Gr. 1

Bademeister/-in / Kneippbademeister/-in mit staatlicher Anerkennung Verg.Gr. 2

Bewegungstherapeut/-in / Gymnastiklehrer/-in mit abgeschlossener Berufsausbildung Verg.Gr. 3

Masseur/-in (Masseur/-in / med. Bademeister/-in) Verg.Gr. 3

Masseur/-in und med. Bademeister/-in mit staatlicher Anerkennung (Masseur/-in / med. Bademeister/-in mit besonderer Zusatzausbildung) Verg.Gr. 4

Gymnastiklehrer/-in mit nachgewiesener Zusatzausbildung im krankengymnastischen Bereich an einer dafür anerkannten Ausbildungsstätte Verg.Gr. 4

Chirogymnast/-in Verg.Gr. 4

Krankengymnast/-in Verg.Gr. 4

Krankengymnast/-in sowie Masseur/-in und med. Bademeister/-in als Ressortleiter/-in Verg.Gr. 5

Diplom Sportlehrer/-in Verg.Gr. 6

VI. Technischer Dienst

Arbeiter/-in ohne Berufsausbildung Verg.Gr. 1

Arbeiter/-in ohne Berufsausbildung nach dreijähriger fachbezogener Tätigkeit Verg.Gr. 2

Facharbeiter/-in Verg.Gr. 3

Haustechiker/-in Verg.Gr. 4

Meister/-in oder Facharbeiter/-in bzw. Haustechniker/-in als Ressortleiter/-in Verg.Gr. 5

VII. Küchendienst und Wirtschaftsdienst

Küchenhilfe Verg.Gr. 1

Reinigungskraft Verg.Gr. 1

Hilfskoch/-köchin Verg.Gr. 2

Küchenhilfe mit Erfahrung Verg.Gr. 2

Koch/Köchin mit abgeschlossener Berufsausbildung Verg.Gr. 3

stellvertretende/-r Küchenchef/-in Verg.Gr. 4

Koch/Köchin mit Zusatzausbildung zum/zur diätisch geschulten Koch/Köchin Verg.Gr. 4

Küchenchef/-in Verg.Gr. 5

VIII. Diätküche

Diätassistent/-in im 1. Berufsjahr Verg.Gr. 2

Diätassistent/-in Verg.Gr. 3

Diätassistent/-in mit abgeschlossener Berufsausbildung zum/zur Koch/Köchin Verg.Gr. 4

Ernährungsmedizinische/-r Berater/-in Verg.Gr. 5

Ökotrophologe/-in Verg.Gr. 5

Diätassistent/-in als Ressortleiter/-in Verg.Gr. 5

IX. Service

Servierer/-in Verg.Gr. 1

Hausmädchen Verg.Gr. 1

Hotelfachfrau/-mann Verg.Gr. 2

Rezeptionskraft Verg.Gr. 2

Beschließer/-in Verg.Gr. 3

Hausdame Verg.Gr. 4

Serviceleiter/-in Verg.Gr. 4

Hausdame als Ressortleiterin Verg.Gr. 5

X. Verwaltungsdienst

Verg.Gr. 1 Angestellte/-r mit:

Tätigkeit vorwiegend mechanischer oder schematischer Art, für die eine Berufsausbildung nicht erforderlich ist

Verg.Gr. 2 Angestellte/-r mit:

Tätigkeiten, die in der Erledigung genau umgrenzter Aufgaben nach eingehender Anweisung bestehen.

Für diese Tätigkeiten sind Berufskenntnisse erforderlich, wie sie in der Regel durch eine abgeschlossene einschlägige Ausbildung oder durch eine angemessene einschlägige Berufstätigkeit erworben werden.

Verg.Gr. 3 Angestellte/-r mit:

Tätigkeiten, die in der selbstständigen Erledigung von Aufgaben nach allgemeiner Anweisung bestehen und für die gründliche Fachkenntnisse Voraussetzung sind, wie sie durch eine kaufmännische Lehre mit Abschlussprüfung erworben werden. Diese gründlichen Fachkenntnisse können auch durch eine langjährige einschlägige Berufstätigkeit erworben werden.

