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Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 15.07.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 425/04
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 286
ArbGG § 72
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10.02.2004 - 5 Ca 2645/03 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Tatbestand: Mit seiner Klage wendet sich der im Jahre 1945 geborene, schwerbehinderte Kläger, welcher seit dem Jahre 1980 als Schlosser gegen eine Bruttovergütung von 3.000,00 EUR/Monat im Betrieb der Beklagten mit ca. 145 Beschäftigten tätig ist, gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses durch fristlose Kündigung vom 19.08.2003 sowie durch ordentliche Kündigungen vom 27. und 29.08.2003 zum 31.03.2004. Ferner verlangt der Kläger die arbeitsvertragsgemäße Weiterbeschäftigung. Die genannten Kündigungen hat die Beklagte - nach vorangehender Zustimmung des Integrationsamtes - mit der Begründung ausgesprochen, der Kläger habe am 11.07.2003 einen Diebstahl von Betriebseigentum begangen, indem er bei Arbeitsbeginn ein Päckchen Kabelbinder sowie zwei Schleifmobteller - offenbar versteckt in einer Tüte oder in der Arbeitskleidung - aus dem Betrieb mitgenommen und in seinem Fahrzeug versteckt habe. Aufgrund vorangehender Verdachtsmomente sei der Kläger gezielt beim Hantieren an seinem Fahrzeug beobachtet worden. Das beobachtete und mit einer Videokamera festgehaltene Verhalten des Klägers wie auch weitere Indizien sprächen zweifelsfrei für einen Diebstahl des Klägers. Die Behauptung des Klägers, er habe die in seinem Fahrzeug vorgefundenen Gegenstände auf einem Flohmarkt an der Universität Bielefeld am 28.06.2003 gekauft, sei demgegenüber vollkommen unglaubwürdig, zumal das fragliche Päckchen Kabelbinder nach Herstellungsnummer und -datum sowie der analysierten Staubspuren aus den Beständen der Beklagten stammen müsse. Durch Urteil vom 10.02.2004 (Bl. 69 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht nach uneidlicher Vernehmung der Zeugen B5xxxxxxxxxxxx und B4xxxxxx die Unwirksamkeit der angegriffenen Kündigungen festgestellt und die Beklagte antragsgemäß zur vorläufigen Weiterbeschäftigung verurteilt. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne der behauptete Diebstahl nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Der vernommene Zeuge B5xxxxxxxxxxxx habe nach seiner Aussage allein die Beobachtung gemacht, dass der Kläger - an seinem Fahrzeug stehend - in seine Hosentasche gegriffen und nach dem Herausziehen der Hand aus der Tasche die Hand nach vorn in den PKW gelegt habe. Diese Bewegung habe er mehrfach gemacht. Der Zeuge habe jedoch nicht sehen können, ob der Kläger auch etwas in der Hand gehabt habe, ob der Kläger die Hand zu einer Faust geballt hatte oder ob die Hand offen gewesen sei, als er sie aus der Hosentasche herauszog und in den PKW hineinlangte. Dagegen, dass der Kläger mit diesen Bewegungen die fraglichen Gegenstände aus der Hosentasche herausgenommen und in den PKW gelegt habe, spreche schon die Größe der fraglichen Gegenstände, welche weder in der Hosentasche noch in der Hand verborgen werden könnten. Soweit der Zeuge das Verhalten des Klägers als hektisch und aufgeregt geschildert habe, sei den Umständen nach nicht auszuschließen, dass der Kläger aus Nervosität seine Hände mehrfach in die Tasche gesteckt und herausgezogen habe, ohne jedoch etwas aus den Hosentaschen herauszunehmen. Nach der weiteren Aussage des Zeugen B4xxxxxx, welcher den Kläger am Arbeitsplatz beobachtet habe, sei auch vollkommen unklar, woher der Kläger sich