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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Urteil verkündet am 06.09.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 802/07
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
Zur Frage des Arbeitnehmerstatus der beim Luftrettungsdienst tätigen Rettungsärzte

Beruht der Einsatz der im Luftrettungsdienst tätigen Rettungsärzte auf vertraglichen Beziehungen zwischen den Beteiligten und erfolgt die monatliche Einsatzplanung mit Rücksicht auf die hauptberufliche Tätigkeit der Ärzte als angestellter Krankenhaus- oder niedergelassener Arzt in der Weise, dass gewünschte Anzahl und möglicher Zeitpunkt der Dienste vor der Aufstellung des Dienstplans erfragt und erst der auf dieser Grundlage koordinierte Dienstplan eine Verpflichtung des Rettungsarztes zum Tätigwerden begründet, so wird hierdurch zumindest ein Dauerarbeitsverhältnis nicht begründet.


Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 14.03.2007 - 1 Ca 1654/06 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger, welcher seit dem 01.04.2002 an dem - zuletzt von der Beklagten betriebenen - Luftrettungszentrum Flughafen M1/O1 als Notarzt auf dem dort stationierten Intensiv-Transport-Hubschrauber tätig war, gegen beklagtenseitige Kündigungen vom 10.10.2006 und 16.02.2007. Er macht geltend, er sei auf der Grundlage eines - nicht schriftlich fixierten - Arbeitsvertrages für die Beklagte tätig geworden und genieße dementsprechend Kündigungsschutz. Mangels ausreichender Kündigungsgründe sei die Beklagte zugleich zur Weiterbeschäftigung des Klägers verpflichtet.

Hierzu hat der Kläger behauptet, aufgrund der mündlich getroffenen Absprachen sei er verpflichtet gewesen, monatlich eine bestimmte Anzahl von Mindestdiensten (viermal Tag/ viermal Nacht) zu leisten. Allein die zeitliche Abstimmung der Dienste unter Berücksichtigung der von den Ärzten geäußerten Einsatzwünsche ändere nichts daran, dass er keineswegs frei über seine Arbeitszeit habe verfügen können. Selbst nach verbindlicher Aufstellung des Dienstplans habe die Beklagte in Einzelfällen den Einsatzplan einseitig geändert. Berücksichtige man weiter, dass der Kläger keine eigenen Arbeitsmittel eingebracht, also vollständig in den Betrieb der Beklagten eingegliedert und insbesondere den Weisungen des leitenden Hubschrauberarztes als Fachvorgesetztem unterworfen gewesen sei, lasse dies allein die rechtliche Einordnung als Arbeitsverhältnis zu. Mangels ausreichender Kündigungsgründe bestehe das Arbeitsverhältnis der Parteien fort.

Der Kläger hat im ersten Rechtszuge beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 10.10.2006, zugegangen am 12.10.2006, nicht aufgelöst ist;

2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien (auch) nicht durch die Kündigung vom 16.02.2007 zum 31.03.2007 aufgelöst wird;

3. die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit den Feststellungsanträgen zu 1) und 2) zu verurteilen, den Kläger zu den bisherigen zwischen den Parteien geregelten Bedingungen als Notarzt auf dem Intensivtransporthubschrauben der A1-Luftrettung GmbH, Luftrettungszentrum Flughafen M1/ O1 bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzrechtsstreites weiter zu beschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, die Beschäftigung der am Flughafen M1/O1 tätigen 15 bis 18 Rettungsärzte erfolge - wie auch der Einsatz der Rettungsassistenten - auf freiberuflicher Grundlage. Anders als an anderen Standorten des Luftrettungsdienstes, an welchen der Einsatz der Rettungsärzte auf Vereinbarungen mit den örtlichen Krankenhäusern beruhe und einzelvertragliche Vereinbarungen zwischen Rettungsärzten und der Beklagten fehlten, setze die Beklagte am Standort M1/O1 nebenberuflich tätige Rettungsärzte auf vertraglicher Grundlage - jedoch nicht als Arbeitnehmer - ein. Ein arbeitsvertraglicher Einsatz der Rettungsärzte scheide schon wegen der Notwendigkeit aus, zeitliche Lage und Anzahl der Dienste jeweils mit den Rettungsärzten nach deren Verfügbarkeit und Einsatzbereitschaft abzustimmen. Da ein erheblicher Teil der Rettungsärzte hauptberuflich an Krankenhäusern oder - wie der Kläger - als niedergelassener Arzt tätig sei, erfolge die Festlegung der zu leistenden Dienste vielmehr nach den Wünschen der Ärzte. Erst mit der Aufnahme der Dienste in den Dienstplan seien diese für den Arzt verbindlich. Ebenso wenig seien die Ärzte zur Leistung einer bestimmten Anzahl von Diensten verpflicht. Dies zeige sich schon an der schwankenden Anzahl der vom Kläger geleisteten Dienste. Auch im Übrigen fehle es an den Merkmalen eines Arbeitsverhältnisses. Vielmehr habe der Kläger im Rahmen seiner Tätigkeit als Rettungsarzt eigenverantwortlich und insbesondere ohne fachliche Weisungen der Beklagten gearbeitet