Verg.Gr. 4 Angestellte/-r mit:

Tätigkeiten, die in der verantwortlichen Erledigung schwieriger Aufgaben nach allgemeinen Richtlinien bestehen und die besondere Fachkenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten erfordern.

VergGr. 5 Angestellte/-r mit:

Tätigkeiten, die in der selbstständigen und verantwortlichen Erledigung schwieriger oder umfangreicher bzw. vielgestalteter Aufgaben bestehen und die gründliche Sachkunde und einen entsprechenden Überblick erfordern. Mit diesen Tätigkeiten sind auch die fachliche Unterweisung und der Einsatz von Angestellten anderer Gehaltsgruppen verbunden.

Verg.Gr. 6 Angestellte/-r mit:

Tätigkeiten, die in der selbstständigen und verantwortlichen Bearbeitung eines besonders schwierigen oder umfangreichen bzw. vielgestaltigen Arbeitsgebietes bestehen und die vielseitige Fachkenntnisse - auch Fachkenntnisse in angrenzenden Arbeitsbereichen - und langjährige umfassende Berufserfahrung erfordern. Mit dieser Tätigkeit ist im Allgemeinen die Weisungsbefugnis gegenüber Angestellten anderer Gehaltsgruppen und ihr zweckmäßiger Einsatz verbunden. Hierunter können auch eigenverantwortliche Tätigkeiten von Angestellten auf einem gleichwertigen Spezialgebiet fallen."

Die Klägerin ist eingruppiert in die Vergütungsgruppe 1 und erhält zusätzlich eine außertarifliche Zulage in Höhe von monatlich ca. 64,00 €. Zu ihren Aufgaben als Serviererin gehört das Aufbauen des Frühstücks-, Mittags- und Abendbuffets, Servicetätigkeiten hierfür, Hilfestellung bei der Essensauswahl bei nicht gehfähigen Patienten im Speisesaal, Verteilung von Sonderkostformen, Servicetätigkeiten bei der Durchführung von Sonderveranstaltungen, Dekoration bei besonderen Festlichkeiten und Sonderveranstaltungen sowie die Tischgestaltung und eventuelle Umsetzung der Patienten im Speisesaal mittels EDV. Ob die Klägerin darüber hinaus weitergehende Tätigkeiten verrichtet, ist zwischen den Parteien streitig.

Insgesamt beschäftigt die Beklagte etwa 600 Arbeitnehmer. Darunter sind etwa 40 - ausschließlich weibliche - Serviererinnen, etwa 30 Küchenhilfen, davon zwei Männer, und 12 ausschließlich männliche Mitarbeiter im technischen Dienst, die alle als Facharbeiter oder Haustechniker in die Vergütungsgruppen 3 oder 4 eingestuft sind.

Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die tarifliche Vergütungsgruppensystematik sie mittelbare diskriminiere. Sie machte deshalb mit weiteren Serviererinnen eine Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe 2 geltend, zuletzt mit Schreiben vom 18.09.2002.

Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 02.10.2002 ab. Daraufhin stellte die Klägerin durch am 18.11.2002 eingegangene Klage den Antrag, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 01.06.2002 Vergütung nach der Vergütungsgruppe 2 ETV zu zahlen.