die fraglichen Gegenstände verschafft haben solle; nach den Beobachtungen des Zeugen könne er sie jedenfalls nicht an seinem Arbeitsplatz an sich genommen haben. Auch mit Hilfe weiterer Indizien könne die Beklagte den erhobenen Vorwurf nicht beweisen. Selbst wenn - wie die Beklagte vortrage - das im Auto des Klägers vorgefundene Päckchen Kabelbinder die gleiche Herstellungsnummer aufweise wie entsprechende Päckchen im Lagerbestand der Beklagten und ferner - entsprechend der durchgeführten DEKRA-Untersuchung - der auf den Vergleichspäckchen befindliche Staub eine gleichartige Zusammensetzung wie auf dem im Fahrzeug des Klägers aufgefundenen Päckchen aufweise, lasse dies allein den Schluss zu, dass die im PKW des Klägers aufgefundenen Gegenstände mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit aus dem Betrieb der Beklagten stammten. Hieraus folge jedoch nicht, dass sie vom Kläger gestohlen worden seien, da nicht gänzlich auszuschließen sei, dass gegebenenfalls andere Personen einen entsprechenden Diebstahl begangen und die Gegenstände auf einem Flohmarkt zum Verkauf angeboten hätten. Sämtliche Kündigungen seien aus diesem Grunde unwirksam. Mit ihrer rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich die Beklagte gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Mit den Grundsätzen des § 286 ZPO sei es nicht zu vereinbaren, einen Beweis nur deswegen als nicht erbracht anzusehen, weil keine absolute, über jeden denkbaren Zweifel erhabene Gewissheit gewonnen werden könne. Die Tatsache, dass der vom Arbeitsgericht vernommene Zeuge B5xxxxxxxxxxxx nicht habe erkennen können, ob der Kläger bei der beobachteten Bewegung - Griff in die Hosentasche, Herausziehen der Hand aus der Hosentasche, Handeinlegen vorn in den PKW - einen Gegenstand in der Hand gehabt habe, liege allein darin begründet, dass der Kläger die Sicht durch seinen Körper abgedeckt habe. Warum der Kläger mehrmals in seine Hosentasche greifen und nach Herausziehen der Hand aus der Tasche die Hand nach vorn in den PKW legen sollte, ohne etwas in der Hand zu haben, sei in keiner Weise nachvollziehbar. Soweit das Arbeitsgericht dies damit zu erklären suche, der Kläger sei ersichtlich aufgeregt und nervös gewesen, sei dies zwar richtig; eine solche Nervosität erkläre aber nicht, warum der Kläger deshalb seine Hände mehrfach in die Taschen gesteckt, herausgezogen und in den PKW hineingelegt habe. Auch auf dem erstellten Videofilm sei das auffällige Verhalten des Klägers anschaulich erkennbar. Überdies zeige die Videoaufzeichnung deutlich, dass der Kläger die später auf dem Rücksicht des Fahrzeuges ausgebreitete Wolldecke zunächst aus dem Kofferraum herausgeholt und über seinen rechten Arm geworfen habe. Hieraus ergebe sich ohne weiteres, dass sich die fraglichen Gegenstände nicht etwa schon in der Decke befunden hätten, da sie anderenfalls bei dieser Bewegung aus der Decke herausgefallen wären. Weiter zeige die Videoaufnahme, wie der Kläger die Decke durch die hintere rechte Tür auf die Rücksitzbank lege und bei dieser Gelegenheit in die Hosentasche greife und etwas herausnehme. Auch nach Öffnen der hinteren linken Fahrzeugtür und beim Ausrichten der Decke hole der Kläger ersichtlich etwas aus der rechten Hosentasche und lege es auf die hintere Rücksitzbank, vermutlich unter die Decke. Weiter sei auf dem Videofilm zu erkennen, wie intensiv der Kläger mit der Wolldecke hantiert und offenbar das Päckchen Kabelverbinder in die Decke eingewickelt habe, um es zu verbergen. Allein die Tatsache, dass die entwendeten Gegenstände selbst auf dem Videofilm nicht zu erkennen seien, lasse