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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 12.09.2008
Aktenzeichen: 7 Sa 737/08
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB


Vorschriften:

GmbHG § 64
BGB § 823
Der klagende Arbeitnehmer, der Schadensersatzansprüche gegen den ehemaligen Geschäftsführer einer GmbH aus einer so genannte Insolvenzverschleppung geltend macht, ist darlegungs- und beweispflichtig für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen einer Haftung nach den §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 GmbHG.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Minden vom 04.03.2003 - 2 Ca 45/07 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner beim Arbeitsgericht am 09.01.2007 eingegangenen Klage vom 08.01.2007 fordert der Kläger vom Beklagten Schadensersatz aus einer angenommenen Insolvenzverschleppung durch den Beklagten.

Der Beklagte war bis zum 10.06.2003 als Geschäftsführer der W1 J1 S4-K2 GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) bestellt und wurde sodann in zeitlich kurzer Folge von zwei Geschäftsführern abgelöst. Der Kläger war bei der Schuldnerin mindestens seit dem Jahr 2000 als Mitarbeiter beschäftigt. Anfang Juli 2003 kündigte er das Arbeitsverhältnis seinerseits mit sofortiger Wirkung, weil sich die Schuldnerin mit den Vergütungsansprüchen für die Monate Mai und Juni 2003 in voller Höhe im Zahlungsverzug befand. Nach Ausspruch der Eigenkündigung war der Kläger für etwa ein halbes Jahr arbeitslos.

Ausweislich der von der Schuldnerin erstellten Abrechnungen betrug der Bruttomonats-verdienst des Klägers während der Monate, in denen sich die Schuldnerin im Zahlungsverzug befand, 1.240,00 €. In den Abrechnungen sind ferner Spesenzahlungen, Zulagen und Auslagenersatz ausgewiesen.

Mit Klage vom 30.07.2003 machte der Kläger rückständige Vergütungsansprüche gegen die Schuldnerin geltend. Das Arbeitsgericht erließ darüber ein inzwischen rechtskräftiges Versäumnisurteil, aus dem der Kläger gegen die Schuldnerin erfolglos vollstreckte.

Der Kläger und weitere Mitarbeiter der Schuldnerin erstatteten gegen den Beklagten am 21.08.2003 Strafanzeige wegen des Verdachts des Vorenthaltens von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung und weiterer Insolvenzstraftaten. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Bielefeld erließ das Amtsgericht Lübbecke unter dem Aktenzeichen 4 Cs 56 JS 1482/03 am 19.05.2006 einen Strafbefehl gegen den Beklagten, u.a. deshalb, weil dieser es als Geschäftsführer entgegen § 64 Abs. 1 GmbHG vorsätzlich unterlassen habe, bei Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Gegen diesen Strafbefehl legte der Beklagte rechtzeitig Einspruch ein. Das Strafverfahren vor dem Amtsgericht Lübbecke wurde angesichts einer amtsärztlich dargelegten Verhandlungsunfähigkeit des Beklagten nach § 205 StPO am 28.07.2008 vorläufig eingestellt.

Ein von der IKK im Oktober 2002 erstmals gestellter Insolvenzantrag gegen die Schuldnerin wurde nach Zahlung des vollstreckbaren Betrages zurückgenommen. Am 01.07.2004 eröffnete das Amtsgericht Bielefeld zum Aktenzeichen 43 IN 1029/03 über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren. Der Kläger meldete gegenüber dem Insolvenzverwalter der Schuldnerin die nachfolgend genannten Ansprüche an, die er mit der jetzigen Klage einfordert:

1. Titulierter Vergütungsanspruch gemäß Versäumnisurteil Arbeitsgericht Minden 2.480,00 EUR brutto abzgl. erhaltenen Insolvenzausfallgeldes in Höhe von - 3.916,16 EUR für die Zeit vom 01.05.2003 bis 04.07.2003 = - 1.436,16 EUR

2. Anspruch auf Erstattung von Spesen in Höhe von 1.575,00 EUR gemäß Versäumnisurteil Arbeitsgericht Minden

3. Verzugszinsen in Höhe von 5 % über Basiszinssatz nach DÜG auf 1.848,00 EUR seit dem 05.07.2003 bis 30.06.2004 90,70 EUR

4. Verzugszinsen in Höhe von 5 % über Basiszinssatz

Nach DÜG auf jeweils 1.240,00 EUR seit dem 05.06.2003 und 05.07.2003, berechnet bis zum 30.06.2004 158,65 EUR

5. Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 24 restliche Urlaubstage 1.352,73 EUR

6. Schadenersatz für die von der Gemeinschuldnerin verschuldete, fristlose Kündigung der Arbeitgeberin wegen Nichtzahlung trotz Abmahnung gemäß § 628 Abs. 2 BGB 3.720,00 EUR