Die Klägerin hat dazu vorgetragen, aufgrund ihrer langjährigen Berufserfahrung habe sie sich in ihrer Tätigkeit als Serviererin bewährt. Anders als bei den männlichen Kollegen, die im Tätigkeitsbereich des technischen Dienstes eingruppiert seien, sei für Serviererinnen ein Bewährungsaufstieg nicht vorgesehen, obwohl die Tätigkeiten im technischen Dienst und jene im Servicebereich durchaus vergleichbar seien. Beide Tätigkeitsbereiche seien ohne spezielle Vorkenntnisse erlernbar und ohne Berufsausbildung auszuüben. Mit zunehmender Dauer würden jedoch Fähigkeiten erworben, die zu einer qualitativen Verbesserung der Tätigkeit insgesamt führten. Indem den Serviererinnen der Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe 2 im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen vorenthalten werde, liege hier eine mittelbare Diskriminierung des weiblichen Geschlechtes vor. Ein objektiver Grund für diese Ungleichbehandlung sei nicht gegeben. Nicht nur im technischen Dienst müssten sich die Mitarbeiter den Entwicklungen und Neuerungen stets anpassen, dies sei auch im Bereich der Serviererinnentätigkeit zu beachten. Gerade der Ernährungsbereich sei beständig Veränderungen durch entsprechende Forschungsergebnisse ausgesetzt, die in die Praxis umgesetzt werden müssten. Diese Entwicklungen müsse sie nachvollziehen und in ihre Tätigkeit einfließen lassen. Daher seien die Arbeiter ohne Berufsausbildung im technischen Dienst eine vergleichbare Tätigkeitsgruppe. Es müsse außerdem berücksichtigt werden, dass sie Hilfestellung bei der Essensauswahl leiste, was bedeute, dass sie über die vorliegenden Erkrankungen der Patientinnen und Patienten informiert sein müsse. Die Essensauswahl müsse sie auf die jeweilige Erkrankung abstimmen. Dabei sei es erforderlich, die verschiedenen angebotenen Sonderkostformen zu unterscheiden und den entsprechenden Krankheitsbildern zuzuordnen. Gerade die dafür erforderlichen Kenntnisse in der Diätberatung würden mit zunehmender Ausübung der Tätigkeit vertieft und immer sicherer angewandt. Ferner wirke sie an der Tischgestaltung und Zusammensetzung der Patienten im Speisesaal mit. Im Laufe ihrer Tätigkeit habe sie sich ein Wissen erarbeitet, mit welchem sie selbstständig die Tischgestaltung vornehmen könne, wobei sie über ein sicheres Gespür verfüge, welche Patienten mit unterschiedlichen Ernährungsvorgaben an welchen Tischen zusammen gesetzt werden könnten.

Demgegenüber hat die Beklagte geltend gemacht, die Klägerin sei tarifgerecht eingruppiert. Sie sei wie alle anderen mit Servierertätigkeiten beauftragten Mitarbeiter zutreffend in die Vergütungsgruppe 1 eingruppiert und werde dadurch weder unmittelbar oder mittelbar diskriminiert. Dies folge schon daraus, dass es sich bei der Tätigkeit als Servier keineswegs um eine typisch weibliche Tätigkeit handele, wie sich im Gastronomiebereich zeige. Dass der Tarifvertrag eine Höhergruppierung nicht vorsehe, beruhe schlicht darauf, dass es sich um eine einfache Anlerntätigkeit handele, bei der zusätzliche Qualifikationen nicht erworben würden. Die Klägerin könne nicht ernsthaft behaupten, dass eine Vergleichbarkeit mit dem technischen Dienst bestehe. Der dort vorgesehene Bewährungsaufstieg sei dadurch gerechtfertigt, dass bei diesen Tätigkeiten entsprechende fachbezogene Erfahrungen gesammelt würden. Erforderlich sei dafür ein technisches Verständnis, welches den technischen Entwicklungen und Neuerungen anzupassen sei, wie auch gewisse handwerkliche Grundfertigkeiten bei einer in der Regel körperlich belastenderen Tätigkeit. Wie jede andere Mitarbeiterin habe die Klägerin sich im Laufe ihrer Tätigkeit mehr oder weniger tätigkeitsbezogene Kenntnisse angeeignet. Deshalb sei nicht ausgeschlossen, dass sie in der Lage sei zu erkennen und zu beurteilen, ob bestimmte Kostformen unter diätischer Betrachtung verabreicht werden könnten. Diese Kenntnisse seien von ihr jedoch nicht notwendig vorzuhalten, da in jeder Klinik ausgebildete Diätassistenten zu den jeweiligen Essenszeiten für Patienten und Servicemitarbeiter zur Verfügung stünden. Im Übrigen treffe die Entscheidung über die Essensauswahl im Rahmen der individuellen Menüpläne der Patient selbst. Die Art der Kost werde von der Systempflege in Zusammenarbeit mit den Ärzten und Diätetik vorgegeben, die Klägerin habe hierauf keinen Einfluss. Auch für die Zusammensetzung der Tischgruppen seien nicht die Serviererinnen verantwortlich, sondern extra geschultes Personal im Bereich der Tischplanung.