den Indizwert der festgehaltenen Beobachtungen nicht entfallen. Auch der Umstand, dass der Kläger nicht unmittelbar beim Wegnehmen der entwendeten Teile beobachtet worden sei, stehe der Feststellung eines Diebstahls nicht entgegen. Dass Herr B4xxxxxx von seinem Arbeitsplatz in einer Entfernung von 25 bis 30 Meter die fraglichen Gegenstände nicht gesehen habe, beruhe zum einen auf deren geringer Größe, zum anderen habe der Kläger durch seinen Körper die Sicht des Zeugen auf die Werkbank verdeckt. Zu Unrecht sei das Arbeitsgericht schließlich bei der Beweiswürdigung über die Tatsache hinweggegangen, dass das im Fahrzeug vorgefundene Päckchen Kabelbinder das gleiche Herstellungsdatum und die gleiche Herstellungsnummer aufweise wie das Vergleichskästchen aus dem Lager der Beklagten. Auch nach dem Gutachten der DEKRA sei wegen der Gleichartigkeit der an den Verpackungen anhaftenden Stäube mit hoher Wahrscheinlichkeit von der selben Herkunft der Kabelbinder auszugehen. Die Annahme des Arbeitsgerichts, es könne nicht gänzlich ausgeschlossen werden, dass die Gegenstände von anderen Personen aus dem Betrieb entwendet und auf einem Flohmarkt angeboten worden seien, liege jenseits aller Wahrscheinlichkeit und widerspreche aller praktischen Erfahrung. Eine derartige Beweiswürdigung stehe mit den Grundsätzen des § 286 ZPO nicht in Einklang, welche keine absolute Gewissheit verlange. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Bielefeld vom 10. Februar 2004 - 5 Ca 2645/03 - abzuändern und die Klage hinsichtlich der Kündigung der Beklagten vom 19.08.2003, 27.08.2003 sowie 29.08.2003 sowie den Weiterbeschäftigungsantrag abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt die arbeitsgerichtliche Entscheidung als zutreffend und weist den erhobenen Diebstahlsvorwurf mit Nachdruck zurück. Zu Recht habe das Arbeitsgericht bei seiner Entscheidung berücksichtigt, dass keiner der vernommenen Zeugen die angeblich entwendeten Gegenstände in der Hand des Klägers gesehen habe. Dass der Zeuge B4xxxxxx die Wegnahme der fraglichen Teile angeblich wegen der weiten Entfernung vom Arbeitsplatz des Klägers nicht habe sehen können, ändere nichts daran, dass es an Beweisen für die behauptete Wegnahme der fraglichen Gegenstände durch den Kläger fehle. Unergiebig seien auch die Beobachtungen des Zeugen B5xxxxxxxxxxxx und der vorgetragene Inhalt der Videoaufzeichnung, deren rechtliche Zulässigkeit im Übrigen zweifelhaft sei, gegen deren Verwertung der Kläger aber gleichwohl keine Bedenken erhebe. Ohnehin stelle sich die Frage, wie groß die Hosentaschen des Klägers gewesen sein sollen, in welche die fraglichen Gegenstände angeblich hineinpassten. In Anbetracht der Größe der Gegenstände könne es auch nicht zutreffen, dass der Kläger diese in der hohlen Hand versteckt habe, als er sie angeblich in das Fahrzeug gelegt habe. Richtig sei vielmehr die vom Kläger gegebene Darstellung, dass er Kabelbinder und Schleifmobteller auf dem Flohmarkt erworben habe. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den Kabelbindern um frei verkäufliche Gegenstände handle, sei dies - zumal bei einer Großserie von Produkten - keineswegs ungewöhnlich. Soweit die Beklagte weitere Schlussfolgerungen aus der behaupteten DEKRA-Untersuchung herleiten wolle, sei dies auch nicht überzeugend, vielmehr dürfe vermutet werden, dass sich auch im Polsterstoff seines Fahrzeuges ähnlicher Staub wie im Lager der Beklagten befinde. Dass das Arbeitsgericht unter diesen Umständen den Diebstahlsvorwurf nicht für bewiesen erachtet habe, entspreche nach alledem der Rechtslage. Das Landesarbeitsgericht hat weiteren