Durch Urteil vom 14.03.2007 (Bl. 222 ff. d.A.), auf welches wegen des weiteren erstinstanzlichen Parteivorbringens Bezug genommen wird, hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt worden, nach dem eigenen Vorbringen des Klägers liege kein Arbeitsverhältnis vor, vielmehr müsse von einem freien Mitarbeiterverhältnis ausgegangen werden. Maßgeblich sei hierfür insbesondere der Umstand, dass der Kläger im Wesentlichen frei gewesen sei, seine Arbeitszeit zu bestimmen. Allein die Tatsache, dass der Dienstplan nach seiner Festlegung verbindlich gewesen sei, ändere nichts daran, dass bei der Aufstellung des Dienstplans jeweils die Einsatzwünsche des Klägers berücksichtigt worden seien. Auch der Kläger habe nicht substantiiert darzulegen vermocht, dass monatliche Dienstpläne abweichend von den Wünschen der Mitarbeiter erstellt worden seien. Ebenso wenig habe der Kläger eine Verpflichtung, monatlich bestimmte Mindestdienstzeiten zu erbringen, ausreichend dargelegt. Demgegenüber komme dem Umstand, dass der Kläger weitgehend in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden gewesen und nach seiner Darstellung fachlichen Weisungen unterworfen gewesen sei, keine entscheidende Bedeutung zu. Abgesehen davon, dass der Kläger als Notarzt im Falle eines konkreten Einsatzes unstreitig frei von jeglichen Weisungen tätig werde, lasse sich auch im Übrigen eine unmittelbare arbeitsvertragliche Weisungsunterworfenheit nicht eindeutig erkennen. Die bei der Beklagten bestehenden Dienstanweisungen dienten in erster Linie der Sicherstellung der gesetzlichen Vorgaben für den Rettungsdienst, ohne dass sich hieraus arbeitsrechtliche Weisungen ableiten ließen. Da der Kläger nach alledem nicht als Arbeitnehmer anzusehen sei, seien sowohl der verfolgte Kündigungsfeststellungs- wie auch der Weiterbeschäftigungsantrag unbegründet.