Das Arbeitsgericht Minden hat die Klage durch Urteil vom 10.02.2004 abgewiesen. Es hat angenommen, eine gegen Europarecht verstoßende mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts liege nicht vor. Dies folge schon aus der Systematik des Entgelttarifvertrages, wonach auch eine Reihe anderer Tätigkeiten gleichermaßen ohne die von der Klägerin geforderten Aufstiegschancen seien. Soweit die Klägerin rüge, dass Arbeiter im technischen Dienst nach dreijähriger fachbezogener Tätigkeit besser gestellt seien als Serviererinnen, übersehe sie, dass eine unterstellte Besserstellung nicht schlechterdings ausgeschlossen und stets europarechtswidrig sei. Im Übrigen stelle sich die Frage, ob die Klägerin sich auf eine angebliche Diskriminierung berufen könne, wenn in den Kliniken der Beklagten männliche Arbeiter ohne Berufsausbildung in den Tätigkeitsgruppen des technischen Dienstes gar nicht beschäftigt würden. Die Differenzierung in den Aufstiegsmöglichkeiten für Serviererinnen gegenüber denen von Arbeitern ohne Berufsausbildung im technischen Dienst sei nicht geschlechtsbezogen, sondern funktional- und tätigkeitsbezogen und damit fachlich gerechtfertigt und nicht europarechtswidrig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des arbeitsgerichtlichen Urteils (Aktenblatt 66-69) verwiesen.

Gegen das ihr am 27.02.2004 zugestellte Urteil hat die Klägerin mit am 23.03.2004 eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28.06.2004 durch per Telefax an jenem Tag beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Mit der Berufung will die Klägerin unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung weiterhin ihre Höhergruppierung in die Vergütungsgruppe 2 des einschlägigen Entgelttarifvertrages durchsetzen. Ergänzend zu ihrem erstinstanzlichen Vorbringen macht die Klägerin geltend, das Arbeitsgericht sei am eigentlichen Problem vorbeigegangen. Es gehe nicht darum, ob Frauen allgemein die Chance auf eine höhere Vergütung verstellt sei. Vielmehr sei zu klären, ob un- bzw. angelernten Frauen wie ihren männlichen un- oder angelernten Kollegen der Zugang zur Vergütungsgruppe 2 ermöglicht werden müsse. Zu fragen sei, ob nicht Frauen in Hilfstätigkeiten verhältnismäßig viel häufiger der Zugang zu einer höheren Vergütung verschlossen sei als Männern. Es hätte einer Auseinandersetzung mit der Frage bedurft, weswegen generell im technischen Bereich eine dreijährige fachbezogene Tätigkeit zur Höhergruppierung führe, wobei dort ausschließlich Männer beschäftigt würden, während eine mehr als doppelt so lange Bewährung als Servicekraft diese Möglichkeit nicht eröffne. Entgegen der Angaben der Beklagten erschöpfe sich die Tätigkeit einer Servierkraft nicht im Eindecken des Tisches und dem Abräumen. Vielmehr würden Patienten, die nicht in der Lage seien, sich selbst zu bedienen, von ihr begleitet. Dabei ergäben sich schnell Gespräche, in deren Rahmen die Patienten auch Beratung durch das Servicepersonal erwarteten. Oft müsse sie Fragen beantworten, die mit den verordneten Diäten zu tun hätten. Es gehe auch darum, gegebenenfalls Patienten anzusprechen, die sich erkennbar über die erforderliche Diät hinwegsetzten. Da Küchenpersonal häufig nicht ausreichend zur Verfügung stehe, müsse sie sich schließlich auch um die Erfüllung von Sonderwünschen der Patienten kümmern und gegebenenfalls in der Küche Platten herrichten, falls bestimmte Zutaten nicht mehr ausreichend im Büffet zur Verfügung stünden.