Zwischensumme 5.460,92 EUR

7. Vollstreckungskosten, Vollstreckungsauftrag vom 05.11.2003 109,26 EUR

8. Gerichtsvollzieherkosten vom 19.11.2004 18,00 EUR

vorläufig gesamt 5.588,18 EUR

Insolvenzgeld wurde dem Kläger ausweislich eines Bescheids der Agentur für Arbeit in H1 vom 30.08.2004 wie folgt gewährt:

Für die Zeit vom 01.05.2003 bis 31.05.2003 2.440,75 €

Für die Zeit vom 01.06.2003 bis 30.06.2003 1.354,75 €

Für die Zeit vom 01.07.2003 bis 04.07.2003 120,66 €.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die eingeklagten Beträge schulde der Beklagte aus Gründen der Durchgriffshaftung nach § 64 GmbHG. Dazu hat er behauptet, die Staatsanwaltschaft habe festgestellt, die Schuldnerin sei bereits Ende 2001 nicht mehr zahlungsfähig gewesen. Bereits damals sei seitens anderer Gläubiger vollstreckt worden. Spätestens zum Jahreswechsel 2002/2003 hätte der Beklagte Insolvenz beantragen müssen. Der Beklagte habe als alleiniger Geschäftsführer der insolventen Schuldnerin gewusst, dass die Löhne der Mitarbeiter nicht hätten gezahlt werden können. Dennoch habe er die insolvente Schuldnerin weitergeführt. Er habe damit billigend in Kauf genommen, dass er - der Kläger - mit seinen Vergütungsansprüchen ausfallen werde. Dies stelle - so seine Auffassung - zugleich eine vorsätzliche unerlaubte Handlung i. S. d. § 850 f Abs. 2 ZPO dar.

Der Kläger hat weiter behauptet, Urlaub aus dem Kalenderjahr 2002 sei aufgrund einer Vereinbarung mit dem damaligen Geschäftsführer der Schuldnerin und jetzigen Beklagten in das Folgejahr und über den 31.03.2003 hinaus übertragen worden. Aus dem Vorjahr seien dies 11 Urlaubstage gewesen. Für das laufende Urlaubsjahr 2003 seien 13 Tage abzugelten, insgesamt also 22 Tage. Den darauf entfallenden Abgeltungsbetrag schulde der Beklagte im Wege des Schadenersatzes.

Er hat die Auffassung geäußert, die Kosten aus der Zwangsvollstreckung im Zusammenhang mit dem Versäumnisurteil gegen die Schuldnerin müsse der Beklagte ebenfalls tragen. Außerdem stünde ihm ein Anspruch in Höhe von 3 Bruttomonatsverdiensten aus § 628 Abs. 2 BGB zu, weil er das Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin wegen des Zahlungsverzugs nach vorheriger Abmahnung aus wichtigem Grund gekündigt habe.

Der Kläger hat behauptet, Gehaltszahlungen seien mangels anderweitiger Vereinbarung zwischen ihm und der Schuldnerin am ersten Tag des jeweiligen Folgemonats fällig geworden. Bereits ab dem Jahr 2001 habe der Gerichtsvollzieher immer wieder für die Sozialversicherungen und auch für ehemalige Mitarbeiter Zwangsvollstreckungsaufträge gegen die Schuldnerin durchführen müssen. Ab Februar 2003 habe die Schuldnerin Zahlungen an ihre Mitarbeiter nicht mehr geleistet. Die Fa. C1 F1 GmbH aus H2 habe mitgeteilt, zwar bestünden noch Forderungen der Schuldnerin, doch stünden dem eigene Ansprüche in Höhe von 44.000 € gegenüber. Das Finanzamt L1 habe eine Pfändung in Höhe von 14.500 € ausgebracht. Ihm stünden noch weitere Forderungen in Höhe von 19.000 € gegen die Schuldnerin zu. Auch die AOK S5 habe eine Forderungspfändung in Höhe von 8.000 € bewirkt. Der Beklagte habe sich bereits Ende des Jahres 2002 persönlich an den "Verein Hilfs- und Kulturwerk Unternehmer in Not e.V." wegen akuter Liquiditätsschwierigkeiten gewandt. Bereits Anfang 2003 habe sich ein Konto bei der Volksbank L3 L4, das nur im Guthaben hätte geführt werden dürfen, mit mehreren Tausend Euro im Soll befunden. Eine Vielzahl von Schecks habe daher nicht eingelöst werden können. Das Konto sei im März 2003 aufgelöst worden. Die M4 F2 S6 GmbH habe schon im Juni 2003 8 Fahrzeuge wegen Zahlungsrückständen in Höhe von 60.000 € heraus verlangt.

