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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 22.11.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 787/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 315
BGB § 611
Übernimmt der Arbeitnehmer auf Wunsch des Arbeitgebers gegen Gewährung von Überstundenvergütung nebst Zuschlägen die zusätzliche Aufgabe, die betrieblichen Räumlichkeiten fünfzehn Minuten vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende zu öffnen und zu schließen, so liegt hierin keine Ausweitung der beiderseitigen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag, sondern allein die vereinbarte Ausweitung des arbeitsvertraglichen Direktionsrechts mit der Folge, dass es bei Wegfall des Überstundenbedarfs keiner Vertragsänderung durch Änderungskündigung bedarf. Soweit sich aus der langjährigen Handhabung ein Vertrauenstatbestand zugunsten des Arbeitnehmers ergeben kann, nicht grundlos von der Überstundenleistung ausgeschlossen zu werden, betrifft dies nicht den Wegfall des Bedarfs infolge von Änderungen der Betriebsorganisation.
Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.03.2007 - 1 Ca 1321/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Frage, ob die Beklagte berechtigt ist, dem Kläger einseitig - d.h. ohne Änderungskündigung - die vormals im Wege einvernehmlicher Überstundenleistung zugewiesene und langjährig ausgeübte Zusatzaufgabe, Tore und Türen des Werksgeländes 15 Minuten vor Arbeitsbeginn zu öffnen und 15 Minuten nach Arbeitsende zu schließen, zu entziehen.

Durch Teilurteil vom 16.03.2007 (Bl. 72 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren Sachverhalts und der hierin in Bezug genommenen Urkunden verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Anträge des Klägers

1. festzustellen, dass die Entziehung der Zusatztätigkeit des Klägers, nämlich des Öffnens und Schließens der Tore und Eingangstüren zum GWA-Gelände in H1, unwirksam ist;

2. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger auch über den 31.12.2006 hinaus mit dem Öffnen und Schließen der Tore und Eingangstüren zum GWA-Gelände in H1 zu betrauen, abgewiesen.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, die Beklagte sei berechtigt gewesen, dem Kläger die fragliche Tätigkeit aufgrund ihres Direktionsrechts zu entziehen. Bei der Zuweisung der Tätigkeit habe es sich nämlich allein um die Anordnung von Überstunden gehandelt, ohne dass ein besonderes Vertrauen des Klägers auf eine dauerhafte Zuweisung von Mehrarbeit begründet worden sei. Entgegen dem Standpunkt des Klägers beruhe die übernommene Tätigkeit nicht auf einer Sondervereinbarung oder Nebenabrede zum Arbeitsvertrag, vielmehr bedeute das Einverständnis des Klägers mit der Übernahme der an sich vertragsfremden Tätigkeit lediglich ein Einverständnis mit der teilweisen Ausweitung des Direktionsrechts. Auch die jahrelang gehandhabte Abrechnungspraxis, nach welcher die zusätzlichen Tätigkeiten als zuschlagspflichtige Überstunden abgerechnet worden seien, mache deutlich, dass eine Vereinbarung zur Änderung des Arbeitsvertrages mit dem Inhalt, dass die Zusatztätigkeit Inhalt des Arbeitsvertrages werde, nicht getroffen sei, zumal insoweit auch die nach § 4 Ziffer 1 b TV-AL II erforderliche Schriftform fehle. Unter diesen Umständen bedürfe es zur Entziehung der Zusatzaufgabe keiner vertragsändernden Regelung oder Kündigung, vielmehr habe die Beklagte kraft Direktionsrechts dem Kläger seine bisher geleistete Überstundentätigkeit entziehen können. Auch die langjährige Ausübung der Tätigkeit seit dem Jahre 1988 genüge nicht, um einen Anspruch auf Beibehaltung der angeordneten Überstunden aus Vertrauensgesichtspunkten bzw. aus dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zu begründen. Irgendwelche Anhaltspunkte, welche aus Sicht des Klägers die Annahme rechtfertigten, ihm solle die übernommene Mehrarbeit auf Dauer zugewiesen werden, seien nicht ersichtlich. Schließlich habe die Beklagte bei der Ausübung des Direktionsrechts auch die Grundsätze billigen Ermessens gewahrt. Unwidersprochen habe die Beklagte vorgetragen, dass die Werkshallen nur noch bei Bedarf geöffnet würden und im Übrigen die Beschäftigten selbst das Öffnen und Schließen von Türen und Toren übernähmen. Eine Umorganisation, welche zum Abbau von Überstunden führe, entspreche den berechtigten Grundsätzen sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung und könne schon aus diesem Grunde nicht beanstandet werden.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Kläger die vom Arbeitsgericht abgewiesenen Anträge weiter und hält an seiner Auffassung fest, eine einseitige Entziehung der Tätigkeit allein aufgrund des Direktionsrechts komme nicht in Betracht. Richtig sei zwar, dass es an einer förmlichen Ergänzung des Arbeitsvertrages fehle. Andererseits gehe das Arbeitsgericht selbst davon aus, dass die Beklagte dem Kläger die Tätigkeit des Auf- und Zuschließens von Toren und Türen nicht aufgrund des Direktionsrechts, sondern nur mit Einverständnis des Klägers habe zuweisen können. Wenn das Arbeitsgericht aber selbst von der Notwendigkeit einer Vereinbarung ausgehe und die geschlossene Vereinbarung selbst keine Regelung über die Beendigung dieser Vereinbarung enthalte, scheide ein einseitiger Entzug der übertragenen Tätigkeiten von vornherein aus. Allein die Tatsache, dass die zusätzlichen Tätigkeiten des Klägers als zuschlagspflichtige Überstunden vergütet worden seien, sei hierfür ohne Belang. Weder sei für das Zustandekommen einer arbeitsvertraglichen Vereinbarung überhaupt der Abschluss einer Vergütungsvereinbarung erforderlich, noch habe es im vorliegenden Fall einer besonderen Vereinbarung bedurft. Da die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers durch die zusätzliche Aufgabenstellung verlängert worden sei, sei es konsequent gewesen, dass die Tätigkeit als zuschlagspflichtige Mehrarbeit vergütet worden sei. An der Verbindlichkeit der getroffenen Vereinbarung ändere sich hierdurch hingegen nichts. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht im Übrigen den Standpunkt eingenommen, die aufgrund des Direktionsrechts vorgenommene Maßnahme halte sich im Rahmen billigen Ermessens. Nicht anders als bei unternehmerischen Organisationsentscheidungen zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung sei auch für Maßnahmen aufgrund des Direktionsrechts das Erfordernis zu beachten, dass die vorgetragene Umverteilung der Arbeit tatsächlich durchführbar sei und nicht zur überobligationsmäßigen Belastung anderer Arbeitnehmer führe. Wenn die Beklagte vortrage, die Beschäftigten richteten ihre Tätigkeit nunmehr so ein, dass sie innerhalb ihrer Arbeitszeit etwa benötigte Werkstattschlüssel holten und abgäben, könne dies nur so verstanden werden, dass die vertraglich geschuldete Arbeitszeit nicht voll ausgeschöpft werde. Ähnlich wie nach dem physikalischen Prinzip von der Erhaltung der Masse ändere sich damit im Ergebnis nichts, ein wirtschaftlich sinnvolles Konzept lasse sich nicht erkennen, vielmehr handele es sich um bloßen Aktionismus.

Der Kläger beantragt,

das Teil-Urteil des Arbeitsgerichts Herford vom 16.03.2007 - 1 Ca 1321/06 - abzuändern und nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen zu 1) und 2) des Klägers zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

I

Die Kammer folgt den zutreffenden Ausführungen des arbeitsgerichtlichen Urteils und tritt insbesondere dem Standpunkt des Arbeitsgerichts bei, dass die Beklagte berechtigt war, dem Kläger die bislang erledigte Zusatztätigkeit einseitig zu entziehen. Dementsprechend besteht auch keine Verpflichtung, den Kläger weiterhin mit dem Öffnen und Schließen der Tore und Türen zu betrauen. Die vom Kläger mit der Berufung vorgetragenen Gesichtspunkte rechtfertigen keine andere Entscheidung.

1. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil kam allerdings eine einseitige Zuweisung der fraglichen Tätigkeit auf der Grundlage des arbeitsvertraglich vereinbarten und tariflich erweiterten Direktionsrechts nicht in Betracht. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 10 Ziffer 1 TV-AL, nach welcher Arbeitnehmer zur Mehrarbeit - dies aber nur in dringenden Fällen - verpflichtet sind. Darüber hinaus handelt es sich - wie das Arbeitsgericht zutreffend herausgestellt hat - hier nicht um eine bloße Verlängerung der Arbeitszeit, sondern um die Ausübung einer vertragsfremden Aufgabenstellung. Ohne sein Einverständnis hätte dem Kläger als Verwaltungsangestellten das Öffnen und Schließen von Toren und Türen nicht längerfristig übertragen werden können.

2. Zu Unrecht folgert der Kläger indessen aus der Tatsache, dass er sich mit der Übernahme der fraglichen Tätigkeit einverstanden erklärt hat, ohne weiteres eine Änderung des Arbeitsvertrages im Sinne einer beide Vertragsparteien bindenden Ausweitung der bestehenden Vertragspflichten. Welche rechtliche Bedeutung der einvernehmlichen Übernahme der zusätzlichen Aufgabenstellung zukommen sollte, ist vielmehr im Wege der Auslegung gemäß §§ 133, 145 BGB zu ermitteln. Allein der Umstand, dass es sich bei den zu erledigenden Tätigkeiten nicht um nur gelegentliche und kurzfristig anfallende Aufgaben handelte, vielmehr ein entsprechender Bedarf nach der aktuellen Arbeitsorganisation zumindest auf absehbare Zeit bestand, genügt für sich genommen nicht, von einer Ausweitung der vertraglichen Aufgabenstellung des Klägers unter Einbeziehung der hier maßgeblichen Zusatzaufgaben auszugehen. Vielmehr war auch aus der Sicht des Klägers erkennbar, dass die vom Arbeitgeber gewünschte Handhabung an die aktuelle Organisation der Arbeitsabläufe anknüpfte und insofern von möglichen Veränderungen der Arbeitsorganisation abhängig war. Wenn die Parteien des Arbeitsvertrages unter diesen Umständen nicht etwa eine förmliche Änderung des Arbeitsvertrages vornahmen, sondern ausdrücklich - wie aus der "SDWO Instruction" vom 04.01.1988 ersichtlich - die einvernehmliche Übernahme der Tätigkeit als Leistung von (zuschlagspflichtigen) Überstunden verstanden wissen wollten, so liegt hierin ein entscheidendes Indiz gegen die vom Kläger angenommene Vertragsänderung. Bei Einbeziehung der neu übernommenen Aufgabe in die regulären arbeitsvertraglichen Pflichten hätte dies zu einer Verlängerung der regelmäßigen Arbeitszeit geführt. Demgegenüber ist die Leistung von Überstunden gerade dadurch gekennzeichnet, dass sie zusätzlich zur regulären Arbeitszeit geleistet werden und dementsprechend mit einem besonderen Zuschlag vergütet werden. Für die Dauer der regelmäßigen Arbeitszeit fällt aber - wie schon aus der begrifflichen Zuordnung ersichtlich - ein Zuschlag für "Überstunden" oder "Mehrarbeit" nicht an.

Kennzeichnend für die Leistung von Überstunden, gleich ob sie aufgrund arbeitsvertraglicher oder tariflicher Grundlage einseitig oder nur mit Einverständnis des Arbeitnehmers angeordnet werden können, ist aber der Umstand, dass die Entscheidung über die Inanspruchnahme der Überstundenleistung beim Arbeitgeber verbleibt. Dementsprechend ist der Arbeitgeber durch die Erklärung des Arbeitnehmers, er sei zur Leistung von Überstunden bereit, nicht in der Entscheidung eingeschränkt, ob er von der - durch Vereinbarung erweiterten - Befugnis Gebrauch machen will oder nicht. Nur unter besonderen Voraussetzungen kann von einer vertraglichen Verpflichtung des Arbeitgebers ausgegangen werden, dem Arbeitnehmer Überstunden zuzuweisen. Das vorab erklärte Einverständnis des Arbeitnehmers stärkt damit die Rechtsposition des Arbeitgebers zur einseitigen Leistungsbestimmung, ohne dass hiermit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zuweisung entsprechender Tätigkeiten korrespondiert.