Beweis erhoben über die Behauptung der Beklagten, das im Fahrzeug vorgefundene Päckchen Kabelverbinder sei in die auf dem Rücksitz befindliche Decke eingewickelt gewesen, durch uneidliche Vernehmung des Zeugen R3xxxx, ferner durch Augenscheinnahme hinsichtlich der erstellten Videoaufzeichnung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.07.2004 (Bl. 126 ff. der A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. I Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die fristlose Kündigung vom 19.08.2003 noch durch die ordentlichen Kündigungen vom 27.und 29.08.2003 beendet worden. In bereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil hat das Landesarbeitsgericht auch auf der Grundlage der weiteren Beweisaufnahme nicht die volle und zweifelsfreie Überzeugung davon gewinnen können, dass der Kläger einen Diebstahl begangen hat. Weder ist eine konkrete Wegnahmehandlung des Klägers zu erkennen, noch lässt sich mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass der Kläger die angeblich weggenommenen Gegenstände in Händen gehabt und in sein Fahrzeug gelegt hat. Auch die vorgetragenen Indiztatsachen lassen eine sichere Überzeugungsbildung nicht zu. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der Beklagten. 1. Soweit es die Wegnahme der fraglichen Gegenstände im Betrieb betrifft, haben die vom Arbeitsgericht vernommenen Zeugen keine Angaben machen können, wann und wie der Kläger sich die fraglichen Gegenstände verschafft haben soll. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Zeuge B4xxxxxx - welcher sich im Betrieb aufhielt, als der Kläger sein im Betrieb repariertes Beil vor Arbeitsbeginn von seinem Arbeitsplatz abholte - konkrete Beobachtungen u.a. wegen der Entfernung zum Arbeitsplatz des Klägers nicht treffen konnte, bleibt es dabei, dass eine Wegnahme-Handlung des Kläger nicht festgestellt worden ist. 2. Ebenso wenig lässt sich auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B5xxxxxxxxxxxx und der Auswertung der Video-Aufzeichnung die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger die fraglichen Gegenstände in sein Fahrzeug verbracht hat. a) Soweit des die Beobachtungen des Zeugen B5xxxxxxxxxxxx betrifft, welcher aus versteckter Position das Hantieren des Klägers an seinem Fahrzeug verfolgt und mit einer Videokamera festgehalten hat, ist eine sichere Feststellung, dass der Kläger bei dieser Gelegenheit die angeblich aus dem Betrieb entwendeten Gegenstände in sein Fahrzeug gelegt und dort versteckt hat, auch nach der weiteren Beweisaufnahme vor dem Landesarbeitsgericht nicht möglich. (1) Nach seiner Aussage vor dem Arbeitsgericht hatte der Zeuge B5xxxxxxxxxxxx zwar subjektiv den Eindruck, der Kläger hole etwas aus seiner Hosentasche und lege es in das Fahrzeug hinein, andererseits hat er jedoch nicht beobachten können, ob der Kläger tatsächlich etwas in der Hand hatte. Ebenso wenig konnte der Zeuge B5xxxxxxxxxxxx erkennen, ob der Kläger die Hand zur Faust geballt hatte oder ob die Hand offen war, als der Kläger diese aus der Hosentasche herausnahm. Eine konkrete Beobachtung in dem Sinne, dass sich der Kläger in der fraglichen Situation im Besitz der fraglichen Gegenstände befand und diese - etwa beim Herausholen aus Hosentasche oder Oberbekleidung - in die Hand genommen hat, war dem Zeugen ersichtlich nicht möglich. Dies mag - wie die Beklagte mit der Berufung vorträgt - seine Ursache darin haben, dass der Kläger dem Zeugen mit seinem Körper die Sicht verdeckte. Eine sichere Feststellung des behaupteten Diebstahls aufgrund einer konkreten Beobachtung von Handlungen der "Beutesicherung" - Einbringen