Der Kläger hat beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.588,18 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu zahlen,

2. festzustellen, dass seine Forderungen gegenüber dem Beklagten gemäß vorstehender Ziffer 1) auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung des Beklagten gemäß § 850 f Abs. 2 ZPO beruhen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte, der die Einrede der Verjährung erhoben hat, hat behauptet, er habe sich aus gesundheitlichen Gründen entschlossen, als Geschäftsführer auszuscheiden. Nach seiner Erinnerung seien die Abrechnungen für Mai 2003 bereits erstellt worden. Auch Überweisungen seien gefertigt und zur Bank gebracht worden. Sollte der nachfolgende Geschäftsführer diese Überweisungen nicht getätigt haben, könne ihm dies nicht angelastet werden. Weder zur Jahreswende 2002/2003 noch zu anderen Zeiträumen, in denen er als Geschäftsführer Verantwortung getragen habe, hätten Gründe vorgelegen, die ihn zur Anmeldung der Insolvenz hätten veranlassen müssen. Gehaltsansprüche für April 2003 seien nach seiner Erinnerung bereits gezahlt worden.

Die Höhe des angegebenen Gehalts bestreite er. Dies gelte auch für etwaige Spesenzahlungen. Er gehe davon aus, dass der Kläger sämtliche Lohnansprüche erhalten habe. Die Bezugnahme auf die zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen reiche nicht aus, um die behaupteten Schadenspositionen nachvollziehbar darzustellen. Vor allem müsste zwischen Brutto- und Nettolohnansprüchen des Klägers unterschieden werden. Urlaubsabgeltungsansprüche seien in der geltend gemachten Höhe nicht gegeben. Vereinbarungen zur Übertragung des Urlaubs bestünden nicht.

Der Schadensersatz des Klägers sei nicht schlüssig vorgetragen. Der Kläger habe im Hinblick auf Lohnausfälle Insolvenzgeld erhalten. Ein Schaden sei daher nicht er-sichtlich. Ein solcher wäre auch nicht ersatzfähig. Der Kläger sei im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG im Falle einer Insolvenzverschleppung als so genannter Neugläubiger zu betrachten. Ersetzt werde nur das negative Interesse. Einen Erfüllungsschaden könne er nicht einfordern. Er habe auch nicht vorgetragen, dass er ein anderes Arbeitsverhältnis hätte begründen können und in diesem Arbeitsverhältnis Lohnansprüche in gleicher Höhe hätte erwerben können. Dies gelte auch, soweit der Kläger seine vermeintlichen Ansprüche auf die §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB stütze. Hinsichtlich des Anspruchs aus § 628 Abs. 2 BGB sei zu sehen, dass ein Auflösungsverschulden nur die Schuldnerin treffe, nicht aber ihn, den Beklagten.

Soweit der Kläger vortrage, einzelne Mitarbeiter hätten Gehaltszahlungen einklagen müssen, sei die Nichtzahlung nicht auf fehlende Geldmittel, sondern darauf zurückzuführen, dass Einwendungen gegen die Ansprüche bestanden hätten. Sämtliche Gerichtsvollzieheraufträge seien durch die Beklagte bezahlt worden. Bis zu seiner Abberufung als Geschäftsführer der Schuldnerin hätten keine offenen Forderungen der C1 F1 GmbH gegenüber der Schuldnerin bestanden. Vielmehr hätte die Schuldnerin bei der C1 F1 GmbH, die für sie den Forderungseinzug bewirkt hätte, noch über ein Guthaben verfügt.

Er hat die Auffassung vertreten, aus den Vollstreckungsaufträgen, die der Gerichtsvollzieher übernommen habe, könne lediglich geschlossen werden, dass es zu Zahlungsverzögerungen gekommen sei. Zahlungsverzögerungen stellten jedoch keine Zahlungsunfähigkeit dar und begründeten damit auch keine Antragspflicht nach § 64 GmbHG. In jedem Fall seien etwaige Ansprüche verjährt. Der Kläger mache Ansprüche aus Sommer 2003 geltend. Verjährungsbeginn sei damit der 01.01.2004. Die Verjährungsfrist sei damit am 31.12.2006 abgelaufen, Klage hingegen erst Anfang 2007 erhoben worden.

Mit Urteil vom 04.03.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen, im Wesentlichen mit folgender Begründung:

Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 GmbHG stünden dem Kläger nicht zu. Es sei dem darlegungspflichtigen Kläger nicht gelungen vorzutragen, dass der Beklagte gegen die Verpflichtung aus § 64 GmbHG verstoßen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass eine Insolvenzreife bis zum hier entscheidenden Datum des 20.05.2003 eingetreten sei. Es fehlten insbesondere Darlegungen zum Vermögensbestand der Gesellschaft und zur Höhe ihrer Verbindlichkeiten. Überschuldungsbilanzen oder Vermögensaufstellungen seien nicht vorgelegt worden. Die vorgetragenen Vollstreckungsversuche besagten nichts zur Insolvenzreife. Der Schuldnerin sei es immerhin gelungen, die den Zwangsvollstreckungsaufträgen zugrundeliegenden Forderungen bis einschließlich April 2003 zu befriedigen. Auch eine drohende Zahlungsunfähigkeit sei nicht vor dem 20.05.2003 ersichtlich gewesen. Mitte Mai 2003 sei die Schuldnerin mit Vergütungsansprüchen für April 2003 bei einigen Mitarbeitern im Verzug gewesen. Daraus lasse sich eine Zahlungsunfähigkeit noch nicht folgern. Soweit der Kläger Ansprüche auf § 826 BGB gestützt habe, fehle jeder Sachvortrag.