Die Klägerin stellt den Antrag,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Minden vom 10.02.2004 - 1 Ca 2442/02 - festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 01.06.2002 Vergütung nach der Vergütungsgruppe 2 des Entgelttarifvertrages für die Kliniken der Unternehmensgruppe Dr. M3xx zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil und trägt ergänzend vor, als Tarifvertragspartei halte sie sich an den Lohngleichheitsgrundsatz. Es sei nicht Aufgabe der Gerichte, die Regelungen der Tarifvertragsparteien zu ersetzen. Die Gerichtsbarkeit könne erst dann korrigierend einwirken, wenn eine gegen Europarecht verstoßende mittelbare Diskriminierung des Geschlechts vorliege. Dies sei schon deshalb nicht der Fall, weil im technischen Dienst Arbeitnehmer der Vergütungsgruppen 1 und 2 nicht beschäftigt würden. Eine nur theoretisch denkbare Benachteiligung genüge nicht. Im Übrigen würden alle Stellen geschlechtsneutral besetzt, maßgebliches Kriterium sei ausschließlich die persönliche und fachliche Eignung. Ein Tarifvertrag müsse nicht zwingend bei einer Bewährung des Arbeitnehmers eine Höhergruppierung vorsehen. Da die Klägerin eine Ausbildung als Diätassistentin nicht besitze, sei nicht einmal im Ansatz erkennbar, woraus sich eine Berechtigung zu ihrer Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 2 ergeben solle. Die Tätigkeit einer Serviererin bestehe im Wesentlichen im Auf- und Abdecken. Besondere Erfahrungen, selbstständiges Handeln oder die allmähliche Ausweitung des Tätigkeitsbereiches seien mit dieser Tätigkeit nicht verbunden. Die Arbeiter im technischen Dienst würden demgegenüber Kenntnisse im Umgang mit Maschinen und Material im Rahmen ihrer fachbezogenen Tätigkeit erwerben, was ihnen ermögliche, ihre Tätigkeiten schließlich weitestgehend selbstständig zu verrichten. Diese Tätigkeiten seien auch vielschichtiger und von den Arbeitsabläufen nicht so einfach strukturiert wie der Kernbereich der Serviererinnentätigkeit. Der Aufgabenbereich einer Serviererin ändere sich nicht. Eine Ausbildung sei nicht erforderlich und wenn die Klägerin über eine solche verfügte, werde diese jedenfalls nicht abgefordert. Die Eingruppierung sei daher sachgerecht und verstoße nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung.

Die Kammer hat durch Beschluss vom 21.12.2004 (Aktenblatt 119/120) eine Auskunft bei den Tarifvertragsparteien zur tariflichen Vergütungsgruppensystematik eingeholt. Wegen der Stellungnahme der Gewerkschaft ver.di als Rechtsnachfolgerin der DAG und der ÖTV wird auf Aktenblatt 129-131 und wegen der Stellungnahme des Herrn G3xxxx als Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite auf Aktenblatt 167-170 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die zu Protokoll genommenen Erklärungen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

Die Berufung ist aber nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat nach keiner Betrachtungsweise Anspruch darauf, nach der Vergütungsgruppe 2 des Entgelttarifvertrages für die Kliniken der Unternehmensgruppe Dr. M3xx vergütet zu werden.