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung wendet sich der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens gegen die vom Arbeitsgericht vorgenommene Einordnung der Vertragsbeziehung als freies Mitarbeiterverhältnis. Insbesondere hat das Arbeitsgericht zu Unrecht die Modalitäten der Dienstplanaufstellung in den Vordergrund gerückt. Allein der Umstand, dass die von der Beklagten eingesetzten Notärzte entsprechende Einsatzwünsche äußern könnten, aufgrund deren sodann die Beklagte den Dienstplan erstellt habe, ändere nichts daran, dass der Dienstplan ab dem 20. des Vormonats für die Beteiligten verbindlich gewesen sei und eine Pflicht zum Dienstantritt begründet habe. Auch in der Praxis des normalen Krankenhausbetriebes werde nicht anders verfahren, ohne dass hierdurch der Status der Ärzte als Arbeitnehmer in Zweifel gezogen sei. Tatsächlich habe die Beklagte auch keineswegs allein im Monat Oktober wegen aktueller Probleme, sondern auch im Monat August 2006 einseitig in den Dienstplan eingegriffen. Hierin liege ein gewichtiges Indiz dafür, dass letztlich die Beklagte bei der Dienstplangestaltung das letzte Wort gehabt habe. Abweichend vom Standpunkt des arbeitsgerichtlichen Urteils seien die eingesetzten Rettungsärzte auch nicht berechtigt gewesen, von sich aus einen Tausch mit anderen Notärzten vorzunehmen, vielmehr seien Änderungen ausdrücklich nur nach Rücksprache mit den Leitungskräften zulässig gewesen. Eine arbeitsvertragliche Bindung folge schließlich aus der Verpflichtung, eine Mindestanzahl von Diensten anzubieten. Entgegen der Darstellung der Beklagten gelte dies nicht allein für die Rettungsassistenten, sondern - ausweislich des Protokolls der Dienstbesprechung vom 09.01.2006 - auch für den Kreis der Rettungsärzte. Dass der Kläger bei der Beklagten keinen Urlaub habe beantragen müssen, erkläre sich allein daraus, dass es zwischen den Parteien keine eindeutigen vertraglichen Regeln gegeben habe, ohne dass hieraus ein Anhaltspunkt für den Status als "freier Mitarbeiter" herzuleiten sei. Zu Unrecht habe das Arbeitsgericht schließlich die weiteren, bereits erstinstanzlich vorgetragenen Umstände zur vollständigen Eingliederung des Klägers in die bestehende Arbeitsorganisation und zu den maßgeblichen Unterstellungsverhältnissen und Weisungsbefugnissen als nicht entscheidend angesehen. Demgegenüber belege der Umstand, dass nicht der Kläger, sondern die Beklagte die Entscheidung darüber treffe, ob die anwesende Rettungsmannschaft einen bestimmten Einsatz übernehme, die vollständige Weisungsgebundenheit des Klägers.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den Anträgen der ersten Instanz zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

I

Wie die Auslegung des Klagebegehrens ergibt, macht der Kläger mit dem Antrag, ... festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die angegriffene Kündigung nicht beendet worden ist, neben dem punktuellen Streitgegenstand des Kündigungsfeststellungsantrages ausdrücklich auch das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zum Zeitpunkt der Kündigung im Sinne einer Statusklage geltend. Zutreffend hat das Arbeitsgericht auf dieser Grundlage das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses verneint. Damit erweisen sich die vom Bestand eines Arbeitsverhältnisses abhängigen Anträge (Kündigungsfeststellungs- und Weiterbeschäftigungsantrag) ebenfalls ohne weiteres als unbegründet.

II

Das Arbeitsgericht hat bei der rechtlichen Prüfung, inwiefern sich die zwischen den Parteien begründete Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis darstellt, zutreffend auf die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Abgrenzungskriterien abgestellt und hierbei die Besonderheiten berücksichtigt, welche sich aus Art und Umständen der ausgeübten Tätigkeit ergeben. Hierauf nimmt die Berufungskammer im Einzelnen Bezug, Die vorgelegte Berufungsbegründung rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

1. Soweit der Kläger aus der Tatsache, dass der monatliche Dienstplan - wenn er erst einmal aufgestellt war - den Kläger zur Einhaltung der dort vorgesehenen Dienstzeiten verpflichtete, herleiten will, schon hieraus folge eine Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht, überzeugt dies nicht. Dass Terminsvereinbarungen von den Vertragsparteien einzuhalten sind, stellt kein Spezifikum des Arbeitsrechts dar. Während im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses der Dienstplan vom Arbeitgeber - unter Beachtung billigen Ermessens gemäß § 315 BGB - aufgestellt wird und Rechtsverbindlichkeit nicht erst durch Zustimmung des Arbeitnehmers erlangt, stellt ein Dienstplan, welcher die von den eingesetzten Kräften benannten Einsatzwünsche und -möglichkeiten koordiniert und ein allseitiges Einverständnis voraussetzt, das Gegenteil einer einseitigen Weisung dar.