Gegen das dem Kläger am 11.04.2008 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 13.05.2008 eingegangene Berufung, die am 10.07.2008 innerhalb der durch Beschluss verlängerten Frist begründet wurde.

Der Kläger ist der Auffassung, das Arbeitsgericht habe wesentlichen Sachverhalt unberücksichtigt gelassen oder rechtlich falsch gewürdigt. Rechtlich fehlerhaft sei es, nehme das Arbeitsgericht an, die Haftung des Beklagten aus § 64 GmbHG beziehe sich allein auf den Fall akuter Zahlungsunfähigkeit. Nach der Rechtsprechung genüge es hinsichtlich der Zahlungsunfähigkeit, könne der Schuldner seine wesentlichen Verpflichtungen nicht innerhalb eines Monats tilgen. Bereits aus dem erstinstanzlichen Sachvortrag ergebe sich, dass dies der Fall sei. Sofern Gläubiger bereits seit 2001 dauernd vollstreckten, insbesondere Sozialversicherungsträger und frühere Arbeitnehmer, könne nicht zweifelhaft sein, dass die Schuldnerin ihre Zahlungen in einem für § 17 InsO relevanten Umfang eingestellt habe. Das Arbeitsgericht habe die Grundsätze zur Modifizierung der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Der Beklagte sei Anfang 2003 über den Stand seiner Verbindlichkeiten informiert gewesen. Die komplette Buchhaltung sei vom Zeugen S7 geführt worden. Der Beklagte habe daher bereits Ende 2002 gewusst, dass die Höhe der offenen und teilweise titulierten Verbindlichkeiten einen kurzfristigen Ausgleich nicht ermöglichen würde.

Ansprüche stütze er auch auf § 826 BGB. Dazu behauptet er, der Beklagte habe alles getan, um den "schützenden Schirm" der GmbH zu nutzen, was sich letztlich auch an der Veräußerung der GmbH zeige, die nichts anderes als eine so genannte Firmenbeerdigung sei. Er ist der Auffassung, der Beklagte sei verpflichtet, zur subjektiven Seite des § 826 BGB substantiiert vorzutragen. Die Verjährungsfrist i. S. d. § 64 GmbHG betrage 5 Jahre. Im Übrigen sei das Insolvenzverfahren erst im Juli 2004 eröffnet worden. Erst mit Eröffnung des Verfahrens habe ein etwaiger Schaden des Klägers festgestanden. Außerdem habe erst die Einsichtnahme in die Ermittlungsakte im Juli 2006 für ihn die ausreichende Kenntnis der Schadenspositionen erbracht. Rechtsfolge des § 826 BGB sei Schadensersatz, der nicht auf das negative Interesse begrenzt sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Minden vom 04.03.2008 - 2 Ca 45/07 -

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 5.588,18 € zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2004 zu zahlen,

2. festzustellen, dass seine Forderungen gegenüber dem Beklagten gemäß vorstehender Ziffer 1) auf vorsätzlicher unerlaubter Handlung des Beklagten gemäß § 850f Abs. 2 ZPO beruhen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und ist der Auffassung, Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 InsO liege erst dann vor, wenn die GmbH ihre Zahlungen eingestellt habe. Eine bloße Zahlungsstockung sei irrelevant. Soweit der Kläger nun ein weiteres Insolvenzverfahren der IKK anspreche, sei darauf hinzuweisen, dass die Schuldnerin am 24.07.2003 die zugrundeliegende Forderung ausgeglichen habe. Damit sei der eigentliche Insolvenzantrag erledigt gewesen. Außerdem sei der Antrag am 02.07.2003 eingereicht worden, also 3 Wochen nach der Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer. Ende 2002 seien zahlreiche werthaltige Anlagegüter dem Vermögen der Schuldnerin zuzuordnen gewesen, so die Garagen, eine Waschstraße und mehrere LKW mit einem bilanziellen Wert von 178.000 €.

Das Berufungsgericht hat die Insolvenz- sowie Strafakten informatorisch beigezogen, ebenso wie die Gerichtsakten der parallel gelagerten Verfahren vor dem erkennenden Gericht mit den Aktenzeichen 7 Sa 738/08, 7 Sa 739/08, 7 Sa 740/08 und 7 Sa 741/08. Die Parteien haben sich mit der Verwertung der ausweislich Bl. 332 bis 335 der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte durchgeführten Auswertung der Zwangsvollstreckungsaufträge des Gerichtsvollziehers Redeker einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die gem. § 64 Abs. 1 ArbGG an sich statthafte und nach dem Wert des Beschwerdegegenstandes gem. § 64 Abs. 2 ArbGG zulässige sowie in gesetzlicher Form und Frist nach den §§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 S. 1, ArbGG, 519 ZPO eingelegte und innerhalb der durch § 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG bestimmten Frist ordnungsgemäß nach den §§ 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG i.V.m. 520 Abs. 3 ZPO begründete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen.