des Diebesgutes in den Privat-PKW des Klägers - ist unter diesen Umständen nicht möglich. (2) Das vom Zeugen geschilderte Verhalten des Klägers - nämlich das wiederholte Hereingreifen in die Hosentasche, das Herausziehen der Hand aus der Hosentasche und das Einlegen der Hand in den PKW - lässt in Übereinstimmung mit der Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts auch nicht die sichere Schlussfolgerung zu, der Kläger habe auf diese Weise die vorher in seiner Hosentasche verborgenen Gegenstände in das Fahrzeug gelegt, jede andere Deutung des Verhaltens gebe keinen Sinn. Stünde allerdings - etwa aufgrund entsprechend konkreter Beobachtung - fest, dass der Kläger bestimmte Gegenstände am Arbeitsplatz in seine Hosentasche gesteckt hätte (wie dies etwa bei der Arbeit mit aktuell benötigtem Werkzeugen - z. B. Schraubenschlüsseln - vorkommt), so spräche trotz der nur bruchstückhaften Beobachtungen des Zeugen eine realistische Würdigung des Gesamtgeschehens dafür, dass die beobachteten Handbewegungen - die Richtigkeit der Beobachtung unterstellt - nichts anderes als das Einbringen des Tascheninhalts in das Fahrzeug darstellen; dies würde sodann den Schluss rechtfertigen, dass etwa ein im Fahrzeug vorgefundener Schraubenschlüssel tatsächlich aus dem Betrieb entwendet worden ist. Eine solche Deutung der vom Zeugen gemachten Beobachtungen muss hier jedoch ausscheiden, da nicht feststeht, ob der Kläger die fraglichen Gegenstände überhaupt in der Hosentasche bzw. in der Oberbekleidung bei sich trug. Im Gegenteil hat der Geschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht die Vermutung geäußert, der Kläger habe die fraglichen Gegenstände in der Marktkauf-Tüte aus dem Betrieb gebracht, die Tüte anschließend in sein Fahrzeug gestellt, die entwendeten Gegenstände aus der Tüte entnommen und im Fahrzeug versteckt; eben aus diesem Grunde sei in der Tüte nur noch Müll gefunden worden. Ausgehend von dieser Version hätten sich die fraglichen Gegenstände gar nicht in der Hosentasche oder am Körper des Klägers befunden; die Deutung der beobachteten Handbewegungen des Klägers als Akt der "Beutesicherung" muss dann aber ohnehin ausscheiden. Theoretisch wäre zwar auch denkbar, dass der Kläger bereits auf dem Weg von seinem Arbeitsplatz zum Fahrzeug die entwendeten Gegenstände aus der Tüte entnommen und am Körper verborgen hätte; in Anbetracht des Entdeckungsrisikos erscheint dies jedoch als unrealistisch. Geht man gleichwohl davon aus, dass der Kläger die - wie auch immer aus dem Betrieb herausgebrachten - Gegenstände in der Hosentasche zum Fahrzeug gebracht haben soll, so wäre in Anbetracht der Größe der Gegenstände durchaus zweifelhaft, ob diese - der Zeugenaussage entsprechend - mit einem einzigen Griff hervorzuholen und in das Fahrzeug hineinzulegen waren. Dies gilt insbesondere für die beiden Schleifmobteller. Auch wenn bei einer entsprechend weit geschnittenen Hose ein Schleifmobteller mit einer Stärke und einem Durchmesser von je 8 cm in der Hosentasche unterzubringen ist, ist zu beachten, dass hier insgesamt als Diebstahlsbeute zwei Schleifmobteller und ein Kästchen Kabelbinder in der Größe von 10x6x4,5 cm in Frage stehen. Selbst wenn sämtliche Gegenstände in den Hosentaschen und/oder am Körper verborgen waren, erforderte das Hervorholen der Gegenstände ein gewisses Hantieren, zumal die Schleifmobteller wegen des vorhandenen Aufnahmedorns einem reibungslosen Hervorholen aus einer Hosentasche einen gewissen Widerstand entgegenbringen dürften. Ein längeres "Herumhantieren" an der Kleidung hat der Zeuge jedoch nicht bestätigt. Auch die