a) Der einseitigen Aufstellung eines Dienstplans stand hier schon der Umstand entgegen, dass die von der Beklagten für den Rettungsdienst vorgesehenen Ärzte zu einem erheblichen Teil in einem Arbeitsverhältnis als Krankenhausärzte standen und aus diesem Grunde für einen Einsatz bei der Beklagten nur in Abhängigkeit vom Dienstplan ihres "Hauptarbeitgebers" leisten konnten. Dementsprechend wurde der Dienstplan nicht etwa in der Weise erstellt, dass von Seiten der Beklagten Dienste vorgegeben wurden, welche alsdann von den Ärzten im Einzelfall aus Hinderungsgründen abzusagen waren. Vielmehr wurden die Einsatzwünsche von Seiten der Ärzte im Voraus - unter Berücksichtigung ihrer primären beruflichen Verpflichtungen - geäußert, wobei es dann Sache der Beklagten war, auf der Grundlage der genannten Einsatzmöglichkeiten einen Dienstplan zu erstellen.

b) Unter Berücksichtigung dieser Besonderheiten überzeugt auch der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 30.11.1994 - 5 AZR 704/93 - AP § 611 BGB Abhängigkeit Nr. 74 nicht. Wenn es dort heißt, es sei lebensfremd anzunehmen, die im Dienstplan vorgesehenen Einsätze seien für den Mitarbeiter erst verbindlich, wenn dieser dem Einsatz nicht widerspreche, so trifft diese Einschätzung zweifellos auf solche Fallgestaltungen zu, in welchen von Mitarbeitern ständige Dienstbereitschaft erwartet werden kann und erwartet wird, nämlich insbesondere bei einer hauptberuflich ausgeübten Tätigkeit, welche dem Mitarbeiter das erforderliche Erwerbseinkommen verschafft. Demgegenüber spricht hier schon der Umstand, dass ein erheblicher Teil der Rettungsärzte wegen der bestehenden hauptberuflichen Verpflichtungen als Krankenhausarzt zu einer ständigen Dienstbereitschaft gar nicht in der Lage ist, gegen eine solche ständig erwartete Dienstbereitschaft. Auch der Kläger als niedergelassener Arzt wird seine hauptberufliche Tätigkeit kaum den zeitlichen Vorgaben der Beklagten unterwerfen wollen und können. Dann kommt aber der einvernehmlich vereinbarten Festlegung des Dienstplans - im Gegensatz zur einseitigen Weisung - entscheidende Bedeutung zu.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Klägers, die Beklagte habe gelegentlich einseitig, und zwar nicht allein in der Sondersituation im Monat Oktober 2006, sondern auch im Monat August den Dienstplan geändert. Abgesehen davon, dass sich aus dem vom Kläger vorgelegten Unterlagen (Anlage K 32 und K 33, Bl. 255, 256 d.A.) zwar eine Änderung des Dienstplans ergibt, die von der Beklagten ausdrücklich bestrittene "Einseitigkeit" der Änderung - also ohne Abstimmung mit den betroffenen Personen - hierdurch nicht belegt wird, kann es für die hier maßgebliche Beurteilung nicht entscheidend darauf ankommen, ob es - entgegen der allgemein angewandten Regel - gelegentlich zu nachträglichen Eingriffen in den Dienstplan gekommen ist. Da im Übrigen der von der Dienstplanänderung betroffene Arzt entsprechend informiert werden musste und der geänderte Einsatz nur unter Berücksichtigung der im Hauptarbeitsverhältnis bestehenden Dienstverpflichtungen festgelegt werden konnte, erscheint ohnehin zweifelhaft, inwiefern hier für einseitige Weisungen Raum blieb. Eine gleichwohl verfügte und hingenommene einseitige Dienstplanänderung kann unter diesen Umständen nicht als hinreichendes Indiz dafür angesehen werden, die Rettungsärzte seien grundsätzlich hinsichtlich der Dienstplangestaltung den Weisungen der Beklagten unterworfen.