I.

Die Klage ist auch mit ihrem Feststellungsantrag zu Ziff. 2 zulässig. Der Kläger stützt seinen Anspruch u.a. darauf, der Beklagte habe ihn vorsätzlich sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB geschädigt. Damit macht der Kläger einen Anspruch aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung geltend, wegen der die Zwangsvollstreckung nach § 850f Abs. 2 ZPO auf Antrag auch ohne die Beschränkungen des § 850 c ZPO in das Arbeitseinkommen möglich ist. Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass bereits im Erkenntnisverfahren durch eine Klage auf Feststellung, dass der Anspruch auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht, die Voraussetzungen eines Antrags nach § 850f Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden können (BGH 26.09.2002 - IX ZB 180/02 - BGHZ 152, 166; 30.11.1989 - III ZR 215/88- BGHZ 109, 275; vgl. Zöller/Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 850f Rdnr. 9a).

II.

Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung zu. Damit ist auch der Feststellungsantrag unbegründet.

1.

Seinen Zahlungsanspruch kann der Kläger nicht auf § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 GmbHG stützen.

Allerdings stellt sich der Kläger zu Recht auf den Standpunkt, dass § 64 GmbHG ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ist. Dies entspricht seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.12.1958 (VI ZR 245/57 - BGHZ 29, 100 = NJW 1959) der zivil- (vgl. nur BGH, 30.03.1998 - II ZR 146/96, BGHZ 138, 211) sowie arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung (BAG 10.02.1999 - 5 AZR 677/97; NZA 1999, 653; 24.09.1974 - 3 AZR 589/73, AP Nr. 1 zu § 13 GmbHG, zu III 3 der Gründe; LAG Köln, 26.07.2006 - 8 Sa 1660/05, NZA-RR 2007, 146; LAG Hamm, 08.02.2005 - 19 Sa 2429/04, NZA-RR 2005, 483; 12.12.1996 -4 Sa 1206/96, LAG Brandenburg, 18.03.2003 - 5 Sa 723/04, BB 2005, 2196; ArbG Naumburg, 13.06.2007 - 2 Ca 3403/06, juris) und der herrschenden Meinung in der Literatur (Baumbach/Hueck/Schulze-Osterloh, GmbHG, 18. Aufl, 2006, § 64 Rn 90 m.w.N.; Scholz/Schmidt, GmbHG, 9. Aufl. 2002, § 64 Rn 37; Höffner, Zivilrechtliche Haftung und strafrechtliche Verantwortung des GmbH-Geschäftsführers bei Insolvenzverschleppung, 2003, S. 42 ff).

Nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 64 Abs. 1 GmbHG haftet ein GmbH-Geschäftsführer, wenn er nicht unverzüglich, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Nach bisheriger Auffassung des Bundesarbeitsgerichts haftet der Geschäftsführer bei einem Verstoß gegen die Verpflichtungen aus §64 GmbHG den Altgläubigern, deren Verbindlichkeiten zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits begründet waren, nur für den Schaden, der durch die Verzögerung entstanden ist. Dies ist der Betrag, den der Gläubiger mehr ausgezahlt erhalten hätte, wäre das Insolvenzverfahren rechtzeitig betrieben worden. Den Neugläubigern hingegen, also solchen Personen, mit denen die bereits insolvente GmbH trotz bestehender Antragspflicht nach § 64 GmbHG Verbindlichkeiten eingeht, haftet der Geschäftsführer auf das negative Interesse (BAG, 03.09.1998 - 8 AZR 189/97, NZA 1999, 39 m.w.N.; LAG Köln 26.7.2006 - 8 Sa 1660/05 - NZA-RR 2007, 146).

Der Kläger macht Ansprüche eines Neugläubigers geltend. Er stellt zur Begründung seiner Forderungen darauf ab, dass spätestens Anfang 2003 Gründe vorgelegen hätten, die zu Lasten des Beklagten eine Antragspflicht des § 64 GmbHG ergeben hätten. Sämtliche Forderungen, die der Kläger geltend macht, sind nach diesem Zeitpunkt entstanden. Dies gilt für die von ihm eingebrachten offenen Lohnansprüche aus den Monaten Mai und Juni sowie Anfang Juli 2003, die eingeforderte und durch die Auflösung des Arbeitsverhältnisses entstandene Urlaubsabgeltung, die Kosten aus der Zwangsvollstreckung des erlangten Titel gegen die Schuldnerin wegen der offenen Vergütungsansprüche, den Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB, den er nach fristloser Eigenkündigung geltend macht, und die Verzugszinsen auf offene Ansprüche.