3. Auch die Tatsache, dass der Kläger über einen langen Zeitraum - ca. 18 Jahre - mit der ihm übertragenen Aufgabe befasst geblieben ist, genügt für sich genommen nicht zur Annahme, zwischen den Parteien sei eine stillschweigende Vereinbarung oder Betriebsübung mit dem Inhalt entstanden, die Beklagte wolle sich im Verhältnis zum Kläger zu einer dauerhaften Inanspruchnahme der Überstundenleistung verpflichten.

a) Anders als nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.11.1986 (6 AZR 567/83 - AP Nr. 27 zu § 242 BGB Betriebliche Übung), nach welcher die als Schulhausmeister tätigen Arbeitnehmer das einseitige Verlangen des beklagten Schulträgers, regelmäßig bei der Durchführung außerschulischer Veranstaltungen über die vertragliche Arbeitszeit hinaus tätig zu werden, unter den dort vorliegenden Umständen nach Treu und Glauben im Sinne eines rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillens des Arbeitgebers verstehen durften, die anfallenden Dienste jedenfalls solange weiterhin zur Erledigung zuzuweisen, wie der Schulträger die Räumlichkeiten zur Benutzung durch Dritte freigab, ist der vorliegende Sachverhalt dadurch gekennzeichnet, dass die Beklagte beim Kläger die Bereitschaft zur Überstundenleistung abgefragt und sodann auf der Grundlage des Einverständnisses eine entsprechende Überstundenanordnung getroffen hat. Aus der Sicht des Klägers war damit - anders als bei der einseitigen Anordnung von Überstunden im Hausmeisterfall - ohne weiteres ersichtlich, dass die Aufgabenzuweisung nicht allein vom Vorhandensein eines entsprechenden Bedarfs, sondern von einer Absprache abhing. Das gilt um so mehr, als es sich bei der Überstundenleistung des Klägers nicht um eine bloße zeitliche Ausdehnung der Arbeitszeit, sondern um eine an sich vertragsfremde Tätigkeit handelte Ein Vertrauenstatbestand wie im zitierten Hausmeisterfall (es bleibe bei der einmal getroffenen und lange geübten Handhabung so lange, wie der entsprechende Bedarf fortbestehe), konnte aus der Sicht des Klägers nicht entstehen.

b) Aber auch wenn man die Tatsache, dass die vom Kläger verrichtete Zusatztätigkeit auf Dauer anfiel und sich der Kläger bei seinen zeitlichen Planungen nach den Vorgaben der Beklagten einzurichten hatte und langjährig eingerichtet hat, genügen lassen wollte, um hier einen erkennbaren Rechtsbindungswillen der Beklagten und Vertrauenstatbestand auf Seiten des Klägers anzunehmen, so müssen doch Inhalt und Reichweite der so begründeten rechtlichen Bindung im Wege der Auslegung bestimmt werden. So mag aus der angenommenen rechtlichen Bindung folgen, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen wäre, anstelle des Klägers einen anderen Beschäftigten mit dem Öffnen und Schließen der Tore und Türen zu beauftragen. Demgegenüber reicht - auch auf der Grundlage der vorstehend zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts - die rechtliche Bindung der Beklagten allenfalls so weit, als ein entsprechender Überstundenbedarf vorhanden war. In der zitierten Entscheidung ist das Bundesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass der Arbeitnehmer "zwar keinen Anspruch auf eine bestimmte Anzahl von Überstunden (habe), wohl aber darauf, bei außerschulischen Veranstaltungen Bereitschaftsdienst gegen Zahlung der tariflichen Vergütung zu leisten, sofern die Schulen in dieser Zeit mit Zustimmung des Schulträgers belegt (seien); die Kläger hätten darauf vertrauen können, dass sie diese Dienste in dem entsprechenden Umfang solange leisten konnten, wie der Schulträger die Räumlichkeiten durch Dritte freigebe." Überträgt man diese Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung, so wird deutlich, dass - auch bei Annahme einer rechtlichen Bindung der Beklagten dem Grunde nach - eine Verpflichtung, dem Kläger Überstunden zuzuweisen, jedenfalls an das Fortbestehen eines entsprechenden Bedarfs gebunden war. Mit der Änderung der Arbeitsorganisation, nach welcher Tore und Türen nicht vor Beginn und nicht nach Ende der betriebsüblichen Arbeitszeit zu öffnen bzw. zu schließen sind, sondern nunmehr entsprechende Tätigkeiten von den Beschäftigten selbst innerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit erledigt werden oder auch einzelne Türen unverschlossen bleiben, ist der Bedarf für den "Schließdienst" außerhalb der betriebliche Arbeitszeit ersatzlos entfallen. Auch auf der Grundlage einer angenommen rechtlichen Bindung der Beklagten muss es unter diesen Umständen sein Bewenden damit haben, dass der Kläger die weitere Zuweisung von Überstunden und eine entsprechende Beschäftigung nicht verlangen kann.