Videoaufzeichnung, auf welche noch gesondert einzugehen ist, lässt - abgesehen von einem Hochziehen der Hose im rückwärtigen Bereich - ein "Herumhantieren" an der Kleidung oder gar in der Hosentasche nicht erkennen. Anders als beim Hervorholen einer Münze oder eines Taschenmessers, welches gegebenenfalls blitzschnell und ohne Auffälligkeit erfolgen kann, muss es unter den vorliegenden Umständen als unrealistisch angesehen werden, dass der Kläger derart sperrige Gegenstände, um die es hier geht, aus Hosentasche oder Bekleidung hervorgezogen haben könnte, ohne dass dies dem Zeugen aufgefallen wäre. (3) Soweit die Beklagte gegen die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts anführt, es sei nicht einsichtig, wieso der Kläger seine Hände aus Gründen der Nervosität mehrfach in die Tasche gesteckt und wieder herausgezogen habe, ohne zugleich etwas aus den Hosentaschen herauszunehmen und in den PKW hineinzulegen, überzeugt dieser Einwand nicht. Das Hereinstecken der Hand in die Hosentasche kann verschiedene Gründe haben und beschränkt sich erfahrungsgemäß nicht allein auf die Situation, dass ein Gegenstand aus der Hosentasche herausgeholt werden soll. Zu der vom Arbeitsgericht angenommenen Erklärung, das Verhalten des Klägers lasse sich als Ausdruck einer gewissen Nervosität des Klägers deuten, passt immerhin die Tatsache, dass der Kläger - offenbar entgegen den bestehenden betrieblichen Vorgaben - die Reparatur seines Beils nicht innerhalb der hierfür vom Arbeitgeber vorgegebenen zeitlichen Vorgaben durchgeführt hatte. Um Auffälligkeiten zu vermeiden, hatte der Kläger deshalb das reparierte Beil nicht offen aus dem Betrieb mitgenommen, sondern im Hosenbund versteckt. Eben aus diesem Grunde mag sich beim Kläger ein gewisses Unrechtsbewusstsein und eine entsprechende Nervosität eingestellt haben. Dass das Verhalten des Klägers insgesamt - auch das wiederholte Öffnen von Kofferraum und Türen sowie das Herumwischen am Fahrzeug mit Putzlappen - schon für sich genommen so ungewöhnlich gewesen sei, dass allein hierin ein beweiskräftiges Indiz für eine Diebstahlstat liegen könnte, kann jedenfalls auf der Grundlage der Aussage des Zeugen B5xxxxxxxxxxxx nicht angenommen werden. b) Auch die vom Landesarbeitsgericht in Augenschein genommene Videoaufzeichnung lässt eine abweichende Beurteilung nicht zu. Abgesehen davon, dass der Blickwinkel der Kamera sich mit dem Blickwinkel des Zeugen B5xxxxxxxxxxxx deckt, weswegen die maßgeblichen Vorgänge teils durch den Körper des Klägers, teils durch das Fahrzeug verdeckt sind, lässt die Aufzeichnung zwar erkennen, dass der Kläger, und zwar an der hinteren Fahrzeugtür rechts und einmal an der linken Fahrzeugseite an oder in die Hose greift. Dass er etwas aus der Tasche heraushole, wie die Beklagte schriftsätzlich vorträgt, ist auf der Videoaufzeichnung hingegen nicht zu erkennen. Ob das Hantieren des Klägers im Fahrzeug sich auf das Ausrichten der Decke auf der Rücksitzbank beschränkt oder - wie die Beklagte behauptet - der Kläger bei dieser Gelegenheit den angeblich aus der Hosentasche hervorgeholten Gegenstand unter der Decke versteckt, ist ebenfalls auf der Videoaufzeichnung nicht zu erkennen. Die Videoaufzeichnung belegt allein, dass der Zeuge B5xxxxxxxxxxxx seine Beobachtungen zuverlässig und korrekt zu Protokoll gegeben hat. Weitere Erkenntnisse hat die Kammer hingegen durch die Vorführung der Videoaufzeichnung nicht gewinnen können. Auch wenn das im Bild erkennbare äußere Verhalten des Klägers - wiederholtes Herumhantieren am Fahrzeug - sich dem Zuschauer nicht ohne weiteres als sinnvoll geordneter Vorgang