Es mag dahinstehen, ob diese Schadenspositionen sämtlich vom Schutzzweck der Haftungsnorm des § 64 GmbHG umfasst sind. Denn dem Kläger ist es nicht gelungen, die Haftungsvoraussetzungen der §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 64 GmbHG darzulegen. Den Kläger trifft für die Tatsache der verspäteten Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit im Sinne des § 64 GmbHG - entgegen der von ihm vertretenden Auffassung - die volle Darlegungslast. Daran ändert auch die vom Kläger bemühte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.12.2007 (VI ZR 231/06, DB 2008, 460) nichts. In dieser Entscheidung hat sich der Bundesgerichtshof mit der Frage befasst, wie sich die Darlegungslast für die subjektive Seite des § 826 BGB bei bereits festgestelltem verspätetem Antrag auf Eröffnung der Insolvenz darstellt. Dazu hat das Gericht ausgeführt, die Beweislast für eine Berechtigung des vom Geschäftsführer vorgebrachten Vertrauens auf Sanierungsbemühungen könne nicht der klagenden Partei auferlegt werden, weil es sich dabei um Interna der Gesellschaft handele, die nicht dem Geschädigten, wohl aber dem ehemaligen Geschäftsführer bekannt seien (BGH 18.12.2007 - VI ZR 231/06, DB 2008, 460, zu II. 4. der Gründe). Dies ändert hingegen nichts an der Darlegungslast im Rahmen einer Haftung aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 GmbHG, die auch nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts beim Gläubiger liegt (BAG 03.09.1998 - 8 AZR 189/97, NZA 1999, 39 unter IV. 2. b) der Gründe).

Hiervon ausgehend hat der Kläger einen Schadenersatzanspruch wegen Insolvenzverschleppung aus Gründen der Zahlungsunfähigkeit nicht schlüssig darlegen können.

a)

Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit in § 64 GmbHG ist so zu verstehen wie derjenige in § 17 InsO (BGH 24.5.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 ff). Zahlungsunfähigkeit liegt nach § 17 Abs. 2 S. 1 InsO vor, wenn der Schuldner (objektiv) nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen, wobei auf die nach früherem Recht erforderlichen Merkmale der "Dauer" und der "Wesentlichkeit" nicht mehr abzustellen ist, weil der Gesetzgeber der Insolvenzordnung darauf bei der Umschreibung der Zahlungsunfähigkeit ausdrücklich verzichtet hat (Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2006, § 6 Rn 6, 7). Eine vorübergehende Zahlungsunfähigkeit hingegen begründet als Zahlungsstockung keine Zahlungsunfähigkeit i. S. d. § 17 InsO, auch wenn dies im Gesetz nicht ausdrücklich niedergelegt ist. Denn in der Gesetzesbegründung wird ausgeführt, es verstehe sich von selbst, dass eine vorübergehende Zahlungsstockung eine dauernde Zahlungsunfähigkeit nicht darstelle (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 114). Andererseits soll nach dem Willen des Gesetzgebers der Begriff der andauernden Unfähigkeit zur Erfüllung der fälligen Zahlungs-pflichten nicht zu stark eingeengt werden, um nicht auf diesem Weg eine über Wochen und Monate fortbestehende Illiquidität zur rechtlich unerheblichen Zahlungsstockung zu erklären. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass geringfügige Liquiditätslücken außer Betracht zu bleiben haben, es jedoch nicht gerechtfertigt sei, eine Zahlungsunfähigkeit erst dann anzunehmen, wenn der Schuldner einen bestimmten Bruchteil der Gesamtsumme seiner Verbindlichkeiten nicht erfüllen könne (vgl. BT-Drucks. 12/2443 S. 114). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH 24.5.2005 - IX ZR 123/04 - BGHZ 163, 134 ff) ist - orientiert an der Antragsfrist in § 64 Abs. 1 GmbHG - als Zahlungsstockung nur noch eine Illiquidität anzusehen, die den Zeitraum nicht überschreitet, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Betrage die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, sei i.d.R. von einer Zahlungsunfähigkeit auszugehen; liege die Liquiditätslücke bereits oberhalb von 10 % der fälligen Gesamtverbindlichkeiten, so sei die Zahlungsunfähigkeit bereits in quantitativer Hinsicht indiziert (vgl. Gottwald/Uhlenbruck, Insolvenzrechts-Handbuch, 3. Aufl. 2006, § 6 Rn 7).

Ist der Schuldner hingegen in der Lage, seine Verbindlichkeiten bis auf einen geringen Rest bedienen zu können, ist er nicht als zahlungsunfähig anzusehen. Dies gilt nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern auch unter zeitlichen Aspekten, weshalb die bloße Zahlungsstockung irrelevant ist (BGH 24.5.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134 ff). Dafür spricht insbesondere, dass ein Insolvenzverfahren immer - aber auch erst - dann eingeleitet werden soll, wenn die Einzelzwangsvollstreckung keinen Erfolg mehr verspricht und nur noch die schnellsten Gläubiger zum Ziele kommen, andere hingegen ausfallen. Je kleiner die Liquiditätslücke ist, desto eher ist auch den Gläubigern ein Abwarten darauf zuzumuten, dass der Schuldner die Zahlungsfähigkeit wieder erlangt (BGH 24.5.2005 - IX ZR 123/04, BGHZ 163, 134).

b)

Nach dem Sachvortrag des Klägers kann - auch unter Berücksichtigung der beigezogenen Straf- und Insolvenzakten - nicht von einer haftungsrechtlich relevanten verspäteten Beantragung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einem vor dem 20.05.2003 liegenden Zeitpunkt ausgegangen werden.