2. Auch soweit es die Anzahl der vom Kläger geleisteten Dienste betrifft - insoweit ist zuletzt unstreitig geworden, dass der Kläger zwischen drei und neun Diensten je Monat geleistet hat -, liegt in der schwankenden Zahl der Dienste ein Beleg dafür, dass nicht etwa allein der Zeitpunkt der Einsätze, sondern auch der Umfang der Tätigkeit einer einvernehmlichen Festlegung bedurfte.

a) Dies zeigt sich bereits anschaulich im Fall der urlaubsbedingten Abwesenheit des Klägers. Soweit der Kläger darauf verweist, die fehlende Notwendigkeit eines Urlaubsantrages erkläre sich ohne weiteres aus dem Fehlen schriftlicher vertraglicher Regelungen, vermag dies nichts daran zu ändern, dass eben aus diesem Grunde dem Kläger ein entsprechender Freiraum zustand, nicht hingegen die Beklagte Anzahl und Zeitpunkt der Rettungseinsätze des Klägers bestimmte.

b) Auch aus der vom Kläger vorgelegten Bescheinigung des damaligen leitenden Hubschrauberarztes N: H1 vom 06.01.2005 (Anlage K 14, Bl. 43 d.A.) ergibt sich nichts anderes. Wenn es dort heißt, der Kläger sei "aufgrund der Vorgaben seitens der A1-Luftrettung GmbH ... und aufgrund des Erlasses zum Einsatz von Luftfahrzeugen im Rettungsdienst ... als Notarzt ... dazu angehalten, jeden Monat regelmäßig Dienste in Anwesenheits- und Rufbereitschaft zu führen ...", so kann mit dem Begriff der monatlich "regelmäßig" zu leistenden Dienste ein bestimmter Mindestumfang der Tätigkeit im Sinne einer vertragsrechtlichen Gebundenheit des Klägers nicht belegt werden. Das gilt um so mehr, als nicht ersichtlich ist, für welche Zwecke sich der Kläger seinerzeit die Bescheinigung hat ausstellen lassen. Der Umstand, dass nach den gesetzlichen Vorgaben, an welchen sich wiederum die Organisation des Luftrettungsdienstes zu orientieren hat, der Einsatz als Rettungsarzt eine nicht nur sporadische, sondern regelmäßige Tätigkeit voraussetzt, dient ersichtlich dem Ziel, einen bestimmten Qualitätsstandard zu sichern. Daneben mag hinter den in der Bescheinigung angesprochenen Vorgaben der Beklagten auch das Ziel stehen, durch einen monatlich regelmäßigen Einsatz der Rettungsärzte die Organisation des Rettungsdienstes zu erleichtern. Für eine vertraglich verbindliche Vorgabe einer bestimmten Anzahl von Diensten, wie sie für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist, kann aus der vorgelegten Bescheinigung vom 06.01.2005 demgegenüber nichts hergeleitet werden.

c) Auch das im zweiten Rechtszuge vorgelegte Protokoll der Dienstbesprechung vom 09.01.2006 (Anlage K 34, Bl. 257, 260 d.A.) ist zum Nachweis einer vertraglich bindenden Festlegung einer bestimmten Anzahl von Diensten nicht geeignet. Weder die dort angesprochene Überlegung, die Rettungsärztin Frau P1 nicht mehr einzusetzen, da sie "auf Dauer die geforderten Dienste nicht angeben könne", noch die allgemeine Feststellung, "dass die Kollegen, die nicht die geforderten Wunschtermine angeben können, ohne dies im Vorfeld ... abzusprechen", auf Dauer nicht mehr eingesetzt werden sollen, bestätigen die vom Kläger vorgetragene vertragliche Fixierung einer bestimmten Anzahl von Mindestdiensten. Wenn die Beklagte im Interesse eines vertretbaren Organisationsaufwandes von der Einteilung solcher Ärzte absehen will, welche dauerhaft nicht einplanbar sind bzw. ohne Absprache keine Wunschtermine angeben, bedeutet nicht, dass - wie der Kläger behauptet - für jeden Arzt eine vertragliche Verpflichtung besteht, mindestens vier Dienste pro Monat zu leisten. Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, bei Unterschreitung der erwarteten Mindestdiensteinsätze drohten entsprechende "Sanktionen" und in diesem Zusammenhang auf das Schreiben des Rettungsassistenten S1 (Anlage K 22, Bl. 111 d.A.) verweist, so spricht auch dieses Schreiben - unabhängig davon, dass es hier um den Einsatz der Rettungsassistenten geht - eher gegen eine vertraglich bindende Festlegung einer Mindestanzahl von Diensten, sondern kann allenfalls wiederum als Beleg dafür dienen, dass grundsätzlich ein regelmäßiger Einsatz erwartet wird. Die in dem Schreiben aufgeführten drohenden Nachteile bei der Diensteinteilung oder bei der Versorgung mit neuen Einsatzjacken haben ersichtlich außerrechtlichen Charakter und sind mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen nicht vergleichbar. Ist der Arbeitnehmer nicht bereit, nach Maßgabe des vorgegebenen Dienstplans zu arbeiten, drohen ihm regelmäßig Abmahnung und Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Träfe die Darstellung des Klägers zu, die Rettungsärzte seien vertraglich zu mindestens vier Tag- und Nachtdiensten verpflichtet, wäre dies in der genannten Dienstbesprechung sicher deutlicher zum Ausdruck gekommen.