Zwar ist der von der Klägerin verfolgte Feststellungsantrag jedenfalls in seiner letzten Fassung zulässig. Es handelt sich um eine sogenannte Eingruppierungsfeststellungsklage, die nach ständiger Rechtsprechung des BAG, der der Kammer folgt, auch außerhalb des öffentlichen Dienstes allgemein üblich ist und keinen prozessrechtlichen Bedenken begegnet (etwa BAG, Urteil vom 16.04.1997 - 4 AZR 653/95 = AP Nr. 35 zu § 72 ArbGG 1979; BAG, Urteil vom 20.04.1988 - 4 AZR 678/87 = AP Nr. 93 zu § 1 TVG Tarifverträge - Bau). Die Beklagte hat die Zulässigkeit der Klage in der Berufungsinstanz auch nicht mehr gerügt.

Die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe 2 des Entgelttarifvertrages für die Kliniken der Unternehmensgruppe Dr. M3xx. Sie ist vielmehr als Serviererin zutreffend eingruppiert in die Vergütungsgruppe 1, wie sich aus § 4 IX 1. Spiegelstrich ETV ergibt. Nach § 2 Ziffer 2 ETV ist für die Eingruppierung der Arbeitnehmer die Art der von ihnen ausgeübten Tätigkeit und gegebenenfalls die Berufsausbildung entscheidend. Da die Klägerin unstreitig die Tätigkeit einer Serviererin bei der Beklagten ausübt und es für diese Tätigkeit auf eine Berufsausbildung nicht ankommt, ist die Klägerin tarifgerecht eingruppiert.

Zwar trägt die Klägerin vor, sie verrichte teilweise auch höherwertige Tätigkeiten, etwa im Bereich der Diätberatung und im Küchendienst. Sie macht jedoch selbst nicht geltend, deshalb etwa als Diätassistentin oder als Hilfsköchin oder Küchenhilfe mit Erfahrung eingruppiert zu sein. Im Übrigen hätte sie dazu nach § 2 Ziffer 3 ETV darlegen müssen, dass die höherwertigen Tätigkeiten überwiegen, also mehr als 50% ihrer Arbeitszeit ausmachen. Dies möchte die Klägerin ersichtlich nicht behaupten.

Die Klägerin kann aber auch nicht unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der mittelbaren Diskriminierung wegen des Geschlechts Höhergruppierung von der Beklagten verlangen, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.

Der Anspruch auf Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Vergütung folgte bis zum Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14.08.2006 (AGG) aus § 612 Abs. 3 BGB a. F. Zwar war § 612 Abs. 3 BGB a. F. seinem Wortlaut nach als gesetzliches Verbot i.S.v. § 134 BGB und nicht als Anspruchsgrundlage gefasst. Da diese Vorschrift jedoch erlassen wurde, um dem europarechtlichen Gleichheitsgebot für Männer und Frauen beim Entgelt zu genügen, gebietet ihre gemeinschaftskonforme Auslegung, sie als Anspruchsgrundlage zu verstehen (BAG, Urteil vom 10.12.1997 - 4 AZR 264/96 = NZA 1998, 599 ff).