Zu Recht hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, dass die vom Kläger angenommene Insolvenzreife bis zum 20.05.2003 hätte vorliegen müssen. Nach § 64 Abs. 1 GmbHG hat der Geschäftsführer spätestens drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu beantragen. Der Beklagte wurde mit Wirkung vom 10.06.2003 als Geschäftsführer abberufen und ist damit für den bis drei Wochen vor diesem Zeitpunkt liegenden Zeitraum verantwortlich im Sinne des § 64 GmbHG.

Eine auf den Zeitpunkt Anfang des Jahres 2003 bezogene Liquiditätsbilanz hat der Kläger nicht vorgelegt. Auch hat er nicht - bezogen auf den Zeitpunkt der angenommenen Insolvenzreife - die aktuell verfügbaren und kurzfristig verfügbar werdenden Mittel in Beziehung gesetzt zu den an demselben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten der Schuldnerin, um so dem Gericht Feststellungen zu einer liquiditätsrelevanten Unterdeckung zu ermöglichen. Das Gericht konnte daher nicht erkennen, dass die Schuldnerin bereits Anfang des Jahres 2003 oder spätestens bis zum 20.05.2003 erkennbar nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen.

Dies gilt auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags, viele der zahlreichen Vollstreckungsaufträge in den Jahren 2001 bis 2003 seien fruchtlos verlaufen. Die im Einverständnis der Parteien herangezogene Auswertung der Gerichtsvollzieheraufträge durch die Staatsanwaltschaft im Rahmen des gegen den Geschäftsführer eingeleiteten Strafverfahrens hat ergeben, dass die Schuldnerin seit 2001 über Jahre hinweg mit Zwangsvollstreckungsaufträgen überzogen worden war, ihren Zahlungsverpflichtungen jedoch nachgekommen ist. Bei 44 Zwangsvollstreckungsaufträgen verlief erst der 31. Vollstreckungsversuch, der am 10.04.2003 eingeleitet worden ist, fruchtlos, wie den Feststellungen des Gerichtsvollziehers am 28.05.2003 ausweislich der staatsanwaltlichen Ermittlungsakte entnommen werden konnte. Alle weiteren Einzelzwangsvollstreckungs-versuche verliefen ab diesem Zeitpunkt ergebnislos. Damit lässt sich festhalten, dass die Schuldnerin ihren Zahlungsverpflichtungen jedenfalls bis zur ersten Fruchtlosigkeitsbescheinigung Ende Mai 2005 zwar stockend, aber gleichwohl nachgekommen ist. Von einer Insolvenzreife bereits Anfang des Jahres 2003 kann jedenfalls unter diesem Gesichtspunkt nicht ausgegangen werden.

Die Kammer vermochte auch nicht aus anderen Gründen von einer Antragspflicht bereits Anfang des Jahres 2003 auszugehen. Der Kläger hat im Wesentlichen auf die zahlreichen Zwangsvollstreckungsaufträge abgestellt, um die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu begründen. Diese sind hingegen für sich gesehen nicht ausreichend, um auf eine Insolvenzreife schließen zu können, wie bereits ausgeführt wurde. Dies gilt auch für den Ende des Jahres 2002 von der IKK gestellten Insolvenzantrag. Auf diesen Antrag hin hat die Schuldnern den offenen Betrag gezahlt mit der Folge, dass der Antrag zurückgenommen wurde. Der weitere Insolvenzantrag, auf den der Kläger sich bezieht, wurde erst im Juli 2003 gestellt, also in einem Zeitpunkt, der nach der Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer lag.

Die weiteren Behauptungen des Klägers erfolgen nicht mit der notwendigen Substanz, um sie berücksichtigen zu können. Dies gilt für die Behauptung, die Fa. C1 F1 GmbH aus H2 habe mitgeteilt, den Forderungen der Schuldnerin gegen sie stünden eigene Forderungen in Höhe von 44.000 € gegenüber, das Finanzamt L1 habe neben einer Forderung in Höhe von 19.000 € eine Pfändung in Höhe von 14.500 € ausgebracht und auch die AOK S5 habe eine Forderungspfändung in Höhe von 8.000 € bewirkt. Ohne nähere zeitliche Einschränkung und konkretisierenden Sachvortrag zu den Umständen dieser Forderungen ist dies weder für den Beklagten einlassungsfähig noch für das Gericht unter Berücksichtigung des Beibringungsgrundsatzes im Wege einer Beweisaufnahme aufzuklären. Auch die Behauptung, der Beklagte habe sich bereits Ende des Jahres 2002 persönlich an den "Verein Hilfs- und Kulturwerk Unternehmer in Not e.V." wegen akuter Liquiditätsschwierigkeiten gewandt, ist ohne Substanz. Es bleibt offen, welchen Inhalts die Gespräche gewesen sein sollen und warum daraus auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin geschlossen werden könnte.