erschließt, sondern den vom Zeugen B5xxxxxxxxxxxx geschilderten "hektischen" Eindruck bestätigt, kann hierin doch kein so ungewöhnliches und verdächtiges Verhalten des Klägers gesehen werden, dass allein hieraus ein tragfähiges Indiz für den behaupteten Diebstahl hergeleitet werden kann. c) Ein beweiskräftiges Indiz für einen Diebstahl lässt sich auch nicht aus einem gezielten Verbergen der fraglichen Gegenstände im Fahrzeug ableiten. Insoweit heißt es allerdings im Tatbestand des arbeitsgerichtlichen Urteils, das Päckchen Kabelbinder sei in die Decke auf dem Rücksitz des Fahrzeuges "eingewickelt" gewesen . Ein solches gezieltes Verbergen könnte immerhin als deutliches Indiz gegen die Sachdarstellung des Klägers angesehen werden, die Kabelbinder hätten sich schon seit dem Erwerb auf dem Flohmarkt im Fahrzeug befunden. Andererseits könnte es nicht als hinreichendes Indiz gegen den Kläger gewertet werden, wenn der Kläger die Decke lediglich auf der Rücksitzbank ausgebreitet hat, etwa um den äußeren Eindruck von Ordnung im Fahrzeug zu vermitteln, auch wenn darunter die auf dem Sitz liegenden Gegenstände verdeckt wurden. Nachdem der Kläger bereits im ersten Rechtszuge den Vortrag der Beklagten zum "Ausbreiten" der Decke im Fahrzeug überhaupt bestritten hatte, hat er zuletzt jedenfalls ein "Einwickeln" der Kabelbinderpackung in die Decke in Abrede gestellt, weswegen über die streitige Frage Beweis zu erheben war. Der hierzu vernommene Zeuge R3xxxx, welcher seinerzeit das Fahrzeug des Klägers untersucht hat, hat hierzu ausgesagt, dass das Päckchen Kabelbinder zwar in der Decke "verwunden war", so dass es beim Hochheben der Decke zunächst mit erfasst wurde und dann aus der Decke heraus fiel. Ein "Einwickeln" des Päckchens in die Decke hat der Zeuge hingegen ausdrücklich verneint. Aus seiner Sicht war es vielmehr so, dass die Decke auf dem Rücksitz nicht glattgezogen war und möglicherweise das Päckchen deshalb in einer Falte lag. Von einem gezielten "Verstecken" der im Fahrzeug befindlichen Kabelbinderpackung durch Einwickeln in die Decke kann danach nicht ausgegangen werden. 3. Soweit schließlich die Beklagte ein entscheidendes Indiz für einen Diebstahl des Klägers daraus herleiten will, dass die im Fahrzeug des Klägers vorgesehene Packung mit Kabelbindern dieselbe Herstellungsnummer und dasselbe Herstellungsdatum aufweist wie die im Betrieb vorhandenen Kabelbinder und sich des weiteren nach Behauptung der Beklagten auf der im Fahrzeug aufgefundenen Packung gleichartige Stäube befinden, wie dies für die Kabelbinderverpackungen im Betrieb der Beklagten gilt, so kann auch in dieser Hinsicht die Beweiswürdigung des Arbeitsgerichts nicht beanstandet werden. a) Auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens spricht zwar zumindest ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit dafür, dass die im Fahrzeug des Klägers gefundene Packung Kabelbinder aus Beständen der Beklagten stammt; die Darstellung des Klägers, vermutlich sei auf den Polstersitzen seines Fahrzeuges derselbe Staub wie im Betrieb zu finden, erscheint demgegenüber eher fernliegend. Zutreffend hat das Arbeitsgericht jedoch darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit nicht auszuschließen ist, dass aus den Beständen der Beklagten von anderer Seite Kabelbinder entwendet und zum Verkauf auf dem Flohmarkt gelangt sind. Ersichtlich handelt es sich bei den Kabelbindern um Verbrauchsmaterial, dessen Ausgabe an die Beschäftigten nicht im einzelnen festgehalten wird. Dementsprechend kommt im Grundsatz nicht allein der Kläger, sondern eine Vielzahl von Beschäftigten für eine