Die Voraussetzungen des § 612 Abs. 3 BGB a. F. sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB a. F. erfordert, dass für gleiche oder für gleichwertige Arbeit wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart worden ist. § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB a. F. gibt dem diskriminierten Arbeitnehmer einen Anspruch auf diejenige Vergütung, die Arbeitnehmer des anderen Geschlechts erhalten, die gleiche oder gleichwertige Arbeit erbringen (BAG, Urteil vom 26.01.2005 - 4 AZR 171/03 = NZA 2005, 1059 ff). Eine für Männer und Frauen in gleicher Weise geltende Rechtsnorm enthält dann eine mittelbare Diskriminierung wegen des Geschlechts, wenn sie erheblich mehr Angehörige des einen als des anderen Geschlechts nachteilig trifft und nicht durch objektive Faktoren gerechtfertigt ist, die nichts mit einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben. Nach der Rechtsprechung des BAG, der die Kammer folgt, ist für die Prüfung, ob die Angehörigen eines Geschlechts von einer Regelung wesentlich stärker nachteilig betroffen sind als diejenigen des anderen, in einem ersten Schritt die Vergleichsgruppen zu ermitteln. Hierzu sind die von der Norm Begünstigten und die von ihr Benachteiligten gegenüberzustellen. In den Vergleich sind alle Arbeitnehmer einzubeziehen, für welche die fragliche Norm eine günstige oder ungünstige Regelung trifft. In einem zweiten Schritt ist innerhalb der Vergleichsgruppen sodann jeweils das zahlenmäßige Verhältnis der Geschlechter zu ermitteln. Diese Geschlechterrelation ist miteinander zu vergleichen. Stärker von der Regelung nachteilig betroffen ist das Geschlecht, dessen Anteil an der benachteiligten Gruppe größer ist als an der begünstigten (BAG, Urteil vom 10.12.1997, a.a.O.; BAG, Urteil vom 02.12.1992 - 4 AZR 152/92 = NZA 1993, 367 ff; Feldhoff, ZTR 1999, 207, 210). Ob Arbeiten gleichwertig sind, kann nur festgestellt werden, indem die geschuldeten Tätigkeiten insgesamt miteinander verglichen werden. Für die qualitative Wertigkeit einer Arbeit ist u.a. das Maß der erforderlichen Vorkenntnisse und Fähigkeiten nach Art, Vielfalt und Qualität bedeutsam (BAG, Urteil vom 26.01.2005, a.a.O.; BAG, Urteil vom 23.08.1995 - 5 AZR 942/93 = NZA 1996, 579 ff). Bei der Vergleichsgruppenbildung ist zu beachten, dass dann, wenn bei der Festsetzung des Lohns ein System der beruflichen Einstufung verwendet wird, nur aufgrund einer Betrachtung des Entgeltsystems in seiner Gesamtheit darüber befunden werden kann, ob dieses frauendiskriminierend gestaltet ist (BAG, Urteil vom 10.12.1997, a.a.O.; EuGH, Urteil vom 01.07.1986 - Rs 237/85 = NJW 1987, 1138 ff). An diese Grundsätze sind auch die Tarifvertragsparteien gebunden, weil auch Tarifverträge Vereinbarungen i.S.v. § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB sind (MK/Müller-Glöge, BGB, Band 4, 4. Aufl. 2005, § 612 Rn. 46).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall gilt folgendes. In die Vergleichsgruppenbildung sind alle dem Entgelttarifvertrag unterfallenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in einer Anlerntätigkeit, die keine abgeschlossene Berufsausbildung erfordert, einzubeziehen. Dies ergibt sich aus der Überlegung, dass es jedenfalls dann in der Vergütungsgruppensystematik an der Vergleichbarkeit fehlt, wenn Tätigkeiten mit einbezogen würden, die eine höhere berufliche Qualifikation erforderten, was offenbar auch von der Klägerin so gesehen wird. Das BAG hat diese Annahme seiner Entscheidung vom 10.12.1997 (a.a.O.) zugrunde gelegt, indem es nach den dort maßgeblichen Vergütungsgruppen alle Angestellten mit Fachhochschulabschluss in den Vergleich einbezogen hat. Im ETV sind Arbeitnehmer, die eine Helfertätigkeit ausüben, die eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht erfordert, fast durchgängig in die Vergütungsgruppe 1 eingruppiert. Dies gilt im Rahmen des Pflegedienstes (§ 4 II) für die Pflegehelfer und Stationshilfen, beim psychosozialen Dienst (§ 4 III) für die psychologischen Hilfskräfte, beim diagnostischen Dienst (§ 4 IV) für die Laborhilfen, bei der physikalischen und balneologischen Therapie (§ 4 V) für die Badehelfer, beim technischen Dienst (§ 4 VI) für Arbeiter ohne Berufsausbildung, beim Küchen- und Wirtschaftsdienst (§ 4 VII) für die Küchenhilfen und Reinigungskräfte, beim Service (§ 4 IX), für die Servierer und Hausmädchen und beim Verwaltungsdienst (§ 4 X) für Angestellte mit Tätigkeiten vorwiegend mechanischer und schematischer Art, für die eine Berufsausbildung nicht erforderlich ist. Demgegenüber ist für Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzen, mindestens die Vergütungsgruppe 2 vorgesehen.