3. Letztlich bleibt es damit in Bezug auf die zeitliche Weisungsgebundenheit des Klägers allein dabei, dass der einmal im Dienstplan als verbindlich zugesagte Dienst tatsächlich auch angetreten werden muss. Selbst wenn man auf dieser Grundlage - unter Berücksichtigung der weitgehenden Eingliederung der Rettungsärzte in die bestehende Arbeitsorganisation - den Standpunkt einnehmen wollte, die Durchführung der einzelnen Rettungseinsätze erfolge im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses (so für den Einsatz studentischer Nachtsitzwachen: BAG, Urteil vom 03.11.1999 - 7 AZR 683/98 - RzK I 9 a Nr. 167; Urteil vom 18.08.1982 - 7 AZR 353/80 - Juris), würde sich hieraus nicht der vom Kläger erstrebte Status als Arbeitnehmer im Dauerarbeitsverhältnis ergeben. Auf der Grundlage der vom Bundesarbeitsgericht angenommenen befristeten Eintags-Arbeitsverhältnisse käme dementsprechend keine Kündigungsschutz-, sondern allenfalls eine Entfristungsklage in Betracht, für die indessen ersichtlich die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt wären. Das vom Kläger erstrebte Dauerarbeitsverhältnis scheitert demgegenüber aus den dargestellten Gründen daran, dass der Kläger weder in einem vertraglich festgelegten Umfang noch nach einseitigen zeitlichen Vorgaben der Beklagten seine Einsätze zu leisten hatte, vielmehr Anzahl und zeitliche Lage seiner Dienste auf der Grundlage der von den Ärzten selbst geäußerten Vorgaben in den Dienstplan aufgenommen und erst hierdurch verbindlich wurden.

4. Die weiteren, vom Kläger in der Berufungsbegründung vorgetragenen Ausführungen zur Eingliederung in die bestehende Arbeitsorganisation - insbesondere zum fehlenden Einsatz eigener Arbeitsmittel sowie zu den bestehenden Dienstanweisungen und Unterstellungsverhältnissen - treten demgegenüber unter den hier vorliegenden Umständen vollständig zurück. Der Gesichtspunkt fachlicher Weisungen ist - wie das Beispiel des Chefarztes zeigt - für die Abgrenzung von Arbeitsverhältnissen und freier Mitarbeit für die ärztliche Tätigkeit ohnehin ungeeignet, die Einbindung in die bestehende Arbeitsorganisation hat bereits das Arbeitsgericht als ein zu Gunsten des Klägers sprechendes, jedoch nicht entscheidendes Indiz gewürdigt. War aber der Kläger - wie vorstehend ausgeführt - rechtlich darin frei, ob, in welchem Umfang und zu welchen Zeiten er seine Dienste der Beklagten anbieten wollte, so muss es in Übereinstimmung mit dem arbeitsgerichtlichen Urteil dabei verbleiben, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht bestanden hat.

III

Die Kosten der erfolglosen Berufung hat der Kläger zu tragen.

IV

Die Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG zugelassen.

Ende der Entscheidung

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