Dies gilt auch für die Behauptung, bereits Anfang 2003 habe sich ein Konto bei der Volksbank L3 L4, das nur im Guthaben hätte geführt werden dürfen, mit mehreren Tausend Euro im Soll befunden, weshalb eine Vielzahl von Schecks nicht habe eingelöst werden können. Auch hier bleiben die Angaben weder nach Anzahl der Schecks noch nach der Höhe der Beträge ohne Substanz. Der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte lässt sich dazu nichts Konkretes entnehmen, insbesondere nicht auf der vom Kläger erwähnten Blattzahl 369. Soweit behauptet wird, dass die M4 F2 S6 GmbH schon im Juni 2003 8 Fahrzeuge wegen Zahlungsrückständen in Höhe von 60.000 € heraus verlangt habe, ist dazu zu sagen, dass der diesbezügliche Zeitpunkt ein halbes Jahr nach der vom Kläger angenommenen Insolvenzreife Anfang des Jahres 2003 liegt und damit nicht herangezogen werden kann, um die damalige Insolvenzreife und Zahlungsunfähigkeit schlüssig darzulegen.

Widersprüchlich und damit nicht zu berücksichtigten ist die Behauptung des Klägers, bereits ab Februar 2003 habe die Schuldnerin Zahlungen an ihre Mitarbeiter nicht mehr geleistet. Dem Gericht ist aus den beigezogenen Parallelverfahren jedenfalls bekannt, dass Vergütungsansprüche mit Ausnahme des für den hiesigen Kläger offenen Vergütungsanspruchs für März 2003 bis März 2003 einschließlich gezahlt worden sind.

2.

Der Kläger kann seine Ansprüche auch nicht auf § 826 BGB stützen. Danach kommt eine Haftung des Beklagten in Betracht, wenn er dem Kläger in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich einen Schaden zugefügt hat.

Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass die Haftung des Geschäftsführers einer GmbH aus Gründen der Insolvenzverschleppung aus § 826 BGB auch für solche Vermögensschäden in Betracht kommen kann, die nicht vom Schutzbereich des § 64 GmbHG abgedeckt sind (BGH 18.12.2007 - VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58 m.w.N). Zu Recht weist er auch darauf hin, dass die vorsätzliche Insolvenzverschleppung in der Absicht, einen als unabwendbar erkannten "Todeskampf" des Unternehmens so lange wie möglich hinauszuzögern, den Tatbestand der sittenwidrigen Schädigung i. S. d. § 826 BGB verwirklichen kann, wenn dabei die Schädigung der Unternehmensgläubiger billigend in Kauf genommen wird (BGH 18.12.2007, VI ZR 231/06, DB 2008, 460, zu II. 4. der Gründe).

Auch nimmt der Kläger zu Recht an, dass es der beklagte Geschäftsführer ist, der bei einer Inanspruchnahme aus § 826 BGB im Rahmen einer abgestuften Darlegungs- und Beweislast zur subjektiven Seite vorzutragen hat, sofern er behauptet, an der Sittenwidrigkeit fehle es, weil sich die Krise aus seiner Sicht als überwindbar dargestellt habe. Regelmäßig wird der Geschäftsführer eine solche Schlussfolgerung nur auf interne Geschäftsvorgänge der GmbH stützen können, die dem Gläubiger verborgen sind. Dies ist von ihm daher vorzutragen (vgl. BGH - 18.12.2007 - VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58, zu II. 4. der Gründe).

Das ändert allerdings nichts daran, dass der Kläger - wie auch im Rahmen der Haftung nach den §§ 823 Abs. 2 BGB, 64 GmbHG - die objektiven Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm darzulegen und - sofern streitig - zu beweisen hat (vgl. BAG 03.09.1998 - 8 AZR 189/97, NZA 1999, 39 unter IV. 2. b) der Gründe; BGH - 18.12.2007 - VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58, zu II. 5. bb) und II. 5. ee) der Gründe). Es muss ihm also auch für eine Haftung nach § 826 BGB zunächst gelingen, den Tatbestand einer Verletzung der Antragspflicht nach § 64 Abs. 2 GmbHG darzulegen, was aus den bereits ausgeführten Gründen nicht der Fall ist.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 97 ZPO. Dem Kläger fallen die Kosten der von ihm ohne Erfolg eingelegten Berufung zur Last. Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG sind nicht gegeben. Keine der entscheidungserheblichen Rechtsfragen hat grundsätzliche Bedeutung. Die Rechtsfragen berühren auch nicht wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen die Interessen der Allgemeinheit oder eines größeren Teils der Allgemeinheit. Ferner lagen keine Gründe vor, die die Zulassung wegen einer Abweichung von der Rechtsprechung eines der in § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG angesprochenen Gerichte rechtfertigen würde.

Ende der Entscheidung

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