Von dieser Eingruppierungssystematik gibt es vier Ausnahmen. Nach § 4 VI werden Arbeiter ohne Berufsausbildung nach dreijähriger fachbezogener Tätigkeit höhergruppiert in Vergütungsgruppe 2. Gerade hierin erblickt die Klägerin die vermeintliche mittelbare Diskriminierung. Weiter sind nach § 4 VII einerseits die Hilfsköche, andererseits Küchenhilfen mit Erfahrung in die Vergütungsgruppe 2 eingruppiert. Schließlich sind nach § 4 IX Rezeptionskräfte in Vergütungsgruppe 2 eingruppiert. Von den Arbeitnehmern in einer Tätigkeit, die keine abgeschlossene Berufsausbildung erfordert, sind diese vier Tätigkeitsgruppen begünstigt, alle anderen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benachteiligt.

Zur Feststellung des zahlenmäßigen Verhältnisses der Geschlechter in den beiden Vergleichsgruppen hat die Klägerin nicht vorgetragen, dass in der benachteiligten Vergleichsgruppe, also der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Vergütungsgruppe 1 eingruppiert sind, die Zahl der weiblichen Arbeitnehmer überwiegen. Selbst wenn man dies zugunsten der Klägerin unterstellt, kann aber jedenfalls nicht festgestellt werden, dass in der begünstigten Vergleichsgruppe die Zahl der männlichen Arbeitnehmer überwiegt. Zwischen den Parteien ist jedenfalls unstreitig, dass auch in den beiden Vergütungsgruppen, die zu einem späteren Zeitpunkt eine Höhergruppierung vorsehen, also bei den Arbeitern im technischen Dienst nach dreijähriger fachbezogener Tätigkeit und bei den Küchenhilfen mit Erfahrung, die Zahl der Arbeitnehmerinnen überwiegt. Bei den Küchenhilfen sind 28 Frauen und zwei Männer beschäftigt. Bei den Technikern gilt, dass die Beklagte in diesem Tätigkeitsbereich ausschließlich Facharbeiter beschäftigt, also gerade keine Arbeitnehmer ohne Berufsausbildung. Die männlichen Beschäftigten im technischen Dienst mit Berufsausbildung müssen bei der Vergleichsbetrachtung unberücksichtigt bleiben, weil sie keine gleichwertige Arbeit verrichten. Dass die Beklagte bei den Hilfsköchen und bei den Rezeptionskräften überwiegend Männer beschäftigt, trägt die Klägerin, die dafür die Darlegungs- und Beweislast trägt, nicht vor, so dass insgesamt davon auszugehen ist, dass auch in der begünstigten Vergleichsgruppe mehr Frauen als Männer beschäftigt werden, so dass keine Benachteiligung wegen des Geschlechts stattfindet. Betrifft eine Regel ausschließlich Angehörige eines Geschlechts, kann eine mittelbare Benachteiligung nicht festgestellt werden (MK-Möller-Glöge, a.a.O., Rn. 54). Lässt sich somit bereits bei der Bildung der beiden Vergleichsgruppen nicht feststellen, dass von der Differenzierung ein bestimmtes Geschlecht begünstigt ist, bedarf es keiner Feststellungen über etwaige Rechtfertigungsgründe bei der vorgenommenen Differenzierung.

Nach Inkrafttreten des AGG folgt der Anspruch auf Gleichbehandlung von Männern und Frauen bei der Vergütung aus §§ 1, 7, 8 Abs. 2 AGG. Eine materiell-rechtliche Änderung gegenüber § 612 Abs. 3 BGB a. F. zugunsten der Klägerin ergibt sich daraus nicht.

Nach alledem ist die Klägerin tarifgerecht eingruppiert, so dass das Arbeitsgericht die Klage zu Recht abgewiesen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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