4. In Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil hat die Beklagte bei ihrer Entscheidung auch die Grenzen billigen Ermessens im Sinne des § 315 BGB beachtet. Auf die zutreffenden Gründe der arbeitsgerichtlichen Entscheidung wird insoweit Bezug genommen.

a) Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung erneut die Zweckmäßigkeit der genannten Arbeitsorganisation in Zweifel zieht und hierzu auf die Maßstäbe der betriebsbedingten Kündigung verweist, greift auch dieser Einwand nicht durch. Ob der Arbeitgeber einen eigen-ständigen "Schließdienst" vor Arbeitsbeginn und nach Arbeitsende einrichtet oder die Arbeit so organisiert, dass die beschäftigten Arbeitnehmer während ihrer Arbeitszeit nicht zusätzlich, sondern anstelle ihrer vertraglichen Tätigkeit Zeiten für das Öffnen und Schließen nebst entsprechender Wegezeiten aufwenden, stellte eine reine Zweckmäßigkeitsentscheidung dar, welche von den Gerichten für Arbeitssachen hinzunehmen ist. Der Auffassung des Klägers, es handele sich nicht um die Durchführung eines unternehmerischen Konzepts, sondern um bloßen Aktionismus, vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.

b) Ebenso wenig überzeugt der Einwand des Klägers, bei der erforderlichen Interessenabwägung sei die ihn treffende finanzielle Einbuße der wirtschaftlichen Leistungskraft des Arbeitgebers - des Vereinigten Königreichs - gegenüberzustellen; hieraus folge aber die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme. Zwar hat der Arbeitgeber bei der Umsetzung von Organisationsmaßnahmen auf die Belange des Arbeitnehmers in der Weise Rücksicht zu nehmen, dass dem Arbeitnehmer nicht weitere Nachteile auferlegt werden, als zur Umsetzung der Maßnahme erforderlich sind. Nicht hingegen kann der Gesichtspunkt der Interessenabwägung zur Begründung dafür herangezogen werden, dass die Organisationsänderung überhaupt unterbleibt, um dem Arbeitnehmer den bisherigen Besitzstand zu erhalten. Dass mit dem Wegfall des Schließdienstes auch der Anspruch des Klägers auf Überstundenvergütung entfällt, stellt eine zwangsläufige Konsequenz aus dem Synallagma zwischen Leistung und Gegenleistung dar. Soweit der Kläger demgegenüber sein Interesse an der Beibehaltung der Überstundenvergütung betont und eine Abwägung mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers fordert, läuft dies darauf hinaus, die Ausgestaltung der Arbeitsorganisation selbst unter Berücksichtigung von Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und sozialer Rücksichtnahme zu kontrollieren. Für eine solche Ausdehnung der rechtlichen Kontrolle der Arbeitsorganisation bietet die Vorschrift des § 315 BGB jedoch keine Grundlage.

II

Die Kosten der erfolglosen Berufung fallen dem Kläger zur Last.

III

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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