Entwendung derartiger Arbeitsmaterialien in Betracht. b) Die Wahrscheinlichkeit, dass ein aus dem Betrieb der Beklagten in B1xxxxxxx entwendetes Päckchen Kabelbinder auf einem Flohmarkt in B1xxxxxxx angeboten wird, ist zwar zweifellos nicht besonders groß, andererseits aber auch nicht auszuschließen, da - anders als etwa bei technischen Geräten - eine Individualisierung gestohlener Ware kaum zu befürchten ist, so dass Dieb oder Hehler keinen Anlass haben, B1xxxxxxx als Verkaufsort zu meiden. c) Noch ungewöhnlicher erscheint allerdings der Umstand, dass ausgerechnet der Kläger als Arbeitnehmer der Beklagten ein solches gestohlenes Päckchen Kabelbinder auf dem Flohmarkt erwirbt. Aber auch die Möglichkeit eines solchen Geschehens ist nicht vollständig auszuschließen, ohne dass es sich - wie die Beklagte meint - um eine völlig außerhalb jeder Realität liegende Gestaltung handelt. Vielmehr entspricht es durchaus der Lebenserfahrung, dass ein entwendeter Gegenstand - z. B. ein gestohlenes Fahrrad - ganz zufällig und auf Umwegen wieder in das Blickfeld des Geschädigten gelangt und so der Täter überführt oder zumindest das Diebesgut (an welchem auch der gutgläubige Erwerber kein Eigentum erwirbt) dem Berechtigten zurückgegeben werden kann. Der Umstand, dass dies im allgemeinen eher höherwertige Wirtschaftsgüter betrifft, dürfte sich damit erklären, dass bei Kleinteilen der vorliegenden Art in der Regel eine Identifizierung des Diebesguts auf Schwierigkeiten stößt, ferner eine gezielte Nachsuche kaum lohnend erscheint und der Geschädigte den Vorgang deshalb auf sich beruhen lässt. Daran, dass auch bei geringerwertigen Gegenständen ein zufälliges Wiederauffinden bei Täter, Hehler oder gutgläubigem Käufer mit demselben - wenn auch geringen - Wahrscheinlichkeitsgrad nicht auszuschließen ist, vermag dies jedoch nichts zu ändern. Für die Überzeugungsbildung des Gerichts bedarf es zwar keiner Gewissheit im naturwissenschaftlichen Sinne, vielmehr ist ein Überzeugungsgrad ausreichend, welcher vernünftigen Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH 53, 245,256; Zöller/Greger, § 286 ZPO Rz 19). Nach diesen Maßstäben kann hier nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausgeschlossen werden, dass die fraglichen Gegenstände von anderer Hand aus dem Betrieb entwendet und - der Darstellung des Klägers entsprechend - von ihm auf dem Flohmarkt erworben worden sind. 4. Die Tatsache, dass sich der Kläger im Zusammenhang mit der heimlichen Reparatur seines Beiles im Betrieb und dem anschließenden "Herausschmuggeln" unter der Arbeitskleidung verdächtig gemacht hat, hat er sich zwar selbst zuzuschreiben. Davon, dass der Kläger tatsächlich - neben seinem Beil - auch im Eigentum der Beklagten stehende Gegenstände aus dem Betrieb mitgenommen hat, kann sich die Kammer hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit überzeugen. Dazu, dass die allgemeinen Verdächtigungen aus dem Kollegenkreis, welche die Beklagte zur Abrundung ihres Vorbringens in das Verfahren eingeführt hat, zum Nachweis des hier erhobenen Vorwurfs eines Diebstahls am 11.07.2003 nicht geeignet sind, bedarf es keiner weiteren rechtlichen Ausführungen. Verbleibende Zweifel gehen nach der gesetzlichen Regelung zu Lasten der Beklagten. II Aus dem Fortbestand des Arbeitsverhältnisses ergibt sich die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger vertragsgemäß weiterzubeschäftigen. III Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen. IV Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gemäß § 72 ArbGG liegen nicht vor.

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