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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 08.03.2006
Aktenzeichen: 6 Sa 1631/05
Rechtsgebiete: EStG


Vorschriften:

EStG § 40 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 19.07.2005 - 1 (5) Ca 1244/05 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, wer in dem zwischen ihnen bestehenden Arbeitsverhältnis die pauschale Lohnsteuer zu tragen hat.

Die Beklagte betreibt ein Unternehmen des Gebäudereinigerhandwerks. Im Betrieb besteht ein Betriebsrat. Die am 01.02.12xx geborene Klägerin wurde mit Wirkung vom 05.08.1991 als geringfügig Beschäftigte von der Beklagten eingestellt. Dem Arbeitsverhältnis liegen die schriftlichen Verträge vom 05.08.1991 (Abl. Bl. 5 d.A.) und vom 01.01.1993 (Abl. Bl. 6 d.A.) zugrunde.

Im Hinblick auf die geringfügige Beschäftigung der Klägerin wurde von der Beklagten zunächst von der Arbeitsvergütung keine Lohnsteuer einbehalten. Im Zusammenhang mit der Einführung der pauschalen Lohnsteuer von 2% für "Minijobs" durch das Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ab dem 01.04.2003 kam es zwischen den Parteien zum Streit, welche Arbeitsvertragspartei die Lohnsteuer zu tragen hat. Hierzu haben die Betriebsparteien die Betriebsvereinbarung vom 17.06.2003 (Abl. Bl. 57 f. d.A.) abgeschlossen. Die Klägerin lehnte den Abschluss eines die Steuerfrage neu regelnden Änderungsvertrags (Abl. Bl. 59 d.A.) ab.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der einbehaltenen Lohnsteuer für Dezember 2003 (52,07 EUR), Dezember 2004 (73,30 EUR) und April 2005 (22,39 EUR) in Höhe von insgesamt 147,76 EUR in Anspruch.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die Beklagte müsse mangels abweichender Vereinbarung der Parteien die pauschale Lohnsteuer tragen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 147,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5% über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte die pauschale Lohnsteuer in Höhe von 2%, die durch das Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ab

dem 01.04.2003 eingeführt worden ist und die sie für die Klägerin an die Bundesknappschaft ab dem 01.04.2003 abzuführen hat, nicht von dem Bruttolohn der Klägerin einbehalten darf.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen:

Die pauschale Lohnsteuer sei nach dem Arbeitsvertrag, den gesetzlichen Regelungen und nach der Betriebsvereinbarung von der Klägerin zu tragen.

Das Arbeitsgericht Gelsenkirchen hat die Klage mit Urteil vom 19.07.2005 - 1 (5) 1244/05 - abgewiesen. Es hat ausgeführt, nach den arbeitsvertraglichen Regelungen trage im Innenverhältnis der Parteien die Klägerin die Lohnsteuer. Von den Parteien sei keine Nettolohnvereinbarung getroffen worden. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidung wird auf deren Tatbestand und Entscheidungsgründe verwiesen.

Das Urteil ist der Klägerin am 22.07.2005 zugestellt worden. Hiergegen richtet sich die am 17.08.2005 eingelegte und mit dem - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.10.2005 - am 17.10.2005 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.

Die Klägerin wendet sich unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage gegen das erstinstanzliche Urteil. Sie trägt ergänzend vor: Der Arbeitsvertrag enthalte keine die neue Rechtslage betreffende Regelung zur Abwälzung der Lohnsteuer auf die Arbeitnehmerin. Die Arbeitsvergütung sei daher weiterhin brutto=netto zu zahlen. Bestehende Zweifel gingen zulasten der Beklagten.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Gelsenkirchen vom 19.07.2005 (1 (5) Ca 1244/05) abzuändern und

die Beklagte zu verurteilen, an sie 147,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2005 zu zahlen,

festzustellen, dass die Beklagte die pauschale Lohnsteuer in Höhe von 2% gemäß Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt nicht von dem Bruttolohn der Klägerin einbehalten darf.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrags zur Sach- und Rechtslage.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Rechtszügen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist an sich statthaft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), wegen der Zulassung durch das Arbeitsgericht zulässig sowie in gesetzlicher Form und Frist eingelegt (§ 519 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und innerhalb der Frist (§ 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG) und auch ordnungsgemäß (§ 520 Abs. 3 iVm. § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG) begründet worden. Sie hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I. Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat nach dem Arbeitsvertrag die pauschale Lohnsteuer zu tragen.

1. Ist im Arbeitsvertrag eine Bruttovergütung vereinbart, hat der Arbeitnehmer die anfallende Lohnsteuer im Verhältnis zum Arbeitgeber zu tragen. Der Arbeitgeber kann die abzuführende Lohnsteuer von dem vereinbarten Lohn abziehen. Das gilt auch bei einer geringfügigen Beschäftigung hinsichtlich der pauschalierten Lohnsteuer. Nur bei einer Nettolohnabrede, die hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen muss, hat der Arbeitgeber die Lohnsteuer selbst zu tragen (BAG, Urt. v. 01.02.2006 - 5 AZR 628/04; vgl. bereits BAG Urt. v. 05.08.1987 - 5 AZR 22/86; Blümich, EStG, § 40 Rn. 129 f.).

2. Im Streitfall haben die Parteien keine Nettolohnabrede getroffen. Nach § 2 (2) des Arbeitsvertrags vom 01.01.1993 trägt die Klägerin im Innenverhältnis die auf den Lohn und andere Geldleistungen anfallende pauschale Lohn- und Kirchensteuer in ihrer "jeweils festgelegten Höhe". Hierdurch kam für die damalige und kommt auch für die nun geltende Rechtslage deutlich zum Ausdruck, dass die Beklagte bei Wahl der Lohnsteuerpauschalierung im Innenverhältnis der Arbeitsvertragsparteien nicht die Lohnsteuer tragen will. Aus § 40 und 40a EStG in den im Anspruchszeitraum geltenden Fassungen folgt nicht, dass die Vereinbarung über die Abwälzung der Lohnsteuer auf die Arbeitnehmerin jeweils neu getroffen werden muss. Auch mit der Formulierung im Arbeitsvertrag, der Lohn werde brutto=netto gezahlt, haben die Parteien keine Nettolohnabrede getroffen. Durch diese Formulierung gab die Arbeitgeberin nur zu verstehen, dass der Lohn brutto geschuldet wird und zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses keinen Abzügen unterliegt. Die Lohnsteuerschuld wird hierdurch nicht übernommen (zu einer Abfindungsvereinbarung vgl. LAG Köln, Urt. v. 13.02.1997 - 10 Sa 918/96). Dies wurde zudem durch § 2 (2) des Arbeitsvertrags, ohne dass dies notwendig gewesen wäre, unmissverständlich klargestellt.

3. Mangels Haupt- bestehen keine Nebenforderungen.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 S.1 ZPO iVm. § 97 ZPO.

III. Gründe, die Revision nach § 72 Abs.2 ArbGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich. Das Berufungsgericht ist der aufgezeigten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gefolgt. Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage mit grundsätzlicher Bedeutung liegt nicht vor.

Ende der Entscheidung

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